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ID1424912600

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14249

  • date_rangeDatum: 5. Juli 2002

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    Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Anke Fuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25287 A Berufung der Abgeordneten Gudrun Kopp als stellvertretende Schriftführerin . . . . . . . . . . . . 25358 A Tagesordnungspunkt 7: a) Schlussbericht der Enquete-Kommis- sion: Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globali- sierung und der Liberalisierung (Drucksache 14/9400) . . . . . . . . . . . . . 25287 B b) Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Bürger über nukleare Entsorgung umgehend und kontinu- ierlich informieren (Drucksache 14/5554) . . . . . . . . . . . . . 25287 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Par- laments und des Rates über ein System für den Handel mit Treib- hausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft und zur Än- derung der Richtlinie 96/61/EG des Rates – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Matthias Wissmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kein Emissionszertifikatehandel zum Nachteil des Wirtschafts- standortes Deutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kiotomechanis- men für die internationale Klima- politik Deutschlands nutzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kiotomechanis- men für die nationale Klimapoli- tik Deutschlands nutzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vereinbarkeit der Selbstverpflichtung der deut- schen Wirtschaft zur Klimavor- sorge mit den flexiblen Instru- menten des Kioto-Protokolls sicherstellen (Drucksachen 14/8179 Nr. 2.17, 14/8852, 14/7073, 14/7156, 14/8495, 14/9658) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25287 B d) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Halbierung der Erhaltungssubventionen für die deutsche Steinkohle bis 2005 – Ende jeglicher Subventionierung der deut- schen Steinkohle nach 2005 – 15,4Mil- liarden DM für Investitionen in die Zukunft Deutschlands gewinnen (Drucksache 14/7082) . . . . . . . . . . . . . 25288 A Plenarprotokoll 14/249 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 249. Sitzung Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 I n h a l t : e) Antrag der Abgeordneten Volker Jung (Düsseldorf), Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Strom kennzeichnen – Umwelt- und Verbraucherschutz im Strommarkt stärken (Drucksache 14/9670) . . . . . . . . . . . . . 25288 A f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Walter Hirche, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Marktwirtschaftliche Ori- entierung statt staatlicher Preislen- kung im Stromsektor (Drucksachen 14/8279, 14/9368) . . . . . 25288 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Paul K. Friedhoff, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Strom- rechnungen transparent gestalten (Drucksachen 14/5465, 14/9724) . . . . . . . 25288 B Dr. Axel Berg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25288 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 25290 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . 25291 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25293 A Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25296 C Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25297 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25297 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25299 C Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25301 A Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25302 B Rainer Brinkmann (Detmold) SPD . . . . . 25303 B Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25304 A Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25305 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25306 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25308 C Dr. Hermann Scheer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25309 B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25310 A Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25310 C Dr. Hermann Scheer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25311 B Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25311 C Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25311 D Tagesordnungspunkt 21: a) Große Anfrage der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Ina Albowitz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: „Wir sind bereit“: Versprechen der Bundesregierung – Anspruch und Wirklichkeit (Drucksachen 14/7435, 14/9186) . . . . . 25314 B b) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Paul K. Friedhoff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verantwortung fürWirtschaftspolitik beim Bundesministerium für Wirt- schaft konzentrieren (Drucksache 14/8142) . . . . . . . . . . . . . 25314 B c) Antrag der Abgeordneten Peter Rauen, Matthias Wissmann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Versprechungen derBundesregierung einlösen – Deutschland wieder nach vorne bringen (Drucksache 14/9103) . . . . . . . . . . . . . 25314 C d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Ent- schließungsantrag der Abgeordneten Christel Humme, Hildegard Wester, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu derAbgabe einer Regie- rungserklärung durch den Bundes- kanzler: Familie ist, wo Kinder sind – Politik für ein familien- und kinder- freundliches Deutschland (Drucksachen 14/8790, 14/9657) . . . . . 25314 C Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25314 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 25316 D Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . 25319 D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25320 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 25321 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 25321 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 25322 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25324 B Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25327 C Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25328 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002II Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25329 B Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . 25331 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25333 A Paul K. Friedhoff FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25334 B Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25336 B Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25337 A Karl-Heinz Scherhag CDU/CSU . . . . . . . . . . 25338 B Hildegard Wester SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25340 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25341 C Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25343 D Friedhelm Ost CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25346 A Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Un- ternehmen (Drucksachen 14/9356, 14/9710) . . . . . . . 25348 C Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWi 25348 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 25349 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25352 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25352 D Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25353 D Klaus Wiesehügel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25354 C Tagesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Johannes Singhammer, Horst Seehofer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit (Drucksachen 14/3778, 14/9108) . . . . 25356 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Horst Seehofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Neue Belastungen für ehrenamtlich Tätige zurücknehmen (Drucksachen 14/2989, 14/9108) . . . . 25356 C Brigitte Baumeister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 25356 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25358 B Gudrun Serowiecki FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 25359 D Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Telekommunikations- gesetzes (Drucksachen 14/9194, 14/9237, 14/9711) 25360 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Klaus Barthel (Starnberg), Thomas Sauer, weiterer Abgeordneter der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Grietje Bettin, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wettbewerb und Regulierung im Telekommunikationssektor (Drucksachen 14/5693, 14/7628) . . . . 25360 D Klaus Barthel (Starnberg) SPD . . . . . . . . . . . 25361 A Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . . . . . . 25363 B Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25365 A Tagesordnungspunkt 25: Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Chancen und Perspektiven der digitalen Wirt- schaft (Informationstechnologie, Multi- media, Internet, Telekommunikation) in Deutschland (Drucksache 14/8935) . . . . . . . . . . . . . . . . 25366 B Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemein- schaften: Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik (Drucksachen 14/8029, 14/9516) . . . . . . . 25366 C Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Fraktion der PDS: In der inter- nationalen Krisenprävention und Kon- fliktbewältigung andere Prioritäten setzen (Drucksache 14/9150) . . . . . . . . . . . . . . . . 25366 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25367 A Uta Zapf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25368 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 III Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25370 B Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . 25371 B Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 25372 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25373 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 25375 A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Labsch (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Zurück- weisung des Einspruchs des Bundesrates ge- gen das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (248. Sitzung, Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . 25375 D Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Hans Büttner (In- golstadt) (SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bun- desbeauftragten für den Datenschutz – 18. Tätig- keitsbericht (248. Sitzung, Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . 25376 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur Abstimmung über ein Gesetz zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 25376 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) zur Abstimmung über ein Erstes Gesetz zur Änderung des Telekommuni- kationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 24 a) 25376 C Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Neue Belastungen für ehrenamt- lich Tätige zurücknehmen (Tagesordnungspunkt 23 a und b) . . . . . . . . . . 25377 B Ute Kumpf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25377 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25379 A Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Telekommunikationsgesetzes – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Wettbewerb und Regulierung im Telekommunikationssektor (Tagesordnungspunkt 24 a und b) . . . . . . . . . 25379 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25379 C Gerhard Jüttemann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 25380 C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Chancen und Perspektiven der digitalen Wirtschaft (Informationstechno- logie, Multimedia, Internet, Telekommunika- tion) in Deutschland (Tagesordnungspunkt 25) 25381 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25381 A Dr. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . . 25382 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25383 C Wolfgang Bierstedt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 25384 A Margareta Wolf, Parl. Staatssekretärin BMWi 25384 C Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Weißbuch der Kommission der Euro- päischen Gemeinschaften: Strategien für eine zukünftige Chemikalienpolitik (Tagesord- nungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25385 B Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25385 B Marie-Luise Dött CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25386 B Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25387 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 25388 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25389 B Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: In der internationalen Krisenpräven- tion und Konfliktbewältigung andere Prioritä- ten setzen (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . 25389 C Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . . 25389 D Anlage 11 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25390 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 Staatsminister Dr. Ludger Volmer 25373 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25375 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 05.07.2002 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 05.07.2002 Bernhardt, Otto CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Blank, CDU/CSU 05.07.2002 Joseph-Theodor Bohl, Friedrich CDU/CSU 05.07.2002 Böttcher, Maritta PDS 05.07.2002 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 05.07.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 05.07.2002 Friedrich (Altenburg), SPD 05.07.2002 Peter Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 05.07.2002 Girisch, Georg CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Grygier, Bärbel PDS 05.07.2002 Hauser (Rednitz- CDU/CSU 05.07.2002 hembach), Hansgeorg Hiksch, Uwe PDS 05.07.2002 Hilsberg, Stephan SPD 05.07.2002 Hohmann, Martin CDU/CSU 05.07.2002 Homburger, Birgit FDP 05.07.2002 Imhof, Barbara SPD 05.07.2002 Irmer, Ulrich FDP 05.07.2002 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 05.07.2002 Klinkert, Ulrich CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 05.07.2002 Leidinger, Robert SPD 05.07.2002 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 05.07.2002 Klaus W. Mante, Winfried SPD 05.07.2002 Meckel, Markus SPD 05.07.2002 Mehl, Ulrike SPD 05.07.2002 Dr. Meister, Michael CDU/CSU 05.07.2002 Michels, Meinolf CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 05.07.2002 Rauen, Peter CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 05.07.2002 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 05.07.2 Hans Peter Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 05.07.2002 Andreas Schultz (Everswinkel), SPD 05.07.2002 Reinhard Schütze (Berlin), CDU/CSU 05.07.2002 Diethard Schwalbe, Clemens CDU/CSU 05.07.2002 Seehofer, Horst CDU/CSU 05.07.2002 Siebert, Bernd CDU/CSU 05.07.2002 Dr. Solms, Hermann FDP 05.07.2002 Otto Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 05.07.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 05.07.2002 Dr. Thomae, Dieter FDP 05.07.2002 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 05.07.2002 Türk, Jürgen FDP 05.07.2002 Wieczorek (Duisburg), SPD 05.07.2002 Helmut Wissmann, Matthias CDU/CSU 05.07.2002 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 05.07.2002 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Labsch (SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN auf Zurückweisung des Einspru- ches des Bundesrates gegen das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (248. Sitzung, Tagesordnungspunkt 5) In der Liste der Ergebnisse ist mein Name nicht aufge- führt. Mein Votum lautet Ja. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Innenausschusses zum Tätigkeitsbe- richt 1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz – 18. Tätigkeitsbericht – (248. Sitzung, Tagesordnungspunkt 15) Mein Votum lautet Nein. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur Ab- stimmung über ein Gesetz zur Einrichtung eines Registers über unzulässige Unternehmen (Tages- ordnungspunkt 22) Dr. Uwe Jens (SPD):Das Register, das beim Bundes- amt für Wirtschaft geführt werden soll, wird nicht nur Be- stechlichkeit und Bestechung nur durch Unternehmen (Korruption) erfassen, sondern neun weitere enumerativ aufgeführte Straftaten, die aktuell um Bilanzfälschungen, falsche Buchführung und unter anderem Insidergeschäfte ergänzt werden müssten. Diese Unternehmen, die im Re- gister aufgeführt werden sollen, sind nicht etwa rechts- kräftig verurteilt; vielmehr entscheidet die Bürokratie über Zuverlässigkeit der Unternehmer, wenn „kein ver- nünftiger Zweifel“ besteht. Dies ist stets Auslegungssa- che; der Einfluss der Bürokratie auf die Wirtschaft wird in unverantwortlicher Weise gesteigert. Nach aktuellen Vor- kommnissen müssten zum Beispiel Volkswagen, Deut- sche Bahn und Degussa und andere mehr als erste in dem Korruptionsregister aufgeführt werden und dürften keine Aufträge der öffentlichen Hand mehr bekommen. Verniedlichend wird gern behauptet, es gehe bei dem so genannten Korruptionsregister nur um eine zusätzli- che, umfassendere Information für die 30 000 öffentlichen Auftraggeber. Schon heute dürften an unzuverlässige Un- ternehmer keine öffentlichen Aufträge vergeben werden. Der Katalog der aufgeführten Straftaten, die zur Eintra- gung in das Register führen, geht jedoch so weit, dass sie mit der Auftragsdurchführung zum Teil gar nichts mehr zu tun haben. Wer auf der „Willkür“-Liste der Exekutive letztendlich aufgeführt wird, darf drei Jahre von allen öf- fentlichen Händen keine Aufträge bekommen. Wer mög- licherweise vorzeitig von der Liste genommen wird, ent- scheidet ebenfalls die Bürokratie, die politischem Einfluss ausgesetzt ist. Vor allem die Beschäftigten werden in ei- nem Unternehmen mit derart „korrupter“ Unternehmens- führung darunter zu leiden haben. Die Großunternehmen werden Mittel und Wege finden, gar nicht erst auf die Liste zu kommen; die kleinen und mittleren Unterneh- men, die stark von öffentlichen Aufträgen abhängig sind, können unter Umständen in den Konkurs gehen. Die zunehmende Korruption ist selbstverständlich ein gravierendes Problem, das unsere erfolgreiche Wirt- schaftsordnung auf Dauer zerstören kann. Wichtig wären mehr Transparenz auch schon über Aufträge deutlich un- ter 5 Millionen Euro der Ausbau und die bessere Nutzung des Gewerbezentralregisters, die stärkere Bestrafung der Verantwortlichen des Unternehmens und möglicherweise Schadensersatzansprüche der Unternehmen, die aufgrund der Bestechung anderer Unternehmen wirtschaftliche Nachteile erleiden. Auf alle Fälle nehmen der Einfluss und die Macht der Bürokratie gegenüber der Wirtschaft immer mehr zu. Dies ist ein schleichender Prozess und die Freiheit der Wirt- schaft und aller Menschen in unserer marktwirtschaftli- chen Ordnung stirbt immer nur scheibchenweise. Von der Macht, der Einflussmöglichkeit des Staates, geht mindes- tens genau so viel Gefahr für die Freiheit aus, wie von der ständig steigenden Machtballung in Großkonzernen. Beide Gefahrenpotenziale müssen wir erkennen und danach po- litisch handeln. Vor allem muss das Recht herrschen, das durch die Legislative überprüfbar ist, und nicht etwa die Willkür der Politiker oder der Exekutive. Ich lehne die Einführung eines Korruptionsregisters in der vorgesehenen Form deshalb strikt ab. