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ID1500300600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 5: Beratung und Beschlussfassung des An- trags der Bundesregierung . . . . . . . . . . 35 A Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem NATO-ge- führten Einsatz auf mazedonischem Terri- torium zum Schutz von Beobachtern inter- nationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementierung des politischen Rahmenabkommens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens der maze- donischen Regierung vom 8. Oktober 2002 und der Resolution 1371 (2001) des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 35 B Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 38 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 39 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 41 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 45 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 A Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 49 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung über die Fortset- zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an den NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementierung des politischen Rahmenabkommens vom 13. Au- gust 2001 auf der Grundlage des Ersuchens der mazedonischen Regierung vom 8. Oktober 2002 und der Resolution Nr. 1371 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 A Plenarprotokoll 15/3 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 3. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. Oktober 2002 I n h a l t : (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Oktober 2002 35 3. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Oktober 200248 Präsident Wolfgang Thierse (A) (B) (C) (D) Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Winfried Nachtwei Christa Nickels Friedrich Ostendorff Simone Probst Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt (Hitzhofen) Werner Schulz (Leipzig) Petra Selg Ursula Sowa Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Marianne Tritz Hubert Ulrich Dr. Antje Vogel-Sperl Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Josef Philip Winkler Margareta Wolf (Frankfurt) FDP Daniel Bahr (Münster) Rainer Brüderle Ernst Burgbacher Helga Daub Dr. Christian Eberl Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Horst Friedrich (Bayreuth) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Joachim Günther (Plauen) Dr. Karlheinz Guttmacher Christoph Hartmann (Homburg) Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Wolfgang Kubicki Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Eberhard Otto (Godern) Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Andreas Pinkwart Dr. Günter Rexrodt Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Ingo Wolf Nein CDU/CSU Dr. Wolf Bauer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Leo Dautzenberg Willy Wimmer (Neuss) fraktionslos Dr. Gesine Lötzsch Petra Pau Enthalten CDU/CSU Manfred Carstens (Emstek) Kurt-Dieter Grill Klaus-Jürgen Hedrich Dr. Peter Jahr Henry Nitzsche Norbert Schindler Berichtigung 1. Sitzung, Seite 22 (B): Der Name Peter H. Carstensen (Nordstrand) ist versehent- lich in die Namensliste zur Wahl der Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer aufgenommen worden. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Oktober 2002 49 (C)(A) Bernhardt, Otto CDU/CSU 23.10.2002 Bodewig, Kurt SPD 23.10.2002 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 23.10.2002 Merz, Friedrich CDU/CSU 23.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 23.10.2002 Schily, Otto SPD 23.10.2002 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung über die Fort- setzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zum Schutz von Be- entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenografischen Bericht obachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementierung des poli- tischen Rahmenabkommens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens der mazedoni- schen Regierung vom 8. Oktober 2002 und der Resolution Nr. 1371 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/10) Ich stimme der Verlängerung der „Beteiligung deut- scher Streitkräfte an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zum Schutz von Beobach- tern internationaler Organisationen“ zu, obwohl ich bei den vorigen Entscheidungen des Bundestages dazu nicht zu- gestimmt habe. Der NATO-Einsatz wird im diesjährigen Friedensgutachten der deutschen Friedensforschungsins- titute als unverzichtbar für die Stabilität und den Frieden in Mazedonien gewertet und wirklich als „Friedens- einsatz“ bezeichnet, weil damit zivile Lösungen unter- stützt und gefördert werden. Ich teile diese Einschätzung und sehe im NATO-Einsatz eine polizeiliche Funktion. Deshalb stimme ich der Verlängerung des NATO-Einsat- zes zu, obwohl ich stets – wenngleich vergeblich – eine UN-Mission anstelle eines NATO-geführten Einsatzes gefordert habe. Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Günther Friedrich Nolting


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bun-

    desminister der Verteidigung hat zu Recht auf den Erfolg
    des Einsatzes in Mazedonien hingewiesen. Dafür gebührt
    unseren Soldatinnen und Soldaten unser Dank.


