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    Absetzung des Tagesordnungspunktes 2 . . . . . 24980 C Gedenken für den verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden der Fraktion der CDU/CSU, Dr. Alfred Dregger Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters . . . . . . 24979 A Tagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte: Gewalt und Gesell- schaft – Ursachen erkennen, Werte ver- mitteln, friedliches Zusammenleben stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24980 C Wolfgang Thierse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 24980 C Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24982 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24985 B Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . 24987 B Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24989 A Dr. Edith Niehuis, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24990 A Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident (Thüringen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24992 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24995 C Dr. Karlheinz Guttmacher FDP . . . . . . . . . . . 24997 A Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24997 D Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 24999 A Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 25000 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 25002 A Kerstin Griese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25003 B Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 25004 D Carsten Schneider SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25006 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25007 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25007 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 25009 A Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Große Anfrage: Forschungsförderung in Deutschland – Unterrichtung: Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2001 und Stellungnahme der Bundesregierung – Beschlussempfehlung und Bericht: – Förderung der Energiespeicherforschung – Gegen ein Forschungsverbot in der Gashydratforschung – Faktenbericht Forschung 2002 zum Bundesbericht Forschung 2000 – Beschlussempfehlung und Bericht: Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung – durch Gender Mainstreaming Frauen in Wissenschaft und Forschung stärken – Beschlussempfehlung und Bericht: Res- sortforschung überprüfen – Effizienz der Forschung steigern Plenarprotokoll 14/247 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 247. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 I n h a l t : – Beschlussempfehlung und Bericht: – Die Brennstoffzelle – Technik des 3. Jahrtausends – Technikfolgenabschätzung: hier: TA- Projekt „Brennstoffzellen-Technolo- gie“ – Antrag: Eine neue Offensive für eine mo- derne Forschungspolitik – Antrag: Wissenschaft und Forschung als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung und des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland nutzen (246. Sitzung, Tagesordnungspunkt 27, Zu- satztagesordnungspunkt 15 und 16) . . . . . . . . 25009 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25009 C Anlage 3 Rechtsgültigkeit der polnischen Rechtsakte zu Enteignung und Vertreibung von Personen deutscher Nationalität aus den damals deut- schen Ostgebieten MdlAnfr 1 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 25011 C Anlage 4 Auswirkungen des Gesetzes zur Eindämmung der illegalen Betätigung im Baugewerbe, ins- besondere der so genannten Bauabzugsteuer, für mittelständische Unternehmen; geplante Änderungen durch das BMF MdlAnfr 2, 3 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSek’in Dr. Barbara Hendricks BMF 25012 A Anlage 5 Fortsetzung der Milchmengengarantierege- lung, Maßnahmen gegen den sinkenden Milch- preis MdlAnfr 4, 5 Dr. Gerd Müller CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Gerald Thalheim BMVEL 25012 C Anlage 6 Veränderung der Struktur von Arbeitsämtern, Schließung des Arbeitsamtes Coburg MdlAnfr 6 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 25013 A Anlage 7 Freizeitmöglichkeiten für im Ausland in Feld- lagern stationierte deutsche Soldaten MdlAnfr 7 Günther Friedrich Nolting FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 25013 B Anlage 8 Änderungen bei der Gewährung von Haus- haltshilfe durch die gesetzliche Krankenkasse MdlAnfr 8, 9 Maria Eichhorn CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25013 D Anlage 9 Aufnahme der Ortsumfahrung der B 179 in Kö- nigs Wusterhausen in Brandenburg sowie der Autobahnanbindung A13/B 246 in Bestensee in Brandenburg in den Bundesverkehrswegeplan MdlAnfr 10, 11 Maritta Böttcher PDS Antw PStSekr’in Angelika Mertens BMVBW 25013 D Anlage 10 Zustimmung zur Auflösung des Entwicklungs- ministerrates der EU; Eingliederung des BMZ in das AA MdlAnfr 12, 13 PeterWeiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 25014 B Anlage 11 Neukonzeption der Vertriebenenkulturarbeit zwecks Übereinstimmung mit § 96 Bundesver- triebenengesetz MdlAnfr 14 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 25014 C Anlage 12 Anwendung des Programmpakets Public Admi- nistration Software System (PASS) eines Anbie- ters aus Nordrhein-Westfalen in Geschäftsberei- chen der Bundesregierung; Kostenaufwand MdlAnfr 15 Steffen Kampeter CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 25014 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002II Anlage 13 Anzahl der im Rahmen der Fußballweltmeister- schaft nach Japan und Südkorea gereisten Mitglie- der der Bundesregierung, Mitarbeiter des Bundes und Dritte auf Einladung des Bundes, Kosten MdlAnfr 13 Syliva Bonitz CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 25015 A Anlage 14 Hinweise auf mögliche Terroranschläge in Deutschland oder auf deutsche Staatsbürger oder Einrichtungen im Ausland; Gefahrenpo- tenzial von Schiffscontainern MdlAnfr 17 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 25015 C Anlage 15 Finanzierung des neuen „Mitelstandspro- gramms“ der Bundesregierung MdlAnfr 18 Dietrich Austermann CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Ditmar Staffelt BMWi . . . 25015 D Anlage 16 Vereinbarkeit von „Markenausschreibungen“ mit den rechtlichen Bestimmungen für Verga- ben; Ausschluss des Mittelstandes vom Wettbe- werb MdlAnfr 19, 20 Max Straubinger CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Ditmar Staffelt BMWi . . . 25016 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 III Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 Carsten Schneider 25007 (C) (D) (A) (B) Berichtigung 245. Sitzung, Seite 24785 (B), Zweiter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Zur Ehrenrettung der geprüften Verwal- tungen sei allerdings gesagt: Jährlich verlassen den Hof und seine Prüfungsämter Hunderte von Prüfungsmitteilungen.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 25009 (C) (D) (A) (B) Bierwirth, Petra SPD 03.07.2002 Friedrich (Altenburg), SPD 03.07.2002 Peter Dr. Grygier, Bärbel PDS 03.07.2002 Hauer, Nina SPD 03.07.2002 Hilsberg, Stephan SPD 03.07.2002 Irmer, Ulrich FDP 03.07.2002 Dr. Lamers (Heidelberg), CDU/CSU 03.07.2002 Karl A. Leidinger, Robert SPD 03.07.2002 Mante, Winfried SPD 03.07.2002 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 03.07.2002 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 03.07.2002 Seehofer, Horst CDU/CSU 03.07.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 03.07.2002 Türk, Jürgen FDP 03.07.2002 Welt, Jochen SPD 03.07.2002 Dr. Westerwelle, Guido FDP 03.07.2002 Wieczorek (Duisburg), SPD 03.07.2002 Helmut Wiesehügel, Klaus SPD 03.07.2002 Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Große Anfrage: Forschungsförderung in Deutsch- land – Unterrichtung: Bericht zur technologischen Leis- tungsfähigkeit Deutschlands 2001 und Stellung- nahme der Bundesregierung – Beschlussempfehlung und Bericht: – Förderung der Energiespeicherforschung – Gegen ein Forschungsverbot in der Gashydrat- forschung – Faktenbericht Forschung 2002 zum Bundesbe- richt Forschung 2000 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht – Beschlussempfehlung und Bericht: Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung – durch Gender Mainstreaming Frauen in Wissen- schaft und Forschung stärken – Beschlussempfehlung und Bericht: Ressortfor- schung überprüfen – Effizienz der Forschung stei- gern – Beschlussempfehlung und Bericht: – Die Brennstoffzelle – Technik des 3. Jahrtau- sends – Technikfolgenabschätzung: hier: TA-Projekt „Brennstoffzellen-Technologie“ – Antrag: Eine neue Offensive für eine moderne For- schungspolitik – Antrag: Wissenschaft und Forschung als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung und des wirtschaft- lichen Aufschwungs in Deutschland nutzen (246. Sitzung, Tagesordnungspunkt 27, Zusatztages- ordnungspunkt 15 und 16) Jörg Tauss (SPD): Für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland und für eine exportorientierte Wirtschaft hat die Innovationsfähigkeit von Wissenschaft und Wirtschaft eine kaum zu überschätzende zentrale Bedeutung. Eine hohe gesellschaftliche Innovationsfähigkeit setzt aller- dings nicht nur eine hohe Qualität der Aus- und Weiter- bildungseinrichtungen voraus, über die derzeit kontrovers diskutiert wird. Auch die technologische Leistungsfähig- keit eines Landes und die Qualität seiner Forschung sind wichtige Elemente der notwendigen Rahmenbedingun- gen für Innovationen und neue Arbeitsplätze, die nach- haltiges Wachstum fördern sowie den Strukturwandel be- schleunigen und zugleich bewältigbar halten. Erst eine moderne Forschungs- und Technologiepolitik stellt die Wissenschaft und die neuen Technologien in den Dienst der Menschen und schafft die Grundlagen für gesell- schaftliche Entwicklung, wirtschaftliches Wachstum und kulturelle Vielfalt. Diesem Ziel einer modernen Forschungs- und Techno- logiepolitik, die Wissenschaft und Technik nicht als Selbstzweck versteht, sondern als Chance und Mittel für eine positive gesamtgesellschaftliche Entwicklung, hat sich die rot-grüne Bundesregierung und haben sich die Koalitionsfraktionen seit 1998 verschrieben. Es verwun- dert daher nicht, dass heute am Ende der Legislaturperi- ode die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung mehr als beeindruckend ist: Auch wenn Sie von der Opposition es nicht hören wol- len, wiederhole ich gern, dass diese Bundesregierung den Negativtrend der schwarz-gelben Koalition umgekehrt hat. Rot-Grün hat den Haushalt für Bildung und For- schung seit 1998 um über 21 Prozent erhöht, und das trotz der notwendigen und richtigen Politik einer Haushalts- konsolidierung. Zwischen 1993 und 1998 waren unter der CDU/CSU-FDP-Koalition die Ausgaben des BMBF noch um circa 360 Millionen Euro abgesenkt worden. Zudem ist diese Bundesregierung vom Gießkannen- prinzip weggegangen und hat zunehmend zielorientiert in zukunftsträchtige Schlüsselbereiche investiert und damit die zukünftige Leistungsfähigkeit Deutschlands gestärkt. So hat das BMBF seit 1998 die Projektförderung um über 43 Prozent erhöht. Diese Mittel fließen in innovative For- schungsfelder wie IT-Technologie, Biotechnologie und Medizin sowie in die Forschung für eine umweltgerechte nachhaltige Entwicklung. Diese Bundesregierung hat die notwendigen struktu- rellen Reformen der deutschen Forschungslandschaft an- gepackt, und dies sowohl institutionell – verwiesen sei auf die Fusion von Fraunhofer-Gesellschaft und GMD oder auf die Neuordnung der Helmholtz-Gemeinschaft – als auch instrumentell durch die Stärkung der Projektförde- rung gegenüber der institutionellen Förderung. Auch dies ist kein Selbstzweck. Vielmehr bedeutet Projektförderung mehr Flexibilität, mehr Wettbewerb und mehr Qualität. Zu den wichtigen strukturellen Reformen gehören auch die Einführung der Juniorprofessur und die Reform der Professorenbesoldung. Durch diese hat die Bundesre- gierung die Voraussetzungen geschaffen, damit die deut- schen Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch attraktive Arbeitsbedingungen sowie flexiblere und leis- tungsorientierte Vergütungen die für ihre Forschung benötigten