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ID1500505700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 173 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 15/18) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 15/17) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Einsetzung von Aus- schüssen (Drucksache 15/19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 173 B Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 174 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 177 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 184 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 A Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 195 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 199 D Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 D Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 203 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 208 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 214 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 227 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 233 A Plenarprotokoll 15/5 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 I n h a l t : Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 236 C Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 241 A Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 250 B Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 255 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 258 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 261 A Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . 262 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . 262 D Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 265 B Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 268 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 A Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 273 B Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 274 C Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 277 B Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 279 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 280 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 287 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 289 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 293 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 173 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 290 (A) (C) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 291 Berichtigung 4. Sitzung, Seite 11 (B), Zweiter Absatz, der ersten Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie, Herr Kollege Struck, drohen die erforderliche Strategiediskussion vollkommen zu verschlafen und laufen Gefahr, diese wie unser Engage- ment mit KSK in Afghanistan vor unserer deutschen Bevölkerung verheimlichen zu wollen.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 293 (C)(A) van Essen, Jörg FDP 30.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 30.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Koschyk, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 30.10.2002 Niebel, Dirk FDP 30.10.2002 Nolting, Günther FDP 30.10.2002 Friedrich Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 30.10.2002 Otto (Frankfurt), FDP 30.10.2002 Hans-Joachim Pieper, Cornelia FDP 30.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Schröter, Gisela SPD 30.10.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jörg-Otto Spiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Diese Koalition ist angetreten, um Deutschland
    zukunftsfähig zu machen.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie tut es aber nicht!)


    – Deswegen sind wir auch wiedergewählt worden, Herr
    Kollege Thiele.


    (Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein, das war eine kleine Täuschung! Viele sind schon enttäuscht! – Zuruf von der CDU/CSU: Durch Betrug sind Sie gewählt worden!)


    Die Erfahrung der heutigen und der gestrigen Debatten
    ist, dass Sie sich geradezu beleidigt fühlen,


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

    weil die Mehrheit der Deutschen Sie nicht gewählt hat.
    Das ist aber kein Grund, beleidigt zu sein.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Die Mehrheit der Deutschen bereut es, so gewählt zu haben!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    234


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Sie müssten in sich gehen und sich fragen: Woran lag das?
    Warum haben Sie die Mehrheit der Deutschen nicht über-
    zeugt?


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Die Mehrheit der Deutschen bereut es!)


    Meine Einschätzung ist die: Ein wesentlicher Grund
    dafür, weshalb Sie nicht in der für eine Mehrheit ausrei-
    chenden Zahl gewählt worden sind, ist, dass die Men-
    schen gemerkt haben, dass Sie kein solides finanzpoliti-
    sches Konzept haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Aber die Koalition hat es?)


    Mit den finanzpolitischen Vorstellungen der Union ver-
    bindet man Kuddelmuddel und Schuldenmachen. Bei je-
    der Frage, bei jeder Schwierigkeit, die auftauchte, hatten
    Sie nur ein Rezept: Schulden machen.


    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie hatten doch schon im Ausschuss Wahrnehmungsprobleme!)


    Es gab widersprüchliche Aussagen von Ihrem Spitzen-
    kandidaten und anderen bedeutenden Sprechern Ihrer Par-
    tei. Kein Mensch wusste, was die Union eigentlich will.

    Zu der FDPwill ich gar nicht viel sagen. Sie hat sowieso
    noch das Problem, dass sie von dem Image der Spaßpartei
    weg muss, das ihr merkwürdiger Vorsitzender gepflegt hat.


    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dass Sie das aber nicht übernehmen, Herr Kollege!)


    Sie werden von den Menschen nicht ernst genommen,
    weil Sie keine ernsthafte Politik geboten haben.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden die notwendige Reformpolitik deswegen

    allein als Koalition in diesem Bundestag durchführen
    müssen. Ich hoffe, dass die Länder zu einer ernsthaften
    Zusammenarbeit bereit sein werden. Diese Opposition ist
    es offensichtlich bisher nicht.

    Wir haben niemals gesagt, dass der Weg, Deutschland
    fit für die Zukunft zu machen, ein bequemer Weg sein
    wird. Wir haben niemals gesagt, dass er nicht auch An-
    strengungen und Opfer verlangt. Wir haben aber immer
    versprochen, dass wir diejenigen, die diesen Weg nicht
    aus eigener Kraft schaffen, nicht allein lassen. Wir werden
    solidarisch zusammenstehen, weil wir Modernisierung,
    soziale Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt nicht
    als Gegensatz, sondern als das Konzept für eine moderne
    Gesellschaft sehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zu einer solchen Politik gehört natürlich auch, dass wir
    die Lasten, die es gibt, fair verteilen. Dabei gilt nun ein-
    mal: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache,
    und zwar nicht nur auf dem Papier. Dies muss auch durch-
    gesetzt werden. Dazu gehört für uns, dass alle Einkom-
    mensarten gleich zu behandeln sind. Wir finden es bei-
    spielsweise auch nicht unfair, wenn man das geltende
    Steuerrecht, das eine Einkommensteuerpflicht für
    Kapitaleinkünfte begründet, in der Praxis auch durch-

    setzt, wie wir es auch für völlig normal halten, dass das
    Arbeitseinkommen besteuert wird.