    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist allerdings bemerkenswert, zu welchen Leistun-
    gen die Bundeswehr trotz der zum Teil desolaten materi-
    ellen Ausstattung, trotz der Unterfinanzierung und der
    nicht immer von Fürsorge gekennzeichneten Behandlung
    seitens Ihrer politischen Führung in der Lage ist.


    (Beifall bei der FDP)

    Darauf werde ich noch eingehen.

    Die internationale Präsenz verhinderte einen Bürger-
    krieg in Mazedonien. Daran besteht kein Zweifel und das
    wird auch von der FDP gewürdigt. Der politische Versöh-
    nungsprozess befindet sich weiterhin auf einem guten
    Kurs. Aber bei allem Optimismus muss auch erwähnt
    werden, dass die Lage in Mazedonien noch nicht so stabil
    ist, wie wir uns das wünschen. Die Fortsetzung von Am-
    ber Fox ist deshalb nach Auffassung der FDP-Fraktion
    unverändert notwendig.

    Die wünschenswerte Übernahme der Führung der
    Operation in Mazedonien durch die ESVP kann leider
    noch nicht stattfinden. Auch wenn es Fortschritte in der
    Zusammenarbeit gegeben hat, sagen wir von der FDP:
    Europa muss auch in dieser Frage sichtbar Flagge zeigen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im Interesse der Stabilität Mazedoniens muss die
    NATO ihre militärische Präsenz auch über den 15. De-
    zember 2002 hinaus vorbereiten. Dabei muss selbstver-
    ständlich die Auftragsübernahme durch die ESVP forciert
    werden. Aber es muss flankierend eine politische Gesamt-
    strategie für die Region erarbeitet werden. Die FDP hat
    im letzten Jahr Vorschläge dazu gemacht. Wir werden
    diese Vorschläge auch in diesem Jahr wieder einbringen.
    Wir brauchen eine politische Lösung; denn eine dauer-
    hafte sicherheitspolitische Absicherung politischer Lö-
    sungen ist nicht darstellbar.

    Die Belastungsgrenzen werden sichtbar, und zwar über-
    all. In Deutschland sind sie allerdings besonders gravie-
    rend, da die Bundeswehr falsch strukturiert ist und die
    Bundesregierung vier Jahre hat ins Land ziehen lassen,
    ohne wirkungsvoll gegenzusteuern.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es muss endlich die Reform der Reform der Bundeswehr
    angepackt werden.

    Im zweiten Halbjahr 2001 hat die FDP-Bundestagsfrak-
    tion einen Mazedonien-Einsatz mit einem ehrlichen Man-
    dat gefordert. Zu diesem Mandat gehörten und gehören ein
    klarer Auftrag, eine verlässliche Finanzierung, ein be-
    grenzter Zeitrahmen und eine auftragsgerechte Ausrüs-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    38


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    tung. Dazu stehen wir als FDP-Bundestagsfraktion auch
    noch heute.


    (Beifall bei der FDP)

    Damals haben wir nach langem Ringen dem Mandat für

    ein drittes Einsatzgebiet auf dem Balkan zugestimmt. Wir
    haben diesen Einsatz – dies sage ich ganz offen – sehr kri-
    tisch gesehen. Gerungen haben wir aber auch, weil dieser
    Einsatz für die Soldatinnen und Soldaten eine zusätzliche
    Belastung darstellt. Die Voraussetzungen müssen einfach
    stimmen. Hier ist die Bundesregierung maßlos im Verzug.

    Die versorgungsrechtlichen Ansprüche der Soldaten
    sind zum Beispiel mehr als schlecht gestaltet. Auf eine
    schriftliche Anfrage antwortete die Bundesregierung mir
    Anfang dieses Monats – hören Sie gut zu –, es handle sich
    um eine systembedingt – ich betone: systembedingt – un-
    terschiedliche Ausgestaltung der Unfallversorgung. Dies
    ist aus meiner Sicht eine menschenverachtende Aussage.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Verunglückt zum Beispiel ein Zeitsoldat, ist die Versor-
    gung alles andere als ausreichend. Seine Existenz und die
    seiner Familie sind dann gefährdet.

