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ID1500404500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Struck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Erlauben Sie, dass ich zunächst auf den Beitrag
    des Kollegen Schäuble eingehe. Dieser Beitrag, Herr Kol-
    lege Schäuble, zeichnete sich durch eine Mischung von
    Halbwahrheiten und Verdrehungen aus.


    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)

    Das bin ich von Ihnen nicht anders gewohnt. Ich will das
    auch belegen.

    Herr Kollege Schäuble, wenn Sie behaupten, die Dis-
    kussion über die Lead-Funktion bei ISAF, die wir begon-
    nen haben – wir werden das Parlament darum bitten, dem
    Regierungsbeschluss zu folgen –, habe etwas mit dem
    Irak zu tun, dann sagen Sie bewusst die Unwahrheit.

    Ich bin im Juli in einer Sondersitzung des Deutschen
    Bundestages vereidigt worden.


    (Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU])


    – Hören Sie doch einmal zu, Herr Schäuble!

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Was ist das für ein gereizter Ton?)

    Am nächsten Tag bin ich in Kabul gewesen und habe dort
    mit den türkischen und den anderen Kollegen die Debatte
    darüber begonnen, wer denn wohl Nachfolgenation für
    die Türkei werden würde. Da war vom Irak überhaupt
    noch nicht die Rede. Es ist schon brutal, wie Sie hier ver-
    suchen, das in Zusammenhang mit einer militärischen In-
    tervention im Irak zu setzen. Das ist aber typisch für Sie.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie behaupten auch, wir würden nicht über die Arbeit
    der Kommandospezialkräfte informieren. Fragen Sie
    doch bitte einmal Ihre Kollegen, die im Verteidigungs-
    ausschuss Verantwortung getragen haben!


    (Widerspruch des Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU])


    – Schütteln Sie nicht den Kopf!

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)


    Dr. Werner Hoyer




    Bundesminister Dr. Peter Struck
    – Ich ärgere mich darüber. Herr Schäuble sagt bewusst die
    Unwahrheit oder er weiß nicht, wovon er redet.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Im Verteidigungsausschuss sitzen Kollegen, Herr Kol-

    lege Schäuble, denen ich genau berichtet habe, was die
    circa 100 Soldaten der Kommandospezialkräfte in Afgha-
    nistan, in Kabul tun. Ich habe die Sprecherinnen und Spre-
    cher der Fraktionen darüber informiert und ich werde das
    auch weiter tun. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht,
    dass diese Soldaten eine höchst gefährliche Mission aus-
    üben. Aber ich stehe zu dieser Mission. Wir werden im
    Zusammenhang mit der Entscheidung über die Operation
    Enduring Freedom auch wieder über den Einsatz dieser
    Soldaten zur Bekämpfung des internationalen Terroris-
    mus beschließen.

    Dann haben Sie gesagt, Herr Kollege Schäuble, ich
    müsse mir 500 Millionen wegnehmen lassen und solle Ih-
    nen einmal darlegen, wie ich die Verteidigungsausgaben
    bestreiten wolle. Diese Zahl von 500 Millionen, Herr
    Schäuble, ist falsch. Sie unterstellen einfach etwas und
    erklären: Damit kommen Sie nicht zurecht. – Wir werden
    – das garantiere ich Ihnen – die Haushaltsprobleme lösen.


    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Schäuble, ich werde dem Parlament im Zu-
    sammenhang mit dem Haushalt 2003 und der mittelfristi-
    gen Finanzplanung genau das vorschlagen, was zur Um-
    setzung der Koalitionsvereinbarung notwendig ist, nämlich
    eine solide mittelfristige Finanzplanung. Natürlich werde
    ich manche Großprojekte auf den Prüfstand stellen. Es ist
    überhaupt gar keine Frage, dass wir uns überlegen müssen,
    ob die Situation, in der solche Großprojekte – zum Teil vor
    Jahren, noch in der Verantwortung der Vorgängerregie-
    rung – beschlossen worden sind, heute noch so gegeben ist
    und ob wir bestimmte Waffensysteme in diesem Umfang
    brauchen. Das ist eine höchst vernünftige Entscheidung.
    Wir müssen uns doch an den neuen Aufgaben der Bundes-
    wehr und dürfen uns nicht an den Aufgaben der Bundes-
    wehr von vor zehn oder 20 Jahren ausrichten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Nun noch ein Wort zu Ihnen, Herr Schäuble, und dann
    soll es auch gut sein. Was Herr Stoiber im Wahlkampf
    zum Thema Irak gesagt hat, ging weit über das hinaus,
    was Sie uns gerade vorgeworfen haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Er hat über Überflugrechte und dergleichen geredet. Da-
    von wollen wir heute überhaupt nicht sprechen; sonst
    würde es ganz bitter für Sie.

