Rede:
ID1500412900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 17
    1. der: 2
    2. Ich: 1
    3. erteile: 1
    4. dem: 1
    5. Kollegen: 1
    6. Günter: 1
    7. Nooke: 1
    8. von: 1
    9. CDU/CSU-Fraktion: 1
    10. das: 1
    11. Wort.Jörg: 1
    12. Tauss: 1
    13. [SPD]:: 1
    14. Das: 1
    15. ist: 1
    16. neue: 1
    17. Kulturmi-nister!): 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Joachim Otto


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Frau Weiss, auch

    die Liberalen gratulieren Ihnen herzlich zur Übernahme
    des Amtes und bieten Ihnen unsere konstruktive Zusam-
    menarbeit an. Der Kollege Funke aus Hamburg hat uns
    von Ihrem segensreichen Wirken in Hamburg erzählt. Wir
    hoffen, dass es Ihnen hier in Berlin genauso gelingen wird.

    Offen gesagt haben wir das Gefühl, dass Sie den Rück-
    halt und die Unterstützung des Parlaments als Parteilose,
    die über kein Parlamentsmandat verfügt, brauchen. Je-
    denfalls fällt es auf, dass von Ihren Wünschen, die Sie in
    Ihren Berufungsverhandlungen mit dem Bundeskanzler
    geäußert haben, kein einziger erfüllt worden ist. Insbe-
    sondere haben Sie keine Zuständigkeit für die Goethe-
    Institute und die auswärtige Kulturpolitik erhalten. Sie ha-
    ben nicht die Zuständigkeit für den Denkmalschutz
    erhalten und zu meinem großen Bedauern auch keine ein-
    heitliche Zuständigkeit für die Medienpolitik bekommen.

    Viel schlimmer noch, die aktuellen Koalitionsbe-
    schlüsse im Koalitionsvertrag fördern nicht die Kultur, son-
    dern sie schwächen sie. Da gab es den, wie Sie, Frau Weiss,
    sagten, unglücklichen Plan, die Spendenabzugsmöglich-
    keiten nach § 9 Körperschaftsteuergesetz zu streichen.


    (Ernst Burgbacher [FDP]: Unerhört!)

    Der Plan ist jetzt erst einmal zurückgestellt. Warten wir
    den 2. Februar 2003 ab. Aber ich frage mich: Welcher
    Geist steckt hinter einer solchen Überlegung? Es ist je-
    denfalls kein Beitrag zu einer Zivilgesellschaft, wenn
    Spenden an gemeinnützige Organisationen bestraft wer-
    den, während – Kollege Lammert hat schon darauf hinge-
    wiesen – die eigennützigen Sponsoringbeiträge weiterhin
    steuerlich abgesetzt werden können.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Glaubt denn irgendjemand, dass man Spender und Mä-
    zene mit solch abenteuerlichen Plänen motivieren kann,
    mehr als bisher für Kunst und Kultur zu leisten? Was wir
    brauchen, sind bessere steuerliche Rahmenbedingungen,
    nicht schlechtere und schon gar keine Verunsicherung der
    potenziellen Spender.

    Ich möchte mich aber hauptsächlich einem anderen
    Thema zuwenden. Ich empfinde es geradezu als Kata-
    strophe für Kunst und Kultur, insbesondere für den Kunst-
    handel, dass es einen weiteren Plan unseres Pinocchio
    Eichel gibt, der nicht zurückgezogen, sondern beschlos-
    sen worden ist. Auf Seite 71 des Koalitionsvertrages
    findet sich folgender salbungsvolle Satz:


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    154


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Der Mehrwertsteuersatz im Kulturbereich muss erhal-
    ten bleiben.
    Die linke Hand, die Kulturhand, weiß offensichtlich nicht,
    was die rechte Hand, die Steuerhand, tut; denn auf
    Seite 19 desselben Papiers steht scheinheilig Folgendes:

    Wir werden den Abbau ungerechtfertigter ... Steuer-
    vergünstigungen konsequent fortführen.

    Was bedeutet das, meine Damen und Herren? Inzwi-
    schen wissen wir es. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für
    Kunst- und Sammlungsgegenstände soll von bisher 7 Pro-
    zent auf 16 Prozent angehoben werden.


    (Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Vorbehaltlich der Kulturverträglichkeit!)


