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ID1500409400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! In

    einer solchen Debatte steht uns allen nur eine begrenzte
    Redezeit zur Verfügung. Deshalb ist es nicht möglich, hier
    alle Aspekte der Innenpolitik zu beleuchten und alle Auf-
    gabenbereiche zu erörtern. Ich werde mich daher auf ei-
    nige wenige wesentliche Elemente beschränken müssen.

    Innenpolitik als Bestandteil der allgemeinen Sicher-
    heitspolitik muss sich – das muss man mit Sorge und mit
    großem Ernst sagen – auf sehr schwierige und gefahrvolle
    Jahre einstellen. Die Bedrohung durch den internatio-
    nalen islamistisch-fundamentalistischen Terrorismus
    – das ist eine realistische Einschätzung – hat zugenom-
    men. Das entspricht der Lagebeurteilung unserer Sicher-
    heitsinstitutionen ebenso wie der unserer engsten Verbün-
    deten. Wir sehen die breite Blutspur des Terrors, dem
    zahllose Menschen, darunter viele Kinder und Jugendli-
    che, zum Opfer gefallen sind, und wir müssen leider vo-
    raussehen, dass sich der Terror fortsetzen wird.

    Wir sind mit einem weltweiten Terrorismus konfron-
    tiert, dessen Todesbesessenheit, dessen Menschenverach-
    tung und dessen Brutalität uns mit Entsetzen und mit Ab-
    scheu erfüllen. Dieser Terrorismus verkörpert die zum
    Äußersten getriebene Menschenfeindschaft und Lebens-
    verachtung, die Verachtung fremden und des eigenen

    Jerzy Montag




    Bundesminister Otto Schily
    Lebens. Dieser Terrorismus entspringt einem in gottesläs-
    terlichen Wahnsinn abgeirrten Weltbild. Dieser Terroris-
    mus ist der Feind aller menschlichen Grundwerte.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Das entbindet uns sicherlich nicht von der Verpflich-

    tung, uns auch mit der Frage auseinander zu setzen, wie
    Menschen in den Sog von Hass und Menschenverachtung
    geraten sind. Präventive Politik muss immer auch darauf
    gerichtet sein, Menschen gegen Anwandlungen von Hass
    und Extremismus, der schlimmstenfalls in Terrorismus
    umschlägt, zu immunisieren.

    Meine Damen und Herren, New York, Daressalam,
    Bali, Djerba und Moskau – es waren stets so genannte
    weiche Ziele, die sich die Terroristen für ihre Mordtaten
    ausgesucht haben. Das Ausmaß der Bedrohung hat damit
    eine Größenordnung angenommen, die uns vor bisher nie
    gekannte Probleme stellt. Das Ausmaß der Bedrohung be-
    schreibt aber zugleich die Größenordnung unserer ge-
    meinsamen Verantwortung. Wir müssen auf der einen
    Seite alles Menschenmögliche tun, um uns gegen eine sol-
    che Bedrohung zu schützen, dürfen uns aber auf der an-
    deren Seite nicht in Panik treiben lassen und erst recht nie-
    manden in Panik treiben.


    (Beifall bei der SPD)

    Unbestreitbar haben wir durchaus Erfolge in der

    Bekämpfung des internationalen Terrorismus erzielt. Der
    Polizei in Bund und Ländern, den Anklagebehörden, den
    Verfassungsschutzämtern in Bund und Ländern und dem
    Auslandsnachrichtendienst verdanken wir beachtliche
    Fortschritte bei der Ermittlung und Ahndung terroristi-
    scher Straftaten ebenso wie die Aufdeckung terroristischer
    Strukturen. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
    genannten Sicherheitsinstitutionen spreche ich dafür mei-
    nen herzlichen Dank und meine Anerkennung aus.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Wir wissen, dass die Bekämpfung des internationalen