    Nun zum Kollegen Schmidt. Ich gratuliere Ihnen, Herr
    Schmidt, herzlich zu Ihrer neuen Funktion, die Sie in Ih-
    rer Arbeitsgruppe als Nachfolger von Paul Breuer wahr-
    nehmen,


    (Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU])


    und wünsche mir eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen ge-
    nauso wie mit dem Kollegen Nachtwei, dem Kollegen

    Rainer Arnold und natürlich auch dem neuen Vorsitzen-
    den des Verteidigungsausschusses, Reinhold Robbe.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das bedeutet übrigens auch, dass ich nicht nur die Mit-

    glieder des Verteidigungsausschusses, sondern sämtliche
    Abgeordneten des Parlaments, die daran interessiert sind,
    zu erfahren, was unsere Soldatinnen und Soldaten bei
    ihren schwierigen Auslandseinsätzen tun – über diese
    Einsätze werden wir neu entscheiden müssen; im Kabinett
    wird in der nächsten Woche erneut über Enduring Free-
    dom entschieden; Mitte November wird im Parlament da-
    rüber abgestimmt; danach müssen wir im Zusammenhang
    mit Afghanistan über ISAF einen Beschluss fassen –,
    herzlich dazu einlade, sich mithilfe des Verteidigungsmi-
    nisteriums, mithilfe der Parlamentarischen Staatssekre-
    täre und mit meiner Hilfe vor Ort ein Bild von deren Ar-
    beit zu machen. Wenn das geschähe, dann würde vieles
    von dem, was man nicht ganz genau weiß und was man
    mit bestimmten Verdächtigungen belegt, wirklich aus der
    Welt sein und würde jeder anerkennen: Das, was die deut-
    schen Soldaten dort tun, verdient höchsten Respekt und
    höchste Anerkennung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Herr Kollege Schmidt, in der „Windsheimer Zeitung“
    vom 25. Oktober 2002 haben Sie erklärt, Sie wären jetzt
    Schattenminister der Verteidigung, wenn es in Deutsch-
    land so wie in England ein Schattenministerium gäbe.
    Wollen wir einmal sehen, ob mehr „Schatten“ oder mehr
    „Minister“ herauskommt. Wie gesagt, versuchen wir ein-
    mal, gut zusammenzuarbeiten.


    (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Ich will angesichts der Kürze der Zeit, die für die heu-

    tige Diskussion über Verteidigung vereinbart worden ist,
    nur noch einige Anmerkungen machen. Herr Kollege
    Hoyer, Sie haben sich zu Prag geäußert. Ich möchte wis-
    sen, wie Sie dazu kommen, die Behauptung aufzustellen,
    die Bundesregierung bereite sich auf Prag nicht vor.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das frage ich mich auch!)


    Woher wissen Sie das eigentlich? Wir müssen unsere Vor-
    arbeiten zunächst einmal in der Regierung leisten. Herr
    Kollege Hoyer, ich muss Sie nicht fragen, was ich da zur
    Erweiterung der NATO vorschlagen werde. Dass es in
    Prag vor allen Dingen um die NATO-Erweiterung geht,
    das wissen Sie. Dass wir diesbezüglich, bis auf zwei Län-
    der, keine Probleme haben werden, das versteht sich von
    selbst.

