Rede:
ID1500606100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers . . . 295 B Renate Künast, Bundesministerin BMVEL 295 B Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 297 D Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 301 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 305 C Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . 306 C Ulla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . 308 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 312 C Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 316 C Dr. Uwe Küster SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 A Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C Birgitt Bender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 318 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 320 B Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 B Gudrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . 322 A Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 324 C Helga Kühn-Mengel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 326 D Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 B Markus Kurth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 329 C Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . . . . . 331 B Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 336 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 339 A Plenarprotokoll 15/6 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 6. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 I n h a l t : (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 295 6. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
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    (A) (C) 338 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 339 (C)(A) Blank, Renate CDU/CSU 31.10.2002 Fahrenschon, Georg CDU/CSU 31.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Haupt, Klaus FDP 31.10.2002 Kolbow, Walter SPD 31.10.2002 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 31.10.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 31.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 31.10.2002 Niebel, Dirk FDP 31.10.2002 Nolting, Günther FDP 31.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 31.10.2002 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 31.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 31.10.2002 Schröter, Gisela SPD 31.10.2002 Dr. Stadler, Max FDP 31.10.2002 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 DIE GRÜNEN Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 Margareta DIE GRÜNEN entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Annette Widmann-Mauz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

    Nach dieser Rede möchte ich wieder zur politischen Pra-
    xis zurückkommen, zur Baustelle des sozialen Gesund-
    heitswesens.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Dieter Thomae [FDP])


    Herr Kollege Kurth, wenn Sie von dem planlosen Ab-
    bau und der Notwendigkeit effizienter Reformen spre-
    chen, müssen Sie die linke Seite des Hauses anschauen.
    Denn Sie sind es doch, die einen planlosen Abbau im Ge-
    sundheitswesen betreiben, seit Sie an der Regierung sind.

    Von effizienten Reformen ist weit und breit nichts er-
    kennbar.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Altlastenmedizin!)


    Ich wollte jetzt eigentlich die Ministerin ansprechen.
    Sie scheint aber schon gegangen zu sein.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Dann warten wir doch einmal!)


    – Ich denke doch, dass sie Interesse an der Diskussion
    über ihre Regierungserklärung hat.

    Sie hat mit diesem Ministerium die Verantwortung für
    den größten Reformsektor in Deutschland übertragen be-
    kommen. Führungsstärke, Schwung, Mut und Reform-
    wille sind in diesem Amt gefordert. Frau Schmidt aber hat
    von alledem nichts. In der Bevölkerung gilt sie mittler-
    weile als die schwächste Ministerin im Kabinett; das hat
    Gründe. Dass sie noch nicht einmal die Diskussion in die-
    sem Hohen Hause erträgt, unterstreicht diese Schwäche
    noch deutlicher.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bilanz der bisherigen Amtsführung könnte nicht

    katastrophaler sein.

    (Beifall des Abg. Dr. Dieter Thomae [FDP])


    Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wa-
    ren noch nie so hoch wie heute und sie steigen weiter.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wöchentlich!)

    Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird
    nicht besser, sondern schlechter. Der demographische
    Wandel, der medizinische Fortschritt und die Veränderun-
    gen im Erwerbssektor werden von ihr schlichtweg igno-
    riert. Damit wird keines der Zukunftsprobleme in der ge-
    setzlichen Krankenversicherung angegangen.

    Im Gegenteil: Statt alle Beteiligten im Gesundheits-
    wesen – es geht nur im Miteinander –, Patienten, Versi-
    cherte, Ärzte, Apotheker und alle anderen Leistungs-
    erbringer, mit auf den Weg zu einer gemeinsamen Reform
    zu nehmen, hat sie das Vertrauen gänzlich verspielt.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da kommt die Ministerin wieder!)


    Das mangelnde Vertrauen aufseiten der Versicherten und
    der Patienten beruht aber nicht auf bösem Willen. Wer soll
    denn zu dieser Ministerin noch Vertrauen haben, wenn
    weder das Ziel noch der Weg der Reise bekannt sind? Wer
    wie Sie, Frau Schmidt, noch nicht einmal zur Reiseleite-
    rin taugt, der wird nie Superministerin werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das ist unmöglich, was Sie sich hier erlauben!)


