Rede:
ID1424300800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Ich: 1
    2. erteile: 1
    3. das: 1
    4. WortKollegin: 1
    5. Ulrike: 1
    6. Mehl,: 1
    7. SPD-Fraktion.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordne- ten Hans-Ulrich Klose und Manfred Hampel 24423A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 24423 A Absetzung des Zusatztagesordnungspunktes 19 24423 B Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Durch- führung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft über die Etikettierung von Fischen und Fischereierzeugnissen (Fischetikettierungsgesetz) (Drucksachen 14/7726, 14/8196, 14/8810, 14/9330, 14/9429) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24423 C Zusatztagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Ände- rung des Apothekengesetzes (Drucksachen 14/756, 14/8875, 14/8930, 14/9342, 14/9431) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24423 D Zusatztagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Neu- regelung des Waffenrechts (WaffRNeu- RegG) (Drucksachen 14/7758, 14/8886, 14/9341, 14/9432) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24423 D Zusatztagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Änderung des Bewachungsgewerbe- rechts (Drucksachen 14/8386, 14/8903, 14/9334, 14/9433) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24424 A Zusatztagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Übereinkommen vom 9. Mai 1980 über den internatio- nalen Eisenbahnverkehr (COTIF) (Drucksachen 14/8172, 14/8547, 14/9333, 14/9434) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24424 B Tagesordnungspunkt 41: f) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesverfas- sungsgerichtsgesetzes (Drucksachen 14/9220, 14/9462) . . . . . 24424 B Zusatztagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu den Unter- richtungen durch die Bundesregierung Bericht der Kommission über die Erfah- rungen mit den Verfahren zur Ertei- lung von Genehmigungen für das Plenarprotokoll 14/243 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 243. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 I n h a l t : Inverkehrbringen von Arzneimitteln gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2309/93, Kapitel III der Richtlinie 75/319/EWG und Kapitel IV der Richtlinie 81/851/EWG Bericht gemäß Artikel 71 der Verord- nung (EWG) Nr. 2309/93 Vorschlag für eine Verordnung des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Gemeinschaftsver- fahren für die Genehmigung, Überwa- chung und Pharmakovigilanz von Hu- man- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arneimitteln Vorschlag für eine Richtlinie des Euro- päischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel Vorschlag für eine Richtlinie des Euro- päischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (Drucksachen 14/8562 Nrn. 2.4 und 2.7, 14/9464) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24424 C Tagesordnungspunkt 22: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ulrike Mehl, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Winfried Hermann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN :Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johan- nesburg 2002: Der nachhaltigen Ent- wicklung zum Durchbruch verhelfen (Drucksachen 14/9052, 14/9417) . . . . . 24425 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Klaus-Jürgen Hedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die Schöpfung bewah- ren, entwicklungsorientiert handeln: Weltgipfel in Johannesburg muss neue Impulse für globale nachhaltige Entwicklung setzen (Drucksachen 14/9025, 14/9420) . . . . . 24425 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Reinhard Loske, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Nachhaltige Entwicklung – neuer Gestaltungsansatz für die Globalisierung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Initiative für eine na- tionale Nachhaltigkeitsstrategie – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Liberale Ak- zente einer nationalen Nachhal- tigkeitsstrategie (Drucksachen14/9056,14/9024,14/9091, 14/9380) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24425 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss derRegionen zum sechsten Aktionsprogramm der Eu- ropäischen Gemeinschaft für die Um- welt „Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“ – Sechstes Umweltaktionsprogramm Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Umweltaktionspro- gramm 2001–2010 der Europäischen Gemeinschaft (Drucksachen 14/5730 Nr. 2.12, 14/6423) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24425 D e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Mit- teilung der Kommission – Die Um- welt Europas: Orientierung für die Zukunft – Gesamtbewertung des Programms der Europäischen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002II Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Ent- wicklung – „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“ (Drucksachen 14/2817 Nr. 3.1, 14/6922) 24425 D f) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Umweltbericht 2002; Bericht über die Umweltpolitik der 14. Legis- laturperiode (Drucksache 14/8755) . . . . . . . . . . . . . 24426 A g) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Umweltgutachten 2002 des Rates von Sachverständigen für Um- weltfragen – Für eine neue Vorreiter- rolle (Drucksache 14/8792) . . . . . . . . . . . . . 24426 B h) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Eva Bulling-Schröter, Rosel Neuhäuser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Ressourcenver- brauch der Bundesrepublik Deutsch- land statistisch besser abbilden (Drucksachen 14/2654, 14/6012) . . . . 24426 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Wolfgang Bierstedt, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der PDS: Vor- bereitung auf den Gipfel der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung in Johannesburg (Drucksache 14/9364) . . . . . . . . . . . . . . . . 24426 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Libe- rale Impulse für eine globale nachhaltige Entwicklung (Drucksache 14/9393) . . . . . . . . . . . . . . . . 24426 C Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundes- ministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24426 C Dr. Paul Laufs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 24429 A Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 24431 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 24433 A Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 24434 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24435 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 24436 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24438 A Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . 24439 B Tagesordnungspunkt 27: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Horst Seehofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Arbeit statt Sozial- hilfe – Hin zu einer Kultur von Ge- ben und Nehmen (Drucksachen 14/7443, 14/8663) . . . . 24441 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozial- ordnung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine sinn- volle Zusammenfassung von Ar- beitslosenhilfe und Sozialhilfe – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine be- schäftigungsorientierte und akti- vierende Sozialpolitik – Sozialhilfe und Arbeitsmarktpolitik grundle- gend reformieren (Drucksachen14/5983,14/6951,14/8665) 24441 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 24441 B Brigitte Lange SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24443 B Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24446 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24447 A Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24449 A Konrad Gilges SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24450 B Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 24451 C Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 24453 C Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24455 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 24456 A Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 III Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem NATO-geführten Einsatz auf mazedonischem Territorium zum Schutz von Beobachtern internatio- naler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementierung des politi- schen Rahmenabkommens vom 13. Au- gust 2001 auf der Grundlage des Ersu- chens der mazedonischen Regierung vom 28. April 2002 und der Resolution 1371 (2001) des Sicherheitsrats der Ver- einten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksachen 14/9179, 14/9436, 14/9446) 24456 C Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 24457 A Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . . . . . . 24457 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24460 A Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 24461 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 24462 A Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 24462 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 24463 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24466 C Tagesordnungspunkt 25: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung derBeteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001 und 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 des Si- cherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksachen14/9246,14/9437,14/9447) 24464 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Petra Bläss, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der PDS: Bun- deswehreinheiten aus der Golfregion zurückziehen (Drucksachen 14/8270, 14/8834) . . . . . 24464 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Petra Bläss, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der PDS: Bünd- nisfall aufheben (Drucksachen 14/8664, 14/9435) . . . . . 24464 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der PDS: Den in- ternationalen Terrorismus wirksam bekämpfen – den Krieg in Afghanis- tan beenden (Drucksachen 14/7500, 14/8234) 24464 C Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 24464 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 24468 B Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 24471 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24471 D Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . 24472 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24473 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 24474 C Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24476 A Peter Zumkley SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24476 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 24478 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24479 C Zusatztagesordnungspunkt 20: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Neuregelung des Zollfahndungsdienstes (Zollfahndungsneuregelungsgesetz) (Drucksachen 14/8007 [neu], 14/8515, 14/9332, 14/9430) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24478 C Tagesordnungspunkt 26: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 96) (Drucksachen 14/8994, 14/9425) . . . . . 24478 D – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes (Drucksachen 14/8978, 14/9425) . . . . . 24478 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 24479 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24482 C Tagesordnungspunkt 28: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitneh- mertrinkgeldern (Drucksache 14/9029, 14/9428) . . . . . . . 24484 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002IV Gerhard Schüßler, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuerge- setzes (Abschaffung der Trinkgeld- besteuerung) (Drucksache 14/9061, 14/9428, 14/9443, 14/9444) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24484 B Susanne Kastner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24485 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24485 C Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 24486 C Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 24489 A Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 24490 B Brunhilde Irber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24491 B Tagesordnungspunkt 29: a) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entwicklung und Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland (Drucksachen 14/7870, 14/9177) . . . . 24493 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Horst Seehofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Teilzeitbeschäftigung wirtschaftsverträglich und familien- gerecht fördern (Drucksachen 14/4526, 14/9414) . . . . 24493 B Tagesordnungspunkt 32: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Jugendschutzgesetzes (JuSchG) (Drucksachen 14/9013, 14/9410) 24493 C – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Uta Titze- Stecher, Werner Lensing und weite- ren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Ju- gendschutzgesetz) (Drucksachen 14/8956, 14/9410) 24493 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ju- gendschutz stärken (Drucksachen 14/9027, 14/9410) . . . . 24493 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Aus- wirkungen der jetzigen Fassung des § 3 des Gesetzes über die Ver- breitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) – zu dem Dritten Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesell- schaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ zum Thema: Kinder- und Jugend- schutz im Multimediazeitalter (Drucksachen 14/1105, 14/1187 Nr. 1.4, 13/11001, 14/6675) . . . . . . . . . . . . . . . 24493 D Tagesordnungspunkt 34: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeug- nissen (Drucksachen 14/9196, 14/9239, 14/9422) 24494 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Monika Griefahn, Hermann Bachmaier, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der SPD so- wie den Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (Drucksachen 14/8854, 14/9422) . . . . 24495 A Tagesordnungspunkt 35: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgenab- schätzung; hier: Monitoring „Risi- koabschätzung und Nachzulassungs- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 V Monitoring transgener Pflanzen“ – zu dem Antrag der Abgeordneten Helmut Heiderich, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zukunft für die „grüne“ Gentechnik (Drucksachen 14/5492, 14/6616, 14/8091) . . 24495 B Tagesordnungspunkt 36: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Doping- opfer-Hilfegesetz – DOHG) (Drucksachen 14/9028, 14/9440) . . 24495 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich Bohl, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion der CDU/ CSU sowie dem Abgeordneten Dr. Klaus Kinkel und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Doping- opfer-Hilfegesetz – DOHG) (Drucksachen 14/9022, 14/9440) . . 24495 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Norbert Barthle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Errichtung eines Fonds zur Unterstützung der Doping-Opfer der DDR (Drucksachen 14/5674, 14/9440) . . . . . 24495 D Friedhelm Julius Beucher SPD . . . . . . . . . . . 24496 B Klaus Riegert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 24497 B Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24498 D Dr. Klaus Kinkel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24500 A Gustav-Adolf Schur PDS . . . . . . . . . . . . . . . 24501 A Klaus Riegert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 24501 C Gustav-Adolf Schur PDS . . . . . . . . . . . . . . . 24501 D Dr. Peter Danckert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 24502 A Tagesordnungspunkt 38: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer kapi- talgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zu- satzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze (Hüttenknappschaftliches Zu- satzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz) (Drucksachen 14/9007, 14/9442, 14/9445) 24503 C Zusatztagesordnungspunkt 21: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu dem am 6. Juni 2002 vorgestellten Friedensgutachten der fünf führenden Friedensforschungsinstitute 24503 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 24504 A Dr. Hans-Peter Bartels SPD . . . . . . . . . . . . . 24504 D Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 24506 A Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 24506 D Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . 24508 B Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . 24509 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24510 A Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24511 D Christian Sterzing BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24512 A Zusatztagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vorsorgeleis- tungen (Drucksache 14/9357) . . . . . . . . . . . . . . . . 24512 C Tagesordnungspunkt 39: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: Bahn- preissystem für Fahrgäste attraktiv gestalten (Drucksachen 14/7768, 14/8557) . . . . . 24512 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: Interre- gio für die Regionen erhalten (Drucksachen 14/4543, 14/8575) . . . . . 24513 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002VI – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Danckert, Siegfried Scheffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt- Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Option für eine Fernbahnanbindung des Bahnhofs Berlin-Lichtenberg of- fen halten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Realisie- rung einer direkten Fernbahn- verbindung zwischen den Bahn- höfen Berlin Ostbahnhof und Berlin-Lichtenberg beim Ausbau des Eisenbahnknotens Berlin (Drucksachen 14/9270, 14/3783, 14/9403) 24513 A d) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, Rosel Neuhäuser und der Fraktion der PDS: Innerdeutschen Luftverkehr auf die Bahn verlagern (Drucksache 14/9255) . . . . . . . . . . . . . 24513 B e) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Magnetschwebe- bahnplanungsgesetzes (Drucksache 14/8300,14/9345) . . . . . . 24513 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Georg Brunnhuber, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Mitwirkungsrechte des Deut- schen Bundestages bei Transra- pid-Entscheidungen sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling- Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Keine Entscheidung über den Bau einer Magnetschwebebahnstrecke in der Bundesrepublik Deutschland ohne Einstellung der entspre- chenden Bundesmittel in den Bundeshaushalt (Drucksachen 14/8590, 14/8296, 14/9345) 24513 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: Erhalt der Bahnwerke – behindertengerechte Um- rüstung des Wagenparks der DB AG (Drucksache 14/9365) . . . . . . . . . . . . . . . . 24513 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24514 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 24515 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Bundesregie- rung über die Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezem- ber 2001 und 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 25 a) . . . . . . . . . . . . . . . 24516 A Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Steffi Lemke und Christian Simmert (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung über die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz einer inter- nationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan auf der Grundlage der Resolutio- nen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001 und 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 25 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24516 B Anlage 4 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (242. Sitzung, Tagesordnungspunkt 19) . . . . . 24516 D Rainer Brinkmann (Detmold) SPD . . . . . . . . 24516 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 VII Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – des Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerfrei- stellung von Arbeitnehmertrinkgeldern – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abschaf- fung der Trinkgeldbesteuerung) (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . . . . . . . . . 24518 B Dr. Barbara Höll PDS^ . . . . . . . . . . . . . . . . . 24518 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Großen Anfrage: Entwicklung und Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Teilzeitbeschäftigung wirtschafts- verträglich und familiengerecht fördern (Tagesordnungspunkt 29) . . . . . . . . . . . . . . . . 24519 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24519 A Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . . 24520 D Matthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 24521 C Brigitte Baumeister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 24522 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24523 C Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 24524 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24525 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Entwurfs eines Jugendschutzgesetzes (JuSchG) – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz – JÖSchG) – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Jugendschutz stärken – der Beschlussempfehlung und des Berichts – zu dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der jetzigen Fassung des § 3 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) – zu dem Dritten Zwischenbericht der En- quete-Kommission „Zukunft der Me- dien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informations- gesellschaft“ zum Thema: Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter (Tagesordnungspunkt 32) . . . . . . . . . . . . . . . . 24526 A Kerstin Griese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24526 B Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24527 B Christian Simmert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24528 C Ingrid Fischbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24529 B Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24530 B Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24531 B Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24531 D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (Tages- ordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24533 A Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24533 B Anton Pfeifer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 24534 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24535 B Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . 24535 D Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24536 B Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 24537 A Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts – zu dem Bericht: Technikfolgenabschät- zung; hier: Monitoring „Risikoabschätzung und Nachzulassungs-Monitoring transge- ner Pflanzen“ – zu dem Antrag: Zukunft für die „grüne“ Gentechnik (Tagesordnungspunkt 35) . . . . . . . . . . . . . . . . 24538 C Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 24538 D Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24540 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24541 A Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24542 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24542 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zu- satzversicherung und zur Änderung anderer Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002VIII Gesetz (Hüttenknappschaftliches Zusatzversi- cherungs-Neuregelungs-Gesetz – HZvNG) (Tagesordnungspunkt 38) . . . . . . . . . . . . . . . . 24543 D Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24543 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 24545 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24546 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . 24546 B Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24547 A Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Bahnpreissystem für Fahr- gäste attraktiv gestalten – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Interregio für die Regionen erhalten – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Option für eine Fernbahnanbindung des Bahnhofs Berlin-Lichtenberg offen halten – Realisierung einer direkten Fern- bahnanbindung zwischen den Bahnhö- fen Berlin Ostbahnhof und Berlin- Lichtenberg beim Ausbau des Eisenbahnknotens Berlin – des Antrags: Innerdeutschen Verkehr auf die Bahn verlagern – des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe- bung des Magnetschwebebahnplanungsge- setzes – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages bei Transrapid Entschei- dungen sichern – Keine Entscheidung über den Bau einer Magnetschwebebahnstrecke in der Bundesrepublik Deutschland ohne Ein- stellung der entsprechenden Haushalts- mittel in den Bundeshaushalt – des Antrags: Erhalt der Bahnwerke – be- hindertengerechte Umrüstung des Wagen- parks der DBAG (Tagesordnungspunkt 39 und Zusatztagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24547 D Dr. Peter Danckert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 24548 B Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 24549 A Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 24550 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24550 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . 24551 C Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 24552 A Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vor- sorgeleistungen (Zusatztagesordnungspunkt 22) 24554 A Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . . . . . 24554 B Dr. Hans Georg Faust CDU/CSU . . . . . . . . . 24554 D Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24556 B Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 24556 D Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24557 A Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Aktuellen Stunde: Haltung der Bundesregierung zu dem am 6. Juni 2002 vorgestellten Friedensgutach- ten der fünf führenden Friedensforschungsin- stitute (Zusatztagesordnungspunkt 21) . . . . . . 24557 B Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 24557 C Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 24558 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . 24559 A Anlage 14 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24560 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 IX Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer 24514 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24515 (C) (D) (A) (B) Aigner, Ilse CDU/CSU 14.06.2002 Balt, Monika PDS 14.06.2002 Barthle, Norbert SPD 14.06.2002 Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 14.06.2002 Marieluise DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 14.06.2002* Bindig, Rudolf SPD 14.06.2002* Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 14.06.2002 Bohl, Friedrich CDU/CSU 14.06.2002 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.06.2002 Brüderle, Rainer FDP 14.06.2002 Bulmahn, Edelgard SPD 14.06.2002 Erler, Gernot SPD 14.06.2002 Fischer (Berlin), BÜNDNIS 90/ 14.06.2002 Andrea DIE GRÜNEN Flach, Ulrike FDP 14.06.2002 Francke, Klaus CDU/CSU 14.06.2002 Friedrich (Altenburg), SPD 14.06.2002 Peter Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 14.06.2002 Girisch, Georg CDU/CSU 14.06.2002 Glos, Michael CDU/CSU 14.06.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 14.06.2002 Dr. Grygier, Bärbel PDS 14.06.2002 Haack (Extertal), SPD 14.06.2002 Karl-Hermann Hampel, Manfred SPD 14.06.2002 Hartnagel, Anke SPD 14.06.2002 Helias, Siegfried CDU/CSU 14.06.2002 Hirche, Walter FDP 14.06.2002 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 14.06.2002 Hoffmann (Wismar), SPD 14.06.2002 Iris Dr. Hornhues, CDU/CSU 14.06.2002 Karl-Heinz Irmer, Ulrich FDP 14.06.2002 Jelpke, Ulla PDS 14.06.2002 Jünger, Sabine PDS 14.06.2002 Kampeter, Steffen SPD 14.06.2002 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 14.06.2002 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 14.06.2002 Kortmann, Karin SPD 14.06.2002 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.06.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 14.06.2002* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.06.2002* DIE GRÜNEN Lippmann, Heidi PDS 14.06.2002 Metzger, Oswald BÜNDNIS 90/ 14.06.2002 DIE GRÜNEN Michelbach, Hans CDU/CSU 14.06.2002 Michels, Meinolf CDU/CSU 14.06.2002 Müller (Berlin), PDS 14.06.2002* Manfred Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 14.06.2002 Neumann (Gotha), SPD 14.06.2002 Gerhard Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 14.06.2002 DIE GRÜNEN Nolte, Claudia CDU/CSU 14.06.2002 Ronsöhr, CDU/CSU 14.06.2002 Heinrich-Wilhelm Roos, Gudrun SPD 14.06.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 14.06.2002 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 14.06.2002 Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 14.06.2002 Andreas Schröder, Gerhard SPD 14.06.2002 Schröter, Gisela SPD 14.06.2002 Schütze (Berlin), CDU/CSU 14.06.2002 Diethard Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 14.06.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht (C) (D) (A) (B) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224516 Dr. Schwaetzer, FDP 14.06.2002 Irmgard Seehofer, Horst CDU/CSU 14.06.2002 Dr. Stadler, Max FDP 14.06.2002 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 14.06.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 14.06.2002 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 14.06.2002 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 14.06.2002 Dr. Westerwelle, Guido FDP 14.06.2002 Wolf, Aribert CDU/CSU 14.06.2002 Zapf, Uta SPD 14.06.2002 Zierer, Benno CDU/CSU 14.06.2002* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung über die Fortsetzung der Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001 und 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 25 a) Die Bundeswehr ist für einen Einsatz in Afghanistan weder ausgebildet noch ausgerüstet. Als Abgeordneter des Deutschen Bundestages fühle ich mich durch die Bun- desregierung über die Gefahren und die Konsequenzen dieses Einsatzes nicht ausreichend und umfassend infor- miert. Ebenso wenig gibt es Auskunft darüber, wann die- ser Auslandseinsatz beendet sein wird. Mit Betroffenheit muss ich feststellen, dass Auslands- einsätze der Bundeswehr zu einer Routineangelegenheit werden. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Steffi Lemke und Christian Simmert (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung über die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz einer interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Af- ghanistan auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001 und 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 25 a) Wir stimmen dem Antrag der Bundesregierung nicht zu. Wir können uns zwar durchaus Situationen vorstellen, in denen politische Prozesse von UN-Truppen sinnvoll militärisch abgesichert werden, halten aber an dieser Stelle die Grundkonstruktion für falsch. Die Präsenz al- lein in der Hauptstadt vermag sicherlich die Konflikte zwischen den Warlords im Land nicht zu entschärfen. Weit gravierender aber ist die gleichzeitige Präsenz von UN-Schutztruppe und kämpfender Truppe im Rahmen von „enduring freedom“ in Afghanistan. An beiden Einsätzen sind deutsche Soldaten beteiligt. Es ist gegen- über den UN-Truppen aus unserer Sicht nicht zu verant- worten, sie den aus dem Kombattanten-Status resultieren- den zusätzlichen Gefährdungen auszusetzen. Außerdem erschwert die Fortsetzung der Kampfhandlungen auf af- ghanischerm Boden im Rahmen von „enduring freedom“ die Realisierung des Auftrags der Friedenssicherung. Bei dieser Abstimmung geht es zwar nicht darum, die verhee- rende Fehlentscheidung „enduring freedom“ zu bestäti- gen, aber durch die Parallelität der Ereignisse, die wir bei der ersten Abstimmung über die UN-Truppe im Dezem- ber noch für vorübergehend hielten, sind die beiden Ebe- nen faktisch miteinander vermischt, was uns eine Zustim- mung nicht möglich macht. Gleichzeitig findet mit dieser Entscheidung ein weiterer Schritt zur „Enttabuisierung“ von Militär als Mittel der Politik statt; eine falsche Wei- chenstellung für die Entwicklung einer Gesellschaft, die nicht den Einstieg in eine neue Rüstungsspirale braucht, sondern Engagement dafür, dass sie ziviler und demokra- tischer wird. Anlage 4 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von be- stimmten Bau- und Abbruchabfällen (242. Sit- zung, Tagesordnungspunkt 19) Rainer Brinkmann (Detmold) (SPD): Wir sprechen heute über eine Verodnung, auf die viele in der Abfall- wirtschaft gewartet haben. Die Situation der Abfallwirt- schaft hat sich im zurückliegenenden Jahrzehnt vollkom- men gewandelt. Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre führte vor allem die Knappheit der Beseitigungskapazitä- ten dazu, dass die ökologischen Vorzüge der Abfallver- wertung höher eingeschätzt wurden. Auch der Gesetzge- ber trug dem mit Rechtsänderungen Rechnung. Mit dem 1994 beschlossenen und im Oktober 1996 in Kraft getre- tenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz wurde das frühere Abfallgesetz der neuen Philosophie angepasst und die Verwertung von Abfällen zur allgemeinen Rechts- pflicht erhoben. Jede Verwertung ist wirtschaftlich inte- ressant, wenn sie weniger kostet als die Beseitigung. Hohe Umweltstandards für die Abfallbeseitigung mit den daraus resultierenden Kostenbelastungen steigern damit gleichzeitig die Attraktivität der Verwertung. Die weitaus wichtigste Rolle spielen gegenwärtig al- lerdings die innerdeutschen Unterschiede in den Entsor- gungspreisen. Diese beruhen darauf, dass die Anforde- rungen der technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASI) bislang nur eingeschränkt beachtet werden. Auch die feh- lende Abgrenzung zwischen Abfällen zur Beseitigung und Abfällen zur Verwertung im geltenden Recht führt zu erheblichen Fehlentwicklungen. Diese Entwicklungen können grob mit den Stichworten „Scheinverwertung“ und „Mülltourismus“ beschrieben werden. Dies ist aller- dings nur die eine Seite der Medaille. Denn neben der ökologischen Betrachung der Ströme in der Abfallwirt- schaft gibt es natürlich auch eine finanzielle Auswirkung. Die Entsorgungsanlagen, die von den entsorgungspflich- tigen Gebietkörperschaften in den letzten Jahren auf ho- hem Umweltniveau errichtet worden sind, werden von vielen Abfallbesitzern umgangen. Es hat sich bundesweit ein Abfallspotmarkt entwickelt, da für die Verwertungs- abfälle keine Andienungspflicht besteht. Die größten Lasten dieser Fehlentwicklung tragen die Gebührenzahlerinnen und -zahler in den privaten Haus- halten. Die Unterschiede in der Preisgestaltung zwischen privaten Haushaltsabfällen und gewerblichen Verwer- tungsabfällen belaufen sich im Einzelfall bis zu einem Verhältnis von 1:3. Im Klartext heißt dies: Abfälle aus den privaten Haushalten sind bis zu dreimal so teuer wie Ab- fälle aus der gewerblichen Wirtschaft. Die private Wirt- schaft trägt aber in genau dem gleichen Maße zu den jet- zigen und zukünftigen Kosten der Abfallwirtschaft bei wie die privaten Haushalte. Wir stellen also eine Subven- tionierung der gewerblichen Abfälle durch die privaten Haushalte fest. Diese Situation ist für uns nicht hinnehm- bar. Auch die ökologische Seite des hier entstandenen Müll- tourismus ist auf Dauer nicht tragbar. Abfälle zur Verwer- tung, die aber de facto beseitigt werden, werden über Strecken bis zu 400 km transportiert. Dies ist ökologisch und ökonomisch unsinnig. Durch diese Entwicklung wird auch eine ökologisch hochwertige Verwertung verhindert. Wir hatten daher ursprünglich eine umfassende Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes geplant, die sich allerdings aufgrund noch ungeklärter euoparechtli- cher Fragen bislang nicht verwirklichen ließ. Daher legen wir ihnen nach intensiven Diskussionen mit den beteilig- ten Kreisen die heutige Verordnung vor. Diese Verordnung hat übrigens im Bundesrat eine breite Mehrheit gefunden. Nach der erstmaligen Befassung des Bundestages mit die- ser Verodnung hat der Bundesrat einige Änderungen be- schlossen, die wir mit einer Ausnahme ausdrücklich be- grüßen. Im Kern beinhaltet diese Verordnung nun vier wesentliche Änderungen gegenüber der jetzigen Rechts- lage: Erstens. Das Getrennthaltungsgebot für die verschie- denen Abfallfraktionen wird verschärft. Zweitens. Die ver- mischten Abfallfraktionen, die dennoch verwertet werden sollen, gelten nur dann als Verwertungsabfälle, wenn in den Sortieranlagen eine Verwertungsquote von mindestens 85 Prozent erreicht wird. Drittens. Jeder Gewerbebetrieb wird in Zukunft über eine Resttonne verfügen müssen, da in jedem Betrieb Abfälle anfallen, die nicht sinnvoll ver- wertet werden können. Viertens. Durch eine Hausmüllde- finition wird sichergestellt, dass der Abfall, der bei priva- ter Lebensführung anfällt, nicht mehr als Gewerbeabfall und Verwertungsabfall umdefiniert werden kann. Auch wenn diese Verodnung nicht die gleiche Wirkung wie eine Gesetzesänderung hat, erfüllt sie dennoch einige wichtige Ziele. Sie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie wird für die kommunalen entsorgungspflichtigen Ge- bietskörperschaften mehr Planungs- und Rechtssicherheit schaffen und gleichzeitig genügend Anreize für eine hoch- wertige Verwertung sicherstellen. Die kommunalen Spit- zenverbände und die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall sind derzeit bereits dabei, für die Kommunen entspre- chende Handreichungen zu erarbeiten, damit eine Umset- zung dieser Verordnung möglichst schnell erfolgen kann. Dennoch werden wir in der nächsten Legislaturperiode eine umfassende Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes einbringen. Diese Novelle wird die entsprechenden Urteile des europäischen Gerichtshofes berücksichtigen und somit auch zu mehr Rechtssicherheit führen. Es kann nicht angehen, dass die Mehrzahl der Ver- tragsverletzungsverfahren im Abfallbereich geführt wer- den und dass deutsche Verwaltungsgerichte mit Hunderten von Fällen zur Auslegung des derzeitigen Abfallrechtes beschäftigt sind. Die Rechtsssicherheit auch in diesem Be- reich muss verbessert werden. Eine zukünftige ökologisch orientierte Abfallwirt- schaft muss Wettbewerb sicherstellen, aber auch an den Zielen der Nachhaltigkeit orientiert sein. Nachhaltige Ab- fallwirtschaft bedeutet zuallererst die Erreichung mög- lichst hoher Umweltziele. Aber auch unter Fragen der so- zialen Gerechtigkeit und der finanziellen Zumutbarkeit müssen die zukünftigen Gesetzesvorhaben beurteilt wer- den. Ein ökologisches Ziel der Abfallwirtschaft wird in Zukunft die Ressourcenschonung sein. Wir werden noch einmal eine intensive Debatte über die unterschiedliche Bewertung von stofflicher und energetischer Verwertung zu führen haben. Diese Debatte wird frei von allen Ideo- logien geführt werden müssen. Mit großer Sorge verfolgen wir zurzeit die Diskussio- nen in der bundesdeutschen Politik, die eine vollständige Liberalisierung der Abfallwirtschaft beabsichtigt. In Zu- kunft sollen nach diesen Vorstellungen nicht mehr die Kommunen zuständig für die Abfallentsorgung sein, son- dern diese Aufgabe komplett an Private abgeben. Im Klar- text führt dies zu einem Häuserkampf, weil die Entsor- gungsbetriebe jeden einzelnen Haushalt als Kunden gewinnen müssen. Gleichzeitig würde dies aber auch zu einer weiteren Konzentration in der Abfallwirtschaft führen, weil die kleinen und mittelständischen Entsor- gungsbetriebe, die zum Teil nur über wenige Beschäftigte verfügen, den Verwaltungsaufwand überhaupt nicht be- wältigen könnten. Eine weitere Konzentration in der Ent- sorgungswirtschaft wäre allerdings verheerend. Schon heute beobachten wir mit großer Sorge, wie ei- nige große Entsorger ganze Regionen dominieren. Dabei kommt es auch zu den von uns allen beklagten Missstän- den. Dennoch will ich an dieser Stelle einmal klarstellen, dass die Entsorgungswirtschaft in ihrer überwiegenden Mehrheit gute und rechtlich einwandfreie Arbeit leistet. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24517 (C) (D) (A) (B) Es ist nur eine kleine Minderheit, die skrupellos Lücken in der Gesetzgebung ausnutzt, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, und die ohne Rücksicht auf die Umwelt und die nachfolgenden Generationen handelt. Wenn bei dieser Minderheit dann auch noch Korruption im Spiel ist, muss dies für uns Anlass zu grundsätzlichen Überlegungen sein. Die Sicherstellung der mittelständischen Struktur in der Entsorgungswirtschaft ist ein hohes Gut und der Ga- rant für die Beibehaltung des Wettbewerbes im Abfall- markt. Das Miteinander zwischen öffentlichen und priva- ten Entsorgern hat sich im Wesentlichen bewährt. Ich rege an, bei den mit hohen Investitionen zu errichtenden oder bereits bestehenden Entsorgungsanlagen nicht nur auf die großen Beteiligungen von strategischen Partnern zu schielen, sondern auch ganz neue und unkonventionelle Formen der Finanzierungsbeteiligung zu überdenken. Die Funktionalität der Abfallwirtschaft würde nicht gefährdet, wenn sich viele kleine Entsorger an diesen Anlagen betei- ligen würden oder wenn Aktiengesellschaften mit Hun- derten von Kleinaktionären an diesen Anlagen beteiligt würden. Sie sehen also, dass die Abfallwirtschaft auch in Zu- kunft spannend bleibt und viele Aufgaben vor uns liegen. Wir werden uns diesen Herausforderungen stellen und in der nächsten Legislaturperiode hierzu eine Reihe von Ini- tiativen ergreifen. Wir werden der Verordnung zustimmen und selbstverständlich den vorliegenden Entschließungs- antrag der FDP-Fraktion ablehnen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – des Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ein- kommensteuergesetzes (Abschaffung der Trink- geldbesteuerung) (Tagesordnungspunkt 28) Barbara Höll (PDS): Die PDS unterstützt das Anlie- gen, Trinkgelder von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mern von der Besteuerung zu befreien. Wir begrüßen auch die am Mittwoch im Finanzausschuss vorgenommene Änderung am Gesetzentwurf. Damit sind auch Trinkgel- der eingeschlossen, die nicht aufgrund einer konkreten Dienstleistung von Kunden oder Gästen zusätzlich zum Rechnungsentgelt gezahlt werden. Die Krankenschwes- ter, der Verkaufsfahrer oder der Postbote werden also zukünftig keine Steuern auf erhaltenes Trinkgeld zahlen müssen. Ich möchte betonen: Die Regelung in ihrer jetzt vorlie- genden Form war Wille aller Fraktionen im Finanzaus- schuss, auch wenn die Koalition den entsprechenden Änderungsantrag – entgegen der Absprache auf Refe- rentenebene – allein eingebracht hat. Hier hat Rot-Grün wieder einmal ein Possenspiel vorgeführt, wie es trauriger nicht sein kann. Aber derzeit geht es eben um Wahlkampf, nicht um Sachpolitik. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, obwohl grundsätz- lich natürlich alle Einkünfte eines Steuerpflichtigen be- steuert werden sollten, egal warum sie ihm zufließen. Wir meinen aber, dass es – gerade im Dienstleistungs- bereich – viel zu viele Menschen gibt, die in prekären Be- schäftigungsverhältnissen arbeiten oder einen niedrigen Lohn erhalten. Oft reicht das Verdiente gerade aus, um die eigene Existenz abzudecken. Da sind Trinkgelder eine Chance, den Lohn aufzubessern. Die Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern ist für uns aber kein Plädoyer für Niedriglöhne oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Die Begründung der Koalition im Gesetzentwurf weise ich ausdrücklich zurück. Sie führen aus, dass die steuerliche Belastung von Trinkgeldern eine Ursache für die zu geringe Beschäfti- gungsanzahl im Niedriglohnsektor ist. Vielleicht sollten Sie die Ursache der geringen Beschäftigungszahl im Nied- riglohnbereich eher darin sehen, dass Menschen für geleis- tete Arbeit auch angemessen bezahlt werden wollen. Der Ausbau des Niedriglohnsektors ist für uns kein Konzept zur Senkung der Arbeitslosigkeit. Wir meinen, dass es oh- nehin schon zu viele Menschen gibt, die von ihren Löhnen nicht leben können. Trinkgelder und ihre Steuerbefreiung sind nicht die Lösung für dieses Problem. Hier sollten Sie auf unseren Vorschlag der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes eingehen, der in der vergangenen Woche im Parlament diskutiert wurde. Die Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern darf auch kein Feigenblatt für ein Lohndumping seitens der Arbeitgeber sein. Ein weiterer wesentlicher Grund unserer Zustimmung ist die Schwierigkeit, Trinkgelder überhaupt zu erfassen. Derzeit wird dies durch Schätzungen anhand des Umsatzes oder durch die Angabe des Arbeitgebers der Betroffenen geleistet. Hier aber sehe ich das Problem des so genannten „Erfassungsdefizits“. Das BVG hat 1991 im Zusammen- hang mit der Erfassung von Kapitalerträgen festgestellt, dass eine Steuerbelastung nicht nur die erklärungsbereiten Bürgerinnen und Bürger treffen darf. Dies widerspricht dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit. Wer aber mag die Höhe der Trinkgelder kontrollieren. Derzeit sind Finanzämter schon damit überlastet sind, Betriebsprüfun- gen im gesetzlich vorgeschriebenen Turnus durchzuführen. Ich möchte daran erinnern, dass noch bis zum vergange- nen Jahr alle bisherigen parlamentarischen Initiativen zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern von Rot- Grün abgelehnt wurden. Damals wurden die Argumente der Steuersystematik und der Einnahmeausfälle angebracht. Umso mehr freue ich mich, dass sich die Koalition – so kurz vor der Wahl – noch zu einer arbeitnehmerfreundlichen Maßnahme durchringen konnte. Sollte sich da die Erkennt- nis durchgesetzt haben, dass die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer durch die Politik der Koalition zu kurz gekom- men sind? Vielleicht ringt sich die Koalition angesichts dieser Er- leuchtung auch noch dazu durch, unseren Forderungen nachzukommen. Wir warten noch immer auf die verspro- chene Erhöhung des Freibetrages für Arbeitnehmerabfin- dungen und auf die Aufhebung der Zweijahresfrist für die Absetzbarkeit der Kosten der doppelten Haushalts- führung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224518 (C) (D) (A) (B) Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Großen Anfrage: Entwicklung und Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Teil- zeitbeschäftigung wirtschaftsverträglich und fami- liengerecht fördern (Tagesordnungspunkt 29) Klaus Brandner (SPD): In dieser Legislaturperiode haben wir Fehlentwicklungen korrigiert und das Arbeits- recht konsequent modernisiert. Der Reformstau wurde zugunsten einer aktiven Unternehmenskultur aufgelöst. Flexibilität und Sicherheit werden nun in ausgewogener Weise gewährleistet. Auch wenn Sie von der Opposition es nicht wahrhaben wollen, unsere Zahlen können sich im internationalen Vergleich sehen lassen. Die Flexibilisierung der Arbeits- zeit ist in Deutschland weit fortgeschritten. Sie ist für die Unternehmen wichtiges Instrument zur Bewältigung der Arbeitsspitzen und zur Steigerung der Produktivität. Sie ist wichtig für den beschäftigungswirksamen Abbau von Überstunden, die Beschäftigungssicherung und die Schaf- fung von Arbeitsplätzen. Arbeitszeitflexibilisierung ist auch ein Ansatz für mehr Chancengleichheit von Frauen und Männern im Erwerbsleben, für eine bessere Verein- barkeit von Familie und Beruf und für ein Mehr an indi- vidueller Zeitsouveränität. Die CDU/CSU hat nicht einmal gemerkt, dass sich ihr Antrag im Wesentlichen durch das bereits am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Teilzeit- und Befristungsgesetz erledigt hat. Die Forderung, den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit wieder aufzuheben, ist allerdings ein gesellschafts- und sozialpolitischer Rückschritt. Die SPD lehnt das entschieden ab. Arbeitsmarkt-, familien- und gleichstellungspolitischen Zielen kann oder will sie mit der angestrebten Begrenzung des Teilzeitanspruchs nicht gerecht werden. Entgegen ihrer Aussage werden Arbeit- geber durch unser Gesetz nicht unzumutbar belastet. Im Gegenteil: In den meisten Fällen vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich eine vernünftige inte- ressengerechte Lösung. Den Teilzeitanspruch auf soziale Tatbestände zu begrenzen, wäre familien- und gleichstel- lungspolitisch kontraproduktiv. Wir haben Rahmenbedin- gungen geschaffen, damit Mann und Frau gleichermaßen den Antrag auf Teilzeit stellen können. Die Union provoziert mit ihrer Beschränkung auf soziale Tatbestände regelrecht eine Einstellungshürde für Frauen. Möglicherweise ärgert sie sich auch nur über die Tatsache, dass die von ihr prognostizierte Prozessflut bei den Arbeitsgerichten gar nicht eingegangen ist. Sie soll- ten sich doch wenigstens jetzt ihren Fehler eingestehen. Einer Untersuchung des Kölner Instituts zur Erforschung sozialer Chancen (ISO) zufolge arbeiten in Deutschland 85 Prozent in flexiblen Arbeitszeitformen in den unter- schiedlichsten Ausgestaltungen. Lediglich 15 Prozent der Arbeitnehmer haben eine Vollbeschäftigung, die der herkömmlichen Lage der Arbeitszeit entspricht, nicht variiert und an fünf Wochentagen – Montag bis Freitag – ausgeübt wird. Flexible Arbeitszeitmodelle sind erfolgreich, wenn sie sowohl an den Wünschen der Beschäftigten als auch an betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten ausgerichtet sind. Wir setzen im Gegensatz zu der Opposition auf mündige Beschäftigte. Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer wissen selbst am besten, was sie wollen. Wir wollen deshalb nicht, dass der Arbeitgeber allein entschei- det, ob jemand in Teilzeit gehen darf oder nicht. Deshalb haben wir den Teilzeitanspruch eingeführt. All diejenigen, die angekündigt haben, dass mit der Einführung des Rechtsanspruches auf Teilzeit die Teilzeitbeschäftigung zurückgehen würde, haben sich geirrt. Die neueste Sta- tistik, der mikrozensuns, belegt doch, dass wir viel mehr zusätzliche Teilzeitarbeitsstellen haben und nicht weniger. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten hat in 2001 erheblich zugenommen; er ist um 320 000 auf 6,8 Mil- lionen gestiegen. Die Teilzeitquote beträgt nunmehr 20,8 Prozent. Die Union will nicht nur den generellen Anspruch auf Teilzeitarbeit wieder abschaffen. Sie will die Reformen zurücknehmen, auf die Deutschland 16 lange Jahre ge- wartet hat. Es wird immer wieder das Gleiche erzählt: Es seien Arbeitnehmerrechte, die unsere Wirtschaft behin- dern, die die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen verhin- dern. Das ist Unsinn. Wir wissen es aus Erfahrung besser: Als die Regierung Kohl 1996 den Kündigungsschutz be- schnitt, wollte sie dadurch 500 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Es war ein riesiger Fehlschlag. Selbst der Zen- tralverband des Deutschen Handwerks hat ein Jahr später die Schlappe eingestanden. Nach seiner Umfrage wurden nicht einmal 20 000 Arbeitsplätze geschaffen, stattdessen hätten um ein Haar Millionen von Arbeitnehmern den Kündigungsschutz verloren. Deswegen hat die Regierung gleich nach Amtsantritt den Kündigungsschutz wieder hergestellt. Mit der Beseiti- gung von Arbeitnehmerrechten lässt sich Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen. Die OECD hat den Zusammenhang zwischen Beschäftigungsschutz und Arbeitsmarkt in 27 Ländern untersucht. Ergebnis: Die Ausgestaltung des Beschäftigungsschutzes hat laut OECD Employement Gutlook 1999 wenig oder gar keine Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit. Es besteht daher kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Arbeitsrecht und der Höhe der Arbeitslosigkeit. Mit dem Gesetz über Teilzeit- und befristete Arbeits- verträge haben wir einen effektiven Beitrag zum Be- schäftigungsaufbau und zur Beschäftigungssicherung ge- leistet. Wir haben die Befristung dauerhaft geregelt und damit Rechtsicherheit hergestellt und die Vereinbarung der europäischen Sozialpartner umgesetzt. Ein wesentli- cher Kernpunkt in diesem Gesetz ist, den Missbrauch von aufeinander folgenden Kettenbefristungen zu verhindern. Diesen Missstand haben wir beseitigt ebenso wie wir dem Mangel an Teilzeitarbeitsplätzen entgegenwirken. Die CDU/CSU fordert die Aufhebung dieser Be- schränkung. Sie will praktisch den alten Zustand wieder Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24519 (C) (D) (A) (B) herstellen, bei dem befristete Arbeitsverträge mit und ohne Sachgrund unbegrenzt aufeinander folgen könnten. Kettenbefristungen laufen darauf hinaus, Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu neh- men und darüber hinaus ihre gesamte arbeitsrechtliche Stellung zu schwächen. Rechtlose Beschäftigte, die jeder- zeit für Unternehmen verfügbar sind, das ist das Ziel die- ser Forderungen. Aber niemals mit uns! Mit der Dauerregelung im Teilzeit- und Befristungsge- setz haben wir Rechts- und Planungssicherheit für die Ar- beitgeber geschaffen. Zusätzlich wurde die sachgrundlose Befristung branchenspezifisch flexibilisiert, indem die Höchstbefristungsdauer und die Anzahl der zulässigen Befristungen tarifdispositiv gestaltet wurden. Die Tarif- vertragsparteien können die Ausgestaltung der befristeten Beschäftigung also selber in die Hand nehmen. Sie sind in der Regel näher am Ball. Unser Gesetz bietet geradezu ein Muster an Flexibilität. Gleichzeitig bleibt ein sicheres Fundament. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit setzt außer der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch eine breitere Verteilung des vorhandenen Beschäftigungsvolu- mens voraus. Hierzu zählen kürzere und flexiblere Ar- beitszeiten sowie der Abbau bezahlter Mehrarbeit. Hier sind in erster Linie die Tarifvertragsparteien gefordert. Flexibilisierung ist von uns gewollt, wenn sie den Men- schen ein Stück Freiheit in ihr Arbeitsleben bringt. Dies setzt voraus, dass diese Arbeitsverhältnisse sozial und ar- beitsrechtlich geregelt sind und tarifpolitisch gestaltet werden können. Hinter den Forderungen der FDP aber auch der CDU/CSU verbirgt sich dagegen allein ein mas- siver Abbau sozialer Standards. Die Opposition erkennt nicht oder will nicht erkennen, dass die Möglichkeiten des Arbeitszeitgesetzes intensiv genutzt werden. Kürzere Arbeitszeiten müssen den indi- viduellen Bedürfnissen der Beschäftigten entgegenkom- men. Ein existenzsicherndes Einkommen ist für viele eine der Voraussetzungen. Auch die Altersvorsorge spielt eine große Rolle. Deshalb haben wir die Probleme der Schein- selbstständigen und der 325-Euro-Jobs gelöst. Die Arbeitnehmerüberlassung hat einen vernünftigen Sinn bei der Deckung vorübergehenden Arbeitskräftebe- darfes. Sie darf aber nicht dazu dienen, Dauerarbeitsplätze zu ersetzen. Wir haben die höchstzulässige Überlassung eines Leiharbeitnehmers auf 24 aufeinander folgende Monate verlängert. Dies gewährleistet die erforderliche Flexibilität. Mit der Arbeitnehmerüberlassung muss so- wohl das Interesse der Unternehmer, schnell auf kurzfris- tigen Arbeitskräftebedarf reagieren zu können, als auch das der Beschäftigten auf tarifliche Standards berücksich- tigt werden. Die Arbeitswelt hat sich grundlegend verändert. Sie ist wesentlich differenzierter und vielschichtiger geworden. Wir haben bei der Reform der Betriebsverfassung die Vo- raussetzungen für moderne und flexible Betriebsrats- strukturen geschaffen. Zudem wurden die Bedingungen für ein effektives Tätigwerden des Betriebsrates verbes- sert. Es wurden Modelle für eine wirkungsvolle betriebli- che Mitbestimmung geschaffen. Eine flexible Anpassung erfolgt durch Tarifverträge, die die Bedürfnisse der Be- triebe und der Arbeitnehmer berücksichtigen. Es sind in den letzten Jahren vermehrt tarifvertragliche Regelungen vereinbart worden, die je nach Gestaltung als Öffnungs-, Härte- oder Kleinbetriebsklauseln bezeichnet wurden. Danach können die Betriebspartner von Tarifregelungen abweichen. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewie- sen, dass sie in der Lage sind, eigenverantwortlich bran- chenspezifische Regelungen zu treffen. Es gibt 30 000 Ta- rifverträge. So beweglich könnte keine Gesetzgebung sein, wie dies für die Tarifvertragspartner möglich ist. Sie haben das Heft in der Hand. Nur so kann der Arbeitneh- merschutz gewährleistet werden. In den vergangenen Jahren haben insbesondere die Ar- beitszeitkontenmodelle an Bedeutung gewonnen. Allein von 1998 bis zum Jahr 2001 hat sich der Anteil der deut- schen Betriebe mit Arbeitszeitkontenmodellen um fast die Hälfte erhöht. Im Jahr 2001 nutzten 29 Prozent der deut- schen Betriebe Arbeitszeitkontenmodelle. Für 40 Prozent der Beschäftigten wurden Arbeitszeitkonten geführt. Dies zeigt, dass Deutschland bei der Arbeitszeitflexibilisierung gut dasteht. Sie ist ein bedeutender Beitrag für die Er- werbsfähigkeit. Mit den gesetzlichen Rahmenbedingun- gen haben wir die erforderlichen Voraussetzungen ge- schaffen. Flexible Arbeitszeiten sind auf dem Vormarsch. Dies wird durch die aktuellen Daten des Statistischen Bun- desamtes, durch den Mikrozensus 2001 belegt. Beispiels- weise haben 49 Prozent der abhängig Beschäftigten tägli- che Arbeitszeiten mit festem Beginn und Ende, 30Prozent verfügen über ein Arbeitszeitkonto. Wenn man die heute vorliegenden FDP-Anträge genau liest, dann wird leider deutlich, was dadurch tatsächlich erreicht werden soll. Es geht nicht um Flexibilisierung, sondern ausschließlich darum, Arbeitnehmerrechte zu be- schneiden. Auch der CDU/CSU nützt es nichts, dass der Kanzler- kandidat mit wolkigen Aussagen durch die Lande reist und verkündet, er wolle auf die Arbeitnehmer und Arbeitneh- merinnen zugehen. Damit will der bayerische Ministerprä- sident nur von seiner wahren Politik ablenken; denn hier wird schwarz auf weiß offenbar, was CDU/CSU eigentlich im Schilde führt. Die Opposition unterschätzt die Wähler. Ihre Strategie wird durchschaut. Die Quittung wird sie spä- testens am 22. September diesen Jahres erhalten. Walter Hoffmann (Darmstadt) (SPD):Wer sorgfältig die Antwort der Bundesregierung zur Großen Anfrage der FDP in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland liest, der stellt fest, dass die Flexibilisierung der betriebli- chen Arbeitszeiten in den letzen Jahren rapide zugenom- men hat. Ob Schicht- oder Gleitsysteme, Arbeitszeitkon- ten oder Jahresarbeitszeiten, Teilzeit- oder befristete Beschäftigungsverhältnisse – wir finden auf der betriebli- chen Ebene in allen Branchen völlig unterschiedliche Re- gelungen, die alle den Versuch unternehmen, Interessen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. Die Menschen wollen flexible Arbeitszeiten, wollen Teilzeitbeschäftigung, um Arbeit und Freizeit sowie Fa- milienleben in Einklang zu bringen. Der Gesetzgeber tut gut daran, den Rahmen zu gestalten und den Tarifver- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224520 (C) (D) (A) (B) tragsparteien ein Höchstmaß an Gestaltungsmöglichkei- ten zu geben. Betriebsräte und Gewerkschaften sowie Ar- beitgeber sind näher dran, kennen die Notwendigkeiten und haben bisher immer die Balance zwischen Arbeitge- ber- und Arbeitnehmerinteressen gefunden. Wenn allerdings Neoliberale wie die FDP über Flexi- bilisierung oder Teilzeitbeschäftigung reden, dann bedeu- tet das immer Verschiebung dieses Gleichgewichtes zu- gunsten der Arbeitgeberseite. Die arbeitsmarktpolitischen Überlegungen der FDP sind ein Rückgriff auf Vorschläge aus der Mottenkiste. Sie heiligen die Selbstheilungskräfte des Marktes. Für die Menschen heißt dies: Abbau des Kündigungsschutzes, mehr befristete Arbeitsverhältnisse – möglichst als Regelfall – und die Aushöhlung des be- währten Flächentarifvertrages. Es geht im Kern darum, die Rechte und den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schrittweise zu beseitigen unter dem Motto: Jeder ist seines Glückes Schmied. Wer betriebliche Realität kennt, weiß, dass die arbei- tenden Menschen soziale Schutzrechte haben müssen, da- mit sie nicht willkürlich den Marktgesetzen ausgeliefert werden. Deshalb wollen wir den Kündigungsschutz er- halten, haben wir die Befristung von Arbeitsverträgen so- zialverträglich eingeschränkt, haben wir ein Recht auf Teilzeitbeschäftigung geschaffen – wovon insbesondere Frauen profitieren –, haben wir den Erziehungsurlaub ausgebaut, haben wir die Arbeitsmöglichkeiten der Be- triebsräte, vor allem auch in Fragen der Qualifizierung und Arbeitszeit, weiterentwickelt. Wir glauben nicht daran, dass die Selbstheilungskräfte des Marktes sich automatisch positiv auswirken, sondern es bedarf immer einer aktiven Arbeitsmarkt- und Be- schäftigungspolitik, die die unterschiedlichen Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern miteinander in Ein- klang zu bringen versucht. Sie von der CDU/CSU wollen durch eine einseitige so genannte wirtschaftsverträgliche Gestaltung diese Ba- lance zerstören und mit der Abschaffung des Teilzeitan- spruches den Menschen die Möglichkeit rauben, Familie und Beruf miteinander zu verbinden. Dabei haben wir im- mer klar und deutlich gesagt, dass betriebliche Gründe berücksichtigt werden müssen. Das schützt die Interessen der Arbeitgeber in ausreichender Weise. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben durch un- ser Gesetz Freiräume zur persönlichen Entfaltung gewon- nen. Dies steigert ihre Motivation am Arbeitsplatz, was den Unternehmen zugute kommt und die Produktivität er- höht. Außerdem schafft Teilzeit neue Arbeitsplätze und verbessert damit die allgemeine Beschäftigungssituation. Flexibilisierung darf daher nicht als Kampfbegriff für den Abbau wichtiger Arbeitnehmerrechte missbraucht, sondern muss als Aufforderung verstanden werden, krea- tiv nach Gestaltungsmöglichkeiten von Arbeitszeit und Arbeitsverhältnissen zu suchen. Arbeitnehmer und Ar- beitgeber sind gefordert. Deshalb lehnen wir den Antrag der CDU/CSU ab, der unser Teilzeit- und Befristungsgesetz wieder zurückneh- men will. Wir haben auch keine neue „Reglementierung“ geschaffen. Die Änderungen im Betriebsverfassungs- gesetz, im Kündigungsschutzgesetz und im Arbeitsför- derungsrecht verbessern vielmehr die Situation der Menschen in unserem Lande und tragen zu einem gleich- berechtigten Miteinander im Arbeitsleben bei. Die Entwicklung der Arbeitswelt wird unweigerlich weitere Flexibilisierungen und neue Formen von Arbeits- zeitregelungen mit sich bringen. Wir sollten daran arbei- ten, den Rahmen für diese sozialen Veränderungen sozi- alverträglich zu gestalten. Matthäus Strebl (CDU/CSU): Letzte Woche haben wir im Plenum über Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs- politik debattiert. Die derzeitige Situation ist verheerend: Im Frühling dieses Jahres waren über 4 Millionen Men- schen in diesem Land ohne Arbeit. Viele Patentlösungen und Rezepte gegen die Misere werden dieser Tage disku- tiert. Eine Erleichterung der Beschäftigungssituation ist die Möglichkeit von Teilzeitarbeit und befristeten Ar- beitsverhältnissen. Momentan befinden sich über 6 Millionen Arbeitneh- mer in einer Teilzeitbeschäftigung und rund 2,8 Millionen Menschen arbeiten in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Umfragen des DIWhaben ergeben, dass in Deutschland ein höherer Anteil der Erwerbstätigen die Arbeitszeit reduzie- ren wollten als verlängern: Im Jahr 2000 sprachen sich 28 Prozent der befragten Arbeitnehmer für eine Verkürzung aus. Gerade Frauen würden deutlich öfter bei einer Voll- zeitbeschäftigung ihre Arbeitszeit reduzieren wollen. Es lieg also auf der Hand, dass die Teilzeitbeschäftigung ein wichtiges Standbein in der Beschäftigungspolitik ist. Es muss einiges dafür getan werden, damit sie vor allem auch für Unternehmen attraktiver gemacht wird. Doch was ist geschehen? Die Bundesregierung hat mit ihrer gesetzlichen Regelung alles getan, damit die Arbeit in Teilzeit für Arbeitgeber uninteressanter ist denn je! Der Teilzeitanspruch, den Riester und Müller durchgeboxt ha- ben, gibt der Bundesregierung auch diesmal wieder keinen Anlass, stolz zu sein. Wenn man ihn sich anschaut, offen- bart sich einem ein sozialistisch angehauchtes Blendwerk, aber keine praxisnahe Lösung! Statt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu stärken und den Wirtschaftsstandort Deutschland attrakti- ver zu gestalten, wurde wieder einmal mehr Bürokratie geschaffen. Doch was haben diejenigen davon, die auf Teilzeitarbeit angewiesen sind? Es sind dies Frauen und Männer, die Zeit haben wollen, um ihre Kinder zu erzie- hen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schwer pflegebedürftige Angehörige betreuen, oder in der Er- werbsfähigkeit geminderte Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer, die nicht oder nur schwer in der Lage sind, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben. Der von Rot-Grün initiierte Teilzeitanspruch hilft ih- nen nicht weiter. Er stellt einen einmaligen Systembruch im Arbeitsrecht dar: Er greift schwerwiegend in die Ver- tragsfreiheit ein, indem er ein Gestaltungsrecht gegen den Willen des Arbeitgebers zulässt! Nur ein Beispiel sei hier erwähnt: Ein Arbeitgeber kann mit ein und demselben Arbeitnehmer über dessen gesamtes Erwerbsleben – zumindest aber bis zum 58. Lebensjahr – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24521 (C) (D) (A) (B) nur einmal einen einfach befristeten Arbeitsvertrag schließen! Ein Anspruch auf Teilzeit für alle geht weit über das Ziel hinaus. Ich will hier nicht den Teufel an die Wand ma- len, aber die Konsequenz ist doch, dass ein Arbeitgeber es sich genau überlegt, ob er bei steigender Nachfrage einen neuen Arbeitnehmer einstellt. Ich denke, er wird wohl eher massiv auf Überstunden ausweichen. Es ist für Unternehmen keine richtige langfristige Per- sonalplanung möglich, wenn die Beschäftigten über An- fang und Ende ihrer Arbeit sowie über die Zahl der Ar- beitsstunden frei entscheiden können. Doch genau dies ist mit dem neuen Teilzeitgesetz der Fall: Nun darf ein Ar- beitnehmer, der gerade erst sechs Monate in einem Ar- beitsverhältnis ist, eine Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verlangen. Umgekehrt wird erst- mals teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern das Recht ein- geräumt, bei einem Wunsch nach Ausdehnung ihrer Ar- beitszeit gegenüber Neueinstellungen berücksichtigt zu werden. Die Konsequenz: Bewährte Jahresarbeitssysteme müssen aufgegeben werden. Der Arbeitgeber hat nur eine Möglichkeit, sich dieser Regel zu widersetzen: Wenn er „betriebliche Gründe“ oder „unverhältnismäßige Kosten“ nachweisen kann. Doch wer vermag diese unbestimmten Rechtsbegriffe auszulegen? Die Unternehmen bleiben, bis höchstrichterliche Entscheidungen dazu vorliegen, „in der Luft hängen“. Die Bundesregierung hat die Chance vertan, endlich den Menschen zu helfen, die auf Teilzeitarbeit angewiesen sind. Erst kürzlich hatte der Kanzler das Thema Familie für sich entdeckt. Das im Wahlprogramm von CDU und CSU propagierte Familiengeld wurde als antiquiert verschrien. Frauen würden damit zu Hause „an den Herd“ festgebun- den, hieß es. Die einzigen, die das tun, sind die Damen und Herren auf der Führungsbank unserer Regierung! Eine Frau oder auch ein Mann, der arbeiten möchte, aber trotz- dem Zeit haben möchte, um für seine Kinder da zu sein, kann letzten Endes nur zu Hause bleiben oder sich in eine Vollzeitbeschäftigung begeben. Denn Rot-Grün hat es mit seiner Teilzeitregelung geschafft, die Neuschaffung von Teilzeitjobs wesentlich zu erschweren. Wo bleibt für sie die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie? Das derzeitige Prinzip vom Teilzeitanspruch für jeder- mann nutzt nichts, sondern schadet nur. Es wäre wesent- lich nutzbringender gewesen, endlich das Arbeitsrecht und die Sozialversicherung den neuen Beschäftigungsfor- men anzupassen. Unser Antrag geht in die richtige Rich- tung, nämlich denen einen Anspruch auf Teilzeit zukom- men zu lassen, die ihn wirklich brauchen, und das, ohne die Unternehmen in ihrer Gestaltungsfreiheit einzu- schränken. Zumindest bis zum Herbst müssen wir uns mit dem rot- grünen Machtwerk begnügen, aber danach wird sich die Gelegenheit finden, Teilzeitarbeit in Deutschland wirt- schafsverträglich und familiengerecht zu gestalten! Brigitte Baumeister (CDU/CSU): Vor vier Jahren, 1998, verkündete der Kanzlerkandidat der SPD, Gerhard Schröder: Ich will die Arbeitslosigkeit deutlich senken. Daran werde ich mich messen lassen.“ Gemessen an diesem Ziel fällt die Bilanz nach vier Jah- ren SPD-geführter Bundesregierung denkbar schlecht aus. Seit Januar 2001 steigt die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wieder an. Sie lag im Mai mit 4,042 Millionen um 60 000 über der Zahl des Vormo- nats. Dabei scheiden jährlich rund 200 000 ältere Men- schen mehr aus dem Arbeitsmarkt aus, als jüngere nachrücken. Ohne diese günstige demographische Ent- wicklung wäre die Arbeitslosigkeit also noch höher. Außerdem ist die Zahl der Erwerbstätigen nicht wesent- lich gestiegen; die Zahl der Erwerbstätigen ist von Januar 2001 bis März 2002 saisonbereinigt sogar um 180 000 ge- sunken. Der von der Regierung angepriesene Anstieg der Beschäftigtenzahlen hat allein statistische Gründe. Durch die Einbeziehung geringfügiger Arbeitsverhältnisse etwa wurde die Zahl der Beschäftigten auf dem Papier erhöht. Ob jedoch wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, bleibt fraglich. Regulierung statt Deregulierung hieß das Programm der Bundesregierung. Der Arbeitsmarkt wurde gefesselt, anstatt seine dynamischen Kräfte zu entfesseln: durch die Einschränkungen bei den befristeten Arbeitsverhältnis- sen, durch das 630-DM-Gesetz, durch das Gesetz gegen die so genannte Scheinselbstständigkeit, durch das Be- triebsverfassungsgesetz und durch ein Teilzeitgesetz, das die Arbeitgeber abschreckt, Teilzeitarbeitsverhältnisse abzuschließen. Dabei waren wir uns am 16. November 2000 in diesem Hause einig, dass Teilzeitarbeit einen wesentlichen Bei- trag zur Verbesserung der Beschäftigungssituation leistet. Umso mehr verwundert die aktuelle Haltung der Bundes- regierung zur Frage: „Welche Gesetze müssen nach An- sicht der Bundesregierung geändert oder reformiert wer- den, um die Flexibilisierung der Arbeitszeit zu erhöhen?“ Antwort: „Die Bundesregierung sieht derzeit keine Not- wendigkeit, das geltende Recht zu ändern.