    Aber wir reden auch über die neuen Initiativen des
    NATO-Generalsekretärs und wir reden über eine Initia-
    tive meines Kollegen Rumsfeld, nämlich über die so ge-
    nannte NATO-Response-Force. Sie haben danach ge-
    fragt und ich will Ihnen Ihre Frage beantworten. Die
    Initiative von Donald Rumsfeld, eingebracht auf einer
    Verteidigungsministertagung in Warschau, an der, wie
    man allenthalben erfahren konnte, auch ich teilgenommen
    habe, war überraschend. Donald Rumsfeld hat uns vorge-
    schlagen, eine NATO-Response-Force mit 21 000 Mann


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    112


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    und einer Bereitschaftszeit von sieben Tagen zu installie-
    ren. Dieser Vorschlag von Rumsfeld ist aber noch nicht
    konkretisiert worden. Die Konkretisierung erfolgt jetzt
    peu à peu.

    Herr Schäuble, darüber wird in Prag nicht entschieden
    werden. Das wäre auch nicht möglich, weil wir in der eu-
    ropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Sie
    haben es selbst angesprochen – die so genannten Hel-
    sinki-Headline-Goals beschlossen haben, das heißt – das
    wissen auch Sie –: Wir wollen eine eigene europäische
    Eingreiftruppe installieren. Deutschland soll sich an einer
    solchen Truppe mit maximal 32 000 Soldaten beteiligen.
    Ich will Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Ich halte es für
    sehr vernünftig, dass man, bevor man auf eine Initiative
    der Amerikaner eingeht, zunächst einmal prüft, ob das,
    was wir in der europäischen Sicherheitspolitik verabredet
    haben, kompatibel mit dem ist, was Donald Rumsfeld und
    andere wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Schäuble, da wägen wir noch ab. Vielleicht kön-
    nen wir uns in einem Punkte treffen: Es macht keinen
    Sinn, zwei parallele Eingreiftruppen für nahezu den glei-
    chen Zweck mit jeweils einem deutschen Kontingent zu
    installieren. Das ist nicht machbar.

    Ich will noch etwas zu den internationalen Einsätzen,
    gerade zum ISAF-Mandat, dessen Verlängerung dem-
    nächst ansteht, sagen. Ich habe mich mit meinem nieder-
    ländischen Amtskollegen darauf geeinigt, dass wir die
    Lead-Funktion übernehmen. Ich will dem Parlament Fol-
    gendes nicht vorenthalten: Das wird bedeuten, dass die
    Anzahl der deutschen Soldaten, die jetzt für ISAF in Ka-
    bul tätig sind, erhöht werden muss. Das hängt insbeson-
    dere damit zusammen, dass wir von der Türkei, der jetzi-
    gen Lead Nation, den Betrieb und die Bewachung des
    Flughafens in Kabul übernehmen müssen, was höchst
    personalintensiv ist. Die Übernahme der Lead-Funktion
    ist sehr vernünftig: Deutschland ist das Land, das, was
    Auslandseinsätze angeht, nach den Amerikanern weltweit
    das größte Kontingent stellt.

    Zum Thema Deutschland/Amerika will ich Ihnen
    noch Folgendes sagen: Natürlich gibt es auf der anderen
    Seite Irritationen. Wir müssen uns nicht vorwerfen lassen,
    im Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder
    beim Aufbau Afghanistans nicht das Nötige getan zu ha-
    ben – ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das wissen die Amerikaner auch.
    Es wird sich alles normalisieren, auch meine Begeg-

    nungen mit meinem amerikanischen Amtskollegen.

    (Zurufe von der FDP: Ihre Nichtbegeg nungen!)

    Das alles wird so laufen, dass Sie nachher sagen: Na wun-
    derbar, die Verhältnisse haben sich entwickelt.

    Ich möchte zum Schluss auf Folgendes hinweisen: Es
    gibt verteidigungspolitische Richtlinien, die aus dem

    Jahre 1992 stammen, vom Kollegen Rühe damals festge-
    legt. Das ist jetzt zehn Jahre her und in diesen zehn Jah-
    ren hat sich viel verändert. Wir haben fast 10 000 Solda-
    ten im Einsatz. Wir geben für den Auslandseinsatz der
    deutschen Soldaten 1,7 Milliarden Euro aus. Vor vier Jah-
    ren waren es nur 170 Millionen. Natürlich gibt es auch
    eine andere Bedrohungsanalyse. Davon ist heute in dieser
    Debatte schon die Rede gewesen. Deshalb werde ich dem
    Parlament gegebenenfalls im März oder April nach Ab-
    schluss der Diskussion mit dem Generalinspekteur und
    den Inspekteuren der Teilstreitkräfte neue verteidigungs-
    politische Richtlinien vorlegen, die ich für das Haus erar-
    beiten will, weil ich glaube, dass sich die Bundeswehr auf
    eine andere Situation einstellen muss, als wir sie noch vor
    zehn Jahren hatten.