    (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das ist doch Regierungshandeln! Was ist denn daran so toll? – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Weil das gesetzliche Änderungen erfordert!)


    – Das werden wir sehen. Ich habe verstanden, Frau
    Wülfing, dass Sie sich dem anschließen wollen.

    Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie haben gar
    nichts verstanden!)

    Dies freut mich. Dann gibt es vielleicht doch ein paar
    kluge Menschen in der Union, die dies unterstützen wer-
    den.


    (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Beifall von der falschen Seite!)


    Noch eines gehört dazu, was wir gesagt und die ganze
    Zeit im Wahlkampf angekündigt haben: Wir werden Steu-
    erprivilegien und Subventionen überprüfen und im Zwei-
    felsfall abbauen. Ich sage Ihnen: Wir haben auch deswegen
    eine Mehrheit gefunden, weil die Menschen in Deutschland
    es leid sind, dass man ihnen irgendwelche schönen Worte
    erzählt. Sie wollen eine seriöse Finanzpolitik.


    (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Die kriegen sie ja nicht!)


    Sie wollen auch nicht die Vertagung von Problemlö-
    sungen. Sie wollen, dass konkret gehandelt wird. Die Ver-
    tagung von Problemlösungen auf künftige Generationen
    durch immer neues Schuldenanhäufen, wie Sie dies ge-
    macht haben, wird in Deutschland erfreulicherweise nicht
    mehr honoriert.


    (Beifall bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ihre Steuererhöhungen wollen sie nicht!)


    Bundesfinanzminister Eichel hat nach der Flutkata-
    strophe gesagt: Wir suchen den unbequemen Weg. Weiter
    hat er gesagt: Wir bürden die Bewältigung unserer heuti-
    gen Probleme nicht der künftigen Generation auf, indem
    wir auf Schuldentilgung verzichten – und dennoch sind
    wir gewählt worden.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wann redet endlich der Meister? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ihr macht neue Schulden!)


    In den letzten Tagen wurde, zum Teil unter Ihrer Mit-
    wirkung, so getan, als sei der Abbau von Steuerprivile-
    gien eine Steuererhöhung.


    (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Ja, was ist es denn sonst?)


    Wir haben die ganze Zeit, besonders von der FDP, gehört,
    Subventionsabbau sei das richtige Rezept. Herr Kollege
    Solms, Sie haben vorhin das schöne Wort Ordnungspoli-
    tik in den Mund genommen. Wir haben leider in der ver-
    gangenen Wahlperiode mehrfach erlebt, wie Sie all die
    Durchlöcherungen, die Sie für Ihre Klientel in den frühe-
    ren Wahlperioden geschaffen haben,


    (Joachim Poß [SPD]: Die Schwarzen sind Spezialisten für Löcher!)


    Jörg-Otto Spiller




    Jörg-Otto Spiller
    die wir aber 1999 abgeschafft haben, mit mehreren An-
    trägen erneut in das Gesetzbuch hineinbringen wollten,
    mit der geradezu irrsinnigen Leitmotivüberlegung, dass
    nicht Gewinnerwartungen, sondern Verlustzuweisungen
    das Motiv für Investitionen sein sollten. Einen krasseren
    Widerspruch zu marktwirtschaftlicher Ordnung kann es
    gar nicht geben.


    (Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Erzählen Sie uns nichts von Marktwirtschaft!)


    Dann kam die Vorstellung zum Ausdruck, es sei sozu-
    sagen Unrecht, wenn Steuerprivilegien abgebaut werden,
    und es bestehe geradezu der Anspruch, dass andere einem
    bei der Finanzierung eigener Aufgaben durch Erlass von
    Steuern oder Zuschüsse helfen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Anspruchsgesellschaft haben Sie doch geschaffen!)


    Woher kommt denn eigentlich das Geld? Das sind doch
    nicht die Gelder der Abgeordneten oder der Ministerien,
    sondern das sind die Gelder der Bürger.


    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist eine ganz neue Erkenntnis, Herr Kollege!)


    Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, dass man andere
    an der Finanzierung beteiligt, wenn man selber etwas vor-
    hat. Das versteht kein Mensch unter Ordnungspolitik.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber das hat auch keiner verstanden! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir brauchen hier endlich einen Meister!)


    Ich habe nicht den Eindruck, dass die Opposition in die-
    ser Wahlperiode schon den Weg zu einer sachlichen Arbeit
    gefunden hat. Man merkt, dass Sie sich noch nicht gefunden
    haben. Das, was bisher gekommen ist, war nur Polemik.


