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ID1500600500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers . . . 295 B Renate Künast, Bundesministerin BMVEL 295 B Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 297 D Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 301 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 305 C Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . 306 C Ulla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . 308 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 312 C Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 316 C Dr. Uwe Küster SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 A Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 317 C Birgitt Bender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 318 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 320 B Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 B Gudrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . 322 A Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 324 C Helga Kühn-Mengel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 326 D Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 B Markus Kurth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 329 C Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . . . . . 331 B Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 336 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 339 A Plenarprotokoll 15/6 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 6. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 I n h a l t : (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 295 6. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
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    (A) (C) 338 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 31. Oktober 2002 339 (C)(A) Blank, Renate CDU/CSU 31.10.2002 Fahrenschon, Georg CDU/CSU 31.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Haupt, Klaus FDP 31.10.2002 Kolbow, Walter SPD 31.10.2002 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 31.10.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 31.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 31.10.2002 Niebel, Dirk FDP 31.10.2002 Nolting, Günther FDP 31.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 31.10.2002 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 31.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 31.10.2002 Schröter, Gisela SPD 31.10.2002 Dr. Stadler, Max FDP 31.10.2002 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 DIE GRÜNEN Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 31.10.2002 Margareta DIE GRÜNEN entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen.


    (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie schade!)


    Wir sollten jetzt die Zeit nutzen, um die Reformen ab
    2006 vorzubereiten, damit die Landwirte wissen, was sie
    ab 2006 bzw. 2007 erwartet. Die Pläne von Kommissar
    Fischler – Frau Ministerin hat es vorhin angesprochen –
    lassen noch viele Fragen offen, beispielsweise wie die be-
    triebsbezogenen Prämien ausgestaltet werden. Wir sind
    für alle Diskussionen offen. Klar muss aber auch sein,
    dass von Anfang an eine Diskussion stattfinden muss,
    durch die die Konsequenzen für alle offen gelegt werden
    und durch die sichergestellt wird, dass das Geld für die Di-
    rektbeihilfen nicht irgendwo bei Infrastrukturmaßnah-
    men, sondern tatsächlich bei den Wirtschaftenden landet.

    Nun will ich auf das eingehen, was insbesondere die
    Landwirte ab dem nächsten Jahr zu erwarten haben. Frau
    Künast, das habe ich bei Ihrer Rede vermisst. Mit einem
    Halbsatz haben Sie die steuerlichen Bedingungen, auf die
    sich die Landwirte künftig einzustellen haben, erwähnt. Das
    ist Gegenstand Ihrer Koalitionsvereinbarung. Die Land-
    wirte, die Bauern, in unserem Land haben ein Recht darauf,
    zu wissen, was tatsächlich darin steht, so, wie die Ver-
    braucher ein Recht darauf haben – das haben Sie eben in
    Bezug auf das Verbraucherinformationsgesetz gesagt –,
    zu wissen, was auf sie zukommt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das will ich ihnen jetzt sagen. Sie wollen die Vorsteuer-

    pauschale, die es seit 1968 gibt, abschaffen. Von dieser
    Maßnahme sind etwa 90 Prozent aller Landwirte betrof-
    fen.


    (Albert Deß [CDU/CSU]: Mehr Bürokratie!)

    Diese Möglichkeit der Umsatzsteuerpauschalierung er-

    möglicht es den Landwirten, auf umfangreiche Aufzeich-
    nungs- und Abgabepflichten zu verzichten; sie bringt eine
    Verwaltungsersparnis und sie ist einfach zu handhaben. Mit
    Ihrer Regelung, also der Abschaffung der Pauschalierung,
    verursachen Sie enormen zusätzlichen Verwaltungsauf-
    wand und Kosten für die Landwirte, ganz zu schweigen von
    den Kosten und dem Verwaltungsaufwand der Finanzämter.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es sind überwiegend kleine Landwirte. Sie müssen

    sich vorstellen, wie diese Maßnahme die Landwirte trifft.
    Manche arbeiten den ganzen Tag draußen auf dem Feld
    und im Stall. Die anderen, die außerlandwirtschaftlich ar-
    beiten, müssen die Arbeiten in der Landwirtschaft abends
    – bis 22 Uhr oder 23 Uhr – erledigen. Und dann sollen sie
    sich noch hinsetzen, alles aufzeichnen und ihre Abgaben-
    pflichten erfüllen. Sie haben offensichtlich keine Ahnung,
    wie es in kleinen landwirtschaftlichen Betrieben zugeht;
    sonst würden Sie das nicht machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich komme zur zweitenMaßnahme, derAbschaffung der

    pauschalen Gewinnermittlung bei der Einkommensteuer.
    Auch diese Maßnahme trifft insbesondere die kleinen Be-
    triebe.Siehabensieohnehinschon1999eingeschränkt. Jetzt
    profitieren davon nur noch die ganz kleinen Betriebe.Auch
    dies ist ein zusätzlicher Aufwand mit zusätzlicher Buch-
    führung und zusätzlichenKosten für den Steuerberater.