    Ich setze nicht nur auf eine freundliche Zusammenar-
    beit mit meiner eigenen Fraktion – davon gehe ich aus;
    das ist eine Selbstverständlichkeit – oder dem grünen
    Partner, sondern auch auf eine konstruktive Zusammenar-
    beit mit Ihnen von der CDU/CSU und der FDP.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian Schmidt.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christian Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Verteidigungsminister, das Angebot der guten, der

    fairen Zusammenarbeit wiederhole ich gerne auch von
    unserer Seite. Wir alle wissen, dass die Bundeswehr ein
    Organismus ist, der aus Menschen besteht, die zwar, wie
    man dem Löchel-Bericht und anderen Berichten entneh-
    men kann, langsam, aber nachhaltig das Vertrauen in ihre
    politische Führung verloren haben, dass sie aber unter der
    Bereitschaft, ihr Leben einzusetzen, politische und mi-
    litärische Aufträge für uns erfüllen, bei denen sie nicht den
    Eindruck haben sollten, hier werde über ihren Kopf hin-
    weg entschieden und eigentlich würden ihre Interessen
    überhaupt nicht berücksichtigt.

    Heute Vormittag war bereits die Rede davon, dass in der
    Regierungserklärung darüber überhaupt kein Wort verlo-
    ren worden ist. Das finde ich bedauerlich. Es reicht eben
    nicht – um einen kleinen Nachtrag zu machen, Herr
    Struck –, zu Bier und großer Party etwa 50 000 Soldaten
    einzuladen und ihnen einen Dank abstatten zu wollen, der
    eigentlich nur camoufliert, dass man mit ihnen Wahlkampf
    machen will. Die Soldaten haben nicht vergessen und wir
    haben auch nicht vergessen, dass Sie versucht haben, die
    Bundeswehr parteipolitisch zu instrumentalisieren. Das
    darf nicht durchgehen und darüber werden wir noch reden
    müssen. Halbwahrheiten und Verdrehungen, die Sie ge-
    nannt haben, sind in keiner Weise geäußert worden.

    Natürlich ist das Thema: Die Not ist groß; wie kommen
    wir um die notwendigen Canossa-Gänge herum? Herr
    Fischer ist jetzt gerade auf einem unterwegs. Wie kom-
    men wir wieder ins Gespräch mit den Amerikanern, die
    wir im eigenen Interesse brauchen? Was können wir ihnen

    Bundesminister Dr. Peter Struck




    Christian Schmidt (Fürth)

    anbieten, das so verpackt ist, dass die rot-grüne Koalition
    und die ihr anhängenden Bürgerinnen und Bürger gar
    nicht merken, dass wir etwas tun müssen, was wir eigent-
    lich nach eigenem Reden nicht tun wollen? Das ist übri-
    gens auch der Punkt, der heute früh angesprochen worden
    ist.

    Natürlich werden Sie zum Thema Irak mehr tun müs-
    sen und Sie wissen, dass Sie mehr tun müssen als das, was
    während des Wahlkampfes auf den Plätzen vom Bundes-
    kanzler dargelegt und von vielen anderen nachgesprochen
    worden ist. Machen Sie sich keine Sorgen: Wir werden bei
    der Frage der Stationierung, vom Kanzlerkandidaten an-
    gefangen bis zu jedem einzelnen Mitglied der CDU/CSU-
    Bundestagsfraktion, wenn es zur Entscheidung über die
    Frage kommt, welche alliierten Streitkräfte unseren
    Grund und Boden benutzen dürfen, treu zum Bündnis ste-
    hen und verlässlich sein, so wie dies immer gewesen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Das hoffen wir auch!)