    Sie verstehen das Gesundheitswesen einfach nicht. Sie
    haben weder die Dynamik noch die Wechselwirkungen
    im System erkannt. Deshalb sind alle Ihre Maßnahmen,
    sowohl die in der Vergangenheit als auch die jetzt zur Dis-
    kussion stehenden, Flickwerk ohne Konzept. Das bestätigt
    die heutige Debatte wieder eindrucksvoll. Doch für uns ist

    Markus Kurth




    Annette Widmann-Mauz
    das kein Grund zur Freude; denn die Auswirkungen für
    die Menschen in unserem Land sind verheerend. Mit ei-
    ner so konzeptionslosen Politik kann man kein Vertrauen
    aufbauen.

    Fangen wir einmal an: Zu Beginn Ihrer Amtszeit haben
    Sie zur Beruhigung der Ärzte und Patienten die Budge-
    tierung der Arzneimittelausgaben ohne ein wirksames
    Steuerungsinstrument aufgehoben – Wirkung: katastro-
    phal. Dann kam die Aut-idem-Regelung. Jetzt wollen Sie
    Ihre Drohung wahr machen und die Überschreitung der
    Obergrenze für die Arzneimittelausgaben mit einem Re-
    gress bei den ärztlichen Honoraren bestrafen.

    Aber noch nicht genug: Sie wollen mehr Vertrags-
    möglichkeiten schaffen. Das ist ein hehres und gutes
    Ziel, das wir unterstützen. Aber wie machen Sie das? Sie
    strapazieren das Vertrauen der Ärzteschaft weiter, indem
    Sie den ärztlichen Sicherstellungsauftrag aufheben und
    einzelne Ärzte der Übermacht der Kassen ausliefern wer-
    den.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Viel Spaß!)

    Gehen wir in den Arzneimittelbereich, zu den Arznei-

    mittelherstellern und Apothekern. Es ist noch kein Jahr
    vergangen, seit Sie hier im Haus ein Arzneimittelaus-
    gaben-Begrenzungsgesetz verabschiedet haben. Teile
    davon haben Sie sich vorher von der Pharmaindustrie ab-
    kaufen lassen, gegen die Zusage, keine Preisregulierun-
    gen im innovativen Arzneimittelsektor vorzunehmen.
    Jetzt drohen Sie erneut Kassenrabatte, Versandhandel und
    Preissenkungen an und wollen außerdem Festbeträge für
    patentgeschützte Medikamente einführen. Auch hier ein
    klarer Wortbruch.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Können Sie das noch einmal wiederholen?)


    Wie soll so Vertrauen in die Arzneimittelversorgung ent-
    stehen?

    Nehmen wir die Versicherten. Sie haben noch bis zur
    Wahl behauptet, es gebe in diesem Jahr kein Defizit und
    im kommenden Jahr keine Beitragserhöhungen. Jedoch
    nicht einmal eine Woche nach der Wahl ist die Katze aus
    dem Sack; über Nacht gibt es wieder milliardenschwere
    Defizite.

    Jetzt drohen Sie mit der Anhebung der Versiche-
    rungspflichtgrenze – an einem Tag nur für Berufsanfän-
    ger, am anderen Tag für alle. In der Koalitionsverein-
    barung heißt es:

    Bei der Beitragsbemessungsgrenze gibt es keine Än-
    derungen.

    Schon jetzt hören wir aus gut informierten Kreisen, dass
    auch die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden
    soll. 300 000 Mitglieder der gesetzlichen Krankenversi-
    cherung haben sich Ihrem ständigen Hin und Her schon
    entzogen und der GKV den Rücken gekehrt. 1 Milli-
    arde Euro hat Ihr unverantwortliches Gerede unser Versi-
    cherungssystem bereits gekostet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die Milliarde holen sie jetzt bei den Ärzten wieder rein!)


    Dieses Eintrittsgeld für Ihre Show ist den Menschen in
    unserem Land mittlerweile zu hoch. Auch das Programm,
    das geboten wird, steht in keinem Verhältnis zum Eintritts-
    preis. Zweiklassenmedizin ist doch längst kein drohendes
    Schlagwort mehr;


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Bei denen Dreiklassenmedizin!)


    es ist bittere Realität in unserem Land. Sie drängen die
    Menschen in ein Zwangssystem und geben ihnen keine
    wirklichen Mitwirkungs- und Entscheidungsmöglichkei-
    ten.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: So ist es!)