    (Matthias Weisheit [SPD]: Theo Waigel hat es gemacht!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    298


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    – Nein, das haben Sie gemacht.
    Nun hat der Wirtschaftsminister gestern von einem

    Masterplan für Bürokratieabbau gesprochen.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im Kreieren von schönen, wohlklingenden Worten sind
    die Kameraden groß. Aber wenn es darum geht, tatsäch-
    lich Maßnahmen zu ergreifen, die Bürokratie wirklich ab-
    zubauen, dann ist nichts mehr da. Sie brauchen bloß diese
    beiden Maßnahmen nicht umzusetzen, dann haben Sie
    schon einen Bürokratieabbau par excellence.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sehen weitere Maßnahmen wie die Streichung des

    ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Vorprodukte und
    für Gartenbauerzeugnisse vor. Meine Damen und Herren,
    das ist nichts anderes als eine Steuererhöhung, und zwar
    von 7 auf wohlgemerkt 16 Prozent.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das kann man nicht einfach mit einem halben Satz abtun,
    wie Sie das gemacht haben. Hinzu kommen Verschlechte-
    rungen der Abschreibungsbedingungen und vieles mehr.

    Fast ein Viertel des gesamten Aufkommens aus dem
    Einsparvolumen erbringt die Landwirtschaft. Wo war
    denn das Wort der Ministerin bei den Koalitionsverhand-
    lungen? Davon ist nichts zu spüren. Das ist ein Schlag ins
    Gesicht der Landwirte, wie man ihn sich schlimmer nicht
    vorstellen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Ministerin hat heute wohlklingende Worte zur Be-

    deutung des Verbraucherschutzes gesprochen. Ich habe
    erwartet, dass Sie endlich ein schlüssiges Konzept vor-
    legt. Dagegen spricht sie von einem Aktionsplan für den
    Verbraucherschutz. Das ist schön und klingt gut. Die
    Überschriften sind alle gelungen. Aber die Probleme, die
    Sie angesprochen haben, Frau Künast, sind nicht neu. Wir
    haben sie auch schon in den letzten Jahren gehabt. Damals
    haben Sie sich nicht darum gekümmert. Vielleicht ist auch
    deshalb die von Ihnen angestrebte Kompetenzverlage-
    rung von den anderen Ressorts in Ihr Ressort nicht er-
    folgt, weil bisher keine schlüssige Programmatik für den
    Verbraucherschutz erkennbar war.


    (Albert Deß [CDU/CSU]: Sie täuscht doch Verbraucherschutz nur vor!)


    Verbraucherschutz muss umfassend wahrgenommen
    werden, und zwar von der gesundheitlichen über die
    rechtliche bis hin zur wirtschaftlichen Ebene.


    (Zuruf von der SPD: Das machen wir doch! – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir bei Ihnen sehen!)


    Es gibt eine ganze Menge von Problemen. Warum haben
    Sie sie denn nicht angepackt? Wissen Sie, was Sie in der
    Vergangenheit gemacht haben und was Sie gerade wieder
    machen? Ein reines Katastrophen-Hopping, aber keine
    grundsätzliche Lösung der Probleme.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist hier jenseits von gut und böse!)


    Sie sprachen von den Finanzdienstleistungen, an die
    Sie jetzt herangehen wollen. Sie hatten in der letzten Le-
    gislaturperiode die Chance, beispielsweise beim Vierten
    Finanzmarktförderungsgesetz den Anlegerschutz zu ver-
    bessern. Wir haben es angeregt und beantragt. Sie haben
    das nicht gemacht.

    Bei der so genannten Riester-Rente haben wir jetzt das
    gleiche Problem. Wenn dieses groß angelegte und groß
    verkündete Produkt einer kapitalgedeckten Altersvor-
    sorge, die zwingend notwendig ist, von nur 11 Prozent der
    Förderberechtigten in Anspruch genommen wird, dann
    wird doch schon deutlich, dass damit etwas nicht stimmt.
    Nun darf man aber nicht im Nachhinein mit ordnungs-
    rechtlichen Maßnahmen dagegen ankämpfen, sondern
    das hätte man schon im Vorfeld machen müssen. Ver-
    braucherschutz setzt nicht erst mit ordnungsrechtlichen
    Maßnahmen im Nachhinein ein, sondern Verbraucher-
    schutz beginnt schon bei der Gesetzgebung in jedem Ein-
    zelfall. Dort muss der Verbraucherschutz gewahrt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben in der Koalitionsvereinbarung vergeblich