    – Ja, vorbehaltlich der Kulturverträglichkeit. – Meine Da-
    men und Herren, das ist die Logik des Koalitionsvertra-
    ges. Ich möchte einmal sehen, was dabei herauskommt.
    Das eine, Frau Kollegin Griefahn, konnten Sie heraus-
    schießen, das andere offensichtlich noch nicht. Dem
    Kunsthandel wird an der einen Stelle versprochen, dass
    der ermäßigte Steuersatz erhalten bleibt – daraufhin sind
    die meisten der Händler beruhigt –, und einige Seiten vor-
    her wird in demselben Papier das Gegenteil festgelegt.


    (Ernst Burgbacher [FDP]: Unerhört!)

    Das Finanzministerium, unser Freund Eichel, beziffert

    die Steuermehreinnahmen aus der genannten Mehrwert-
    steuererhöhung bis zum Jahre 2006 locker auf 200 Milli-
    onen Euro. Mehr, meine Damen und Herren, können Sie
    dem Kunsthandel und den Künstlern in Deutschland
    wirklich nicht schaden.

    Frau Weiss, Sie sagten, entscheidend sei die Haltung
    und Wertschätzung gegenüber Künstlern. Ich frage mich
    in der Tat, welche Haltung und Wertschätzung gegenüber
    Künstlern dadurch zum Ausdruck kommt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Frau Weiss, die liberale Opposition möchte Sie gern un-
    terstützen. Wenn Sie gegen diese kultur- und kunstfeind-
    lichen Pläne vorgehen, dann werden Sie uns an Ihrer Seite
    finden.

    Gestatten Sie mir abschließend noch eine kurze Anre-
    gung. Frau Weiss, Sie tragen den Titel einer Staatsminis-
    terin für Kultur und Medien. Ihr Hauptinteresse liegt an-
    gesichts Ihrer bisherigen Tätigkeit sicherlich im Bereich
    der Kultur. Bedenken Sie aber bitte, dass der weit größere
    Reformbedarf in der Medienpolitik liegt. Wir brauchen
    dringend eine umfassende Reform der Medien- und Kom-
    munikationsordnung. Das bisherige Regelungs- und Zu-
    ständigkeitsdickicht ist antiquiert und muss geliftet wer-
    den.


    (Jörg Tauss [SPD]: Unserem Antrag haben Sie nicht zugestimmt!)


    Nehmen Sie sich auch dieses überfälligen Reformprojekts
    an.

    Auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen! Wir freuen
    uns darauf.

    Danke schön.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile dem Kollegen Günter Nooke von der CDU/

CSU-Fraktion das Wort.
Jörg Tauss [SPD]: Das ist der neue Kulturmi-

nister!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Nooke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Zunächst, Frau Staatsministerin, auch von mir als
    Sprecher für Kultur und Medien herzlichen Glückwunsch
    zum Amtsantritt. Sie treten ein Amt an, das mit einer
    großen Hypothek belastet ist. Die Erwartungen der ein-
    schlägigen Szene sind umso größer.

    Leider wurde das Amt von den bisherigen Inhabern ein
    bisschen als Durchlauferhitzer verstanden oder – besser
    gesagt – missverstanden. Das hat dem Amt nicht gutgetan.
    Ich kann nur hoffen, dass Sie das besser machen und die
    Kultur im Rahmen Ihrer Amtsausführung mit größerer
    Verlässlichkeit fördern.

    Das Wichtigste ist doch, dass wir hier für dieses Land
    arbeiten und dass das, im Gegensatz zu Ihren Vorgängern,
    als ehrenvolle Aufgabe angesehen wird. Bei Herrn
    Naumann und Herrn Nida-Rümelin kritisiere ich nicht
    den Mangel an Engagement, aber was Ihren Vorgängern
    doch nachgesagt werden muss, ist etwas, was auch mit
    Kultur zu tun hat, nämlich ein Mangel an Patriotismus,


    (Lachen bei der SPD)

    für den man sich gerade als für Kultur Verantwortlicher in
    Deutschland wohl nicht schämen sollte.

    Das Angebot der konstruktiven Mitarbeit vonseiten
    der Opposition will auch ich Ihnen hier machen. Ich tue
    das umso lieber, wenn Sie sich die Anträge und Vor-
    schläge der Union zu Eigen machen, in denen wir uns
    bemühen werden, die überzeugenderen Lösungen anzu-
    bieten, wie wir das schon in den vergangenen vier Jahren
    gemacht haben.

    Unter den vielen nicht ganz zu Ende gedachten, wenig
    überzeugenden und von vornherein korrekturbedürftigen
    Papieren zur Kulturpolitik der Koalitionsfraktionen, mit
    denen Sie sich in den vergangenen Jahren auch im Aus-
    schuss für Kultur und Medien beschäftigten, gehört der
    Koalitionsvertrag nun wirklich zu den schwächsten Tex-
    ten.