Spitzenkräfte – auch aus dem Ausland oder aus der Wirtschaft – gewinnen können. Diese Bundesregierung hat die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Ressourcen in den neuen Ländern mit jährlich über 1,5 Milliarden Euro gestärkt und damit wichtige Impulse zum Ausbau regionaler Innovationspo- tenziale und zukunftsfähiger Arbeitsplätze gegeben. Diese Bundesregierung hat die Frauenförderung zu ei- ner vordringlichen Aufgabe gemacht, weil ein moderner Forschungsstandort darauf angewiesen ist, Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe an Forschung und Lehre zu er- möglichen und das gesamte wissenschaftliche Potenzial der Gesellschaft zu nutzen. Der Antrag der Koalitions- fraktionen „Mehr Frauen an die Spitze von Wissenschaft und Forschung“, den wir heute mitberaten, zeigt einmal mehr, dass diese Koalition es nicht bei Lippenbekenntnis- sen belässt. Die Regierungskoalition hat von Anbeginn die zentrale Bedeutung einer modernen Bildungs- und Forschungspo- litik für eine innovationsfähige und auch innovationsfreu- dige Wissenschaft und Wirtschaft ernst genommen. So belegt auch der Bericht zur technologischen Leistungsfä- higkeit Deutschlands 2001 deutlich, dass sich auch die in- ternationale Wettbewerbssituation für das deutsche Inno- vationssystem seit 1998 deutlich verbessert hat. Zu den wichtigsten Einzelergebnissen zählen meines Erachtens fünf Punkte: Deutschland ist insbesondere im Automobilbau, im Maschinenbau und bei den wissensintensiven Dienstleis- tungen international Spitzenklasse. Fast schon traditionell sind wir der Lead Market sowohl für die Auto- als auch für die Maschinenbauindustrie. Der Maschinenbau ist oh- nehin mit fast einer Million Beschäftigten und 150 Milli- arden Euro Umsatz eine der Kernbranchen Deutschlands. Der deutsche Maschinenbau ist gemessen, an den Patent- anmeldungen der weltweit innovativste und nur folge- richtig mit fast 20 Prozent auch Weltmarktführer. Hier wie im Automobilbau zahlt sich insbesondere die intensive partnerschaftliche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft aus. Der Verbundgedanke verbindet auf offenbar sehr erfolgreiche Weise innovative und techno- logische Leistungsfähigkeit mit der notwendigen Markt- orientierung und zahlt sich eben auch in Markterfolg und in hervorragenden Exportchancen aus. Gemessen am An- teil an der Wertschöpfung können wir sowohl bei den wis- sensintensiven Dienstleistungen mit 29 Prozent, als auch bei den forschungsintensiven Industrien mit 13 Prozent den Vergleich mit den USA bestehen. Die Wirtschaft hat ihre Aufwendungen für Forschung und Entwicklung dem Bericht zufolge 2001 nochmals um 4,5 Prozent erhöhen können. Die Innovationsaufwendun- gen der Industrieunternehmen erreichten 2001 mit circa 60 Milliarden Euro einen historischen Höchststand. Noch wichtiger ist in diesem Zusammenhang sogar, dass auch die gesamtwirtschaftliche FuE-Intensität auf 2,5 Prozent ange- stiegen ist. Laut Bericht sind seit 1998 die FuE-Aufwen- dungen der Unternehmen sogar um 23 Prozent gewachsen. Hierbei ist aber zu beachten, dass dieser Anstieg vor allem auf Kapazitätsausweitungen von Großunternehmen des Automobilbaus, der Elektro- und Pharmaindustrie und der Nachrichtentechnik zurückgeht und weniger auf KMUs. Dies ist auch auf den nach wie vor herrschenden Fachkräf- temangel zurückzuführen, der besonders die KMUs trifft. Der Bericht belegt, dass die deutsche Wirtschaft im Strukturwandel zur Wissenswirtschaft zunehmend an Dy- namik gewinnt und weiter vorankommt. Fast eine halbe Million neuer und zukunftssicherer Arbeitsplätze sind ist 1997 in den forschungsintensiven Industrien oder im wis- sensintensiven Dienstleistungsbereich entstanden. Hierzu haben nicht nur so genannte technologieorientierte Grün- dungen und Verwertungsgründungen – so genannte Spin- offs – beigetragen. Über 67 000 Gründungen in for- schungs- und wissensintensiven Branchen in 2000, davon allein 6 400 im Multimedia-Bereich, sprechen hier eine eindeutige Sprache, auch wenn erwartet werden muss, das diese Dynamik sich in 2001 abgeschwächt hat. Für den schnellen und marktorientierten Wissenstransfer von der Forschung in die Anwendung und die Produktion und da- mit für die Bewältigung des Strukturwandels ist diese Gründungsdynamik und sind gerade die Spin-offs von kaum zu überschätzender Bedeutung. Hier zahlt es sich zudem aus, dass diese Bundesregierung, wie gesagt, das Gießkannenprinzip aufgegeben hat und zunehmend dem Prinzip Projektförderung in identifizierten Schlüsseltech- nologien folgt. Damit sind wir in der Lage, uns gerade in den Technologiebereichen von morgen und übermorgen bereits heute eine hervorragende Ausgangslage zu er- arbeiten. Dies gilt derzeit insbesondere für den zukunfts- trächtigen Bereich der optischen Technologien, der sich anschickt, als neue Grundlagentechnologie eine große po- sitive wirtschaftliche Dynamik in zahlreichen Wirt- schaftsbranchen auszulösen. Auch hier sind wir also in ei- ner hervorragenden Ausgangslage. Deutlich dokumentiert der Bericht ebenfalls die beson- deren Probleme der ostdeutschen FuE-Landschaft. Nicht nur, dass noch immer lediglich 8 Prozent des FuE-Perso- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 200225010 (C) (D) (A) (B) nals oder auch nur 4,5 Prozent der FuE-Aufwendungen Deutschlands auf die neuen Länder entfallen, darüber hi- naus konnte auch die Kluft zur westlichen industriellen Forschung auch aufgrund der kleinbetrieblichen Unter- nehmensstruktur nicht verringert werden. Aber auch posi- tive Indizien sind ableitbar, etwa die Steigerungen der Auslandsumsätze forschungsintensiver Sektoren in den neuen Ländern um jährlich 19 Prozent seit 1993 oder auch die teilweise hohe und mit dem Westen vergleichbare For- schungsintensität in einigen Branchen – wenn auch diese noch ein zu geringes gesamtwirtschaftliches Gewicht ha- ben. Keiner kann und niemand will bestreiten, dass es hier noch einiges zu tun gibt. Schließlich belegt der Bericht auch den zunehmenden Trend der Internationalisierung von Entwicklung und Forschung. Dabei gehen überproportional die anwen- dungsorientierten Entwicklungsbereiche der Unterneh- men ins Ausland, wobei die forschungsintensiven Berei- che mit hoher Patentintensität überwiegend weiterhin in Deutschland bleiben. Dies belegt aber einmal mehr, dass wir im internationalen Wettbewerb zunehmend Anstren- gungen unternehmen müssen, um ausreichend und hinrei- chend qualifizierte Fachkräfte auszubilden und um auch aufgrund des akuten Fachkräftemangels die besten Köpfe an unsere Institute und in unsere Unternehmen zu holen. Die Attraktivität des Studien- und auch Forschungsstand- ortes Deutschland gilt es nachhaltig zu erhöhen und inter- national auszurichten. Noch wichtiger aber als diese aktuellen Zahlen und zu- gleich noch schmerzlicher sind meines Erachtens die Empfehlungen und Maßnahmenvorschläge der sechs For- schungsinstitute, die diesen Bericht verfasst haben: Diese Bundesregierung hat bereits mit der Umsetzung beinahe jeder Empfehlung oder jeder Forderung der Experten- gruppe begonnen, auf jede Frage haben wir bereits eine Antwort geben können. Wir haben Bildung und For- schung wieder dahingebracht, wo es hingehört, nämlich in den Mittelpunkt einer modernen Innovationspolitik. Diese Bundesregierung hat den Haushalt für Bildung und Forschung seit 1998 um 21 Prozent erhöht. Sie hat die Fördermittel für Bildung und Forschung in den neuen Län- dern auf 2 Milliarden Euro 2002 erhöht und für diese För- derprogramme wie „Inno-Regio“ und auch „NEMO“ ini- tiiert. Sie hat im Technologiebereich mit dem BTU- und dem Exist-Programm eine Gründungsdynamik ohne Bei- spiel begleitet. Sie hat auch die KMUs in ihrer Förderpo- litik durch die Erhöhung der Forschungsförderung um 50 Prozent seit 1998 und durch spezielle Förderpro- gramme wie zum Beispiel „Mikrosystemtechnik 2000+“ in den Mittelpunkt gestellt. Diese Bundesregierung hat be- reits wie gefordert besondere Programme für die Schlüs- seltechnologien für die Märkte von morgen aufgelegt, wie etwa jüngst „Optische Technologien – Made in Germany“ mit insgesamt 280 Millionen Euro für fünf Jahre. Sie hat sich in einer breiten IT-Offensive des akuten Fachkräftemangels angenommen und mit der Greencard- Initiative bisher 11 500 Arbeitverhältnisse sowie mit den neuen IT- und Medienberufen allein bis Ende 2001 über 70 000 Ausbildungsverträge ermöglicht. Last but not least hat diese Bundesregierung mit dem Zuwanderungsgesetz die Rahmenbedingungen für ausländische Studierende nachhaltig verbessert und strukturelle Reformen im Hochschulbereich und in der deutschen Forschungsland- schaft mit Nachdruck angepackt. Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, während Sie bei offenen Fragen und beim unverbindli- chen „Man könnte mal“ stehen bleiben, hat diese Koali- tion bereits Antworten gegeben und Lösungen erarbeitet. Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen: Der vorgelegte Bericht zur technologischen Leistungsfähig- keit 2001 und auch der Faktenbericht Forschung be- schreiben Stärken und erfreuliche Entwicklungen des deutschen lnnovationssystems insgesamt. Sie belegen, dass sich die Position Deutschlands im internationalen Forschungs- und Technologiewettbewerb weiter verbes- sert hat. Dies trägt nicht nur zur Sicherung der wirtschaft- lichen und wissenschaftlichen Zukunft in Deutschland bei, sondern schafft zukunftssichere Arbeitsplätze und be- stätigt nachdrücklich die moderne Forschungs- und Tech- nologiepolitik der rot-grünen Bundesregierung. Unter dieser Bundesregierung haben Bildung und Forschung wieder die höchste Priorität erhalten. Bereits dies ist Grund genug, diesen erfolgreichen Weg weitere vier Jahre fortzusetzen. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. Christoph Zöpel auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Druck- sache 14/9635, Frage 1): Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, dass laut „Frank- furter Allgemeine Zeitung“ vom 26. Juni 2002 die polnischen Rechtsakte, welche die Enteignung und Vertreibung von Personen deutscher Nationalität aus den damals deutschen Ostgebieten be- stimmt haben, schon im Jahr 1989 durch eine Entscheidung des polnischen Sejm aufgehoben worden sind, und wird sich die Bun- desregierung gegenüber der polnischen Regierung um Aufklärung dahingehend bemühen, welche Rechtsqualität und -gültigkeit die oben genannten Rechtsakte haben?1) Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden in Polen in den vergangenen Jahrzehnten folgende, mit der Ver- treibung von Deutschen (neben deutschen Staatsan- gehörigen aus den ehemaligen Ostgebieten auch Deut- sche aus der ehemaligen Freien Stadt Danzig und Angehörige der deutschen Minderheit in Polen) in Zu- sammenhang stehende Rechtsakte aufgehoben: Das Dekret vom 6. Mai 1945 über „das verlassene und aufgegebene Vermögen“ wurde zunächst ersetzt durch das Dekret vom 8. März 1946 über „das verlassene und ehe- mals deutsche Vermögen“, das wiederum durch Art. 100 des „Gesetzes vom 29. April 1985 über die Bodenbewirt- schaftung“ (Polnisches Gesetzblatt Nr. 22/1985) mit Wir- kung für die Zukunft außer Kraft gesetzt wurde. Das Dekret vom 4. November 1944 über das Ergreifen von „Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Volks- verrätern“ wurde ebenso wie das Gesetz vom 6. Mai 1945 über den „Ausschluss feindlicher Elemente aus der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 25011 (C) (D) (A) (B) 1) siehe hierzu auch Frage 14 Gesellschaft“ durch das Dekret über die Abschaffung der Sonderstrafgerichte vom 17. Oktober 1946 (Polnisches Gesetzblatt 59/1946) aufgehoben. Das Gesetz vom 28. April 1946 über die „Staatsan- gehörigkeit des polnischen Staates (sic) von Personen pol- nischer Nationalität, die in den wiedererlangten Gebieten wohnhaft sind“ sowie das Dekret vom 13. September 1946 über den „Ausschluss von Personen deutscher Volkszugehörigkeit aus der Gesellschaft“ wurden aufge- hoben durch das Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. Mai 1951 (Polnisches Gesetzblatt 4/1951). Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) (Drucksache 14/9636, Fragen 2 und 3): Hat die durch das „Gesetz zur Eindämmung der illegalen Betätigung im Baugewerbe“ vom 30. August 2001 eingeführte Regelung des Steuervorabzuges bei Bauleistungen – so genannte Bauabzugsteuer – nach Kenntnis der Bundesregierung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen zu Liquiditätsnachteilen und erheblich gesteigertem Verwaltungsaufwand geführt, und wie be- urteilt die Bundesregierung die Auswirkungen dieser Regelung? Welche Vereinfachungen für das Abzugs- und Anrechnungs- verfahren der Bauabzugsteuer beziehungsweise für die Erteilung der Freistellungsbescheinigungen wird das bereits für die erste Junihälfte 2002 vorgesehene zweite BMF-Schreiben – BMF: Bun- desministerium der Finanzen – zur Bauabzugsteuer beinhalten? Zu Frage 2: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass durch den Steuerabzug bei Bauleistungen Liquiditätsnachteile und ein erheblich gesteigerter Verwaltungsaufwand bei kleinen und mittelständischen Unternehmen eingetreten seien. In den allermeisten Fällen kommt es gar nicht zu einem Steu- erabzug. Die Finanzämter erteilen die Freistellungsbe- scheinigungen kurzfristig und unbürokratisch. Es sind in- zwischen über 620000 Freistellungsbescheinigungen an die betroffenen Unternehmer ausgegeben worden. Damit ist eine flächendeckende Versorgung erreicht. Für die Un- ternehmer ergeben sich insoweit keine Liquiditätsnach- teile durch den Steuerabzug und auch kein erhöhter Ver- waltungsaufwand. Ferner wird ein wissenschaftliches Gutachten zur Eva- luierung des Gesetzes in Auftrag gegeben. Es bleibt abzu- warten, ob sich hieraus Erkenntnisse für Verbesserungen ergeben. Zu Frage 3: Zurzeit wird das BMF-Schreiben aus November 2001 zu Anwendungsfragen zum Steuerabzug in Zusammen- wirken mit den Ländern überarbeitet. Dabei werden aktu- elle Anwendungsfragen aufgegriffen, die sich zwi- schenzeitlich aus der Praxis ergeben haben. Gegenstand der Erörterungen sind unter anderem die Anpassung des BMF-Schreibens an zwischenzeitliche gesetzliche Ände- rungen, die Präzisierung von Aussagen und die Stellung- nahme zu einzelnen Sonderfragen, wie zum Beispiel zum Steuerabzug beim Erwerb von Bauträgern oder bei Insol- venz des Bauunternehmens. Durch die Überarbeitung des BMF-Schreibens wird die Praktikabilität des Steuerab- zugs insgesamt verbessert. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Fragen 4 und 5): Ist die Bundesregierung bereit, sich in Brüssel für eine Fort- setzung der Milchmengengarantieregelung einzusetzen? Welche Maßnahmen zur Marktstabilisierung ergreift die Bun- desregierung in Brüssel, um dem sinkenden Milchpreis entgegen- zuwirken? Zu Frage 4: Die Garantiemengenregelung Milch ist im Rahmen der Agenda 2000 bis zum 31. März 2008 verlängert worden. Die EU-Agrarminister haben sich verpflichtet, auf der Grundlage eines Berichtes der Kommission eine Zwi- schenbewertung mit dem Ziel vorzunehmen, das derzei- tige Quotenregime auslaufen zu lassen. Die EU-Kommission hat angekündigt, sich im Rah- men der anstehenden Zwischenbewertung nicht nur auf die Prüfung eines möglichen Quotenausstieges zu be- schränken. Vielmehr sollen darüber hinaus weitere – zu- sätzliche – Optionen für eine künftige Gestaltung der EU-Milchmarktordnung dargelegt und bewertet werden. Da sowohl im Hinblick auf die zeitliche Perspektive einer künftigen Neugestaltung der EU-Milchmarkt- ordnung wie auch im Hinblick auf die konkrete Aus- gestaltung einzelner Optionen und deren Auswirkungen Klärungsbedarf besteht, will die Bundesregierung zu- nächst den Bericht und die Erläuterungen der EU-Kom- mission hierzu abwarten. Erst wenn die Einzelheiten für die Gestaltung der einzelnen Optionen bekannt sind, wird die Bundesregierung hierzu Stellung nehmen. Zu Frage 5: Zur Marktstabilisierung sieht die gemeinsame Markt- organisation für Milch und Milcherzeugnisse unter ande- rem die Intervention von Butter und Magermilchpulver vor. Dementsprechend wurden seit September letzten Jahres 118 000 Tonnen Butter in der EU angekauft, davon in Deutschland 13 000 Tonnen seit Absinken des Markt- preises für Butter unter 92 Prozent des Interventionsprei- ses. Bei Magermilchpulver sind seit Eröffnung der saiso- nalen Intervention am 1. April 2002 insgesamt mehr als 109 000 Tonnen in der EU angekauft worden. Die Bundesregierung hat sich in Brüssel dafür einge- setzt, dass die EU-Kommission nicht von der damit gege- benen Möglichkeit Gebrauch macht, die Intervention aus- zusetzen, sondern diese im Ausschreibungsverfahren fortsetzt. Ferner hat die EU-Kommission, und zwar auch auf Drängen der deutschen Delegation, mehrfach die Exporterstattungen für Butter, Vollmilchpulver, Mager- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 200225012 (C) (D) (A) (B) milchpulver und Käse angehoben. Gleichwohl ist der Ex- port noch nicht wesentlich gesteigert worden, da auf dem Weltmarkt derzeit eine sehr geringe Nachfrage besteht. Ferner ist die Beihilfe für Magermilch zur Herstellung von Kasein und Kaseinat zweimal angehoben worden. Der Beimischungssatz von Magermilchpulver zur Tier- fütterung ist mit deutscher Unterstützung wieder auf 50 Prozent hochgesetzt worden. Diese Maßnahmen haben sich in einer leichten Verbes- serung der Marktlage für Butter und Magermilchpulver bereits ausgewirkt. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Drucksache 14/ 9635, Frage 6): Gedenkt die Bundesregierung, insbesondere vor dem Hinter- grund des erwarteten Berichts der Hartz-Kommission, die Struk- turierung von Arbeitsämtern zu verändern, und wie steht die Bun- desregierung zur Herabstufung oder gar Schließung des Arbeitsamtes Coburg? Die so genannte Hartz-Kommission wird ihren Bericht am 16. August 2002 vorlegen. Erst danach wird die Bun- desregierung die im Bericht enthaltenen Vorschläge be- werten. Dies gilt auch für eventuelle Vorschläge zur Neu- strukturierung der Bundesanstalt für Arbeit. Nach dem geltenden Recht ist es allerdings nicht Sache der Bundesregierung, über die Abgrenzung von Arbeits- amtsbezirken zu befinden. Vielmehr legt § 378 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch fest, dass die Zustän- digkeit für die Abgrenzung der Bezirke der Arbeitsämter bei dem Verwaltungsausschüssen der Landesarbeitsämter liegt, die hierzu nur im Benehmen mit dem jeweiligen obersten Landesbehörden (Landesarbeitsministerien) Entscheidungen treffen zu können. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting (FDP) (Drucksache 14/9635, Frage 7): Welche Freizeitmöglichkeiten stehen den im Ausland statio- nierten deutschen Soldaten in den Feldlagern zur Verfügung, und wo sieht die Bundesregierung Verbesserungsmöglichkeiten hin- sichtlich der freizeitlichen Infrastruktur für die Soldaten? In den mittlerweile langjährigen Einsätzen SFOR und KFOR haben die Qualität der Betreuung und die Mög- lichkeiten zur Freizeitgestaltung in den Feldlagern auf dem Balkan ein hohes Niveau erreicht. Die Palette der Freizeitmöglichkeiten reicht dabei grundsätzlich von der Einrichtung und dem Betrieb von Betreuungs- und Ge- meinschaftsräumen, über Truppenkino, Mediatheken, In- ternetarbeitsplätze, Versorgung mit regionalen bzw. überre- gionalen Zeitungen, Wochenmagazinen und Zeitschriften sowie Feldzeitungen, Betrieb von Soldatensendern bis hin zu vielfachen Spiel- und Sportmöglichkeiten. Im Feldlager der Taskforce FOX ist qualitativ ein glei- cher Standard gegeben. Im Rahmen der Operation „En- during freedom“ kann sich das etwa 50 Soldaten starke ABC Abwehr-Kontingent auf die Betreuungs- und Sporteinrichtungen der im gleichen Camp stationierten amerikanischen Streitkräfte abstützen. Dieses Angebot wird durch nationale Betreuungs- und Freizeitmöglich- keiten sinnvoll ergänzt. Die Möglichkeiten der Freizeit- gestaltung beim Marinekontingent entsprechen dem ge- wohnten Standard seegehender Einheiten. Für die im Rahmen der Operation ISAF in Afghanistan stationierten Soldaten ist beabsichtigt, gleiche, allerdings der dortigen Gefährdungslage angepasste Bedingungen für die Betreuung und Freizeitgestaltung zu schaffen wie auf dem Balkan. Dieses Ziel kann in allen wesentlichen Bereichen mit Abschluss der Verlegung des zweiten Kon- tingentes zu Ende August 2002 erreicht werden. Der Zulauf von weiterem Betreuungsgerät verbessert die Si- tuation kontinuierlich. Nach Abschluss der noch ausste- henden Maßnahmen für die in Afghanistan stationierten Soldaten sind damit die Freizeitmöglichkeiten in den Feldlagern insgesamt als angemessen, dabei qualitativ hochwertig und quantitativ ausgewogen zu bewerten. Der Standard der Betreuungs- und Freizeitmöglichkeiten auf dem Balkan hat ein überaus hohes Niveau erreicht. Die- ses Niveau soll auch für die Soldaten, die im Rahmen der Operationen „Enduring freedom“ und ISAF eingesetzt sind, erreicht werden. Die entsprechenden Maßnahmen sind bereits eingeleitet. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch auf die die Fragen der Abgeordneten Maria Eichhorn (CDU/ CSU) (Drucksache 14/9635, Fragen 8 und 9): Treffen Pressemeldungen (Katholischer Deutscher Frauen- bund intern 5/02) zu, wonach die Bundesministerin für Gesund- heit, Ulla Schmidt, plant, die Bereitstellung einer Haushaltshilfe aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen? Welche Änderungen plant die Bundesregierung konkret bei der Gewährung von Haushaltshilfe durch die gesetzlichen Kran- kenkassen? Es ist zutreffend, dass Überlegungen angestellt wer- den, wie versicherungsfremde Leistungen der gesetz- lichen Krankenversicherung anders und nicht durch Mittel der Solidargemeinschaft finanziert werden kön- nen. An eine Einengung des bisherigen Umfangs dieser Leistungen ist jedoch nicht gedacht, sodass entsprechende Befürchtungen gegenstandslos sind. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens auf die Fra- gen der Abgeordneten Maritta Böttcher (PDS) (Druck- sache 14/9635, Fragen 10 und 11): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 25013 (C) (D) (A) (B) Ist die Ortsumfahrung der Bundesstraße B 179 in Königs Wus- terhausen in Brandenburg verbindlich in den Bundesverkehrswege- plan eingeordnet, und wann ist mit ihrer Realisierung zu rechnen? Ist die Autobahnanbindung A 13–B 246 in Bestensee in Bran- denburg in den Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans auf- genommen worden, und wenn ja, mit welchem Realisierungszeit- punkt? Zu Frage 10: Ja, die Ortsumgehung ist im derzeitig gültigen Be- darfsplan für die Bundesfernstraßen in der Stufe „Vordringlicher Bedarf“ eingeordnet. Das Projekt ist Ge- genstand der laufenden Überarbeitung des Bundesver- kehrswegeplans, in deren Rahmen die Bundesregierung den Ländern die vorläufigen Bewertungsergebnisse mit der Bitte übersandt hat, die Rohdaten auf Plausibilität und Belastbarkeit zu prüfen, sowie eine Priorisierung der Pro- jekte aus ihrer Sicht vorzunehmen. Auf dieser Basis wer- den die weiteren Abstimmungen erfolgen können, sodass bis Ende 2002 der Entwurf des Bundesverkehrswege- plans erstellt werden kann, der nach Abstimmung mit den Ländern und den übrigen zu Beteiligenden vom Bundes- kabinett beschlossen wird. Der Teil Bundesfernstraßen ist zugleich Entwurf des künftigen Bedarfsplans, der wie- derum Anlage der nachfolgenden Novelle zum Fern- straßenausbaugesetz wird. Zu Frage 11: Nein, der Neubau einer Anschlussstelle Bestensee (Bundesautobahn A 13/Bundesstraße B 246) stellt eine Ausbaumaßnahme dar und hat keine Relevanz für die Bundesverkehrswegeplanung. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Hans Martin Bury auf die Fragen des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Fragen 12 und 13): Warum hat die Bundesregierung beim EU-Gipfel am 21./ 22. Juni 2002 in Sevilla der Auflösung des Entwicklungsminister- rates der EU zugestimmt? Beabsichtigt die Bundesregierung die von ihr mitbeschlossene Neuregelung für die EU-Ministerräte dahin gehend auf die natio- nale Ebene zu übertragen, dass das Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in das Auswärtige Amt eingegliedert wird? Zu Frage 12: Es war Ziel der Bundesregierung, den Entwicklungs- ministerrat unabhängig vom Rat für Allgemeine Angele- genheiten und Außenbeziehungen zu erhalten, weil die Entwicklungszusammenarbeit für die Bundesregierung eine hohe politische Bedeutung besitzt. Mit der in Sevilla erzielten Reform des Europäischen Rates und des Rates ist aus Sicht der Bundesregierung gleichwohl ein ver- nünftiger Kompromiss erzielt worden, der die Effizienz und Kohärenz der Politik der Europäischen Union erhöht und der einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der politi- schen Führbarkeit der erweiterten Europäischen Union darstellt. Zu Frage 13: Nein. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Hans Martin Bury auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Frage 14): Wie bewertet die Bundesregierung die Rechtsansicht, wonach der tatsächliche Gesetzesvollzug des § 96 Bundesvertriebenenge- setz (BVFG) nicht seinem Wesensgehalt, auch mit Blick auf die durch den Bundeshaushalt zur Verfügung gestellten Fördermittel, entspricht (vergleiche das mir vorliegende Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Michael Silagi, Göttingen, vom 10. Mai 2002), und ist die Bundesregierung nunmehr bereit, ihre Neukonzeption der Vertriebenenkulturarbeit aus dem Jahr 2000 (Bundestagsdrucksa- che 14/4586), auch haushaltswirksam, so zu ändern, dass sie den gesetzlichen Vorgaben des § 96 BVFG entspricht?1) § 96 BVFG normiert eine gesetzliche Verpflichtung an Bund und alle 16 Bundesländer, entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertrie- benen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten. Da das Gesetz eine dreifache Wirkung gegenüber den Vertriebenen und Flüchtlingen, dem gesamten deutschen Volk und dem Ausland entfalten soll, ist erkennbar, dass ein allgemeiner Gesetzesauftrag vorliegt, der sich nicht an eine bestimmte Gruppe richtet. Zudem spricht § 96 BVFG vom „Kulturgut der Ver- treibungsgebiete“ und nicht von Kulturgut der Vertriebe- nen, was deutlich macht, dass sich die entsprechenden Fördermaßnahmen des Bundes an einem regionalge- schichtlichen Ansatz in Wissenschaft und Präsentation zu orientieren haben. Dies lassen die Berichte der Bundes- regierung erkennen, zuletzt der Bericht des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM) vom 16. Mai 2002 (vergleiche Bun- destagsdrucksache 14/9163). Die Konzeption des BKM zur Erforschung und Prä- sentation deutscher Kultur und Geschichte des östlichen Europas vom 20. September 2000 entspricht dem gesetz- lichen Auftrag von § 96 BVFG, soweit er an den Bund ge- richtet ist. Sie stellt sicher, dass die Erforschung deutscher Kultur und Geschichte des östlichen Europas als gesamt- staatliche Aufgabe auf Dauer erhalten und fortgeführt werden kann. Die im Haushalt eingestellten Mittel er- möglichen dies. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage des Abgeordneten Steffen Kampeter (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Frage 15): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 200225014 (C) (D) (A) (B) 1) Siehe hierzu auch Frage 1 In welchen Geschäftsbereichen der Bundesregierung wird das Programmpaket Public Administration Software System (PASS) eines Anbieters aus Nordrhein-Westfalen ganz oder teilweise ver- wendet, das sich unter anderem mit Lager- und Materialwirt- schaft, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Haushaltsmanage- ment beschäftigt, und mit welchem Kostenaufwand wurde es gegebenenfalls beschafft? Das Programmpaket Public Administration Software System (PASS) wird im Bundeskanzleramt (Beschaf- fungskosten 11 600 Euro) und im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Beschaffungskosten 208 686 Euro) eingesetzt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) (Druck- sache 14/9635, Frage 16): Wie viele Mitglieder der Bundesregierung, Mitarbeiter der Bundesregierung und Dritte auf Einladung der Bundesregierung sind im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft nach Japan und Südkorea gereist, und welche Aufwendungen (inklusive gegebe- nenfalls Inanspruchnahme der Flugbereitschaft) sind hierfür zulasten öffentlicher Kassen entstanden? Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Herr Mayer-Vorfelder, hat Herrn Bundeskanzler und Herrn Bundesminister des Innern zum Besuch des WM-Final- spiels Brasilien – Deutschland nach Tokio eingeladen. Diese Einladung wurde angenommen. Zur Delegation des Herrn Bundeskanzlers und des Bundesministers des Innern gehörten nicht behinderte und behinderte Sportler, sozial engagierte Bürger, Abge- ordnete des Deutschen Bundestages der CDU/CSU-Frak- tion, SPD-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen und der PDS-Fraktion vor allem aus dem Bereich Sportpolitik so- wie Parlamentarier der Länder. In Begleitung befanden sich außerdem Beamte des Bundeskriminalamtes und Fachbeamte im notwendigen Umfang. Neben den Olympischen Spielen ist die Fußballwelt- meisterschaft das größte Sportereignis. Der Einzug der deutschen Mannschaft in das WM-Finale ist ein großarti- ger internationaler Erfolg, an dem die Öffentlichkeit großen Anteil nimmt. Besuche des Bundeskanzlers oder von Bundesministern als Vertreter der Bundesregierung bei herausgehobenen in- ternationalen Sportereignissen, bei denen deutsche Sportle- rinnen und Sportler für die Bundsrepublik Deutschland um sportliche Erfolge kämpfen, entsprechen zwischenstaatli- chen protokollarischen Gepflogenheiten und dienen der ge- samtstaatlichen Repräsentation Deutschlands. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Bundes- republik Deutschland Gastgeber der Fußballweltmeister- schaft 2006 sein wird. Der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundesminister des Innern nutzten ihre Reise nach Japan, um die Fußballfreunde der Welt nach Deutschland einzuladen. Kosten sind im üblichen Rahmen vergleichbarer Dele- gationsreisen angefallen. Wie von Ihnen angenommen, sind darin auch Kosten für die Inanspruchnahme der Flug- bereitschaft im Rahmen der veröffentlichten Richtlinien entstanden. Die Flugkosten wären ohnehin entstanden, da das Flug- zeug der Flugbereitschaft in jedem Fall nach Tokio fliegen musste, um den Herrn Bundeskanzler dort abzuholen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) (Druck- sache 14/9635, Frage 17): Welche Hinweise auf mögliche Terroranschläge in Deutschland oder auf deutsche Staatsbürger oder Einrichtungen im Ausland lie- gen der Bundesregierung auf der Grundlage der Erkenntnisse deut- scher Behörden vor, und wie bewertet die Bundesregierung in die- sem Zusammenhang ein von Schiffscontainern ausgehendes terroristisches Gefahrenpotenzial? Die Bundesregierung hat immer wieder darauf hinge- wiesen, dass seit den Anschlägen des 11. September 2001 von einer hohen Gefährdung israelischer, jüdischer, briti- scher und US-amerikanischer Einrichtungen auch in Deutschland auszugehen ist. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Der Bundesregierung liegen jedoch hinsichtlich mögli- cher Terroranschläge in Deutschland oder der Gefährdung deutscher Staatsangehöriger oder Interessen im Ausland keine gesicherten Erkenntnisse zu konkreten Anschlags- zielen, -orten oder -zeiten vor. Dies gilt auch in Bezug auf Schiffscontainer. Berichte in den Medien der Vereinigten Staaten von Amerika von Mitte Mai diesen Jahres, wonach Mitglieder des Netzwerkes der al-Qaida unter Zuhilfenahme von Schiffscontainern in die Vereinigten Staaten eingeschleust worden sein könnten, können sowohl seitens der Bundes- regierung als auch von US-amerikanischer Seite nicht be- stätigt werden. Nach Mitteilung der US-amerikanischen Sicherheitsbehörden sei diese Möglichkeit zwar im Zuge einer Schwachstellenanalyse diskutiert worden; jedoch lägen keine dahingehenden Erkenntnisse vor. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Frage 18): Wie und von wem (Bund oder Wirtschaft oder Deutsche Aus- gleichsbank) soll das neue „Mittelstandsprogramm“ der Bundes- regierung finanziert werden? Die vorgestellte Mittelstandspolitik für die nächsten vier Jahre enthält einen Katalog von Maßnahmen, die aus dem Haushalt des BMWi und durch Förderkredite der Deutschen Ausgleichsbank dargestellt werden sollen. Derzeit laufen die Vorbereitungen, um für Gründer und kleine Unternehmen mit einem geringen Investitionsbedarf als gezieltes Finanzierungsinstrument ein Mikrodarlehens- programm bis zu einer Größenordnung von 25000 Euro so Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 2002 25015 (C) (D) (A) (B) schnell wie möglich anbieten zu können. Die Finanzierung der zinsgünstigen Darlehen, die mit einer Haftungsfreistel- lung versehen sind, soll von der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) über die Hausbanken angeboten werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- gen des Abgeordneten Max Straubinger (CDU/CSU) (Drucksache 14/9635, Fragen 19 und 20): Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung „Marken- ausschreibungen“, wie zum Beispiel von der BwFuhrparkService GmbH, Maarstraße 63, 53842 Troisdorf (aus: Bundesausschrei- bungsblatt vom 21. Juni 2002, Nr. 070 401) durchgeführt, mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen für Vergaben verein- bar? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass bei Mar- kenausschreibungen sich nur Hersteller beteiligen können und der Mittelstand vom Wettbewerb ausgeschlossen wird? Als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat die BwFuhrparkService GmbH die von ihr benötigten Waren und Dienstleistungen unter Beachtung des Vergaberechts zu beschaffen. Nach den hierzu einschlägigen Bestim- mungen der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A) ist die Leistungsbeschreibung wettbewerbs- neutral zu gestalten; Markenausschreibungen sind daher grundsätzlich verboten. Hierzu schreibt die VOL/A im § 8 verbindlich vor, dass bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren (zum Beispiel Mar- kennamen) nur ausnahmsweise und nur mit dem Zusatz „oder gleichwertiger Art“ verwendet werden dürfen. Die Beschreibung technischer Merkmale darf nach der vorge- nannten Vorschrift nicht dazu führen, dass bestimmte Un- ternehmen oder Erzeugnise bevorzugt oder ausgeschlos- sen werden, es sei denn, eine solche Beschreibung ist durch die zu vergebene Leistung gerechtfertigt. Sollte es im Einzelfall zwingend erforderlich sein, ein bestimmtes Produkt eines bestimmten Herstellers zu be- schaffen (zum Beispiel Nachkäufe, die mit der vorhande- nen Technik kompatibel sein müssen, Markenersatzteile für ein bestimmtes Produkt), so ist auch hier der Wett- bewerb nicht nur auf Hersteller begrenzt. Es können sich selbstverständlich auch kleine und mittelständische Händler um diesen Auftrag bewerben. Zur angemessenen Beteiligung des Mittelstandes hat der Gesetzgeber im vierten Teil des Gesetzes gegen Wett- bewerbsbeschränkungen „Vergabe öffentlicher Aufträge“ im § 97 unter der Überschrift „Allgemeine Grundsätze“ verbindlich vorgegeben, dass mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen sind. Nähere Einzelheiten, wie dies zu erfolgen hat, sind im § 5 der Ver- dingungsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A) unter der Überschrift „Vergabe nach Losen“ geregelt. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass es in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht gelungen ist, den Sachverhalt detailliert aufzuklären und die Gründe für diese Art der Ausschreibung zu recherchieren. Sobald mir hierzu verbindliche Informationen vorliegen, komme ich unaufgefordert auf die Angelegenheit zurück. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 247. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. Juli 200225016 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Edith Niehuis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
    gen! Anlass für die Debatte heute ist das schreckliche Er-
    eignis in Erfurt, das uns daran erinnert hat, dass es immer
    noch Gewalt und brutale Gewalt in der Gesellschaft gibt.
    Im Moment des Geschehens neigen dann viele dazu, ein-
    fache Rezepte zur Hand zu nehmen. Doch einfache Re-
    zepte gegen Gewalt gibt es nicht. Insofern ist es gut, dass
    wir erst etwas später, nämlich heute, nicht nur über dieses
    eine Beispiel der Gewalt reden, sondern über Gewalt und
    deren Ursachen schlechthin.