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) zur Ab- stimmung über ein erstes Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 24 a) Ich werde dem Gesetz zustimmen, um Deutschland vor einer Klage der EU-Kommission und sich daraus eventu- ell ergebenden Bußgeldern und Staatshaftung zu bewah- ren, wenn ich diese Gefahr auch geringer einschätze als die Bundesregierung. Leider hatte die Bundesregierung unter Helmut Kohl in den Jahren 1997 und 1998 in Brüssel eine widersprüchli- che und unklare Beschlusslage mit herbeigeführt, die für die Unternehmen im deutschen Telekommunikations- markt jetzt sehr negative Auswirkungen haben können. Mit ihrem aktuellen Vorgehen verändert die EU-Kom- mission die früher unumstrittenen Paradigmen des Wett- bewerbs im Telekommunikationsmarkt dramatisch. Durch eine Reihe von Entscheidungen wurde die ursprünglich beschlossene Gleichstellung von Infrastruktur- und Dienste- wettbewerb einseitig zulasten der Investitionen in Infra- struktur beseitigt. Dies ist eine gefährliche Fehlentwick- lung in der EU, durch die Deutschland mit seiner am besten ausgebauten Telekommunikationsinfrastruktur be- sonders getroffen wird. Citycarrier, Regionalcarrier und die Deutsche Telekom haben in den letzten Jahren – im Vertrauen auf einen fairen Ausgleich zwischen Infrastruktur- und Dienstewettbewerb – Milliarden Euro in Erneuerung und Ausbau der Telekom- munikationsinfrastruktur investiert. Dadurch wurden in die- sen Firmen – im Gegensatz zu vielen Dienstewettbewer- bern mit einer Minizahl von Mitarbeitern zehntausende Arbeitsplätze geschaffen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225376 (C) (D) (A) (B) Diese Arbeitsplätze sind akut gefährdet, wenn die end- gültige Regelung von Call-by-Call im Ortsnetz nicht den Schutz getätigter Investitionen gewährleistet und die Dienstewettbewerber zu einem Mindestmaß an lokaler Infrastruktur verpflichtet. Dieses Mindestmaß an Infra- struktur – Zusammenschaltpunkt im Einzugsbereich als Voraussetzung, Call-by-Call anbieten zu können – soll auch ineffektiven Verkehr über die Fernleitungen unter- binden helfen. Call-by-Call im Ortsnetz kann nur im Rahmen einer Gesamtlösung durch die Regulierungsbehörde eingeführt werden. Ansonsten drohen vor allem den City- und Re- gionalcarriern, bei denen Grundgebühren nur einen gerin- gen Teil der Einnahmen ausmachen, erhebliche Verluste. Dies könnte – bei anhaltenden hohen Abschreibungen für die errichtete Infrastruktur aufgrund der früheren Rechts- lage – zum Abspringen von Investoren führen. Call-by- Call im Ortsnetz würde dann zu einem kurzen Strohfeuer an Preissenkungen führen, nach dem es dann weniger Wettbewerb im Ortsnetz geben wird als heute und damit auch schnell wieder steigende Preise. Der bisher befolgte Weg, zu Infrastrukturwettbewerb zu ermuntern, ist und bleibt richtig. In Deutschland haben Konkurrenten der Telekom bereits über 700 000 Teilneh- meranschlussleitungen übernommen, deutlich mehr als im Rest der EU zusammen. Dieser Erfolg wird durch eine unverständliche europäische Regelung jetzt gefährdet. Durch den dem Gesetz angeschlossenen Entschlie- ßungsteil unterstreicht der Bundestag, dass er von der Re- gulierungsbehörde ein Gesamtkonzept für die Einführung von Call-by-Call verlangt, das den Schutz von Infra- struktur und getätigten Investitionen gewährleistet. Dies ist eine Mindestforderung, die im Interesse von Verbrau- chern und Arbeitnehmern nicht unterschritten werden darf und die auch den Anregungen der Expertenanhörung durch den Unterausschuss „Post und Telekommunika- tion“ entspricht. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehren- amtlicher Tätigkeit – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem An- trag: Neue Belastungen für ehrenamtlich Tätige zurücknehmen (Tagesordnungspunkt 23 a und b) Ute Kumpf (SPD): Den Weg, den der Antrag der CDU/CSU zur Förderung ehrenamtlich Tätiger beschrei- ten will, gehen wir nicht mit, aber nicht etwa, weil wir mit Ehrenamtlichen nichts im Sinn haben – im Gegenteil – sondern weil dieser Weg in die Sackgasse führt. Das hat auch die Anhörung gezeigt. Ihr Antrag greift zu kurz, ist unausgegoren und nicht auf der Höhe der Zeit. Ihre eige- nen CDU-regierten Bundesländer haben von diesem Ent- wurf Abstand genommen, ihn gar nicht mehr im Bundes- rat weiter behandelt. Warum ist Ihr Gesetzentwurf zur Förderung ehrenamt- licher Tätigkeit falsch? Erstens: Ihr enger Engagementbe- griff. Bürgerschaftliches Engagement auf das Ehrenamt, noch dazu auf das mit einer kleinen Aufwandsentschädi- gung versehene Amt zu reduzieren, grenzt ein Millionen- heer engagierter Menschen von einer Förderung aus. Zweieinhalb Jahre hat die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ intensiv gearbeitet; letzte Woche wurde der Bericht hier im Haus diskutiert. Eines ist über alle Parteigrenzen hinweg deutlich geworden, sogar den Kol- legen und Kolleginnen der CDU und CSU, die in der Kommission mitgearbeitet haben: Bürgerschaftliches En- gagement ist mehr als das klassische Ehrenamt. Bürger- schaftliches Engagement, der freiwillige gemeinwohl- orientierte und unentgeltliche Einsatz der Bürgerinnen und Bürger hat viele Gesichter, Orte und Facetten: Das sind der Übungsleiter in den Sportvereinen, der Dirigent bei den Musikvereinen, die gegenseitige Nachbarschafts- hilfe, der Dienst als Freiwilliger bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz, im Rettungsdienst, die Tätigkeit bei Um- weltinitiativen, Lokale Agenda oder Naturschutzprojek- ten, bei der Betreuung von Alten und Kranken, in der Hos- pizbewegung oder in Selbsthilfegruppen, in Bürger- und Elterninitiativen, die Elternarbeit in der Schule, das Be- treiben einer Schulmensa durch Mütter, Kinder- und Ju- gendinitiativen, Schulfördervereine oder Kulturprojekte. Die Liste ist endlos. In freiwilligem, ehrenamtlichem Engagement, in der Selbsthilfe, in Vereinen, Verbänden, Nichtregierungsor- ganisationen, Gewerkschaften, Netzwerken und Parteien engagieren sich circa 22 Millionen Menschen. Jeder Dritte bei uns engagiert sich für die eigenen und die In- teressen anderer, trägt damit zum Sozialkapital in unserer Gesellschaft bei. Bürgerschaftliches Engagement ist der Nährboden der Demokratie. Die Beteiligungsmöglichkei- ten und Engagementformen unterliegen einem Wandel, sind im Fluss, haben sich in den letzten zehn Jahren ver- ändert. Eine Mitgliedschaft, kontinuierlich, lebensläng- lich ist nicht mehr selbstverständlich, nicht nur der beruf- lichen Mobilität geschuldet. Mitmachmöglichkeiten auf Zeit werden gesucht, der Wunsch nach eigener Qualifizie- rung, die Tätigkeit, die Spaß machen soll, zeitlich nicht überfordert, stehen im Zentrum. Den Staat wollen die En- gagierten nicht vor der Nase, sondern an ihrer Seite, Be- teiligung und Anerkennung sind gewünscht. Diejenigen, die sich engagieren, wollen nicht zum Ausfallbürgen lee- rer Kassen werden und auch nicht als billiges Ersatzperso- nal für nicht vorhandene Arbeitsplätze ausgenutzt werden. Bei der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf äußerte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) die Sorge, „dass im politischen Raum die Dis- kussion um Ehrenamtsförderung sich zunehmend auf fi- nanzielle Anreize für Freiwillige konzentriert und da- durch das Einfallstor für Prinzipien der Erwerbsarbeit in den bürgerschaftlich organisierten Raum Zug um Zug geöffnet wird. Die Frage, in welcher Gesellschaft wir morgen miteinander leben wollen, beantwortet sich nicht in erster Linie im Einkommensteuergesetz.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25377 (C) (D) (A) (B) Weitere Gründe, warum dieser Gesetzentwurf zur För- derung ehrenamtlich Tätiger inhaltlich falsch und zu spät kommt: In vier Jahren Regierungsverantwortung hat Rot- Grün für bürgerschaftliches Engagement mehr auf den Weg gebracht, als je in 16 Jahren Kohl angedacht, ge- schweige denn umgesetzt wurde. Im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und CSU, die Sie immer vollmundig über die Notwendigkeit und Be- deutung des Engagements sprechen: Die Enquete-Kommission – bei der Einsetzung waren wir uns ja ausnahmsweise einig – hat gute Arbeit geleis- tet und Handlungsempfehlungen beschlossen, die Stück für Stück umgesetzt werden sollen. Wir haben in der En- quete-Kommission nicht nur gearbeitet, wir reden nicht nur von der Stärkung des bürgerschaftlichen Engage- ments, wir tun auch etwas dafür, haben dafür etwas getan. Fördern nehmen wir ernst: Wir haben das Stiften leicht gemacht – durch ein neues Stiftungssteuerrecht. Stiften ist damit nicht nur ein Privileg der Reichen. Durch ein neues Stiftungszivilrecht wird die Stifterfreiheit gestärkt, büro- kratische Hürden für Stifterinnen und Stifter werden ge- senkt. Wir haben die Freiwilligendienste ausgebaut – durch Ausweitung der Plätze und der Einsatzfelder, auch auf das europäische Ausland, durch größere Dauer und Einbezie- hen der Haupt- und Realschüler. Denn wer bürgerschaftli- ches Engagement entwickeln und Menschen dauerhaft ge- winnen will, muss bei den jungen Menschen anfangen. Wir machen durch das Job-AQTIV-Gesetz möglich, dass auch Arbeitslose sich bürgerschaftlich engagieren können. Wir haben dafür gesorgt, dass auch eine ehren- amtliche Tätigkeit in einem Umfang von mehr als fünf- zehn Wochenstunden ausgeübt werden kann, ohne dass der Leistungsanspruch entfällt. Wir haben das Spendenrecht grundlegend überarbeitet und dafür gesorgt, dass Bürokratie abgebaut wird. An die- ser Stelle sei angemerkt: Bürokratie ist nicht immer nur ein Problem der Gesetzgebung, sondern auch der Gesetzesan- wendung. Bürokratieabbau verlangt nicht immer eine Ge- setzesänderung; häufig genügt es, wenn die Verwaltung vorhandene Ermessensspielräume klug ausschöpft. Wir haben das bürgerschaftliche Engagement in der Pflege gestärkt, denn die Pflege von Alten und Kranken ist ein Bereich, der neben den professionellen Leistungen und häuslicher Fürsorge ganz wesentlich vom bürger- schaftlichen Engagement lebt. Durch die Förderung von Modellprojekten werden Möglichkeiten geschaffen, das Zusammenwirken von Pflegeversicherung, Familie und bürgerschaftlichem Engagement weiterzuentwickeln. Das ist uns jährlich 10 Millionen Euro wert, wenn Länder und Kommunen 10 Millionen Euro dazugeben, macht das insgesamt 20 Millionen Euro aus. Wir haben die Finanzierungsbedingungen für die Hos- pizarbeit verbessert. Die bürgerschaftliche Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den betrieb- lichen Entscheidungsprozessen haben wir durch die Re- form der Betriebsverfassung entscheidend verbessert. Zu guter Letzt zu der Forderung, die vielen Verbänden im Sport, in des Musik, im Jugendbereich usw. wichtig war und ist: die steuerliche und sozialversicherungsrecht- liche Handhabe der Aufwandspauschale: Wir haben ge- handelt. Wir haben die Übungsleiterpauschale von zuvor 2 400 DM auf nun 3 600 DM – das sind 1 848 Euro – er- höht und in eine steuerfreie Einnahme umgewandelt. Zudem wurde der Kreis der Begünstigten erweitert. Also neben Übungsleitern kommen nun auch Ausbilder, Er- zieher und Betreuer in den Genuss. Sichergestellt ist dazu, dass diese Pauschale auch sozialversicherungsfrei bleibt. Damit wurden die Rahmenbedingungen für eh- renamtlichen Einsatz in gemeinnützigen Vereinen, Ver- bänden und Organisationen entscheidend verbessert. Denn die Aufwandspauschalen waren in den letzten 20 Jahren nicht mehr erhöht worden. Übrigens: Es waren immer sozialdemokratische Bun- deskanzler, die sich für die Übungsleiterpauschale stark gemacht haben. Wir reden nicht nur darüber, wir tun auch etwas dafür. Willy Brandt hat die Übungsleiterpauschale eingeführt. Das, was der Sport in den Bereichen Gesund- heitsprävention und Integration leistet, war ihm so wich- tig, dass für die freiwillig geleistete Mehrarbeit 100 DM steuerfrei gestellt wurden. Unter Helmut Schmidt wurde der Betrag auf 200 DM angehoben, 20 Jahre mussten vergehen, bis erneut wieder ein sozialdemokratischer Bundeskanzler, Gerhard Schröder, den Betrag erhöhte und zudem den Bezieher- kreis erweiterte. Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen. Eine aus öffentlichen Kassen bezahlte Aufwandsentschädigung in Höhe bis zu 300 DM – 154 Euro – pro Monat wird der Übungsleiterpauschale gleichgestellt. Davon profitieren insbesondere freiwillige Feuerwehren und Katastrophen- schützer. Aber damit nicht genug: Wir werden den Weg der För- derung des bürgerschaftlichen Engagements weiter ge- hen. Das heißt für uns: Ausbau des Schutzes für Enga- gierte – das gilt vor allem für Unfallrisiken und für das Haftungsrisiko bei Vereinsvorständen – ; Schaffung einer echten steuerfreien Aufwandspauschale für alle bürger- schaftlich Engagierten in Höhe von 300 Euro; Anhebung der Besteuerungsfreigrenze für Vereine auf 40 000 Euro; Berücksichtigung der Zeitspende im Zuwendungsrecht; weiterer Ausbau der Freiwilligendienste durch den Aus- bau sozialer Schutzrechte auch auf europäischer Ebene; Förderung von Freiwilligen- und Netzwerkstrukturen und die Unterstützung von Freiwilligenagenturen, Selbsthilfe- stellen, Seniorenbüros und anderen Einrichtungen; über Modellprojekte soll das bürgerschaftliche Engagement von Migranten und Migrantinnen gestärkt werden; Wei- terentwicklung von „Corporate Citizenship“ als Unter- nehmenskultur; eine grundlegende Reform des Gem- einnützigkeitsrechts; Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene; Einführung eines Informationsfreiheit- gesetzes. Letztendlich wollen wir in der kommenden 15. Legis- laturperiode eine Kommission für bürgerschaftliches En- gagement im Bundestag einrichten, weil wir die Förde- rung nicht dem Zufall überlassen wollen. Wir brauchen eine Struktur, die weiterhin das umsetzt, was wir dem Be- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225378 (C) (D) (A) (B) richt der Enquete-Kommission zugrunde gelegt haben. Sie können sicher sein:Wir machen dies gern nach dem 23. September. Dr. Klaus Grehn (PDS): Im Grunde genommen sind die vorliegenden zwei Jahre alten Anträge der CDU/CSU- Fraktion durch das Leben überholt. Es sind alle Argu- mente, die gegen diese Anträge zum jetzigen Zeitpunkt sprechen, bereits mehrfach ausgesprochen und niemand sollte sich der Logik entziehen. Vieles ist dazu in der An- hörung am 4. Juli 2001 gesagt worden. Ein gleich lautender Antrag des Landes Bayern, der im Jahr 2000 eingebracht worden war, wurde vom Bundesrat nicht mitgetragen. Es liegt inzwischen der Abschlussbericht der Enquete- Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engage- ments“ vor und fast alle Mitglieder aller Fraktionen haben ihm zugestimmt. Gegenstimmen gab es auch von der CDU/CSU nicht. Es gibt in diesem Bericht eine Fülle von Handlungsempfehlungen und wir alle sollten uns an die Spielregeln halten: Jede neue Regelung zur ehrenamtli- chen Tätigkeit muss von nun an im Zusammenhang vie- ler komplexer Regelungen gesehen werden, denn es gilt, ehrenamtliche Arbeit und bürgerschaftliches Engagement insgesamt zu fördern. Wir sollten die vielen Vorschläge der Enquete-Kommission in der kommenden Legislatur- periode als Paket behandeln. Das Vorziehen einzelner Re- gelungen bringt da nichts. So verhält es sich auch mit den vorliegenden Anträgen. Gewiss ist etwas dran an der For- derung nach einer steuerlichen Freistellung von Auf- wandsentschädigungen für ehrenamtliche Arbeit. Die Kommission hat dazu auch Position bezogen, wie man nachlesen kann. Die sehr alten vorliegenden Anträge mit den richtigen Überschriften verfolgen dennoch einen an- deren Zweck. Es geht CDU und CSU um die Aufwei- chung der aus gutem Grund eingeführten Grenzen ge- ringfügiger Beschäftigung, um die Abschaffung der Sozialversicherungspflicht in diesem Bereich, wobei die Grenzen zu ehrenamtlicher Arbeit bewusst fließend ge- halten werden. Die PDS verneint keineswegs den Rege- lungsbedarf; dennoch geht es uns in erster Linie darum, dass Organisationen, Vereinigungen und Bürgerinitiati- ven, die keinerlei Unterstützung von irgendeiner Seite oder bestenfalls geringfügige Mitgliedsbeiträge oder Spenden erhalten, überhaupt Aufwandsentschädigungen zahlen können – und das betrifft bei weitem die Mehrheit der bürgerschaftlich Engagierten. Uns drängt sich der Ver- dacht auf, dass in den vorliegenden Anträgen solche Art von „ehrenamtlicher Arbeit“ gemeint ist, die Erwerbsar- beit zum Teil ersetzt oder bei der steuerfreies Einkommen auf das übliche Arbeitsentgelt aufgeschlagen wird. Der vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der ehrenamtlichen Tätigkeit geht mit seinem Titel weit über das hinaus, was dann tatsächlich vorgeschlagen wird. Auch hier wird lediglich der Versuch unternommen, mit einer im Lichte der Enquete-Kommission unzureichenden Definition der ehrenamtlichen Arbeit letztlich einzig und allein auf die Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigun- gen abzuheben. Wir empfehlen den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, einige ihrer Vorschläge noch einmal zu durch- denken, nachdem nun so viele Experten angehört worden sind und, wie gesagt, der Abschlussbericht wertvolle Er- kenntnisse enthält. Möglichst gemeinsam sollten wir in der neuen Legislaturperiode dann Schritt für Schritt ver- suchen, die Empfehlungen in parlamentarische Initiativen umzusetzen. Möglicherweise kann ein tatsächliches Ge- setz zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit dann einen wirksamen Beitrag leisten. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem An- trag: Wettbewerb und Regulierung im Tele- kommunikationssektor (Tagesordnungspunkt 24 a und b) Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes setzt die Koalition eine Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 1998 um. Diese vorgezogene kleine Novelle ist notwendig, weil die Kommission ein Vertragsverlet- zungsverfahren vorbereitet. Günstiger wäre es auch aus unserer Sicht, die Reform im Kontext der größeren TKG- Novelle in der nächsten Wahlperiode zu machen. Wir wer- den also zustimmen, obwohl wir diese Novelle nicht für hilfreich halten. Wir stimmen zu, um für den deutschen Steuerzahler die Gefahr abzuwenden, Bußgelder zahlen zu müssen. Denn Sie von der Opposition, die uns jetzt auf- fordern, die Novelle zurückzuweisen, wären doch die Ers- ten, die dann ein großes Geschrei erheben würden. Aller- dings haben die Koalitionsfraktionen diese Novelle auf ein absolutes Mindestmaß zurückgestutzt. Der Bundesregierung war es aus Sorge um ein Ver- tragverletzungsverfahren sehr wichtig, hier zügig umzu- setzen. Die Novelle wird zum 1. Dezember 2002 in Kraft treten, sofern der Bundesrat in seiner Sitzung am 27. Sep- tember zustimmt. In der nächsten Legislaturperiode wird jetzt die Notwendigkeit dringend sein, die große TKG- Novelle sehr schnell auf den Weg zu bringen, damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstleistungs- und Investitionswettbewerb entsteht. Wenn wir dies zügig tun, wird eine Novelle keine negativen Auswirkungen in der Realität haben. Die konkrete Ausgestaltung wird dann die Aufgabe der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation sein. Im Gesetzentwurf ist festgehalten, dass bei Entschei- dungen zur Entgeltregulierung und zur Zusammenschal- tung zu gewährleisten ist, dass Anreize zu effizienten In- vestitionen in Infrastruktureinrichtungen, die langfristig einen stärkeren Wettbewerb sichern, nicht entfallen und eine effiziente Nutzung durch ortsnahe Zuführung erfolgt. Der Bundestag wird dazu nach einem Antrag der Ko- alitionsfraktionen feststellen, dass nach seiner Auffassung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25379 (C) (D) (A) (B) der Begriff „ortnahe Zuführung“ voraussetzt, dass die Un- ternehmen, die eine Zusammenschaltung begehren, um Call-by-Call bzw. Preselection im Ortsnetz anzubieten, in den jeweiligen Einzugsbereichen einen Zusammenschal- tungspunkt einrichten. Die Regulierungsbehörde hat darauf zu achten, vor- handene Investitionen nicht zu gefährden. Wir gehen da- von aus, dass sie die Interessen der Telekommunikations- unternehmen, die erheblich in eigene Infrastruktur investiert haben, berücksichtigen wird. Wir fordern die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation darüber hinaus auf, ein neues Entgeltkonzept zu ent- wickeln, das faire Chancen für alle Anbieter schafft. Dazu gehört unter anderem ein vernünftiger Preis für die Miete der Teilnehmeranschlussleitung im Ortsnetz. Es ist kein fairer Wettbewerb, wenn die Miete einer Teilnehmeran- schlussleitung für Konkurrenten der Telekom höher ist als die Grundgebühr, die der Verbraucher als Kunde der Te- lekom zahlt. Hier hat die Regulierungsbehörde eine Fehl- entscheidung getroffen. Die Regulierungsbehörde muss ihre Politik noch stärker wettbewerbsorientiert ausrich- ten. Die Wettbewerber der Telekom beklagen sich immer wieder über Behinderungen bei der Bereitstellung von Vorleistungen. Bündnis 90/Die Grünen treten für eine starke und un- abhängige Regulierung ein. Effizienter Wettbewerb ist die Voraussetzung für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Kleine und mittlere Unternehmen müssen eine Chance auch gegen große Konkurrenten haben. Dann brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen. Monopole bringen Ineffizienzen und weniger Innovation. Wir treten daher für eine schnelle Reform des TKG nach der Wahl ein. Die Deutsche Telekom will die Regulierung bei der Gelegen- heit zurückfahren. Sie argumentiert, es würde ausreichen, die Preise einiger kritischer Infrastrukturen, so genannte Bottlenecks, zu regulieren. Wir halten eine umfassende Ex-ante-Regulierung des marktbeherrschenden Unternehmens nach wie vor für notwendig. Die Rücknahme von Regulierung würde der DTAG die Möglichkeit zur Quersubventionierung eröff- nen. Unsere Ziele für die Novelle des Telekommunikati- onsgesetzes sind: die Regulierungsbehörde in ihrer unab- hängigen Rolle zu stärken und die Möglichkeiten, die Wirksamkeit von Entscheidungen durch Klagen zu ver- zögern, zu beseitigen. Interessant ist ein Vorschlag der Monopolkommission. Sie will die Übertragung von Marktmacht der Deutschen Telekom AG von Märkten ohne Wettbewerb auf Märkte mit Wettbewerb durch institutionelle Trennung der Ge- schäftsbereiche der Deutschen Telekom ermöglichen. Eine solche institutionelle Trennung wurde zum Beispiel zu einer Rückführung der Regulierung über Fern- und Auslandsmärkte genutzt werden. Wir treten für ein Wettbewerbskonzept ein, dass Dienstewettbewerb und Infrastrukturwettbewerb verbin- det. Bei bestimmten Bottlenecks wird es immer sinnvoll sein, Dienstewettbewerb reguliert zu betreiben, so zum Beispiel bei der Teilnehmeranschlussleitung. Es wird nie effizient sein, eine zweite Leitung in das gleiche Haus zu legen. In anderen Bereichen, wie bei Fernleitungen ist auch Infrastrukturwettbewerb sinnvoll. Wir brauchen hier zunächst den Dienstewettbewerb, um neuen Anbietern Marktzugang zu verschaffen. Ein zu frühes Zurückführen der Regulierung würde ihnen die Luft abschnüren. Gerhard Jüttemann (PDS): Vor sechs Jahren wurde gegen die Stimmen der PDS das Telekommunikationsge- setz verabschiedet. Es gab damals drei Hauptgründe, warum wir dagegen waren. Wir befürchteten einen mas- siven Abbau von Tarifarbeitsplätzen bei der Telekom, die Spaltung der Gesellschaft, weil nicht alle gleichermaßen Zugriff auf die neuen Informationstechnologien haben würden, und schließlich eine unterschiedliche Versor- gungsqualität in Ballungsgebieten und im ländlichen Raum. Rückblickend muss man heute sagen: Die Katastrophe ist noch größer geworden, als wir geahnt haben. Zum ers- ten Mal seit der Privatisierung 1996 bilanzierte die Tele- kom in diesem Jahr ein negatives Geschäftsergebnis in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Die Aktien der gesamten Branche sind im Keller. 70 000 bis 80 000 Telekom- arbeitsplätze wurden abgebaut. Bis Ende 2004 sollen wei- tere 30 000 wegfallen. Bekommen haben wir befristete Beschäftigung, Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit, Fle- xibilisierung der Arbeitszeit, Tarifflucht, das Ausschalten von Betriebsräten. Der so genannte Wettbewerb, dessen Förderung erstes Ziel des TKG ist, konnte und kann nur als Verdrängungs- wettbewerb funktionieren, der schließlich bei einem neuen, privaten Oligopol enden wird. Dies wird natürlich auch wieder zu steigenden Preisen und dazu führen, dass sich ein wachsender Teil der Bevölkerung bestimmte Te- lekommunikationsleistungen, die zu erschwinglichen Preisen nicht mehr zur Verfügung stehen werden, nicht mehr leisten können wird. Dieser Abwärtsprozess scheint jedoch einigen nicht schnell genug zu gehen. Mit einer fünf Minuten vor zwölf, sprich: vor Ablauf der Legislaturperiode initiierten klei- nen TKG-Novelle sollen jetzt die Ortsnetze für den Wett- bewerb reif gemacht werden. Welche Folgen wird das ha- ben? Die Sachverständigen haben uns am Montag in der Anhörung einhellig vor einem Desaster gewarnt. Wir be- kommen einen Schub im Arbeitsplatzabbau und ein Bün- del von Firmenpleiten bei heute auf dem Markt tätigen Teilnehmernetzbetreibern. Diese beschäftigen nach eige- nen Angaben für circa 10 000 Kunden durchschnittlich 400 Mitarbeiter. Gewinner werden die Call-by-Call-An- bieter ohne eigene Netze sein, die nur zehn Mitarbeiter für den Betrieb in ganz Deutschland benötigen. Dieser Wettbewerb bringt keine Innovation, vielmehr zerstört er sie. Außerdem haben uns die Sachverständigen gesagt, dass die kleine TKG-Novelle zur Rosinenpickerei und zu einer verstärkt unterschiedlichen Versorgung zwi- schen Stadt und Land führen wird. Call-by-Call lohnt sich im Ortsnetz nur in Ballungsgebieten. Die Telekom hat die Auflösung der bisherigen Tarifeinheit im Raum angekün- digt. Und schließlich hörten wir von den Experten, dass die ganze Novelle höchst überflüssig ist, weil ein von der EU verhängtes Bußgeld von Ihnen zwar als Popanz aufgebaut Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225380 (C) (D) (A) (B) wird, aber keine reale Gefahr ist. Vor dem Europäischen Gerichtshof jedenfalls hätte eine solche Forderung keinen Bestand. Sie muten uns heute ein Gesetz zu, das nicht ordentlich beraten worden ist und das absehbar katastrophale wirt- schaftspolitische und arbeitsmarktpolitische Folgen ha- ben wird. Sie muten den von Ihnen eingeladenen Sach- verständigen zu, dass Sie nicht ein einziges der mit großer Ernsthaftigkeit vorgetragenen Argumente prüfen und berücksichtigen. Sie machen damit das Parlament zur Ka- barettbühne. Daran werden wir uns nicht beteiligen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Chancen und Perspektiven der digitalen Wirtschaft (Informa- tionstechnologie, Multimedia, Internet, Tele- kommunikation) in Deutschland (Tagesord- nungspunkt 25) Hubertus Heil (SPD): Kein Wirtschaftszweig kann sich heute der Nutzung neuer Medien verschließen. Fak- tisch kein Unternehmen in unserem Land kommt ohne die Nutzung moderner Informations- und Kommunikations- technologien aus. Auch wenn diese Erkenntnis heute zum Allgemeingut gehört, so war und ist sie nach wie vor eine wichtige Herausforderung für die Wirtschaft und die Po- litik in Deutschland. Die Modernisierung unserer Volks- wirtschaft ist auf das Engste mit der Entfaltung der Potenziale der digitalen Wirtschaft als einer Schlüssel- industrie verbunden. Mit dem Programm „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ hat die Bundesregierung frühzeitig einen Masterplan zur Entfal- tung der Potenziale der digitalen Wirtschaft am Standort Deutschland entworfen, den wir seit 1999 konsequent umsetzen. Lassen Sie mich im Folgenden stichwortartig die zen- tralen Elemente dieses Masterplans an sieben Punkten be- leuchten. Erstens. Deutschlands Weg an die Spitze in der euro- päischen Informationsgesellschaft konnte in den letzten drei Jahren nur deshalb gelingen, weil wir in Zusammen- arbeit von Politik und Wirtschaft auf den verbreiterten Zu- gang zu den neuen Medien gesetzt haben. Zu den Instru- menten, die wir hier einsetzen, gehört die Aktion „Internet für alle“, das „Forum Informationsgesellschaft“ und die Zu- sammenarbeit der Bundesregierung mit der Initiative D 21. Nur weil Bundeskanzler Gerhard Schröder im Gegensatz zu seinem Vorgänger den verbreiterten Zugang zum Internet zu seinem persönlichem Anliegen gemacht hat, sind wir in die- sem Bereich mit großen Schritten vorangekommen. So war es unser Ziel, alle deutschen Schulen an das Internet anzu- schließen. Wir haben dieses ehrgeizige Vorhaben über den Weg des Public Private Partnership erreicht. Zweitens. Deutschlands Weg in die Informationsge- sellschaft kann nur dann erfolgreich fortgesetzt werden, wenn wir den Einsatz von Multimedia in der Bildung för- dern. Wir haben dazu in den letzten Jahren auf folgende konkrete Schritte gesetzt: die Vernetzung der Schulen und die Bereitstellung von Lernsoftware, der verstärkte Ein- satz digitaler Medien an unseren Hochschulen und neue Möglichkeiten für Aus- und Weiterbildung in den Infor- mationstechnologien, die Förderung des Fachkräfteange- bots in der Informationswirtschaft und die Modernisie- rung von Berufsbildern, die den Anforderungen der modernen Informationswirtschaft entsprechen. Drittens. Der Weg in die digitale Wirtschaft kann nur dann gelingen, wenn Vertrauen und Sicherheit durch ei- nen weiterentwickelten und verbesserten Rechtsrahmen verstärkt werden. In der auslaufenden 14. Legislaturperi- ode hat dieser Deutsche Bundestag dazu wichtige Mei- lensteine gesetzt. Das Gesetz zur elektronischen Signatur, das elektronische Geschäftsverkehrgesetz, das Zugangs- kontrolldienstegesetz und die Abschaffung des Rabattge- setzes und der Zugabeverordnung waren wichtige Erfolge auf diesem Weg. Auch die Weiterentwicklung des Jugend- schutzes gehört in diesen Zusammenhang. In der kommenden Legislaturperiode werden uns Fragen des Datenschutzes, der Modernisierung der Kommunika- tionsordnung, des Wettbewerbs- und Kartellrechts und des Urheberrechts zu beschäftigen haben. Viertens. Innovative Arbeitsplätze in der Informations- und Kommunikationswirtschaft in Deutschland werden nur dann entstehen, wenn wir die Einführung dieser An- wendungen auch weiterhin konsequent fördern. Im elek- tronischen Geschäftsverkehr und bei innovativen Exis- tenzgründungen, durch den Aufbau digitaler Bibliotheken und im Gesundheitswesen haben wir begonnen, innova- tive Beschäftigungspotenziale zu erschließen. Darüber hinaus ergeben sich neue Chancen durch Telearbeit, Tele- matik im Verkehr und den Einsatz von Multimedia im Dienstleistungssektor sowie im Umweltschutz. Fünftens. Deutschland verfügt heute über eine her- vorragende technische Infrastruktur im Telekommuni- kationsbereich. Beispiele hierfür sind die hohe ISDN- Versorgung und die starke Dichte von Breitbandkabelan- schlüssen. Neue Potenziale ergeben sich durch die stär- kere Verwendung neuer Zugangstechnologien wie DSL. Auch im Mobilfunkbereich konnten in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt werden. Wir stehen mitt- lerweile mit UMTS vor der dritten Mobilfunkgeneration. Zentrale Voraussetzung für die notwendige Infrastruktur ist ein vernünftiger Wettbewerb von Anbietern und Infra- struktur im deutschen Telekommunikationsmarkt. Sechstens. Auch der Staat muss bei sich durch den Ein- satz moderner Informationstechniken einen Impuls für die Modernisierung setzen. Mit dem Programm „Bund Online 2005“, zukunftsweisenden Modellprojekten, der elektro- nischen Steuererklärung ELSTER und dem Programm MEDIA@Komm hat diese Bundesregierung wichtige In- itiativen ergriffen, die weiterverfolgt werden müssen. Der siebte Bereich, der bei der Modernisierung Deutschlands auf dem Weg zur Informationsgesellschaft eine zentrale Rolle spielt, ist die Intensivierung der Zu- sammenarbeit im europäischen und internationalen Rah- men. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25381 (C) (D) (A) (B) Der Weg in die Informationsgesellschaft ist nicht nur ein wirtschaftspolitisches Thema. Es geht vielmehr um eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit. Es gilt, den Digital Divide, also die digitale Spaltung, unserer Ge- sellschaft zu verhindern. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass unser Land nicht in Angeschlossene und Ausge- schlossene zerfällt. Die SPD-geführte Bundesregierung hat bewiesen, dass sie dieser Herausforderung gewachsen ist. Während Helmut Kohl Datenautobahnen noch in den Bereich des Verkehrsministeriums einordnen wollte und in der damaligen Bonner Zeit noch Rohrpost statt E-Mail- Kommunikation für die Arbeit im Kanzleramt kennzeich- nend war, haben wir seit 1998 gemeinsam für einen neuen Aufbruch gesorgt. Diesen Weg wollen und werden wir mit einem Bundeskanzler fortsetzen, der sich auch persönlich engagiert. Dieser Bundeskanzler heißt Gerhard Schröder. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Die revolu- tionären Veränderungen von Internet und Telekommuni- kation entscheiden immer stärker über die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Deutschland hat die große Chance, Spitze zu sein. Die traurige Wahrheit nach vier Jahren Rot-Grün ist allerdings: Auch in diesem wich- tigen Zukunftsbereich liegen wir hinten. Internationale Studien zu allen Bereichen der digitalen Wirtschaft, zum E- Government, zur Internetnutzung oder auch zur Medien- kompetenz beweisen: Deutschland liegt zurück. Die Bun- desregierung hat außer großer Rhetorik und einem Haufen von unkoordinierten Aktionsplänen, Programmen und Ankündigungen unterm Strich eine ganz traurige Bilanz. Vor allem bei den wichtigen ordnungspolitischen Grund- satzentscheidungen hat Rot-Grün versagt. Die Internetwirt- schaft zeichnet sich durch einen globalen Wettbewerb aus. Nationale Alleingänge bei rechtlichen Rahmenbedingungen können zum unmittelbaren Wettbewerbsnachteil werden. Zudem wird das Entwicklungstempo immer schneller, In- novationszyklen werden immer kürzer. Für die Politik folgt daraus, dass die ordnungspolitischen Rahmenbedin- gungen so gestaltet werden müssen, dass Wettbewerb und Rechtssicherheit herrschen als Voraussetzungen dafür, dass sich die vorhandenen Wachstumspotenziale dyna- misch entfalten können. Ich will nur einige Bereiche ansprechen, in denen Sie mit Ihrer Politik versagt haben: Sie haben nichts zur Stärkung des Wettbewerbs in der Telekommunikation getan. Nach wie vor entfallen rund 97 Prozent aller Telefonanschlüsse und über 95 Prozent aller DSL-Breitbandzugänge für schnelle Internetan- schlüsse auf einen einzigen Anbieter der Telekommuni- kation. Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit stellt sich aber auch bei der Übermittlung der Angebote an die Ver- braucher. Durch die Konvergenz der Medien wird es im- mer mehr vertikal integrierte Unternehmen geben, die so- wohl Netze als auch Inhalte in einer Hand halten. Ziel muss es deshalb sein, dass stets der diskriminierungsfreie Zugang vielfältiger Inhalte zu den technischen Infrastruk- turen gewahrt bleibt. Multimedia braucht offene Netze, Multimedia braucht offene Standards und offene Schnitt- stellen. Nur dann haben wir die größte Effizienz der Märkte und die größte Innovationskraft. Sie haben durch das Versteigerungsverfahren der UMTS-Lizenzen eine gigantische Kapitalvernichtung in Gang gesetzt und dafür gesorgt, dass Deutschland im Standortwettbewerb beim mobilen Breitband gegenüber anderen europäischen Staaten zurückfällt. Die deutsche Medienordnung stammt noch aus der Zeit des Schwarz-Weiß-Fernsehens. Während die Konvergenz der Medien durch das Breitband beschleunigt wird, hält der deutsche Rechtsrahmen an den überholten Trennun- gen fest. Ihnen ist zu diesem Thema lediglich eingefallen, eine neue Behörde mit zweifelhaftem Wert zu schaffen. Von größter Bedeutung ist ein klarer und verlässlicher Rechtsrahmen für immaterielle Rechte. Sie haben eine Novelle des Urheberrechts verabschiedet, die zu unnöti- ger Bürokratisierung und vor allem zu Planungsunsicher- heiten für Multimedia-Unternehmen im Contentbereich führt und damit den Standort Deutschland gerade für die digitale Wirtschaft weiter schwächt. Neuere Studien zeigen, dass Wachstum vor allem dort stattfindet, wo Wirtschaft auf Wissen trifft. Ein ganz wich- tiger Aspekt für die Nutzung der Chancen der digitalen Wirtschaft ist somit die Medienkompetenz. Der von der Regierung immer wieder hervorgekramte Satz: „Die Schulen sind alle am Netz.“, ist ein alter Hut und hat kei- nen Aussagewert. Noch immer landet Deutschland im eu- ropäischen Vergleich bei der Ausstattung der Schulen mit Computern auf einem der hinteren Plätze. Im Durch- schnitt teilen sich 100 Schüler zwei bis fünf PCs. 15 Pro- zent der Schüler in Deutschland benutzen regelmäßig den PC im Unterricht – in Großbritannien und Dänemark sind es über 55 Prozent, in Schweden und Finnland 35 Prozent, in den USA 30 Prozent. Besonders ist zu kritisieren, dass der Schritt nach der Hardware-Ausstattung von der Regierung noch über- haupt nicht in Angriff genommen wurde: So liegen er- hebliche Mängel bei der Wartung der Rechner und dem Datenmanagement vor. Lediglich drei Prozent der erzie- hungswissenschaftlichen Veranstaltungen in deutschen Lehramtsstudiengängen widmen sich dem Thema „Neue Medien“. Zum Vergleich: In Großbritannien muss jeder Lehrer zum Berufsstart nachweisen, dass er Medienkom- petenz erworben hat und im Unterricht einsetzen kann. Es fehlt Lernsoftware. Hier müssen sich Vertreter von Bund und Ländern mit Hard- und Software-Anbietern an einen Tisch setzen und über Standards reden. Die Bildungs- hoheit der Länder darf nicht dazu führen, dass nur in lan- desinternen Grenzen gedacht wird und so sinnvolle Marktgrößen bei der Entwicklung von Lernsoftware und IT-Systemen verhindert werden. Die digitale Wirtschaft braucht einen effektiven Staat. Im Bereich des E-Government sind wir im internationa- len Vergleich jedoch nicht einmal Mittelmaß. Hauptgrund dafür ist, dass Rot-Grün nicht verstanden hat, dass E-Go- vernment nicht einfach heißt, irgendwelche Formulare ins Internet zu stellen, die man sich dann runterladen kann. Die großen Vorteile der elektronischen Verwaltung be- kommen wir erst, wenn Veränderungen von Strukturen und Prozessen damit einhergehen. Man muss sich einmal vorstellen: Von den 376 internetfähigen Dienstleistungen sind gerade einmal 8 Prozent über das Internet abzu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225382 (C) (D) (A) (B) wickeln, von Experten wird die Abwicklung bis 2005 in- zwischen stark bezweifelt. Vor kurzem sind zwei Studien herausgegeben worden. Beide attestieren Deutschland im internationalen Vergleich ein enormes Nachholbedürfnis beim bürgerorientierten E-Government: In einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie, die zum zweiten Mal die E-Government-Entwicklung der 15 Mitgliedsstaaten der EU sowie die Islands, Norwegens und der Schweiz untersucht, belegt Deutschland beim bürgerorientierten E-Government einen kläglichen 14. Platz. Bei der E-Government-Untersuchung der Un- ternehmensberatung accenture nimmt Deutschland eben- falls im entscheidenden Bereich „Qualität und Intensität der Online-Bürgerbeziehungen“ nur Platz 20 ein – von 23 möglichen. Dieses ist die Quittung für den falschen An- satz von Rot-Grün: Statt beim E-Government von den Be- dürfnissen der Bürger auszugehen und sich an diesen zu orientieren, hat die Bundesregierung den Bürgern „von oben herab“ E-Government-Projekte vor die Nase gesetzt. Auch beim „business to government“ lässt die Bun- desregierung alles irgendwie mit ruhiger Hand laufen. Schon heute haben wir dadurch enorme Wettbewerbs- nachteile. Die Unternehmen haben im Vergleich zu den Bürgern häufiger Kontakt mit dem Staat. Durch ein rich- tig verstandenes E-Government könnten diese zum größ- ten Teil routinemäßigen Abläufe – wie beispielsweise die Zahlung von Steuern, Zöllen oder Sozialbeiträgen oder der Erwerb von Lizenzen oder Gewerbescheinen – kom- plett elektronisch abgewickelt und Transaktionskosten ra- dikal gesenkt werden. Aufgrund seines wirtschaftlichen Potenzials ist ein besonderes Gewicht auf den Bereich E-Procurement – die öffentliche Beschaffung über das Internet – zu rich- ten. Das jährliche Beschaffungsvolumen der öffentli- chen Hand liegt bei über 250 Milliarden Euro. Fachleute schätzen hier das Einsparpotenzial durch den Einsatz von E-Procurement-Lösungen auf bis zu 10 Prozent. So- mit ist der Umstieg auf netzbasierte Beschaffungslösun- gen praktisch ein Muss für die jeweiligen Verantwortli- chen bei Bund, Länder und Kommunen. Der Start des E-Vergabe-Projektes der Bundesregie- rung ist grundsätzlich zu begrüßen – und zudem höchste Zeit; denn: Deutschland hinkt auch beim E-Procurement hinterher und landet im internationalen Vergleich nur auf einem Rang im letzten Drittel. Wünschenswert wäre in diesem Bereich eine bessere Koordinierung verschiede- ner Pilotprojekte gewesen: Neben dem E-Vergabe-Projekt des Bundes sammelten beispielsweise auch die ausge- zeichneten Städte des MEDIA@Komm-Wettbewerbs erste Erfahrungen mit E-Procurement. Durch ein gemein- sames Vorgehen hätten die vorhandenen Ressourcen bes- ser genutzt und Steuergelder gespart werden können. Ein letzter Punkt: Die breite Nutzung der Netze durch die Wirtschaft und die gesamte Bevölkerung stellt einen überragend wichtigen Standortfaktor dar. Doch auch bei der Internetpenetration sind wir im letzten Jahr gegenüber den führenden Ländern weiter zurückgefallen. Bis Mai 2002 gab es 26,7 Millionen deutsche Internetnutzer über 14 Jahre. Die Zahl und das Wachstum des letzten Jahres bleibt damit weit hinter den Erwartungen zurück. Mehr als die Hälfte der Deutschen nutzt das Internet nach wie vor nicht und hat auch nicht vor, das zu ändern. Die führenden Internetnationen USA, Großbritannien, die Niederlande und natürlich die skandinavischen Länder haben heute schon eine Penetrationsquote von 60 Prozent und darüber. Auf dem Weg in die Informationsgesell- schaft sitzen wir also im D-Zug, während uns andere Län- der im IC überholen. Fazit: Auch im Bereich der digitalen Wirtschaft könn- ten wir in Deutschland viel weiter sein – wenn wir eine bessere Regierung hätten. Gudrun Kopp (FDP): Es bedarf gezielter Impulse, um den Online-Commerce in Deutschland deutlich zu stärken. Die Politik muss mehr als bisher dazu beitragen, die zahlreich vorhandenen Ängste vor E-Commerce bei den Nutzern abzubauen. Wichtigste Aufgabe ist dabei, beständig an verlässli- chen Rahmenbedingungen für eine sichere Abwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu arbeiten. Dabei sollten wir uns vor allem abgewöhnen, immer wieder vor allem die Risiken des E-Commerce in den Mittelpunkt unserer Wahrnehmung zu stellen, statt die großen wirt- schaftlichen Chancen und den Nutzen für die Verbraucher hervorzuheben. Welche Maßnahmen sind geeignet, die Nutzung des In- ternets zu fördern? Hier nur drei Beispiele: Erstens. Um die Bekämpfung der Kriminalität im In- ternet effektiv zu gestalten, müssen nach Überzeugung der FDP Gesetze nicht verschärft, sondern besser und konsequenter durchgesetzt werden. Zudem müssen die Strafverfolgungsbehörden ihre internationale Zusammen- arbeit optimieren. Zweitens. Die Politik hat dafür Sorge zu tragen, dass die Kompatibilität zwischen den angebotenen Varianten der digitalen Signatur vorangetrieben wird. Die FDP hält nichts von staatlich verordneten Zwangsstandardisierun- gen. Die Liberalen setzen sich nachdrücklich dafür ein, dass der Nutzen der digitalen Signatur breiteren Bevölke- rungsschichten bekannt gemacht wird. Dies kann durch eine Vorbildfunktion der Verwaltung geschehen, indem diese selbst in verstärktem Maße im Dialog mit den Bür- gern und der Wirtschaft die digitale Signatur anbietet und einsetzt. Außerdem sollten den Bürgern sichtbare Anwen- dungen präsentiert werden. Denkbar wäre es zum Bei- spiel, die nächste Europawahl neben dem konventionellen Format auch online unter Verwendung der digitalen Si- gnatur durchzuführen. Im aufwendigen und bürokratischen Verkehr mit Ver- waltungen – zum Beispiel bei Melde- oder Antragsverfah- ren – lässt sich gerade für die Wirtschaft viel Zeit und Auf- wand sparen, wenn vermehrt das Internet eingesetzt wird. Drittens. Die FDP spricht sich für kostengünstige Inter- netgebühren aus. Im Interesse intensiver Nutzer des Inter- nets sollen nicht nur auf DSL-Ebene, sondern auch im ISDN-Bereich pauschale Nutzungsentgelte, so genannte Flatrates, etabliert werden. Um günstige Flatrates für den Nutzer auf den Markt bringen zu können, ist eine durch die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25383 (C) (D) (A) (B) RegTP, regulierte, für die Wettbewerber der Deutschen Telekom akzeptable Großhandelsflatrate erforderlich. Eines ist klar: Die Politik hat in Deutschland einen ge- eigneten ordnungspolitischen Rahmen zu setzen, um die Dynamik der Internetwirtschaft gezielt zu befördern. Wolfgang Bierstedt (PDS): „Wir wissen noch wenig über die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts.“ Dieser Einschätzung in der Studie des BMBF – IT-For- schung 2006 – können wir zustimmen. Fest steht aber, dass die Ausbildung und Qualifizierung der notwen- digen Fachleute an vorderster Stelle unserer zukünftigen Bemühungen zur verantwortungsbewussten Ausformung der so genannten Informationsgesellschaft stehen sollte. Gerade die Fragen einer nationalen Bildungsoffensive im IT-Bereich vermissen wir in dem vorliegenden um- fangreichen Fragenkatalog der Großen Anfrage der CDU/CSU. Da die Opposition die Antwort auf ihre An- frage nicht abgewartet hat, ist es aus meiner Sicht augen- scheinlich, dass diese Anfrage vielleicht nur aus wahltak- tischen Gründen noch vor der Sommerpause eingebracht worden ist. Trotzdem haben wir aber Verständnis für das Anliegen der CDU/CSU-Fraktion, die einen Überblick über den gegenwärtigen Stand und die Perspektiven der digitalen Wirtschaft aus Sicht der Bundesregierung in Deutschland erhalten möchte. Der Erfolg moderner Volkswirtschaften hängt zuneh- mend von der Effizienz ihrer Basistechnologien in der Te- lekommunikation ab. Innovationen im IT-Bereich sind zugleich auch Wegbereiter für Neuerungen in anderen Wirtschaftssektoren. Es ist auch aus unserer Sicht unbe- stritten, dass der langfristige Bedarf an intelligenten Tele- kommunikationsanwendungen und damit einhergehend die Nachfrage nach höheren Bandbreiten ansteigen wird. Die Breitbandkabel-Infrastruktur in Deutschland ist die gegenwärtig am besten ausgebaute und eine weit verbrei- tete alternative Infrastruktur zum hergebrachten Telefon- netz. Über 22 Millionen Haushalte in diesem Land sind an Breitbandkabelnetze angeschlossen. Die Bundesregie- rung erwartet, dass die Netze der Betreiber künftig ver- stärkt für Breitband-Internet, das heißt für digitale Multi- mediaanwendungen, genutzt werden. In diesem Sinne unterstützen wir die Initiative der Bundesregierung und der Wirtschaft „Initiative D 21“, Deutsche Breitband-Ini- tiative, zur Entwicklung und Überleitung von Kommuni- kations- und Internetdiensten der nächsten Generation und zur Förderung der Strategie „eEurope 2005“. Meh- rere europäische Länder, die EU und auch die USAhaben bereits eigene Strategien zur Nutzung der Breitband- technologien – UMTS, DSL, Breitbandkabel und später Power-Line – formuliert. Diese Entwicklungen werden riesige Investitionen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand in zweistelliger Milliardenhöhe erforderlich machen, denen wir zustim- men könnten, da aus unserer Sicht diese Mittel hoch in- novative und gut bezahlte Arbeitsplätze generieren kön- nen. In ihrem Bericht „Informationsgesellschaft Deutsch- land“ hat die Bundesregierung auf die wirtschaftliche Bedeutung der IT-Technologien hingewiesen. Wichtig bleibt, dass alle Mitglieder der Gesellschaft die Möglich- keit erhalten, an der Weiterentwicklung der neuen Medien zu partizipieren. Gerade angesichts der raschen Entwick- lung neuer Endgeräte und Dienste besteht die Gefahr wei- terhin, dass große Teile unserer Gesellschaft den An- schluss an die Informationsgesellschaft verlieren. Eine digitale Spaltung der Gesellschaft in Deutschland muss verhindert werden. Der Zugang zu den neuen Medien soll auch in Zukunft allen offen stehen. Selbst wenn wir noch wenig wissen, entbindet uns das nicht von einem klaren Bekenntnis zur Sicherung der sozialen Interessen aller in dieser Informationsgesellschaft. Wir hoffen, dass die ge- gebenenfalls noch erfolgende Beantwortung dieser An- frage durch die Bundesregierung auch dazu eine klare Aussage trifft. Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die digitale Wirtschaft ist ohne Zweifel einer der wichtigsten Wachstums- und Beschäftigungsmotoren der deutschen Wirtschaft. 140 Milliarden Euro Umsatz und 820 000 Beschäftigte in der Branche der Informati- ons- und Kommunikationstechnologien sprechen eine deutliche Sprache. Und so verwundert es nicht, dass IuK hinter Elektrotechnik und Automobilbau bereits der dritt- größte Wirtschaftszweig in Deutschland ist. Zudem ist IuK der drittgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Neue Infrastrukturen, neue Technologien und neue Dienste rund um das Internet haben einen tief greifenden Strukturwandel unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft und nicht zuletzt unseres Staates ausgelöst. Dieser Trend wird sich in Zukunft, wenn immer mehr Menschen ins In- ternet gehen und mit dem Internet arbeiten, noch be- schleunigen. Hierdurch entstehen ganz neue Chancen für Deutschland, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten und seine Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Die Bundesregierung hat frühzeitig das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologien, aber auch den Nachholbedarf Deutschlands etwa gegenüber den USA und den skandinavischen Ländern erkannt. Sie hat daher im Herbst 1999 mit dem Aktionsprogramm „In- novation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ eine umfassende Politikstrategie mit konkreten Zielmarken in zahlreichen Handlungsfeldern vorgelegt. Und der Erfolg gibt uns Recht: Es gibt heute in Deutschland mit weit über 30 Millionen mehr als doppelt so viele Internetnutzer als noch 1998. Alle Schulen sind ans Internet angeschlossen 1998 waren es noch beschei- dene 15 Prozent. Beim elektronischen Handel ist Deutschland klar die Nummer eins in Europa, im letzten Jahr betrug der Umsatz hier schon 20 Milliarden Euro. Insgesamt hat sich die Informationsgesellschaft Deutschland in der europäischen Spitze etablieren kön- nen. Die Bundesregierung hat mit den Maßnahmen des Aktionsprogramms hierzu wesentlich beitragen können: Mit unserer Initiative „Internet für alle“ haben wir die Menschen für die neuen Medien begeistern können. Mit einem neuen Rechtsrahmen für den elektronischen Ge- schäftsverkehr haben wir Vertrauen und Rechtssicherheit geschaffen. Mit Kompetenzzentren haben wir den Mittel- stand an das Internet und an E-Business herangeführt. Mit konsequenter Regulierung haben wir die Voraussetzun- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225384 (C) (D) (A) (B) gen für niedrige Zugangstarife und den Aufbau einer leis- tungsfähigen Infrastruktur geschaffen. Mit dem Pro- gramm „Neue Medien in der Bildung“ haben wir wichtige Impulse für multimedial aufbereitete Bildungsinhalte ge- schaffen. Und mit „Bund Online 2005“ haben wir die größte E-Government-Strategie Europas gestartet. Eine vollständige Bilanz dieser Aktivitäten hat die Bundesregierung mit ihrem Fortschrittsbericht „Informa- tionsgesellschaft Deutschland“ im März 2002 vorgelegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, ich empfehle Ihnen die Lektüre dieses Berichts nachdrück- lich. Er gibt Antworten auf viele Einzelfragen, die Sie in Ihrer Großen Anfrage an die Bundesregierung gestellt ha- ben. Und – was weitaus wichtiger ist – er zeigt, dass die Bundesregierung auch für die Zukunft eine zielgerichtete Strategie für die Gestaltung der Informationsgesellschaft Deutschland hat. 70 Prozent der Bevölkerung im Netz bis 2005, Breit- band als dominierende Zugangstechnologie bis 2005, alle internetfähigen Dienstleistungen des Bundes online bis 2005 – das sind Zielmarken, die zeigen, dass die Bun- desregierung in ihren Bemühungen nicht nachlässt. Die deutsche Breitbandinitiative, das Förderprogramm „IT- Forschung 2006“, der Wettbewerb „Mobil Media“ zur Entwicklung mobiler Breitbanddienste sind Beispiele für neue Aktivitäten, die zeigen, dass wir am Ball bleiben. Auch in der kommenden Legislaturperiode werden wir gemeinsam mit der Wirtschaft, mit den Sozialpartnern, letztlich gemeinsam mit allen Bürgerinnen und Bürgern an der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts wei- terarbeiten. Ich bin sicher, dass wir dabei weiterhin ein hervorragendes Umfeld für die Entfaltung der digitalen Wirtschaft in Deutschland schaffen werden. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Weißbuch der Kom- mission der Europäischen Gemeinschaften: Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik (Tagesordnungspunkt 26) Carola Reimann (SPD): Wir freuen uns, dass auch die Union die Ziele der Europäischen Kommission für die Chemiepolitik, wie sie im Weißbuch „Strategie für eine künftige Chemikalienpolitik“ beschrieben ist, unterstützt. Das Weißbuch ist ein wichtiger Schritt und ein echter Fortschritt im Bereich der Chemikalienpolitik. Wegwei- send ist die grundsätzliche Umkehrung der Beweislast. Anders als früher sollen die Hersteller künftig die Unge- fährlichkeit ihrer Produkte nachweisen. Darüber hinaus sollen die Unternehmen auch für die Vorlage von Infor- mationen über die von ihnen in Zukunft produzierten Chemikalien verantwortlich sein. Positiv ist zudem, dass eine Risikobewertung auch für Stoffe vorgesehen ist, die bereits vor 1981 auf den Markt gekommen sind. Bislang sehen wir uns der unbefriedigenden Situation gegenüber, dass nur Stoffe, die nach 1981 neu auf den Markt gebracht wurden, einer Zulassung unterliegen, während alle Stoffe, – und das ist das Gros aller verwendeten Chemikalien –, deren Markteinführung vor 1981 erfolgt ist; niemals einer systematischen Bewertung im Hinblick auf ihre Risiken für Umwelt und Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern unterzogen wurden. Das im Weißbuch vorgeschlagene REACH-System bietet eine realistische Perspektive, die enormen Daten- lücken und Bewertungsrückstände sowie Management- defizite bei Altstoffen zu beseitigen. REACH bedeutet: R für Registrierung, E für Evaluierung und A für Auto- risierung, also Zulassung von Chemikalien. REACH be- deutet vor allem eine Registrierung aller Substanzen in einer zentralen Datenbank, und zwar mit abgestufter Pri- orität. Chemikalien mit einer Jahresproduktion von über 1 000 Tonnen pro Jahr sollen bis Ende 2005 registriert werden. Ihrer Forderung, meine Damen und Herren von der Opposition, für diese Substanzen eine kurzfristige Regelung zur Registrierung und Evaluierung zu finden, ist damit längst Genüge getan. Substanzen mit einer Jah- resproduktion größer 100 Tonnen pro Jahr sollen bis Ende 2008 registriert werden. Auch weitere Forderungen sind in Vorbereitung der Rechtssetzung durch die Kommission längst erledigt. Die Einführung des REACH-Systems bedeutet, beson- ders gefährliche Substanzen prioritär einer Zulassung zu unterziehen. Dies betrifft voraussichtlich etwa 1 400 Sub- stanzen. Diese als CMR-Stoffe bezeichneten Substanzen sind die Gefährlichen unter den Gefährlichen. CMR heißt: C gleich carzinogen, M gleich mutagen und R gleich re- produktionstoxisch, also mit Auswirkung auf die Fort- pflanzung. Dazu gehören auch die POP-Substanzen (Persistant Organic Pollutants), das sind persistierende or- ganische Schadstoffe. Die Gefährlichkeit dieser persis- tierenden Substanzen besteht in ihrer Langzeitstabilität und in ihrer Tendenz, sich im Fettgewebe anzureichern. Ein markanter Vertreter diese Stoffgruppe ist natürlich DDT. Die Union möchte dazu in ihrem Antrag unbürokra- tische Alternativen entwickelt und installiert sehen. Eine Meinung, die nicht mal mehr von der betroffenen Indus- trie vertreten wird. Bürokratieabbau kann man aber nicht um jeden Preis betreiben. Bei diesen Substanzen muss der Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen und Ver- braucher im Vordergrund stehen. Verbraucherschutz ist übrigens ein Begriff, der im Antrag der Union gar nicht vorkommt. Ihr Antrag geht vor allem auf wirtschaftspolitische Aspekte ein. Natürlich ist das wichtig. Wir reden ja im- merhin von 36 000 kleinen und mittelständischen Unter- nehmen, wir reden also von einer Schlüsselbranche. Diese befindet sich in einem harten internationalen Wettbewerb. Gerade für diese internationale Wettbewerbsfähigkeit ge- genüber den USA und Japan sind Innovationen im Be- reich neuer Stoffe, neuer Verfahren und neuer Produkte von wesentlicher Bedeutung. Die Bundesregierung sieht im Weißbuch eine gute Grundlage, umwelt- und wirt- schaftspolitische Ziele zusammenzuführen und weitere Anreize für Innovationen zu bieten. Die nationalen Ge- setzgebungen im Bereich Umweltschutz haben in der Ver- gangenheit im Bereich des Maschinenbaus Innovationen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25385 (C) (D) (A) (B) Verfahren und Produkte entstehen lassen, die heute welt- weit exportiert werden. Der Bundeskanzler hat sich im März dieses Jahres in seiner Regierungserklärung zu den Ergebnissen des Europäischen Rates von Barcelona klar geäußert. Ich zitiere: „Allein in der chemischen Industrie arbeiten mehr als 64000 Personen im Bereich Forschung und Entwicklung. Die mit der deutschen Industrie verbun- denen ökonomischen Kräfte gilt es auch künftig zu sichern. Angesichts dieser Zahlen ist doch klar, dass Deutschland in besonderer Weise daran interessiert ist, dass Belange der In- dustrie und insbesondere der dort Beschäftigten in euro- päischen Vorhaben angemessen berücksichtigt werden.“ Angesichts dieser Worte ist doch klar, dass die Regie- rung keiner Aufforderung durch die Opposition bedarf, sich für die Interessen der deutschen chemischen Indus- trie einzusetzen. Die Union möchte mit ihrem Antrag zum Weißbuch kleine und mittelständische Unternehmen vor zu hohen Kosten bei den Zulassungsverfahren schützen. Diese Un- ternehmen wollen Sie vor einer unverhältnismäßigen Be- lastung bewahren, damit ihnen daraus keine Wettbewerbs- nachteile gegenüber den Großen erwachsen. Das ist in der Tat ein ehrenwertes Anliegen und ich kann Ihnen nur bei- pflichten. Aber es ist nicht gerade neu, denn schon im Frühjahr letzten Jahres haben wir alles das problematisiert. Ihren Antrag anzunehmen, liebe Kolleginnen und Kol- legen von der Union, hieße deshalb, auf dem Weg, den wir bereits ein gutes Stück vorangekommen sind, wieder zurückzustolpern. Der Ausschuss für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit ist daher folgerichtig mehr- heitlich zur Auffassung gelangt, Ihren Antrag abzulehnen. Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Die Chemie muss stimmen. Wenn ich das sage, meine ich nicht nur das wirt- schaftliche Wohlergehen der Chemieunternehmen bei der Neuordnung der Chemikalienpolitik, sondern die Schaf- fung eines sinnvollen Ausgleichs zwischen Ökonomie und Ökologie, Arbeitsschutz und Verbraucheraspekten. Das Weißbuch der Kommission ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn das völlig unübersichtlich ge- wordene deutsche Chemikalienrecht wird gestrafft und entzerrt. Durch das Gleichsetzen von Neu- und Altstoffen wird das Datendefizit bei der Bewertung von Altstoffen abgebaut. Folge ist eine erhöhte Transparenz für Unter- nehmer und Bürger von der fraglos auch Forschung und Entwicklung profitieren werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht im Rahmen dieser Neuerungen die Möglichkeit, bürokratische Hemm- nisse zu beseitigen und die deutsche Chemiewirtschaft auf dem Weltmarkt voranzubringen. Das funktioniert aber nur, wenn erstens gangbare Lösungen für den Mittelstand gefunden werden und zwei- tens die Novelle praxisgerecht umgesetzt wird und so in- ternationale Wettbewerbsverzerrungen vermieden wer- den. Zum ersten Punkt: Es müssen vertretbare Lösungen für die mittelständischen Unternehmen gefunden werden. Denn die deutsche Chemie ist in weitem Umfang mittel- ständisch strukturiert. Von den Neuerungen besonders betroffen ist der natio- nale Chemikalienhandel. Denn genauso wie die Herstel- ler sind die Händler zur Registrierung der Stoffe nach dem REACH-System verpflichtet. Das bedeutet, dass sie um- fangreiche Informationen über die Sicherheit der impor- tierten Chemikalien zur Verfügung zu stellen haben. Handelt es sich bei dem Hersteller um ein in der EU an- sässiges Unternehmen, so hat der Importeur nichts zu be- fürchten, denn er bekommt die erforderlichen Daten von seinem Zulieferer. Importiert der Händler die Chemikalie aber von einem Nicht-EU-Produzenten, so muss er im Zweifel selbst das Dossier erstellen. Vor allem wenn dem Hersteller der europäische Markt zu unbedeutend ist, wird er eher auf Lieferungen in die Europäische Union ver- zichten als eine finanziell aufwendige Datensammlung anzufertigen. Dem Importeur fällt es aber ungleich schwerer, die notwendigen Daten zusammenzustellen, da er weder den Produktionsablauf noch die Zusammenset- zung der Stoffe kennt. Gerade bei kleineren importierten Mengen lohnt sich dieser Aufwand nicht. Damit nicht ei- nige kleinere Importunternehmen hierdurch zum Aufge- ben gezwungen sind, ist die Gleichbehandlung von EU- und Nicht-EU-Produzenten im folgenden Gesetzge- bungsverfahren vermehrt zu diskutieren. Glücklicher- weise hat der Rat der Europäischen Union die Schwierig- keit erkannt und die Kommission zu einer Klärung aufgefordert. Die mittelständische Problematik erschöpft sich aber nicht nur in der Situation der Importeure, sondern greift auch auf die gewerblichen Endverbraucher durch. Es geht mir um den viel diskutierten Punkt der „down- stream-user“ – nachgeschalteten Anwender. Hinter die- sem Pseudonym verbirgt sich nämlich nichts anderes als der Schuster, Lackierer oder Metallbauer. All diese mit- telständischen ver- und bearbeitenden Gewerbe kommen ohne den Einsatz von Chemikalien nicht aus. Nach dem Willen des Weißbuches sollen diese Be- triebe, genau wie die Hersteller, fair die Bewertung der Chemikalien Informationen über Anwendungsszenarien und Verwendungszwecke zur Verfügung stellen. Das Sam- meln und Aufarbeiten der Daten bedeutet für die Betriebe erheblich mehr Bürokratie. Es handelt sich also um einen Kostenfaktor, den der durch die rot-grüne Politik eh schon schwer gebeutelte Mittelstand alleine nicht zu tragen ver- mag. Ich erinnere an dieser Stelle nur an das 630-Mark- Gesetz, das Betriebsverfassungsgesetz und die Ökosteuer. Auch praktisch wird es kleineren Unternehmen schwer fallen, den Anforderungen nachzukommen, denn sie ver- fügen nicht über den Personalbestand größerer Firmen und können keine Routine bei der Berichterstattung ent- wickeln. Hilfreich wäre deswegen eine Institution zur Beratung von kleinen und mittleren Unternehmen beim Chemika- lienmanagement, die die Betriebe direkt beim Registrieren und Evaluieren der Daten begleiten. Sollte diese Aufgabe vollumfänglich von den Verbänden und Kammern wahr- genommen werden können – was ich nicht glaube –, so ist zumindest eine finanzielle Unterstützung notwendig. Wenn der Rat der Europäischen Union Ende diesen Jahres einen Gesetzesvorschlag vorlegt, ist also ganz ge- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225386 (C) (D) (A) (B) nau darauf zu achten, dass diese für den Mittelstand exis- tenziellen Punkte berücksichtigt werden. Zum zweiten erwähnten Punkt: Insgesamt muss das im Weißbuch vorgesehene System pragmatisch, praxisgerecht und kosteneffizient ausgestaltet werden. Das hat die CDU/CSU-Fraktion bereits in Ihrem Antrag – Bundestags- drucksache 14/8029 – vom Januar dieses Jahres klargestellt. Zu den notwendigen Schritten gehört deswegen auch, dass die Daten, die die deutsche Chemie bereits auf freiwilliger Basis gesammelt hat, in das neue System einfließen. Das System der Bereitstellung von Informationen darf jedoch nicht zu offen gestaltet werden. Es ist darauf zu achten, dass die Eigentumsrechte an den Prüfdaten ge- wahrt werden und die Unternehmer vor Wettbewerbern geschützt werden. Konkurrenten, die den gleichen Stoff vermarkten wollen, dürfen nicht einfach auf die Daten an- derer Unternehmer zurückgreifen können, um sich das aufwendige Prüfverfahren zu sparen. Auch hier muss die Chemie stimmen. Das heißt, es muss ein Ausgleich zwischen dem Informationsbedürfnis der Verbraucher und dem Schutzbedürfnis der Hersteller an vertraulichen Informationen stattfinden. Die von der CDU/CSU angestrebte praxisgerechte Ausgestaltung des neuen Systems erfordert auch, dass Wettbewerbsnachteile auf dem internationalen Markt ver- mieden werden. Hier sehe ich ein Problem bei der Zulas- sungspflicht für sehr gefährliche Stoffe. Mir ist bewusst, dass vor allem gefährliche Stoffe, wie Krebs erregende und erbgutverändernde Substanzen, einer besonderen Be- handlung bedürfen. Das im Weißbuch vorgeschlagene strenge Zulassungsverfahren ist jedoch sehr zeitintensiv. Die daraus resultierende verspätete Produkteinführung führt nicht nur zu Imageverlusten, sondern auch zu finan- ziellen Nachteilen durch entgangene Renditen. Es sollte nicht riskiert werden, dass die europäische Produktion im- mer einen Schritt langsamer ist als der Weltmarkt. Des- halb plädiert die CDU/CSU-Fraktion in diesem Punkt für eine unbürokratische Alternative. In seiner Abstimmung vom November letzten Jahres hat das Europäische Parlament bereits einige Änderungen zum Weißbuch beschlossen. Dazu gehört auch die Anwendung des Substitutionsprinzips. Danach müssen bestimmte ge- fährliche Produkte durch andere Stoffe ersetzt werden. Bei der Umsetzung dieses Prinzips ist darauf zu achten, dass das Substitut ungefährlicher ist als der zu ersetzende Stoff. Denn sonst kann es passieren, dass ein risikoreicher Stoff durch einen anderen möglicherweise noch gefährli- cheren ersetzt wird. Es reicht nämlich nicht, nur auf be- stimmte gefährliche Eigenschaften abzustellen. Vielmehr muss ein Vergleich der beiden Stoffe über den gesamten Lebensweg erfolgen. Wie sie sehen, besteht also an dem insgesamt als posi- tiv zu bewertenden Weißbuch noch viel Handlungs- und Diskussionsbedarf. Der Gang der europäischen Gesetz- gebung muss daher aktiv von deutscher Seite begleitet werden! Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir verhandeln heute das zweite Mal über einen Antrag der CDU/CSU, der – mit Verlaub – so viel nicht hergibt. Denn er kam zu spät und er ist überholt. Darum will ich auch nicht mehr viele Worte machen zu dem Antrag, zu dem das meiste schon bei der ersten Debatte und im Um- weltausschuss gesagt wurde. Es geht darin um das Weißbuch Chemikalienpolitik der Europäischen Kommission. Und darum geht es mir viel mehr. Eigentlich sind wir uns quer durch alle Fraktionen darüber einig, dass die Initiative der Europäischen Kom- mission mit dem Weißbuch Chemikalienpolitik unbedingt zu begrüßen ist. Das Weißbuch ist ein mutiger Schritt hin zu einer Chemiepolitik, die dem Vorsorgeprinzip ver- pflichtet ist. Es zeigt den Weg in Richtung einer nachhal- tigen Chemiepolitik. Denn eines ist sicher: Die bis heute übliche chemische Produktion ist alles andere als nachhaltig. So finden sich heute gefährliche Stoffe im entlegensten Winkel der Welt wieder. Hohe Schadstoffkonzentrationen in Eisbären oder Steinadlern sind heute keine Seltenheit. Immer größere Mengen an gefährlichen Chemikalien überwin- den weite Strecken (Ozeane und Gebirge), reichern sich in Organismen an und gelangen über die Nahrungskette zu den Verbrauchern. Es sind chemische Stoffe mit ge- fährlichen Eigenschaften: Sie sind langlebig, also schwer abbaubar, sie sind erbgutschädigend oder gar fortpflan- zungshemmend. Es war also hohe Zeit, dem weitgehend unkontrollier- ten Umgang mit schätzungsweise 100 000 Chemikalien in der Europäischen Union einen einheitlichen Ordnungs- rahmen zu setzen; Chemikalien, die selten oder niemals einer systematischen Bewertung unterzogen worden sind; Chemikalien, von denen heute niemand genau sagen kann, wie gefährlich sie tatsächlich für die Gesundheit der Verbraucher und für die Umwelt sind. Mit dem REACH-System (Registration: Registrie- rung, Evaluation: Bewertung, Authorisation: Zulassung of Chemicals) wurde im Weißbuch ein Zulassungsverfah- ren für gefährliche Stoffe vorgeschlagen, das ein wirksa- mes und effizientes Management von Chemikalien ermöglicht. Wir begrüßen diesen Vorschlag. Und vorder- gründig hat die Union das auch getan. In Ihrem Antrag wollen sie hingegen „zu dem (von der Kommission) vor- geschlagenen Zulassungsverfahren für besonders gefähr- liche Stoffe (POPs und CMR-Stoffe) unbürokratische Alternativen“ entwickeln. Sie wollen einen unbürokrati- schen Umgang gerade mit jenen circa 1 400 Stoffen, die als besonders gefährlich eingestuft werden. Die CMR-Stoffe gelten als kanzerogen, also Krebs er- regend, als mutagen, das heißt sie verändern die Erbsub- stanz und sie sind reproduktionstoxisch. Hinzu kommen die so genannten POPs (Persistent Organic Pollutants) – auch als „dreckiges Dutzend“ bekannt – die als beson- ders giftige Stoffe mit der „POP-Konvention“ weltweit verboten sind. Die Bundesregierung hat als einer der ers- ten Staaten das Übereinkommen von Stockholm ratifi- ziert. Das war ein wichtiger Schritt. Bei hoch gefährlichen Stoffen ist wirtschaftsliberale Lässigkeit völlig unangemessen. Denn wir brauchen im Interesse der Menschen und der Umwelt wirksame Ver- fahren zum Schutz vor diesen Stoffen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25387 (C) (D) (A) (B) Ihnen, liebe Kollegen von der CDU/CSU, geht es aber in aller erster Linie um die Interessen der Wirtschaft: Be- lange des Gesundheits- und Umweltschutzes oder des Verbraucherschutzes kommen in Ihrem Antrag so gut wie gar nicht vor. Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er einsei- tig an wirtschaftlichen Interessen orientiert ist. Für eine Volkspartei ist das eine Schande. Sie sorgen sich zuerst um die Wettbewerbschancen der chemischen Großindus- trie und mittelständischer Unternehmen und wollen die- sen bürokratische Verfahren ersparen. Wir wollen dieses Anliegen nicht kleinreden. Interessen am Erhalt von Unter- nehmen und Arbeitsplätzen sind legitim, wir stellen sie nicht in Abrede. Aber weder das Weißbuch noch andere Umwelt- gesetze gefährden Arbeitsplätze. Vielmehr hat die chemi- sche Industrie ein Problem mit dem Umverteilen: Während sie seit 1980 ihren Umsatz auf 190 Milliarden DM fast verdoppeln konnte, sind in der Chemieindustrie im Ver- gleich zu den 590 000 vor der Wende gerade einmal 470 000 beschäftigt. Und das alles ohne Weißbuch. Jahrelang hat die Chemische Industrie bzw. ihr Ver- band, der VCI, das Gespenst vom „Ende des Chemie- standortes Deutschland“ an die Wand gemalt, um um- weltpolitische Forderungen abzuwehren. Doch die Chemische Industrie hat sich als lernfähig erwiesen. In ihrer gemeinsam mit der Bundesregierung und der IG BCE formulierten Stellungnahme zum Weißbuch im März diesen Jahres hat sie die Schaffung eines einheitli- chen Ordnungsrahmens für Chemikalien begrüßt. Viel- leicht war dies von der (späten) Einsicht getragen, dass man im Zeichen der Nachhaltigkeit im 21. Jahrhundert einen anderen Umgang mit Chemikalien und Gefah- renstoffen festschreiben muss. Oder aber es kam daher, weil man einsah, dass eine EU-Richtlinie ohnehin nicht mehr abzuwenden ist und letztlich von verantwortungs- vollen Managern als absolut sinnvolle Strategie angese- hen wird. Der um die Industrie so bedachte CDU/CSU-Antrag hat sich damit in der Sache eigentlich erledigt. Es ist viel- leicht eine Frage wert, warum Sie – meine Damen und Herren von der Union – einen Antrag aufrechterhalten, der hinter die Position der Chemieindustrie zurückfällt? – Es ist Wahlkampf und es steht zu vermuten, dass Sie sich hier als industriefreundlich profilieren wollten. Mit dieser einseitigen Interessenpolitik ist die Union alles andere als zukunftsfähig. Wir von Bündnis 90/Die Grünen stehen für eine vor- sorgeorientierte und damit zukunftsfähige Politik. Das gilt auch für die Chemische Industrie, die sich selbst das anspruchsvolle Motto „Responsible Care“ gegeben hat. Wenn wir von nachhaltiger Chemiepolitik sprechen, dann meinen wir auch soziale und ökonomische Nachhal- tigkeit, aber selbstverständlich auch ökologische Nach- haltigkeit. Dies heißt konkret: Schutz der Verbraucher, der Umwelt, Berücksichtigung der Interessen der Beschäftig- ten in der Chemieindustrie und Sicherung einer ökono- misch starken und nachhaltig gestalteten Chemieindus- trie. Nur eine nachhaltige Chemieindustrie hat Zukunft. In der kommenden Legislaturperiode stehen wir vor großen Herausforderungen. Die Umsetzung des Weiß- buchs und damit die Gestaltung einer nachhaltigen Che- mikalienpolitik ist eines unserer zentralen Projekte im Verbraucherschutz und Umweltschutz. Zweifellos spre- chen einige der Kritikpunkte des Antrags Probleme an, die erst noch gelöst werden müssen. Aber: Auf dem Weg zur Chemiewende stehen der dauerhafte Schutz von Mensch und Tier wie auch der Umwelt vor dem Ausbringen ge- fährlicher Stoffe im Zentrum. Mit dem Weißbuch liegt ein konkreter Fahrplan für die Prüfung von Stoffen vor. Wir erwarten im Sommer mit Spannung den Entwurf der EU-Kommission zu einer Richtlinie. Uns Grünen ist es wichtig, die bisher vorgesehenen Kriterien zur Einstufung von Stoffen noch zu erweitern. Wir werden deshalb bei der Formulierung der Richtlinie auf Verbesserungen drängen. Zum Beispiel halten wir es für unbedingt notwendig, bei der Zulassung weitere Kri- terien wie schwer abbaubar (persistent), in Organismen anreichernd (bio-akkumulativ) und umweltgefährlich zu berücksichtigen. Mit der Umsetzung der zu erwartenden Chemikalien- richtlinie heißt Nachhaltigkeit auch im Umgang mit Che- mikalien durchsetzen, das heißt Politik zum Schutz von Mensch und Umwelt zu gestalten. Dafür stehen wir von Bündnis 90/Die Grünen. Birgit Homburger (FDP): Die rechtlichen Rahmen- bedingungen, die für die Herstellung und Verwendung von Chemikalien in Deutschland und auf europäischer Ebene gelten, sind für einen wirksamen Schutz von Um- welt und Gesundheit von herausragender Bedeutung. Die Chemikalienpolitik muss für Mensch und Umwelt Si- cherheit im Umgang mit Chemikalien gewährleisten. Die FDP nimmt dieses Ziel sehr ernst. Es geht um eine wirk- same, praktikable und vernünftige Chemikaliengesetzge- bung. Erforderlich sind dazu möglichst effiziente und praktikable Regelungen, die auch die Wettbewerbsfähig- keit der deutschen Wirtschaft mit berücksichtigen. Der heute zur abschließenden Beratung vorliegende Antrag stimmt inhaltlich in seinen wesentlichen Punkten mit dem Antrag überein, den die FDP bereits ein Jahr zu- vor als erste Fraktion dem Deutschen Bundestag vorge- legt hat. Die FDPwird dem vorliegenden Antrag der Uni- onsfraktion zur Chemikalienpolitik zustimmen. Der vorliegende Antrag entspricht jedoch nicht nur inhaltlich weitgehend dem FDP-Antrag zu einer wirksamen und vernunftgeleiteten Chemikaliengesetzgebung. Es ist ab- sehbar, dass er auch das parlamentarische Schicksal sei- nes Vorgängers teilen wird. Die Mahnung der FDP, bei allem Aktionismus und rot- grüner Regulierungswut die wirtschaftliche Existenz auch der kleinen und mittelständischen Unternehmen in der deutschen Chemiewirtschaft nicht aus dem Auge zu verlie- ren, trifft bei der Bundesregierung immer nur auf spöttische Arroganz. Hochmütig hat Rot-Grün sowohl den FDP-An- trag als auch den Antrag der Unionsfraktion im Umwelt- ausschuss abgelehnt, ohne jedoch ein eigenes tragfähiges und verantwortungsbewusstes Konzept vorlegen zu kön- nen. Nachhaltige Verweigerung und ideologische Scheu- klappen sind das Markenzeichen rot-grüner Umweltpolitik. Diese Verweigerungshaltung der Bundesregierung ist unglaubwürdig und mehr als lächerlich. Auf der einen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225388 (C) (D) (A) (B) Seite lehnen Umweltminister und rot-grüne Koalition die konstruktiven Vorschläge der FDP – und später auch der Union in Bausch und Bogen ab. Auf der anderen Seite wird die Angelegenheit zur Chefsache erklärt. Gemeinsam mit der Chemischen Industrie und der Chemiegewerkschaft hat der Kanzler eine gemeinsame Position zum Weißbuch der Europäischen Kommission formuliert, die den FDP- Forderungen in wesentlichen Teilen Rechnung trägt. Die FDP beglückwünscht Sie zu dieser Einsicht. Der politische Stil dieser Bundesregierung ist jedoch unerträglich. Für die Wählerinnen und Wähler hält Rot- Grün im Deutschen Bundestag Fensterreden. Dann folgt ein Kaffeekränzchen im Kanzleramt, bei dem Herr Schröder mit der Wirtschaft das Gegenteil verabredet. Re- den und politisches Handeln klaffen bei Rot-Grün weit auseinander. Die Verantwortung für Chemikalien im Sinne eines vernünftigen Sicherheitsmanagements muss weiter in ers- ter Linie bei den Herstellern, Weiterverarbeitern und An- wendern liegen. In Deutschland gelten strenge Vorschrif- ten für den umsichtigen Gebrauch von Chemikalien. Diese Standards müssen verpflichtend sein und bleiben; daran lässt die FDPkeinen Zweifel. Für die Sicherheit von Mensch und Natur entscheidend sind aber weniger die Stoffe als vielmehr deren sichere Anwendung. Diese ist entscheidend für eine sinnvolle Risikobewertung von Chemikalien. Auch eine noch so sorgfältige und vorsorg- liche Stoffbewertung kann Risiken also nicht völlig aus- schließen. Bei der Chemikaliensicherheit müssen alle Be- teiligten mit verantwortlichem Handeln angemessen in die Pflicht genommen werden. Der Schutz von Mensch und Umwelt vor gefährlichen Stoffen muss gewährleistet sein, ohne die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Chemiewirtschaft unnötig zu beeinträchtigen. Eva Bulling-Schröter (PDS): Der Antrag der CDU/ CSU entspricht im Wesentlichen den Forderungen, die schon die FDP in einem früheren Antrag gestellt hat. An- gesichts dessen, dass die neuen Ansätze des EU-Weißbu- ches Chemikalienpolitik in vieler Hinsicht ein mehr an Vorsorge in Umwelt und Gesundheit bedeuten, ist dies nicht verwunderlich. Schließlich wird hier partiell in Wirtschaftsinteressen eingegriffen, die Union und FDP bekanntermaßen näher stehen als der Verbraucher- und Umweltschutz. Wie anders ist zu erklären, dass sich auch die Union ausgerechnet bei den Chemikalien, die als be- sonders gefährlich gelten, schwächere Regeln wünscht? Sie wollen ein Verfahren vom Tisch haben, welches diese Stoffe nicht einmal verbietet, sondern nur einer strengen Zulassungsrecht zuführt. Dabei ist in diesem Punkt das Weißbuch nicht einmal besonders konsequent. Die EU-Kommission schlägt vor, Krebs erregende, erb- gut- und fortpflanzungsschädigende Chemikalien einem Zulassungsverfahren zu unterwerfen. Eine Zulassungs- pflicht sollte aber auch für Chemikalien gelten, die schwer abbaubar sind, sich in der Nahrungskette anreichern kön- nen oder hormonelle Eigenschaften haben. Das Zulas- sungsverfahren sollte zum Ziel haben, dass solche Stoffe nicht mehr freigesetzt werden oder Konsumenten belasten. Es sind noch andere Punkte des EU-Weißbuchs kri- tikwürdig; die aber weder die Union, noch die Koalition aufgreifen: So fehlt ein konkretes Handlungsziel, etwa ein Termin, ab dem gefährliche Stoffe nicht mehr in die Um- welt gelangen dürfen. Die vorgeschlagenen Fristen für die Übermittlung von Daten über die Gefährlichkeit der 30 000 wichtigsten Chemikalien und für ihre Bewertung sollen sich bis über das Jahr 2018 erstrecken. Dies ist noch eine Generation – viel zu lang! Weiterhin sind Chemikalien, die sich in End- und Kon- sumentenprodukten wie Spielzeug befinden, und chemi- sche Stoffe, die außerhalb der EU bei der Herstellung von solchen Gebrauchsgegenständen verwendet werden, im Vorschlag der Kommission nicht ausreichend berücksich- tigt. Die Risikobewertung nach dem EU-Vorschlag sieht erst beim Nachweis von konkreten Schäden und Belas- tungen ein Handeln vor. Dies widerspricht dem Vorsorge- prinzip. Schon beim Verdacht auf Schäden wäre es not- wendig, vor entsprechenden Chemikalien zu schützen. Und analog zum Umweltaudit: Die Industrie darf nicht selbst die Bewertung zahlreicher von ihr produzierter Chemikalien durchführen, wie im Weißbuch vorgesehen. Diese muss durch die Behörden oder unabhängige Insti- tutionen erfolgen. Die Kommission sollte deshalb ein Konzept zur Finanzierung und Organisation dieser Arbei- ten erstellen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: In der internationalen Krisenprävention und Konfliktbewältigung an- dere Prioritäten setzen (Tagesordnungspunkt 28) Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU):Der vorlie- gende Antrag der PDS steht ganz in der Reihe ihrer Ein- lassungen zu den Debatten über die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Damit meine ich einerseits, dass der Antrag zumindest eine konsequente Haltung aufzeigt, anderer- seits ist aber nun zum wiederholten Male klar, dass eben diese Haltung ein geradezu absurdes Verständnis von Si- cherheitspolitik und von notwendigen Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Lösung schwerer und schwieriger Konflikte offenbart. Der beschreibende Teil des Antrags ist, wenn man es wohlwollend betrachtet und von den Analysen absieht, eine akademische Fleißarbeit. Er ist gut gemeint, aber eben nur gut gemeint. Sicherlich sind allgemein gültige Feststellungen richtig, wie: „Die Chancen zur erfolgrei- chen Konfliktlösung sind am größten, wenn auf Grund- lage einer soliden ständigen Konfliktanalyse frühzeitig gehandelt wird.“ Ein weiterer Allgemeinplatz aus diesem Antrag: „Zu einer zentralen Frage außenpolitischen Wir- kens müssen deshalb die Förderung eines gerechten In- teressenausgleiches, die Verbesserung der wirtschaftli- chen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse in den jeweiligen Ländern, die Beseitigung von Konfliktursa- chen und die Förderung von Mechanismen zur gewaltfreien Konfliktberatung werden.“ Wer würde dem widersprechen? Aber es sind eben nur Binsenweisheiten, Feststellungen, die jedem gefallen, die jeder gut und richtig findet, die aber Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25389 (C) (D) (A) (B) noch zu keinen Lösungen der Fragen führen, mit denen wir konfrontiert sind. Daneben ist diese akademische Arbeit auch in ihrem beschreibenden Teil oft unrichtig bzw. vergisst wichtige Maßnahmen der Konfliktprävention und Konfliktbewäl- tigung: Warum wird nicht das Konfliktverhütungszen- trum der OSZE diskutiert? Warum widmet sich die PDS nicht intensiver dem, was im Rahmen der ESVP zur zivi- len und militärischen Konfliktprävention aufgebaut wird? Die Antwort ist klar: Beides sind Mechanismen, die, wenn auch erst im Ansatz und noch nicht perfekt, wirken. Es sind Instrumente, die mühsam erarbeitet worden sind, um Konflikten im Ansatz zu begegnen und, vor allem was die ESVP betrifft, um Konflikte auch „europäisch“ regeln zu können. Natürlich sieht die PDS den Wert dieser Instru- mente nicht, möchte ihn nicht sehen, da er ihrer Grund- philosophie widerspricht. Stattdessen werden im Antrag Forderungen erhoben, die mit der gelebten Wirklichkeit nichts mehr zu tun ha- ben und die selbst von den Illusionen strammer Pazifisten abheben. Hat die PDS denn gar nichts dazugelernt? Ist denn immer noch nicht klar, dass kein Mensch ihr Glauben schenkt, wenn sie von „Kriegseinsätzen der Bundeswehr gegen andere Staaten“ spricht? Was soll die „Entmilitari- sierung und Zivilisierung“ der internationalen Beziehun- gen denn sein, angesichts der Herausforderungen, vor de- nen die „westliche“ Weit spätestens seit dem 11. September steht? Und: Redet denn selbst ein hartgesottener Kommu- nist heute noch ernsthaft von der Notwendigkeit der „Über- windung von Militärblöcken“? Nein, dieser Antrag der PDS ist genauso abwegig wie ihre grundsätzlich ableh- nende Haltung gegenüber Auslandseinsätzen der Bundes- wehr im Rahmen von friedenserhaltenden oder Frieden schaffenden Maßnahmen der Vereinten Nationen oder ge- genüber Koalitionen. Neben OSZE und ESVP, die ich be- reits erwähnt habe, verkennt die PDS auch die tatsächli- chen Leistungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zur Krisenprävention und Konfliktbewältigung. Sie ver- kennt ebenso die grundsätzlichen Mechanismen und auch die Reformperspektiven der Vereinten Nationen. Vieles mehr könnte man an diesem Antrag kritisieren; ich will es bei dem Gesagten belassen. Wichtiger wäre es, angesichts der Herausforderungen vor denen Deutschland, Europa und die westliche Welt stehen, auch seitens der PDS, so wie es die Grünen gemacht haben: zuzugeben, dass man sich eben in seiner bisherigen Analyse geirrt hat, zuzugeben, dass Wehrhaftigkeit notwendig ist, um Freiheit zu erhalten, zuzugeben, dass auch mit militärischen Mit- teln, wenn auch als letztem Mittel, Frieden notfalls er- zwungen werden muss, um menschliches Leid zu lindern. Notwendig ist es, will man ernsthaft Krisenprävention und Konfliktbewältigung betreiben, vor allem den Rea- litäten ins Auge zu schauen. Sicherheit lässt sich eben nicht erträumen. Sicherheit wird es nur dort geben, wo Stabilität herrscht, und Stabilität ist heute eine umfas- sende Aufgabe. Sie beinhaltet einen verzahnten und inte- grierten Politikansatz. Krisenpräventive Maßnahmen, vor allem der Entwicklungshilfe und der Auswärtigen Kultur- politik, müssen ineinander greifen mit der Bereitschaft, konfliktbewältigend zu wirken, notfalls auch mit militäri- schen Mitteln. Es ist unser vitales Interesse, dass wir die Aufgaben, vor denen wir stehen, realistisch analysieren und die Mittel bereitstellen, diese Aufgaben gemeinsam mit unseren Partnern im Bündnis und der EU zu lösen. Die CDU/CSU wird gegen diesen Antrag stimmen. Anlage 11 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß §80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 21. bis 25. Januar 2002 in Straß- burg – Drucksachen 14/8692, 14/8829 Nr. 1.11 – Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Nationaler Beschäftungspolitischer Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland 2002 – Drucksache 14/8715 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht nach § 99 BHO über die Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Wertpapieren – Drucksachen 14/8863, 14/9133 Nr. 1.3 – Ausschuss fürWirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Einunddreißigster Rahmenplan der Gemeinschaftsauf- gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruk- tur“ für den Zeitraum 2002 bis 2005 – Drucksachen 14/8463, 14/8829 Nr. 1.7 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Befassung des In- ternationalen Währungsfonds mit sektoralen Angele- genheiten im Rahmen seiner Kreditgewährung – Drucksachen 14/8742, 14/8829 Nr. 1.13 – Ausschuss für Kultur und Medien – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung (19. Ausschuss) gemäß § 56 der Geschäftsordnung Technikfolgenabschätzung hier: „Neue Medien und Kultur“ – Drucksache 14/8434 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, daß der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 200225390 (C) (D) (A) (B) Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/9305 Nr. 1.10 Innenausschuss Drucksache 14/7129 Nr. 2.50 Drucksache 14/7409 Nr. 2.10 Drucksache 14/7522 Nr. 1.4 Drucksache 14/7708 Nr. 1.3 Drucksache 14/7708 Nr. 2.12 Drucksache 14/8081 Nr. 2.9 Drucksache 14/8428 Nr. 2.12 Drucksache 14/9137 Nr. 1.10 Finanzausschuss Drucksache 14/9137 Nr. 1.8 Drucksache 14/9305 Nr. 2.21 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/9479 Nr. 2.23 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 14/8832 Nr. 2.2 Drucksache 14/9137 Nr. 1.14 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/8562 Nr. 1.1 Drucksache 14/8562 Nr. 2.8 Drucksache 14/8832 Nr. 2.11 Drucksache 14/8940 Nr. 2.5 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/9305 Nr. 1.3 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/9479 Nr. 1.4 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/9305 Nr. 1.9 Drucksache 14/9305 Nr. 1.13 Drucksache 14/9305 Nr. 2.24 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/9305 Nr. 1.7 Drucksache 14/9305 Nr. 2.6 Drucksache 14/9305 Nr. 2.7 Drucksache 14/9305 Nr. 2.22 Drucksache 14/9305 Nr. 2.34 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/9305 Nr. 1.1 Drucksache 14/9305 Nr. 1.8 Drucksache 14/9305 Nr. 1.11 Drucksache 14/9305 Nr. 2.3 Drucksache 14/9305 Nr. 2.14 Drucksache 14/9305 Nr. 2.28 Drucksache 14/9305 Nr. 2.29 Drucksache 14/9305 Nr. 2.35 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 249. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Juli 2002 25391 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus Barthel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im internationalen
    Vergleich der Telekommunikationsmärkte hat Deutsch-
    land eine Spitzenposition erreicht. Das Telefonnetz in
    Deutschland zählt zu den modernsten der Welt. Die
    Durchdringung des Marktes im Bereich von ISDN bei uns
    ist weltweit einzigartig. Fast 40 Prozent der Telefonkanäle
    sind digital.