    Mein Eindruck, dass diese Worte zur Kultur eine
    Sammlung von Selbstverständlichkeiten, Wünschen und
    kostenlosen Versprechungen an die Klientel sind, wurde
    durch das, was Sie hier gesagt haben und was der Bun-
    deskanzler heute Vormittag gesagt hat, leider bestätigt.
    Das wäre nach den vielen Enttäuschungen dieser Art mit
    einem eben noch vertretbaren Maß an Gleichmut hin-
    nehmbar. Wenn sich aber schon knapp 24 Stunden nach
    der Unterzeichnung herausstellt, dass Ihre Ministerkolle-
    gen – vor allem der Finanzminister – den Text ohnehin nur
    als unverbindliche Empfehlung ansehen und sich ihn eben
    nicht zu Eigen machen, dann muss schon die Ernsthaftig-
    keit der Aussagen, die Sie hier treffen und die Sie zu Pa-
    pier gebracht haben, infrage gestellt werden.

    Hans-Joachim Otto (Frankfurt)





    Günter Nooke

    Ich will einmal eine Aussage, die den Mehrwertsteu-
    ersatz im Kulturbereich betrifft, zitieren:

    Der Mehrwertsteuersatz ... muss erhalten bleiben.
    Was heißt denn das? An wen richtet sich eigentlich das
    Wort „muss“? Diese Forderung klingt wie eine Selbstver-
    pflichtung. Dass sie aber wie ein frommer Wunsch be-
    handelt wird, dürften die Kulturpolitiker leidvoll bemerkt
    haben, und zwar schneller, als sie es selbst wahrhaben
    wollten.

    Über die Spendenabzugsfähigkeit haben wir gerade
    gesprochen.

    Die Erfindung der Kulturverträglichkeitsklausel ist
    übrigens auch nur solch ein kostenloses Versprechen, und
    dazu noch eines, das die Kulturszene selber einlösen
    muss. Nicht einmal die Prüfung wird bezahlt; Sie lassen
    sie durch den Protest der Öffentlichkeit auch noch die Öf-
    fentlichkeit und die Klientel selber machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Schöner hätte der operative Nutzen dieser Klausel kaum
    demonstriert werden können.

    Weder das Papier noch der bisherige Umgang der Ko-
    alitionäre damit geben ein Zeichen an die Kultur, das sie
    vielleicht am nötigsten braucht, nämlich ein Zeichen der
    Verlässlichkeit. Wenn es der Politik schon nicht möglich
    ist, „Probleme mit Geld zuzukleistern“, wie Sie gesagt
    haben, dann sollten Sie vor allem eines vermeiden, näm-
    lich neue Probleme durch Unzuverlässigkeit zu verursa-
    chen. Kultur braucht vor allem Verlässlichkeit.

    Im Koalitionsvertrag wird festgestellt, dass Kultur im-
    mer wichtiger werde. Das ist schön gesagt und leicht ge-
    schrieben, und man hat den Eindruck, dass hinter der For-
    mulierung der naive Glaube steckt, dass sich bei so großer
    Wichtigkeit bei allen die Einsicht einstellt, an der finan-
    ziellen Ausstattung nicht mehr weiter zu kürzen. Aber
    auch dazu gibt es kein Wort von Ihnen. Sie haben nicht
    einmal die Themen aufgezählt – Frau Griefahn hat das im-
    merhin getan –, geschweige denn gesagt, wie viel Sie wo
    tun wollen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen aber wei-
    ter und in wachsendem Maße auseinander; denn es stehen
    auch im Haushalt 2003 weniger Mittel für Kultur zur Ver-
    fügung, und das bei nun angekündigtem größeren En-
    gagement, zum Beispiel bei den Stätten des Weltkulturer-
    bes und in Berlin.

    Über das Engagement des Bundes in der Hauptstadt
    heißt es, es werde erhalten und ausgebaut. So mutig das
    Reden vom Ausbau auch erscheinen mag: Wir hätten es
    – das ist hier schon mehrfach gesagt worden – gern etwas
    genauer gewusst. Zum anderen übersieht die Formulie-
    rung, dass es in erster Linie an der Gestaltung des Ver-
    hältnisses zwischen Bund und Land mangelt; denn der
    Hauptstadtkulturvertrag genügt aus einer ganzen Reihe
    von Gründen nicht den Ansprüchen, die Berlin – als Bun-
    deshauptstadt wie als Land – und der Bund zu Recht stel-
    len. Wir werden im kommenden Jahr über die Neufassung
    dieses Hauptstadtkulturvertrages reden müssen.