    Da helfen auch solche Beruhigungspillen, wie Sie sie
    heute wieder verteilt haben, wie Beauftragte für Patien-
    tinnen und Patienten, Patientencharta, Patientenquit-
    tung und wie die ganzen Dinge heißen, wenig.


    (Ute Kumpf [SPD]: Frau Widmann-Mauz, ich dachte, Sie sind Verbraucherschützerin! Da schau her!)


    – Hören Sie mal zu, Frau Kumpf: Stärkung der Patienten-
    rechte und Ausbau des Patientenschutzes wie auch die
    Stärkung des Hausarztes standen schon in Ihrer Koaliti-
    onsvereinbarung von 1998. Sie haben nichts davon um-
    gesetzt. Ich sage Ihnen eines: Wir brauchen nicht mehr
    Beauftragte für Bittsteller, sondern wir brauchen wirk-
    liche Rechte für Beteiligte im Gesundheitswesen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ute Kumpf [SPD]: Wir werden Sie daran erinnern!)


    Ich kann Ihnen nur sagen: Mit all diesen Maßnahmen
    haben Sie das Vertrauen der Menschen in Ihre Politik ver-
    spielt. Sie hätten jetzt eigentlich die Chance, einen wirk-
    lichen Neuanfang zu wagen. Aber Sie setzen Ihre Politik
    der Prinzipien-, der Konzeptions- und Mutlosigkeit fort.
    Der Koalitionsvertrag, über den wir und auch Sie gespro-
    chen haben, enthält wieder einmal sehr viel Lyrik, aber
    keine wirklich konkrete Antwort auf die drängenden Fi-
    nanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung und
    der Pflegeversicherung.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: In der Tat!)

    Es rächt sich, dass Sie keine wirkliche Analyse der Ist-Si-
    tuation erstellt haben. So weiß die Koalition weder, in
    welcher fatalen Lage sie sich befindet, noch, wie die Pro-
    bleme gelöst werden können.

    Auch die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze ist
    nicht geeignet, die Einnahmeproblematik zu entschärfen.
    Der Vorsitzende des Sachverständigenrates – darauf legen
    Sie ja immer großen Wert – für die Konzertierte Aktion im
    Gesundheitswesen, Professor Wille, hat in der vergange-
    nen Woche erklärt, dass selbst bei Einbeziehung aller
    Arbeitnehmer in die Pflichtversicherungsgrenze in der
    gesetzlichen Krankenversicherung in 16 Jahren nur eine
    Entlastung von 0,1 Beitragssatzpunkten zu erwarten
    wäre. Das ist geradezu lächerlich. Damit lösen Sie die
    Probleme nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    332


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Vielmehr verschärfen Sie auf der anderen Seite die
    Probleme in der privaten Krankenversicherung.Wenn
    Sie die private Krankenversicherung austrocknen, müs-
    sen Sie den Menschen auch sagen, dass ihnen dann kon-
    tinuierlich höhere Prämien drohen.

    Frau Schmidt, ich hätte von Ihnen eigentlich erwartet,
    dass Sie Ihren Kollegen „Superminister“ Clement in sei-
    ner Arbeit ein bisschen unterstützen und ihm durch höhere
    Beiträge, höhere Prämien und damit steigende Lohnne-
    benkosten nicht immer mehr Arbeitslose vor die Tür set-
    zen. Dass er Sie nicht unterstützt, sehen wir ja; sonst wäre
    er bei dieser Debatte dabei. Die Verschiebebahnhöfe, die
    während der letzten Legislaturperiode, also in Ihrer Regie-
    rungszeit, entstanden sind, lassen nichts Gutes erwarten.
    Allein die Umsetzung der Hartz-Vorschläge bedeutet, dass
    Ihnen 600 Millionen Euro aus der Tasche gezogen werden.