    (Beifall bei der SPD)

    Wenn die Gewalt erst einmal ausgebrochen ist, ist es

    oft zu spät, an den hohen Wert friedlicher Konfliktlösun-
    gen in unserer Gesellschaft zu erinnern. Darum sind wir
    gefordert, auch dann, wenn kein Gewalttäter die Schlag-
    zeilen unserer Medien beherrscht, über Gewalt zu reden.
    Wir sind gefordert, schon die kleinsten Anzeichen von
    Gewalt zu bekämpfen; denn auch hier würde Schweigen
    bedeuten, dass wir Gewalt akzeptieren.

    Darum ist es gut, dass wir in dieser Legislaturperiode
    einige Programme auf den Weg gebracht haben, die ein
    einziges Ziel haben: die Zivilcourage von Menschen zu
    stärken, insbesondere auch gegen rechte Gewalt, und den
    Opfern zu helfen. Denn es kommt mir zu wenig zur Spra-
    che, dass Gewalt nicht nur einen Täter, sondern dass Ge-
    walt immer auch viele Opfer hat.


    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Gewaltbereitschaft, Gewaltakzeptanz, Gewalthandeln
    sind komplexe Phänomene. Sie haben ganz unterschiedliche
    Erscheinungsformen, vielfältige Rahmenbedingungen, viel-
    fältige Ursachen auf gesellschaftlicher und individueller
    Ebene. Deshalb wird es wohl nie gelingen, Gewalt als eine
    Form der Konfliktlösung aus unserer Gesellschaft ganz zu
    eliminieren. Aber jeder Schritt zur Senkung der Gewaltbe-
    reitschaft ist wichtig. Vieles hat mit Erziehung zu tun, einer
    Erziehung zur friedlichen Konfliktlösung. Gefordert ist da-
    bei – darauf wurde heute schon oft hingewiesen – zumeist
    der Ort der primären Sozialisation, nämlich die Familie.
    Sie gibt emotionalen Rückhalt und vermittelt Werte, wobei
    nicht nur Worte, sondern auch Vorbilder zählen.