    Ob das bei Ihnen der Fall sein wird, das weiß ich nicht.
    Irgendwie habe ich bei Ihrem Beitrag, Herr Struck, den

    Eindruck gewonnen – darüber müssen wir wohl in einer
    eigenen Debatte, die vor Prag stattfinden sollte, noch ein-
    mal reden –, dass Sie die Ernsthaftigkeit des Problems,
    dass es nämlich um die Zukunft der NATO geht – das
    wird nicht nur in Washington so gesehen –, nicht spüren.
    Sie haben übrigens die DCI-Initiative von 1999 etwas mit
    der nun von Rumsfeld vorgeschlagenen Response Force
    vermischt. Dabei handelt es sich um ganz verschiedene
    Dinge. Sie können nicht die Headline Goals der ESVP in
    Form von 60 000 Soldaten, die 2003 einsatzbereit sein
    sollen, aber faktisch nur auf dem Papier stehen – General
    Schubert wartet noch immer auf die Einsatzbereitschaft
    dieser Truppe –, realisieren und dann diese Einheiten den
    Amerikanern anbieten. Nein, Rumsfeld will doch die
    Probe aufs Exempel machen.

    Hinter den 21 000 Soldaten, die Rumsfeld für die Res-
    ponse Force will, steckt doch – das wissen Sie genauso
    gut wie ich – im Kern die politische Frage, ob die NATO
    als Bündnis noch in der Lage ist, militärisch an vorderer
    Front im Antiterroreinsatz zu reagieren oder nicht. Wenn
    Sie darauf mit der Antwort reagieren: „Sehr geehrter Herr
    Rumsfeld, wir diskutieren gerade darüber, Herr Solana
    bastelt mit den Türken und den Griechen am Zustande-
    kommen einer europäischen Eingreiftruppe und schaut,
    ob das Berlin plus-Abkommen umgesetzt werden kann“,
    dann wird uns die NATO mittelfristig um die Ohren flie-
    gen.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist es!)


    Sie wird kaputtgehen, und zwar entgegen unserem eige-
    nen Interesse. Die Axiome der Außen- und Sicherheitspo-
    litik, dass das Bündnis des freien Westens ein Stabilitäts-
    anker ist und jetzt auch Verpflichtungen über die früheren
    Begrenzungen hinaus bestehen, gelten nämlich nach wie
    vor. Das hat auch Senator Lugar 1993, wie ich glaube, bei
    seiner Rede im Budapester Parlament gesagt: NATO will
    go out of area or out of business – die NATO muss sich
    engagieren oder sie wird aus dem Geschäft herausfallen.

    Es darf nicht dazu kommen – die Gefahr sehe ich –,
    dass die Sicherheitspolitik nachlässig auf der Basis eines
    Laisser-faire-Denkens behandelt wird. Aus diesem Desin-
    teresse könnte die Gefahr entstehen, dass wir so alleine
    dastehen, dass der Begriff vom deutschen Weg, mit dem
    Herr Schröder gezündelt hat, auf einmal zur Realität wird,
    weil keiner mehr da ist, der mit uns Bündnisse schließen
    will. Diese Frage steht auf der Tagesordnung, nichts an-
    deres.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Kommen wir noch einmal auf die Situation in Afgha-
    nistan zurück. Wir alle hier im Hause wissen – aber nicht
    jeder draußen unterscheidet genau –, dass es zum einen
    die Mission Enduring Freedom zur Terrorbekämpfung
    gibt, an der das KSK, das Kommando Spezialkräfte, mit
    circa 100 Mann teilnimmt. Ich bedanke mich ausdrück-
    lich auch im Namen des Kollegen Breuer, dass Sie hierzu
    Informationen gegeben haben. In diesem Punkt unter-
    scheiden Sie sich sehr lobenswert von Ihrem Vorgänger.
    Von dem hätten wir nämlich überhaupt nichts erfahren. In
    der nächsten Zeit ist aber nicht nur eine offene Informati-
    onspolitik über Enduring Freedom, sondern auch über die
    Probleme, die sich bei der anderen Mission in Afghanis-
    tan, bei ISAF, deren Führung Sie der Bundeswehr anver-
    trauen wollen, ergeben, erforderlich.