    Terrorismus nicht im nationalen Rahmen, sondern nur in
    enger und vertrauensvoller internationaler Zusammenar-
    beit erfolgreich sein kann. Deshalb hat die Bundesregie-
    rung in den zurückliegenden Jahren stets auf die interna-
    tionale Zusammenarbeit, insbesondere mit den engsten
    Verbündeten, mit den Vereinigten Staaten von Amerika
    und mit den EU-Mitgliedstaaten, besonderen Wert gelegt.
    Besonders bewährt hat sich die freundschaftliche und ver-
    trauensvolle Zusammenarbeit mit den Sicherheitsinstitu-
    tionen der USA, sowohl bei den Ermittlungsaufgaben als
    auch in der Abstimmung und Kooperation bei umfassen-
    den präventiven Maßnahmen.

    Diese Zusammenarbeit wird von beiden Seiten über-
    einstimmend als ausgezeichnet bewertet. Meine Ge-
    spräche, die ich vor wenigen Tagen in Washington und zu-
    vor in Kopenhagen mit dem Attorney General, meinem
    Freund John Ashcroft, geführt habe, haben dies noch ein-
    mal bestätigt. Wir werden diese Zusammenarbeit weiter
    intensivieren. Aus diesem Grunde werde ich in Kürze
    noch einmal nach Washington reisen, um mich zusammen
    mit meiner Kollegin Zypries um die Lösung bestimmter
    Detailprobleme zu kümmern.

    Die Erfolge, die wir bei der Aufklärung und im Rah-
    men von Ermittlungen erzielt haben, stehen im Übrigen in

    einem engen Zusammenhang mit den erweiterten Befug-
    nissen, die wir den Sicherheitsbehörden in der vergange-
    nen Legislaturperiode verschafft haben. Wir werden im
    Laufe dieser Legislaturperiode aber unvoreingenommen
    zu prüfen haben, ob es an der einen oder anderen Stelle
    Korrektur- und Justierungsbedarf gibt. Übrigens, Herr
    Kollege Röttgen: Wir haben einige Gesetze schon als be-
    fristet geltende Gesetze ausgestaltet. Der Ratschlag
    kommt also ein bisschen zu spät.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Joachim Stünker [SPD]: Das musste mal gesagt werden!)


    Darüber wird hier im Parlament ebenso wie im Kreis
    der Länderinnen- und -justizminister zu reden sein. Wer
    immer konstruktive Vorschläge entwickelt, wird uns will-
    kommen sein. Wir werden sie vorurteilsfrei prüfen. Ich
    bitte Sie, die Diskussion so zu führen, dass wir den Streit
    nicht um des Streites willen inszenieren. Gerade in den
    Fragen der inneren Sicherheit gibt es eine gemeinsame
    Verantwortung. Das war in der Vergangenheit so und das
    sollte auch in der Zukunft so sein. Dass wir in der Innen-
    ministerkonferenz nur im Konsens entscheiden, ist Aus-
    druck einer solchen vernünftigen Politik. Wenn Sie, Herr
    Kollege Röttgen, für sich in Anspruch nehmen, das bes-
    sere Argument zu haben, sollten wir es vorurteilsfrei prü-
    fen, wenn Sie es denn haben, aber Sie sollten genauso auf
    das Argument auf der Seite der Regierungskoalition
    hören, wenn das das bessere ist.


    (Beifall bei der SPD)

    Wenn wir in dieser Weise miteinander umgehen, dann
    wäre es zum Besten unseres Volkes.

    Ungeachtet der Erfolge der Sicherheitsinstitutionen ist
    es ferner geboten, deren Strukturen und Arbeitszusam-
    menhänge darauf zu überprüfen, ob und auf welche Weise
    Effizienzsteigerungen möglich sind. Das gilt insbeson-
    dere für die Voraufklärung in manchen Bereichen, in de-
    nen wir aufgrund bestimmter Schwierigkeiten, die den
    Experten durchaus geläufig sind, noch nicht das haben zu-
    stande bringen können, was wir erreichen wollten.