    Wenn der Kreislauf der Gewalt durchbrochen werden
    soll, dann muss in der Familie mit der Aufklärung darüber
    begonnen werden, dass vermeintlich Stärkere kein Recht
    haben, vermeintlich Schwächeren gewalttätig zu begegnen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


    Deshalb ist es ein großer Fortschritt, dass es in dieser Le-
    gislaturperiode gelungen ist, den wichtigen Leitsatz „Kin-
    der haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung“ gesetzlich
    zu verankern.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Noch besser wäre es gewesen, wenn wir diesen Satz in das
    Grundgesetz hineingeschrieben hätten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Dann hätten wir ein sichtbares Fundament unserer zivili-
    sierten Gesellschaft gehabt. Aber dafür braucht man eine
    Zweidrittelmehrheit. Ein Satz in einem Gesetz bewirkt
    natürlich noch keine Umorientierung hin zur gewaltfreien
    Erziehung auf breiter Basis. Dazu bedarf es einer breit an-
    gelegten Kommunikation in der Gesellschaft. Dieses Ziel
    muss nicht nur akzeptiert, sondern auch in aktives Ver-
    halten umgesetzt werden. Wir vom Familienministerium
    haben deshalb die angesprochene Gesetzesänderung mit
    vielen Vorortaktionen im Rahmen der Kampagne „Mehr
    Respekt vor Kindern“ begleitet. Diese Kampagne ist er-
    folgreich gewesen. Mittlerweile halten 85 Prozent der El-
    tern eine gewaltfreie Erziehung für ein wichtiges Ziel. Mir
    scheint das ein zukunftsweisendes Beispiel zu sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Es reicht eben nicht aus, nur Forderungen an die Fami-
    lien heranzutragen. Familien brauchen auch Hilfsangebote.
    Das Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde dementspre-
    chend geändert, damit sich verstetigt, dass die Familien,
    die ihre Konflikte gewaltfrei lösen wollen, auch flankie-
    rende Unterstützung bekommen. Denn Kinder wachsen
    heute anders auf. Bei der Vermittlung von Werten müssen
    Familien heute mehr denn je mit den Medien, mit den
    Gleichaltrigengruppen, mit neuen Informations- und Kom-
    munikationstechniken, über lange Zeit mit Kindergarten
    und Schule sowie mit der Arbeitswelt der Eltern teilen.
    Kinder wachsen also öffentlicher auf, was Eltern überfor-
    dern und auch hilflos machen kann. Deshalb gibt es neben
    der privaten Verantwortung der Familie immer auch eine
    öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kin-
    dern, wie jüngst im Elften Kinder- und Jugendbericht
    noch einmal betont wurde.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Wer dies negiert und ausschließlich auf das private Recht,
    die private Verantwortung der Familien verweist, lässt El-
    tern alleine und bleibt Eltern und Kindern, insbesondere
    den Familien in prekären sozioökonomischen Lebensla-
    gen, etwas schuldig.

    Die Fragen nach der privaten Qualität der Familie
    und danach, ob wir in der Politik die Augen vor dem In-
    nenleben der Familie verschließen dürfen oder nicht, ha-
    ben uns in den Diskussionen, die wir in diesem Parlament




    Petra Pau
    24990


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    über Gewalt geführt haben, immer begleitet. Viele wich-
    tige Entscheidungen wurden genau aus diesem Grund zu
    lange hinausgezögert, vielleicht auch weil die vermeint-
    lich Stärkeren zumindest im Privaten ihre Position wah-
    ren wollten, ohne zu sehen, dass sie damit auch den Nähr-
    boden für Gewalt pflegten. Es hat über 20 Jahre gedauert,
    bis endlich in den 70er-Jahren die einer Demokratie un-
    würdige Vorherrschaft des Mannes über die Frau in der
    Ehe aus dem Gesetz gestrichen wurde. Über 40 Jahre, da-
    von 20 Jahre aktive Debatte im Parlament, hat es gedau-
    ert, bis endlich auch die Vergewaltigung in der Ehe unter
    Strafe gestellt wurde.

    Erst in diesem Jahr ist das neue Gewaltschutzgesetz in
    Kraft getreten, das dafür sorgt, dass bei Gewalt in der Fa-
    milie der Täter und nicht das Opfer die Ehewohnung zu
    verlassen hat. Erst vor ein paar Jahren ist es gelungen, bei
    sexuellem Missbrauch in der Kindheit die Verjährungs-
    frist auszusetzen, damit die Opfer gerade auch Täter aus
    ihrem sozialen Nahbereich später noch erfolgreich ankla-
    gen können. Weil die Mehrheit im Parlament zu lange ge-
    neigt war, diese Gewalt in der Familie stillschweigend zu
    akzeptieren, haben wir wertvolle Jahre verloren, das Uns-
    rige zur Senkung der Gewaltbereitschaft in der Gesell-
    schaft zu tun.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Man darf nicht vergessen, dass die Familie die Keim-
    zelle der Gesellschaft ist. Darum ist es gut, dass gerade in
    dieser Legislaturperiode mehrere Gesetze und beglei-
    tende Maßnahmen gegen Gewalt, auch gegen Gewalt in
    der Familie, auf den Weg gebracht wurden. Dazu gehört
    der Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen
    Frauen.

    Wenn wir es mit einer effektiven Gewaltprävention in
    der Gesellschaft ernst meinen, dann brauchen wir eine kon-
    sequent geschlechtsspezifische Sichtweise; denn männ-
    liche Jugendliche wenden häufiger und brutaler Gewalt
    an als weibliche. Unter den rechtsextremen Gewalttätern
    sind weitaus mehr männliche als weibliche Täter. Weibli-
    che Jugendliche hingegen neigen dazu, sich bei scheinbar
    nicht zu lösenden Konflikten zurückzuziehen oder Gewalt
    gegen sich selbst auszuüben. Wer hat nicht von Mager-
    sucht gehört? Diese Tatsachen fordern eine konsequent ge-
    schlechtsspezifische Ursachenanalyse und ebenso ge-
    schlechtsspezifische präventive Strategien.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich bedauere es sehr, dass es bis heute nicht gelungen
    ist, in der Jugendhilfe auch genügend Angebote einer
    emanzipatorischen Jungenarbeit und einer emanzipato-
    rischen Mädchenarbeit zu unterbreiten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Gerade die Jugendhilfe kann viel tun – das zeigen viele
    Beispiele –, um Gewalttendenzen vorbeugend entgegen-
    zuwirken, die etwa dann entstehen, wenn junge Menschen
    in sozialen Brennpunkten für sich keine Zukunft sehen,

    wenn sie sich der Konkurrenzgesellschaft hilflos ausge-
    setzt sehen, wenn es ihnen an Schlüsselqualifikationen
    mangelt, um sich sozial und beruflich zu integrieren. Das
    alles sind Rahmenbedingungen, die zum Nährboden für
    Gewalt werden können, wenn es an Förder- und Unter-
    stützungsmöglichkeiten mangelt. Den Jugendlichen, Frau
    Merkel, fehlt dann genau das positive Selbstwertgefühl,
    das sie doch so dringend brauchen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Mit den Programmen „Entwicklung und Chancen“ und
    „Freiwilliges Soziales Trainingsjahr“ haben wir in den
    letzten Jahren gute Integrationsergebnisse erreicht, sodass
    wir diese Programme auch ausweiten möchten.

    Es hat mich ein wenig erschreckt, dass Herr Merz als
    Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion vor ein paar Tagen
    ganz undifferenziert sagte, es gebe eine Sozialindustrie,
    die davon lebe, das Problem nicht zu lösen.


    (Walter Hirche [FDP]: Das stimmt leider! – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Zitat bösartig verdrehen, um es dann zu widerlegen! – Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das hat er so nicht gesagt!)


    – Im „Handelsblatt“ vom 28. Juni können Sie es nach-
    lesen.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie verdrehen das Zitat, um es dann zu widerlegen! Das ist kein seriöses Vorgehen!)


    – Ich hätte es gern mit ihm diskutiert. Es hat mich, wie ge-
    sagt, erschreckt.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie stellen es in den falschen Zusammenhang!)


    – Dann sagen Sie doch, dass Sie ganz anderer Meinung
    sind!

    Viele Jugendliche brauchen die „Sozialindustrie“,
    brauchen die Netzwerke von Jugendhilfe, Schule und Be-
    schäftigung, weil sie sonst keine Chance haben, ihr Pro-
    blem zu lösen. Wenn wir auf die Programme, die Jugend-
    lichen helfen, verzichten, dann sparen wir vielleicht an
    dieser Stelle, aber – das ist das Problem – wir werden für
    die innere Sicherheit sehr viel mehr Geld ausgeben müs-
    sen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zum Abschluss möchte ich noch auf eine Form von
    Gewalt hinweisen, die in unserer Debatte zu wenig Auf-
    merksamkeit findet, nämlich die Gewalt gegen Ältere.


    (Walter Hirche [FDP]: Sehr wahr!)

    Hierbei geht es oft um verborgene Gewalt in der Familie
    und vielleicht auch in öffentlichen Einrichtungen. In ei-
    nem dreijährigen Modellversuch haben wir versucht zu
    sensibilisieren und haben auch Hilfsangebote evaluiert.
    Das reicht jedoch nicht. Die demographische Entwick-
    lung zeigt: Der Druck und mit ihm auch die Überforde-
    rung vieler Einzelner werden stärker. Darum wird sich der




    Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis

    24991


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    nächste Bundestag verstärkt den Folgen der demographi-
    schen Entwicklung widmen müssen. Wenn es eine New
    Economy gibt, dann liegt sie weniger in neuen Sende-
    masten und Satelliten, sondern sie liegt im Bereich der Al-
    tenbetreuung, was aus ökonomischer, arbeitsmarktpoli-
    tischer und sozialpolitischer Sicht, aber auch im Sinne der
    Gewaltprävention notwendig ist.

    Nachdem ich die Bundestagsdebatten nun 16 Jahre
    verfolgen konnte und immer wieder sehen durfte, was in
    der Kernzeit diskutiert wird und was nicht in der Kernzeit
    debattiert wird, bitte ich all diejenigen, die demnächst im
    Ältestenrat die Tagesordnungen des Deutschen Bundes-
    tags aufstellen: Denken Sie doch auch einmal an die The-
    men, die so viele Menschen direkt angehen, zum Beispiel
    Altenbetreuung, zum Beispiel Gewalt gegen Ältere!
    Diese Themen sollten auch einmal in der Zeit von 9 Uhr
    bis 12 Uhr debattiert werden


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    und nicht immer erst um 23 Uhr, wenn Reden oft zu Pro-
    tokoll gegeben werden und eh schon alle im Bett sind. Wir
    überschätzen uns, wenn wir meinen, dass die theoreti-
    schen Debatten über Wirtschaftspolitik das seien, was die
    Herzen der Menschen wirklich erreiche. Das tun andere
    Themen.

    Da ich demnächst – ganz freiwillig – aufhöre, wünsche
    ich Ihnen alles Gute für die nächste Zeit. 16 Jahre Parla-
    mentarier sein zu dürfen hat mir unwahrscheinlich viel
    Spaß gemacht. Es hat mir Spaß gemacht, mit meiner Frak-
    tion, aber auch mit der CDU/CSU und den anderen Op-
    positionsparteien zusammenzuarbeiten.


    (Zuruf von der FDP: Mit den Niedersachsen!)

    – Insbesondere hat es mir natürlich Spaß gemacht, mit den
    Niedersachsen zusammenzuarbeiten. – Alles Gute für die
    Zukunft!


    (Beifall im ganzen Hause – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist der Niedersachsen-Applaus!)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin
Niehuis, ich möchte Ihnen im Namen des ganzen Hauses
für den guten parlamentarischen Rat, erfahrungsgesättigt
aus 16 Jahren guter parlamentarischer Tätigkeit, danken.