    Aber das ist noch nicht genug. Auch Herr Eichel – wo
    war der heute eigentlich? – scheint es mit Ihnen nicht gut
    zu meinen. Von dem lassen Sie sich zum wiederholten
    Male in die Kasse greifen. Anstatt die Leistungsausgaben
    durch Senkungen, zum Beispiel der Mehrwertsteuer auf
    Arzneimittel, zu verringern, lassen Sie zu, dass Herr
    Eichel die Umsatzsteuer für zahntechnische Leistungen
    anhebt und damit die Ausgaben in der gesetzlichen Kran-
    kenversicherung erhöht.

    Die Reduzierung der Beiträge aus der Arbeitslosen-
    hilfe nutzt Herrn Eichel; sie reißt aber ein weiteres Loch
    in Höhe von 0,9 Milliarden Euro in den ohnehin schon
    völlig durchlöcherten Geldbeutel der gesetzlichen Kran-
    kenkassen. Wenn Herr Eichel meint, er könne damit den
    blauen Brief aus Brüssel vermeiden, dann täuscht er sich
    wohl gewaltig. Auch Sie, liebe Frau Schmidt, tragen mit
    den Defiziten in den Sozialversicherungen dazu bei, dass
    die Gesamtverschuldung des Staatshaushaltes wächst und
    wächst und wächst.

    Sie waren und Sie sind eine schwache Ministerin und
    Sie haben sich schon nach einer Woche von Ihren Kolle-
    gen in diesem Haus über den Tisch ziehen lassen.

    Die Situation ist klar: Berücksichtigt man alle Vor-
    schläge, die auf dem Tisch liegen, dann liegt das Gesamt-
    defizit bei 4,7 Milliarden Euro. Mit den von Ihnen ge-
    planten Maßnahmen werden Sie nicht die Einsparsumme
    aufbringen, die Sie aufbringen müssen, um diese Lücke
    zu schließen.

    Wir sollten uns schon einmal darüber unterhalten – Sie
    haben heute kein Wort dazu gesagt –, wie die finanzielle
    Lage der Krankenkassen angesichts ihrer hohen Ver-
    schuldung auf dem privaten Kapitalmarkt aussieht. In der
    Vergangenheit mussten sich zahlreiche Kassen sehr stark
    verschulden. Die Finanzreserven einer Reihe von Kassen
    sind deutlich abgebaut. Die Mindestrücklage der gesetz-
    lichen Krankenversicherung ist um circa 1,6 Milliarden
    Euro unterschritten. Die Krankenkassen haben zur Si-
    cherstellung ihrer Leistungsfähigkeit nämlich ebenfalls
    eine Rücklage zu bilden. Dieser Notgroschen ist mittler-
    weile vielfach aufgebraucht. Das heißt, die ersten Kran-
    kenkassen sind eigentlich konkursreif.

    Obwohl Sie das alles wissen und obwohl Ihnen be-
    kannt ist, dass die geplanten Einsparungen diese Kassen

    nicht retten können, weigern Sie sich, den Kassen zu hel-
    fen. Sie wollen den Beitragssatz für das gesamte Jahr
    2003 festschreiben und Sie treiben diese Kassen damit in
    den wirtschaftlichen Exitus.

    Offensichtlich schwant Ihnen das; deshalb verfallen
    Sie jetzt auf eine ganz perfide Idee: Sie wollen den über
    die Kassen wachenden Ländern die Möglichkeit nehmen,
    ihren rechtsstaatlichen Verpflichtungen nachzukommen
    und den Kassen auf die Finger zu schauen. Die Länder ha-
    ben das Finanzgebaren der Kassen in der Vergangenheit
    zwar oftmals mit einem zugedrückten Auge toleriert;
    doch jetzt soll diese – rechtlich höchst fragwürdige – Hal-
    tung salonfähig gemacht werden. Damit ist der finanzielle
    Ruin der Krankenkassen politisch vorprogrammiert. Ich
    sage Ihnen: Die Patientinnen und Patienten, die Versi-
    cherten, haben sowohl aus diesem Grund als auch aus an-
    deren Gründen das Nachsehen.

    Rot-Grün plant für das kommende Jahr eine Nullrunde
    für Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser. Das heißt für die
    Patienten, dass ihre Versorgung noch schlechter wird, als
    sie es bisher schon ist. Der Vorsitzende des Marburger
    Bundes, Herr Montgomery, hat es auf den Punkt gebracht
    – ich zitiere ihn –:

    Weil die Bundesregierung offensichtlich kein sach-
    gerechtes Konzept gegen das chronische Finanzdefi-
    zit des Gesundheitswesens hat, will sie nun den Ver-
    sicherten per Gesetz vorschreiben, wann und wie oft
    sie krank werden dürfen.