    Damit eine solche Arbeit erfolgreich sein kann, werde
    ich auch in Zukunft strikt darauf achten, dass unsere Si-
    cherheitsinstitutionen mit angemessenen finanziellen
    Ressourcen ausgestattet sind und dass bestimmte Anpas-
    sungen, beispielsweise die Stellenstruktur im Bundes-
    grenzschutz und hoffentlich in der künftigen Bundespoli-
    zei, vorgenommen werden, damit sie ihren Aufgaben
    gerecht werden können.

    Effizienzsteigerungen gilt es auch im Allgemeinen zu
    erreichen. Wir haben in der vergangenen Legislaturperi-
    ode mit der Modernisierung der Verwaltung begonnen.
    Auf diesem Gebiet haben wir durchaus Erfolge erzielt;
    aber wir sind sicherlich noch nicht am Ende angelangt.
    Das gilt sowohl für das Projekt „Bund-Online 2005“ und
    für den Bürokratieabbau. Die eingeleitete Politik muss
    entschlossen fortgesetzt werden. Auch dazu sage ich Ih-
    nen: Wenn Sie, die Abgeordneten der Oppositionsfraktio-
    nen, vernünftige Vorschläge haben, dann werden wir sie
    gerne zur Kenntnis nehmen und prüfen.


    (Jörg Tauss [SPD]: „Wenn“!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    138


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Aber wenn – „wenn“ muss betont werden – der Vor-
    schlag nur darin besteht, wieder eine große Kommission
    ins Leben zu rufen, wie wir es schon in früheren Jahren er-
    lebt haben – ich habe den Vorschlag von Herrn Minister-
    präsident Stoiber gelesen –, dann wird sich das Vorhaben
    des Bürokratieabbaus wieder in einer Kommission verir-
    ren und der Bürokratieabbau wird nicht vorankommen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es kann an dieser Stelle mit einer Kommission also nicht
    sein Bewenden haben. Gegen Kommissionen ist im Prin-
    zip nichts einzuwenden.


    (Lachen bei der CDU/CSU)

    – Natürlich nicht. Sie können die Einrichtung einer Kom-
    mission doch nicht immer dann für richtig halten, wenn
    Sie es vorschlagen, während Sie deren Einrichtung für
    falsch halten, wenn wir es wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In dieser Weise kann man mit diesen Fragen nicht umge-
    hen.

    Wir werden – auch das hat übrigens einen Bezug zur Si-
    cherheitspolitik – unsere Integrationspolitik entschlossen
    voranbringen. Wir haben mit dem Zuwanderungsgesetz
    dafür eine gute Grundlage geschaffen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin dafür dankbar, dass sich mittlerweile, seitdem der
    Wahltag vorüber ist, auch die Länder an den Maßnah-
    men, die zur Anwendung dieses Gesetzes erforderlich
    sind – Rechtsverordnungen, Durchführungsverordnun-
    gen –, konstruktiv beteiligen. Ich hoffe, dass auch die Op-
    position im Deutschen Bundestag die gleiche konstruk-
    tive Haltung einnehmen wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Innen- und Sicherheitspolitik sind heute insbesondere
    in die europäischen Zusammenhänge eingebettet. Ich bin
    darüber froh, dass die Bundesregierung immer an der
    Spitze der europäischen Entwicklung mitarbeitet. Das gilt
    sowohl für die Konferenz der Innen- und Justizminister
    der Europäischen Union wie auch für die Arbeit an der
    europäischen Verfassung. Gerade wir, die beiden Verfas-
    sungsminister, Frau Kollegin Zypries und ich, werden uns
    in die Arbeit des EU-Konvents sehr aktiv einbringen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Von Europa als einem Raum der Freiheit und des
    Rechts war heute schon die Rede; davon sollte man auch
    weiterhin sprechen. Europa ist eine Wertegemeinschaft,
    die auch den Begriff, den der Kollege Montag eben ange-
    sprochen hat, umfasst. Ich bin ihm sehr dankbar dafür,
    dass er diesen Begriff verwendet hat.