    (Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Kommen Sie doch zur Sache!)


    Ich nenne einmal ein Beispiel. Herr Merz hat heute die
    Kollegin Merkel bezichtigt, sie hätte einem Kabinett an-
    gehört, das die Bundesrepublik aus der sozialen Markt-
    wirtschaft in die Staatswirtschaft hinübergeführt hätte.
    Denn Herr Merz hat definiert: Ein Land, das eine Staats-
    quote – Staatsquote soll heißen: Anteil der Ausgaben der
    Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungen am
    Sozialprodukt – von über 50 Prozent hat, hat keine soziale
    Marktwirtschaft.


    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)


    – Das hat er heute Vormittag gesagt.

    (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Zitieren Sie doch vollständig!)

    In den letzten 40 Jahren gab es ein Jahr, in dem die Staats-
    quote mit 50,3 Prozent am höchsten war; das war 1996.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Da sieht man einmal, wie sachlich die Argumentation von
    Herrn Merz und wie gut sein Verhältnis zu Frau Merkel ist.

    Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass diese Op-
    position, was immer wir vorlegen, zunächst einmal un-
    sachlich sein wird.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

    Herr Glos macht das kabarettistisch, Herr Merz macht es
    giftig, Herr Rexrodt macht es so wie in seinen alten Minis-
    terzeiten: Er beschimpft den Standort Deutschland, für
    den er damals als Bundeswirtschaftsminister Verantwor-
    tung getragen hat.

    Es bleibt den Deutschen aber immerhin ein Trost: Sie
    haben richtig gewählt und wir werden dieses Land in eine
    gute Zukunft führen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Glaube versetzt Berge, aber diese Rede nicht!)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat der Kollege Dr. Michael Meister, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Michael Meister


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Wir erinnern uns: Noch kurz vor der Bundestags-
    wahl hat die Koalition erklärt, es werde mit ihr keine
    Steuererhöhungen geben. Selbst der Bundeskanzler hat
    im Juli 2002 verkündet – ich darf ihn wörtlich zitieren –:

    Steuererhöhungen sind in der jetzigen konjunkturel-
    len Situation ökonomisch unsinnig und deswegen
    ziehen wir sie auch nicht in Betracht.

    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da hat er Recht!)


    Recht hat der Herr Bundeskanzler. Doch jetzt, wo er wie-
    der gewählt ist, hält er sich nicht daran.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Auch der Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering hat
    am Anfang dieses Monats gesagt, es werde keine Steuer-
    erhöhungen geben. Das ist noch nicht lange her und ist
    schon jetzt hinfällig.

    Noch im Koalitionsvertrag vom 16. Oktober ist zu le-
    sen, dass Steuersubventionen abgebaut und Steuer-
    schlupflöcher geschlossen werden sollen. Aber jetzt, we-
    nige Tage später, kommt die Wahrheit ans Tageslicht. Auf
    der Homepage des Bundesfinanzministeriums kann man
    lesen, Herr Eichel, dass massive Steuererhöhungen ge-
    plant sind. Diese Aussage war nicht, wie Sie sagen, von
    den Septemberdaten abhängig, sondern vom 22. Septem-
    ber, dem Wahltermin. Deshalb haben Sie das erst an-
    schließend öffentlich verkündet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wenn der Bundeskanzler

    Steuererhöhungen für ökonomisch unsinnig hält, dann
    frage ich mich, warum er bereit ist, in den kommenden
    vier Jahren ökonomisch Unsinniges in diesem Land ver-
    antworten zu wollen. Warum sagt der Bundeskanzler
    nicht Nein zu diesen Plänen, Nein zu dieser Koalitions-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    236


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    vereinbarung und weist sie deutlich zurück? Er ist doch
    offenkundig dieser Meinung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mittlerweile hat man wohl selbst in der SPD erkannt,

    welch unsoziale Auswirkungen diese Koalitionsvereinba-
    rung in einigen Bereichen hat. Sie haben zum Beispiel
    doch immer gesagt, Unternehmen müssten mehr soziales
    Engagement zeigen. Deswegen haben Sie wohl auch ge-
    plant, dass Spenden von Unternehmen im sozialen und
    kulturellen Bereich besteuert werden sollen. Mittlerweile
    dämmert Ihnen aber, dass Sie damit das soziale Engage-
    ment treffen und unsoziale Maßnahmen vorschlagen.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Zwei Parteitage haben zugestimmt!)


    Nehmen wir das Thema Eigenheimzulage. Bauminis-
    ter Stolpe erklärt mittlerweile – ich darf zitieren –, dass

    nochmals genau über die Änderungen nachgedacht
    werden müsse, wenn sie sich für die Bauwirtschaft
    als nachteilig erweisen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: IM „Sekretär“!)