    Ist das gemeint, wenn Sie in Ihrem Koalitionsvertrag da-
    von sprechen, die Qualität im Gesundheitswesen weiter-
    zuentwickeln und die Interessen der Patientinnen und Pa-
    tienten in den Mittelpunkt Ihrer Gesundheitspolitik zu
    stellen?

    Vor der Wahl haben Sie den Ärztinnen und Ärzten in
    den Krankenhäusern versprochen, Maßnahmen zu er-
    greifen, um das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur
    Arbeitszeit umzusetzen. Angesichts der Tatsache, dass im
    Krankenhaus etwa 70 Prozent der Kosten Personalausga-
    ben sind, liegt es doch auf der Hand, dass bei einer Null-
    runde keine Finanzmittel für die Einstellung weiterer
    Ärzte vorhanden sind. Im Gegenteil: Die Ärzte müssen
    mit Entlassungen oder damit rechnen, dass der Druck auf
    ihre Arbeitskraft noch größer wird. Sie lassen die Kran-
    kenhäuser im Stich und schaden damit der Versorgung in
    der Fläche und den Menschen, die darauf angewiesen
    sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Es gäbe noch viel zu sagen; aber nur noch kurz zum
    Stichwort Bürokratisierung im System. Hier haben Sie
    es geschafft, dass 3 800 Menschen mehr in der Verwal-
    tung beschäftigt sind, aber 15 000 Pflegekräfte weniger
    für die Versorgung zur Verfügung stehen. Dies ist die Bi-
    lanz Ihrer Politik.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Die sozialen Sicherungssysteme sind dringend auf ei-
    nen wirtschaftlichen Aufschwung angewiesen. Aber ohne

    Annette Widmann-Mauz




    Annette Widmann-Mauz
    grundlegende Reformen in der gesetzlichen Krankenver-
    sicherung wird sich dieser konjunkturelle Aufschwung
    nicht einstellen. Deshalb ist die rot-grüne Politik des
    „Weiter so“ höchst fahrlässig. Deshalb wird es Zeit, dass
    Sie Konsequenzen ziehen.

    Frau Schmidt, Sie sind den Problemen der gesetzlichen
    Krankenversicherung nicht gewachsen. Irgendwann wer-
    den Sie es auch selbst merken.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Nun hat der Kollege Klaus Kirschner für die SPD-

Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD – Detlef Parr [FDP]: Nun wollen wir sehen, ob sich etwas geändert hat!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Kirschner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sie werden es hören, lieber Kollege Parr.
    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Die Reden haben deutlich gemacht, warum sich die
    Wählerinnen und Wähler am 22. September dieses Jahres
    für die bisherige Koalition und damit für den Erhalt und
    die Weiterentwicklung der solidarischen Krankenversi-
    cherung entschieden haben,


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Die wurden auch belogen!)


    und zwar basierend auf den Grundprinzipien der Solida-
    rität zwischen Gesunden und Kranken, Jungen und Alten,
    gut Verdienenden und weniger gut Verdienenden, Singles
    und Familien sowie der paritätischen Finanzierung
    durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie haben sich für
    einen umfassenden Leistungsanspruch entschieden, und
    zwar – unabhängig vom Einkommen – orientiert am me-
    dizinisch Notwendigen.


    (Detlef Parr [FDP]: Der Kanzler spricht vom Abbau des Anspruchdenkens!)


    Die Wählerinnen und Wähler haben sich also gegen die
    Aufspaltung des Leistungskatalogs in Grund- und Wahl-
    leistungen und damit die Verlagerung der Krankheitskosten
    weg von der Solidargemeinschaft auf die Geldbeutel der
    einzelnen Patienten und auch gegen die Abwahl von Leis-
    tungen entschieden. Vor der Wahl hieß dies noch auf Neo-
    bayerisch „opting out“. So steht es im Programm der CSU.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Was war denn vor der Wahl bei der SPD?)