    Neben der unverzüglichen Verbesserung des Versor-
    gungsrechts stünde es der Bundesregierung gut an, unter
    anderem sehr schnell die Einsatzdauer bei Auslands-
    einsätzen generell auf vier Monate zu reduzieren,


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    grundsätzlich mehr Flexibilität bei der Dienstpostenbe-
    setzung zu praktizieren und die bei der Truppe Unruhe
    stiftenden Experimente bei der Auslandsverwendungs-
    zulage zu unterlassen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Hier sollte übrigens neben dem Gefährdungsgrad auch die
    Belastungsstärke einbezogen werden.

    Die FDP-Bundestagsfraktion wird heute der Fortset-
    zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
    an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem
    Territorium zustimmen. Aber wir haben noch eine Menge
    Kritik an der Regierung zu üben. Es kann nicht angehen,
    dass die Fraktionen gestern erst nach 18 Uhr benachrich-
    tigt wurden, wie die Beschlusslage der Bundesregierung
    aussieht. Dies ist nicht hinnehmbar, Herr Bundeskanzler.
    Sie hätten Zeit gehabt, dies vorzubereiten.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    In der Vergangenheit hat es durchaus Beispiele gegeben,
    die zeigen, dass es auch anders gehen kann. Als es um den
    Kosovo-Einsatz ging, haben das alte und das neue Parla-
    ment gemeinsam beraten. Dies ist alles machbar, wenn
    man nur will.

    Herr Bundeskanzler, ich sage Ihnen: Wenn hier keine
    Veränderung eintritt, müssen Sie in Zukunft sehen, woher
    Sie Ihre Mehrheiten bekommen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dies gilt schon für die Beschlussfassung im Dezember.
    Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dann den Bundestag recht-
    zeitig beteiligen.

    Herr Minister Struck, Sie haben vor dem Verteidi-
    gungsausschuss insbesondere in Bezug auf die Informa-
    tionspolitik Besserung gelobt. Ich muss leider feststellen,
    dass es hier seit der Amtszeit von Herrn Scharping keine
    Veränderungen gibt. Ich fordere Sie auf, endlich für Ver-
    besserungen zu sorgen und das Parlament rechtzeitig zu
    beteiligen. Wir haben keine Regierungsarmee, wir haben
    eine Parlamentsarmee. Wir wollen, dass auch Sie sich da-
    nach richten.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich wünsche unseren Sol-

    datinnen und Soldaten, wie allen für den Frieden arbei-
    tenden Menschen, viel Glück.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort Bundesminister Joseph Fischer.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde

    zu Recht darauf hingewiesen, dass die Politik zu einer er-
    folgreichen Entwicklung in Mazedonien beigetragen hat:
    Sie hat hier nicht einen barbarischen Bürgerkrieg, der oft-
    mals verbunden ist mit Metzeleien, Massenvergewalti-
    gungen und der Zerstörung eines ganzen Landes, in Form
    einer Intervention unterbunden, sondern hat vorher ge-
    handelt. Ich denke, das ist der entscheidende Punkt. Dafür
    haben wir den beteiligten Soldaten – unseren Soldaten,
    aber auch denen anderer Verbündeter – zu danken.

    Ich möchte hier aber auch ausdrücklich den Hohen Be-
    auftragten der Europäischen Union, Javier Solana, und
    den Generalsekretär der NATO, Lord Robertson, erwäh-
    nen. Deren Einsatz hat es ermöglicht, dass an die Stelle
    von Gewalt, Zerstörung und furchtbaren Grausamkeiten
    in Mazedonien ein Vertrag getreten ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Mit dem Abkommen von Ohrid ist es gelungen, eine
    Grundlage zu schaffen, auf deren Basis freie und geheime
    Wahlen und sodann ein demokratischer Machtwechsel
    möglich wurden. Damit hat die internationale Staatenge-
    meinschaft und damit hat vor allen Dingen Europa ge-
    zeigt, dass man aus den Tragödien der jugoslawischen
    Erbfolgekriege die Lehren gezogen hat. Daraus erwächst
    eine politische Verantwortung für die gesamte Region, die
    ja Teil Europas ist. Dieser Verantwortung müssen wir uns
    stellen.