    Herr Stolpe, ich frage mich an dieser Stelle, warum diese
    Koalition nicht zu Ende denkt, bevor sie die Menschen
    und die Wirtschaft in diesem Land irritiert.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Warum geht man mit halbgaren Vorschlägen nach außen?
    Mit diesen halbgaren Vorschlägen gewinnen Sie keine
    Akzeptanz. Denken Sie erst und handeln dann und nicht
    umgekehrt. Mir ist das Schicksal der Menschen in diesem
    Land zu ernst, als dass wir damit Spiele treiben könnten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ganz Deutschland – das können Sie heute in der Ta-
    gespresse lesen – ist durch diesen konzeptionslosen Ak-
    tionismus vollkommen verunsichert. Die Verunsicherung,
    die Sie mit Ihrer Politik auslösen, kostet Arbeitsplätze und
    Wachstum in diesem Land. Es ist nicht so, dass Sie, Herr
    Eichel, mit Ihrer Politik auf das niedrige Wachstum rea-
    gieren; es ist vielmehr Ihre Politik, die zu niedrigem
    Wachstum und zu höherer Arbeitslosigkeit führt. Das sind
    die Zusammenhänge.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir brauchen dringend Sicherheit und klare Rahmenbe-
    dingungen für diejenigen, die in unserer Wirtschaft han-
    deln sollen, damit Arbeitsplätze und Wachstum gesichert
    werden können.

    Ich frage mich: Wie lange haben Aussagen, die diese
    Regierung trifft, eigentlich Bestand? Welches Verfallsda-
    tum hat die Unterschrift unseres Bundeskanzlers? Er hat
    vor weniger als zwei Wochen einen Koalitionsvertrag un-
    terschrieben und nimmt schon jetzt Teile der Aussagen
    zurück. Was ist die Unterschrift unseres Bundeskanzlers
    an dieser Stelle eigentlich wert?


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Nichts!)


    Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf: Rücken
    Sie endlich mit der vollen Wahrheit heraus. Die Zeit des

    Tarnens und Täuschens muss schnellstens beendet wer-
    den. Herr Poß hat in seiner Rede bereits angekündigt, dass
    der nächste Einschnitt kommt. Die Steuerschätzung, die
    schon in zwei bis drei Wochen auf uns zukommt, wird
    neue Finanzierungsaufgaben aufdecken. Welche Finan-
    zierungsaufgaben sind das? Ist es nicht unsolide, den
    Menschen zu verkünden, Sie als Koalition hätten ein Pro-
    gramm, und ihnen dann zu eröffnen, in zwei Wochen wür-
    den neue Programme nötig sein und es würden neue Maß-
    nahmen ergriffen werden müssen?


    (Joachim Poß [SPD]: Ich habe in dem Zusammenhang über die Länder gesprochen!)


    Frau Scheel hat so wunderschön gesagt, dass man an
    dieser Stelle eine solide Politik machen sollte. Ich frage
    mich, Frau Scheel: Was hat das eigentlich mit Solidität zu
    tun, wenn das, was Sie hier vorlegen, in zwei bis drei Wo-
    chen schon wieder Makulatur ist?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich glaube, die Aussage, die einige Kollegen in den

    letzten beiden Tagen hier schon gemacht haben, dass wir
    nach dem 2. Februar – nach den Landtagswahlen in Hes-
    sen und Niedersachsen – neue Überraschungen erleben
    werden, ist eher Realität als Vermutung; wir sollten uns
    darauf einstellen.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Dann kommt die zweite Erhöhungswelle!)


    Herr Poß hat gesagt, diese Koalition reagiert gut auf die
    Lage. Herr Poß, ich will Ihnen darauf antworten: Wir
    brauchen keine Koalition, die nur auf die jeweilige Lage
    reagiert, sondern wir brauchen dringend eine Koalition
    mit einer Zukunftsvision, mit der deutlich gemacht wird,
    wohin sich dieses Land entwickeln soll.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Eine Zukunftsvision würde verlangen, dass man Si-

    gnale des Aufbruchs setzt. Der Kollege Merz hat es heute
    Morgen angesprochen: weniger Bürokratie, niedrigere
    Steuersätze, Programm „3 mal 40“, Entriegelung des Ar-
    beitsmarkts und mehr Flexibilität – das wären Visionen
    für die Zukunft. Sie sagen aber lediglich, dass Sie auf die
    Dinge, die auf Sie zukommen, reagieren.

    Nehmen Sie jetzt einmal das Herbstgutachten, das
    Sie ja teuer bezahlt haben; 600 000 Euro haben Sie dafür
    hingelegt. Darin finden Sie eine ganze Reihe von Vor-
    schlägen, wie man Deutschland wieder an die Spitze in
    Europa führen könnte. Herr Spiller, Sie fragen zu Recht,
    was die Union will.


    (Joachim Poß [SPD]: Das hören wir jetzt!)