    danach gesucht, wie nun die Lebensmittelsicherheit im
    Land verbessert werden soll. Dies wird landauf, landab
    immer wieder proklamiert. Es wird mehrmals und immer
    wieder versprochen. Von Brüssel wird es immer wieder
    angemahnt und kritisiert. Warum machen Sie eigentlich
    nichts? Warum sorgen Sie nicht für bundeseinheitliche
    Durchführungsbestimmungen im Lebensmittelrecht?

    Stattdessen machen Sie ständig nationale Alleingänge,
    von denen die Verbraucher nichts haben, die aber den deut-
    schen Landwirten in besonderer Weise Nachteile bringen.
    Beispielsweise darf Obst, das in Südeuropa mit Pflanzen-
    schutzmitteln behandelt wird, die Sie in Deutschland ver-
    boten haben, trotzdem in Deutschland verkauft werden.


    (Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: So ist es!)


    Welchen Vorteil das für die Verbraucher haben soll, ver-
    mag ich nicht zu erkennen. Deutlich erkennbar ist aber,
    dass es zum Nachteil der deutschen Landwirtschaft ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unser Ziel muss sein, weg von den nationalen Allein-

    gängen hin zu EU-weit harmonisierten Bedingungen zu
    kommen.


    (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nee! – Gegenruf des Abg. CarlLudwig Thiele [FDP]: Ach ja!)


    Mit Ihren nationalen Alleingängen treten Sie die Interes-
    sen der deutschen Landwirtschaft mit Füßen. Mit diesem
    Weg der ständigen nationalen Alleingänge weg von den
    EU-weiten Harmonisierungsbedingungen werden Sie Ih-
    rer Verantwortung als Ministerin für die deutsche Land-
    wirtschaft nicht gerecht.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile der Kollegin Jella Teuchner, SPD-Fraktion,

das Wort.

Gerda Hasselfeldt






  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jella Teuchner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor vier Jah-

    ren hat an dieser Stelle der Aussprache zur Regierungser-
    klärung


    (Albert Deß [CDU/CSU]: Ein Landwirtschaftsminister gesprochen!)


    noch eine reine Agrardebatte stattgefunden. Heute hat kein
    Agrarminister, sondern unsere Ministerin für Verbraucher-
    schutz, Ernährung und Landwirtschaft gesprochen.


    (Albert Deß [CDU/CSU]: Funke hat ja gesagt, dass er von dieser Ministerin nichts hält!)


    Allerdings gehört Ihr Redebeitrag, Frau Hasselfeldt,
    eher in eine Agrardebatte; denn was Sie zum Verbrau-
    cherschutz ausgeführt haben, ist in einigen Teilen bereits
    umgesetzt worden und stimmt in weiten Teilen nicht mit
    dem überein, was Sie in der vergangenen Wahlperiode
    versprochen haben.


    (Beifall bei der SPD)

    Dass Ihr designierter Landwirtschaftsminister, der in

    der vergangenen Legislaturperiode Ausschussvorsitzen-
    der war, mit der Forderung durch die Lande reist, dass die
    bei uns verbotenen Pflanzenschutzmittel zugelassen
    werden sollen,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist doch gelogen! – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das hat er doch gar nicht gesagt!)


    um gleiche Bedingungen im Handel zu schaffen, zeigt,
    dass diese Diskussion an den Tatsachen vorbeiführt. Mit
    einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft hat das in keiner
    Weise zu tun.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nichtsdestotrotz stehen in dieser Diskussion die
    Auswirkungen der Osterweiterung für die Landwirtschaft
    ebenso wie die Stellung der Verbraucher und der Gesund-
    heitsschutz auf der Tagesordnung.

    Es war die BSE-Krise, die zur Folge hatte, dass aus dem
    Landwirtschaftsministerium ein Verbraucherministerium
    wurde. Deswegen blieben in der vergangenen Legislaturpe-
    riode leider nur zwei Jahre zur Durchsetzung der Verbrau-
    cherinteressen. Die Aufgaben beschränken sich allerdings
    nicht nur auf den gesundheitlichen Verbraucherschutz, son-
    dern die Verbraucher haben eine Stimme bekommen, die die
    deutliche Aufwertung des Verbraucherschutzes im Koaliti-
    onsvertrag erst möglich gemacht hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Verbraucherpolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Das
    haben wir in den vergangenen Jahren im Bundestag auch
    immer wieder zum Ausdruck gebracht. Wir handeln, und
    räumen dem Verbraucherministerium die dafür erforder-
    lichen Kompetenzen ein: ein ressortübergreifendes Initia-
    tivrecht für Angelegenheiten von verbraucherpolitischer
    Bedeutung.