    Mein Freund Leoluca Orlando, der frühere Bürger-
    meister von Palermo, der Erfahrungen mit der Bekämp-
    fung der Mafia gemacht hat, hat gesagt: Die Mafia haben

    wir zurückgedrängt auf der Grundlage einer Kultur des
    Rechtes. Auch wir werden den Kampf gegen die organi-
    sierte Kriminalität, gegen den Terrorismus auf der Basis
    der Kultur des Rechts gewinnen. Deshalb müssen wir
    auch daran arbeiten, dass sich diese Kultur des Rechts,
    aber auch die allgemeine Wertegemeinschaft so darstellt,
    dass sie eine wehrhafte Wertegesellschaft gegenüber den
    Anfechtungen des internationalen Terrorismus ist. Ob das
    wirklich von Erfolg gekrönt ist, hängt auch davon ab, wie
    wir uns zueinander verhalten: ob dies einmündet in eine
    Kultur des Respekts, der Achtung vor unseren Institutio-
    nen, vor unseren Werten und vor dem jeweils anderen,
    dem man gegenübersteht.

    Frau Kollegin Merkel, verstehen Sie es als eine Bitte
    des Kirchenministers: Ich glaube, die Achtung vor dem
    Evangelium sollte so weit gehen, dass wir das Johannes-
    Evangelium nicht für parteipolitische Polemik miss-
    brauchen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    – Entschuldigen Sie, dass ich das sage. Ich habe es ganz
    freundlich als eine Bitte formuliert. Überlegen Sie sich
    einen Moment lang, ob das ein guter Einstieg in Ihre
    heutige Rede war, Frau Merkel!


    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich bin nicht dagegen, dass Polemik stattfindet. Ich selber
    kann, wie Sie wissen, auch damit umgehen, wenn es Not
    tut. Ich glaube allerdings, dass wir gut daran tun, sowohl
    was die religiösen Überzeugungen als auch was die
    staatlichen und die gesellschaftlichen Institutionen
    angeht, damit so umzugehen, dass sie keinen Schaden
    nehmen. Wenn uns das nicht gelingt – das alles mögen Sie
    ja lächerlich finden –, wird dort eine Einbruchstelle für fa-
    natische Extremisten und Terroristen entstehen.


    (Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Jetzt überziehen Sie aber!)


    Ich sagen Ihnen das in allem Ernst. Das ist auch eine Frage
    des Umgangs im Parlament. Niemals, meine Damen und
    Herren, darf die politische Gegnerschaft in Feindseligkeit
    umschlagen. Das ist jedenfalls meine Überzeugung. Ich
    hoffe, dass wir uns auf dieser Basis auseinander setzen
    können.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Bosbach für

die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Bosbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mi-

    nister Schily, weite Teile Ihrer Rede waren gut, und Sie

    Bundesminister Otto Schily




    Wolfgang Bosbach
    haben auch Applaus von unserer Fraktion bekommen.
    Aber die letzten zwei Minuten waren in jeder Form in-
    akzeptabel.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Unerträglich!)


    Ihre Kritik an unserer Fraktionsvorsitzenden ist völlig
    neben der Sache, und wer im Glashaus sitzt, der sollte
    nicht mit Steinen werfen. Es gibt nämlich auch das Gebot:
    Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Näch-
    sten. Wenn Sie noch einmal ein Flugblatt zum Thema
    „Zuwanderung“ herausbringen, sollten Sie sich wenigs-
    tens in der Nähe der Wahrheit befinden und nicht
    Volksverdummung betreiben, dazu noch auf Kosten des
    Steuerzahlers.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wahrheit tut immer weh!)