“ Sicher, die Flexibilisierungsmöglichkeiten werden teilweise in ho- hem Maße genutzt. Flexible Arbeitszeitformen werden zur Gestaltung der individuellen Lebens- und Berufsge- staltung wahrgenommen. Teilzeitarbeit nimmt weiter zu: Fast jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet in Teilzeit. Arbeitszeitkonten erfreuen sich großer Beliebt- heit: Fast zwei Fünftel aller Beschäftigten führen ein sol- ches Arbeitszeitkonto. Insgesamt wird vom neuen Gesetz verantwortungsbewusst und interessengerecht Gebrauch gemacht. Das schließt jedoch nicht aus, dass weitere Fle- xibilisierungspotenziale erschlossen werden können. In einer Arbeitsgesellschaft, die vom technischen Fort- schritt geprägt ist, können die Eroberung neuer Märkte, nachhaltiges Wachstum, eine ökonomisch vernünftige Verteilung der Erwerbsarbeit und eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit und Arbeitsorganisation wesentlich zur Si- cherung und zum Aufbau neuer Beschäftigung beitragen. Unser Leitsatz für mehr Beschäftigung lautet daher: den Arbeitsmarkt deregulieren. Wir wollen Anreize für Ar- beitslose schaffen und ihnen neue Chancen geben, damit sie wirklich den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen. Deshalb werden wir für ein modernes Arbeits- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224522 (C) (D) (A) (B) recht sorgen, das zu möglichst vielen Einstellungen führt und vielen Menschen neue Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet. Dazu gehört, dass wir den Arbeitgebern eine fle- xiblere Personalpolitik durch verbesserte Rahmenbedin- gungen für Zeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Teilzeitarbeit ermöglichen wollen. Den von der Regierungskoalition eingeführten gene- rellen Rechtsanspruch auf Teilzeit werden wir abschaffen. Dieser wird von vielen Unternehmern als gravierendes Problem angesehen. Dieses Teilzeitgesetz hat sich als Bremse für Produktion und Beschäftigung erwiesen. Bei Produktionsablauf, Personaleinsatz und Kapazitätspla- nung sind dem Unternehmer die Hände stärker gebunden als jemals zuvor. Die Bereitschaft, neue Arbeitnehmer einzustellen, ist gesunken. Dies hat zur Folge, dass viele arbeitsfähige Menschen auf der Straße bleiben und viele Arbeitgeber Überstunden anordnen – von einer Verringe- rung von Überstunden sind wir im Übrigen in Deutsch- land so weit entfernt wie vor vier Jahren. Teilzeitarbeit funktioniert nicht durch starre Regle- mentierung, sondern nur, wenn Arbeitgeber und Arbeit- nehmer eine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Da- her setzen wir auf Freiwilligkeit und auf flexible Vereinbarungen, nicht auf einen einklagbaren Rechtsan- spruch. Deshalb sind wir auch für eine weiter gehende Ar- beitszeitflexibilisierung. Wir wollen aber diejenigen fördern, die neben der Kin- dererziehung und der Pflege arbeiten müssen oder wollen. Wir möchten diejenigen unterstützen, die Familie und Be- ruf in Einklang zu bringen versuchen. Teilzeitarbeit ist in erster Linie ein Thema, das Frauen berührt. Von rund 6,5 Millionen Teilzeitbeschäftigten in Deutschland ist nur jeder Achte ein Mann. Noch nicht ein- mal fünf Prozent aller erwerbstätigen Männer sind teil- zeitbeschäftigt, hingegen arbeiten knapp 40 Prozent aller erwerbstätigen Frauen teilzeit. Dahinter steht meistens nicht die freiwillige Entscheidung, weniger als acht Stun- den am Tag bei der Arbeit verbringen zu wollen. Viele Frauen haben als junge Mütter den Wunsch, während der Kindererziehung nicht den Anschluss ans Berufsleben zu verlieren. Viele Frauen sehen die Notwendigkeit, noch et- was hinzuverdienen zu müssen. Viele Frauen fällen die Entscheidung, kranke Familienangehörige selber zu pfle- gen und nicht ins Heim zu geben. Diese Frauen – und natürlich auch die wenigen Männer, denen es genauso geht – wollen wir unterstützen. Für diese Menschen mit der Doppelbelastung Beruf und Familie wollen wir den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit beibehalten. Jeder wei- ter gehende Rechtsanspruch ist jedoch ein Beschäfti- gungshemmnis und als solches nicht zu rechtfertigen. Deshalb haben wir unseren Antrag „Teilzeitbeschäftigung wirtschaftsverträglich und familiengerecht fördern“ hier noch einmal eingebracht. Die verheerende Lage auf dem Arbeitsmarkt lässt sich nur durch einen entschiedenen Kurswechsel in der Wirt- schafts- und Finanz-, in der Sozial- und Arbeitsmarktpo- litik ändern. Neben der Senkung der Staatsquote und der Entlastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern von Steuern und Abgaben brauchen wir eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der Arbeitszeiten. Der SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hat im Sommer 1998 gesagt: Wenn es uns nicht gelingt, die Arbeitslosigkeit mas- siv zu senken, dann haben wir es nicht verdient wei- ter zu regieren. Herr Bundeskanzler, ich stimme Ihrer damaligen Aus- sage zu. Angesichts der verfehlten Arbeitsmarktpolitik der vergangenen dreieinhalb Jahre haben Sie es nicht ver- dient, weiter zu regieren. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie die Antwort der Bundesregierung zeigt, ist die Flexi- bilisierung der Arbeitszeit in Deutschland weit fortge- schritten. Die Antwort zeigt aber, dass im internationalen Vergleich noch Potenziale für mehr Teilzeitarbeit und fle- xible Arbeitszeitmodelle gegeben sind. Wir wissen außer- dem, dass das Teilzeitgesetz bereits zu vermehrter Inan- spruchnahme von Teilzeit geführt hat. Grundsätzlich gilt für uns, dass flexible und sozial verträgliche Arbeitszeit- politik, die eine größere individuelle Wahlfreiheit gerade auch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eröffnet , ein Gewinn für Arbeitnehmer, aber auch ein Gewinn für die Betriebe ist. Regelungen der Arbeitszeit sind zuallererst Sache der Wirtschaftsparteien selbst und sollten dies auch bleiben. Wichtig ist daher eine tarifliche Arbeitszeitpolitik, deren Öffnungsklauseln für flexible Regelungen in der Tarif- politik immer mehr verankert werden. In der Tarifpolitik haben sich in den letzten Jahren immer mehr allgemeine kollektive Vereinbarungen herausgebildet, und in vielen Betrieben haben sich spezielle betriebliche Lösungen ent- wickeln lassen. Mittlerweile hat sich eine Vielfalt von Ar- beitszeitformen eingespielt. In den alten Bundesländern arbeitet nur noch jeder siebte Beschäftigte in normalen Arbeitszeiten, also von Montag bis Freitag in Vollzeitar- beit. Aber auch in den neuen Bundesländern haben rund 82 Prozent der Beschäftigen irgendeine Form flexibler Arbeitszeit. Flexible Arbeitszeiten können weiterhin zur Entlas- tung des Arbeitsmarktes beitragen, aber auch die Verein- barkeit von Familie und Beruf fördern. Wir haben deswe- gen durch das Teilzeitgesetz die Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Gerade an dieser Stelle und in Rich- tung der Opposition gesagt ist es wichtig, dass das Teil- zeitgesetz für Männer und Frauen gleichermaßen gültig ist. Jede andere Lösung, die sich beispielsweise nur auf Erziehende beziehen würde, würde zu einer weiteren Be- schäftigungsbarriere für Frauen führen. Das Teilzeit- gesetz setzt den Rahmen, um zu einer gerechteren Ar- beitszeitverteilung zwischen Männern und Frauen zu kommen. Wir wollen den Abbau von Überstunden und den Über- stundenausgleich über Arbeitszeitkonten voranbringen, um Qualifikationsphasen und so genannte Sabbatzeiten, Erziehungsarbeit oder lange Erholungspausen möglich zu machen. Bündnis 90/Die Grünen hält auch die Einführung von Tariffonds zum Jobsharing nach dem Vorbild der nie- dersächsischen Metallindustrie für einen sinnvollen Schritt. Im Übrigen haben gerade Betriebe im Metallbe- reich die fantasievollsten Formen der Arbeitszeitregelung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24523 (C) (D) (A) (B) gefunden. Wir wollen Teilzeitarbeit fördern, indem wir langfristig die Altersteilzeit in einen fünfjährigen alters- unabhängigen Förderanspruch für alle umwandeln. So können Arbeitszeitreduzierungen auch für Kindererzie- hung, für Pflegearbeit, für Qualifikation oder auch für in- dividuelle Erholungsphasen genutzt werden. So kann über den Erwerbslebenszyklus eine vernünftige Lebens- planung erfolgen. Im Juli 2000 haben BDAund DGB gemeinsam erklärt, sie treten für eine differenzierte, flexibilisierte Arbeits- zeitpolitik und den beschäftigungswirksamen Abbau von Überstunden ein. Bei der Arbeitszeit stehen die tariflichen Vereinbarungen von Arbeitszeitkonten, Jahresarbeitszei- ten, die Schaffung von Jahres-, Langzeit- und Lebensar- beitszeitkonten sowie eine bessere Verknüpfung von Ar- beit, betrieblicher Fort- und Weiterbildung im Mittelpunkt. Das ist gut so und scheint schon Erfolge zu bringen; denn in den letzten Jahren ist der permanente Anstieg von Überstunden gestoppt worden. Dies scheint auch durch Arbeitszeitkonten ausgelöst worden zu sein. Die bessere Abstimmung des Arbeitsvolumens mit über das Jahr verteilten unterschiedlichen Kapazitätsan- forderungen an die Betriebe steigert auch die betriebli- chen Reaktionsmöglichkeiten und den Abbau von Über- stunden. Vormals bezahlte Überstunden verschwinden. Der Umverteilungseffekt zugunsten zusätzlicher Arbeits- plätze entsteht aber nur, wenn verbindliche Regelungen zu Unter- und vor allem zu Obergrenzen bestehen. Zudem muss geregelt werden, dass das Überlaufen von Arbeits- zeitkonten eine Anpassung der Personal- oder der Ein- stellungspolitik nach sich ziehen sollte. Arbeitszeitkonten gibt es allerdings häufiger in Großbetrieben als in kleinen Betrieben. Flexible Arbeitszeitmodelle und Arbeitszeit- konten werden allerdings in der Zukunft nur eine positive Entwicklung nehmen, wenn gegen Geld- und Zeitklau durch Verfall eine Sicherung eingebaut wird. Die Fest- legung der Gestaltungselemente von Arbeitszeitkonten zum Beispiel wie Ober- und Untergrenzen, die Aus- gleichszeiträume, der Freizeitausgleich und vor allen Dingen der Schutz gegen den Verfall von Guthaben wird auch in Zukunft in erster Linie eine tarif- und betriebspo- litische Aufgabe sein, die durch gesetzliche Rahmenbe- dingungen unterstützt werden kann. Zu lösen ist auch die Transferierbarkeit von Zeitar- beitskonten beim Wechsel zwischen den Unternehmen. So könnten Guthaben in Geld oder Creditpoints umge- wandelt werden, mit der Option, die Werteinheiten beim neuen Arbeitgeber in erneute Ansprüche zurückzutau- schen. Flexible Arbeitszeiten sind ein Gewinn für alle Sei- ten und ein Markenzeichen für eine moderne Volkswirt- schaft. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Zunächst darf ich der Bundesregierung für die Recherche der Antworten auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion zu „Entwicklung und Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland“ danken. Sie liefert insgesamt interessantes Datenmaterial, auch wenn an einigen Stellen Datenlücken vorhanden sind. Aufgrund der Zahlen scheint die Schlussfolgerung richtig, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit in Deutschland weit fortgeschritten ist. Es ist aber bedauerlich, dass zu dem Thema Arbeits- zeitflexibilisierung mit Blick auf den internationalen Ver- gleich und auch die nationale Differenzierung Daten- lücken festzustellen waren, weil dadurch Vergleiche erschwert oder unmöglich werden. Da die Bundesregie- rung die Bedeutung der Arbeitszeitflexibilisierung in ih- rer Antwort selbst betont, sollte sie überlegen, Institutio- nen wie das Statistische Bundesamt oder die ILO zu ermuntern, ein größeres Augenmerk auf die Erfassung von Entwicklungen im Bereich der Arbeitszeitflexibili- sierung – Teilzeit, Wechselschicht, Sonn- und Feiertags- arbeit, Arbeitszeitkonten – zu legen. Unsere Fragen zu Auswirkungen der Arbeitszeitver- kürzung je Beschäftigten und zur Veränderung der relati- ven Stückkosten – Fragen 9, 36 und 37 – wurden sehr pau- schal beantwortet und sind daher nicht befriedigend. Das sind aber Fragen, die aus Sicht der Unternehmen von be- sonderer Bedeutung sind. Hier ist eine differenziertere Darstellung möglich und erforderlich, um Auswirkungen von politischen und tariflichen Entscheidungen im Be- reich der Arbeitszeitflexibilisierung besser abschätzen zu können. Ich finde, da die derzeitige rot-grüne Bundesre- gierung das Teilzeit- und Befristungsgesetz zum 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt hat, sollte sie eigentlich über eine bessere Datenbasis verfügen. Oder hat die Bundesregie- rung bei dieser Gesetzesinitiative etwa keine seriöse Kos- tenfolgeabschätzung vorgenommen? Ich frage auch nach dem Grundverständnis. Die rot- grüne Bundesregierung geht in ihren Vorbemerkungen bei den Fragen der Arbeitszeitflexibilisierung fast ausschließ- lich auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und Arbeitneh- merinnen ein. So wichtig dies ist, bleibt doch festzustel- len: Arbeitszeitflexibilisierung muss in erster Linie vor dem Hintergrund der Erhaltung und Verbesserung der in- ternationalen Wettbewerbsfähigkeit gesehen werden. Der Satz „Erfolgreich können flexible Arbeitszeitmodelle nur sein, wenn es gelingt, diese sowohl an den Wünschen der Beschäftigten als auch an betriebswirtschaftlichen Not- wendigkeiten auszurichten“ kommt erst gegen Schluss und trägt dem nicht ausreichend Rechnung. Ein weiterer Punkt: Es stimmt mich bedenklich, dass in Deutschland seit 1995 ein im internationalen Vergleich überdurchschnittlicher Rückgang der geleisteten Arbeits- stunden zu verzeichnen ist. Die durch die Bundesregie- rung gelieferten Erklärungen für diesen Sachverhalt sind wenig stichhaltig. Weder ein stärkeres Bevölkerungs- wachstum, noch vorhandene Arbeitskräftereserven führen in anderen Volkswirtschaften automatisch zu ei- nem größeren Wachstum der Beschäftigung. Die Ursa- chen im innereuropäischen Finanzausgleich zu suchen ist ebenso falsch, wie die Europäische Kommission erst vor wenigen Tagen festgestellt hat. Die Ursachen für die schlechtere Entwicklung in Deutschland dürften vielmehr in der verfehlten Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpoli- tik der Bundesregierung zu suchen sein. Die weitere Zementierung des Arbeitsmarktes durch immer neue Reg- lementierungen und die ständig steigende Sozialabgaben- quote führen zu einer geringen Beschäftigungsdynamik. Diesem falschen Grundverständnis folgend werden die von der Bundesregierung in Kraft gesetzten Gesetze wie Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224524 (C) (D) (A) (B) das Teilzeit- und Befristungsgesetz und das Job-AQTIV- Gesetz mit dem Element der Jobrotation in der Antwort völlig zu Unrecht als Beitrag zur Arbeitszeitflexibilisie- rung genannt. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Während Jobrotation bis heute in der Praxis kaum akzep- tiert wird – sehr geringe Fallzahlen; deutliche Ablehnung in den Unternehmen von Arbeitgebern und Arbeitneh- mern – führt insbesondere der Rechtsanspruch auf Teilzeit in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten langfristig so- gar eher zu einer Benachteiligung teilzeitgeneigter Perso- nengruppen. Das sind vor allem die Frauen – insbeson- dere im Alter von 20 bis 40 Jahren. Dadurch wird die Chancengleichheit von Frau und Mann eher erschwert als verbessert. Der Antrag der Union „Teilzeitbeschäftigung wirt- schaftsverträglich und familiengerecht fördern“ wird aus unserer Sicht seinem selbstgesteckten Anspruch im Titel nicht gerecht. Zu viele Fragen bleiben offen. Der Rechts- anspruch auf Teilzeit zur besseren Vereinbarkeit von Be- ruf und Familie ist aus liberaler Sicht im § 15 des Bun- deserziehungsgeldgesetzes, der einen Anspruch auf Teilzeit vorsieht, wenn ein Kind bis zum Alter von drei Jahren erzogen wird, konstruktiv geregelt. Wir lehnen nicht von vornherein eine Heraufsetzung der Altersgrenze der Kinder ab. Aber warum CDU und CSU die Alters- grenze ausgerechnet auf zwölf Jahre heraufsetzen möchte, wird in dem Antrag nicht begründet. Schon des- wegen ist der Antrag so nicht zustimmungsfähig. Wir Liberale wollen die Teilzeitarbeit für alle Beschäf- tigten, auch unabhängig von der Frage der Familienför- derung, auf freiwilliger Basis fördern. Holland hat in den 90er-Jahren mit der freiwilligen Förderung der Teilzeit enormen Erfolg gehabt. 1999 betrug dort die Teilzeitquote 39,4 Prozent und das bevor Holland einen Rechtsan- spruch auf Teilzeit im Jahre 2000 einführte. Die Bundes- republik Deutschland hat ihre Teilzeitquote ebenfalls von 14 Prozent 1991 auf fast 20 Prozent im Jahre 1999 erhöht, ohne die einseitige gesetzliche Verpflichtung der Unter- nehmen, wie sie mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz eingeführt wurde. Der Gesetzgeber sollte also wieder ei- nen Rahmen schaffen, in dem Teilzeitarbeit aufgrund frei- williger Verabredungen gefördert wird. Wir Liberale hoffen, dass es für eine solche effektive und effiziente Förderung der Teilzeitarbeit in diesem Hause nach dem 22. September 2002 eine Mehrheit gibt. Dr. Klaus Grehn (PDS): Wir befassen uns heute mit einer Thematik, die das Erwerbsleben von Millionen Be- schäftigten in Deutschland beeinflusst und damit Auswir- kungen auch auf die Lebensqualität in unserem Land hat. Angesichts der wirtschaftlichen Lage und der tatsächli- chen Situation auf dem Arbeitsmarkt mit den vier Milli- onen Arbeitslosen hat uns auch zu interessieren, inwieweit flexible und neue Formen der Arbeitszeit Auswirkungen auf den Abbau von Arbeitslosigkeit haben. Es ist nicht so, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der FDP und Minister Riester in einer der letzten Bundestagsdebatten erklärt haben, dass eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 40 und der gesetzlich in Aus- nahmefällen zulässigen Höchstarbeitszeit auf 50 Stunden nichts bringen würde. Auch die Europäische Union hat zu der gesetzlich ermöglichten hohen Wochenarbeitszeit in Deutschland Fragen gestellt; und es bleibt der Standpunkt der PDS, dass die Verkürzung von 48 auf 40 Stunden eine deutlich positive Auswirkung auf den Arbeitsmarkt hätte. Es ist unverständlich, warum hier die Bundesregierung so zögerlich ist. Natürlich unterstützt die PDS alle Anstrengungen, die darauf gerichtet sind, durch Vereinbarungen zwischen Ar- beitgebern und Arbeitnehmern die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, und wir haben auch die unter starker Mitwir- kung der Gewerkschaften entstandenen neuen gesetzli- chen Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung und zur Be- fristung von Arbeitsverträgen begrüßt. Flexibilisierung darf jedoch nicht missverstanden werden oder zulasten der Arbeitnehmer gehen. Flexibilisierung darf nicht heißen, dass die Erfordernisse der modernen Produktion, des technologischen Ablaufs oder gar der jeweiligen Auf- tragslage Warte- oder Stillstandzeiten bedingen, die durch die Anpassung der Arbeitszeiten daran überbrückt wer- den. Im Zentrum müssen die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Familien stehen. Flexible Ar- beitszeiten müssen einen Zuwachs an Lebensqualität der Beschäftigten bringen – der Mensch mit seinen Bedürf- nissen ist und bleibt das Ziel jedes Wirtschaftens. Auch die Überführung von Überstunden in Arbeits- zeitkonten und deren Abbau durch Freizeit ist nicht in je- dem Fall im Interesse der Arbeitnehmer, deren Mehrarbeit damit nicht finanziell angemessen entgolten wird. Lohn- einbußen oder erzwungene Teilzeitarbeit ohne Lohnaus- gleich unter dem Schlagwort einer „Flexibilisierung“ lehnt die PDS strikt ab. Alles in allem jedoch bietet die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage eine Fülle von Erkenntnissen und gibt zu ihren Zwecken eine brauchbare Momentaufnahme der gegenwärtigen Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt – auch im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn. Die Kollegen der FDP haben klug gefragt. Etwas anders verhält es sich mit dem Antrag von CDU/CSU, der in erster Linie die Rücknahme des durch Gesetz gerade eingeführten Anspruches auf Teilzeitarbeit fordert. Ebenso wird die Rücknahme der erweiterten Be- schränkung befristeter Arbeitsverträge verlangt. Es fällt den Kolleginnen und Kollegen aus dieser Fraktion ganz offensichtlich schwer, etwas zu verstehen oder zu unter- stützen, was die Interessen der Arbeitnehmer denen der Kapitalseite zumindest als gleichwertig gegenüber stellt. Das Recht eines jeden Arbeitnehmers auf Teilzeitarbeit ist eine Errungenschaft, und ganz nebenbei wird damit auch ein Weg zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze eröff- net. Auch freiwillig in Anspruch genommene Teilzeitar- beit muss tariflich entlohnt werden und existenzsichernd sein und darf den Anspruch auf die vollen Sozialleistun- gen nicht mindern. Darauf wird zu achten sein. Es mag schon sein, dass in Einzelfällen das Verbot einer wiederholten Befristung des Arbeitsvertrages für denselben Arbeitnehmer eine mögliche erneute Einstel- lung verhindert. Es wäre zu prüfen, ob das zwangsläufig tatsächlich so eintritt. Wirksam sollte das Gesetz dahin ge- hend werden, dass die nur vorübergehende Einstellung von Arbeitskräften für normale, nicht saisonale Arbeit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24525 (C) (D) (A) (B) deutlich erschwert wird. Nicht befristete Arbeitsverträge dienen den Interessen des Einzelnen und der Gesellschaft weit mehr, und diese Tendenz muss unterstützt und beför- dert werden. Deshalb lehnt die PDS-Fraktion diesen gegenläufigen Antrag der CDU/CSU ab. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Jugendschutzgesetzes (JuSchG) – des Entwurfs eines Gesetzes zurÄnderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öf- fentlichkeit (Jugendschutzgesetz – JÖSchG) – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Jugendschutz stärken – der Beschlussempfehlung und des Berichts – zu dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der jetzigen Fassung des § 3 des Gesetzes über die Verbreitung ju- gendgefährdender Schriften und Medien- inhalte (GjS) – zu dem Dritten Zwischenbericht der En- quete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutsch- lands Weg in die Informationsgesellschaft“ zum Thema: Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter (Tagesordnungspunkt 32) Kerstin Griese (SPD): Diejenigen von Ihnen, die heute diesem Gesetz zustimmen, können Teil haben an ei- nem Erfolg: Das neue Jugendschutzgesetz gibt die richti- gen Antworten auf die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die sich im Bereich der neuen Medien und des Jugendmedienschutzes in den Jahren seit 1985 getan haben. Dabei kann das Jugendschutzgesetz nur ein Beitrag sein, um Kinder und Jugendliche vor Gewalt und Brutalität zu schützen. Wir müssen Kinder und Jugendliche schüt- zen. Und wir müssen sie stärken. Stark machen gegen Ge- walt, stark und kompetent machen im Umgang mit neuen Medien. Eine zweite wichtige Säule, neben dem Jugend- schutz, ist die Medienerziehung, die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen. Die Bundesregierung hat die Stärkung der Medienkompetenz bereits zum Schwer- punkt ihrer medienpolitischen Arbeit gemacht. Dazu gehören unsere Initiative „Schulen ans Netz“, die Projekte „Kulturelle Bildung im Medienzeitalter, „Mediagenera- tion – Kompetent in die Medienzukunft“„, das Programm „Internet für alle“ oder auch das Bund-Länder-Programm „Innovative Fortbildung an beruflichen Schulen“. Natürlich müssen auch Eltern und Lehrkräfte ihre Me- dienkompetenz weiterentwickeln. Dafür geben wir bes- sere Möglichkeiten. Mit der Reform der Bundeszentrale für politische Bildung im Jahr 2000 beispielsweise wurde ein eigener Fachbereich Multimedia mit einer Koordinie- rungsstelle Medienpädagogik gegründet. Wichtig bleibt auch weiterhin, dass internationale Ver- pflichtungen dazu beitragen müssen, einen wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz rechtlich und technisch auch bei Anbietern von Netzinhalten zu verwirklichen. Wir setzen uns deshalb für die Schaffung europa- und weltweiter Mindeststandards des Kinder- und Jugendme- dienschutzes ein und wollen den UNESCO-Gipfel zur In- formationsgesellschaft 2004 nutzen, um auf internationa- ler Ebene nach Lösungen zu suchen, die Rassismus und Gewaltverherrlichung im Internet verhindern. Auch die EU-Kommission fordert zu Recht eine kon- zertierte Aktion und eine bessere Zusammenarbeit von In- dustrie und Internetanbietern. Ausdrücklich widersprechen möchte ich dem baden-württembergischen Europaminister Christoph Palmer, der, wie ich in einer Pressemitteilung über die Europawoche in Stuttgart gelesen habe, meint, na- tionaler Jugendschutz sei nicht möglich. Doch, mit unse- rem Gesetz und mit dem Jugendmedienschutz-Staatsver- trag, den die Länder alsbald verabschieden werden, ist es möglich! Auch die öffentliche Anhörung hat gezeigt, dass unser Gesetz von den Experten sehr positiv aufgenommen wird. Alle Sachverständigen waren der Auffassung, dass das neue Jugendschutzgesetz verabschiedet werden kann, soll und muss. In der Anhörung wurde auch die große Bedeu- tung von Medienkompetenz betont. Die wichtigsten Punkte unseres Jugendschutzgesetzes sind: Im Bereich des Jugendmedienschutzes ist eine we- sentliche Neuerung unseres Gesetzes, dass auf allen Bild- trägern, die mit Filmen oder Spielen programmiert sind, eine Alterskennzeichnung angebracht werden muss. El- tern, Schulen und Jugendeinrichtungen wird so die Aus- wahl altersgerechter Medien erleichtert. Diese Pflicht zur Alterskennzeichnung entspricht auch der langjährigen Forderung der Obersten Landesjugendbehörden und aller Bundesländer. Die alte Bundesregierung hat dies immer abgelehnt. Die Arbeit und Erfahrung der Bundesprüfstelle für ju- gendgefährdende Medien, wie sie neu benannt wird, ist von großer Bedeutung für den Jugendmedienschutz. Die Administration der Bundesprüfstelle wird gestrafft. So kann das Indizierungsverfahren beschleunigt betrieben, Angebote im Internet können unmittelbar beanstandet werden. Wichtig ist auch, dass mit dem neuen Gesetz auch Verbände, die im Kinder- und Jugendbereich tätig sind, antragsbefugt sind. Außerdem kann die Bundesprüfstelle jetzt auch ohne Antrag gegen jugendgefährdende Ange- bote vorgehen. Wir haben den Katalog der schwer jugendgefährden- den Trägermedien um Gewaltdarstellungen und Darstel- lungen, die die Menschenwürde verletzen und den Krieg verherrlichen, erweitert. Damit unterliegen diese Träger- medien umfassenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbever- boten. Das neue geschaffene Abgabeverbot von Tabak und Zigaretten an Jugendliche unter 16 Jahren war längst fäl- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224526 (C) (D) (A) (B) lig. Die rot-grüne Regierung hat sich nicht gescheut, hier auch einen Konflikt mit der Wirtschaft einzugehen, zum Schutz der Kinder und Jugendlichen. Mit dem neuen Ab- gabeverbot bieten wir einen vernünftigen Gesundheits- schutz und Jugendschutz. Auch bei der Kinowerbung für Alkohol und Zigaretten haben wir den Jugendschutz verbessert: Diese Werbung darf nicht vor 18 Uhr gezeigt werden. Damit vereinheitli- chen wir den Jugendschutz. In dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion finden wir letztendlich nichts anderes als die Forderung nach Verbo- ten, Verboten, Verboten. Ist das Jugendschutz? Der Ent- schließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zeigt deutlich, welche Bedeutung wir dem Jugendschutz geben: Jugendschutz gewährleistet das Recht junger Menschen auf Schutz und Integrität ihrer Persönlichkeit und gewährleistet gleichzeitig ihre Integration in die und Teilhabe an der Gesellschaft. Wir fördern die Kreativität und Kompetenz von Kindern und Jugendlichen. Dieses Verständnis eines optimalen Jugendschutzes finden Sie in unserem Gesetz. Im Hinblick auf die Stärkung der Medienkompetenz wäre es auch zu überlegen, wie Kindern und Jugendlichen Zugang zu geeigneten Medien, zum Beispiel in Video- theken, ermöglicht werden könnte. Ebenfalls denke ich, dass wir über die Altersstufen bei der Alterskennzeich- nung demnächst noch einmal nachdenken könnten, denn der Sprung von sechs auf zwölf Jahre ist recht groß. Das müsste allerdings in allen Medienbereichen gleich gere- gelt sein. Eine breite Zustimmung zu dem so bedeutsamen Thema des Schutzes von Kindern und Jugendlichen würde zeigen, dass wir, die Parlamentarierinnen und Parlamenta- rier, gemeinsam uns um diejenigen sorgen, die die Zukunft für unser Land bedeuten. Die intensiven Beratungen über das Jugendschutzgesetz haben gezeigt, dass zwischen al- len Beteiligten große Übereinstimmungen bestehen, wie wir uns einen modernen, einen effektiven Kinder- und Ju- gendschutz vorstellen. Deshalb frage ich mich ernsthaft, wieso die Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfrak- tionen nicht zustimmen könnten. Stimmen sie zu und über- lassen sie ein so wichtiges Thema wie den Kinder- und Ju- gendschutz nicht dem Wahlkampfkalkül von Herrn Stoiber im Bundesrat! Die FDP-Fraktion hat keinen Änderungsantrag zum Entwurf des Jugendschutzgesetzes eingebracht. Ihr Ent- schließungsantrag, den sie in letzter Minute verfasst ha- ben, spiegelt nur wider, dass sie keinen Jugendschutz ver- folgen, sondern wirtschaftsgläubig ihre Lobbygruppen befriedigen möchte. Dazu sage ich: Mit uns nicht! Die Zeit ist reif für ein neues Jugendschutzgesetz, das modern und effektiv ist und Jugendliche schützt und stärkt. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen Kinder und Jugendliche vor Gewalt schützen und sie stark machen im Leben. Stimmen Sie zu! Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Normalerweise hat der Volksmund Recht, wenn er formuliert: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Im vorliegenden Fall, dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz zur Novellie- rung des Jugendschutzes, ist dies nicht der Fall. Wir erin- nern uns, dass die noch amtierende Bundesregierung dieses Vorhaben bereits in Regierungserklärung und Koalitionsvereinbarung angekündigt hatte. Dann ist zunächst einmal lange Zeit nichts passiert, was aber in der Amtszeit von Frau Bergmann ja nicht weiter erstaunlich ist. Dann kam, mehr oder minder aus heiterem Himmel, ein Referentenentwurf ans Tageslicht, der in erster Linie eine Verlängerung der Ausgehzeiten für Jugendliche zum In- halt hatte. Man geht wohl nicht ganz fehl in der Annahme, dass dieses Vorhaben in erster Linie auf den 22. September dieses Jahres gerichtet war. Aber das einhellige Urteil nicht nur der Fachwelt, dass dieses Vorhaben keinen Beitrag zum Jugendschutz darstellt, führte dazu, dass der Entwurf im Papierkorb des Ministeriums verschwand. Wochen später erschütterte uns alle der Amoklauf ei- nes Schülers in Erfurt und folgerichtig war das Thema Ju- gendschutz wieder auf der Tagesordnung. Es herrschte fraktionsübergreifend Einigkeit darüber, dass Handlungs- bedarf besteht – insbesondere, was den Bereich des Ju- gendmedienschutzes angeht. Und es war im Übrigen die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die bereits lange vor Er- furt den Handlungsbedarf durch die Vorlage eines eigenen Antrags unterstrichen hatte. Was die Bundesregierung dann allerdings in der Folge mit dem Deutschen Bundestag veranstaltet hat, das ver- dient die Bezeichnung Gesetzgebungsverfahren im Grunde genommen nicht. Man führe sich folgendes Pro- zedere noch einmal vor Augen: am Montag Anhörung der Sachverständigen, bei der auf diverse Ungereimtheiten hingewiesen wurde; am Dienstag Beratung in den Ar- beitsgruppen der Fraktionen; am Mittwochmorgen berät der federführende Ausschuss; am gleichen Tag kommen die Berichterstatter zu einer einstündigen Beratung zu- sammen; und am Donnerstag winkt der federführende Ausschuss noch kurz vor Beginn des Plenums das Projekt durch. Dies ist eine Missachtung des Parlaments, denn für eine eingehende Beratung des Gesetzes war schlicht keine Zeit. Es war von vornherein klar, dass ein so wichtiges ge- setzgeberisches Vorhaben idealiter im Konsens verab- schiedet werden sollte. Leider haben Sie uns hierzu keine Möglichkeit eröffnet. Für uns bleiben drei zentrale Ge- sichtspunkte, die uns die Zustimmung heute nicht mög- lich machen, wobei wir durchaus anerkennen, dass die Novelle in einigen Punkten durchaus eine Verbesserung des Jugendschutzes erzielt. Folglich werden wir uns heute der Stimme enthalten. Erstens. Sie schaffen neu im § 1 Abs. 1 Nr. 4 die so ge- nannte „erziehungsbeauftragte Person“. Wir haben deutli- che Zweifel, ob hierdurch eine Stärkung des Jugend- schutzes erreicht wird, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen ist so die Möglichkeit eröffnet, dass beispielsweise ein 15-jähriger die Bestimmungen des Jugendschutzes un- terläuft, wenn er in Begleitung seines 18-jährigen Freundes ist, der glaubhaft versichert, er sei von den Eltern zur Be- gleitung des Minderjährigen autorisiert. Ich frage: Wie soll Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24527 (C) (D) (A) (B) im Einzelfall vor Ort nachvollzogen werden, ob es sich tatsächlich um eine „erziehungsbeauftragte Person“ han- delt oder aber ob rein zufällig der ältere Freund des Min- derjährigen ihn begleitet? Zum zweiten ist uns auch in den kurzen Ausschussberatungen nicht klar geworden, wie eine Verifizierung dieser Beauftragung erfolgen soll, wenn es etwa zu einem strafrechtsrelevanten Tatbestand kom- men sollte. Der ältere Freund wird sich darauf berufen, von den Eltern beauftragt zu sein, während die Eltern dies ih- rerseits verneinen. Aussage steht gegen Aussage. Sie ent- gegneten uns im Ausschuss auf diese Frage, es ändere sich ja nichts an der Haftung der Eltern. Das ist richtig, macht die Sache aber nicht besser, sondern schlimmer! Denn Sie nehmen die Eltern für etwas ins Obligo, was sich ihrer Ein- flusssphäre eindeutig entzieht. Zweitens. Sie führen im Jugendschutzgesetz den so ge- nannten „parental guide“ ein. Eltern sollen beispielsweise selbst entscheiden können, ob sie ihre achtjährige Tochter mit ins Kino nehmen, obwohl der Film erst ab 12 freige- geben ist. Ich sage ausdrücklich, dass ich diese Einrich- tung vor dem Hintergrund einer Stärkung der Erziehungs- kompetenz der Eltern durchaus für diskutabel halte – freilich, wenn wir zuvor eine Differenzierung der Alters- klassifizierung bei der Freigabe von Filmen vorgenommen hätten, die den unterschiedlichen Entwicklungsstufen von Kindern und Jugendlichen besser als bisher gerecht wird. Aber, wenn wir uns darauf verständigen wollen, ebendie- sen Aspekt der Stärkung der elterlichen Erziehungskom- petenz zu einem neuen Schwerpunkt des Jugendschutzes zu machen, dann müssen Sie diesen Anspruch auch kon- sequent im gesamten Gesetz durchhalten. Mit welcher Be- rechtigung sagen Sie den Eltern, beim Eintritt ins Kino könnt ihr ein bisschen selbst entscheiden, aber beim Ge- nuss von Alkohol und Nikotin und bei der Werbung hier- für wissen wir als Gesetzgeber besser Bescheid, was rich- tig ist? Das passt nicht zusammen. Drittens. Wir können uns trefflich darüber streiten, welchen Einfluss die Werbung insbesondere auf Kinder und Jugendliche hat. Und ich räume offen ein, dass es über die Werberestriktionen für Kinobetreiber, die mit dem neuen Jugendschutzgesetz verbunden sind, auch in der Unionsfraktion unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber auch hier gibt es eine Kehrseite der Medaille, die wir auch gewichten müssen. Als ich im Ausschuss darauf hin- wies, dass das Werbeverbot für Alkohol und Nikotin vor 18 Uhr gerade für kleinere Kinos im ländlichen Raum hin- sichtlich der Einnahmeausfälle eine existenzbedrohende Wirkung entfalten könnte, hat mir auch aus den Reihen von Rot-Grün niemand widersprochen. Vielmehr erhielt ich für diese Bemerkung mindestens teilweise sogar zu- stimmendes Kopfnicken. Angesichts der Tatsache, dass die negative Wirkung der Werbung auf Kinder und Ju- gendliche in dieser Vehemenz auch in der Fachliteratur durchaus umstritten ist, stellt sich für mich persönlich schon die Frage, ob dann ein solcher Schritt gerechtfertigt ist. Schließlich stellen wir heute unter anderem den höchs- ten Alkoholmissbrauch insbesondere in den Ländern fest, in denen es über Jahre überhaupt keine einschlägige Wer- bung gab oder gibt. Quintessenz meiner Überlegungen: Sie haben die Chance, das Jugendschutzgesetz umfassend und in geeigneter Weise zu reformieren, vertan, weil Sie sich zu wenig Zeit genommen haben, um gründlich arbeiten zu können. Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit der Novelle des Jugendschutzes passen wir die Schutzbestimmungen für Jugendliche der Realität an. Sie wissen so gut wie ich, dass dies keine Reaktion auf Erfurt darstellen kann. Betrachten wir diese furchtbare Tat, wird deutlich, dass die Nachbesserung im Waffenrecht – von den Jugendpolitikern stetig gefordert – notwendig war. Auch für die Schützenvereine und Sportschützen gilt: wer Jugendliche trainiert, muss entsprechend qualifiziert sein. Ich bin froh, dass es bei den Verhandlungen um die wei- tere Verschärfung des Waffenrechts nun endlich auch um dieses Thema geht. Im Bildungsbereich erwarten wir von den Länderkul- turministern zu Recht eine stärkere Vereinheitlichung der Abschlüsse an Schulen. An dieser Stelle möchte ich deut- lich auf Zwischenabschlüssen an den Gymnasien hinwei- sen. Es kann nicht sein, dass wir Jugendliche alleine las- sen, die an einer Schulform scheitern. Da der Jugendschutz nur den Rahmen für Jugendliche vorgibt, sind andere Impulse des Staates und der Gesell- schaft insgesamt, der Familie, der Schule, der Jugendar- beit und auch der Politik aus meiner Sicht von größerer Bedeutung. Der Rahmen, den wir nun zusammen mit den Bundes- ländern setzten, geht davon aus, dass Jugendliche auf der einen Seite eigenverantwortlich handeln können und auf der anderen Seite umfassenden Schutz bekommen. Wir haben mit diesem Grundsatz das Jugendschutzgesetz mo- dernisiert und den wirklichen Lebensverhältnissen von Jugendlichen angepasst. Deshalb stellen wir Jugendlichen zum Beispiel auch volljährige Geschwister oder Freunde zur Seite, wenn sie sich mit 16 in Gaststätten, in Disko- theken oder auch bei Konzerten aufhalten. Die Eltern haf- ten nach wie vor. Hier schaffen wir aber mehr Eigenver- antwortung für Jugendliche. Wir schaffen aber auch mehr Schutz: Wir haben er- reicht, dass die Abgabe von Tabak und Alkohol an unter 16-Jährige in jeder Form verboten ist. Als Erfolg werten wir auch die Selbstverpflichtung der Kinowerber und Ki- nos, bis 18 Uhr keine Tabak- und Alkoholwerbung zu zei- gen. Sie zeigen hier gesellschaftliche Verantwortung, die wir ausdrücklich begrüßen und die wir uns auch von den privaten Rundfunkmedien wünschen würden. Spielhallen und Glücksspiele bleiben weiterhin verboten. Wir haben hier ein Gleichgewicht zwischen Eigenverantwortung und Schutz gefunden. Im Jugendmedienschutz passt sich der Rahmen an den verantwortlichen Umgang auch mit den neuen Medien an. Filme, Videos und Computerspiele werden mit Alters- kennzeichnung versehen und auf jugendgefährdende In- halte hin geprüft. Gewaltverherrlichung und Pornografie in jeglichen Medien, also auch im Internet, dürfen für Ju- gendliche nicht zugänglich sein und werden bestraft. Wir können uns überlegen, ob Erwachsene auf solche Dar- stellungen nicht auch verzichten können. Denn Jugendli- che orientieren sich stärker an dem, was ihnen vorgelebt wird, als an gesetzlichen Regelungen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224528 (C) (D) (A) (B) Wir setzen bei der Kontrolle und Ahndung in diesem Bereich stark auf die freiwillige Selbstkontrolle der Inter- netbetreiber. Diese arbeiten eng mit der Bundesprüfstelle und den Landesbehörden zusammen. Dadurch beschleu- nigt sich der Prozess der Indizierung, da künftig auch Ju- gendbehörden und Verbände auf jugendgefährdende Dar- stellungen hinweisen können. Diese Hinweise müssen berücksichtigt werden. Auch die neu geschaffenen Auf- sichtsstellen der Länder gewähren eine stärkere Kon- trolle; denn viele Augen sehen mehr als vier. Den Eltern geben wir für das Internet nutzerautonome Filtersysteme an die Hand, die den Zugang für Kinder und Jugendliche zu jugendgefährdenden Websites verhindern können. Ebenfalls haben Eltern mit dieser Novellierung die Möglichkeit, mit ihren Kindern im Kino Filme zu se- hen, die für eine andere Alterstufe gekennzeichnet sind. Damit fördern wir die Auseinandersetzung in der Familie über die Medieninhalte. Der Rahmen für einen modernen Jugendschutz ist also gesteckt. Um Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu fördern und um sie ernst zu nehmen, ist Politik jedoch weiterhin gefragt. Wir müssen am Prinzip der Generatio- nengerechtigkeit festhalten. Das beginnt bei der Beseiti- gung der Kinderarmut – Sie kennen unser grünes Konzept der Kindergrundsicherung – und zieht sich durch den Be- reich der Betreuungsangebote in Kindergärten und Schu- len bis hin zu einer Ausbildungsplatzgaranie, die wir mit der Verstetigung des JUMP-Programmes erreichen wol- len. Die Gesellschaft fordert von den Jugendlichen soziale Kompetenz, Medienkompetenz, interkulturelle Kompe- tenz, naturwissenscaftliche Kompetenz. Ich könnte diese Aufzählung noch lang fortführen. Aber wo bieten wir den Jugendlichen Lernorte an? Zahlreiche Jugendprojekte und Verbände arbeiten in diesem Bereich ständig von Fi- nanzierungssorgen geplagt. Besonders in den neuen Bun- desländern fällt die Finanzknappheit auf den Kinder- und Jugendbereich zurück. Ich frage uns alle ernsthaft, ob wir uns dieses Signal wirklich wünschen. Ich glaube das nicht. Deshalb lassen Sie uns alle gemeinsam um nicht nur für ein besseren Jugendschutz, sondern auch für eine bessere finanzielle Ausstattung im Kinder- und Jugendbe- reich einsetzen! Ingrid Fischbach (CDU/CSU): Zu Beginn meiner Rede möchte ich noch einmal ganz deutlich machen, worin wir uns hier fraktionsübergreifend einig sind. Wir wollen und müssen unsere Kinder und Jugendlichen stär- ken und schützen, deshalb ist eine Novellierung des Ju- gendschutzes, vor allen Dingen des Jugendmedien- schutzes dringend geboten. Der Jugendschutz muss seinem eigentlichen Auftrag, nämlich dem Schutz der Ju- gend wieder stärker gerecht werden. Bei der furchtbaren Tat von Erfurt handelt es sich zwar um eine Einzeltat, de- ren Beweggründe und auch Gesamtursachen zurzeit noch nicht abschließend bewertet werden können. Da sich aber die Zeitabstände zwischen einzelnen schrecklichen Vor- fällen immer stärker verkürzen, muss man feststellen, dass es sich doch auch um ein gesellschaftliches Problem handelt. Daher werden wir uns auch einig sein – davon bin ich überzeugt – dass wir gemeinsam eine breite Allianz aufstellen müssen gegen die hemmungslose Darstellung von Gewalt in den Medien, im Internet, in Computerspie- len und, und, und. Wir alle müssen Jugendliche gegen Gewalt stark ma- chen. Die Erziehung der Kinder durch die Eltern hat da- bei für uns höchste Priorität. Eltern übernehmen mit der Erziehungsaufgabe eine große Verantwortung und leisten einen außerordentlichen Beitrag für unser aller Zusam- menleben. Deshalb müssen wir Mütter und Väter unter- stützen und sie in ihrer Erziehungskompetenz stärken. Das hat für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorrangige Bedeutung und deshalb ist die dritte Säule unseres Fami- lienkonzeptes ausschließlich der Stärkung der Erzie- hungskompetenz der Eltern gewidmet. Wir sind davon überzeugt, dass feste innerfamiliäre Beziehungen Jugend- liche in ihrem Selbstwertgefühl stärken und ihr Selbstbe- wusstsein aufbauen. Wir müssen für unsere Kinder und Jugendlichen dafür sorgen, dass Information und Kommunikation frei sind von Manipulation, extremistischen Tendenzen, sozialer Einseitigkeit und Ausgrenzung. Medienverantwortung heißt für uns insbesondere Verantwortung für den gesell- schaftlichen Zusammenhalt, bedeutet aber auch Verant- wortung für die Vermittlung von Normen, Denk- und Ver- haltensmustern, die mit unserer Gesellschafts- und Sozialordnung in Einklang stehen. Dabei müssen wir auch auf das Spannungsverhältnis hinweisen, in dem un- sere Kinder und Jugendlichen heute stehen. Auf der einen Seite haben wir ihre Interessen, die natürlich berechtigt sind und auch gefördert werden müssen, auf der anderen Seite aber auch die Anforderungen einer modernen Infor- mations- und Kommunikationsgesellschaft. Für uns ist es wichtig, unserer Jugend nicht nur Verbote entgegenzuhal- ten und die modernen Medien zu verteufeln, sondern wir müssen ihnen die Chancen und Möglichkeiten der neuen Medien eröffnen, damit sie diese für ihre persönliche Ent- wicklung nutzen können. Nur so können unsere Kinder ein selbstbestimmtes Leben leben. Deshalb muss die Stär- kung der Medienkompetenz – sowohl der Kinder als auch der Eltern – für uns oberste Priorität haben. Selbst Rot-Grün hatte dies im Koalitionsvertrag der Bundesregierung zur Jugendpolitik schriftlich fixiert; lei- der sieht die Realität nach vier Jahren Rot-Grün anders aus. Sie haben die dringenden Probleme des Jugend- schutzes und Jugendmedienschutzes bisher nicht gelöst, obwohl wir von der Union bereits zu Beginn der Legisla- turperiode eine Novellierung des Jugendmedienschutzes auf nationaler und internationaler Ebene gefordert haben. Sie sind leider erst – und das muss ich sagen – durch Er- furt aufgeschreckt worden, sodass Sie nun handeln. Ich meine, Sie handeln überhastet, denn es gibt noch Klärungsbedarf, das haben uns die Anhörungen gezeigt. Nicht alles, was und wie Sie es jetzt gesetzlich regeln,. stößt auf Zustimmung. Deshalb hatten wir darum gebeten, dass wir die Anhörungsergebnisse in Ruhe auswerten können, um das Jugendschutzgesetz jetzt so zu novellie- ren, dass es eine echte Novellierung ist und nicht wieder in kürzester Zeit nachgebessert werden muss. Sie haben uns diese Möglichkeit nicht gegeben. Zwischen An- hörung und abschließender Beratung im Ausschuss hatten wir nur zwei Tage Zeit, um die Auswertung der Anhörung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24529 (C) (D) (A) (B) vorzunehmen und zu reagieren – einfach zu wenig. Sie selber scheinen ja auch noch Beratungsbedarf zu haben. Denn wie sonst ist der heute vorliegende Entschließungs- antrag zu verstehen? Wenn ich an den ersten Entwurf denke, dann ist festzustellen, dass Sie nach der öffentli- chen Diskussion von einigen wesentlichen Forderungen abgewichen sind. Ich nenne hier nur die Lockerung der Ausgehzeiten. Der nun von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf genügt – nicht nur nach unserer Meinung, sondern auch nach der vieler Sachverständiger – den Anforderungen an ein über- sichtliches, organisiertes und vernetztes Schutzsystem mit eindeutigen Zuständigkeitsregelungen für Jugend- ämter, Ordnungsämter, Gewerbeaufsichtsämter und Poli- zei, auf das sich die Eltern auch verlassen können. So hat- ten wir Ihnen Änderungsvorschläge gemacht, zum Beispiel § 7, in dem es um jugendgefährdende Veranstal- tungen und Betriebe geht. Wir wollten diesen konkreter fassen. Sie haben unsere Vorschläge leider nicht ange- nommen. Die zuständigen Behörden hätten durch diese Klarstellung eine erleichterte Handhabung für den Voll- zug. Sie sagen aber Nein. Der gesamte Bereich der personensorgeberechtigten und erziehungsberechtigten Personen muss deutlicher ge- klärt werden. Ich möchte hier noch einmal erwähnen, dass die Notwendigkeit besteht, die Erziehungsberechtigung auf Dauer oder zeitweise übertragen zu können. Aber nach dem Entwurf – das ist unser Knackpunkt – ist es möglich, die Erziehungsberechtigung auf den volljähri- gen Freund oder die volljährige Freundin des Kindes oder des Jugendlichen zu übertragen. Ich glaube, dass nach ei- nem modernen Partnerschaftsverständnis in einer Bezie- hung nicht ein Partner die Erziehungsberechtigung über den anderen ausüben kann, wie zum Beispiel dann bei Freund und Freundin möglich. Die CDU/CSU-Fraktion freut sich, dass Sie doch den einen und anderen Gedanken von uns aufgenommen ha- ben, so zum Beispiel bei der Notwendigkeit der Regelung zum Jugendmedienschutz auf internationaler Ebene. Auch die Stärkung der Medienkompetenz kommt in Ihrem Antrag vor, ebenso Prüfaufträge. Ich persönlich hätte mir gewünscht – das hätten wir, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, auch leisten können – dass wir uns im Be- reich der Altersfreigabe noch einmal Gedanken hätten machen können. Es wäre meines Erachtens wichtig ge- wesen. Nichtsdestotrotz werden wir uns heute bei der Ab- stimmung enthalten, weil wir die Notwendigkeit einer Re- form sehen. Klaus Haupt (FDP): Schon seit Jahren wird über die Notwendigkeit eines verbesserten gesetzlichen Jugend- schutzes diskutiert. Aber erst jetzt, mitten im Vorwahl- kampf, hat die Ministerin plötzlich das Thema für sich ent- deckt. Die Hektik, mit der Jugendministerin Bergmann innerhalb weniger Sitzungstage am Ende der Legislatur- periode das Jugendschutzgesetz durch die Gremien brin- gen will, ist unangemessen. Durch den unsinnigen Ter- mindruck wird eine sachlich fundierte Beratung verhindert. Das schwächt den Jugendschutz, statt ihn zu stärken. Es sollte aufgrund aktueller, tragischer Ereignisse nicht dazu kommen, dass wesentliche Änderungen im Eil- verfahren durchgesetzt werden, ohne die notwendige Bandbreite an Expertenmeinungen anzuhören. Eine brei- tere wissenschaftliche Basis für die Gesetzesnovelle, die zudem mit internationalen Regelungen verzahnt werden muss, wäre erforderlich; denn für eine Reform des gesetz- lichen Jugendschutzes ist Sorgfalt das wichtigere Gebot als Eile. Doch das übereilte Gesetzgebungsverfahren fand und findet nun – wie im Wahljahr zu erwarten – in einer Atmo- sphäre großer Emotionalität statt, in der Sachargumente nur teilweise angemessen zu diskutieren waren. Der Gesetzentwurf enthält begrüßenswerte Elemente. Beispielsweise kann die Alterskennzeichnung von Com- puterspielen den Eltern bei der schwierigen Entscheidung helfen, was sie ihren Kindern zumuten wollen und was nicht. Die erweiterten Kompetenzen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien können helfen, effektiver gegen solche Gefährdungen vorzugehen. Wesentliche Punkte des Jugendmedienschutzes sind gemeinsam mit den Ländern erarbeitet worden. Zersplitterte Jugend- schutzregelungen werden nun in einem Gesetz zusam- mengefasst, manche Kompetenzunklarheiten beseitigt und Schwachpunkte in den bisherigen Regelungen besei- tigt. Das Verbot der Abgabe von Tabakwaren analog zum Alkoholverkaufsverbot ist systematisch wie sachlich sinnvoll und war überfällig. Der notwendige gesetzliche Jugendschutz darf nicht einzig und allein von dem Ziel geprägt sein, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen zu schützen. Zu berück- sichtigen ist vielmehr auch das Recht der Kinder und Ju- gendlichen auf ihre eigene Kultur, auf kindgerechte Me- dien und Medieninhalte. Der notwendige Jugendschutz einerseits ist abzuwägen gegen die andererseits für eine Kompetenzentwicklung erforderlichen Freiheiten der Kinder und Jugendlichen. Der Gesetzentwurf der Bun- desregierung enthält insofern neben guten Ansätzen vie- les, was handwerklich schlecht gemacht ist, und manches, was politisch bedenklich ist. Einige Punkte hat die Bundesregierung mit ihren nach- geschobenen Änderungsanträgen zum eigenen Gesetzent- wurf noch in letzter Minute ausgebessert so zum Beispiel die außerordentlich fragwürdige Idee, Kinowerbung für Alkohol und Tabak der Altersgrenzenregelung zu unter- werfen. Schon in der ersten Lesung habe ich dies kriti- siert; ich begrüße, dass die Regierung jetzt zur Vernunft gekommen ist und unseren Vorschlag, weiterhin mit einer Zeitgrenze zu arbeiten, übernommen hat. Allerdings: Die bisherige Selbstverpflichtung, wonach es im Nachmit- tagsprogramm keine solche Werbung zu sehen gab, hat sich durchaus bewährt. Eine gesetzliche Regelung einzu- führen, wo sich bisher nach einhelliger Auffassung die freiwillige Selbstbeschränkung der Filmwirtschaft be- währt hat, ist unsinniger Aktionismus. Diese Regelung zeugt von einem Menschenbild, das den Akteuren in der Gesellschaft nichts und der staatlichen Bürokratie alles zutraut. Wir Liberalen lehnen das ab. Die Systematik der Altersgruppendifferenzierung im Rahmen der FSK konnte in dem übereilten Gesetzge- bungsverfahren leider nicht problematisiert werden. Die FDP ist der Auffassung, dass sich Kinder im Alter zwi- schen 6 und 12 Jahren erheblich stärker verändern und entwickeln als im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Dem- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224530 (C) (D) (A) (B) entsprechend wäre eine zusätzliche Altersgrenze zwi- schen 6 und 12 Jahren zu diskutieren. Die FDP-Bundestagsfraktion macht mit ihrem Ent- schließungsantrag deutlich, dass neben diesen Punkten viele handwerkliche Schwächen, insbesondere unklare Formulierungen und Definitionen, die Qualität der No- velle beeinträchtigen. Wir denken dabei an die Frage, wie die erziehungsbeauftragte Person ihren Auftrag darzule- gen hat, oder die Präzisierung der Begriffe der Informati- ons-, Instruktions- und Lehrfilme, die ebenso wie der Be- griff der Jugendbeeinträchtigung im Gesetz noch zu wenig genau sind. Rechtliche Regelungen zum Jugendschutz können nie mehr, als einen Beitrag dazu leisten, dass die Gesellschaft als Ganzes Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen schützt. Damit der gesetzliche Jugendschutz diese Auf- gabe wirkungsvoll erfüllen kann, braucht es ein breites Engagement aller für das Aufwachsen der jungen Gene- rationen verantwortlichen Instanzen. Dazu gehört die Ver- antwortung aller – nicht nur der staatlichen Stellen – für den Schutz der Jugend. Die Medien müssen ihre Rolle, ihre Verantwortung in diesem Zusammenhang neu überdenken: Exzessive und hochemotionale Berichterstattung von allen Arten von Gewalttaten sind zwar ein Garant für hohe Einschaltquo- ten. Gewalt darf aber kein probates Vehikel sein, in den Medien Resonanz zu finden. Wenn Kinder und Jugendli- che in den Medien exzessive Gewalt als erfolgreiches Mittel zur Erzielung von Aufmerksamkeit erfahren, wenn sie erleben, dass Gewalt sich lohnt, wird es schwer, sie vom Gegenteil zu überzeugen. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung und Stärkung der Medienkompetenz von Eltern und Kindern unabdingbar. Denn bei aller Kritik an Staat oder Medien: Die eigene Verantwortung jedes Einzelnen darf nicht aus dem Blickfeld geraten. Wissen Eltern immer, was Ihre Kinder gerade am Computer spielen? Wollen Sie es über- haupt wissen? Ist es nicht eine scheinbar einfache Lösung, Kinder mit Fernsehen und Computerspiel zu beschäfti- gen? Machen sich Lehrer immer ausreichend Gedanken über ihre Problemschüler? Können Sie das angesichts ih- rer sonstigen Arbeitsbelastung überhaupt? Unsere Kinder brauchen – auch im Jugendalter – un- sere Zuwendung und Wärme und viel Verständnis, nicht nur in Momenten schrecklicher Ereignisse. Wie oft bet- teln sie stumm oder schreien laut nach Zuwendung – und wie oft bleiben sie im lärmenden Getriebe des Alltags un- gehört! Die Antwort auf solche Fragen ist viel schwieri- ger und unangenehmer als die Forderung nach der Ände- rung von Gesetzen. Jeder muss sich dieser Verantwortung stellen. Angela Marquardt (PDS): Der vorliegende Gesetz- entwurf zum Jugendschutz ist durch den Änderungsan- trag der Koalition besser geworden. Gut ist er deshalb aber noch nicht. Wir sehen durchaus eine Reihe vernünf- tiger Ansätze, halten aber das Gesetz für nicht ausgereift. Ich bin vor allem froh, dass der Änderungsantrag der Koalition ganz viel von der Kritik berücksichtigt, die bei der Anhörung im Familienausschuss von Sachverständi- gen geäußert wurde. Wir erleben leider viel zu selten, dass man das Urteil der eingeladenen Sachverständigen dann auch tatsächlich zum Anlass für Änderungen nimmt. Ich bin zwar nach wie vor nicht glücklich darüber, dass Sie in dem Gesetz auf Filtersoftware setzen. Gut ist aber, dass Sie ihre Ambitionen nun zumindest auf so genannte nutzerautonome Filter eingeschränkt haben. Schade ist hingegen, dass als Beisitzer für die Bundes- prüfstelle für jugendgefährdende Medien nach wie vor In- teressenvertreter der Jugendlichen so gut wie gar nicht vorkommen. Wo ist zum Beispiel die Deutsche Jugend- presse, wie es die Vertreterin der Bundesschülervertre- tung in der Anhörung vorgeschlagen hat? Ich finde es ganz wichtig, Jugendliche an sie betreffenden Entschei- dungen zu beteiligen. Verantwortungsbewusste Jugendli- che bekommt man nur, wenn man ihnen auch Verantwor- tung überträgt, nicht wenn man sie bevormundet. Und verantwortungsbewusste Jugendliche sind immer noch der beste Jugendschutz. Ich sage Ihnen auch, was für den Jugendschutz am Schlechtesten ist: Wenn Interessenvertreter und Lobbyis- ten die Hand führen. Ich habe bei der Anhörung gefragt, weshalb man im Kino Alkoholwerbung vor 18 Uhr ver- bieten will, während jede Sportübertragung von Bierwer- bung eingerahmt ist und Alkoholreklame jedes zweite Fußballertrikot schmückt? Ist Werbung im Kino etwa schädlicher, als wenn sie Tag für Tag im Fernsehen läuft? Eine Studie, in der das behauptet wird, müssen Sie mir erst einmal zeigen. Ich bekam in der Anhörung die einzig logische Ant- wort, nämlich dass dies wohl eine Frage der Lobby sei, wer sich da besser durchsetzen könne als andere. Wohl- gemerkt: durchsetzen gegenüber der Politik, gegenüber uns! Mit diesem Gesetzentwurf macht sich der Bundestag zum Spielball verschiedener wirtschaftlicher Interessen, und zwar auf Kosten der Jugendlichen. Lassen Sie mich als Letztes noch zwei Kritikpunkte der Bundesschülervertretung aus der Anhörung vortragen. In § 5 Abs. 2 heißt es, die Anwesenheit von Jugendlichen un- ter 16 Jahren auf Tanzveranstaltungen sei Ausnahmsweise doch bis 24 Uhr gestattet, wenn es sich um Brauchtums- pflege handele. Was, bitte, soll denn das sein? In Diskos dürfen Jugendliche nicht, aber aufs Oktoberfest? Sie dür- fen also ausgerechnet auf Feste, die ganz auf Erwachsene und dementsprechend auf drastischen Alkoholkonsum ausgerichtet sind. Das ist gelinde gesagt Unfug und ver- antwortungslos. Und noch eine Bemerkung der Schülersprecherin möchte ich mir hier zu Eigen machen: Gewalt, das ist nichts, was einem nur in den Medien begegnet, sondern vor allem tagtäglich im realen Leben. Es war diese Bun- desregierung selbst, die Gewalt und sogar Kriege als Mit- tel zur Konfliktbewältigung wieder salonfähig gemacht hat. Der Kampf gegen die Bilder von Gewalt und gegen die Bilder von Kriegen muss für Jugendliche dann natür- lich recht unglaubwürdig erscheinen. Und mir erscheint das auch so. Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin für Fa- milie, Senioren, Frauen und Jugend: Mit dem Entwurf Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24531 (C) (D) (A) (B) des neuen Jugendschutzgesetzes, den wir heute in zweiter und dritter Lesung beraten, reagieren wir auf die Ent- wicklungen, die durch die neuen Medien entstanden sind, und setzen einen neuen Rahmen für die Zusammenarbeit von Bund und den Ländern. Bund und Länder sind sich im Hinblick auf den Be- reich der Informations- und Kommunikationsdienste ei- nig, dass die derzeitige Medienordnung zahlreiche Schwachpunkte aufweist und einer dringenden Novellie- rung bedarf. Der Gesetzentwurf setzt die mit den Minis- terpräsidenten aller Bundesländer vereinbarten Eck- punkte um und schafft zugleich die gesetzliche Grundlage dafür, dass die Länder den elektronischen Medienbereich umfassend in einem Staatsvertrag regeln können. Das heißt, das neue Jugendschutzgesetz ist Voraussetzung dafür, dass die Länder ihren Entwurf eines Jugendme- dienschutz-Staatsvertrages verabschieden können. Und auch die Länder sind an einem schnellen In-Kraft- Treten der gesamten Reform der Medienordnung im Be- reich des Kinder- und Jugendschutzes interessiert. So fin- det noch in diesem Monat im Auftrag aller Länder die Anhörung zu dem Staatsvertragsentwurf in Berlin statt. Zu einem Zeitpunkt, wo Bund und Länder im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendmedienschutzes an einem Strang ziehen, hätte ich mir gewünscht, dass auch die Opposition an diesem Strang zieht. Sie hat sich in den Ausschuss-Sitzungen der Stimme enthalten, also nicht mitgemacht. Dabei ist es für den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen dringend erfor- derlich, zu Handeln und nicht lediglich still zu halten. Die tragischen Ereignisse in Erfurt haben gezeigt, dass auch die Politik aufgerufen ist, schnellstmöglich zu handeln. Ich fordere sie deshalb nochmals auf, ihre Haltung zu dem Gesetzentwurf zu überdenken und bei dem gemeinsamen Vorgehen von Bund und Ländern mitzumachen. Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass der Gesetz- entwurf für die Durchsetzung eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes wesentliche Verbesserungen bringt. Deshalb will ich, als Jugendministerin hier noch einmal klar betonen: Wir brauchen dieses neue Jugendschutzge- setz. Wir werden dadurch die Sphäre des Aufwachsen un- serer Kinder und Jugendlichen besser schützen, ohne sie von der Welt abzuschotten. Klar muss sein: Die Vorstellung und Wahrnehmung un- serer Kinder und Jugendlichen darf nicht von verherrli- chenden Gewaltdarstellungen überflutet werden. Deshalb ist es besonders wichtig, dass für Computerspiele eine ge- setzliche Alterskennzeichnungspflicht eingeführt wird. Die Notwendigkeit einer verbindlichen Alterskennzeich- nung zeigt sich insbesondere beim Computerspiel „Coun- ter-Strike“. Die freiwillige Selbstkontrolle der Wirtschaft, die USK, hatte die amerikanische Originalversion zwar als „Nicht geeignet unter 18 Jahren“ eingestuft. Da es sich jedoch bei der USK-Kennzeichnung nach der derzeitigen Rechtslage lediglich um eine Empfehlung ohne jede ge- setzliche Verbindlichkeit handelt, können die Jugendäm- ter nichts dagegen unternehmen, wenn Jugendlichen der Zutritt zu LAN-Partys, auf denen dieses Computerspiel gespielt wird, gewährt wird. Dies muss geändert werden und das wird geändert. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz ist die Alterskenn- zeichnung rechtlich verbindlich, Verstöße haben klare Rechtsfolgen. Die Jugendämter haben die Möglichkeit, hier Bußgelder bis zu 50 000 Euro zu verhängen. Wichtig ist auch, dass das Indizierungsverfahren bei der Bundes- prüfstelle für jugendgefährdende Medien – wie diese zukünftig heißt – neu geregelt wird. Sie kann zukünftig auch ohne Antrag auf Anregung von Jugendverbänden tätig werden. Überdies wird ihre Zuständigkeit über die herkömmlichen Medien hinaus auf den Bereich aller neuen Medien ausgedehnt. Zudem wird der Katalog der Trägermedien, die schwer jugendgefähr- dend sind, insbesondere im Hinblick auf Gewaltdarstel- lungen erweitert. Und: Schon ohne Indizierung durch die Bundesprüfstelle werden Trägermedien, die den Krieg verherrlichen, die Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen oder Jugendliche in ge- schlechtsbetonter Körperhaltung zeigen, mit weit rei- chenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten belegt. Wichtig im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen sind überdies die Regelungen zum Gesundheitsschutz. Das Verbot der Tabakabgabe an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren wird schon seit vielen Jahren von Kinder- und Jugendschützern gefordert. Im Gesetzentwurf wird diese berechtigte Forderung endlich umgesetzt. Darüber hinaus wird die Kinowerbung für Alkohol und Tabak zeitlich beschränkt. Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass diese Werbefilme vor 18 Uhr im Kino nicht gezeigt werden dürfen. Ich denke, diese Rege- lung ist vernünftig. Nach 18 Uhr sind nach Untersuchun- gen nur 1,4 Prozent der Besucher jünger als 16 Jahre. Angesichts der globalen Vernetzung kann und darf es nicht allein bei nationalen Regelungen bleiben. Die Bun- desregierung setzt sich deshalb für die Schaffung europa- weiter und auch weltweiter Mindeststandards des Kinder- und Jugendmedienschutzes ein und hat hierzu schon We- sentliches beigetragen. Jedoch kann die Notwendigkeit für internationale Re- gelungen zum Jugendmedienschutz nicht dazu führen, dass national kein gesetzlicher Kinder- und Jugendschutz mehr betrieben wird. Auch das Internet kann und darf kein rechtsfreier Raum sein. Manche sprechen dem Staat jegliche Legiti- mation ab, auf das weltweite Computernetz Einfluss aus- zuüben. Das ist nicht meine Sicht der Dinge. Der Staat ist und bleibt verpflichtet, die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger vor denjenigen schützen, die dieses System miss- brauchen. Rechtsfreie Räume sind nicht akzeptabel. Geschützte Rechtsgüter wie der Kinder- und Jugendmedienschutz, der in unserer Verfassung verankert ist, dürfen in einer im- mer mehr vernetzten Welt nicht aufgegeben werden. Un- sere Richtschnur ist klar: Was offline rechtlich üblich ist, das muss auch für den Onlinebereich gelten. Wir wissen, dass staatlicher Jugendschutz allein nicht ausreicht: Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern und Erzieher Beratung und Unterstützung im Umgang mit den Medien brauchen. Kompetenz im Umgang gerade mit den neuen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224532 (C) (D) (A) (B) Medien tut Not. Deshalb werden wir die Angebote für Fa- milien erweitern, sich auch über neue Medien besser und umfassender zu informieren. Die Selbstkontrolle der Computerwirtschaft wird im August die verabredete In- ternetseite zur Verfügung stellen, auf der sich Eltern über Inhalte, Vorzüge und Gefahren von Computerspielen in- formieren können. Der Kinder- und Jugendschutz kann nur erfolgreich sein, wenn wir in unserer Gesellschaft eine breite Allianz gegen Gewalt haben. Gewalt muss in unserer Gesellschaft in jeder Form geächtet werden. Das beginnt in der Fami- lie und in den Schulen. Eine gewaltfreie Erziehung, das Erlernen von friedlichen Konfliktlösungen, ist die beste Grundlage für das Aufwachsen von Kindern. Diese Politik hat die Bundesregierung in den letzten knapp vier Jahren verfolgt. Ich möchte mich bei allen Beteiligten für das außerge- wöhnlich zügige Gesetzgebungsverfahren bedanken. Das zeigt auch, dass hier im Deutschen Bundestag die Interessen von Jugendlichen und ihren Eltern sehr ernst genommen werden. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeug- nissen (Tagesordnungspunkt 34) Monika Griefahn (SPD):Die Buchpreisbindung trägt seit über 100 Jahren dazu bei, dass im deutschsprachigen Kulturraum eine große Titelvielfalt und flächendeckende Versorgung möglich ist – 90 Prozent des Marktes in Deutschland und Österreich sind von der Preisbindung er- fasst. So soll es auch bleiben. Die bislang auf vertraglicher Basis geregelte Preisbindung bei Verlagserzeugnissen bekommt deshalb jetzt eine verlässliche gesetzliche Grundlage. Das schafft für alle Beteiligten Vorteile. Die Regelung ist für jeden Interessierten zugänglich und die Formulierungen sind leicht verständlich. Ich werde später näher auf die einzelnen Bestimmungen eingehen. Dieser Doppelcharakter des Buches wurde in der De- batte über die Aufhebung der Buchpreisbindung deutlich. Für ein Kulturgut von so überragender Bedeutung, wie es das Buch ist, passen die europäischen Regelungen über den Warenverkehr nicht ohne Modifizierung. Beim Buch sind die kulturellen wie die sozialen Komponenten zu be- achten. Ohne eine Preisregulierung geraten auf der einen Seite kleine Sortiments- und Spezialbuchhandlungen in Gefahr, aber insbesondere die Buchhandlungen in der Fläche, die neben der Funktion als Buchverkaufsstelle auch Kommunikations- und Treffpunkt sind sowie eine pädagogische Aufgabe wahrnehmen, nämlich zum Bei- spiel Kinder ans Lesen heranzuführen. Auf der anderen Seite führt ein entgleistes Preisgefüge, das sich aus- schließlich an Markterfordernissen orientiert, auch dazu, dass viele Kunden sich Bücher einfach nicht mehr leisten können. Das darf nicht sein. Deshalb müssen für Bücher andere Regeln gelten. Wie kam es überhaupt zu der Kontroverse über die Buchpreisbindung? Die Europäische Kommission hatte nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die grenzüberschreitende Regelung zur Buchpreisbindung zwischen Österreich, der Schweiz und Deutschland, die auf vertraglicher Basis getroffen worden war, kritisiert. Sie argumentierte, diese Regelung stelle eine unzulässig wettbewerbsbeschränkende Maßnahme dar. Das Europä- ische Parlament hat dieser Auffassung der Kommission bereits widersprochen. Das Europäische Parlament will das Kulturgut Buch weniger unter Wettbewerbsrecht be- handelt sehen, sondern hat sich vielmehr auf den so ge- nannten Kulturartikel des Maastrichter Vertrages berufen, der die EU-Mitgliedstaaten berechtigt, nationale Kultur- politik zu betreiben. Das Europäische Parlament stellt da- mit die kulturelle Dimension des Buches in den Vorder- grund. Das ist eine wichtige und die richtige Schwerpunktset- zung. Bücher können und dürfen nicht wie jedes andere Handelsgut im Warenverkehr behandelt werden. Denn das Buch dient als Kommunikationsmittel von Sprachen und Dialekten. Dadurch trägt es zur Integration von ho- mogenen Sprachräumen bei fördert regionale Integration von europäischen Kulturräumen und präsentiert gleich- zeitig die kulturelle Vielfalt Europas. Es eignet sich zur grenzüberschreitenden Verbindung solcher Kulturräume, wie ihn auch der große deutschsprachige Raum darstellt. Der europäische Einigungsgedanke wird durch den kultu- rellen Austausch vorangetrieben unter anderem eben auch und gerade durch die Verbreitung von Literatur in den Landessprachen und in guten Übersetzungen. Die grenz- überschreitende Buchpreisbindung ist ein unverzichtba- res Mittel und Instrument europäischer Kultpolitik, das die europäische Integration im Sinne einer Vertiefung be- fördern kann. Im Übrigen ist die Preisbindung von Verlegern, Auto- ren und Buchhändlern gleichermaßen als sinnvoll aner- kannt worden. Bei Wegfall der Buchpreisbindung könn- ten kleinere und mittlere Verlage im Wettbewerb nicht überstehen. Beispiel England: Es ist zwar nicht unbedingt das große Massensterben eingetreten, aber die Bücher sind nicht billiger geworden, sondern in der Regel hat die Qualität nachgelassen. In den USA findet man in der Fläche neben den Universitätsbuchhandlungen allenfalls Bestseller im schlichten Paperback. Die heutige Versorgung mit Buchhandlungen in Deutschland ist so gut, dass auch abgelegene Gebiete er- reicht werden. Damit ist die „geistige Versorgung“ der Bevölkerung gewährleistet. Bei Wegfall der Preisbindung könnte es zu einem Konzentrationsprozess im Markt kommen, bei dem sich letztlich nur die großen Ketten durchsetzen. Solche Tendenzen können wir schon heute beobachten und hier gilt es – soweit das möglich ist – ge- genzusteuern. Die Vielfalt der literarischen Versorgung der Bevölkerung mit „geistigen Tankstellen“, so Helmut Schmidt, wäre sonst auf Dauer gefährdet. Dadurch unterstützen wir auch kleine und speziali- sierte Verlage – übrigens auch schönere Ausstattungen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24533 (C) (D) (A) (B) die die sinnliche Ausstrahlung des Kulturgutes Buch aus- machen! –, die Arbeitsplätze schaffen und erhalten und die Vielfalt bewahren helfen. Es geht hier auch um ver- schiedene Formen des Angebotes von Büchern. Die Käu- fer von Büchern sind so unterschiedlich wie die Titel. Viele möchten einfach nicht in einer großen, anonymen Massenbuchhandlung ohne intensive persönliche Bera- tung ihre Einkünfte tätigen. Sie brauchen die persönliche Ansprache, das Gespräch und die über lange Zeit ge- wachsene Bindung an ihre Buchhandlung. Ein anderer Bereich sind die kleinen Wissenschafts- und Universitäts- verlage, wie sie etwa auch in den USAexistieren. Sie sind für unsere wissenschaftliche Zukunft erforderlich. Auch eine ausgefallene und wenig „Main-Stream-lastige“ Pro- motion muss einen Verlag finden können, der ihre Veröf- fentlichung mit wenig Aussicht auf Profit – nur mit der Möglichkeit der Mischkalkulation und dem Hoffen auf Bestseller geht dies auf – übernimmt. Zum Schluss noch einige Worte zu den einzelnen Re- gelungen. Das Gesetz schafft eingeschränkte Ausnahme- regelungen. So sind verschiedene Endpreise für die so ge- nannten Parallelausgaben, das heißt für Titel, die in unterschiedlicher Ausstattung – Taschenbuch/Hardcover – und/oder für verschiedene Destinatäre – freier Buchhan- del/Buchclubs – erscheinen, zulässig. Klargestellt wird, dass grundsätzlich Zwischenbuchhändler und Letztver- käufer gleich behandelt werden; in besonderen Fällen je- doch, wenn sich die Letztbuchhändler ganz intensiv für ei- nen Titel eingesetzt, sind ausnahmsweise höhere Rabatte als üblich für diese Letztverkäufer zulässig. Die Sorgen der Kommunen und der kleineren Buchhandlungen dort haben wir berücksichtigt. Es bleibt auch in der gesetzlichen Rege- lung bei der Zulässigkeit von Preisnachlässen für Sammel- bestellungen bei Büchern für den Gebrauch im Schulun- terricht. Der Bitte der Hörbuchbranche, Hörbücher nicht in die Regelung einzubeziehen, haben wir entsprochen. Somit stimmen wir heute über ein sinnvolles, ausge- wogenes und aufgrund der europarechtlichen Vorgaben erforderliches Gesetz ab. Ich bin dankbar, dass auch und gerade in Zeiten des Wahlkampfes alle Fraktionen im Ausschuss für Kultur und Medien diesem Gesetz zustim- men. Das zeigt die konstruktive Zusammenarbeit gerade in diesem in dieser Legislaturperiode neu eingerichteten Ausschuss, für den ich mich als Vorsitzende bedanke. Anton Pfeifer (CDU/CSU): Es ist gut, dass es neben den vielen Bereichen, in denen zwischen Regierung und Opposition streitige Auseinandersetzungen über den rich- tigen politischen Weg für die Zukunft unsere Landes ge- führt werden, auch Felder gibt, die von Übereinstimmung und Konsens geprägt sind. Zu diesem Konsens gehört, dass die Buchpreisbindung, die in Deutschland Tradition hat und in unserem Kartellrecht abgesichert ist, auch in der Zukunft Bestand haben soll. Feste Ladenpreise für Bücher sind eine Grundvoraus- setzung für eine lebendige und vielseitige Literaturland- schaft in Deutschland in einem sowohl stabilen als auch differenzierten System unabhängiger Verlage und Buch- handlungen. Sie sind ein wichtiges Instrument zu Erhal- tung der Vielfalt im Verlagswesen. Sie tragen sehr zur Existenzsicherung auch kleinerer Verlage, die oftmals von großer Bedeutung für das Buchwesen in Deutschland sind, bei und begünstigen ganz entscheidend die Heraus- gabe von Büchern mit geringer Auflage. Sie ermöglichen also die Herausgabe von Büchern, die ohne die Buch- preisbindung kaum erscheinen würden, was beispiels- weise auch für jüngere, nicht oder noch nicht arrivierte Autoren von großer Bedeutung ist. Sie soll schließlich vielen um ihre Existenz ringende Buchhandlungen in kleineren Städten und in ländlichen Gebieten eine bessere Existenzchance bieten; denn gerade diese Buchhandlun- gen sind auch ein in jeder Hinsicht schützenswerter Be- standteil des kulturellen Reichtums und der kulturellen Vielfalt unseres Landes. Bücher sind nicht nur Wirtschaftsgut, sie sind in be- sonderer Weise auch Kulturgut. Ihre Produktion und ihr Vertrieb dürfen deshalb nicht allein nach den Kriterien des allgemeinen Wettbewerbsrechts behandelt werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich deshalb immer und mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass die Buchpreis- bindung nicht nur im nationalen Rahmen, sondern auch im grenzüberschreitenden Handel innerhalb eines ge- schlossenen Sprachraumes Berücksichtigung findet und auch von der Europäischen Union anerkannt wird. Dies war schon in der Regierungszeit von Bundes- kanzler Dr. Helmut Kohl ein oftmals mühsamer Weg. Die Europäische Kommission hat zwar 1996 in einem so ge- nannten Comfort-Letter die Buchpreisbindung als vom Kartellverbot freistellungsfähig bezeichnet; der zustän- dige Wettbewerbskommissar und die zuständige General- direktion wollten aber 1998 diese Regelung nicht mehr verlängern, was das Ende der Buchpreisbindung in Deutschland bedeutet hätte. Damals haben wir in sehr in- tensiven Verhandlungen und vor allem durch eine direkte Intervention des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl beim Präsidenten der Europäischen Kommission er- reicht, dass die Buchpreisbindung zunächst bis zu einer endgültigen und rechtskräftigen Entscheidung auf der Ebene der Europäischen Union erhalten geblieben ist. Gleichzeitig hatte damals wiederum auf Ininitiative der Bundesregierung die Europäische Kommission eine Stu- die in Auftrag gegeben, in welcher die Auswirkungen der so genannten Kulturverträglichkeitsklausel in Art. 128 d des EG-Vertrags auf die grenzüberschreitende Buchpreis- bindung untersucht werden sollte. Die Kommission hat damals die vom Wettbewerbskommissar gegen die Buch- preisbindung vorgeschlagenen Maßnahmen im Hinblick auf diese Studie zugestellt. Das war ein erster Durchbruch in den Verhandlungen zur Absicherung der Buchpreisbindung in der EU und zeigt im Übrigen auch, wie richtig und notwendig es war, dass die damalige Bundesregierung darauf bestanden und es durchgesetzt hat, dass die Kulturverträglichkeitsklau- sel Aufnahme in das Europäische Vertragswerk gefunden hat. Leider ist nach dem Regierungswechsel 1998 die Fort- setzung dieses erfolgsversprechenden Verhandlungs- weges zur Absicherung der Buchpreisbindung in der Eu- ropäischen Union durch die, wie heute jedermann weiß, ungeschickte, der Sache wenig dienliche und unangemes- sene Verhandlungsführung des damaligen Staatsministers Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224534 (C) (D) (A) (B) Naumann inbesondere gegenüber dem damaligen Wettbe- werbskommissar der Europäischen Kommission wieder ernsthaft gefährdet worden. Umso mehr möchte ich es po- sitiv würdigen, dass jetzt nicht zuletzt mit diesem Gesetz die Buchpreisbindung erhalten bleibt und in der Europä- ischen Union abgesichert werden kann. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmt deshalb diesem Gesetz in der Schlussabstimmung zu, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass die Regierungskoalition die von uns in den Ausschussberatungen angeregten und in jedem Fall auch beantragte Klarstellungen zu einzelnen Bestimmungen nicht nur in die Gesetzesmaterialien, also in den schriftlichen Bericht des federführenden Aus- schusses, sondern in den Gesetzestext aufgenommen hätte. Da wir uns hier nicht durchsetzen konnten, werden wir jetzt sehr sorgfältig darauf zu achten haben, ob und in- wieweit im Konfliktfall die zuständigen Gerichte diese im schriftlichen Bericht des Ausschusses wiedergegebenen Auslegungshinweise des Gesetzgebers berücksichtigen. Sollte dies nicht in dem Maße geschehen, wie wir uns das vorstellen, wird eine unbezügliche Nachbesserung des Gesetzes geboten sein. Ich hoffe auch, dass die Bundesregierung und die Koali- tionsfraktionen sich ihre Entscheidungen zum so genannten Schulbuchrabatt genau überlegt haben, insbesondere genau daraufhin überlegt haben, dass die Nichtberücksichtigung aller Vorschläge des Bundesrates, denen über die Partei- grenzen hinweg zehn Bundesländer zugestimmt haben und die nur von einem der 16 Länder abgelehnt wurden, nicht am Ende zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat führt. Dies wäre jetzt, am Ende der Le- gislaturperiode des Bundestages, deshalb fatal, weil im Falle der Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht ausge- schlossen werden kann, dass dieses Gesetz mit dem Ablauf der Legislaturperiode der Diskontinuität anheim fällt und dann das Gesetzgebungsverfahren in der nächsten Legisla- turpiode des Bundestages nochmals neu beginnen müsste. Ich möchte jedenfalls der Bundesregierung nahe legen, dies sind jetzt unverzüglich in den entsprechenden Gesprächen mit den Ländern vor dem zweiten Durchgang im Bundesrat so zu klären, dass dieses Gesetz auch tatsächlich in Kraft tre- ten kann. Die Verlage und der Buchhandel sollen sich end- lich darauf verlassen können, dass die Buchpreisbindung auf einer verlässlichen rechtlichen Grundlage dauerhaft ge- sichert bleibt. Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn wir heute das Buchpreisbindungsgesetz verab- schieden, gießen wir eigentlich die bestehenden Marktge- pflogenheiten nur in eine gesetzliche Form. Was bis heute auf Absprachen der Verlagshäuser und Buchändler be- ruhte, wird bald aufgrund eines Gesetzes gültig sein. Dieser Weg ist genau richtig; denn das System hat gut funktioniert. Durch festgesetzte Preise für Verlagserzeug- nisse werden Verlage, Buchhändler und nicht zuletzt die Autoren geschützt. Wir haben in Deutschland eine viel- fältige und qualitativ hochwertige Buchlandschaft. Die Verlage decken – trotz zunehmender Konzentrationsten- denzen – eine riesige Bandbeite ab und jeder kleine Ort in Deutschland hat seine Buchhandlung, in der qualifiziertes Personal fachkundig beraten kann. Bücher sind mehr als bloße Papierwaren. Sie machen einen großen Teil unserer geistigen Welt aus. Wir leben in einer kurzatmigen Zeit, in der uns Wellen von Nachrich- ten überrollen und dann schnell verebben, wo Menschen durch Gerüchte und Skandale verbrannt werden, wo ei- gentlich nichts Langsames und Durchdachtes mehr zu zählen scheint. Gleichförmigkeit überwiegt in allen Teilen das Leben. Da ist es fast ein Wunder, dass doch noch ein so großes Interesse an Büchern besteht. Dieses Interesse gilt es zu bewahren, zu fördern und auszubauen. Die PISA-Studie hat es ja gezeigt. Obwohl unsere Bücherwelt so breit und gut ist – lesen können die wenigsten. Deshalb ist es so wichtig, die Bücher zu schützen. Die rot-grüne Koalition hat auch dieses wichtige Projekt in die Hand genommen und wird es heute abschließen. Dies ist wieder ein Baustein mehr in unserer Kulturpolitik, der – längst fällig – das kulturelle Leben in Deutschland ein Stück weit mehr sichert. Die Details des Gesetzes sind vielfältig und zum Teil nur für Juristen verständlich. Für die Bürger und Bürgerinnen ist vor allem wichtig, dass der Status quo in Bezug auf die Bücher und Musikalien bei- behalten bleibt: Erstens. Bücher haben weiterhin feste Preise. Es wird keinen Ausverkauf der Literatur geben. Mit dem festgesetzten Preis können Verlage und Buch- händler sicher kalkulieren und ihre Existenz sichern. Zweitens. Die Unterwanderung der Preisbindung durch den Reimport von Büchern für den deutschen Markt aus Ländern ohne Preisbindung wird verhindert, soweit das durch eine nationale Regelung möglich ist. Das Schöne an der Kulturpolitik ist, dass es öfter als in anderen Bereichen möglich ist, sich über die Parteigren- zen hinweg aufgrund von sachlichen Erwägungen zu ei- nigen. Das Buchpreissbindungsgesetz ist dafür ein weite- res Beispiel: Hier haben wir nicht nur im Parlament über die Grenzen der Fraktionen hinweg einen breiten Konsens gefunden, sondern wir haben auch zusammen mit den In- teressenvertretern der Buch- und Verlagsbranche zu all- seits zufrieden stellenden Einigungen kommen können. So sollten politische Prozesse wahrlich öfter ablaufen: sachlich und kompromissorientiert und ohne viel Aufhe- bens für eine gute Sache. Die Buchpreisbindung ist noch in einer weiteren Hin- sicht beachtlich: Die lange Vorgeschichte dieses Gesetzes hat gezeigt, wie wichtig es ist, für die Kulturpolitik eine starke und einheitliche Stimme auf Bundesebene zu ha- ben. Die beiden Kulturstaatsminister – Michael Naumann in der ersten Phase und nun Julian Nida-Rümelin – waren wesentlich daran beteiligt, dass unser Anliegen, eine na- tionale Buchpreisbindung gegen die kartellrechtlichen Bedenken auf EU-Ebene durchzusetzen, schließlich in den vorliegenden Gesetzentwurf mündete. Die Aufwer- tung der Kulturpolitik ist ein konkreter Erfolg dieser Ko- altion, die sich in entscheidenden Reformen klar bewie- sen hat. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Es ist durch- aus nicht selbstverständlich, dass sich Liberale in großer Geschlossenheit zum Instrument der Preisbindung beken- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24535 (C) (D) (A) (B) nen, ist sie doch eine Ausnahme vom ordnungspolitischen Prinzip der Preisbildung nach Angebot und Nachfrage. Die Argumente für eine Buchpreisbindung sind aber so überzeugend, dass sich sogar der „Markt-Graf“ Otto Graf Lambsdorff zu ihr bekennt; denn wir wissen aus interna- tionalen Erfahrungen, zum Beispiel in unserem Nachbar- land Frankreich, dass die Freigabe der Buchpreise zu einer schwerwiegenden Einschränkung an Vielfalt gleicher- maßen in der Buchproduktion wie im Buchhandel führt. Die bereits 1887 bei uns eingeführte Buchpreisbindung verdient also, verteidigt zu werden. Wir halten es für bedauerlich, dass aus europarechtli- chen Gründen das bisherige System der auf freiwilligen Absprachen beruhenden Preisbindung nicht aufrechter- halten werden kann und durch eine gesetzliche Regelung abgesichert werden muss. Der Gesetzentwurf der Bun- desregierung in seiner veränderten, heute zur Abstim- mung stehenden Fassung, findet aber auch unsere Zu- stimmung. Entgegen sonstigem – schlechten – Brauch hat sich die rot-grüne Koalition nicht nur Änderungsvor- schlägen der Experten, insbesondere des Börsenvereins, zugänglich gezeigt, sondern auch Anregungen aus den Reihen der Opposition. Insofern hat auch das Gesetzge- bungsverfahren eine beispielgebende Funktion. Wir sind der festen Überzeugung, dass durch die im Laufe der Be- ratung erfolgten Änderungen berechtigten Bedenken ins- besondere der kleinen und mittleren Verlage Rechnung getragen wurde, wie sie insbesondere von dem Verleger Christoph Links kürzlich im Börsenblatt vorgetragen wurden. Es liegt auch uns daran, dass sich die Zahl der kleineren, konzernungebundenen Buchhändler nicht wei- ter verringert, sondern dass im Gegenteil ein Signal für mehr Vielfalt auf dem Buchmarkt ausgesandt wird. Trotz aller Einigkeit zwischen den Fraktionen bei die- sem Gesetzentwurf muss ich in einem Punkt etwas Was- ser in den Wein gießen: Wir alle sollten uns keine Illusio- nen darüber machen, dass in zunehmenden Maße durch grenzüberschreitende Verkäufe die Preisbindung durch- löchert wird. Bei solchen grenzüberschreitenden Verkäu- fen verbietet die europäische Waren- und Dienstleis- tungsfreiheit Preisbindungen. Es ist davon auszugehen, dass der Versand- und Internethandel dieses Hintertür- chen stärker nutzen wird. Der Auslöser für die jahrelan- gen Auseinandersetzungen um die Buchpreisbindung – die Preisattacken durch die österreichische Firma Libro – ist also prinzipiell von diesem neuen Gesetz nicht erfasst und wird sicher Nachahmer finden; denn das Umge- hungsverbot in § 4 Abs. 2 des neuen Gesetzes wird in den seltensten Fällen greifen, weil der Nachweis, dass die be- treffenden Bücher allein zum Zweck ihrer Wiedereinfuhr in europäische Nachbarländer verbracht wurden, prak- tisch kaum zu führen sein wird. Dennoch wünsche ich, dass das heute zu verabschie- dende Gesetz seinen Beitrag zum Erhalt des vielfältigen Buchmarktes und zu einer Stärkung des Kulturgutes Buch leisten möge. Dr. Heinrich Fink (PDS): Über Bedeutung und Not- wendigkeit der Buchpreisbindung ist in den vorausgegan- genen Debatten alles gesagt worden. Die heutige, wie ich hoffe, abschließende Debatte, gibt zu großer Polemik kei- nen Anlass. In großer Übereinstimmung haben wir mit dem „Gesetz zur Sicherung der nationalen Buchpreisbin- dung“ vor zwei Jahren zunächst die Voraussetzungen dafür verbessert, dass die Buchpreisbindung nicht durch Reimporte unterlaufen wird. Mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf wird nun das in unserem Lande bewährte und bisher auf freiwilligen Absprachen beruhende System der Buchpreisbindung gegenüber den kartellrechtlichen Be- denken der EU abgesichert. Auch dem stimmen wir zu. Die Veränderung, die der Gesetzentwurf in den letzten Tagen noch hinsichtlich des § 5 Abs. 5 erfahren hat, fin- det allerdings nicht meinen Beifall. Die damit eröffneten größeren Spielräume für Preisnachlässe bei den großen Buchgemeinschaften geht meines Erachtens durchaus auf Kosten des kleinen stationären Buchhandels, der fair die Versorgung in der Fläche von besonderer Bedeutung ist. Bezeichnenderweise wurde diese Änderung in einer ers- ten Begründung mit „lex Bertelsmann“ charakterisiert. Diese Bezeichnung fehlt zwar nun in der Begründung – der Sachverhalt aber ist geblieben. Während in diesem Fall hinsichtlich des Hauptzwecks des Gesetzes – der Preisbindung – ein Auge zugedrückt wurde, ist ausdrücklich mit Hinweis auf diese Funktion des Gesetzes das Anliegen des Deutschen Städtetages ab- gewiesen worden, den Rabatt bei Schulbüchern so zu ge- stalten, dass die Kommunen nicht stärker als bisher belastet werden. Angesichts der katastrophalen Finanz- situation der Kommunen hätte diesem Anliegen durchaus entsprochen werden können, auch wenn es zu den vom Städtetag prognostizierten Folgen keine eindeutigen Er- kenntnisse gibt. Demgegenüber begrüße ich sehr, dass in letzter Minute noch die im Unterricht verwendete belletristische Litera- tur in die Rabattregelung für die Schulen einbezogen und ein Weg gefunden wurde, Kataloge, die eine Ausstellung begleiten, zweifelsfrei in die Preisnachlassmöglichkeit einzubeziehen. Der hier vorliegende seltene Fall weitgehender frakti- onsübergreifender Einmütigkeit, der fair die Dauerhaftig- keit der Regelung ja durchaus von Bedeutung ist, hängt offenbar damit zusammen, dass diese gesetzliche Rege- lung den Interessen der Urheber, Vermittler und Nutzer von Verlagserzeugnissen gleichermaßen entspricht. Wir sollten von diesem Interessenausgleich auch bei künfti- gen kulturpolitischen Entscheidungen noch bewusster als bisher ausgehen. Ich weiß natürlich, dass das nicht immer so einfach sein wird wie in diesem Fall. Die jüngsten Aus- einandersetzungen um das Urhebervertragsrecht haben uns das nachdrücklich vor Augen geführt. Aber wir soll- ten es doch zumindest von allen politischen Positionen aus verstärkt versuchen. Mit den beiden Gesetzen zur Buchpreisbindung halten wir aus guten Gründen das Kulturgut Buch ein Stück weit aus der Logik von Marktradikalismus und Profitmaxi- mierung heraus. Damit setzen wir meines Erachtens auch einen kleinen Damm gegenüber den Bestrebungen inner- halb der GATS-Verhandlungen, die darauf abzielen, sol- che öffentlichen Güter wie Kultur und Bildung als „nor- male“ Waren in den freien Handel mit Dienstleistungen einzubeziehen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224536 (C) (D) (A) (B) Meiner Meinung nach müssen wir viel lauter als bisher auf die Gefahren aufmerksam machen, die daraus fair die Qualität dieser Güter und fair den gleichberechtigten Zu- gang zu ihnen erwachsen. Wir müssen auch gründlicher überlegen, was wir dagegen tun können. Ich glaube, die heute zu beschließende Gesetzesinitiative ist ein guter An- lass, um auf diese bedrohliche Entwicklung hinzuweisen. Dr. Julian Nida-Rümelin, Beauftragter der Bundes- regierung für Angelegenheiten der Kultur und der Me- dien: Die Buchkultur in Deutschland nimmt international eine Spitzenstellung ein. Wir haben ein dichtes Netz von Buchhandlungen mit hoch qualifiziertem Fachpersonal auch in kleineren Städten. Die Verlagsangebote sind Jahr für Jahr durch ein breites Spektrum von Neuerscheinun- gen geprägt. Trotz einiger Konzentrationserscheinungen können sich auch kleinere und mittlere Verlage behaup- ten. Diese Charakteristika der Buchbranche bilden ein Kulturgut ersten Ranges. Natürlich ist das Buch auch ein Wirtschaftsgut, das produziert, vertrieben und konsumiert wird. Aber es ist nicht nur ein Wirtschaftsgut, wie es beispielsweise die Schraube darstellt. Auf dem Markt der Schraubenanbieter müssen wir darauf achten, dass nicht übermäßige Kon- zentrationsvorgänge die Konkurrenz aushebeln und damit zu verbraucherfeindlichen Strukturen führen. Wir können dabei darauf vertrauen, dass die Nachfrage durch den Marktmechanismus allein im Großen und Ganzen ge- deckt werden wird. Im Gegensatz dazu hat das Buch neben seiner Rolle für die individuelle Bedürfnisbefriedigung weitere kul- turelle Zwecke zu erfüllen, die nicht nur eine individu- elle, sondern auch eine öffentliche Angelegenheit sind. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der sich jeder in nahe gelegenen Buchhandlungen von gutem Fachperso- nal informieren, bilden und beraten lassen kann. Das nachvollziehbare Interesse, Bestseller zu einem mög- lichst günstigen Preis zu erwerben, muss abgewogen werden gegen das kulturelle Ziel, die Vielfalt des Buch- angebotes, die Dichte von Buchhandlungen, die Qualität des Fachpersonals und die besonderen Bindungen von Autor und Verleger zu erhalten. Von daher gibt es eine kulturpolitische Legitimation für ein ungewöhnliches Instrument, nämlich das eines nationalen Preisbindungs- gesetzes. Mancher mag sich wundern, dass zum Teil die gleichen Personen, Verbände und Institutionen, die sich bei der Diskussion um das Urhebervertragsrecht vehement gegen jeden weiter gehenden Markteingriff gestellt haben und das Hohelied der Marktfreiheit gesungen haben, in die- sem Fall nun einen weit gehenden Eingriff des Staates in das Marktgeschehen gefordert haben. Ich will diese scheinbare Widersprüchlichkeit wohlwollend interpretie- ren: Hier handelt es sich nicht um bloße Artikulationen materieller Interessen, sondern um ein Verantwortungsge- fühl für das Kulturgut Buch, das in diesem Fall ein Abge- hen von der reinen Lehre der Marktfreiheit begründet. Es kann kein Zweifel bestehen, dass ohne das Instru- ment der Preisbindung, das über hundert Jahre in Deutschland durch freiwillige Branchenabsprachen gesi- chert wurde, die kulturelle Rolle des Buches Schaden nehmen würde: Es gäbe mehr Konzentration, das Netz an Buchhandlungen würde rasch ausdünnen, die Angebots- vielfalt der Verlage zurückgehen. Aber auch umgekehrt gilt: Nur wenn die Buchpreisbindung nicht nur als ein ökonomisches Instrument, sondern als eine kulturpoli- tisch motivierte Maßnahme verstanden wird und wenn alle Beteiligten dies als moralische Verpflichtung emp- finden, lassen sich diese kulturellen Ziele auch in Zu- kunft erreichen. Ohne Quersubventionen im Verlag verliert die Buch- preisbindung ihre segensreiche Wirkung auf die Vielfalt des Angebots. Wenn Verlage auf breiter Front diese Quer- subventionierung der vielen weniger erfolgreichen Titel durch die wenigen sehr erfolgreichen Bücher auf dem Markt nicht mehr praktizierten – und das ist bei einigen Verlagen offizielle Politik geworden –, dann ließe sich durch Preisbindung die Vielfalt des Angebots nicht beför- dern. Schon mein Vorgänger hatte vehement für die Auf- rechterhaltung der Preisbindung gestritten und zur Siche- rung der Preisbindung eine Initiative zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen veranlasst. Die Kommission hatte diese Änderung des § 15 GWB, die am 1. Juli 2000 in Kraft gesetzt wurde, zunächst offiziell begrüßt. Im weiteren Verlauf gab es jedoch nicht den an- gekündigten „Letter of Comfort“, im Gegenteil: Die Be- schwerde des österreichischen Libro-Konzerns führte zu den mit großer Medienaufmerksamkeit durchgeführten, spektakulären Durchsuchungen bei einigen führenden Verlagen und beim Börsenverein des Deutschen Buch- handels selbst. Als ich Anfang des Jahres 2001 mein Amt antrat, ver- festigte sich bei mir rasch der Eindruck, dass wir in Deutschland um ein nationales Buchpreisbindungsge- setz nicht herumkommen. Allerdings schien zu diesem Zeitpunkt in der Verlagsszene noch Unsicherheit zu herrschen, ob dieser Weg beschritten werden soll. Ich habe den Vorschlag, ein nationales Buchpreisbindungs- gesetz zu etablieren, zum ersten Mal öffentlich im März 2001 bei einer Podiumsdiskussion anlässlich der Eröff- nung des Salon du Livre in Paris gemacht. Auch in zwei Gesprächsrunden beim Bundeskanzler wurde diese The- matik angesprochen und schließlich vereinbart, dass ein solches Gesetz von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wird, wenn der Börsenverein einen weit ge- henden Konsens für eine nationale Buchpreisregelung in der Branche herstellen kann. So ist es dann auch ge- kommen. In gemeinsamer Federführung des Bundes- wirtschaftsministers und des Kulturstaatsministers ha- ben wir einen Gesetzentwurf eingebracht, der das bewährte Instrument der Buchpreisbindung auf Dauer sichern soll. Er wurde vom Kabinett am 20. März dieses Jahres beschlossen. Die genannten Ziele werden mit diesem Gesetz er- reicht: Zunächst wird endlich Rechtssicherheit im Ver- hältnis zur EU hergestellt. Wie in unseren Nachbarstaaten, zum Beispiel in Frankreich und Österreich, räumt das na- tionale Buchpreisbindungsgesetz EU-kartellrechtliche Bedenken aus. Es stützt sich insoweit auf die gefestigte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24537 (C) (D) (A) (B) nationale Buchpreisbindungen mit dem EU-Kartellrecht vereinbar sind. Und die Realisierung der kulturpolitischen Ziele – Vielfalt und hohe Qualität des Buchangebotes in Deutschland, flächendeckende Versorgung durch kompe- tente Buchhandlungen und Existenzsicherung kleiner Verlage und noch nicht etablierter Autorinnen und Auto- ren – ergibt sich durch die mit dem Gesetz auf Dauer ge- währleistete Preistransparenz. Bei den Vorarbeiten zur Erarbeitung des Gesetzent- wurfs sind wir auf bemerkenswerte Vergleichszahlen ge- stoßen: So sind beispielsweise entgegen dem, was man vielleicht prima facie erwarten könnte, die Verbraucher- preise für Verlagserzeugnisse in den Ländern ohne Preis- bindung, zum Beispiel in Finnland und Schweden, ver- gleichsweise höher als in Ländern mit bestehender Preisbindung. Auch in Großbritannien, wo 1995 die Buchpreisbindung suspendiert wurde, hat sich dies nach anfänglichem Preisrückgang gezeigt. Darüber hinaus ist die Zahl lieferbarer Bücher in den Ländern mit Preisbindung deutlich höher als in den Staa- ten ohne diese Bindung. Beispielsweise hat ein Vergleich des deutschen Sprachraums, also einschließlich Öster- reichs und der deutschsprachigen Schweiz, mit dem eng- lischen Sprachraum gezeigt, dass dort pro eine Million Einwohner über 40 Prozent weniger lieferbare Titel ange- boten werden. Die durchschnittliche Anzahl von Buchhandlungen in mittleren Ortschaften zwischen 20 000 und 50 000 Ein- wohnern beträgt zum Beispiel in Schweden im Verhältnis zu Deutschland etwa ein Drittel, in den USA nahezu nur ein Fünftel. Ähnliches können wir bei dem Vergleich der Verlagskonzentration feststellen. Unter dem Gesichtspunkt des Erhalts eines breiten und vielfältigen Buchangebots legitimieren die empirischen Befunde eindeutig den mit einer Preisbindung verbunde- nen Eingriff in den freien Markt. Und für die Verbrauche- rinnen und Verbraucher wird sich auch nach In-Kraft-Tre- ten des Gesetzes so gut wie nichts ändern: Bereits heute sind rund 90 der erscheinenden Buchtitel preisgebunden, wenn auch auf vertraglicher Grundlage. Ich möchte abschließend noch auf zwei Aspekte ein- gehen, die zur Beurteilung dieses Vorhabens wichtig sind. Da ist zum einen die Frage nach dem Internet. Das Gesetz betont in § 4 ausdrücklich, dass die Preisbindung nicht für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb des Europä- ischen Wirtschaftsraumes gilt. Das entspricht dem vor- rangigen Recht der Europäischen Union, wonach grenz- überschreitende Handelshemmnisse unzulässig sind. Aber Abs. 2 dieser Vorschrift schützt im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die natio- nale Buchpreisbindung vor Umgehungsgeschäften. Wenn also der Verkauf deutscher Bücher auch über das Internet vom Ausland aus ausschließlich auf deutsche Abnehmer gerichtet ist, diese Bücher de facto jedoch die Grenze nicht überschreiten, ist auch insoweit die Preisbindung einzuhalten. Gleiches gilt, wenn jemand Bücher ausführt, um sie von vornherein aufgrund eines einheitlichen Plans wieder nur an Letztabnehmer in Deutschland zu verkau- fen. Der zweite Punkt betrifft den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften. Wir hatten ursprünglich die Vorstel- lung, dass wir mit dem Preisbindungsgesetz alle Ver- lagserzeugnisse, also auch die Presse, erfassen und da- bei gleichzeitig die bisherige Regelung im GWB aufheben. Die intensiven Gespräche mit der Pressebran- che haben uns jedoch überzeugt, dass in diesem Bereich mehr Flexibilität notwendig ist. Ich darf hier erneut auf das Beispiel der überwiegend in englischer Sprache er- scheinenden wissenschaftlichen Zeitschriften verwei- sen. Sie müssen sich auf dem internationalen Markt be- haupten, was mit zwingender Preisbindung kaum zu realisieren wäre. Das Gesetz beschränkt sich somit le- diglich auf die notwendige Anpassung des § 15 GWB; die insoweit zulässige Preisbindung für Zeitungen und Zeitschriften wird von der EU-Kommission nicht in- frage gestellt. Ich freue mich besonders, dass dieses kulturpolitische Vorhaben von eminenter Bedeutung weite, fraktionsüber- greifende Zustimmung findet. Der bis zuletzt intensive Beratungsprozess – Stichworte: Buchgemeinschaften, Schulbuchsammelbestellungen – hat nach meinem Ein- druck nunmehr zu einem Ergebnis geführt, das alle rele- vanten Interessen angemessen und fair berücksichtigt. Ich danke allen, die an der Erarbeitung des Gesetzes mitge- wirkt haben. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts – zu dem Bericht: Technikfolgeabschätzung; hier: Monitoring „Risikoabschätzung und Nachzulassungs-Monitoring transgener Pflan- zen“ – zu dem Antrag: Zukunft für die „grüne“ Gen- technik (Tagesordnungspunkt 35) Matthias Weisheit (SPD): Über den Antrag von der CDU/CSU möchte ich nur wenige Worte verlieren; denn wir hatten bereits eine Debatte über diesen überflüssigen, weil völlig an der Sache vorbeigehenden Antrag. Deshalb lehnen wir ihn ab. Ich habe bereits damals festgestellt, dass die Union zu einer sachlichen Diskussion nicht bereit ist, dass sie wis- senschaftliche Untersuchungen ignoriert, ja, dass sie den schon lange vorliegenden TAB-Bericht „Risikoabschät- zung und Nachzulassungsmonitoring transgener Pflan- zen“ offensichtlich nicht gelesen hat – und dies, obwohl er einen fundierten Überblick über den derzeitigen Wis- sensstand und die offenen Fragen gibt, die mit dem Ein- satz gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirt- schaft verbunden sind. Gebetsmühlenartig wiederholt die CDU/CSU die Phrasen von der angeblichen „ideologischen Verweige- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224538 (C) (D) (A) (B) rungshaltung“ der rot-grünen Bundesregierung. So ein Unsinn. Im Unterschied zur Union lesen wir solche Un- tersuchungen wie den TAB-Bericht und ziehen die nöti- gen politischen Konsequenzen daraus. Im Unterschied zur Union nehmen wir zur Kenntnis, dass es noch enorme Wissenslücken über die möglichen Auswirkungen des Anbaus transgener Pflanzen gibt. Im Unterschied zur Union wollen wir deshalb einen vorsichtigen und verant- wortungsvollen Umgang mit der grünen Gentechnik. Auf die komplexen Fragen, die sich im Zusammen- hang mit der grünen Gentechnik stellen, gibt es keine ein- fachen Antworten. Ich möchte ein Beispiel nennen: CDU/CSU erklären in ihrem Antrag die Wahlfreiheit der Verbraucher, also die Möglichkeit, sich für oder gegen genveränderte Produkte zu entscheiden, zu einem bedeu- tenden Grundprinzip. Dieses Grundprinzip verfolgen wir schon seit Beginn der Diskussionen um grüne Gentech- nik. Ich freue mich aber trotzdem, dass auch CDU/CSU endlich erkannt haben, wie wichtig das ist. Wir sollten also gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, um diese Wahlfreiheit gewährleisten zu können. Von der EU-Kommission gibt es eine bei der gemein- samen Forschungsstelle der Europäischen Union JRC in Auftrag gegebene Studie zur Koexistenz von genverän- derten Pflanzen und herkömmlichen bzw. in ökologischem Anbau erzeugten Pflanzen in der Landwirtschaft. Es würde mich nicht wundern, wenn die Damen und Herren von der CDU/CSU auch diese Studie nicht zur Kenntnis genommen hätten, wenngleich ich mir sicher bin, dass diese EU-Forschungsstelle sicherlich nicht „ideologisch“ besetzt ist. Die Forscher simulierten mittels Computermodellen den großflächigen Anbau von genverändertem Raps, gen- verändertem Mais und genveränderten Kartoffeln. Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass eine Koexistenz zwi- schen grüner Gentechnik und gentechnikfreier Landwirt- schaft schwierig bis unmöglich ist, zumindest aber sehr teuer. Schon wenn nur auf zehn Prozent aller Felder gen- technisch veränderte Pflanzen wachsen, wird es fast un- möglich, auf den übrigen Flächen gentechnikfreie Er- zeugnisse zu ernten, da auf dem Acker über Pollen, bei der Verarbeitung in der Ölmühle, beim Saatguthändler GVO- Einträge passieren können. So müssten beim Anbau Si- cherheitsabstände zwischen den Feldern von 200 Metern beim Mais bis hin zu 600 Metern beim Raps eingehalten werden. Auch die strikte Trennung der genveränderten Er- zeugnisse von den übrigen erfordert Investitionen. Den- noch wäre in Regionen mit Gentec-Anbau die Einhaltung der im Ökolandbau geltenden Verunreinigungsgrenze von 0,1 Prozent nahezu unmöglich, aber auch die zur Einhal- tung der 1-Prozent-Grenze im herkömmlichen Landbau erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen würden den Anbau von Mais und Kartoffeln um bis zu 9 Prozent verteuern, bei Raps sogar bis zu 40 Prozent. Wie teuer wird also die Wahlfreiheit der Verbraucher, wenn wir tatsächlich den großflächigen Anbau genveränderter Pflanzen zulassen? Wer kann sich das leisten? Dies zeigt, dass es auch in Hin- sicht auf mögliche ökonomische Risiken des Einsatzes der grünen Gentechnik noch viele offene Fragen gibt. Mit den offenen Fragen und mit dem Diskussionsstand zur Sicherheitsforschung beschäftigt sich der TAB-Be- richt „Risikoabschätzung und Nachzulassungs-Monito- ring transgener Pflanzen“. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern des TAB-Büros für ihre gute Arbeit und für diesen aufschlussreichen Bericht, der eine fundierte Grundlage für eine sachliche Diskussion sein könnte, wenn ihn auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU zur Kenntnis genommen hätten. Der TAB-Bericht stellt eine „dürftige Datenlage“ bei der Risikoabschätzung fest. Nur 1 Prozent der Freiset- zungsversuche in der EU waren in der Vergangenheit mit ökologischer Begleitforschung verbunden, in Deutsch- land zwar 15 Prozent, aber auch das ist wenig. Jedenfalls zu wenig, um zu behaupten, dass direkte und indirekte, erkennbare oder denkbare Auswirkungen auf ökologische Kreisläufe analysiert und ausgeschlossen werden könnten, wie im Antrag der CDU/CSU be- hauptet wird. Im TAB-Bericht heißt es, dass es sich bei den Umwelt- wirkungen von Freisetzungen um unspezifische biologische Phänomene handelt, die von einer Vielzahl wechselwirkender Faktoren ab- hängig sind und die trotz teilweise jahrzehntelanger Forschung in vielen Aspekten nur unvollständig ver- standen sind. Weiter heißt es: Eine Fortführung und Intensivierung der Sicher- heitsforschung ist zweifelsohne notwendig, um die großen Wissenslücken zu den möglichen Auswir- kungen des Anbaus transgener Pflanzen zu verklei- nern. Schon diese wenigen Zitate machen Wissensdefizite und Handlungsbedarf deutlich. Mit unserem Entschlie- ßungsantrag ziehen wir die Konsequenzen aus diesem Be- richt. Bei uns hat das Vorsorgeprinzip oberste Priorität bei der Abwägung der Chancen und der möglichen gesund- heitlichen und ökologischen Risiken. Dies kennzeichnet einen verantwortungsvollen Umgang mit der grünen Gen- technik! Wir wollen die Wissenslücken schließen, indem wir im Rahmen der biologischen Sicherheitsforschung und der Technikfolgenabschätzung die Förderung von Untersu- chungen zu den Auswirkungen von transgenen Pflanzen und zum zukünftigen Umgang mit solchen insbesondere im Hinblick auf gesundheitliche und ökologische Aspekte verstärken wollen. Wir wollen einen verantwortlichen Umgang mit der Gentechnik und die Verankerung und konsequente An- wendung des Vorsorgeprinzips auf allen Ebenen. Wir wol- len den weiteren Ausbau der Maßnahmen zur maximalen Sicherheit und Transparenz für Verbraucher und Umwelt, insbesondere der Regelungen, die der Erfassung, Über- prüfung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit aller gentechnisch veränderten Organismen und Produkte die- nen. Wir wollen, dass die Wahlfreiheit der Erzeuger und Verbraucher, gentechnikfreie Produkte herstellen und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24539 (C) (D) (A) (B) kaufen zu können, durch geeignete Maßnahmen sicherge- stellt wird. Wir wollen, dass bei der Bewertung von Monitoring- ergebnissen die Nachhaltigkeit als Maßstab zugrunde ge- legt wird. Ein solcher Bewertungsmaßstab legt die Ge- sundheits- und Umweltverträglichkeit auch für die kom- menden Generationen zugrunde und hat gesellschaftliche Akzeptanz. Wir wollen die Fortführung eines breiten gesellschaft- lichen Diskurses – wie ihn die Bundesverbraucherschutz- ministerin Künast bereits eingeführt hat – über die Anwendung der Gentechnik in Landwirtschaft und Le- bensmittelproduktion. Wegen der derzeitigen Verunsiche- rung bei den Verbrauchern und der offenen wissenschaft- lichen und administrativen Fragen sollte gleichzeitig vorläufig auf eine Vermarktung der Produkte verzichtet werden. Wir brauchen das Vertrauen der Verbraucher. Sie haben ein Recht auf Sicherheit, Transparenz und Wahlfreiheit. Die Bundesregierung ist in vielen Bereichen bereits tätig geworden. Wir wollen, dass sie die bereits ergriffenen Maßnahmen fortführt und intensiviert. Wir werden sie dabei unterstützen. Wir wollen, dass uns die Opposition dabei unterstützt und für unseren Entschließungsantrag stimmt. Helmut Heiderich (CDU/CSU): Allein die Tatsache, dass heute ein Bericht vorgelegt wird, der im Wesentli- chen aus dem Jahr 1999 stammt, zeigt, mit welcher Inten- sität die rot-grüne Koalition auf dem Feld der Biotechnik, insbesondere der grünen Biotechnik, arbeitet. In Deutsch- land sind wir auch heute grundsätzlich nicht über den Stand hinaus gekommen, der in dieser Studie beschrieben ist. Die Verzögerungs- und Verhinderungstaktik von Rot- Grün hat es bis heute nicht zugelassen, einen längerfristi- gen, großräumigen Anbau gentechnisch verbesserter Pflanzen in Deutschland zu ermöglichen. Ein sinnvolles und aussagefähiges Monitoring kann aber nur dann erfol- gen, – das ist auch auf dem gestrigen Symposium des Umweltbundesamtes deutlich zum Ausdruck gekommen, – wenn diese Pflanzen auch in der Praxis eingesetzt werden. Das auf der EXPO 2000 vom Bundeskanzler zugesagte dreijährige Anbauprogramm in allen Bundesländern ist bis heute weder realisiert noch in der Umsetzung erkenn- bar. So bleiben alle Fragen des Monitoring und der Fol- genabschätzung nach wie vor ein theoretisches Fingerha- keln. Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits im vergangen Jahr einen umfassenden Vorschlag unter dem Titel „Zu- kunft für die Grüne Gentechnik“ vorgelegt. Sie hat dabei insbesondere den Prinzipien der Abschätzung für dieje- den Einzelfall, case by case, und der schrittweisen Vorge- hensweise, step by step, besonderen Nachdruck verliehen. In zahlreichen Ländern weltweit hat sich inzwischen der Anbau gentechnisch verbesserter Pflanzen auf rund 55 Millionen Hektar ausgeweitet. Insbesondere in den USA sind mit einer knapp zehnjährigen großflächigen Anbauerfahrung jeweils die Bedenken ausgeräumt wor- den, welche von den Kritikern dieser Technologie immer wieder aufs Neue vorgebracht wurden. Die UN hat im Oktober 2001 über 81 Studien zur Si- cherheitsforschung von gentechnisch fortentwickelten Pflanzen berichtet. Im Fazit wurde dabei festgestellt, dass für solche die gleichen agronomischen Probleme gelten wie für konventionellle Pflanzen, vermutete spezielle neue Risiken jedoch nicht aufgetreten sind. Die Europäische Union hat im vergangenen Jahr eben- falls auf gut 40 Studien zu diesem Thema verwiesen, die sich intensiv mit den Fragen der Sicherheit beschäftigt ha- ben. Leider hat die Bundesregierung in ihren Forschungs- aufträgen diese langjährigen und großflächigen Erfahrun- gen weltweit bisher nicht ausreichend aufgearbeitet. Stattdessen wird nun mehr und mehr versucht, den Vergleich konventioneller und gentechnisch verbesseerter Pflanzen zu einem allgemeinen Umwelt-Monitoring mit breitessten Fragestellungen umzuwidmen. Dies betrifft zum Beispiel allgemeine agronomische Fragen oder lang- fristige Gesamtentwicklungen des Ökosystems, die Rot- Grün in diesem konkreten Bereich zusätzlich einbeziehen will. Für uns als CDU/CSU-Fraktion kommt es aber viel- mehr darauf an, internationale Vereinbarungen und deren Fortentwicklung, wie zum Beispiel beim Codex Alimen- tarius, zu berücksichtigen, und nicht nationale Allein- gänge aus kurzsichtiger – wahlpolitischer – Einschätzung vorzunehmen. Grundlage und Ausgangspunkt jeglicher Monitoring- Vorhaben können nur entsprechend großflächige land- wirtschaftliche Anbaumaßnahmen sein, die unter Nut- zung der weltweiten Erfahrungen in Deutschland umzusetzen sind. Doch auch dafür hat die Bundesregie- rung die notwendigen Voraussetzungen bis heute nicht ge- schaffen. Die schon längst und mehrfach zugesicherte Umset- zung der „Freisetzungs-Richtlinie“ steht nach wie vor aus, während gleichzeitig auf europäischeer Ebene die Ent- wicklung forciert wird. Europäische Kommission, Euro- päisches Parlament und zuletzt der Rat in Barcelona ha- ben die Biotechnologie zu einem Schwerpunkt ihrer Zukunftsentwicklung erklärt. Im Hinblick darauf liegt das größte Risiko in Deutsch- land gegenwärtig darin, von der europäischen Entwick- lung abgehängt und insbesondere bei der Mittelverteilung des 6. Forschungsrahmenprogramms nicht beteiligt zu werden. In anderen euorpäischen Ländern werden, soweit bekannt, hohe zweistellige Millionenbeträge abgerufen, um insbesondere die Zukunft der grünen Biotechnik vor- anzubringen. Noch ist Deutschland in der Grundlagenforschung, ins- besondere der Institute und einiger Universitäten, an der Spitze der Entwicklung dabei. Aber auch dort macht sich Stagnation, zum Teil Frustration breit. Der neue Biotech- nik-Report 2002 von Ernst & Young macht dies deutlich. Er berichtet von einem abrupten Rückgang der For- schungsanträge im Freiland ab dem Jahr 2000 und vermu- tet rechtliche und politische Unsicherheiten als Ursache. Für die Zukunft der grünen Bio- und Gentechnik, so wörtlich, „ist die weitere Verbesserung der Rahmenbe- dingung unabdingbar“. Auch die Bevölkerung erkennt in- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224540 (C) (D) (A) (B) zwischen mehr und mehr die Chancen und die positiven Zukunftsaussichten der Gentechnolgie. So ist nach einer tudie des IFD Allensbach die Akzeptanz bei den Bürgern kontinuierlich angestiegen. Während sich die politische Diskussion in Deutschland noch immer – zum Teil immer ausufernder – um Grund- satzpositionen dreht, ist die Wissenschaft längst zwei Schritte voraus. So wird in den Labors seit einiger Zeit an Pflanzen der zweiten und dritten Generation gearbeitet. Spätestens in fünf Jahren werden diese für die Anwen- dung zur Verfügung stehen. Dazu gehört z um Beispiel auch eine Entwicklung der Universität Gießen, deren Forschern es gelungen ist, den Impfstoff gegen Hepatitis B aus gentechnisch fortent- wickelten Karotten zu gewinnen. Dieses so genannte Molecular-Pharming wird weltweit einen völlig neuen Anwendungsbereich der Pflanzen-Biotechnik bringen. Die Bundesrepublik muss sich deshalb im internatio- nalen Kontext der Biotechnik endlich vorwärts bewegen. Sie muss die überfälligen Entscheidungen für Wissen- schaft und Unternehmen endlich umsetzen. Sie muss aber vor allem die wirtschaftliche Nutzung ermöglichen und darf sich nicht in immer weiter ausufernden theoretischen Diskursen verlieren. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Der Ein- satz von Gentechnik in der Lebensmittelproduktion ist hoch umstritten. Während er bei der Enzymproduktion schon zum Alltag gehört, hat er sich bei der Pflanzenproduktion bisher nicht durchsetzen können. Die Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Eine verantwortliche Politik muss immer und überall zuvorderst dem Schutz des Lebens, der Menschenrechte und der Umwelt verpflichtet sein. Dies gilt insbesondere auch für die Risikotechnologie Gentechnik. Bevor im großen Stil irreversible Freisetzungen gentechnisch ver- änderter Organismen in die Umwelt erfolgen, müssen möglichst alle Risiken ausgeschlossen werden. Außerdem muss die grüne Gentechnik ihren Nutzen für die Land- wirtschaft und die Verbraucher nachweisen, bevor sie zur Anwendung kommt. Diesen Nachweis ist sie bisher schuldig geblieben Beispielsweise ist es zweifelhaft, ob es ein Fortschritt ist, wenn dem Mais flächendeckend ein pes- tiziderzeugendes Gen gegen den Maiszünzler eingebaut wird, obwohl nur ein Teil der Anbauflächen überhaupt be- fallen wird. Es ist vielmehr ein Rückschritt in alte Zeiten, als Pflan- zenschutzmittel unspezifisch ohne Indikation gespritzt wurden. Das ist ökonomischer und ökologischer Unsinn. Die ersten Folgen zeigen sich schon in den USA: Unnötig werden Resistenzen induziert. Das amerikanische Land- wirtschaftsministerium musste schon zu Resistenzma- nagementplänen greifen. Ein konkreter Nutzen für die Verbraucher ist bisher noch überhaupt nicht sichtbar geworden. Umso wichtiger ist, dass die Wahlfreiheit für alle Verbraucher und Land- wirte erhalten bleibt. Jedem Menschen muss die Mög- lichkeit erhalten bleiben, sich so zu ernähren, wie er selbst es für gesund und ökologisch und ethisch unbedenklich hält – auch gentechnikfrei. Dafür ist eine klare und um- fassende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln erforderlich. Auch der Landwirt muss sich frei entscheiden können, ohne Gentechnik anzubauen. Die nicht gentechnische Produktion und der Markt für gentechnikfreie Produkte dürfen nicht in eine Nische abgedrängt werden. Dazu muss beim Anbau auf den Feldern und im Verarbeitungs- und Vermarktungsprozess eine strikte Trennung der gen- technischen und der nicht gentechnischen Produktion er- folgen. Durch geeignete Mallnahmen muss sichergestellt werden, dass Auskreuzungen und Vermischungen nicht die gentechnikfreie Produktion beeinträchtigen. Außer- dem muss während des Anbaus bekannt sein, welche gen- technisch veränderten Pflanzen auf welchen Feldern und Standorten wachsen, um Sicherheitsmaßnahmen und Ab- standsregelungen treffen zu können. Nur so kann einer allmählichen Ausbreitung von gentechnisch veränderten Organismen in der Natur „durch die Hintertür“ und der allmählichen Ansammlung von „Genmüll“ in konventio- nellem Saat- und Pflanzengut vorgebeugt werden. Gen- technikfreie Produktion und Umwelt müssen gleicher- maßen durch neue Haftungsbestimmungen besser als bisher vor Schäden durch Verunreinigungen geschützt werden. Die Erfahrungen in der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass es nicht ausreichend ist, die Kennzeichnung des Endproduktes vorzuschreiben. Vielmehr muss eine lückenlose Rückverfolgbarkeit des Herstellungsprozesses einschließlich des Saatgutes und der Futtermittel durch ein Dokumentations- und Kennzeichnungssystem sicher- gestellt werden. Eine EU-weite Novel-Feed-Verordnung für Futtermittel muss daher schnellstmöglich umgesetzt werden. Voraussetzung für die Einführung von Gentech- nik bei Lebensmitteln kann also nur optimale Sicherheit und breite gesellschaftlicher Akzeptanz sein. Deshalb ist es besonders zu begrüßen, dass das BMVEL unter Renate Künast einen breiten gesellschaftliche Diskurs über die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft be- gonnen hat, der Wissenschaft, Unternehmen, Verbraucher und Umweltverbände an einen Tisch bringt. Wir pflegen den Diskurs. Die einzigen, die in dieser Frage ideologisch verbohrt sind, sind die Oppositions- fraktionen. Der Antrag der CDU/CSU zeigt erneut, dass sie weder in der Lage sind, eine verantwortungsvolle Gen- technikpolitik zu machen, noch sind sie auf der Höhe der Debatte. Beispiel Welthunger und Gentechnik: Es ist keinesfalls so, dass die Gentechnik den über 800 Millionen Hun- gernden – bei der CDU/CSU übrigens „nur“ 660 Milli- onen Hungernde, sie hat auch hier offensichtlich die FAO- Berichte nicht richtig gelesen – in den armen Ländern der Welt dient. Fakt ist: Die bisherige Entwicklung und An- wendung der grünen Gentechnik bezieht sich fast aus- schließlich auf die industrialisierte landwirtschaftliche Produktion in den hochentwickelten und reichen Ländern der westlichen Welt. Es ist zu befürchten, dass die Ein- führung der Gentechnik die Industrialisierungs- und Mo- nopolisierungstendenzen in der Landwirtschaft noch ver- schärft. Die Welternährungskonferenz hat soeben auch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24541 (C) (D) (A) (B) wieder überdeutlich gemacht, dass Hunger ein politi- sches, ein soziales, ein Verteilungsproblem ist und keines, dass durch neue Technologien zu lösen ist. Beispiel Sicherheit: CDU/CSU stellen die grüne Gen- technik als sicher hin, weil bisher nichts Ernstes passiert ist. Abgesehen davon, wie naiv dieser Ansatz ist, und ab- gesehen davon, dass er allen Vorsorgegesichtspunkten widerspricht: Die Gentechnikforscher selber sehen die Freisetzung transgener Pflanzen wesentlich kritischer. Sie stellen Tag für Tag fest, dass sich transgene Pflanzen viel schneller und umfänglicher auskreuzen als ursprünglich angenommen. Sie müssen zugeben, wie wenig sie noch über die komplexen Zusammenhänge auf den Feldern wissen – vom komplizierten Bodenleben ganz zu schwei- gen. Deshalb wird beispielsweise diskutiert, gentechni- sche Veränderungen nur noch bei sterilen Pflanzen durch- zuführen oder die gentechnische Veränderung nur noch in den Chloroplasten vorzunehmen. Im Gegensatz zum untauglichen und der Gentechnik völlig unkritisch gegenüberstehenden Antrag der CDU/CSU machen der hier vorgelegte Bericht zur Tech- nikfolgenabschätzung und die Beschlussempfehlung der Regierungsfraktionen konkrete Vorschläge, welche Maß- nahmen für optimale Sicherheit, Transparenz und Wahl- freiheit nötig sind: bei der verstärkten Förderung der Ri- sikoforschung, bei der gezielten Erforschung der indirekten und langfristiger Auswirkungen transgener Pflanzen, bei der Ausstattung der zuständigen Fachbehör- den mit Kompetenzen und Arbeitsmöglichkeiten für ein Resis-tenzmanagement und bei einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit. Ich bitte daher um eine breite Zustimmung und fordere die Opposition auf, ihren gefährlichen Unsinn nochmals zu überdenken und besser der Beschlussempfehlung der Koalition zu folgen. Ulrich Heinrich (FDP): Die Biotechnologie eröffnet uns Chancen in Arbeitsgebieten wie Ernährung, Land- wirtschaft und Feinchemie. Darüber hinaus hilf sie uns, in der Produktion Rohstoffe und Energie zu sparen. Beson- ders im Bereich der Pflanzenzüchtung liegt ein hohes Po- tenzial der grünen Gentechnik. Hier werden klassische Methoden optimiert, die Züchtung erfolgt äußerst zielge- richtet und positive Eigenschaften aus den Erbanlagen- verschiedener Arten können kombiniert werden. Die Forscher gehen von drei großen Wellen der grünen Gentechnik aus. Die erste, die vor allem durch den BT- Mais repräsentiert wird, war gekennzeichnet von der Ent- wicklung der Herbizidresistenzen. Zurzeit befinden wir uns in der zweiten Welle: Hier wird besonders an den In- haltsstoffen von Pflanzen geforscht. Ziel ist es – zum Bei- spiel den Ölgehalt von Raps qualitativ und quantitativ zu optimieren. Außerordentlich bedeutend für die zukünftige Ernährung der Weltbevölkerung ist jedoch die dritte Welle der Biotechnologie. Hier werden Kälte-, Trockenheits- und Salztoleranzen von Pflanzen verbessert werden kön- nen. Dies verhindert nicht nur eine weitere Ausbreitung von Wüsten und wirkt der Erosion entgegen, sondern er- möglicht auch Landwirtschaft unter ungünstigen Bedin- gungen. Die grüne Gentechnik ist somit die Schlüsseltechnolo- gie des 21. Jahrhunderts. Angesichts von 800 Millionen hungernder Menschen auf der Welt möchte ich Herrn Lester Brown, Präsident des Woldwatch Institutes zitieren: Nicht Multimedia oder Datenautobahn, nicht Unter- haltung oder sportliche Höchstleistungen werden un- seren Weg ins 21. Jahrhundert bestimmen, sondern die grundsätzliche Frage: Wie ernähren wir dem- nächst zehn Milliarden Menschen? Heute hat der FAO-Ernährungsgipfel erstmals in einer Resolution festgehalten, „...dass die Weltgemeinschaft verpflich- tet sei, im Interesse der Ernährungssicherheit einen verantwortungsvollen Einsatz der Biotechnologie zu ermöglichen“. Eine ideologische Verweigerung dieser modernen Technologie, wie die Grünen sie an den Tag legen, ist nicht akzeptabel und schlichtweg eine Verweigerung der Zukunft. Schon heute werden weltweit über 50 Millionen Hek- tar gentechnisch entwickelter Pflanzen angebaut. In den modernen Industriestaaten sind an der Herstellung von mehr als 60 Prozent der Lebensmittel gentechnisch opti- miert Mikroorganismen beteiligt. Der Diskurs zur grünen Gentechnik, den Frau Künast betreibt, ist eine reine Alibiveranstaltung. Hier wird Ge- sprächsbereitschaft signalisiert, aber herauskommen darf dabei nichts. Bei ihr kommen weder Vertreter anderer Par- teien zu Wort noch werden die Argumente der führenden Technologieunternehmen angehört. Eine derartige absolute Ablehnung ist nicht nur für die Lösung der Zu- kunftsprobleme unverantwortbar, sondern auch für den Wirtschafts-, Technologie- und Forschungsstandort Deutschland. Deshalb fordert die FDP die rotgrüne Bundesregierung auf, das De-facto-Moratorium in der grünen Gentechnik noch vor den Wahlen zu beenden und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Hierzu gehört ein offener, konstrukti- ver Dialog, der auch die Chancen der grünen Gentechnik herausstellt. Das ständige einseitige Betonen der Risiken führt nur zu weiterer Verunsicherung der Verbraucher, statt aufzuklären und somit die Akzeptanz der Biotechno- logie zu stärken. Sollte in Deutschland die Forschung gestoppt und der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weiterhin be- hindert werden, wandern weitere Firmen ins Ausland und damit auch Arbeitsplätze und Investitionen. Für die FDP ist eine derartige Einschränkung der wissenschaftlichen Entwicklung unseres Landes nicht hinnehmbar. Kersten Naumann (PDS): Lassen Sie uns für einen Moment in die Zukunft schauen: Die Landwirtschaft pro- duziert noch unter bestimmten regionalen und nationalen Wirtschaftssystemen, schon bald unter einem Weltwirt- schaftssystem, und wenn die grüne Gentechnik auf dem Acker und im Essen präsent ist, dann produziert die Land- wirtschaft unter der Rigide von Chemiekonzernen. Denn sie bestimmen darüber, wie produziert wird – nämlich mit Monokulturen. Sie bestimmen auch, was für Saatgut und welche Pflanzenschutz- und Düngemittel dafür eingesetzt Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224542 (C) (D) (A) (B) werden und wie viel der Bauer für Technologieabgaben und Patentgebühren draufzahlen darf. Man darf nicht vergessen: Gentechnisch verändertes Saatgut kommt mit Patenten wie das Ei im Kuchen daher. Schon jetzt haben sich die Bauern gegen höhere Nach- baugebühren aufgelehnt und beschäftigen Anwälte und Gerichte. Was soll das erst werden, wenn sich unsere im Vergleich zu den USA noch relativ kleinstrukturierten Höfe und Betriebe nun den Patentgebühren bewusst wer- den? Möglichst viel Geld in aller Herren Länder für mög- lichst billigst produzierte einheitliche Massenprodukte zu bekommen, ist gesellschaftsimmanent, marktevident und entspricht der Globalisierungsstrategie. Der internationale Handel wächst zweimal so schnell wie die Weltproduktion und Überseeinvestitionen wach- sen wiederum zweimal so schnell wie der Handel. Die Chemieindustrie und Pharmalobby hat da den größten Vorreiter gespielt. Was wird der Sieg der grünen Gen- technik über die Natur der Menschheit an Reparaturkos- ten kosten? Gentechnik erhöht – nach allem, was wir heute wissen – nochmals die Allergiegefahr. Selbst Wirtschaftsinstitute prognostizieren: Auch Arbeitsplätze schafft sie unter dem Strich nicht. Die Chemiekonzerne wollen die ganze Welt in Geiselhaft nehmen und Bauern werden auf diesem Weg ihre Heimarbeiter. Und wen wundert es, dass verantwortungslose Politiker bei CDU und FDP ihre Helfershelfer sind? Denn sie sitzen in den entsprechenden Aufsichtsräten der Wirtschaft. Gen- technik wird nicht den Hunger in der Welt abschaffen – ihn nicht einmal verringern. Meine Damen und Herren von der CDU, Ernährungssicherheit heißt in Afrika eben nicht her- bizidresistenter Weizen, Bt-Mais und Roundup-Ready- Reis, sondern traditioneller Weise Sorghum, Hirse und Maniok. Der Umweltrat schätzt ein: Die Nutzung der Gentech- nik wird zweifellos mittel- und langfristig einen Einfluss auf ökologische und evolutionäre Prozesse haben. Die ge- zielte Konstruktion eines gentechnisch veränderten Orga- nismus im Labor, insbesondere über Artschranken hin- weg, stellt einen Vorgang dar, der im Rahmen einer natürlichen Evolution höchstwahrscheinlich nie abgelau- fen wäre. Dennoch hält der Umweltrat insgesamt die – ohne Zweifel vorhandenen – Risiken der Gentechnik, die mit einer breiten Einführung in der Landwirtschaft verbunden sind, für tragbar. Es kommt eben auf die eingeführten Gene an, welche toxikologisch oder allergologisch be- deutsame oder fitnessverändernde Eigenschaften im Empfängerorganismus ausprägen werden. Das muss man sich einmal vorstellen. Der Umweltrat und so auch der TAB-Bericht hält es also für tragbar, dass mit der Ablösung der mechanischen hin zur rein chemi- schen Gesamtvernichtung von Kräutern und Unkräutern durch Totalherbizide zum Beispiel bei herbizidresistenten Gen-Kulturen eine weitere Chemisierung auf unseren Äckern vorgenommen wird. Erst vorige Woche wurden die Auswirkungen von Chemie in landwirtschaftlichen Produkten und im Essen diskutiert. Schon jetzt wird von Wissenschaftlern angemahnt, dass die Totalherbizide weiteren genauen Untersuchungen auf unerwünschte Ne- benwirkungen wie Fischgiftigkeit, Grundwassergefähr- dung und kanzerogene Wirkungen unterzogen werden müssen. Der Umweltrat hält es also auch für möglich, dass in den künftigen Jahren und Jahrzehnten Wild- und Kultur- pflanzen, Saat- und Erntegut mit GVO weiter durch- mischt werden. Neben den bereits bekannten Gefährdun- gen über Pollenflug und Resistenzverbreitung wird den künftigen Generationen eine Natur überlassen, die durch und durch gentechnologisiert wird. Er hält es weiterhin für tragbar, dass die Insektenwelt kontinuierlich so geformt wird, dass Schädlingen und Nützlinge gleich mit reduziert werden oder sich Resisten- zen aneignen, die wir nie mehr zurückholen können. Weder der TAB-Bericht noch der CDU-Antrag werden sich der Tragweite der so genannten Chancen über die Gentechnik mit einem Nachzulassungsmonitoring klar. Ein Monitoring nach Inverkehrbringen baut nicht Risken ab, sondern verschärft sie, bevor Forschung und Risiko- analyse vor Inverkehrbringen überhaupt richtig durchge- führt worden sind. Nachbaumonitoring verdrängt den Vorsorgegedanken. Es ist ein falscher Ansatz, Risiken eines großflächigen Anbaus und einer kommerziellen Nutzung als Futtermit- tel und/oder Lebensmittel begleitend zu erforschen, deren Folgen weder in der Umwelt noch in der Gesundheit selbst gewiss sind. Auf einer mit Landwirtschaft dicht genutzten Fläche wie in Deutschland und in Europa kann es kein Neben- einander von gentechfreien und Gentech-Feldern geben. Die Kontaminationsskandale der jüngeren Vergangenheit beweisen, dass weder Bauern noch die Saatgutunterneh- mer dieses Problem im Griff haben. Selbst die nur als Fut- termittel deklarierte Mais-Sorte Star-Link tauchte prak- tisch weltweit in Nahrungsmitteln auf. In den USAmeldet sich im Zuge des Star-Link-Skandals die „Amerikanische Vereinigung der Mais anbauenden Landwirte (ACGA)“ zu Wort und ist besorgt darüber, dass eine Strategie gegen die Konsumenten nicht funktionieren wird. Seit Jahren ist die Bevölkerung in Deutschland und in der EU mehrheitlich ablehnend. Dies wird auch so blei- ben – trotz der Werbekampagnen und der so genannten Aufklärung durch Gentech-Schüler-Labore und -Mobile. Wann wird die deutsche und europäische Land- und Ernährungswirtschaft dies endlich akzeptieren? Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hütten- knappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze (Hüttenknappschaft- liches Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Ge- setz – HZvNG) (Tagesordnungspunkt 38) Erika Lotz (SPD): Mit dem Gesetz wird die beste- hende Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24543 (C) (D) (A) (B) Saarland auf eine kapitalgedeckte betriebliche Altersver- sorgung umgestellt. Diese Maßnahme dient der Sanierung der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung, da eine Weiterführung im Umlageverfahren angesichts der verschlechterten Relation von Beitragszahlern zu Leis- tungsempfängern nicht mehr möglich ist. Für die älteren Versicherten, die zum 1. Januar 2003 das 45. Lebensjahr vollendet haben, wird der notwendige Vertrauensschutz geschaffen, indem für diese Beschäftigten die bisherige Zusatzversorgung fortgeführt wird. Der Bund übernimmt dafür die Defizitdeckung, wobei ihm das Vermögen der HZV übertragen wird. Zum Gesetzentwurf gehören aber noch eine ganze Reihe von Änderungen. Auf einige will ich hier ausführ- lich eingehen: Erstens. Bei den Betriebsrenten heben wir eine Be- schränkung auf Pensionsfonds können in Zukunft als Leistung der betrieblichen Altersversorgung auch Aus- zahlungspläne anbieten. Damit werden die Leistungen mit denen von Investmentfonds gleichgestellt. Um die bisherigen Beschränkungen des Pensionsfonds aufzuheben, wird dessen Definition im § 112 des Versi- cherungsaufsichtsgesetzes, VAG, geändert. Der Pensions- fonds soll in Zukunft alle Leistungen der betrieblichen Al- tersversorgung ohne Einschränkungen erbringen können. Dazu gehört auch der bislang fehlende Auszahlungsplan mit anschließender Restverrentung. Die Teil-Kapitalisie- rung orientiert sich ausdrücklich an den Regelungen, die für Altersvorsorgeverträge nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes gelten, so- dass maximal 20 Prozent des zu Beginn der Auszahlungs- phase zur Verfügung stehenden Kapitals in einem Betrag ausgezahlt werden dürfen. Wir mussten den Pensionsfonds anders definieren, weil er in seinen Anwendungsmöglichkeiten bisher zu sehr eingeschränkt war. Zu seinen Leistungen gehörten bislang lediglich die lebenslange Altersversorgung in Form einer Rente. Ausgenommen waren dagegen Leis- tungen, mit denen die Langlebigkeit auch durch Auszah- lungspläne mit unmittelbar anschließender Restverren- tung im hohen Alter abgesichert werden kann. Dabei sind diese Leistungen auch eine steuerlich anerkannte Form der Altersvorsorge. Ausgeschlossen waren auch Kapital- leistungen, obwohl es sich auch hierbei um eine Form der Leistung betrieblicher Altersversorgung handelt. Diese Regelungen sind sinnvoll, damit der Pensions- fonds von Lebensversicherungsunternehmen oder von Pensionskassen unterschieden werden kann; als eigen- ständiger Durchführungsweg der betrieblichen Altersver- sorgung kann er nur dann seine Rolle spielen, wenn nicht alle seine Leistungen – also neben der Absicherung der Langlebigkeit auch die Invaliditäts- und Hinterbliebenen- versorgung – durch versicherungsförmige Garantien zu- gesagt werden. Mit diesen Änderungen wird erreicht, dass der Pen- sionsfonds die ihm zugedachte Funktion übernehmen kann, dass Direktzusagen und Zusagen aus Unterstüt- zungskassen zur Bilanzbereinigung von Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung auf ihn übertragen werden. In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass die bei vielen Betrieben übliche Praxis, sowohl Kapital- als auch Rentenleistungen anzubieten, diese Übertragung er- schwert hat. Außerdem erwarten wir, dass der bisherige Genehmi- gungsstau aufgelöst werden kann – beim Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht liegen zurzeit 23 noch nicht bewilligte Anträge vor. Zweitens. Wir wollen auch die steuerliche Förderung für die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung durch eigene Beiträge ermöglichen. Auf die betriebliche Altersversorgung, die durch Eigenbeiträge der Arbeitnehmer aufgebaut wird, lassen sich danach ab dem 1. Januar 2003 die besonderen Regelungen für die Entgeltumwandlung entsprechend an- wenden, wenn die zugesagten Leistungen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden. Zu diesen besonderen Regelungen gehört zum Beispiel der Entgeltumwandlungsanspruch, das Recht, die Versi- cherung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhält- nis fortzuführen, die sofortige Unverfallbarkeit der An- wartschaft und weitere spezielle Anpassungsregelungen. Wir machen das so, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dabei das gleiche Schutzbedürfnis haben wie bei der Entgeltumwandlung. Dass wir die Möglich- keit auf die kapitalgedeckte Altersvorsorge einschränken, entspricht den Regelungen zur steuerlichen Förderfähig- keit. Die Zusatzversorgungssysteme im öffentlichen Dienst sind also nicht in dieser Regelung miteinbezogen. Wir schaffen aber auch eine Ausnahme von dieser Regelung: Für Pensionskassen, deren Leistungen durch untrennbar miteinander verbundene gemeinsame Zahlun- gen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wer- den – dies ist vor allem bei Pensionskassen im Bereich der chemischen Industrie der Fall – wird den ausgeschiede- nen Arbeitnehmern nicht das Recht eingeräumt, den Ver- trag mit eigenen Beiträgen fortzuführen. Außerdem muss keine Überschussverwendung erfolgen. Damit vermeiden wir, in bestehende Leistungszusagen einzugreifen. Drittens. Im Einvernehmen mit allen an der Insolvenz- sicherung der betrieblichen Altersversorgung beteiligten Institutionen werden im Hinblick auf die neuen Vor- schriften über die Entgeltumwandlung die bisherigen Begrenzungen der Einstandspflicht des Pensions-Siche- rungs-Vereins bei Zulagen aufgehoben, die auf Entgelt- umwandlungsvereinbarungen beruhen. Entsprechend einer Forderung des Bundesrates wird der Ausschluss des gesetzlichen Insolvenzschutzes nach § 7 Abs. 5 letzter Satz – kein gesetzlicher Insolvenzschutz hinsichtlich in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der In- solvenz erfolgten Verbesserungen der betrieblichen Leis- tung – aufgehoben. Damit werden Arbeitnehmer bei der Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge begünstigt. Der Ausschuss hat sich in seinen Beratungen auch mit der jüngst geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeits- gerichts zu § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG befasst und festge- stellt, dass es in zwei neueren Urteilen für die Berechnung der vorzeitigen Altersrenten von der bisherigen gesetzli- chen Systematik abgewichen ist. Diese Problematik be- darf nach unserer Auffassung der gründlichen Erörterung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224544 (C) (D) (A) (B) und sollte in einem späteren Gesetzgebungsverfahren, auch unter Einbeziehung von Sachverständigen im Rah- men einer Anhörung überprüft werden Insgesamt möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die betriebliche Altersversorgung einen sehr großen Anteil an der zusätzlichen Altersvorsorge ausmachen wird – aller Voraussicht nach sogar den größten. Alle Be- teiligten sind hier startklar. Vor Ort werden jetzt die Tarif- verträge über Entgeltumwandlung mit Leben gefüllt. Viele Beschäftigten werden Teile des Weihnachtsgeldes oder andere Einmalzahlungen für die Gehaltsumwand- lung verwenden. Mit dem Gesetz, das wir heute verabschieden, haben wir das Spektrum der Möglichkeiten für die betriebliche Altersvorsorge noch einmal erweitert. Viele Arbeitneh- mer werden sicher die neuen Angebote von Pensions- fonds und Pensionskassen nutzen, die ab dem Sommer mit ihren Produkten auf den Markt kommen. Damit haben wir ein wesentliches Ziel unserer Ren- tenreform erreicht: die betriebliche Altersvorsorge wieder attraktiv und für mehr Beschäftigte zugänglich zu ma- chen. Fachleute prognostizieren, dass der Anteil der Ar- beitnehmer, die künftig betriebliche Versorgungsleistun- gen erhalten, langfristig auf bis zu 90 Prozent steigen wird. Die betriebliche Altersversorgung steht also – nach- dem sie 16 Jahre lang von der Kohl-Regierung praktisch vergessen worden war – vor einer wirklichen Renais- sance. Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Eingangs der heutigen Beratungen des vorliegenden Gesetzentwurfs möchte ich ausdrücklich begrüßen, dass trotz aller Gra- benkämpfe in dieser Wahlperiode zum Thema Rente und angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes die Bereit- schaft besteht, gemeinsam notwendige Änderungen im Bereich der Alterssicherung durchzusetzen. Das ist uns erst vor kurzem bei dem interfraktionell eingebrachten Entwurf eines „Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Getto und zur Änderung des SGB VI“ gelungen. Und auch der heute zur Beratung vorliegende Entwurf der Bundesregierung eines Hütten- knappschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs- Gesetzes findet die Unterstützung der Union. Ich möchte in meinen Ausführungen auf zwei Rege- lungsbereiche des Gesetzentwurfs eingehen, zunächst auf den Bereich, der dem Gesetz den Namen gegeben hat, nämlich auf die Neuregelung der Hüttenknappschaftli- chen Zusatzversicherung im Saarland. Das bisherige um- lagenfinanzierte System dieser Zusatzversicherung soll durch den Gesetzentwurf auf eine kapitalgedeckte be- triebliche Altersversorgung umgestellt werden. Ange- sichts der erheblichen Verschlechterung der Relation von Beitragszahlern und Leistungsempfängern ist dies sicher ein richtiger und notwendiger Schritt, denn in der Hütten- knappschaftlichen Zusatzversicherung stehen derzeit etwa 18 800 Versicherten rund 41 000 Leistungsempfän- ger gegenüber. Es bestand also in der Tat dringender Handlungsbedarf. Die Defizitdeckung für die umlagenfi- nanzierte Zusatzversicherung soll nach dem Entwurf der Bund übernehmen. Dafür wird das Vermögen der umla- genfinanzierten Zusatzversicherung in Höhe von etwa 375 Millionen Euro auf den Bund übertragen. Für das Land Saarland ist diese Lösung sicher ein politischer Er- folg. Insofern kann ich die saarländische Landesregierung zu ihrer erfolgreichen Überzeugungsarbeit beglückwün- schen. Allerdings sehe ich durchaus die Gefahr, dass durch diesen Schritt Begehrlichkeiten bei anderen defi- zitären betrieblichen Zusatzversicherungen geweckt wer- den. Vor diesem Hintergrund möchte ich deutlich machen: Ich halte die Defizitdeckung für eine betriebliche Zusatz- versicherung durch den Bund grundsätzlich für proble- matisch. Deshalb kann und darf diese Lösung in Zukunft keinesfalls der Regelfall werden. Der zweite Bereich des Gesetzentwurfs, auf den ich eingehen möchte, betrifft die betriebliche Alterssiche- rung. Durch die Änderung des § 112 Versicherungsauf- sichtsgesetz, sollen bisherige Beschränkungen des Pen- sionsfonds aufgehoben werden. Bislang gehörten zu den Leistungen, die der Pensionsfonds erbringen konnte, nur lebenslange Altersversorgungsleistungen in Form einer Rente. Einbezogen werden nunmehr auch Auszahlungs- pläne mit unmittelbar anschließender Restverrentung, in deren Rahmen die Möglichkeit besteht, bis zu 20 Prozent des zu Beginn der Auszahlungsphase vorhandenen Kapi- tals in einem Betrag an den Berechtigen auszuzahlen. Ich begrüße diese Flexibilisierung der Pensionsfonds aus- drücklich, insbesondere weil nunmehr zu erwarten ist, dass der bisherige Genehmigungsstau der Pensionsfonds beim Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht aufge- löst werden kann. Allerdings bedaure ich, dass es nicht zu weiter gehenden Änderungen gekommen ist, so wie dies in der ursprünglichen Fassung des Änderungsantrags noch vorgesehen war. An dieser Stelle hat die rot-grüne Bundesregierung leider der Mut verlassen. Deshalb besteht auch nach dieser Änderung für den Bereich der Pensionsfonds wie auch für den Bereich der privaten Alterssicherung insgesamt noch weitergehender Ände- rungsbedarf. Ziel muss es sein, die ergänzende Altersvor- sorge insgesamt freiheitlicher auszugestalten. Erst dann entsteht auch die Bereitschaft bei den Menschen, ergän- zend zur gesetzlichen Rente vorzusorgen, sei es nun pri- vat oder betrieblich. Der Bundesregierung ist es mit ihrer Reform nicht ge- lungen, diese Bereitschaft bei den Menschen zu wecken. Die bisher ernüchternden Zahlen der abgeschlossenen so genannten Riester-Verträge beweisen dies. Auch wenn Bundesminister Riester gebetsmühlenartig seine Reform als Erfolg darzustellen versucht, so zuletzt am Mittwoch in seiner Pressekonferenz zum „Stand der zusätzlichen Altersversorgung – Bilanz und Perspektiven“. In Wirk- lichkeit glaubt die Bundesregierung selbst nicht mehr da- ran. Warum sonst sollte sie überlegen, die staatliche För- derung auch im Jahr 2003 noch rückwirkend für 2002 geltend machen zu können und die private Zusatzrente in eine obligatorische Altersvorsorge umzuwandeln. Für eine private Zwangsrente hatte sich zuletzt immerhin der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, ausgesprochen. An den bestehenden grundle- genden Fehlern der ergänzenden Altersvorsorge kann deshalb auch der vorliegende Gesetzentwurf nicht wirk- lich etwas ändern, auch wenn er mit der Flexibilisierung der Pensionsfonds zumindest in die richtige Richtung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24545 (C) (D) (A) (B) weist. Deshalb stimmt die Union dem Gesetzentwurf auch zu. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die rot-grüne Bundesregierung hat im vergangenen Som- mer ein Förderprogramm zur privaten Altersvorsorge durch Bundestag und Bundesrat gebracht, das von allen Seiten sehr gelobt wurde. Heute werden wir einem Gesetzentwurf zustimmen, auf dessen Grundlage die Hürtenknappschaftliche Zu- satzversorgung im Saarland für jüngere Versicherte auf eine kapitalgedeckte betriebliche Altesversorgung umge- stellt wird. Derzeit wird die Hüttenknappschaftliche Zu- satzversorgung allein über Umlagen finanziert. Die Fi- nanzierung über Umlagen kann dauerhaft nicht mehr für alle Versicherten geleistet werden. Schon heute stehen rund 41 000 Rentner nur noch annähernd 19 000 Bei- tragszahler gegenüber. Für die älteren Versicherten wird die Finanzierung über Umlagen fortgeführt. Der Bund übernimmt die Haftung für Defizite. Es ist Schluss mit der Ungewissheit für Rentner und Beitragszahler. Wir haben im vergangenen Sommer ebenfalls ent- schieden, einen neuen Weg der betrieblichen Altersver- sorgung, die Pensionsfonds, einzuführen. Heute werden wir die gesetzlichen Grundlagen schaffen, damit Pen- sionsfonds in Zukunft leistungsfähiger werden. Sie kön- nen ihren Kunden künftig statt Renten auch Auszahlungs- pläne mit Restverrentung anbieten. Unsere Fraktion wäre gern noch einen Schritt weiter gegangen und hätte diesen neuen Durchführungsweg noch leistungsfähiger gestaltet. Wir hätten den Betrieben die Möglichkeit eröffnet, jede Form der bislang gegebe- nen internen Zusagen auf Pensionfonds zu übertragen, auch Zeitrenten und Kapitalzahlungen. Wir hätten in einer Öffnung kein Signal für einen generellen Wechsel von Renten- zu Kapitalzahlungen gesehen. Alle vorliegenden Informationen zeigen, das in den Betrieben bevorzugt über lebenslange Renten vorgesorgt wird. Noch ein Wort an die Damen und Herren der FDP. Wir werden heute einen Gesetzentwurf verabschieden, der aus Sicht aller Beteiligten sinnvoll und erforderlich ist, um die betriebliche Altersversorgung zu stärken. In der Sache ha- ben auch Sie keine Einwände. Sie stimmen als einzige Fraktion den Änderungen nicht zu, weil Sie schon dem Altesvermögensgesetz nicht zugestimmt haben. Sie sind offenbar weder fähig noch gewillt, dazuzulernen. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Die rot-grüne Bundes- regierung will mit ihrem Entwurf des Hüttenknapp- schaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetzes sowie mit ihrem umfangreichen Änderungsantrag we- sentliche Änderungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) bzw. des Ver- sicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) herbeiführen. Für die FDP sage ich: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab, weil wir schon die Einführung des Gesetzes über die Förderung der privaten Altersvorsorge als falschen, weil nicht ausreichenden und deutlich zu bürokratischen Schritt abgelehnt haben. Überdies lässt die mit der vorge- sehenen Gesetzesänderung einhergehende Verknüpfung von zweiter und dritter Säule weitere Verkomplizierungen dieses ohnehin bereits komplexen Rechtsgebietes be- fürchten und begegnet auch systematischen Bedenken. Umso mehr wäre hier eine Sachverständigenanhörung angebracht gewesen, um sorgfältig die Wirkungen der ge- planten Änderungen, insbesondere ihre möglichen Vor- und Nachteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu prü- fen. Lassen Sie mich nur zwei Punkte herausgreifen, die unsere Skepsis illustrieren. Die vorgesehenen Änderun- gen zielen auf eine Erweiterung der Definition der be- trieblichen Altersvorsorge. Neben der Arbeitgeberfinan- zierung und der Entgeltumwandlung sollen danach – als dritte Finanzierungsform der betrieblichen Altersvorsorge – auch Arbeitnehmerbeiträge an Direktversicherung, Pen- sionskasse und Pensionsfonds zur betrieblichen Alters- vorsorge gehören. Zwar wird der Gesetzentwurf insoweit der Notwendig- keit gerecht, dass der Arbeitgeber den Umfang seiner Haf- tung sowie der Verpflichtungen nach dem BetrAVG selbst bestimmen können muss. Nur sieht Art. 3 des Gesetzent- wurfs eine Änderung des § 1 Abs. 2 BetrAVG durch die Einfügung einer Nr. 4 vor, nach der eigene Beiträge des Arbeitnehmers aus seinem versteuerten Einkommen an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Di- rektversicherung als betriebliche Altersversorgung zu werten sein sollen. Aber bislang zählten Beiträge, die der Arbeitnehmer aufgrund eigener Verpflichtung beispiels- weise an eine Pensionskasse erbracht hat, unstreitig zur privaten Eigenvorsorge. So genannte Eigenbeiträge wer- den in der Fachöffentlichkeit als ein Fremdkörper im Be- triebsrentenrecht wahrgenommen. Die vorgesehene Ana- logie zum Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung würde bedeuten: Jeder Arbeitnehmer soll seinen Arbeitgeber zwingen dürfen, ihm Leistungen der betrieblichen Alters- versorgung zuzusagen, ohne dass der Arbeitnehmer im gleichen Zuge auf einen entsprechenden Teil des Barlohns verzichtet. Dies würde die Sachlage in den Unternehmen noch weiter erschweren und zu einem erheblichen Verwal- tungsaufwand führen. Bereits heute haben die Betriebe genug damit zu tun, die Rentenreform 2001 für den Be- trieb umzusetzen. Die mit dieser Änderung einherge- hende Verknüpfung von zweiter und dritter Säule lässt eine weitere Verkomplizierung dieses ohnehin bereits komplexen Rechtsgebietes befürchten. Größtmögliche Verunsicherung bei Betrieben, Arbeitnehmern und Ver- sorgungsträgern wäre die Folge. Die betriebliche Praxis würde zwischen arbeitgeberfinanzierter betrieblicher Al- tersvorsorge, Entgeltumwandlung und Arbeitnehmer- beiträgen als betriebliche Altersvorsorge sowie freiwilli- gen Arbeitnehmerbeiträgen unterscheiden müssen, da im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht jeweils spezifische Regelungen gelten. Ein weiterer problematischer Punkt stellt der fehlende Inflationsschutz für Arbeitnehmer bei Auszahlplänen dar (Art. 3 Nr. 6 (§ 16 Abs. 6 BetrAVG)): Das Betriebsren- tengesetz bezweckt unter anderem den Arbeitnehmer durch die Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bei über lange Zeit laufenden Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224546 (C) (D) (A) (B) Versorgungsbezüge vor Kaufkraftverlusten zu bewahren. § 16 Abs. 6 BetrAVG – eingefügt mit der Rentenreform 2002 – macht nunmehr für monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans eine aus Arbeitnehmersicht schwer nachvollziehbare Ausnahme. Diese soll nun auch noch auf die Restrente ausgedehnt werden, sodass der In- flationsschutz hier ersatzlos entfiele. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Anpassungsprüfungsverpflichtung durch die Wahl von Auszahlungsplänen auch bei den Durch- führungswegen der Direktzusage oder der Unterstüt- zungskassenzusage zulasten der Arbeitnehmer gezielt umgangen wird und der Inflationsschutz von Anwart- schaften auf betriebliche Altersversorgung insgesamt aus- gehöhlt wird. Pia Maier (PDS):Die Hüttenknappschaftliche Zusatz- versicherung kann nicht überleben. 41 000 Rentner und Rentnerinnen stehen 18 800 Beitragszahlern gegenüber. Der Bund hat in den letzten Jahren die nötigen Zahlungen immer geleistet, jetzt soll aber umstrukturiert werden. Um es vorneweg zu sagen: Die PDS unterstützt den Gesetz- entwurf, weil er jetzt – nach der beschlossenen Riester- schen Rentenreform – für die älteren Beschäftigten der Saarhütten und den Bestandsrentnern einen entsprechen- den Bestandschutz für ihre Zusatzversorgung garantiert, und das will den Arbeitnehmern ja keiner wegnehmen. Außerdem wird den Jüngeren eine Perspektive mit dem Aufbau einer kapitalgedeckten Pensionskasse eröff- net, die nach Riester förderfähig ist. Das findet die PDS- Fraktion zwar grundsätzlich auch jetzt noch nicht richtig, weil sie eine gänzlich andere Rentenreform befürwortet hat. Für die Beschäftigten der Hütten im Saarland ist die Gleichstellung mit der gesetzlichen Rente aber natürlich sinnvoll. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zur Rente in Gänze etwas zu sagen. Die Entwicklung der Hüttenknappschaft zeigt ja eigentlich, was uns die Demographen und Ren- tenreformer auch für die gesetzliche Rente vorhersagen: Viele Leistungsempfänger stehen wenigen Beitragszah- lern gegenüber. Die für das Zusatzversorgungssystem der Saarhütten und der Eisenindustrie im Saarland gefundene Lösung kann al- lerdings kein Modell für den weiteren Umbau der gesetzli- chen Rente zum Kapitaldeckungsprinzip darstellen. Das sieht man deutlich an den enormen Bundeszuschüssen, die schon in einem solchen sehr kleinem Zusatzsystem zur Si- cherung des Bestandschutzes der im Umlagesystem ver- bleibenden Versicherten und Rentner notwendig werden. Damit bekommt man auch eine Ahnung von den gesell- schaftlichen Kosten eines solch radikalen Systemwechsels. Aber Verhältnisse wie bei der Hüttenknappschaft ha- ben wir bei der gesetzlichen Rente ja nicht. Dort stirbt doch nicht die ganze Arbeit. Dort ist es möglich, den Kreis der Beitragszahler auszuweiten. Und damit ist es auch möglich das Umlageverfahren aufrecht zu erhalten. Es wäre nicht nötig gewesen eine Rentenreform durch- zuführen, die auf Privatisierung setzt, die zur Lebensstan- dardsicherung allein die ArbeitnehmerInnen heranzieht und die Arbeitgeber aus der bisherigen paritätischen Mit- finanzierung entlässt. Das Problem der umlagefinanzierten Rente ist nicht, wie sich die Bevölkerung entwickelt, sondern wie sich die Zahl der Beitragszahler und deren Beiträge entwickeln. So wie bei der Hüttenknappschaft kann es nicht funktio- nieren. Da aber noch lange nicht alle in die Rente einzah- len und wir vom Aussterben auch noch ein paar Jahre ent- fernt sind, könnte die Rentenversicherung statt mit Privatvorsorge auch mit einer Ausweitung der Beitrags- zahler erfolgreich verändert werden. Die Einnahmeseite könnte übrigens auch mit einem Mindestlohn, der ein existenzsicherndes Niveau hat, positiv beeinflusst werden: Wenn wieder mehr statt immer weniger verdient wird, sind die Einnahmen der Renten- und Kran- kenkassen auch wieder besser – das aber nur nebenbei. Abgesehen von der Hüttenknappschaftlichen Zusatz- versicherung haben Sie auch weitere Veränderungen vor- genommen, die eigentlich Ihre Rentenreform nachbes- sern: Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und Einrichtung von Pensionsfonds, um die Riester-Rente interessanter zu machen. Hoffentlich ist sie dadurch auch ein wenig einfacher geworden. Eines der wesentlichen Hindernisse, warum viele noch keine Riester-Rente abschließen wollen, ist wohl vor al- lem darin zu sehen, dass das Vertrauen in die Nachhaltig- keit der Rentenpolitik gründlich gestört ist. Das haben Sie mit den Debatten um die Sicherheit und Unsicherheit der Rente, um die so genannten Reformen und mit den ge- brochenen Versprechen auf diesem Gebiet erreicht. Viele schrecken auch vor langfristigen Entscheidungen zurück: Es ist völlig unverständlich, warum man vor dem Hintergrund eines zusammenwachsenden Europa, vor ei- ner sich über die Grenzen Deutschlands hinaus ent- wickelnden Lebensplanung, vor den Plänen des Ruhesitzes im Spanien, heute mit dem Problem konfrontiert wird, dass bei Rentenbezug im Ausland die Zulagen zurückgezahlt werden müssen. Wer jetzt schon nicht vor hat, seinen Lebensabend hier- zulande zu verbringen, der oder die wird erst einmal keine Riester-Rente abschließen; jedenfalls dann nicht, wenn an- dere Altersvorsorgeprodukte die gleiche Rendite bieten. Lassen Sie mich also abschließend sagen: Nur weil wir der Ausweitung der Grundprinzipien der Rentenreform auf die Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung zu- stimmen, heißt das noch lange nicht, dass wir die Riester- Renten-Reform für zukunftsweisend halten. Eine andere Rentenreform war und ist nach wie vor möglich – eine Re- form, die die Einnahmeseite in den Blick nimmt und die Einnahmen auf ein breites und solides Fundament stellt, damit die solidarische Rente eine Zukunft hat. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Bahnpreissystem für Fahrgäste attraktiv gestalten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24547 (C) (D) (A) (B) – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Interregio für die Regionen er- halten – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Option für eine Fernbahnanbindung des Bahnhofs Berlin-Lichtenberg offen halten – Realisierung einer direkten Fernbahnan- bindung zwischen den Bahnhöfen Berlin Ostbahnhof und Berlin-Lichtenberg beim Ausbau des Eisenbahnknotens Berlin – des Antrags: Innerdeutschen Verkehr auf die Bahn verlagern – des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Magnetschwebebahnplanungsgesetzes – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundes- tages bei Transrapid Entscheidungen sichern – Keine Entscheidung über den Bau einer Magnetschwebebahnstrecke in der Bun- desrepublik Deutschland ohne Einstellung der entsprechenden Haushaltsmittel in den Bundeshaushalt – des Antrags: Erhalt der Bahnwerke – behin- dertengerechte Umrüstung des Wagenparks der DBAG (Tagesordnungspunkt 39 und Zusatztagesord- nungspunkt 23) Dr. Peter Danckert (SPD): Auch wenn die heutigen Anträge und Beschlussempfehlungen als letzter Tages- ordnungspunkt der heutigen Debatte aufgeführt sind, gilt dies für mich nur in zeitlicher, nicht aber in inhaltlicher Hinsicht. Das Thema „Bahn“ ist wichtig – egal, ob es nun um den Interregio oder die Magnetschwebebahn geht. Ein gut ausgebautes, integriertes Verkehrssystem ist zentrale Voraussetzung zur Sicherung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. In diesem Zusammenhang kommt der Bahn, kommt dem Verkehrsträger Schiene insgesamt eine tragende Rolle zu. Verkehr – und dazu zählt auch der Schienenverkehr – muss nachhaltig und perspektivisch gesteuert und gelenkt werden. Hauruck-Aktionen von heute auf morgen sind auch in der Verkehrspolitik nicht möglich. Deshalb ist es auch so wichtig, in Berlin eine Option für eine Fern- bahnanbindung des Bahnhofes Berlin-Lichtenberg an den Ostbahnhof und damit an die Stadtbahnstrecke offen zu halten. Gegenwärtig wird das von der Deutschen Bahn und dem Berliner Senat gemeinsam entwickelte Pilzkon- zept umgesetzt. Eine Maßnahme ist der geplante Umbau des Bahnhofes Ostkreuz. Eine direkte Verbindung zwi- schen dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg und dem Ost- bahnhof ist allerdings bisher nicht vorgesehen. Im Hinblick auf die EU-Osterweiterung wird dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg künftig eine größere Bedeu- tung zukommen, da schon heute die von Berlin Richtung Polen führende Strecke über Lichtenberg führt. Deswegen halte ich es für sinnvoll, wenn beim künftigen Ausbau des Ostkreuzes, welches zwischen diesen beiden Bahnhöfen liegt, darauf geachtet wird, dass eine spätere Anbindung des Fernverkehrs möglich ist. Wenn man nicht schon heute auf diese mögliche Verbindung achtet, dann kom- men auf uns in absehbarer Zukunft unnötig komplizierte Trassenplanungen und unnötig hohe Kosten zu. Heute Optionen zu schaffen, die diesen Mehraufwand vermei- den – das nenne ich nachhaltige Verkehrspolitik. Auch die Kollegen von der PDS müssten mit diesem Antrag doch eigentlich glücklich sein. Sie setzen sich doch mit ihrem eigenen Antrag ebenfalls für eine direkte Verbindung zwischen den Bahnhöfen Ostbahnhof und Berlin-Lichtenberg ein. Die Anbindung ist allerdings nicht im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes festgeschrieben, und zwar aus gutem Grund. Deshalb konnten wir im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auch nicht diesem Antrag zustimmen. Der gute Grund lautet, dass im Pro- gnosezeitraum bis 2015 kein verkehrsrechtlicher Bedarf für eine direkte Fernverkehrsverbindung zwischen diesen beiden Bahnhöfen besteht. Dieses Kriterium ist aber für die Aufstellung im Bundesverkehrswegeplan bedeutsam. Es ist doch nie genug Geld da, um alles Wünschens- werte zu finanzieren. Auch die PDS kann ja nur jeden Euro einmal ausgeben. Wenn man seriöse Politik, seriöse Verkehrspolitik betreiben will, muss man mit dem vor- handenen Budget Prioritäten setzen. Um Prioritäten rich- tig zu setzen, ist ein wichtiges Instrument des Bundesver- kehrswegeplanes die Gesamtverkehrsprognose. Und im Fall Berlin-Lichtenberg besteht aufgrund des vergleichs- weise niedrigen Verkehrsbedürfnisses gegenwärtig kein Bedarf, die Anbindung kurzfristig zu realisieren. An diesem Punkt kommt es doch darauf an, einer Maß- nahme, die nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten ist, dennoch größtmögliche Chancen auf eine Realisie- rung einzuräumen. Das tut man nicht, indem man Luft- schlösser baut, sondern indem man Optionen eröffnet. Genau das tun wir von der SPD und Bündnis 90/Die Grü- nen – übrigens nicht nur in der Verkehrspolitik. Eine letzte Anmerkung zu dem Antrag der FDP: Sie trägt vor, dass sich der Berliner Senat gegenüber dem Vor- standsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Herrn Hartmut Mehdorn, für die Verbindungsstrecke ausgespro- chen hat. Das bezieht sich wohl auf die 6. Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr des Abge- ordnetenhauses in Berlin. Nach meinen Kenntnisstand hat sich der Berliner Senat dafür ausgesprochen, die Zwei- gleisigkeit optional sicherzustellen, optional deswegen, weil die Deutsche Bahn AG keinen Bedarf angemeldet hat und auch der Senat davon ausgeht, dass ein kurzfristiger Bau der beiden Gleise nicht erforderlich ist. Ich denke, dass ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Mit diesem neuen Informationsstand müssen doch auch die Kollegen von der PDS mit unserem Antrag, mit dem wir genau diese Optionsmöglichkeit fordern, glück- lich sein. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224548 (C) (D) (A) (B) Die SPD-Bundesregierung hat die Investitionsmittel für die Bahn für die Jahre 1999 und 2000 und – in einem zweiten Schritt – danach um jährlich 2 Milliarden DM aus den Zinsersparnissen infolge der UMTS-Versteigerung für die Jahre 2001 bis 2003 erhöht. Das ist eine Tatsache. Der Investitionsschwerpunkt wurde auf das Bestandsnetz verlagert, um dort dringend erforderliche Erhaltungs- investitionen; aber auch die Modernisierung voranzutrei- ben. Wir wollen, dass die deutsche Schieneninfrastruktur zu einem der modernsten Netze in Europa ausgebaut wird. Auch das sind Fakten. Die SPD-Bundesregierung hat aber nicht nur viel für die Bahn, sondern für die Infrastruktur insgesamt getan. Ein Land, eine Region zu entwickeln bedeutet, die Infra- struktur voran zu bringen. Verkehrsanbindungen müssen günstig sein, und zwar günstig für die Menschen, die in dem Land, in der Region leben und arbeiten. Das haben wir in den letzten Jahren getan und das werden wir auch in den nächsten Jahren tun. Renate Blank (CDU/CSU): Wir befassen uns heute im Plenum überwiegend mit Anträgen der PDS, die aus meiner Sicht alle aus populistischen Gründen gestellt wurden, damit der Bevölkerung suggeriert werden soll, dass die PDS eine staatstragende Partei sei, die sich um die Belange der Bürgerinnen und Bürger intensiv küm- mere. Nun zu den einzelnen Anträgen: „Bahnpreissystem für Fahrgäste attraktiv gestalten“. Grundsätzlich ist die Tarifgestaltung Sache der Deutschen Bahn AG. Es war der politische Konsens sämtlicher sei- nerzeit im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien, dass mit der Bahnreform zum 1. Januar 1994 die Deutsche Bahn AG dem politischen Einfluss entzogen werden sollte und dass sie sich selbst als Wirtschaftsunternehmen am Verkehrsmarkt positionieren muss. Ausfluss dieser politisch gewollten Selbstpositionierung ist die eigene Angebots- und Preisfindung der Deutschen Bahn AG im Verkehrsmarkt. Allerdings sind bestimmte Tarifbestandteile auch für grundgesetzlich festgelegte Pflichten der DB AG von besonderer Bedeutung. Die Auswirkungen der voraus- sichtlichen Halbierung des Bahncard-Rabatts auf die Ta- rife im Nahverkehr und die Auswirkungen des Reservie- rungssystems sind noch nicht geklärt. Es fehlt auch die politische Stellungnahme der Bundesregierung zu dem geplanten Bahnpreissystem als einen für den Eisenbahn- verkehr sehr bedeutsamen Schritt. Es muss die Gemein- wohlverpflichtung des Eisenbahnverkehrs im Grundge- setz von der Bundesregierung verwirklicht werden, weshalb die Meinung der Bundesregierung schon inte- ressiert, zumal Bahnchef Mehdorn einen ausgezeichne- ten Kontakt zu Bundeskanzler Schröder hat. Die DB AG schiebt das Thema allerdings über den 22. September hi- naus, damit die Bürgerinnen und Bürger keinen Ärger bereiten, wie zum Beispiel derzeit der Sozialverband VdK Deutschland, dessen Mitglieder mit dem neuen Preissystem teilweise erhebliche Nachteile hinnehmen müssen. „Interregio für die Regionen erhalten“. Mit diesem An- trag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, eine Politik der Verlagerung des Verkehrs von der Straße und der Luft auf die Schiene umzusetzen und die Deutsche Bahn AG zu veranlassen, die bestehenden Fernverkehrs- angebote des interregionalen Verkehrs zu erhalten und zu entwickeln, in Abstimmung mit den Ländern darauf hin- zuwirken, dass der Schienenverkehr als ganzheitliches System weiter ausgebaut wird, die einzelnen Verkehrsar- ten optimal aufeinander abgestimmt sowie disponierbare, attraktive und preiswerte Produkte in allen Bereichen an- geboten werden. Meine Damen und Herren von der PDS, was glauben Sie eigentlich, was wir mit der Bahnreform des Jahres 1994 erreichen wollten? Wir wollten mehr Verkehr auf die Schiene bringen und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, zumindest die Zuwächse. Viele in Ihrem Antrag geforderte Maßnahmen sind nach der in der Bahnreform erfolgten Privatisierung unternehmerische Aufgaben der Deutschen Bahn AG. Die Forderung, die Regionalisierungsmittel zu dynamisieren, geht ins Leere, denn schon zu unserer Regierungszeit wurde die Auf- stockung festgeschrieben; man kann höchstens noch über die Höhe der Dynamisierung trefflich streiten. „Option für eine Fernbahnanbindung des Bahnhofs Berlin-Lichtenberg offen halten“. Es macht durchaus Sinn, im Rahmen der Realisierung des Eisenbahnknotens Berlin über weitere Möglichkeiten der Fernbahnanbin- dung nachzudenken. Dies ist aber keine Aufgabe des Par- laments, sondern der Exekutive. Dem Antrag der rot-grü- nen Koalition, die Bundesregierung aufzufordern, dafür Sorge zu tragen, dass beim Umbau des Bahnhofs Ost- kreuz im Bereich Ringbahnbrücken die Vorsorgemaß- nahmen für eine zweigleisige Verbindung zwischen dem Ostbahnhof und dem Bahnhof Lichtenberg berücksich- tigt werden, um die Option für eine Realisierung der Fernbahnverbindung zu sichern, werden wir zustimmen. Den weiter gehenden Antrag der PDS, die Ferngleis- verbindung in die Bundesverkehrswegeplanung zu inte- grieren, lehnen wir ab, da bei der nächsten Erstellung des Schienenwegeausbauplans über das Kosten-Nutzen-Ver- hältnis der gewünschten Maßnahme noch zu diskutieren sein wird. „Innerdeutschen Luftverkehr auf die Bahn verlagern“. Die PDS macht sich mit diesem Antrag unglaubwürdig. Man kann nur Verkehr auf die Bahn verlagern, wenn sehr gut ausgebaute Schnellverbindungen vorhanden sind. Zum Beispiel wird niemand auf die Idee kommen, mit dem Flugzeug von Nürnberg nach Hannover zu fliegen; hier ist der ICE unschlagbar. Aber zum Beispiel bei der Strecke Nürnberg–Berlin ist das Flugzeug im Vorteil ge- genüber dem Zug, da es noch keine Schnellverbindung gibt, die von der PDS abgelehnt wird. Widersprüchlicher geht es nicht mehr! Im Übrigen wird die Bahn subventioniert und nicht der Luftverkehr. Eine Aufhebung der Mineralölsteuerbefrei- ung ist doch nur international zu machen und keinesfalls im deutschen Alleingang. Diese Meinung ist doch utopisch. Alles in allem sind es reine „Schauanträge“ der PDS. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24549 (C) (D) (A) (B) Georg Brunnhuber (CDU/CSU): Der Bundesminis- ter für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Kurt Bodewig hat, obwohl der Deutsche Bundestag bisher keine Finan- zierungsmittel für die beiden Strecken beschlossen hat, für die geplante Magnetschwebebahn zwischen Düssel- dorf und Dortmund 1,75 Milliarden Euro und für die geplante Strecke zwischen Innenstadt und Flughafen München 550 Millionen Euro zugesichert. diese Zusiche- rungen sollen von den beiden Landesregierungen bereits als ausreichende Planungsgrundlage herangezogen wer- den. Die Zusagen des Bundesministers verstoßen gegen elementare Mitwirkungsrechte des Parlaments und es ist von einer Verletzung des parlamentarischen Haushalts- rechtes auszugehen. Kurz gefasst sind folgende Punkte bei der Beurteilung der Transrapid-Planung hervorzuheben: Der von der Bundesregierung zugesagte Bundeszu- schuss ist eine reine Absichtserklärung und besitzt kei- nerlei Rechtsverbindlichkeit, da er haushaltsrechtlich nicht abgedeckt ist. Bei der prekären Haushaltssituation des Bundes ist ungewiss, ob die Mittel jemals durch den Bundestag bereitgestellt werden. Selbst bei einem haushaltsrechtlich abgedeckten Zu- fluss der Bundesmittel mussten für das Projekt in Nord- rhein-Westfalen immer noch 1,44 Milliarden Euro durch Kreditfinanzierung aufgebracht werden. Der daraus ent- stehende Kapitaldienst und die jährlichen Betriebskosten übersteigen die kalkulierten Erträge einschließlich der Bestellerentgelte beträchtlich. Das Finanzierungskonzept der Landesregierung ist unseriös: Einnahmen mit Über- schüssen gleichzusetzen oder einen Kreditrahmen als Überschuss auszugeben, wie es die Landesregierung tut, entspricht nicht einmal einfachsten kaufmännischen Ver- fahrensgrundsätzen. Das Land NRW bezuschusst den Metrorapid über Regionalisierungsmittel sowohl bei den Investitionen – 65 Prozent der Fahrzeugkosten –, als auch beim Be- trieb – Bestellerentgelte: 48,5 Millionen Euro. Dies führt an anderer Stelle zu enormen Einschränkungen und Aus- dünnungen beim Nah-, Regional- und Fernverkehr zu- gunsten des Metrorapid, ohne dass der Metrorapid auf der geplanten Strecke – Zeitvorteil: 2 Minuten gegenüber ei- nes wesentlich billigeren ICE 3 mit Neigetechnik – einen verkehrlichen Nutzen nachweisen kann. – Der Metrorapid ist also nicht betrieblich und wirtschaftlich machbar, wie Minister Bodewig, aber auch die NRW-Landesregierung behaupten. Unsere Forderungen lauten daher im Einzelnen: Die Bundesregierung muss eine Kabinettsentschei- dung treffen und muss dafür sorgen, dass in den Gremien des Deutschen Bundestages die Gesamtfinanzierung be- schlossen wird. In den Fachausschüssen des Deutschen Bundestages soll der Nachweis für die Wirtschaftlichkeit der beiden Strecken erbracht werden. Es ist des Weiteren darzulegen, wie die 2,3 Milliarden Euro den Verkehrshaushalt belasten, und welche Vorha- ben deshalb gekürzt werden müssen oder nicht mehr zum Tragen kommen. Es besteht Erklärungsbedarf über die von der Bundesregierung verwendete Formulierung „an- dere Bundesmittel“ für die Transrapidstrecken. Die vorliegenden Gutachten sind durch einen Obergut- achter gründlich zu prüfen und zu bewerten. Unserer Antrag zielt darauf ab, dass die Plane für die Transrapid-Projekte nach rationalen und finanziellen Ge- sichtspunkten genau untersucht werden. Die Ausführun- gen über die Pläne zum Transrapid machen deutlich, dass dieses Projekt der rot-grünen Bundesregierung schon von vorneherein zum Scheitern verurteilt bzw. nicht machbar ist. Es ist unerlässlich, den Deutschen Bundestag am Ent- scheidungsprozess zu beteiligen. Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum 15. Dezember 2002 will die Deutsche Bahn AG ein neues Fahrpreissystem einführen. Soweit Teile davon öffentlich bekannt sind, steht dieses Preissys- tem in der Kritik. Wir Politiker werden immer wieder auf- gefordert, hier einzugreifen und dieses und jenes zu än- dern. Wie Sie wissen und wie auch die PDS weiß, die dazu einen Antrag vorgelegt hat, können und dürfen wir als Po- litiker, übrigens auch nicht über den Aufsichtsrat der pri- vatrechtlich organisierten DB AG, keinen unmittelbaren Einfluss auf das operative Geschäft des Bahnvorstands nehmen. Die inhaltliche Gestaltung der Tarife gehört zu den rein unternehmerischen Aufgaben eines Verkehrsun- ternehmens. Ebenso wenig kann zum Beispiel der Firma Connex auf der Strecke zwischen Gera und Rostock vor- geschrieben werden, ihre Preise zu verdoppeln oder DB- Tarife einzuführen. Dies heißt aber noch lange nicht, dass wir zur neuen Fahrpreisstruktur der DB AG, soweit sie bekannt ist, keine Meinung haben. Als Fahrgast, als Verkehrspolitiker und als Vertreter des Eigentümers Bund sollten wir dies auch deutlich machen. Lassen Sie mich zunächst erwähnen, was mir am neuen System gefällt: dass nämlich Familien, kleine Gruppen und Frühbucher konkurrenzlos günstig fahren werden, dank einer Ermäßigung um 10 Prozent, 25 Prozent oder gar 40 Prozent für Reisende, wenn sie bis zu sieben Tagen vorher buchen. Inhaber einer Bahncard, die statt 140 Euro künftig nur 60 Euro, für Partner und Kinder gar nur 5 Euro kosten wird, bekommen weitere 25 Prozent Ermäßigung auf diese Frühbucherpreise. Hinzu kommt, dass bis zu vier Mitfahrer nur die Hälfte des Fahrpreises des Hauptreisenden zahlen; Kinder bis einschließlich 14 Jah- ren zahlen gar nichts, wenn sie mit einem Elternteil un- terwegs sind. Dadurch werden Bahncards, die übrigens auch zur Preisnachlässen bei der Anmietung von Fahrrä- dern, oder PKWs berechtigen werden, künftig sicherlich zahlreicher als bisher verkauft werden, und die Bahn wird gerade dadurch Zielgruppen für sich gewinnen können, die bisher aus Kostengründen lieber das Auto benutzt ha- ben. Diese unbestreitbaren Vorteile dürfen aber nicht zulas- ten anderer Bahnfahrer gehen. Bahnfahren im Normalfall darf nicht teuerer werden. Dies gilt vor allem für Gele- genheitsreisende in Nah- und Regionalverkehrszügen auf Relationen, auf denen keine buchbaren Fernverkehrszüge verkehren und somit kein Plan & Spar-Preis gekauft wer- den kann. Hier sollte einfach der heutige Bahncard-Rabatt Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224550 (C) (D) (A) (B) von 50 Prozent weiter gelten oder es müssen günstige Sonderkonditionen für diese Fahrgäste eingeführt wer- den. Zum zweiten muss Bahnfahren flexibel bleiben. Ich erwarte, dass Frühbuchen, die aus welchen Gründen auch immer den gebuchten Zug nicht erreichen, mit dem nächs- ten Zug zum Normalpreis unter Anerkennung des schon bezahlten Fahrpreises fahren können. Hier muss es eine kundenfreundliche Storno-Lösung geben. Es kann nicht angehen, dass bei Versäumen eines Zuges das Frühbu- cherticket verfällt und der Fahrgast zur Beförderung eine Normalpreisfahrkarte zusätzlich kaufen muss. Selbst im innerdeutschen Luftverkehr kann man heute noch eine Stunde vor Abflug ohne Aufpreis umbuchen! Bahnfahren muss billiger werden. Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die Bahn so zu ge- stalten, dass die Preisgestaltung im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern auch im internationalen Vergleich kon- kurrenzfähiger wird. Dazu gehört die EU-weite Ein- führung einer Kerosinsteuer für den Luftverkehr ebenso wie die Halbierung der Mehrwertsteuer für das Fernver- kehrsticket der Bahn wie in anderen europäischen Län- dern. Dadurch kann und muss der Fahrpreis der Fernver- kehrsfahrkarte um nahezu zehn Prozent gesenkt werden! Dies sollten wir uns für die nächste Legislaturperiode vor- nehmen, anstatt wie im Antrag der PDS gefordert, einem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen die Preise zu diktieren. Rot-Grün hat die Weichen für eine bessere Bahn ge- stellt. Wir haben die Bahninvestitionen seit 1998 um 50 Prozent gesteigert, jetzt stehen für die Erneuerung des Systems Schiene jährlich 4,5 Milliarden Euro zur Verfü- gung. Damit wird auch endlich im Bestandsnetz kräftig modernisiert. Die Regionalisierungsmittel heben wir seit 1998 um über 10 Prozent erhöht und bis 2007 auf ein Rekordniveau von 6,75 Milliarden Euro verstetigt, mit einer Steige- rungsrate von 1,5 Prozent. Damit können die Bundeslän- der nicht nur mehr Zugkilometer bestellen, sondern auch erhebliche zusätzliche Mittel für Investitionen einsetzen, beispielsweise für den Kauf neuer, komfortabler Nahver- kehrsfahrzeuge. Diese zusätzlichen Mittel stehen auch für die Weiterentwicklung, den Erhalt oder den Ersatz von in- terregionalen Verbindungen vom Typ Interregio zur Ver- fügung. Damit haben wir einer Forderung des PDS-An- trags bereits entsprochen, nämlich dass die Länder mit erhöhten Mitteln auch interregionale Verbindungen bezu- schussen können. Dies können Interregios der DB AG sein, aber auch andere Zuggattungen oder vergleichbare Produkte von Wettbewerbern. Wie innovativ die Länder mit den Mitteln umgehen können, wenn der Wille dazu da ist, zeigt die gemeinsame Bereitschaft der Länder NRW, Hessen und Thüringen, auf der Mitte-Deutschland-Bahn eine Anschubfinanzierung für die Verbindung Düssel- dorf–Weimar zu gewähren. Hier wird eine IC-Verbindung unterstützt – zuschlagsfrei für Berufspendler. Die Politik hat ihre Hausaufgaben gemacht. Auch die Bahnunternehmen müssen jetzt das Ihre tun – für einen fahrgastfreundlichen, bezahlbaren Schienenverkehr auch in der Fläche. Horst Friedrich (FDP): Zum wiederholten Male wer- den wichtige verkehrspolitische Themen von der rot-grü- nen Mehrheit am Tagesrand in diesem Plenum debattiert. Offensichtlich will die jetzige Bundesregierung ihre ver- kehrspolitischen Altlasten im Morgengrauen ohne Zeu- gen entsorgen. Aufgrund der Vielzahl der zu beratenden Gesetze und der begrenzten Zeit bleibt mir leider keine Zeit, auf die Punkte wirklich im Detail einzugehen. Zu den Bahnan- trägen der Kollegen der PDS ist zu sagen, dass im We- sentlichen – dieser Lösungsansatz zieht sich wie ein roter Faden durch alle Anträge – übersehen wird, dass die Bahnreform von 1994 der Bahn in wichtigen wirtschaft- lichen Fragen eine Eigenentscheidung zugesteht. Das ist auch notwendig, weil zu Beginn der Bahnreform bzw. im Jahr davor die Einnahmen der Deutschen Bundesbahn nicht einmal mehr ausgereicht haben, die Personalkosten der Bahn abzudecken. Deswegen war es richtigerweise Ziel der Bahnreform, politische Entscheidungen auf das unbedingt Notwendige zu begrenzen und wirtschaftliche Entscheidungen auch bei der Bahn zu belassen. Das gilt für das Bahnpreissystem, den Erhalt bestimmter Zugver- bindungen oder auch bahneigener Werke. Umgekehrt kann die FDP die Problematik dieser Fra- gen nicht unbeantwortet lassen. Unsere Antwort darauf lautet: Wir müssen die Konsequenz, die in der Bahnre- form angelegt war, nun endgültig umsetzen und das heißt für uns die Herauslösung des Netzes aus dem Verbund der Bahn AG. Wettbewerb auf den Trassen, ohne Diskrimi- nierungsmöglichkeit wird falsche Bahnpreise sehr schnell entlarven, weil Wettbewerb hier der Maßstab ist. Das gilt im Übrigen auch für die Bedienung bestimmter Regionen mit bestimmten Zugqualitäten bzw. für den Erhalt von Kapazitäten der Bahnwerke; denn mehr Wettbewerber be- deuten auch mehr Besteller für die Deutsche Bahn- industrie. Diese Einschätzung gilt grundsätzlich auch für den An- trag der Verlegung des innerdeutschen Flugverkehrs auf die Schiene. Wir sind für den entsprechenden Wettbewerb der Verkehrsträger untereinander, aber wir halten nichts davon, dem Bürger Deutschlands vorzuschreiben, wel- ches Verkehrsmittel er wählen soll. Das hat schon in der alten DDR nicht funktioniert, warum sollte es jetzt funk- tionieren? Im Übrigen kommen alle Expertenstudien zu dem Ergebnis, dass nur fünf Prozent des Luftverkehrs in Deutschland tatsächlich ernsthaft auf die Schiene verla- gert werden können – aus den unterschiedlichsten Grün- den. Dies entspricht ungefähr dem Zuwachs eines einzi- gen Jahres. Danach sind und bleiben die Probleme so wie bisher auch. Was soll dieser Antrag also lösen, es sei denn, eine dirigistische Verkehrspolitik unter staatlicher Ober- aufsicht? Die Magnetschwebebahn entwickelt sich offensicht- lich zum neuen und alten Feindbild der PDS. Die FDP lehnt den Antrag zur Aufhebung des Magnetschwebe- bahnplanungsgesetzes ab. Wir sind der Überzeugung, dass es geradezu zwingend notwendig ist. jetzt auch in Deutschland alle Grundlagen dafür zu schaffen, dass eine anerkannte deutsche Technologie, mit der wir führend in der Welt sind, auch in Deutschland angewendet werden kann. Inhaltlich ist zu diesem Thema eigentlich schon Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24551 (C) (D) (A) (B) alles gesagt worden. Es kann aber doch nicht sein, dass Kunden für die deutsche Technologie Magnetschwebe- bahn nach Schanghai reisen müssen, um sich die erste An- wendung der Welt auf chinesischem Boden anzusehen. Ich fordere die Kollegen in der SPD und insbesondere Bundesverkehrsminister Bodewig auf, nun alles zu tun, um möglichst schnell eine Anwendungsstrecke in Deutschland zu errichten. Das gilt für die Etatisierung der entsprechenden Beträge im Haushalt und im Zweifel auch für die Konzentration auf eine einzige Strecke. Wir müs- sen zügig bauen, damit wir hier nicht erneut ins Hinter- treffen geraten. Die FDP hat auf ihrem Bundesparteitag in Mannheim der Mobilität ein umfangreiches Kapitel gewidmet. Wir werden unsere Entscheidungen nach diesen Ansätzen aus- richten. Dr. Winfried Wolf (PDS): Zur Debatte – und teilweise zur Abstimmung – steht hier ein ganzer Strauß von PDS- Anträgen und ein PDS-Gesetzentwurf. Auch wenn es sich teilweise um Verkehrspolitikvorschläge handelt, die wir in den letzten Monaten unabhängig voneinander erarbei- tet haben und die nun im Plenarsaal kulminieren, so ge- ben doch alle sieben PDS-Drucksachen zusammenge- nommen auch ein abgerundetes Bild. Ich fasse das der Einfachheit halber in drei Paketen zu- sammen: Paket eins betrifft die Bahnprivatisierung und konkretisiert unsere Kritik an derselben. In Paket zwei wird unsere Alternative konkretisiert – ein Programm zum Erhalt tausender Arbeitsplätze und zur Schaffung zehntausender neuer Arbeitsplätze inbegriffen. Paket drei befasst sich schließlich mit dem Magnetbahnabenteuer von SPD und Grünen. Zum letzteren Komplex möchte ich in meiner Rede nur vorab sagen: Jeder blamiert sich mit dem Transrapid of- fensichtlich mindestens ein Mal je Legislaturperiode. Die Regierung Kohl musste in ihrer Amtszeit zuletzt die Transrapid-Strecke Berlin-Hamburg faktisch ad acta le- gen. Nun hat im Mai dieses Jahres der Bundesrechnungs- hof mit seinem Prüfbericht die Machbarkeitsstudie zum Bau des Metrorapids in NRW und des Transrapids zum Münchner Flughafen dermaßen zerrissen, daß der Bun- desminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, aber auch der Tausendsassa Clement in NRWeigentlich mit ro- ten Öhrchen dastehen müssten. Sie tun es nicht; sie halten dennoch an diesen Projek- ten fest. Eben wie Kohl vor der Septemberwahl 1998; nach dem 22. September 2002 dürften wir bei diesen zwei Projekten allerdings ein Begräbnis dritter Klasse erleben. Dann können wir ja bald einen Blick nach Schanghai ris- kieren und sehen, wie der Transrapid ab 2003 dort läuft oder dann auch wieder nicht. Interessant wird es natürlich, wenn die Mehrheit des Hauses und wohl auch die Regierungsparteien am Ende dieses Tagesordnungspunktes unsere beiden Anträge ab- lehnen werden – und damit ein weiteres Mal die Vernunft an der Garderobe abgeben. Zu Paket eins unserer Anträge. Hier geht es zunächst um unseren Antrag „Interregio für die Regionen erhal- ten“. Bereits mehrmals befassten wir uns hier mit dem Thema, dass die DB AG flächendeckend die erfolgreiche Zuggattung „Interregio“ einstellt und damit weitere große Gebiete von einer Anbindung an den Schienenfernver- kehr abhängt. Was wir bereits im November 2000 sagten – so lautet das Einbringungsdatum dieses Antrags – hat sich seither konkretisiert. Unser damaliger Verweis, dass nach Artikel 87e des Grundgesetzes der Bund nicht nur für den „Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes“ verantwortlich zeichnet, sondern eben auch – so der Wort- laut der Verfassung – für „deren Verkehrsangebote auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienen- personennahverkehr betreffen.