    – Ich habe eben einige Maßnahmen angesprochen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Richtig! Sehr gut!)


    Wir wollen schlicht und ergreifend weg vom letzten Platz
    in Europa. Wir haben den Anspruch, dass Deutschland in
    Europa wieder Spitze ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Wir sind in diesem Jahr übrigens nicht mehr auf dem letzten Platz! Schauen Sie sich die ersten beiden Vierteljahre an!)


    Dr. Michael Meister




    Dr. Michael Meister
    Ich glaube, dass Steuererhöhungen, wenn man vom Ta-
    bellenende an die Spitze will, der vollkommen falsche
    Weg sind.

    Die Wissenschaftler fordern Sie in dem Herbstgutach-
    ten eindringlich dazu auf, endlich das seit langem gefor-
    derte Ziel, die Abgabenlast zu vermindern, anzugehen.
    Frau Hermenau hat so schön gesagt, dass Sie jetzt eine
    Kultur der Konsolidierung entwickeln wollen.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die haben wir schon entwickelt! Wir werden sie fortführen!)


    Ich darf aus dem Herbstgutachten zitieren:
    Die Konsolidierungsbemühungen erwecken bislang
    jedoch nicht den Eindruck von zielstrebiger Gestal-
    tungskraft. Es ist noch nicht gelungen, die ange-
    strebte Begrenzung der Staatsausgaben durch verläss-
    liche Einsparkonzepte abzusichern.

    Frau Scheel, ist das der Kurs, den Sie fortsetzen wollen?
    Das ist das, was Herrn Eichel für die Politik der letzten
    drei Jahre an dieser Stelle ins Stammbuch geschrieben
    wird.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir wären schon längst pleite, wenn wir den Kurs nicht eingeschlagen hätten!)


    Außerdem wird davor gewarnt, die privaten Haushalte
    und die Unternehmen in den kommenden Jahren noch
    weiter mit Abgaben und Steuern zu belasten. Die Institute
    weisen darauf hin, dass wir durch diese Politik Brems-
    spuren in der Konjunktur bekommen werden. Ich habe
    selten ein Gutachten gelesen, in dem dem Auftraggeber
    für seine verfehlte Politik Zeile für Zeile eine Ohrfeige er-
    teilt wird.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

    Anstatt einer neidorientierten Politik, die nur darauf

    achtet, wie man Neid in der Gesellschaft schüren kann,
    brauchen wir dringend eine wachstumsorientierte Steu-
    erpolitik; als Stichwort nenne ich das Programm „3 mal
    40“.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann wären wir in Brüssel bei 5 Prozent und nicht bei knapp über 3 Prozent!)


    Ich komme zu den Steuervergünstigungen, die Sie
    angesprochen haben. Auch dazu steht etwas im Herbst-
    gutachten.


    (Joachim Poß [SPD]: Das haben Sie nicht verstanden!)


    Dort heißt es:
    Der Abbau von Steuervergünstigungen ist geboten,
    die hieraus erzielten Mehreinnahmen sollten jedoch
    zur Finanzierung niedriger Steuersätze genutzt wer-
    den.

    Herr Bundesfinanzminister, ich glaube, Sie sollten nicht
    versuchen, von dieser Kernaussage abzulenken, indem
    Sie plötzlich darauf hinweisen, dass wir über den gesam-

    ten Tarifverlauf reden müssen. Natürlich müssen wir nicht
    nur über den Spitzensteuersatz, sondern auch über den ge-
    samten Tarifverlauf reden; darin sind wir uns einig. Man
    sollte von der Kernaussage aber nicht durch Neidargu-
    mente ablenken wollen. Klassenkampf-Ideen taugen aber
    nicht für eine vernünftige Steuerpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will hier klar und deutlich sagen, was unsere Linie

    dabei ist: Wir wollen eine Verbreiterung der Bemes-
    sungsgrundlage.


    (Joachim Poß [SPD]: Aha!)

    Diese Verbreiterung wollen wir aber nur in Verbindung
    mit einer Absenkung der Tarife. Das ist unsere Politik;
    diesen Zusammenhang kann man nicht auflösen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Poß, Sie wollen die Bemessungsgrundlage verbrei-
    tern, also Steuererhöhungen durchführen, ohne den Tarif-
    verlauf abzusenken.


    (Joachim Poß [SPD]: Senken wir aber!)

    Diese Steuererhöhungen wird es mit uns nicht geben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Gucken Sie sich einmal den Tarifverlauf von 98 an!)


    Wenn wir uns die Ausgangsposition in dieser Legisla-
    turperiode anschauen, sehen wir, dass die Steuerquote in
    den vergangenen vier Jahren gestiegen ist. Die Abgaben-
    quote – inklusive der Sozialversicherungsbeiträge – steigt
    ebenfalls. Wenn Sie sich die Felder Gesundheit und Rente
    anschauen, wird Ihnen schon jetzt klar, dass die Abga-
    benquote auch im nächsten Jahr weiter steigen wird.