    Die Preise für das Telefonieren sind nach einer turbu-
    lenten Phase während der neuen Wettbewerbssituation in-
    zwischen stabil. Sie haben sich auf einem für die Ver-
    braucher sehr günstigen Niveau stabilisiert. Auch hier ist
    es so, dass Deutschland im internationalen Vergleich ent-
    gegen manchem Gerede im Kommunikationsbereich zu
    den günstigsten Ländern gehört. Die Preise für diese
    Dienstleistungen sind in der Zeit von 1998 bis heute um
    durchschnittlich 30 Prozent gesunken, der Preis für die
    Telefondienstleistungen im Fernbereich um über 80 Pro-
    zent. Der Durchschnittspreis für ein dreiminütiges Ge-
    spräch ist in Deutschland europaweit mit am günstigsten.
    Ähnliches gilt für ein zehnminütiges Ferngespräch.

    Auch beim Internet – das ist uns besonders wichtig –
    hat Deutschland im internationalen Vergleich eine Spit-
    zenposition erreicht. Die Deutschen surfen sehr billig und
    deshalb auch länger. Mit acht Stunden pro Monat liegen
    sie in Europa an der Spitze. Bei den Preisen ist es genauso.
    Der Durchschnittspreis für die Internetnutzung in
    Deutschland ist der niedrigste in Europa.