    Um auch das zu erwähnen: Es wird hier bisweilen der
    Eindruck erweckt – bedingt durch unsere Verfassung; ich
    meine das nicht kritisch, sondern stelle das nur fest –, als
    wenn die Hauptaufgabe darin bestehe, einen Beschluss
    über die Verlängerung des militärischen Mandats herbei-
    zuführen. Dabei wissen alle Beteiligten, insbesondere die

    Günther Friedrich Nolting




    Bundesminister Joseph Fischer
    Kolleginnen und Kollegen in den Fachausschüssen, dass
    die überwiegende Arbeit heute bereits im zivilen Bereich
    geschieht. Nur: Dadurch, dass wir konstitutiv über einen
    Militäreinsatz beschließen müssen, rücken diese Fakten
    nicht so sehr in den Vordergrund, wie sie es eigentlich ver-
    dient hätten.

    Die Europäische Union ist heute dort bereits politisch
    im Rahmen von Demokratieentwicklung und im Be-
    reich Infrastruktur tätig. Deswegen wäre es nur konse-
    quent, wenn auch die letzte Rückversicherung, die mi-
    litärische Sicherungskomponente, von der Europäischen
    Union übernommen werden könnte. Dies trifft innerhalb
    der Europäischen Union auf breite Unterstützung. Aller-
    dings bedarf es hier noch einiger Klärungen. Ich hoffe,
    dass es Javier Solana in den vor uns liegenden Wochen ge-
    lingen wird, diese Klärungen – vor allen Dingen zwischen
    der Türkei und Griechenland – herbeizuführen, sodass es
    hier zu einem ersten rein europäischen Einsatz kommen
    kann. Die Europäische Union wäre dann umfassend in
    Mazedonien engagiert. Mazedonien hat nämlich eine
    Schlüsselrolle für die friedliche Entwicklung der ganzen
    Region hin zu einem Europa der Integration. Insofern
    wäre das meines Erachtens ein konsequenter Schritt.

    Am Ende dieser Entwicklung müsste dann aber auch
    die militärische Komponente Schritt für Schritt zurückge-
    fahren werden, sodass die zivilen Komponenten unter
    Einschluss der polizeilichen in den Vordergrund treten
    können. Das ist die Politik, die wir gemeinsam mit unse-
    ren Partnern in der Europäischen Union vertreten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wer die Entwicklung auf dem Balkan kennt, weiß al-
    lerdings auch, dass dort alles mit allem zusammenhängt.
    Man muss sehen, dass Mazedonien aufs Engste mit der
    Sicherheitslage im Kosovo verbunden ist. Im Kosovo hat
    – lassen Sie mich an dieser Stelle einen weiteren Namen er-
    wähnen – Michael Steiner hervorragende Arbeit geleistet.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass im Kosovo die
    Wahlen ermöglicht werden.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Es muss nicht immer Kaviar sein!)


    – Das ist ohne jeden Zweifel richtig, Herr Glos. Sie soll-
    ten aber doch zumindest anerkennen, dass Herr Steiner
    dort eine sehr gute Arbeit leistet. Da dürfen auch Sie ru-
    hig einmal klatschen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


    Wichtig ist, dass wir begreifen, dass die Sicherheitssi-
    tuation auf dem Balkan, vor allen Dingen im Kosovo, von
    entscheidender Bedeutung für die Stabilisierung ist. So-
    lange wir nicht weitere substanzielle Fortschritte im Ko-
    sovo machen, so lange wird es schwierig sein, einen voll-
    ständigen Abzug des militärischen Sicherungspotenzials
    aus Mazedonien zu erreichen. Das würde wenig Sinn ma-
    chen, solange die Instabilität in Mazedonien jederzeit

    wieder aufflackern kann, weil es in diesem Fall zu einer
    neuen Entsendung kommen müsste. Insofern ist hier die
    Gesamtverantwortung zu sehen. Die Bundesrepublik
    Deutschland hat sich dieser Gesamtverantwortung immer
    gestellt.