    Vermutlich hat es in der Geschichte der Bundesrepublik
    noch keine einzige Koalitionsvereinbarung gegeben, die
    so massiv kritisiert worden ist wie die rot-grüne Koali-
    tionsvereinbarung in dieser Wahlperiode. Die öffentliche
    Kritik hat sich im Wesentlichen auf Wirtschafts-, Finanz-
    und Arbeitsmarktpolitik konzentriert, aber der Bereich In-
    nen- und Rechtspolitik ist genauso enttäuschend, ja de-
    primierend wie der Rest der Koalitionsvereinbarung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Frau Zypris, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Berufung zur

    Bundesministerin der Justiz.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir alle hoffen, dass Sie stets kluge, vernünftige und
    richtige Entscheidungen treffen. Im Klartext: Wir alle
    hoffen, dass Sie die Politik Ihrer Vorgängerin nicht fort-
    setzen. Wenn das so ist, haben Sie unsere Unterstützung.
    Dann bieten wir Ihnen eine faire Zusammenarbeit an.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Schily, bei Ihnen fällt mir das schon ein

    bisschen schwerer; das werden Sie sicherlich verstehen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


    Aber ich gratuliere Ihnen ebenso zu Ihrer Wiederernen-
    nung zum Bundesminister des Innern. Sie wissen aus der
    vergangenen Legislaturperiode, dass wir Sie immer dann
    unterstützen, wenn Sie Entscheidungen treffen, die den
    Interessen des Landes wirklich dienen. Aber wir haben
    aus der Erfahrung begründete Zweifel daran, dass Sie den
    Willen und die Kraft haben, in der Koalition diejenigen
    Entscheidungen durchzusetzen, die notwendig sind,
    beispielsweise wenn es darum geht, die Bevölkerung
    wirksamer vor Kriminalität und Terrorismus zu schützen.


    (Jörg Tauss [SPD]: Ach du lieber Gott!)

    Vieles von dem, was Sie nach dem 11. September 2001
    gesagt haben, und auch vieles von dem, was Sie gerade
    von dieser Stelle aus gesagt haben, haben wir schon im-
    mer für richtig gehalten und sind dafür heftigst kritisiert
    worden, nicht nur, aber auch von Ihren sozialdemokrati-
    schen Kolleginnen und Kollegen. Entscheidend ist aber
    nicht, Herr Schily, was Sie sagen, sondern entscheidend

    ist, was Sie machen, was Sie politisch durchsetzen und
    nicht durchsetzen in Ihrer Koalition.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unübersehbar ist, dass sich Rot-Grün in vielen Punk-

    ten nicht hat einigen können. Nach den Erfahrungen der
    letzten Jahre ist davon auszugehen, dass sich das in dieser
    Wahlperiode nicht ändern wird. Die Politik der ruhigen
    Hand war in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik un-
    verantwortlich. Beim Thema der inneren Sicherheit ist sie
    es nicht minder.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nicht nur, dass die Koalition nicht das tut, was drin-

    gend getan werden müsste; zumindest in einigen Berei-
    chen geschieht genau das Gegenteil dessen, was notwen-
    dig ist. Beispiel Bürokratieabbau: Wir haben in
    Deutschland eine Regelungsdichte, die weltweit einzigar-
    tig ist, etwa im Steuerrecht. 70 Prozent der steuerrechtli-
    chen Literatur, die in der Welt erscheint, ist in deutscher
    Sprache. Die zehn Gebote bestehen aus 283 Wörtern.


    (Jörg Tauss [SPD]: Die habt ihr nicht gemacht!)


    § 19 a des Einkommensteuergesetzes besteht aus 437 Wör-
    tern und gewährt einen Steuervorteil pro Jahr von maxi-
    mal 80 Euro.

    Blicken wir zurück auf die rot-grüne Koalitionsverein-
    barung des Jahres 1998. Ich zitiere wörtlich:

    Wir wollen einen effizienten und bürgerfreundlichen
    Staat. Deswegen werden wir die Bürokratie abbauen ...

    (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    – Wir kommen gleich zur Praxis, Herr Tauss. Dann wer-
    den Sie viel leiser sein, als Sie sonst hier immer dröhnend
    in Liegestuhlhaltung das Parlament bereichern.