    (Joachim Poß [SPD]: Sie sind doch Mathematiker!)


    Deshalb ist es nicht nur eine gefühlte Teuerung, sondern
    die Bürger spüren eine durch Ihre Politik tatsächlich ver-
    ursachte Teuerung. Die steuerpolitischen Eingriffe der
    letzten vier Jahre haben neben der absoluten Höhe der
    Quoten dazu geführt, dass es zu einer massiven Umver-
    teilung gekommen ist.

    Verlierer in den vergangenen vier Jahren war der Mit-
    telstand. Der Mittelstand ist mit allerlei Dingen belastet
    worden, die Sie eingeführt haben.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist die Unwahrheit! Es gab massive Entlastungen!)


    Sie kündigen immer an, dass die Entlastungen in der Zu-
    kunft kommen. Aber dabei tun Sie so, als ob das, was Sie
    für 2004 und 2005 ankündigen, schon heute Realität ist.


    (Joachim Poß [SPD]: Sie sagen systematisch die Unwahrheit!)


    Es ist einfach nicht legitim, künftige Entlastungen mit der
    tatsächlichen Situation von heute zu vergleichen. Dies
    führt die Menschen und die Politik in die Irre.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben erklärt: In 2004 und in 2005 wird der Mit-

    telstand endlich entlastet werden. Diese Ankündigung ha-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    238


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    ben Sie, Herr Eichel, gemacht. Ich sage Ihnen: Diese Ab-
    senkung der Steuersätze für den Mittelstand wird nicht
    kommen. Ich prophezeie Ihnen, dass Sie dieses Verspre-
    chen nicht einlösen werden, und zwar mache ich das auf-
    grund der Politik, die Sie in den vergangenen vier Jahren
    betrieben haben. Immer dann, wenn auf Sie eine neue
    Herausforderung zugekommen ist, haben Sie nur eine
    Antwort gehabt: Steuererhöhungen.

    Ich erinnere an die Terroranschläge vom 11. September
    des vergangenen Jahres. Damals wurden für die Terror-
    bekämpfung die Tabaksteuer und die Versicherungsteuer
    erhöht. Jetzt lesen wir, dass das Geld, das Sie mit dieser
    Begründung ab 1. Januar 2003 dem Bürger aus der Tasche
    ziehen, gar nicht für die Terrorbekämpfung verwendet
    wird. Das ist an dieser Stelle Tarnen und Täuschen. Sagen
    Sie endlich die Wahrheit!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie war das bei der Flutkatastrophe?Als erstes Mit-

    tel wurde nach Steuererhöhungen gerufen. Sie haben ein-
    fach die Entlastung zeitlich nach hinten verschoben und
    die Körperschaftsteuer erhöht. Nachdem Sie nach der
    Wahl endlich die Katze aus dem Sack lassen und einräu-
    men mussten – ich habe es vorhin angesprochen –, dass
    die Einnahmen nicht den aktuellen Finanzbedarf des Bun-
    des decken, kommen Sie mit einem Nachtragshaushalt
    und der Ankündigung Ihrer Geheimwaffe: Steuererhö-
    hungen.

    In dieser Diskussion über Steuererhöhungen möchte
    ich darauf hinweisen, dass eine Reihe von Steuererhöhun-
    gen bereits beschlossen sind und am 1. Januar 2003 in
    Kraft treten. Auch das muss dem Bürger ab und zu in Er-
    innerung gerufen werden. Ich nenne die nächste Stufe der
    Ökosteuer, die bereits beschlossene Sache ist und am
    1. Januar 2003 in Kraft tritt. Auch die Erhöhung der Tabak-
    steuer ist bereits beschlossen und tritt am 1. Januar 2003
    in Kraft.

    Ein anderes Stichwort ist die Erhöhung der Körper-
    schaftsteuer um 1,5 Prozent bei den Kapitalgesellschaf-
    ten, die bereits beschlossen ist und am 1. Januar 2003 in
    Kraft tritt. Die Entlastung für den Mittelstand ist um ein
    Jahr verschoben worden und kommt eben nicht am 1. Ja-
    nuar 2003. Für die mittelständischen Unternehmen, die
    mit dieser Entlastung schon gerechnet haben, ist es eine
    Erhöhung der Steuerlast. Dies tun Sie vor dem Hinter-
    grund von 40 000 Unternehmensinsolvenzen und über
    4 Millionen Arbeitslosen in diesem Jahr.

    Jetzt planen Sie weitere Steuererhöhungen. Ich nenne
    einmal das Beispiel Erdgas. Gerade die Fraktion Bünd-
    nis 90/Die Grünen hat in allen Diskussionen, an denen ich
    teilgenommen habe, immer erklärt, wie umweltfreundlich
    Erdgas im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen sei.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Zur Steinkohle!)