    Wenn man in solch eine Sache mit mehr Engagement
    hineingeht, muss man auch wissen, wie man wieder he-
    rauskommt. Bisher war das gerade einmal einigermaßen
    darzustellen. Wenn aber die Amerikaner ihr Engagement,
    dessen Schwerpunkt bei der Operation Enduring Freedom
    liegt, in andere Wetterecken dieser Welt verlagern, dann
    darf es nicht dazu kommen – darüber müssen wir schon
    sehr intensiv reden –, dass Soldaten der deutschen Bun-
    deswehr und von Alliierten, die in und um Kabul stehen,
    im Falle einer Zunahme der Spannungen auf sich alleine
    gestellt sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Sie wissen sehr genau, warum ich das so sehr betone.
    Der letzten schriftlichen Unterrichtung des Parlaments

    entnehme ich, dass es erst vor kurzem wieder eine ge-
    fährliche Situation gegeben hat, von der auch unsere Sol-
    daten hätten betroffen sein können. Gott sei Dank ist
    nichts passiert und es wird sicherlich viel getan, um sol-
    che Gefahren zu verhindern. Sie sind aber nicht auszu-
    schließen und es ist zu befürchten, dass mit einer Expo-
    nierung der Bundeswehr die Gefahren auch für sie
    steigen. Das wird in Zusammenhang mit der Verlänge-
    rung von Enduring Freedom und von ISAF zu behandeln
    sein.

    Damit komme ich zu einem weiteren Punkt grundsätz-
    licher Art, den wir heute schon ansprechen sollten. Der
    Kollege Schäuble hat das bereits dargelegt. In diesem
    Punkt herrscht bei uns die tiefste Enttäuschung über Ihren
    Koalitionsvertrag. Über die vielen Prosateile des Koali-
    tionsvertrages kann man hinweglesen, aber wir stellen
    auch fest, dass etwas nicht darin steht. Meiner Meinung
    nach hätten wir bei diesem Punkt im Rahmen eines kon-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    114


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    struktiven Dialogs feststellen können, was da getan wer-
    den muss. Bei dem Punkt handelt es sich um die innere
    und äußere Sicherheit als Ganzes. Ich habe noch in Er-
    innerung, wie Alterspräsident Schily zur Eröffnung der
    15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages auf die in-
    soweit bestehenden Gefährdungen hingewiesen hat, und
    Herr Fischer hat gerade auch noch einmal Djerba und al-
    les andere heruntergebetet. Die Frage lautet, wie sich Ge-
    fährdungen, die vermeintlich die innere Sicherheit betref-
    fen, aber faktisch Angriffe von außen sind – Stichwort:
    asymmetrische Konflikte –, in einer Strukturreform der
    Bundeswehr niederschlagen können. Davon haben wir
    nichts gehört bzw. gelesen.

    Wir sind gerne bereit, über diese Frage im Zusammen-
    hang mit den verteidigungspolitischen Leitlinien, die Sie
    vorlegen wollen, zu sprechen, weil wir sie für sehr wich-
    tig halten. Wir wissen, dass hierbei viele Hindernisse zu
    überwinden sind. Das geht bis hin zu der Frage, was an-
    gesichts der deutschen Tradition und der Geschichte der
    Bundesrepublik Deutschland an Fragezeichen dahinter
    steht. Jedenfalls bin ich fest davon überzeugt, dass eine
    Strukturreform, wenn Sie sie jetzt wieder ansetzen, weil
    die erste nicht finanziert war und weil auch die zweite
    drangegeben worden ist, nur eine Camouflage für nicht
    vorhandenes Geld und für Kürzungen ist, wenn Sie solche
    Fragen nicht anpacken. Ich sage hier ausdrücklich: Bei
    diesen Fragen, bei denen Sie natürlich in ganz entschei-
    dendem Maße auch die Länder brauchen, werden Sie auf
    eine kritische, konstruktive Arbeit und auf Initiativen von
    uns rechnen können.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir werden Sie an dieser Aussage messen!)


    Wir werden Sie daran messen, wie Sie diese Initiativen
    dann auch finanziell umzusetzen in der Lage sind.

    In der Koalitionsvereinbarung haben Sie sehr intensiv
    auch Herrn von Weizsäcker genannt. Mit Genehmigung
    der Frau Präsidentin möchte ich aus der Koalitionsverein-
    barung kurz zitieren.