    Weiter heißt es:
    Die neue Bundesregierung wird die Bundesverwal-
    tung modernisieren; dazu wird eine besondere Stabs-
    stelle unter Leitung des BMI eingerichtet, die die
    dafür geltenden Verfahrensabläufe und Rechtsvor-
    schriften überprüfen und vereinfachen sowie die Re-
    gelungsdichte verringern soll.

    Das waren die Verheißungen des Jahres 1998. Jetzt
    kommen wir zur Praxis. Ergebnis nach vierjährigem rot-
    grünen „Bürokratieabbau“: Im Jahr 2002 haben wir 391
    Gesetze und sage und schreibe 973 Rechtsverordnungen
    mehr als vor vier Jahren.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So fleißig waren wir!)


    Das dürfte der weltweit einzigartige Versuch sein, durch
    1 364 neue Gesetze eine Verringerung der Regelungs-
    dichte herbeizuführen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, wir haben nichts gemacht, hat der Herr Röttgen behauptet!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


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    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Herr Schily, jetzt versprechen Sie schon wieder einen
    Abbau von Bürokratie. Das können wir vor dem Hinter-
    grund der Erfahrungen in den letzten vier gemeinsamen
    Jahren mit allen Bürgern in diesem Lande nur als Dro-
    hung verstehen. Vieles in der rot-grünen Koalitionsver-
    einbarung ist ja auch nebulös und völlig inhaltsleer. Da
    heißt es unter anderem: Die Alltagskriminalität werden
    wir konsequent bekämpfen. – Das ist prima. Wir wollen
    aber gern wissen, wie.


    (Zuruf von der SPD: Dann machen wir ein Gesetz!)


    Wenn Sie den Worten Taten folgen lassen, dann haben Sie
    uns an Ihrer Seite.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das haben Sie vier Jahre lang vergeblich versucht!)


    Wir wollen aber wissen, wie die Bekämpfung ganz kon-
    kret aussieht. Sind Sie dafür, dass wir die Graffiti-Schmie-
    rereien,


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    eine Landplage zwischen Flensburg und Mittenwald mit
    vielen 100 Millionen Euro Schaden jedes Jahr an Gebäu-
    den und öffentlichen Verkehrsmitteln, endlich konsequent
    als Sachbeschädigung strafrechtlich ahnden oder wollen
    Sie das nicht?


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch falsch! Das steht im Gesetz: § 303 StGB!)


    Sie haben in der vergangenen Wahlperiode alle entspre-
    chenden Initiativen der Union abgelehnt. Sie haben die
    Alltagskriminalität nicht konsequent bekämpft, sondern
    Sie haben sie konsequent bagatellisiert. Dabei werden wir
    nicht mitmachen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    An anderer Stelle gibt uns die Koalition echte Rätsel

    auf. Beispiel: Einführung biometrischer Daten in Aus-
    weisen. In der Vereinbarung sprechen Sie von einer Wei-
    terentwicklung moderner Methoden der Biometrie zur
    Identitätssicherung, ohne dass dem gesamten Text auch
    nur andeutungsweise zu entnehmen ist, was das heißen
    soll. Werden jetzt fälschungssichere Pässe mit biometri-
    schen Daten eingeführt, ja oder nein? Wird es fälschungs-
    sichere Personalausweise mit biometrischen Daten geben,
    ja oder nein?

    Ist irgendjemand hier der Auffassung, dass durch die
    Einführung biometrischer Daten in Ausweispapieren ir-
    gendein Bürgerrecht tangiert wird? Ist jemand ernsthaft
    der Auffassung, dass es ein Bürgerrecht auf leicht fälsch-
    bare Ausweispapiere gibt? Das kann doch niemand ernst-
    haft meinen.


    (Zurufe von der SPD)

    Tatsache ist: Sie nehmen dieses Thema auf, weil der In-

    nenminister zutreffenderweise der Auffassung ist, dass
    die Fälschungssicherheit erhöht werden müsste. Tatsache
    ist aber auch, dass sich die Koalition darauf nicht einigen
    kann. – Herr Kollege Schily, Sie können gerne eine Zwi-
    schenfrage stellen.