    Die Verbraucherpolitik wird nicht mehr von verschie-
    denen Ressorts mitbehandelt, sondern dieser Bereich wird
    nun selbstständig gestaltet. Auch das haben Sie offenbar
    dem Koalitionsvertrag so nicht entnehmen können, Frau
    Hasselfeldt.

    Wir packen aber in den nächsten vier Jahren weit mehr
    als die Sicherstellung der Produktion und des Vetriebs ge-
    sunder Lebensmittel an. Es geht darum, die Verbraucher-
    rechte auch hinsichtlich der Sicherheit, Information und
    Wahlfreiheit zu stärken und diese Rechte international
    durchzusetzen. Wir sind uns darin einig, dass internatio-
    nale Regelungen erforderlich sind.

    Ziel ist, dass sich Anbieter und Kunden auf gleicher
    Augenhöhe gegenüberstehen und dass Verbraucher Ent-
    scheidungen bewusst treffen können und vor missbräuch-
    lichen Praktiken geschützt werden.

    Der Verbraucher soll seine Kaufentscheidungen be-
    wusst und eigenverantwortlich treffen. Die Grundlagen
    dafür sind zum einen verlässliche Verbraucherinformatio-
    nen über die Eigenschaften von Produkten und zum an-
    deren Mindeststandards in Bezug auf Sicherheit, Haftung
    und Gewährleistung. Wir wollen den Verbraucher nicht an
    der Hand durch das Leben führen. Wir wollen dem Ver-
    braucher vielmehr die Möglichkeit geben, loszulassen
    und eigenständig zu handeln. Dies muss sich auch in den
    Diskussionen über das Wettbewerbsrecht widerspiegeln,
    sei es in der von der Kommission angestoßenen Diskus-
    sion über das Grünbuch Verbraucherschutz oder in der
    Diskussion über die Novellierung des UWG. Das Gesetz
    gegen den unlauteren Wettbewerb werden wir deshalb
    auch im Hinblick auf einen effektiven Verbraucherschutz
    überarbeiten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ein hohes Verbraucherschutzniveau und einen fairen
    Umgang mit dem Kunden sehen wir dabei nicht als Be-
    lastung für die Wirtschaft an. Gerade im Onlinehandel
    sind doch Transparenz und Investitionen in sichere Zah-
    lungsmöglichkeiten die Grundvoraussetzungen für den
    Erfolg eines Unternehmens. Wir sehen deshalb im Ver-
    braucherschutz eine Chance und vor allem auch einen
    Standortvorteil für die Wirtschaft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir erleben, dass Eigeninitiative – zum Teil auch von
    der Politik angestoßen – oft staatliches Handeln ergänzt
    und dass gleichzeitig durch das Zusammenwachsen
    Europas ein breiteres, aber auch unübersichtlicheres An-
    gebot an Dienstleistungen und Waren entsteht. Die private
    Altersvorsorge gewinnt deshalb genauso an Bedeutung
    wie die verschiedensten Angebote zur Aus- und Weiter-
    bildung. Auch hier braucht der Verbraucher verlässliche
    Informationen und Kriterien, anhand derer er die Qualität
    einschätzen kann. Wir wollen deshalb einen Schwerpunkt
    in der Verbraucherpolitik im Bereich der Dienstleis-
    tungen setzen. Verbraucher sollen vor Fehlinformationen
    über Produkte, Verträge und Dienstleistungen geschützt
    werden und gegebenenfalls das Recht auf Schadenser-
    satzansprüche erhalten. Vor allem bei den Finanzdienst-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    300


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    leistungen wollen wir aussagekräftige Informationen und
    eine verlässliche Beratung sicherstellen. Sicherungsfonds
    können Insolvenzrisiken abfangen. Das Versicherungs-
    vertragsrecht, das Telekommunikationsrecht und der Ver-
    braucherschutz beim Eigenheimkauf oder -bau sind wei-
    tere Stichworte zu diesem Schwerpunkt.

    Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir be-
    schlossen, dass wir eine Qualitätsoffensive für den öf-
    fentlichen Personenverkehr initiieren und eine umfas-
    sende Bestandsaufnahme vorlegen wollen. Wir wollen,
    dass, von den Verbesserungen der letzten Legislaturperi-
    ode ausgehend, geprüft wird, wo weitere rechtliche Maß-
    nahmen notwendig und möglich sind. Die Verbesserung
    der haftungsrechtlichen Situation von Fahrgästen bei
    mangelnder Leistung und die Einrichtung von unabhän-
    gigen Schlichtungsstellen sind zwei der Eckpunkte, die
    bei dieser Bestandsaufnahme berücksichtigt werden müs-
    sen. Weitere sind die Harmonisierung der Vorschriften
    zwischen den Verkehrssystemen und zwischen den
    EU-Mitgliedstaaten sowie die Bereitstellung von Fahr-
    planauskünften auch über die Angebote konkurrierender
    Unternehmen.

    Verstärkt beachten müssen wir auch den Verbraucher-
    schutz gerade im Hinblick auf Kinder. Wir müssen si-
    cherstellen, dass von Spielzeug oder Kinderbekleidung
    keine Gefahr für Kinder ausgeht und dass bei der Fest-
    legung von Grenzwerten die Wirkungen auf Kinder
    berücksichtigt werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Erst im Juni dieses Jahres hat der Erste Senat des Bun-
    desverfassungsgerichts die Zulässigkeit staatlicher Ver-
    braucherinformation bejaht. In der Presseerklärung des
    Bundesverfassungsgerichts heißt es:

    Aktuelle Krisen im Agrar- und Lebensmittelbereich
    zeigen beispielhaft, wie wichtig öffentlich zugäng-
    liche, mit der Autorität der Regierung versehene In-
    formationen zur Bewältigung solcher Situationen
    sind.

    Das sehen wir genauso. Wir werden deshalb in dieser Le-
    gislaturperiode mit einem Verbraucherinformations-
    gesetz die Informationsrechte gegenüber Behörden und
    Anbietern nachhaltig verbessern. Als Anfang dieses Jah-
    res Schinkenprodukte auftauchten, die zu viel Wasser
    enthielten, konnten die Verbraucherinnen und Verbrau-
    cher nicht feststellen, ob in ihrem Einkaufswagen Schin-
    ken oder Wasser liegt. Eine Gesundheitsgefährdung lag
    nicht vor. Ross und Reiter durften von den Behörden
    nicht genannt werden. Die bisherige Rechtslage nimmt
    den Kunden die Wahlfreiheit und schützt die Anbieter,
    die täuschen und tricksen. Das soll in Zukunft anders
    werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Mit dem Verbraucherinformationsgesetz hätten die
    Kunden in Zukunft nicht mehr nur die Wahl zwischen
    „Schinken“ oder „kein Schinken“. Sie würden wissen,
    wer zu viel Wasser in den Schinken spritzt, und könnten

    von Anbietern kaufen, die fair mit ihren Kunden umge-
    hen. Wir wollen den Kunden diese Wahlfreiheit geben und
    die Anbieter schützen, die weder täuschen noch tricksen.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir haben doch eine Regierung, die täuscht und trickst!)


    Ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der Opposi-
    tion, diesen Weg mit uns zu gehen. Der Wahlkampf ist
    vorbei. Jetzt können Sie zeigen, ob Sie den Verbrauchern
    marktbezogene Informationen zur Verfügung stellen oder
    weiterhin die schwarzen Schafe schützen wollen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Verbraucherpolitik ist für viele eine Angelegenheit des
    Gefühls. Es geht zum Teil um Entscheidungen, die für den
    Einzelnen und auch für dessen Familie eine große Bedeu-
    tung haben: Wie finanziere ich meine Rente? Kann ich das
    Haus wirklich finanzieren?


    (Zuruf von der CDU/CSU: Eigenheimzulage! Ja, ja!)


    Sind die Lebensmittel wirklich gesund? Es geht um Ent-
    scheidungen zu Bereichen, die vom Einzelnen nicht kom-
    plett überblickt werden können,


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist das! Von der Regierung auch nicht!)


    Entscheidungen, zu denen verlässliche Informationen not-
    wendig sind.

    Verbraucherpolitik stellt für uns die Leitplanke dar, die
    dafür sorgt, dass der Einzelne seine Entscheidungen be-
    wusst und eigenverantwortlich treffen kann. Unsere Auf-
    gabe ist es, über Mindeststandards, Kontrollen und Infor-
    mationen die Grundlagen für die Gleichberechtigung
    von Käufer und Anbieter zu legen. Auf dieser Grund-
    lage können die Verbraucher und Verbraucherinnen ihre
    Kaufentscheidungen so treffen, dass ihre Interessen und
    die Interessen ihrer Familien gewahrt bleiben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dafür steht unser Koalitionsvertrag. Vor allem das werden
    wir in den nächsten vier Jahren umsetzen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)