(Beifall)

Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident des Landes

Thüringen, Bernhard Vogel.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da-
    men und Herren Abgeordnete! Ich bin im Namen der
    Stadt Erfurt und des Landes Thüringen sehr dankbar
    dafür, dass diese Debatte, um die ich die Fraktionsvorsit-
    zenden unmittelbar nach der Tat gebeten habe, heute statt-
    findet. Jeder wird verstehen, dass ich mich in dieser De-
    batte zu Wort melde. Dadurch wird gleichzeitig deutlich:
    Das ist nicht nur ein Thema für den Bundestag, sondern

    selbstverständlich auch für die Mitglieder des Bundes-
    rates.

    Eine Schülersprecherin des Gutenberg-Gymnasiums
    hat unmittelbar nach der schrecklichen Tat gesagt:

    Die Ereignisse dürfen nicht zu Aktionismus führen,
    sie dürfen aber auch keine Lähmung verursachen.

    Natürlich muss alles Menschenmögliche getan werden,
    um für die Zukunft eine ähnliche Tat auszuschließen, auch
    wenn wir wissen, dass uns dabei Grenzen gesetzt sind.
    Das heißt: Wir müssen einerseits Gesetze überprüfen;
    aber wir müssen nach meiner Überzeugung andererseits
    mehr als das tun.

    Wie aus den bisher gehaltenen Reden hervorgegangen
    ist, geht es um grundsätzliche Fragen, die nicht allein die
    Politik, sondern die ganze Gesellschaft beantworten muss:
    Wie kommt es in Deutschland zu wachsender Ge-
    waltbereitschaft? Wie kann Gewalt geächtet werden?
    Warum schwindet der Respekt vor der Würde des mensch-
    lichen Lebens? Wie kann die Achtung vor dem Leben
    Mord und Selbstmord verhindern? Wie wehren wir uns
    gegen Vereinsamung und Entwurzelung? Was sind die
    Rechte und was sind die Pflichten der Eltern und der Fa-
    milien? Was ist die Aufgabe der Schule? Welche Stellung
    haben die Lehrer in unserer Gesellschaft? Welche Werte
    werden von uns allen anerkannt?

    In einem sind wir uns ganz offensichtlich alle einig:
    Wir verachten Gewalt und Terror. Gewalt will den Willen
    eines anderen Menschen gewaltsam brechen. Wir aber
    wollen nicht, dass Gewalt und Terror erfolgreich sind,
    auch nicht im Spiel und auch nicht in virtuellen Schein-
    welten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dieter Dzewas [SPD])


    Wenn wir über die Ursachen von Hass, Gewalt und
    Terror sprechen, dann müssen wir darüber reden – dazu ist
    schon einiges gesagt worden –, welches Bild vom Men-
    schen wir haben, wie wir unsere Werte definieren. Wir er-
    warten von den Lehrerinnen und Lehrern ganz selbstver-
    ständlich – das sagen wir häufig auch –, dass sie unsere
    Kinder erziehen und ihnen ein Welt- und Wertebild ver-
    mitteln, während wir uns selbst im Unklaren darüber sind,
    was für ein Weltbild das eigentlich sein soll.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Entscheidend bleibt, dass für uns die Unverwechsel-

    barkeit und die Einzigartigkeit des Menschen und seine
    persönliche Würde im Mittelpunkt stehen. Der Mensch
    ist im Mittelpunkt aller politischen, wirtschaftlichen und
    wissenschaftlichen Entscheidungen und allen gesell-
    schaftlichen Handelns zu sehen.

    In unserem Grundgesetz sind die Folgerungen, die vor
    über 50 Jahren aus der Entpersonalisierung des Men-
    schen, aus seiner Unterdrückung, Entrechtlichung und
    Unterordnung unter eine menschenfeindliche Ideologie
    durch den nationalsozialistischen Unrechtsstaat gezogen
    wurden, manifest. Mit der Verpflichtung des Staates, die
    Unantastbarkeit der Würde des Menschen zu achten und
    zu schützen, und mit der Aufnahme von Grundrechten
    – im Gegensatz zur Weimarer Verfassung – hat das




    Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis
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    Grundgesetz eindeutig Stellung bezogen gegen Beliebig-
    keit, gegen Wertneutralität, gegen einen totalitären Kol-
    lektivismus und gegen die Abwertung des Menschen zu
    einem Objekt des Staates.

    Nach unserem Grundgesetz steht der Mensch – und
    nicht der Staat – an erster Stelle. Das schafft die Vorausset-
    zungen dafür, dass sich unter dem Dach des Grundgesetzes
    verschiedene Meinungen, Haltungen und Weltanschauun-
    gen entfalten können. Das Grundgesetz setzt den Rahmen,
    der ausgefüllt werden muss; es ermöglicht Toleranz, weil es
    der Freiheit des Einzelnen dort eine Grenze setzt, wo
    Würde und Freiheit des Nächsten beginnen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es verlangt Verantwortung von jedem Einzelnen für den
    anderen, für das Gemeinwesen, für Demokratie; denn
    Freiheit ohne Verantwortung führt in die Unfreiheit.

    Wir müssen Übereinstimmung darüber erzielen, was
    sich aus der Unantastbarkeit der Menschenwürde er-
    gibt: Verachtung und Verhinderung von Gewalt gegen an-
    dere, insbesondere Andersdenkende, mitmenschliche So-
    lidarität, soziale Gerechtigkeit und ein fairer Ausgleich
    von Interessen. Helmut Schmidt hat es einmal klar ausge-
    drückt – ich darf ihn zitieren –:

    Wenn die Übereinstimmung in elementaren Grund-
    werten und Grundauffassungen fehlt, dann sind Frei-
    heit und Würde des Menschen gefährdet. Eine Ge-
    sellschaft, in welcher der Konsens über elementare
    Grundwerte verloren gegangen ist, treibt auf Anar-
    chie zu.

    Helmut Schmidt hat Recht. Werden Menschenrechte nur
    unter Zwang anerkannt, werden Werte nicht vorgelebt,
    dann ist Toleranz nicht mehr als eine desinteressierte Dul-
    dung von Andersdenkenden und Anderslebenden, eine
    Duldung, die schnell in Verächtlichmachen, in Spott, in
    Hass und schließlich in Gewalt umschlägt.

    Meine Damen und Herren, in Deutschland sprechen
    wir gerne von einer Kultur der Bildung und von einer
    neuen Kultur der Werte. Meine Überzeugung ist: Zu-
    nächst müssen wir vor allem von einer neuen Kultur des
    Zuhörens sprechen,


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Müller [Düsseldorf] [SPD])


    von einer Kultur des Sich-gegenseitig-Kennenlernens und
    einer Kultur des Aufeinanderachtens. Wir müssen Sprach-
    losigkeit überwinden und die drohende Kluft zwischen
    den Generationen überbrücken. Wir brauchen eine Kultur
    des Miteinandersprechens, die Verständnis und Respekt
    schafft und die Gefahr eines Zusammenpralls vermindert.

    Dass Ältere vielfach nicht wissen, was junge Men-
    schen bewegt, dass viele von uns nicht wissen, womit
    junge Menschen ihre Freizeit verbringen, dass sie sich
    hinter verschlossenen Türen mit Gewalt verherrlichenden
    Computerspielen beschäftigen, muss uns beunruhigen
    und fordert Eltern, Familien, Lehrer, Erzieher, Mitschüler
    und uns Politiker heraus. Weil Erziehung in der Familie

    beginnt, müssen wir über die Rechte und Pflichten spre-
    chen, die den Eltern bei der Vermittlung von Grundwer-
    ten zukommen. Im Elternhaus wird der Grundstein für die
    Bildung jeder Persönlichkeit gelegt. Deswegen müssen es
    Kinder spüren, wenn sie als lästig empfunden werden.
    Wer ungestörten Fernsehkonsum mehr schätzt als die Be-
    schäftigung mit seinen Kindern, darf sich später nicht
    über Lieblosigkeit, Gewaltbereitschaft und extremes
    Denken wundern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Kinder können nur Orientierung finden, wenn sich ihre

    Eltern zu ihnen bekennen, wenn sie sich ihnen widmen,
    wenn sie ihnen Aufmerksamkeit schenken, wenn sie sich
    Zeit für sie nehmen. Es ist heutzutage erfreulicherweise
    populär, sich zu einer Politik zu bekennen, die die Fami-
    lien unterstützt und ihnen eine stabile materielle Grund-
    lage schafft. Das ist gut so. Aber das ist nur die eine Seite.
    Es kommt mindestens ebenso darauf an, dass sich Eltern
    ihrer Verantwortung für die Erziehung der Kinder bewusst
    sind.

    Natürlich dürfen wir Eltern dabei nicht allein lassen.
    Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Eltern müs-
    sen auch hier Hilfe erfahren. Wir müssen zum Beispiel Fa-
    milienberatungs- und Betreuungseinrichtungen stärken
    und ihr Angebot bekannter machen. Aber Kindergärten,
    Kinderhorte, Schulen und außerschulische Betreuung
    müssen die Erziehung in der Familie altersgemäß ergän-
    zen und unterstützen; ersetzen können weder der Lehrer
    noch die Kindergärtnerin die Familie.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Weil, wie ich glaube, Bildung ohne Erziehung ebenso

    wenig möglich ist wie Erziehung ohne Bildung, greifen
    die Erziehungsaufträge von Eltern und Schulen eng in-
    einander. Die Schule muss mehr sein als eine Anstalt zur
    Stoffvermittlung. Schulen sind auch dazu da, Werte zu
    vermitteln. Das durfte man vor 15, 20 Jahren nicht laut sa-
    gen. Darum freue ich mich, dass man heute sogar Beifall
    bekommt, wenn man sagt, Schulen sind auch dazu da,
    Werte zu vermitteln.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wichtig ist Mut zur Erziehung. Erziehung gedeiht mit

    Zuwendung, aber auch mit Regeln und Grenzen, mit
    Liebe, aber nicht Beliebigkeit. Erziehung lebt vom Vor-
    bild. Das gilt sowohl für Eltern wie für Lehrer.

    Wir haben es doch in Erfurt erlebt, wie sehr sich Leh-
    rerinnen und Lehrer dieser Vorbildfunktion bewusst ge-
    wesen sind. Das Wohl und die Unversehrtheit ihrer
    Schüler haben Lehrer des Gutenberg-Gymnasiums so
    wichtig genommen, dass sie dafür ihr eigenes Leben ein-
    gesetzt haben. Eine Lehrerin ist dreimal in die Schule
    zurückgekehrt, um Kinder aus der Schule zu retten, und
    beim dritten Mal erschossen worden.