    Die Debatte hat gezeigt: Außer Ihrer Kritik ist nichts
    gekommen.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Was will die SPD denn?)


    Lieber Herr Kollege Seehofer, lieber Herr Kollege
    Dr. Thomae und liebe Frau Kollegin Widmann-Mauz, wer
    selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn der Kollege Seehofer der Frau Ministerin Allge-
    meinplätze vorwirft


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Das kann man wohl sagen!)


    und sagt, der Wert der Prävention müsse angehoben wer-
    den, kann ich nur fragen: Wer hat denn den § 20 SGB V
    auf eine Restgröße zusammengestutzt? Waren Sie das
    oder wer war das? Wer hat denn den § 20 SGB V wieder
    zum Leben erweckt? – Sie doch nicht!


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Auf das medizinisch Notwendige, genauso wie die Ministerin das machen will!)


    Lieber Herr Kollege Seehofer – dies gilt auch für Ihre
    damalige Koalition zu der Zeit, in der Sie Regierungsver-
    antwortung getragen haben –, wenn Sie Verschiebebahn-
    höfe anprangern, sollten Sie auch wissen, dass auf denje-
    nigen, der mit einem Finger auf andere zeigt, drei Finger
    zurückzeigen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wer hat denn beispielsweise damit begonnen, die Be-

    messungsgrundlage bei Arbeitslosen zu senken? Waren
    Sie das?


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nein, das war der Rudolf Dreßler!)


    – Das waren Sie nicht? Ihr Gedächtnis ist aber wirklich
    verdammt kurz; das muss ich Ihnen schon sagen.

    Lieber Herr Kollege Seehofer, zur Ihren Vorwürfen be-
    züglich der Jahrhundertreform muss ich fragen: Wie lange
    hat denn Ihre Jahrhundertreform von 1989 gedauert? War
    nicht 1992 eine erneute Reform fällig?


    (Zuruf des Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU])

    –EntschuldigenSie bitte, aber damals hatHerrBlümgesagt,
    wir machen eine Jahrhundertreform. Ihr Jahrhundert hat
    zweieinhalb Jahre gedauert, nichtmehr und nicht weniger.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Immer noch besser als zehn Monate!)


    Lieber Herr Kollege Seehofer, wenn Sie hier – dies ist
    unbestritten – die Leistungen im Rahmen der deutschen
    Einheit ansprechen, aber gleichzeitig sagen, die Beitrags-
    sätze seien zu hoch, dann sagen Sie doch auch klipp und
    klar, ob Sie beispielsweise den Finanzkraftausgleich im
    gesamtdeutschen RSA abschaffen wollen, immerhin eine
    Finanzsumme, die – von West nach Ost – jährlich 2 Mil-
    liarden Euro beträgt. Das kostet Geld. Ich frage Sie: Sind
    Sie dafür? Ja oder nein? Wenn ja, dann müssen Sie sich
    auch dazu bekennen.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat doch mit den Verschiebungen nichts zu tun!)


    Es geht jedenfalls nicht so, wie Sie das hier versuchen.
    Ich will bei dieser Gelegenheit an das Pflegeleistungs-

    Ergänzungsgesetz erinnern. Haben Sie nicht da einen
    Antrag eingebracht, in dem Sie fordern, dass ab dem Jahr
    2002 die Behandlungspflege auf die GKV übertragen


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    334


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    werden soll? Das wäre mit Kosten von jährlich 1,5 Milli-
    arden verbunden. Haben Sie das nicht gemacht? Erinnern
    Sie sich eigentlich nicht mehr an diesen Antrag?

    Noch einmal, lieber Herr Kollege Seehofer: Wer hat
    denn dem damaligen Hauptgeschäftsführer des BPI zu
    seinem 60. Geburtstag die Positivliste geschreddert über-
    reichen lassen?


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das war eine gute Idee!)


    Das ist doch in Ihrem Auftrag geschehen. Oder etwa
    nicht? Wir wären ein gewaltiges Stück weiter,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    wenn Sie sich an die gemeinsame Abmachung von Lahn-
    stein gehalten hätten.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Das ist ein Blödsinn! – Horst Seehofer [CDU/CSU]: Was haben Sie denn in den letzten vier Jahren gemacht?)