    Lassen Sie mich im diesem Zusammenhang nochmals
    die politische Entwicklung auf dem gesamten Balkan be-
    leuchten. Wichtig wird sein, dass wir uns auch nach den
    Wahlen in Montenegro weiter engagieren und dass wir im
    ehemaligen Jugoslawien insgesamt vorankommen, ge-
    rade auch im Zusammenhang mit dem Verfassungspro-
    zess in Serbien und dem Verhältnis zwischen Serbien und
    Montenegro. Wir müssen zudem weiter daran arbeiten, in
    Bosnien, dem ersten Land, in dem es zu einem entspre-
    chenden militärischen Engagement kam, die Verfestigung
    der ethnischen Konfrontation zu überwinden und ein Zu-
    sammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln, damit der mi-
    litärische Ansatz auch dort langsam in den Hintergrund
    treten kann, die Versöhnungsarbeit Erfolge zeitigt und
    Bosnien eine Zukunft als multiethnisches Staatswesen
    hat.

    Der Gesamtansatz, den wir auf dem Balkan vertreten,
    ist alternativlos, wenn man – denn eigentlich ist im Leben
    nie etwas alternativlos – den Frieden zum Maßstab seiner
    Politik macht.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist leider wahr!)


    Ein Zurückziehen des europäischen und damit auch deut-
    schen Engagements hätte zur Konsequenz, dass sich das
    Risiko der Destabilisierung, des Wiederaufbrechens eth-
    nischer Konflikte erhöhen würde. Das kann niemand wol-
    len, auch und gerade angesichts dessen, was wir geleistet
    haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Unter all diesen Gesichtspunkten ist es wichtig, dass
    wir in diesen Fragen jetzt möglichst geschlossen vorge-
    hen. Herr Breuer, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen
    – ich möchte mich bei der Opposition dafür bedanken –,
    dass es hier nicht nur um die Vertretung europäischer und,
    darin eingebunden, deutscher Interessen geht, sondern
    auch um die Sicherheit unserer Soldaten. Darüber hi-
    naus – das möchte ich hier nochmals unterstreichen – geht
    es um die Sicherheit unserer Diplomaten, unserer zivilen
    Helfer und der Deutschen im EU- und im OSZE-Auftrag
    vor Ort, die dort eine notwendige und meines Erachtens
    teilweise auch gefahrvolle Arbeit leisten, sowie um die
    vielen Landsleute, die dort auf vielfältige Art und Weise
    in Nichtregierungsorganisationen tätig sind. All denen
    muss unser Interesse, auch unser Schutzinteresse, gelten.

    Ich kann nur nochmals betonen: Wer einmal in Prizren
    war und gesehen hat, wie das militärische Element mit
    dem zivilen, nicht militärischen Element und dem Nicht-
    regierungselement zusammenarbeitet, der weiß, welche
    Bedeutung dort ein umfassendes Engagement hat und was
    „Nationen bauen“ tatsächlich bedeutet. Das nämlich ist
    der entscheidende Auftrag, um den es dort geht: das
    Bauen einer demokratischen Friedensordnung. Das be-
    deutet das Schaffen demokratischer Nationen, eines de-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    40


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    mokratischen Selbstbewusstseins in diesen Nationen so-
    wie verlässlicher sozialer und ökonomischer Grundlagen.
    Das ist der Auftrag, an dem wir arbeiten. Dafür stehen un-
    sere Soldaten; dafür steht dieses Mandat.

    Im Namen der Bundesregierung bitte ich um Ihre breite
    Unterstützung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)