    Man hat also geradezu für die Nutzung von Erdgas ge-
    worben. Jetzt hingegen erhöht die Koalition unter Betei-
    ligung der Grünen die Besteuerung von Erdgas. Was hat
    das mit Konsistenz zu tun? Was ist das für ein Zukunfts-
    programm, erst die Nutzung von Erdgas zu empfehlen
    und dann die Steuern auf Erdgas zu erhöhen?

    Ich nenne das Stichwort Ökosteuer. Auch dort hat der
    Bundeskanzler angekündigt: Es gibt bei der Ökosteuer
    keine weitere Stufe mehr. – Nach der Wahl wird plötzlich
    in der Koalitionsvereinbarung festgehalten: Wir müssen
    Ausnahmetatbestände für Unternehmen streichen. Das ist
    nichts anderes als Tarnen und Täuschen. Vor der Wahl
    wird anders geredet, als nach der Wahl gehandelt wird.
    Die Unternehmen können sich nicht auf das verlassen,
    was Sie hier ankündigen.

    Ich möchte noch auf das Thema Eigenheimzulage in
    der Koalitionsvereinbarung zu sprechen kommen. Sie
    wollen sich bei der Eigenheimzulage auf Familien mit
    Kindern konzentrieren. Nun muss man sich natürlich die
    Frage stellen: Was sind bei Ihnen Familien mit Kindern?
    Wenn eine Familie die Förderung behalten will, die sie
    beim Neubau seither hatte, dann braucht sie mindestens
    fünf Kinder. Wenn sie sich besser stellen will, dann
    braucht sie sechs Kinder. Ich frage mich: Ist das eine Kon-
    zentrierung auf Familien? Was sind bei Ihnen überhaupt
    Familien? Nach meiner Meinung wird damit ein massiver
    Schlag gegen die Familien geführt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ich will Ihnen das vorrechnen. Nehmen Sie eine Fami-
    lie mit zwei Kindern, die sich für einen Neubau entschei-
    det. Diese Familie wird in Zukunft 13 500 Euro weniger
    an Förderung als bisher erhalten. Das sind 26 000 DM
    – um das noch einmal in der alten Währung zu sagen –,
    die man dieser Familie mit zwei Kindern wegnimmt. Das
    fällt bei Ihnen unter Konzentrierung auf Familien. Das ist
    ein Schlag gegen Familien, aber keine Familienpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihr ehemaliger Kollege Wiesehügel – ich bedaure in

    diesem Zusammenhang, dass er nicht hier ist; denn er
    würde dieser Debatte sicherlich mit Interesse folgen – hat
    in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der IG BAU zu
    Recht darauf hingewiesen, wie katastrophal die Lage in
    der Bauwirtschaft ist. Wir haben in den vergangenen
    sechs Jahren in diesem Sektor rund 500 000 Arbeitsplätze
    verloren. Dieser Verlust ist zu einem großen Teil durch po-
    litische Maßnahmen verursacht worden, zum Beispiel im
    Mietrecht. Ich nenne nur die Konditionen im freien Miet-
    wohnungsbau und die bereits eingetretenen Verschlechte-
    rungen bei der Eigenheimzulage. All dies haben Sie poli-
    tisch in die Wege geleitet. Sie haben Anteil daran, dass
    500 000 Menschen ihre Arbeitsplätze verloren haben.

    Aber statt diesen Weg endlich zu verlassen, kündigen
    Sie weitere Verschlechterungen an, und zwar nicht nur bei
    der Eigenheimzulage, sondern auch für den freien Miet-
    wohnungsbau und durch weitere steuerliche Maßnahmen.
    Das ist der falsche Weg, Herr Bundesfinanzminister. Keh-
    ren Sie um und gestalten Sie eine Politik für und nicht ge-
    gen Arbeitsplätze!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Lassen Sie mich das Stichwort „Mindeststeuer für Un-

    ternehmen“ aufgreifen. Bei diesem Vorschlag handelt es
    sich meiner Meinung nach um einen kläglichen Versuch,
    Ihre verkorkste Unternehmensteuerreform zu retten. Als

    Dr. Michael Meister




    Dr. Michael Meister
    Folge Ihrer Unternehmensteuerreform sind die Einnah-
    men aus der Körperschaftsteuer in diesem und im ver-
    gangenen Jahr völlig eingebrochen. Das Aufkommen ist
    seit vergangenem Jahr sogar negativ, das heißt, den Be-
    trieben wird mehr rückerstattet, als der Staat an Steuern
    einnimmt.


    (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Woher kommt das? Das ist ein total geschichtsloser Beitrag!)


    – Dem Staat wird massiv Liquidität entzogen, Herr Binding,
    und das ist eine Folge Ihrer Politik.


    (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein, Ihrer Politik!)