    – Darf ich Sie einmal daran erinnern, wer denn die Stufen
    zwei und drei der Festbetragsregelung 1996 gestrichen
    hat? – Das waren doch Sie, Ihre Koalition.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Das war gut!)

    Dies hat nach vorsichtigen Rechnungen die gesetzliche
    Krankenversicherung bis heute rund 5 Milliarden Euro
    Mehrausgaben gekostet.


    (Karsten Schönfeld [SPD]: Hört! Hört!)

    Wir werden dieses rückgängig machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dann werden wir sehen, wie Sie eigentlich zu diesen Din-
    gen stehen.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Nicht so weit spucken!)


    Wer hier die Höhe von Beitragssätzen anprangert und
    selbst eine solch lange Liste von eigenen Sünden zu ver-
    treten hat, der sollte in dieser Frage etwas leiser sein.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben eine Kasse mit Überschuss übergeben bekommen!)


    Lieber Herr Kollege Dr. Thomae,
    wenn Sie sagen – ich hoffe, dass ich Sie jetzt richtig zi-
    tiere –, das Vorschaltgesetz sei die brutalste Budgetierung,
    die man sich denken könne,


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: So ist es!)

    dann frage ich Sie: Wie war das denn mit dem Beitrags-
    satzentlastungsgesetz? Haben Sie nicht die Beiträge per
    Gesetz generell um 0,4 Prozentpunkte gesenkt?


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Aber wir haben die Sparsumme mitgeliefert!)


    – Moment mal! Sie haben das an entsprechende Senkun-
    gen gekoppelt. Sie haben der GKV per Gesetz eine Bei-
    tragssatzsenkung von 0,4 Prozentpunkten aufoktroyiert.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU] und Dr. Dieter Thomae [FDP]: Mit Gegenfinanzierung!)


    – Herr Kollege Dr. Thomae, ich glaube, wir tun uns keinen
    Gefallen – das gilt auch für Sie, Frau Widmann-Mauz –,
    wenn wir immer nur das Schreckgespenst einer Unterver-
    sorgung an die Wand malen.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Es ist aber so! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das wissen Sie doch!)


    Unbestritten ist ja, dass es in Deutschland ein paar sol-
    cher Gebiete gibt. Aber Regelungen dafür sind im Gesetz
    enthalten, nämlich dass dann, wenn es eine Unterversor-
    gung gibt, die KVen – das ist der Sicherstellungsauftrag,
    den sie wahrzunehmen haben – alles dafür tun müssen,
    sie zu beseitigen. Das muss innerhalb der KVen gesche-
    hen.

    Es wird hier ständig das Schreckgespenst an die Wand
    gemalt, dass wir einen Ärztemangel hätten. Dazu sage
    ich: Wir haben die höchste Ärzte- und Zahnärztedichte
    überhaupt. Da kann man doch nicht von einem Ärzte-
    mangel reden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist unverantwortlich, was Sie gemacht haben.

    (Detlef Parr [FDP]: Und der Nachwuchs? Wie steht es mit dem Nachwuchs? Die jungen Leute fliehen doch in andere Berufe!)


    – Lieber Herr Kollege Parr, mit „fliehen“ wäre ich ein
    bisschen vorsichtig. Die jüngsten Zahlen für Studenten,
    die sich für Medizin eingeschrieben haben, zeigen doch:
    Wir hatten noch nie so hohe Zahlen.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sind aber nur die, die sich eingeschrieben haben!)


    Offensichtlich ist dieser Beruf nach wie vor für viele at-
    traktiv.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Was ist nach sechs bis sieben Jahren?)


    Ich kann nur sagen: Hören Sie auf, Gefährdungen an-
    zuprangern,


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Nein!)

    die es nicht gibt! Ansonsten werden Sie in vier Jahren die
    gleiche Quittung von den Wählerinnen und Wählern be-
    kommen wie am 22. September.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Gehen Sie mal in den Osten und schauen Sie sich das an!)


    Nur alles schlecht zu machen und alles anzuprangern, das
    ist keine glaubwürdige Alternative. Merken Sie sich das!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Gehen Sie nach Ostdeutschland!)