    Weitere Beunruhigung entsteht auch, wenn der Koali-
    tionsvertrag vorsieht, dass sich der Bund aus der kulturel-

    len Filmförderung verabschieden will, indem er die
    Kompetenzen an die Filmförderungsanstalt abgibt. Das
    ist eine Idee, wie sie unnötiger und unsinniger kaum sein
    könnte. Sie gehört in die Kategorie „Probleme, die die
    Welt nicht braucht“, könnte man sagen. Besonders bizarr
    wirkt es, dass die bedachte Filmförderungsanstalt das Ge-
    schenk überhaupt nicht haben will.

    All die anderen Dinge will ich gar nicht aufzählen. Der
    schwache Punkt dieser Koalitionsvereinbarung – das will
    ich hier nur noch einmal zusammenfassend sagen – ist: Es
    fehlt an belastbaren, konkreten Aussagen zur Kulturför-
    derung für die nächsten Jahre.

    Einen anderen Punkt möchte ich auch noch anspre-
    chen. Sie haben hier fernab der Wirklichkeit auch philo-
    sophische Dinge besprochen und uns gebeten, die Anbin-
    dung an die Realität zu organisieren. Doch Kultur – da
    sind wir uns einig – hat nicht nur mit Geld zu tun. Inso-
    fern will ich diesen Faden gerne aufnehmen. Es ist näm-
    lich auch über eine Aufgabe zu reden, die im Koalitions-
    vertrag nicht erwähnt wird, die aber uns als Kultur- und
    Medienpolitiker beschäftigen muss und künftig auch stär-
    ker beschäftigen wird. Die Medien – die alten wie die
    neuen – sind nicht nur ein wachsender Wirtschaftsfaktor.
    Vielmehr haben sie auch einen großen Anteil an der kul-
    turellen Entwicklung und an der gesellschaftlichen und
    auch nationalen Identität. Ob bewusst oder unbewusst,
    beabsichtigt oder unbeabsichtigt tragen sie dazu bei, das
    zu erzeugen, was jeder Einzelne als sein Bild von der Welt
    bezeichnet. Presse und elektronische Medien vermitteln
    das, was die Gesellschaft als Realität annimmt.

    Mit diesem Phänomen haben wir uns viel stärker als
    bisher auseinander zu setzen. Denn die Wirklichkeit wird
    über Medien wahrgenommen, ohne dass diese uns Instru-
    mente überlassen, mit denen ein Wahrheitsgehalt festge-
    stellt werden könnte. Wir können also nur annehmen, dass
    das, was uns vermittelt wird, die Realität ist. Sicherer kön-
    nen wir nur werden, wenn wir Kompetenz haben, wenn
    wir gelernt haben, mit Fiktion und Realität gleichermaßen
    kritisch umzugehen.

    Mir geht es in diesem Zusammenhang deshalb um
    zweierlei:

    Erstens muss auch die Kultur- und Medienpolitik deut-
    licher als bisher die Bedeutung der Medienkompetenz in
    den Vordergrund stellen und zum selbstverständlichen
    Bestandteil der kulturellen Bildung machen.

    Zweitens müssen wir uns mit der Frage beschäftigen,
    was es für unser Bewusstsein bedeutet, dass Fiktion zur
    Realität wird, wie zum Beispiel beim Terroranschlag auf
    das World Trade Center geschehen, das als Science-Fic-
    tion vorformuliert existierte.

    Dabei geht es nicht nur um das Bewusstsein des Einzel-
    nen, sondern auch darum, das Bewusstsein einer Nation zu
    bilden, wie der Film „Baader“ von Christopher Roth im
    Sommer dieses Jahres exemplarisch gezeigt hat. Fiktion
    und Wirklichkeit, Imitation und Tatsachen werden hier in
    einer unschlüssigen Halbdistanz ununterscheidbar. Je bes-
    ser die Erfindungen in das linke Klischee passen, desto
    leichter ist Glaubwürdigkeit herzustellen. Das Tragen eines
    T-Shirts mit RAF-Symbolen ist nicht länger politisch, Herr


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    156


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Umweltminister. Es ist nur noch in oder out. Politik wird
    zum Zitat, Klassenkampf zum Kult: „Prada Meinhof“. Ich
    glaube, auch darüber lohnt es sich zu sprechen.

    Die RAF war davon überzeugt, Geschichte machen zu
    können, ein Geschäft, das die Medien mittlerweile sou-
    verän und gut beherrschen.