    Ich halte diese Konsequenz für genauso wenig akzeptabel
    wie Ihren Vorschlag für eine Lösung. Wir können es nicht
    hinnehmen, dass dem Staat Liquidität entzogen wird. Wir
    brauchen in diesem Land aber auch keine Mindestbe-
    steuerung. Das ist der falsche Weg. Wenn Sie ihn tatsäch-
    lich einschlagen, dann haben Sie den Titel „Murks-Bro-
    thers“, der Ihnen in der vergangenen Woche von einem
    großen deutschen Magazin verliehen wurde, tatsächlich
    redlich verdient.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben über die Lage der Länder und Kommunen

    gesprochen, Herr Bundesfinanzminister. Ich erinnere da-
    ran, dass Sie in der vergangenen Wahlperiode die Gewer-
    besteuerumlage erhöht haben.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: 50 Prozent!)

    Dadurch sind die Kommunen massiv geschädigt worden.
    Im Bundesrat ist ein entsprechender Antrag vorgelegt
    worden, um diese Maßnahme zu korrigieren. Wenn Sie
    auf die Initiative des Bundesrates eingehen, bitte ich Sie:
    Kommen Sie auf uns zu und helfen gemeinsam mit uns
    den Kommunen, damit zumindest bei der Gewerbesteuer
    und der Gewerbesteuerumlage der Finanzierungsspiel-
    raum der Kommunen wieder vergrößert wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Als weiteren Punkt möchte ich die Gemeindefinanz-

    reform ansprechen. Sie haben die Einsetzung der Kom-
    mission zur Gemeindefinanzreform bis kurz vor der Bun-
    destagswahl aufgeschoben. Zurzeit geht es durch die
    Medien, dass Sie es nicht schaffen werden, im nächsten
    Jahr zu Ergebnissen zu kommen, sondern dass erst im
    übernächsten Jahr Entscheidungen getroffen werden.
    Auch dies ist ein Vergehen an den Kommunen.

    Die notwendigen Investitionen, die Sie zu Recht ange-
    sprochen haben, kommen auf kommunaler Ebene nicht
    zustande, wenn es uns nicht gelingt, für die Kommunen
    eine solide Finanzbasis zu entwickeln.


    (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Deshalb ist Handeln geboten. Sie müssen in diesem Be-
    reich Ihr Engagement verstärken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hinsichtlich der Mindestbesteuerung meine ich, es

    geht nicht an, dass der Staat nur noch an den Gewinnen,

    aber nicht an den Verlusten der Unternehmen teilhaben
    will. Außerdem frage ich mich, mit welcher Begründung
    bei der Einführung der Mindestbesteuerung auch der
    klassische Mittelstand belastet werden kann. Denn die
    Personenunternehmen sind doch für die Ausfälle bei der
    Körperschaftsteuer in keinem Fall verantwortlich; sie
    sind vielmehr genauso betroffen wie die anderen Steuer-
    zahler. Das heißt, diejenigen, die bereits bestraft worden
    sind, würden durch die Mindeststeuer noch einmal be-
    straft.

    Sie haben ausgeführt, dass wir in Deutschland mehr
    Selbstständigkeit brauchen. Ich stimme Ihnen darin zu.
    Wir brauchen in Deutschland tatsächlich eine neue Kultur
    der Selbstständigkeit. Dann dürfen Sie aber kein Schein-
    selbstständigengesetz verabschieden und durch die Min-
    destbesteuerung Existenzgründer bestrafen, indem die
    Anfangsverluste nicht mehr entsprechend abgesetzt wer-
    den können. Das ist doch der falsche Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Von vielen Kollegen ist mit Recht das Stichwort De-

    mographie angesprochen worden. Wir haben im Zusam-
    menhang mit diesem Thema die Bürger aufgefordert
    – darin sind wir einer Meinung –, mehr für die Alters-
    vorsorge zu tun, beispielsweise durch Aktienfonds, Im-
    mobilien, Wohneigentum oder Lebensversicherungen.
    Was aber tun Sie? – Nachdem wir die Bürger ermutigt ha-
    ben, in dieser Weise vorzugehen, schlagen Sie eine Be-
    steuerung dieser Anlagen in Form einer Wertzuwachs-
    steuer vor. Es ist doch ein völlig falsches Signal, wenn
    derjenige, der selbst etwas für die Altersvorsorge tut,
    dafür bestraft wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass eine

    Wertzuwachssteuer nicht mit einer kleinen Änderung von
    Fristen in den Steuergesetzen gleichzusetzen ist. Eine sol-
    che Steuer bedeutet vielmehr einen Systemwechsel im
    deutschen Steuerrecht. Deshalb bitte ich darum, darüber
    nicht unter dem Aspekt veränderter Fristen oder Stich-
    tage, sondern unter dem Aspekt des Systemwechsels zu
    diskutieren. – Frau Präsidentin, ich versuche, zum Ende
    zu kommen.