    Es passt ins Bild, dass Deutschland auch bei den DSL-
    Anschlüssen im Spitzenfeld liegt. Wir haben zehn An-
    schlüsse pro 1 000 Einwohner, was eine zehnmal so hohe
    Nutzung gegenüber dem Musterland Großbritannien ist.

    Alles in allem ist der Telekommunikationssektor ein
    Markt mit einem überdurchschnittlichen Wachstum. Seit
    1999 ist der Umsatz im Durchschnitt jährlich um mehr als
    10 Prozent gestiegen. In den vier Jahren, auf die wir jetzt
    zurückzublicken haben, hat sich die Zahl der Beschäftig-
    ten in diesem Bereich um 20 000 erhöht.


    (Beifall bei der SPD)

    Es ist schon richtig: Bei den Ortsnetzen besteht Hand-

    lungsbedarf. Hier sind die Preise für die Kunden weitge-
    hend auf dem alten Niveau geblieben, liegen aber trotz-
    dem im europäischen Mittelfeld. Hier hat die Deutsche
    Telekom noch quasi ein Monopol. Die Frage ist also nicht,
    ob an diesem Bottleneck etwas geschehen muss, sondern
    wann und was in diesem Bereich geschehen muss.

    Deswegen will ich Folgendes besonders herausstellen:
    Die heute zu beschließende Neuregelung im Telekommu-
    nikationsgesetz ist für uns nicht die optimale Antwort auf
    die Frage, was im Ortsnetz geschehen muss, sondern die
    Umsetzung dessen, was die Regierung von Union und
    FDP in Brüssel seinerzeit vereinbart hat. Liebe Kollegin-
    nen und Kollegen von der Opposition, die Kritik der
    Sachverständigen, die Sie sich in Ihrer Argumentation of-
    fensichtlich zu Eigen machen, geht insbesondere auf das
    Konto der FDP, Herr Funke. Die FDP hat seinerzeit den
    Wirtschaftsminister gestellt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Weil wir heute milde gestimmt sind, werfen wir Ihnen
    das aber nur begrenzt vor. Viele Entwicklungen waren im
    Zuge einer totalen Umkrempelung in dieser Branche von
    staatlicher Dienstleistung im Monopol hin zu völliger
    Liberalisierung nicht absehbar. Weder der enorme Boom
    noch die jetzige Katerstimmung noch die Details der
    Marktentwicklung waren berechenbar. Deswegen ge-
    währen wir Ihnen mildernde Umstände.

    Die auf Dauer durchaus zwiespältigen Auswirkungen
    des Call-by-Call bei Fern- und Auslandsgesprächen wer-
    den jetzt nach und nach erkennbar. Inzwischen werden auf
    diesem Gebiet Nachsteuerungen erforderlich. Besser
    wäre eine Übertragung der Strukturen auf den Ortsbe-
    reich.

    Es ist richtig – dies wurde auch öffentlich –, dass wir
    mit dem vorliegenden Gesetz nicht restlos glücklich sind.
    Wir verbinden damit die Sorge, dass getätigte Investitio-
    nen entwertet werden, dass bei falscher Anwendung An-
    reize für den Infrastrukturwettbewerb entfallen könnten
    und dass es zu einer Tarifstruktur kommt, nach der – zum
    Nachteil des Endverbrauchers – günstige Minutenpreise
    für Ortsgespräche durch hohe Grundgebühren aufgefan-
    gen werden. Auf dem Strommarkt haben wir beispiels-
    weise gesehen, wie sich solche Angebote und Strukturen
    entwickeln können. Die Zeche für diese Entwicklung zah-
    len die privaten Kleinkunden, während große Geschäfts-
    kunden tendenziell entlastet werden.

    Zu fürchten ist auch, dass es für die Anbieter nicht
    mehr rentabel ist, die Nutzer in ländlichen Regionen mit
    Telekommunikationsdienstleistungen zu versorgen, und
    diese Menschen langfristig von technologischen Ent-
    wicklungen abgekoppelt werden.

    Eine weitere Sorge bei der Umsetzung der Brüsseler
    Richtlinie ist, dass bisherige Netzbetreiber günstig ge-
    mietete Fernstrecken für die Schaltung einzelner Ortsge-
    spräche nutzen, teilweise um noch nicht vorhandene
    Zusammenschaltungspunkte zu umgehen, teilweise um
    die gemieteten Leitungen auszunutzen. Diese ineffizien-
    ten Verkehre im Telekommunikationsnetz müssen wir
    verhindern.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir mussten in der jetzigen Situation eine Abwägung
    vornehmen. Die befürchteten Nachteile, die ich gerade
    angesprochen habe, greifen wir in unserem Antrag auf,
    der durch seine heutige Annahme durch den Bundestag
    Teil der Gesetzesbegründung wird und der Rechtsanwen-
    dung damit klare Vorgaben macht.


    (Rainer Funke [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Das geht doch gar nicht!)


    Wir tun das an zwei zentralen Punkten: Wir beziehen die
    getätigten Investitionen in die regulatorische Umsetzung
    ein, beispielsweise bei den Entgelten, und wir definieren
    die so genannte ortsnahe Zuführung unter Nennung der lo-
    kalen Einzugsbereiche. Mit Blick auf das jeweilige Inter-
    connection-Regime weiß jeder, was gemeint ist. Damit set-
    zen wir ein ganz klares Signal für den Markt: Wir bleiben
    bei der Grundposition unserer Telekommunikationspolitik,






    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    nämlich dass Investitionen in den Ausbau und die Moder-
    nisierung von Infrastruktur ein zentrales Ziel unseres Re-
    gulierungsregimes sind.

    Die Bundesregierung hat dargelegt – darauf können
    und müssen wir vertrauen –, dass eine Klage aus Brüssel,
    daraus folgende Zahlungen und eine Staatshaftung unmit-
    telbar bevorstehen. Alle Länder in der EU mit Ausnahme
    von Griechenland und der Bundesrepublik Deutschland
    hätten die Richtlinie umgesetzt. Unabhängig davon, wer
    letzten Endes in Europa vor dem EuGH Recht bekäme,
    wäre es ein gefundenes Fressen für die jetzige Opposition
    – sie wird auch die zukünftige Opposition sein –, wenn die
    Bundesregierung auf diesem Gebiet am Pranger stünde,
    sei es durch eine strafbewehrte Klage oder durch Staats-
    haftung, die auf Kosten der Steuerzahler geht. Uns würde
    es nichts nützen, wenn wir in zwei Jahren Recht bekämen.

    Durch eine solche Klage und die dadurch ausgelöste
    Intervention Brüssels würde nochmals eine Verunsiche-
    rung auf den Märkten, die momentan ohnehin mehr als
    nervös sind, entstehen. Das würde den Unternehmen
    mehr schaden als nützen. Deswegen sind wir uns im Kla-
    ren darüber, dass wir möglichst bald nach den Wahlen die
    große Novelle des Telekommunikationsgesetzes in An-
    griff nehmen müssen.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir sehen – den Ausblick haben wir in unserem heute

    vorliegenden Antrag festgehalten – folgende Schwer-
    punkte für die Erneuerung des Telekommunika-
    tionsrahmens:

    Erstens: Überprüfung der Regulierung hinsichtlich der
    Möglichkeit der Reduzierung von Regulierungsmaßnah-
    men, insbesondere eine neue Auslegung des Marktbe-
    herrschungsbegriffs.

    Zweitens: Erarbeitung eines tragfähigen Teilmarktkon-
    zepts. Dazu liegen Eckpunkte der Regulierungsbehörde
    vor, die wir in einem Gesetz klarstellen müssen.

    Drittens: Mehr wirtschaftliche Kompetenz für die Re-
    gulierungsbehörde. Eine Behörde, die Märkte beobach-
    ten, analysieren und regulieren soll, muss auf der Basis ei-
    gener Daten und deren Bewertung arbeiten können und
    darf nicht darauf angewiesen sein, Daten von den betrof-
    fenen Wettbewerbern abfragen zu müssen.

    Viertens: Voraussschauende Regulierungspolitik, um
    die Berechenbarkeit für die Unternehmen zu verbessern.

    Fünftens: Sicherstellung eines flächendeckenden breit-
    bandigen Angebots, das für alle zugänglich und bezahlbar
    ist.


    (Beifall bei der SPD)

    Derzeit besteht noch die Tendenz aus dem Markt selbst
    heraus, aber der Universaldienstbegriff gibt uns die
    Möglichkeit, das auch rechtlich abzusichern, ohne dass
    vielleicht zunächst ein Eingriff nötig ist. Aber gleichzei-
    tig müssen wir den Universaldienstbegriff auch den tech-
    nischen Entwicklungen, den Entwicklungen auf dem
    Markt anpassen, um die Möglichkeit des Nachsteuerns,
    der Sicherstellung von Modernisierung, von Qualität und
    Umfang des Universaldienstes zu erhalten. Stichwort ist

    hier noch einmal das Gebot – das jetzt schon im Tele-
    kommunikationsgesetz enthalten ist – der Förderung von
    Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrich-
    tungen.

    Sechstens: Die von uns angesprochene und von den Ex-
    perten immer wieder betonte Konvergenz der Telekom-
    munikations- und Medienmärkte zwingt dazu und muss
    uns dazu bringen, einen kohärenten Regulierungsrahmen
    für diese zusammenwachsenden Bereiche zu schaffen, das
    heißt also für die Medien, für den Telekommunikations-
    und für den Telekommunikationsdienstebereich.

    Siebtens – das ist jetzt wieder ganz aktuell –: Wir brau-
    chen eine Harmonisierung der europäischen Telekommu-
    nikationsmärkte. Wir sehen gerade jetzt wieder, dass es
    durchaus gefährlich ist, wenn die europäische Ebene über-
    eilt in nationale Märkte eingreift, vor allen Dingen dann,
    wenn dem keine Analyse der tatsächlichen Marktbedin-
    gungen zugrunde liegt. Die Debatte über Call-by-Call im
    Ortsnetz hat erneut gezeigt, dass die technische, ökono-
    mische und regulatorische Telekommunikationsland-
    schaft in den Mitgliedstaaten ganz unterschiedliche
    Bedingungen aufweist, für die keine europäische Regu-
    lierung nach Schema F greifen kann. Nur die Tatsache
    zum Beispiel, dass in den anderen Mitgliedstaaten prak-
    tisch kein Ortsnetzwettbewerb auf der Basis von alterna-
    tiven Infrastrukturen besteht, also wie bei uns mit den Re-
    gionalcarriern, kann den Eifer der Kommission bei dieser
    Betreibervorauswahl im Ortsnetz erklären. Das heißt also,
    Ziel europäischer Telekommunikationspolitik muss zual-
    lererst die Zugrundelegung und Angleichung der tatsäch-
    lichen Wettbewerbsbedingungen im Rahmen eines euro-
    päischen Modernisierungsmodells sein.

    Schließlich und endlich – das Stichwort habe ich ge-
    nannt – Regulierung, Öffnung des Ortsnetzes; dazu ist
    in letzter Zeit viel gesagt und diskutiert worden.

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal da-
    rauf hinweisen, was für Widersprüche es in der Argumen-
    tation der Opposition gibt. Marktprozesse, wie wir sie
    hier zum Teil beobachten, werden beliebig interpretiert
    und politisch instrumentalisiert. In der Zeit des Booms
    waren es die Unternehmen, da waren es die Manager von
    Sommer bis Schmid, da war es die alte Bundesregierung,
    die das alles geleistet haben. Jetzt, im Börsencrash, ist
    Sommer plötzlich Schröders Mann und die Mobilcoms
    und Kwests sind rot-grüne Pleiten. Da passt irgendetwas
    nicht zusammen. Leider reden Union und FDP alles noch
    schlechter als in ihrer Zeit. Sie beschädigen damit das in-
    ternationale Ansehen der deutschen Unternehmen und des
    deutschen Standorts.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sind darüber im Klaren: Die internationalen
    Marktmechanismen dominieren das Geschehen längst.
    Das heißt leider nicht, dass es dabei immer rational zu-
    geht. Aber Politik hat gerade eben nicht Hysterien und
    Unsicherheiten zu schüren, was fast immer funktioniert.



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Barthel,
ich will hier keine Hysterie schüren, aber ich möchte Sie
an die Zeit erinnern.




Klaus Barthel (Starnberg)

25362


(C)



(D)



(A)



(B)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Barthel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie haben Recht. –
    Politik hat vielmehr Stabilität und Verlässlichkeit zu ge-
    währleisten. Deshalb haben wir die besondere Motiva-
    tion, gleich nach den Wahlen die TKG-Novelle anzuge-
    hen.

    Ich will zum Schluss noch sagen: Wir haben in dieser
    Legislaturperiode im Unterausschuss für Telekommuni-
    kation und Post bei allen Meinungsunterschieden in der
    Sache sehr konstruktiv zusammengearbeitet.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Schluss ist!)

    Deswegen ist mir auch für die Zukunft nicht bange.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Schluss ist! Aus!)


    Großen Anteil daran hat auch mein Stellvertreter und
    Sprecher seiner Fraktion Elmar Müller, der, wenn ich es
    richtig sehe, heute seine letzte Rede halten wird.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ausgebarthelt hat es sich!)


    Da es auch ein Leben nach dem Bundestag und außerhalb
    des Bundestages geben soll, möchte ich heute nicht von
    diesem Pult gehen, ohne ihm meinen Dank und meine An-
    erkennung auszusprechen und ihm alles Gute für die Zu-
    kunft zu wünschen.


    (Beifall im ganzen Hause)