    Sie haben am 22. September dafür letzten Endes die Quit-
    tung bekommen.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wer zerstört denn die Versorgung in Ostdeutschland?)


    Klaus Kirschner




    Klaus Kirschner

    Wie sehen denn Ihre Vorschläge aus?

    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wir erwarten eure Vorschläge!)

    Sie erschöpfen sich doch darin, weniger Geld für mehr
    Leistungen zu bieten. Sie werden auch in der Zukunft für
    Ihre Art von Gesundheitspolitik von den Wählerinnen und
    Wählern abgestraft werden.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wir betrügen die Wähler auch nicht! Das ist der Unterschied!)


    Ihr ständiges Mosern und das Schielen auf die Geldbeutel
    der Kranken stellen keine glaubwürdige Alternative für
    die Versicherten dar.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wir betrügen die Bürger aber nicht!)


    Ich sage Ihnen auch Folgendes: Sie agieren im Gleich-
    klang mit den starken Lobbygruppen der Leistungser-
    bringer; Sie heulen doch mit denen mit.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wie war das denn bei euch mit der Pharmaindustrie?)


    – Aber ich bitte Sie, Herr Kollege Dr. Thomae. Das haben
    wir vor der Bundestagswahl doch gesehen. Da war ja
    diese schöne Anzeige – sie hat Ihnen sicherlich gut gefal-
    len –,


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wie war das denn mit der Pharmaindustrie?)


    in der gefragt wurde: Was verstehen Politiker von Medi-
    zin und was verstehen Mediziner von Politik? Es ging um
    die Konzepte, die zu einer besseren Versorgung der Pati-
    entinnen und Patienten führen sollen, nämlich um unsere
    Disease-Management-Programme.

    Sind Sie nun für oder gegen bessere Qualität? Sie kön-
    nen hier doch nicht einfach sagen, sie wollten eine bessere
    Qualität, und in den Ausschusssitzungen haben Sie – zu-
    mindest was die Vergangenheit angeht; vielleicht haben
    Sie sich ja geändert;


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein!)

    das wollen wir in Zukunft einmal abwarten – diese abge-
    lehnt, und zwar obwohl mit den Disease-Management-
    Programmen eine bessere Medizin für die Patientinnen
    und Patienten gewährleistet ist.


    (Dr. Dieter Thomae [FDP]: Das sind Träumereien!)


    – Lieber Herr Kollege Dr. Thomae, Sie kennen sich
    ebenso wie der Kollege Zöller in der Gesundheitspolitik
    doch genauso gut aus wie ich; Sie beschäftigen sich doch
    schon seit langem damit.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die Kopplung hat er abgelehnt! – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Ich habe die Kopplung abgelehnt!)


    Das, was Sie da sagen, ist wirklich das Letzte. Sie wissen
    doch ganz genau: Es gibt derzeit einen fatalen Wettbe-
    werb der gesetzlichen Krankenkassen um Gesunde.


    (Beifall bei der SPD)


    Wettbewerb ist ja notwendig. Aber das Ziel muss eine
    Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit sein.
    Die Kassen sind – das kennen wir aus der Vergangenheit –
    keine Engel, sondern Institutionen. Wenn bestimmte
    Krankenkassen heute einen besonders niedrigen Beitrags-
    satz anbieten können, dann ist das nicht ihr Verdienst, son-
    dern nur Ausdruck dafür, dass sie einen hohen Anteil an
    Gesunden unter ihren Versicherten haben, während bei
    anderen Krankenkassen auch viele Kranke versichert
    sind. Die Kopplung von Disease-Management und Risi-
    kostrukturausgleich wird dazu führen, dass die Jagd auf
    gesunde Versicherte aufhört und dass die Kassen letzten
    Endes für eine Optimierung der Krankenversorgung be-
    lohnt werden. Das haben Sie offensichtlich nicht begrif-
    fen oder wollen es auch nicht begreifen; denn Sie wollen
    das schließlich ablehnen. Denken Sie einmal darüber
    nach!


    (Beifall bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Der Gedanke ist richtig, nur: Sie machen es verkehrt!)


    – Wenn der Gedanke richtig ist, lieber Kollege Zöller,
    dann kann es nicht verkehrt sein.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Der Gedanke ist richtig, aber die Ausführung ist falsch!)