    Bessere Vorbilder für Mitmenschlichkeit kann es nicht
    geben. Deswegen muss die Lehre aus Erfurt auch sein,
    dass dem Beruf des Lehrers in der Öffentlichkeit mehr
    Hochachtung entgegengebracht wird.


    (Beifall im ganzen Hause)





    Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel (Thüringen)


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    Wir wissen doch, dass Lehrer nicht selten vor der schier
    unlösbaren Aufgabe stehen, Sozialarbeiter, Erzieher, Bil-
    dungsvermittler, Autoritäts- und Vertrauensperson in ei-
    nem sein zu müssen. Es ist eine gute Entscheidung, Leh-
    rer werden zu wollen, und es ist ein wichtiger Dienst für
    unsere ganze Gesellschaft, wenn einer ein guter Lehrer
    oder eine eine gute Lehrerin ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Bei der Diskussion über die Zukunft unserer Schulen,
    die ja in vollem Gange ist, sollten wir uns deshalb nicht
    von pädagogischen Mythen beeinflussen lassen. Das Bild
    eines angeblich begeistert selbst lernenden Schülers, dem
    nur ein Lernmoderator zur Seite gestellt werden müsse,
    entspricht vielleicht den Vorstellungen einer Spaßgesell-
    schaft, aber nicht den Realitäten. Der Lehrer bleibt die
    entscheidende Person im Unterricht.


    ( V o r s i t z : Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters)


    Der Unterricht, der gelenkte Erwerb von Wissen, Können
    und Urteilsfähigkeit, ist zentrale Aufgabe der Schule und
    nicht lästige Unterbrechung des Kindseins.

    Aufgabe von Erziehung und Schule ist es, auf das Le-
    ben als Erwachsener vorzubereiten. Wer Erzieher sein
    will, muss Vorbild sein und junge Menschen zum Leben
    ermutigen. Nach der Veröffentlichung der PISA-Studie
    hieß es, die Schule müsse leistungsorientierter werden,
    und nach dem Geschehen von Erfurt warnten manche,
    man dürfe nicht länger von Wettbewerb und Leistung
    sprechen. Der Herr Bundespräsident hat die richtige Ant-
    wort gefunden, wenn er sagt: Ohne Leistung, ohne Leis-
    tungsbereitschaft wäre jede Schule wirklichkeitsfremd. –
    Ich füge hinzu: Vor Wettbewerb und Konkurrenz dürfen
    wir unsere Kinder nicht schützen. Wir müssen sie lehren
    und sie müssen lernen, damit umzugehen. Darum geht es.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es gilt, zu fördern und zu fordern, aber nicht zu über-

    fordern. Es wird auch in Zukunft so sein, dass es Begabte
    und weniger Begabte gibt. Aber das ist nicht entschei-
    dend. Entscheidend ist, dass es unterschiedlich veranlagte
    Menschen gibt. Jeder muss seine Chance bekommen. Je-
    dem nur ein und dieselbe Chance zu geben wäre unge-
    recht. Gerecht ist es, jedem seine Chance zu geben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das heißt, Eltern müssen bereit sein, ihr Kind die

    Schule besuchen zu lassen, die den Fähigkeiten dieses
    Kindes gerecht wird – und nicht den Wunschvorstellun-
    gen der Eltern. Die Eltern brauchen für das Treffen der
    richtigen Entscheidung den Rat und die Hilfe des Lehrers.
    Sie tun Kindern nichts Gutes, wenn sie sie auf eine Schule
    schicken, in der sie permanent überfordert werden. Sie tun
    ihnen aber auch dann nichts Gutes, wenn sie sie jahrelan-
    ger Unterforderung aussetzen.

    Nach dem Geschehen am Gutenberg-Gymnasium ist
    eine grundsätzliche Debatte notwendig, so wie wir sie
    heute hier führen. Sie wird auch in Zukunft notwendig

    sein. Darüber hinaus sind konkrete Änderungen von Ge-
    setzen und Verordnungen des Bundes und der Länder
    erforderlich. Natürlich muss das Leben nach der Bluttat
    weitergehen. Aber wir dürfen nicht den Eindruck er-
    wecken, als ob wir nach dem Geschehen unverändert in
    den Alltag zurückkehrten.

    Ich bin sehr dankbar, dass es Bundestag und Bundesrat
    in großer Einmütigkeit gelungen ist, das Waffenrecht noch
    vor der Sommerpause zu novellieren. Es war doch selbst-
    verständlich, dass wir uns nach der Bluttat von Erfurt die-
    ses Gesetz noch einmal sehr genau angesehen haben. Das
    Ergebnis ist: Ein 19-Jähriger kann jetzt nicht mehr einen
    Revolver oder gar eine Pumpgun legal erwerben.

    Ich bin dankbar, dass unter dem Eindruck der Tat von
    Erfurt eine Novellierung des Jugendschutzgesetzes sehr
    zügig vorgenommen worden ist. Wir haben im Bundesrat
    – wie Sie im Bundestag – zugestimmt, auch wenn wir
    Nachbesserungen für notwendig halten. Dazu gehört bei-
    spielsweise das Verbot so genannter Killerspiele. Der
    Herr Bundeskanzler hat zugesagt, sich für ein Verbot die-
    ser Spiele, bei denen Tötungshandlungen simuliert wer-
    den, einzusetzen. Er muss seine Zusage einlösen. Es ist für
    mich nicht nachvollziehbar, dass die Schutzbestimmun-
    gen bei Spielautomaten im Jugendschutzgesetz nicht ver-
    schärft, sondern gelockert worden sind.


    (Jörg Tauss [SPD]: Mit Ihrem Schulgesetz!)

    Wir brauchen ein Verleihverbot schwer jugendgefähr-

    dender Videofilme und Computerspiele, unabhängig vom
    Alter. Dafür müssen die entsprechenden Bestimmungen
    im Jugendschutzgesetz geändert werden. Daneben müs-
    sen wir Änderungen des Strafgesetzbuches vornehmen.
    Wir müssen zum Beispiel ein Verbot der Darstellung von
    Gewalttätigkeiten an menschenähnlichen Wesen in allen
    Medien und ein Verbot der Darstellung der Tötung von
    Menschen in Computerspielen erreichen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Das ist bisher noch nicht geschehen und wird in dieser Le-
    gislaturperiode leider nicht mehr verwirklicht werden.
    Aber es bleibt selbstverständlich auf der Tagesordnung.

    Ich begrüße es, dass unter dem Eindruck des Gesche-
    hens von Erfurt die Regierungschefs der Länder und der
    Bundeskanzler die Einrichtung eines runden Tisches ge-
    gen Gewalt in den Medien vereinbart haben. An diesem
    runden Tischwerden neben dem Bundeskanzler und den
    Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz und der Rund-
    funkkommission die Vertreter der Medien selbst Platz
    nehmen. Wir wollen die Kontrollmechanismen gegen die
    Darstellung extremer Gewalt im Rundfunk, auf Videos
    und im Internet verbessern. Diesem Ziel dient auch der in
    Vorbereitung befindliche Jugendmedienschutz-Staatsver-
    trag, den wir hoffentlich in Bälde unterzeichnen können.

    Wir Ministerpräsidenten haben darüber hinaus be-
    schlossen, die Arbeitsgruppe „Gewaltprävention“ einzu-
    richten, die den Auftrag hat, ein abgestimmtes Hand-
    lungsprogramm zu entwickeln, das die Erziehungskraft
    von Schule und Familie stärken und die Wertorientierung
    von Kindern und Jugendlichen fördern soll. Natürlich
    müssen auch die Sicherheitsstandards an den Schulen




    Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel (Thüringen)

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    (D)



    (A)



    (B)


    überprüft werden. Aber 40 000 Schulen in Deutschland
    kann man nicht zu Festungen ausbauen. Selbst wenn man
    es könnte – wir wollen das nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Schulen müssen offene Orte der Begegnung bleiben. Eine
    eingemauerte Gesellschaft wollen wir nicht.

    Die Bluttat von Erfurt, der Mord an 16 Menschen, hat
    in Deutschland, in Europa und weltweit tiefe Betroffen-
    heit ausgelöst. Sie hat aber auch – einige Redner haben
    das bereits aufgegriffen – in einem ungewöhnlichen Aus-
    maß Hilfsbereitschaft, Zusammengehörigkeit, Solidarität
    und Mitmenschlichkeit deutlich werden lassen. Von der
    einen auf die andere Stunde wurde sichtbar, dass es in un-
    serem Volk viel mehr Gemeinsamkeit und Gemeinsinn
    gibt, als wir das zuvor für möglich gehalten haben. Heute
    wissen wir: Erfurt ist nicht zu einem Synonym für eine
    schreckliche Bluttat geworden. Von dieser Stadt geht viel-
    mehr auch Hoffnung aus. Die Botschaft heißt – ich
    wiederhole, was ich auf der Trauerfeier gesagt habe –:
    Mitmenschlichkeit ist in Deutschland keine verloren ge-
    gangene Tugend.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nur, diese Botschaft muss weiter wirken. Es muss gelin-
    gen, was Johannes Rau auf dem Domplatz in Erfurt gesagt
    hat: Wir müssen einander achten; wir müssen aber auch
    aufeinander achten. – Das muss auch dann gelten, wenn
    wir uns im Wahlkampf befinden, unterschiedliche An-
    sichten und Absichten vertreten und wir heftig und lei-
    denschaftlich streiten. Ich frage mich, ob das nicht mit et-
    was mehr Respekt und Hochachtung voreinander geht
    und ob das nicht in einem etwas anderen Geist und in ei-
    nem etwas anderen Ton möglich ist.


    (Jörg Tauss [SPD]: Siehe Ausländergesetz!)

    Geht das nicht mit besseren Argumenten und weniger
    Tricks und weniger Raffinesse?

    Die heutige Debatte kann zum Beweis dafür werden,
    dass wir aus dem Verbrechen von Erfurt tatsächlich Kon-
    sequenzen ziehen. Zur Stärkung einer demokratischen
    und offenen Gesellschaft gehört es, bei allen notwendigen
    politischen Auseinandersetzungen Einigkeit über die
    Grundsätze unseres Zusammenlebens herrschen zu las-
    sen. Wir treten Gewalt und Intoleranz sowie jeder Relati-
    vierung von Hass entschieden entgegen. Die Opfer von
    Erfurt hätten es nicht nur verdient, dass wir um sie trau-
    ern und ihren Angehörigen diese Trauer mitteilen, son-
    dern auch, dass wir das im Alltag nicht vergessen und uns
    dem, was geschehen ist, im Hinblick auf die Art und
    Weise, wie wir miteinander umgehen, verpflichtet fühlen.

    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)