“ Mit diesem Verweis brachten die Länder Bayern und Baden-Württemberg sogar einen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein, den wir wortgleich im Bundestag zur Ab- stimmung stellten. Doch es scheint eine Art Große Koali- tion gegen den Schienenverkehr zu geben: Im Bundesrat ist der Gesetzentwurf in Ausschüssen „versenkt“ worden, im Bundestag stimmten alle Parteien gegen unseren Ge- setzentwurf; also gegen einen Gesetzentwurf, den wort- gleich die Landesregierungen von München und Stuttgart formuliert hatten. Heute wird in der Beschlussempfehlung vorgeschla- gen, unseren neuerlichen Interregio-Antrag erneut abzu- lehnen. Alternativen, wie die Regionen an das Netz des Schienenpersonenfernverkehrs angeschlossen bleiben könnten, liegen im Übrigen nicht vor. Auch hier zeigt sich, wie leichtfertig der Verfassungsauftrag von der Mehrheit des Bundestags verletzt wird. Wir haben in diesem „Paket“ weiterhin einen speziel- len Punkt, die Herstellung einer direkten Fernbahnverbin- dung zwischen den Bahnhöfen Berlin Ostbahnhof und Berlin-Lichtenberg, herausgegriffen. Zwei Jahre, nach- dem wir diesen Antrag am 5. Juli 2000 eingebracht hatten, entdeckten SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass wir hier ein ernstes Thema aufgriffen und brachten am 5. Juni 2002 einen eigenen Antrag zum selben Thema ein. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Peinlich ist nämlich, dass die Regierungsparteien sich ob der Hektik als sachlich schlecht informiert erweisen: Es geht nicht, wie in diesem Gegenantrag formuliert, da- rum, dass am Ostkreuz „Platz für den späteren Bau zweier Gleise für die direkte Verbindung zwischen dem Ost- bahnhof und Berlin Lichtenberg“ freizuhalten wäre. Es geht vielmehr darum, dass zwischen dem Ostkreuz und dem Ostbahnhof die Fernbahngleise der Ostbahn an die Fernbahngleise der Stadtbahn angeschlossen werden müssen. Hierfür wäre eine Unterführung unter den zwischen den beiden Fernbahnen liegenden S-Bahn-Gleisen herzu- stellen. Da sich hier eine Hauptwasserleitung befindet, müsste gleichzeitig diese Wasserleitung – und der ent- sprechende so genannte Düker – tiefer gelegt werden. Das würde nach Informationen aus wohl informierten Bahn- kreisen rund 85 Millionen Euro kosten. Angesichts der 10 Milliarden Euro, die im Bereich Berlin in die Schienennetze investiert werden, wäre dies Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224552 (C) (D) (A) (B) ein verhältnismäßig bescheidener Betrag, der aber eine sehr große Wirkung haben würde und erhebliche Verbes- serungen im Schienenverkehr, auch demjenigen in Rich- tung Polen, mit sich bringen würde. Doch laut Beschluss- empfehlung ist hier nicht Sachverstand gefragt; die Osterweiterung findet nur per Autobahnen statt. Der PDS- Antrag soll abgelehnt werden. Wird tatsächlich, wie hier empfohlen, alternativ zu un- serem Antrag der Antrag der Koalitionsparteien ange- nommen, dann sei noch darauf verwiesen, dass dieser auch schlicht grammatikalischen und terminologischen Unsinn in Antragsform goss. Man lese dort beispielsweise Punkt 3: Wegen des gegenwärtig bestehenden Verkehrsbedürf- nisses für eine direkte Anbindung des Bahnhofs Berlin Lichtenberg an das Fernbahnnetz sowohl nach Osten als auch nach Westen bestehen z. Z. auch keine Notwendig- keit, die in der Öffentlichkeit mehrfach geforderte Her- stellung einer direkten Verbindung zu dem an der Stadt- bahn gelegenen Ostbahnhof kurzfristig zu realisieren. Das Hohe Haus versteht hier kollektiv „Bahnhof“ und schlägt, obgleich Freitag am späten Nachmittag, „Nach- sitzen“ vor. Schließlich greift ein dritter PDS-Antrag in diesem ers- ten Paket das neue Bahnpreissystem PEP auf, das laut Bahnchef Mehdorn am 15. Dezember dieses Jahres „scharfgeschaltet“ wird. Wir kritisieren dieses neue Sys- tem umfassend – unter anderem, weil damit für die durch- schnittlichen Fahrgäste Bahnfahren erneut teurer wird und weil mit der Halbierung des Bahn-Card-Rabattsatzes von 50 auf 25 Prozent zwei Millionen der treuesten Bahn- kundinnen und -kunden verprellt werden. Vor allem kritisieren wir den Grundgedanken, den die Lufthansa-Implantate im Bahnmanagement nun für den Schienenverkehr dekretieren: dass in Zukunft nur derje- nige Fahrgast relativ preisgünstig mit der Bahn fahren kann und eine Garantie auf einen Sitzplatzes hat, der im Voraus zuggenau seine Hin- und auch noch Rückfahrt bucht – und dabei noch von Glück sagen kann, wenn auf dem Bildschirm nicht „ausgebucht“ aufflimmert. Bahnchef Mehdorn hat kürzlich bei einem Treffen mit meiner Partei hübsch formuliert, wie es den Normalos im aktuellen Bahnverkehr gehen wird: „Spontaneität hat in Zukunft ihren Preis. Das kostet mehr. Und der Fahrgast muss dann eben stehen.“ Exakt eine solche extrem kundenfeindliche Philoso- phie liegt der gesamten Bahnprivatisierung zugrunde. Mit dem neuen Bahnpreissystem werden Millionen Fahrgäste aus den Zügen getrieben. Einmal abgesehen davon, dass bereits rein technisch gesehen das neue System darauf hinauslaufen könnte, dass wir ab 15. Dezember 2002 mit PEP einen GAU erleben. Wir haben in unserem Antrag diesem kontraprodukti- ven Bahnpreissystem die Grundsätze eines alternativen Preissystems gegenübergestellt. Dabei verfolgen wir die entgegengesetzte Strategie wie die des Bahn-Manage- ments. Wir fordern den Ausbau des Halbpreistickets Bahn-Card. Diese Karte muss unter Beibehaltung des Ra- battsatzes mehr Funktionen erhalten, in Richtung Fami- lienfreundlichkeit erweitert werden und die Verkehrsver- bünde in vollem Umfang einbeziehen. Wir fordern des Weiteren die Einführung einer zweiten allgemeinen „Zugangskarte“ zum Schienenverkehr: ein Generalabonnement wie es ein solches in der Schweiz gibt, also die Verbilligung und der Ausbau der Netzkarte, sodass diese für viele Hunderttausende Kundinnen und Kunden attraktiv wird. Bei all dem mischen wir uns keineswegs in die Belange eines privatisierten Unternehmens ein. Vielmehr liegt die Tarifhoheit im Fernverkehr beim Bund So sieht es das All- gemeine Eisenbahn Gesetz, das AEG, in § 12. Als wir dies erstmals im Herbst 2001 reklamierten und dann schriftlich nachhakten, wann denn der für Verkehr verantwortliche Minister dem System PEP die erforderliche Genehmigung erteilt habe, hieß es zunächst, eine solche Genehmigung sei nicht erforderlich. Doch plötzlich gab es – im Dezember 2001 – einen sol- chen Antrag auf Genehmigung der DB AG, dem dann im Januar 2002 laut Staatssekretärin Mertens auch stattgege- ben wurde. Damit ist aber auch klar, dass die Bundesre- gierung PEP genehmigt hat und mitverantwortlich sein wird für das Desaster, das damit droht. Im Übrigen geht die PDS weiter davon aus, dass PEPge- gen bestehende Gesetze verstößt. So wird mit einem Preis- system, das weitgehend auf Reservierungen besteht, die ge- setzlich garantierte Beförderungspflicht – § 10 AEG – verletzt. Zu Paket zwei unserer Anträge. Hier ist unser Antrag zur Verlagerung des innerdeutschen Luftverkehrs auf die Schiene entscheidend. Der „verkehrte Verkehr“ wird kaum irgendwo besser illustriert als bei den Kurzstreckenflügen. Es ist schlicht ein bewusst gestreutes Gerücht, die Airlines hätten kein Interesse an Kurzstreckenflügen. In den letzten zehn Jahren stieg die Verkehrsleistung bei den Inlandsflügen um mehr als 50 Prozent. Die durch- schnittliche Flugweite im innerdeutschen Flugverkehr liegt bei 530 km. Das heißt, mehr als die Hälfte aller In- landsflüge liegt in einem Segment, das für eine Verlage- rung auf die Schiene ideal wäre. Doch das Gegenteil findet statt – das zeigt der aktuelle Preiskrieg, mit welchem die meisten Inlandstickets we- sentlich preiswerter als entsprechende Bahntickets ange- boten werden. Das heißt: Die Rahmenbedingungen im Verkehrsmarkt stimmen nicht; dieser begünstigt das Flie- gen und natürlich den Straßenverkehr. Die Bahnpolitik im Allgemeinen und die bereits skizzierte Bahnpreisreform unterstützen diesen falschen Trend. Unser Antrag nennt konkrete Maßnahmen, wie ein großes Fahrgastaufkom- men von der Luft auf die Schiene gelenkt werden könnte. Zum Schluss sei hier unser Antrag „Erhalt der Bahn- werke – behindertengerechte Umrüstung des Wagenparks der DB AG“ genannt. Hier liegt Ihnen ein Antrag vor, der nicht etwa populistisch Bahnwerke und Arbeitsplätze ret- ten will, sondern der konkret ein längst überfälliges Inves- titionsprogramm vorschlägt, sodass diese Werke auf Jahre hinaus verkehrspolitisch sinnvolle Aufträge hätten. Indem wir erneut fordern, dass fahrzeuggebundene Einstiegshilfen perspektivisch bei allen öffentlichen Ver- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24553 (C) (D) (A) (B) kehrsmittel Standard werden müssen, greifen wir auch eine maßgebliche Forderung der Behindertenverbände auf. Unser Antrag verknüpft dabei verkehrspolitische Er- fordernisse, Forderungen der Behindertenverbände und Strukturpolitik. Ich verweise ein weiteres Mal darauf: Mit der Vernich- tung weiterer Tausender Arbeitsplätze bei den infrage ste- henden Bahnwerken wird ausgerechnet in den neuen Län- dern ein neuer Höhepunkt in der Kahlschlagpolitik im industriellen Bereich gesetzt. Die Bundesregierung trägt hierfür direkte Verantwortung – sie kann sich nicht hinter Bahnchef Mehdorn verstecken. Gerade unser Antrag zeigt auf, wie die Bundesregierung ihrer Verantwortung hier gerecht werden könnte. Ich zitiere zum Schluss aus der „Erklärung der ost- deutschen Bahnwerker“ vom Mai 2002: „Die Bundesre- gierung hat die Möglichkeit ... diese Arbeitsplätze unter ihren Schutz zu stellen ... Die Privatisierung der Bahn als Vernichtungsmaschine von Arbeitsplätzen muss gestoppt werden.“ Mit diese Sätzen wird auch die Essenz unserer Kritik an der Bahnpolitik und an der Bahnreform auf den Punkt gebracht. Anlage 12 Zu Protokoll gegene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vorsorgeleistungen (Zusatztages- ordnungspunkt 22) Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Dies ist der letzte Schritt der Wiedergutmachung, der letzte Schritt, mit dem der Kahlschlag von Herrn Seehofer im Bereich von Rehabilitation und Kuren wieder aufgeforstet wird. Damit verhelfen wir vielen Tausenden von Patientinnen und Patienten zu mehr Gesundheit. Damit verhelfen wir vielen Einrichtungen und vielen qualifizierten Fachkräften zu einer sicheren Zukunft. Es ist schon makaber, dass ausgerechnet die heutige Opposition, die für die Zerstörung der Kur- und Reha- struktur verantwortlich zeichnet, nun versucht, mithilfe des Bundesrates uns, die Regierungskoalition, mit unge- deckten Schecks zu überholen. Bei der angespannten Finanzsituation der Krankenkassen stellt unsere Wieder- gutmachung schon hohe Anforderungen an die Finanzie- rung. 20 Millionen Euro sind kein Pappenstiel! 20 Milli- onen Euro wollen finanziert sein, ohne dass sie eine Beitragserhöhung bewirken. Da wirkt der Vorschlag aus Bayern, statt auf 13 auf mindestens 25 Euro täglich zu gehen, schon auf den ers- ten Blick unseriös. Genauer betrachtet, ist er wegen seiner Unseriösität nichts anderes als ein Schaufensterantrag, der kurz vor der Bundestagswahl von den Sünden und Fehlgriffen der alten Regierung ablenken soll. Dies ist auch deswegen unseriös, weil im gleichen Atemzug von CDU/CSU von der großen Freiheit der Versicherten gere- det wird, die nach ihren Vorstellungen Leistungen zu- oder abwählen können. Wie bei einem solchen Konzept ungedeckte Schecks wirken, darauf bleibt man die Ant- wort schuldig. Es ist schon makaber, dass CDU/CSU die Menschen fair dumm verkaufen wollen, weil sie ihnen partout nicht sagen wollen, was sie denn bitte schön abwählen oder mit eigener Kostenübernahme zuwählen können. Wir fordern die Bürger auf, mit uns darauf zu drängen, dass vor dem 22. September der Offenbarungseid geleistet werden muss, die CDU/CSU aufzeigen muss, was sie konkret an Leistungen ab- oder zuwählen lassen will. So billig mit Aussitzen lassen wir die CDU/CSU nicht davon kommen. Wer das Solidarsystem zerstören will und eine Zweiklas- senmedizin einführen will, muss Ross und Reiter nennen. Wir sind sehr froh, dass mit der Verbesserung die Zu- gangsschwelle für ambulante Badekuren so weit abge- senkt wird, dass es auch Menschen mit kleinem Geldbeu- tel möglich ist, das Gesundheitstrainingslager Kur zu erreichen. Für viele Menschen bedeutet eine Kur im Ge- gensatz zu ambulanten Maßnahmen am Wohnort, genü- gend Freiräume zu bekommen. Die notwendigen Phasen – Belastung, Entlastung – können verlässlicher garantiert werden. Dies gilt ganz besonders für Menschen, die eine altersspezifische Maßnahme benötigen, weil gerade sie bei zunehmender Multimorbidität solche Entlastungs- effekte erhalten. Den Weg beim Umbau des Gesundheitswesens hin zur Prävention werden wir durch solche Schritte erleichtern. Wir haben nicht vergessen, dass 1 Euro, investiert in Ku- ren, uns 3 Euro an Folgekosten erspart – von dem gewon- nenen Mehr an Lebensqualität der Patienten gar nicht zu sprechen. Gleichzeitig stabilisieren und verbessern wir die wirt- schaftliche Lage in den Kurorten. Damit verhindern wir den Abbau von hoch qualifizierten Gesundheitsarbeits- plätzen. Wir werden auf diese Art eine Strukturverwerfung wieder glätten. Beispiel Bad Wörishofen – auch 2001 laut Amtlicher Statistik immer noch Platz 3 der – „ambulan- ten Kurorte“ in Deutschland: 1995: 1 380000 Über- nachtungen, 75 500 Gäste, 16,8 Tage Verweildauer; 2001: 920 000 Übernachtungen, 78 000 Gäste, 11,8 Tage Verweildauer. 27Prozent dieser 78 000 Gäste sind Kurgä- ste, die mindestens 21 Tage in Bad Wörishofen verbrin- gen. Diese Gäste stellen aber 50 Prozent aller Übernach- tungen. Daraus könnte man die Folgerung ziehen: Der Bedarf für eine bessere Versorgung ist da, aber die Versi- cherten weichen notgedrungen nach dem Seehofer-Kahl- schlag auf für sie bezahlbare Kurzmaßnahmen aus. Würde man die heutige Zahl der Gäste mit der damaligen Verweildauer multiplizieren, wären man wieder auf dem alten Stand. Der Bundesrat wäre gut beraten, in seiner Gänze unse- rem Antrag zuzustimmen. Damit helfen wir den Patien- tinnen und Patienten und dadurch helfen wir vielen Kur- orten, ihren Einrichtungen und Beschäftigten in ganz Deutschland. Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU): Die Regierungs- fraktionen haben sich mal wieder etwas einfallen lassen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224554 (C) (D) (A) (B) um im Wahljahr auf Stimmenfang zu gehen. Deshalb haben wir uns heute mit dem Entwurf der Regierungsfraktionen zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizini- schen Vorsorgeleistungen zu beschäftigen. Dieser Entwurf ist gut gemeint; er ist aber nicht gut gemacht. Vor allem nicht, wenn sich hinter diesen vermeintlichen Wohltaten Wahlgeschenke verbergen und die Betroffenen diese Ge- schenke hinterher auch noch selbst zahlen müssen. Denn die zu erwartenden Mehrkosten tragen – wie soll es bei die- ser Regierungspolitik auch anders sein – die Versicherten. Allerdings stellt dieser Entwurf bei allen notwendigen Veränderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nur einen kleinen Baustein dar. Mit diesem kleinen Bau- stein beabsichtigen die Regierungsfraktionen eine Er- höhung der Höchstgrenze des täglichen Zuschusses zu den nicht medizinischen Leistungen um fünf Euro. Zukünftig soll den gesetzlichen Krankenkassen ermög- licht werden, den Höchstsatz der Förderung in den Sat- zungen auf 13 Euro festzulegen. Mit diesem Entwurf wird beabsichtigt, den Zuschuss um 62 Prozent zu erhöhen. Außer Acht lassen die Regierungsfraktionen in ihrem Ent- wurf die Situation des chronisch kranken Kleinkindes. Hierzu ist in Ihren Antragswerk keine Erhöhung zu fin- den, obwohl auch hier das primär angeführte Argument der Preisentwicklung sicherlich greifen würde. Hier ver- missen wir eine klare Aussage. Dennoch begrüßt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion diese Anpassung des täglichen Zuschusses auf 13 Euro, da hierdurch zumindest ein Teil der Versicherten von Belas- tungen durch die deutlich gestiegenen Unterbringungs-, Fahrt- und Verpflegungskosten entlastet wird. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verbindet mit dieser An- passung die Hoffnung, dass zukünftig mehr Versicherten die medizinisch notwendigen Vorsorgeleistungen in unse- ren anerkannten Kurorten zugute kommen werden und somit die Gesundheitsförderung gestärkt wird. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die Präven- tion in einem modernen Gesundheitssystem einen entscheidenden Stellenwert. Denn nur ein System, das dafür sorgt, dass die Menschen nicht krank werden, son- dern gesund bleiben, hat diesen Namen erst verdient. Wenn die Prävention im deutschen Gesundheitswesen einen weitaus höheren Stellenwert hätte als bisher, dann könnten die großen gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen an unserem Gesundheitssystem besser bewältigt werden. Leider ist es jedoch so, dass nur vier Pro- zent der Gesundheitsausgaben für Gesundheitsschutz und Prävention zur Verfügung stehen. Dabei sind sich die wis- senschaftlichen Experten darüber einig, dass in Deutsch- land durch eine verstärkte Investition in lang- und mittel- fristige Präventionsmaßnahmen 25 bis 30 Prozent der heutigen Gesundheitsausgaben eingespart werden könnten. Das ist ein gewaltiges Einsparpotenzial. Dies hat auch der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Ge- sundheitswesen bereits in seinem im Frühjahr des vergan- genen Jahres vorgelegten Gutachten hervorgehoben. Zur Verdeutlichung des Ausmaßes: Die Leistungsaus- gaben der Krankenkassen betrugen im Jahr 2001 rund 138 Milliarden Euro. Würden die Potenziale der Präven- tion effektiv genutzt, könnte dies zu Einsparungen von bis zu 41 Milliarden Euro bei der gesetzlichen Krankenversi- cherung führen, Einsparungen, die nicht durch Leistungs- ausschluss, Budgetierung oder Rationierung entstanden sind, sondern durch eine effektive Nutzung der Gesund- heitsförderung und Prävention. Diese Einsparungen, sehr geehrte Frau Ministerin Schmidt, hätten Ihnen Ihre gute Laune und Ihr strahlendes Lächeln erhalten, als Sie im März diesen Jahres das Defizit der gesetzlichen Kranken- versicherung für das Jahr 2001 in Höhe von 2,8 Milliar- den Euro eingestehen mussten. Auch der Alptraum des 800 Millionen-Euro-Defizit des ersten Quartals 2002 wäre Ihnen erspart geblieben. Diese Einsparungen wären den beitragzahlenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugute gekommen und hätten somit auch dem Wirt- schaftsstandort Deutschland genutzt. Sie hätten den Pati- entinnen und Patienten gedient, da ihnen durch die Leis- tungserbringer keine Behandlungen hätten vorenthalten werden müssen. Diese Einsparungen hätten Ihnen genützt, da Sie dann auf Leistungsausschluss, Budgetie- rung und Rationierung hätten verzichten können. Diese Einsparungen hätten Ihnen die Rechtfertigung für die zu- sätzlichen Ausgaben in Höhe von circa 20 Millionen Euro für die verstärkte Inanspruchnahme ambulanter medizini- scher Vorsorgeleistungen ersparen können. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht jedoch nicht die ökonomische Seite im Vordergrund der gesund- heitspolitischen Betrachtungen – obwohl sie schon von den finanziellen Ergebnissen her sehr interessant ist –, sondern die ethische Seite der Prävention und der Ge- sundheitsförderung. Für uns daher steht fest, dass nur ein Gesundheitswesen, das die Menschen gesund hält, statt sich im Kurieren von Krankheiten zu erschöpfen, diesen Namen erst verdient hat. Bei Gesundheitsförderung und Prävention haben die anerkannten Kurorte eine bedeutende Rolle. Denn statt Ur- laub auf Krankenschein heißt es heute: straffes Programm mit aktiver Beteiligung. Regeneration und Wohlergehen stehen heute im Mittelpunkt des Interesses der Beteiligten. Die werten Kolleginnen und Kollegen der Regierungs- fraktionen werden mit Sicherheit die Vergangenheit bemühen wollen und darstellen versuchen, dass die dama- lige Regierung, bestehend aus CDU/CSU und FPD, die Kur- und Heilbäder in eine tiefe Krise geführt hätte. Anfang bis Mitte der 90er-Jahre waren die Ausgaben für Kuren und Rehabilitationsleistungen in der gesetz- lichen Krankenversicherung von rund 3 Milliarden DM auf rund 5,3 Milliarden DM gestiegen. Diese expansive Entwicklung ließ sich nur zum Teil auf einen „Nachhol- bedarf“ in den neuen Ländern zurückführen. Während sich die Kur-Ausgaben in der GKV-Ost, ausgehend von 95 Millionen DM in 1991 auf rund 860 Millionen DM in 1996 verneunfachten, gab es auch in den alten Bundes- ländern mit einem Zuwachs von rund 2,9 Milliarden DM auf rund 4,4 Milliarden DM eine medizinisch nicht be- gründbare Ausgabenexpansion. Eine differenzierte Betrachtung der Ausgabenentwick- lung in der GKV bis 1996 nach den einzelnen Leistungs- segmenten im Kur- und Rehabilitationsbereich zeigte da- mals bereits auf, dass die Ausgabenentwicklungen höchst unterschiedlich verliefen. So gingen die Ausgaben zum Beispiel für ambulante Kuren von rund 530 Millionen DM in 1991 bis auf rund 490 Millionen DM in 1996 bereits Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24555 (C) (D) (A) (B) leicht zurück. Demgegenüber zeigte sich im Bereich der stationären Rehabilitationsleistungen ein stark expansiver Trend. So hatten sich zum Beispiel die Anschluss-Heilbe- handlungen (AHB) von 1991 bis 1996 von rund 660 Mil- lionen DM auf rund 1,84 Milliarden DM fast verdreifacht. Aufgrund dieser massiven Ausgabenentwicklungen hatte die Bundesregierung – damit unsere solidarische Krankenversicherung nicht Schiffbruch erlitt – die not- wendigen, aber auch schmerzhaften Maßnahmen einzu- leiten. Mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförde- rungsgesetz sowie dem Beitragsentlastungsgesetz konnte die rasante Ausgabenexplosion erfolgreich gestoppt wer- den. Allein im Jahr 1997 wurde rund 1 Milliarde DM in der gesetzlichen Krankenversicherung eingespart. Im Rahmen dieser gesetzlichen Maßnahmen gab es den stärksten Rückgang, und zwar bei den ambulanten Kuren. Der drastische Rückgang lässt sich womöglich auch da- hin gehend erklären, dass besonders der damaligen „am- bulanten Badekur“ in der GKV – möglicherweise auch aus medizinischer Sicht – eine im Vergleich zur sta- tionären Kur immer geringere Bedeutung zuerkannt wurde. Selbst nach dem In-Kraft-Treten des Beitragsent- lastungsgesetzes gab es bei den Anschlussrehabilitationen zweistellige Wachstumsraten. 1997 gab es einen Zuwachs von 14,4 Prozent. Während die jetzigen Regierungsfraktionen damals laut lamentierten und nun heute unser Gesundheitssystem von einer Krise in die nächste führen, nutzten die Kurorte und Heilbäder ihre neuen Chancen. Denn für die Kurorte und Heilbäder haben sich in den letzten Jahren auch in- teressante neue Betätigungsfelder eröffnet. So setzten im- mer mehr Kur- und Heilbäder unter anderem auf Fitness- und Wellnessangebote, statt sich allein auf die durch die gesetzliche Krankenversicherung finanzierten Kuren zu konzentrieren. Diese positive Entwicklung wird auch da- durch unterstrichen, dass mittlerweile jeder fünfzehnte Urlauber in Sachen Wellness verreist. Die Kurorte und Heilbäder haben aktiv ihre Chance, die in jeder Veränderung liegt, genutzt. Sie waren innova- tiv und kreativ, sodass sie nun auch für in- und ausländi- sche Touristen wesentlich attraktiver geworden sind. Durch diese vorzeigbaren Entwicklungen haben sich die Kurorte und Heilbäder zu einem unverzichtbaren Be- standteil der Prävention und der Gesundheitsförderung entwickelt. Heute sind die ambulanten Kuren unverzicht- barer Bestandteil des gestuften Systems der Vorsorge und der Rehabilitation. Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit der Rückkehr von Herrn Seehofer auf die po- litische Bühne kehrt nicht Kompetenz, sondern Konfu- sion in die Reihen der Union ein. Unzählige Anträge und Gesetzesvorlagen der Union erwarten uns in den nächsten zwei Sitzungswochen hier im Bundestag, einer schlechter als der andere, Die Rückkehr wurde auch im Bundesrat vorbereitet. Das sind Initiativen der Union, die nur ein Ziel haben: Wahlkampf. Dabei gehen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, verantwortungslos mit den Bürgerinnen und Bürgern um. Sie fordern Leistungs- ausweitungen in der GKV, wohlwissend, dass diese nicht zu finanzieren sind. Sie spekulieren darauf, dass wir diese ablehnen und damit unsere Verantwortung wahrnehmen. Dies ist im Übrigen der einzige Punkt, in dem Sie Recht behalten werden, wir lassen Ihnen solche Scheinaktivitä- ten nicht durchgehen. Aber Sie haben die Rechnung ohne die Wähler gemacht. Sie können mit Ihren Taschenspie- lertricks die Bürgerinnen und Bürger längst nicht mehr hinters Licht führen. Zu genau können Sie sich an Ge- sundheitspolitik à la CDU/CSU/FDP erinnern. So nun auch unser heutiges Beispiel. Wer hat Mitte der 90er-Jahre Vorsorgeleistungen aus dem Leitungskatalog gestrichen? Die Union. Wer hat gegen die Wiederein- führung von Präventionsleistungen durch Rot-Grün 1999 gestimmt? Die Union. Wer stellte im Frühjahr 2002 im Bundesrat einen Antrag zur Erhöhung des Krankenkas- senzuschusses auf mindestens 25 Euro je Tag und zwar ohne Finanzierungsvorschlag? Die Union. Wer will medi- zinisch notwendige Leistungen wie Vorsorge im Falle ei- nes Wahlsieges als abwählbare Zusatzleistung definieren und somit nur noch für besser Verdienende zugänglich machen? Die Union. Und für wessen Gesundheitspolitik steht der Spruch: Weil du arm bist, musst du früher ster- ben? Für die der Union und FDP. Das wissen die Wähle- rinnen und Wähler. Sie werden Ihnen am 22. September die entsprechende Quittung präsentieren. Wir, die rot-grüne Mehrheit im Bundestag, machen Nägel mit Köpfen. Wir reden nicht nur von Stärkung der Prävention, sondern wir leiten auch verantwortungsvolle Schritte ein, zum Beispiel die Erhöhung der Beteiligung der Krankenkasse an ambulanten medizinischen Vorsor- geleistungen von 8 auf 13 Euro; ein maßvoller, finanzier- barer Betrag, der die Eigenverantwortung der Patientin- nen und Patienten stärkt und gleichzeitig weniger gut Verdienende und Familien nicht ausschließt, sondern mit ins Boot nimmt. Im Ergebnis werden die Krankenkassen Einsparungen erzielen, die die Dynamik der Kostenent- wicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung brem- sen werden. Das ist langfristige Politik für die Menschen in diesem Land und nicht gegen sie, wie die Union es vor- hat. Deshalb fordere ich die Opposition auf: Nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung als Bundestagsabgeordnete wahr und helfen Sie mit, dieses Land fit für die Zukunft zu machen. Unterstützen Sie unseren Gesetzesentwurf und machen Sie Ihrem S-Team klar: Verantwortungsvolle Politik ist ein Handeln für die Menschen und nicht gegen sie. Dr. Dieter Thomae (FDP): Der Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, hat zum Ziel, den Zuschuss zu den nicht medizinischen Kosten ambulanter Vorsorgeleistungen zu erhöhen. Statt der bisherigen Höchstgrenze von täglich 8 Euro sollen die Krankenkassen einen Höchstbetrag von 13 Euro bezahlen. Auf der einen Seiten erkennen wir an, dass für die Patientinnen und Patienten, die ambulante Vor- sorgeleistungen in anerkannten Kurorten in Anspruch neh- men, durch die Erhöhung auf bis zu 13 Euro eine finanzi- elle Entlastung gewährt wird. Das ist in Ordnung. Besser wäre es in unseren Augen aber gewesen, statt einer gerin- gen finanziellen Entlastung für die Patientinnen und Pati- enten den Zugang zu ambulanten Vorsorgeleistungen zu verbessern. Zurzeit können medizinische Vorsorgeleistun- gen in anerkannten Kurorten im Regelfall alle vier Jahre Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224556 (C) (D) (A) (B) gewährleistet werden, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Die Patienten, die auf solche ambulanten Kuren aber vorwie- gend angewiesen sind, haben ein Durchschnittsalter von über 60 Jahren oder sind chronisch krank. Der Gesund- heitszustand dieser Patienten hält sich an keine Vierjahres- fristen, sondern verschlechtert sich häufig rapide. Wenn sie aber erneut eine Kur in Anspruch nehmen wollen, er- halten sie von der Krankenkasse dann die Antwort: Kom- men sie doch bitte in drei Jahren wieder! Dieser Zustand bedeutet für viele Patienten eine unzumutbare Härte und ist aus therapeutischen Gründen nicht tragbar. Dr. Ruth Fuchs (PDS): In einer durchdachten und klar formulierten Gesundheitspolitik kommt neben Dia- gnostik und Therapie der Förderung und Wiederherstel- lung von Gesundheit, das heißt Prävention und Rehabili- tation ein wachsender Stellenwert zu. Gerade gegen die heute im Vordergrund des Erkrankungsgeschehens ste- henden chronischen Krankheiten haben sich Prävention und Rehabilitation als besonders geeignete und hilfreiche Maßnahmen erwiesen. Sie sind heute wissenschaftlich begründete, qualitäts- gesicherte sowie effektive und insofern bewährte Verfah- ren im medizinischen Handlungsspektrum. Vor allem aber ist erfolgreiche Wiedereingliederung in das Berufsleben oder die Verhinderung von Pflegebedürftigkeit und die damit einhergehende Verbesserung der Lebensqualität von Menschen ein humanes Anliegen ersten Ranges. Deshalb sagen wir seit langem: Wer die Leistungsfä- higkeit eines Gesundheitswesens im Ganzen verbessern will, muss die Bereiche der Prävention und Rehabilitation gezielt stärken. Die Union hatte insbesondere in den letzten Jahren ih- rer Regierungszeit im Gegensatz zu aller gesundheitspo- litischen Vernunft ausgerechnet diese Bereiche mit einer Streichorgie sondergleichen überzogen. Die neue Regierungskoalition hat sich seit 1998 um entsprechende Korrekturen bemüht. Das war und ist verdienstvoll, denn Reha-Leistungen und Kuren müssen auch jene in Anspruch nehmen können, die mit ihrem Geld hart rechnen müssen. In diesem Sinne begrüßen wir auch die mit dem heute zur Debatte stehenden Gesetzent- wurf beabsichtigte Anhebung der Höchstgrenze des Zu- schusses zu den nicht medizinischen Kosten ambulanter Vorsorgeleistungen von acht auf 13 Euro. Es ist ein klei- ner, aber für viele Menschen nicht unwichtiger Schritt in die richtige Richtung. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zurAktuellen Stunde: Haltung der Bundesregie- rung zu dem am 6. Juni 2002 vorgestellten Frie- densgutachten der fünf führenden Friedensfor- schungsinstitute (Zusatztagesordnungspunkt 21) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Seit 1987 stellen die größ- ten Friedensforschungsinstitute der Bundesrepublik ihr gemeinsames Friedensgutachten vor. Es ist zunächst ein- mal ein Verdienst der Institute, seit Jahren immer wieder auf die explosive Lage in der Welt aufmerksam gemacht zu haben. Das am 6. Juni 2002 vorgestellte Gutachten steht ganz im Zeichen der terroristischen Anschläge vom 11. Sep- tember 2001, die in der internationalen Politik zweifels- ohne eine Machtverschiebung mit sich gebracht haben. Dies zeigt etwa die Aufwertung Russlands zum Sicher- heitspartner der USA. Nicht übereinstimmen kann ich mit der Einschätzung der Experten, wonach das Gewicht der Europäer ins trans- atlantischen Verhältnis abgenommen haben soll. Ganz im Gegenteil: Die neuartige Bedrohung durch Selbstmord- attentate hat gerade im transatlantischen Verhältnis neue Gemeinsamkeiten und Verantwortungen geschaffen. Sie hat bestehende Gemeinsamkeiten und Verantwortungen deutlich aufgewertet. Dies hat auch Präsident Bush in sei- ner Rede vor dem Bundestag sehr deutlich gesagt, als er betont hat, dass die weltweite Bekämpfung des Terrors so- wohl die Amerikaner als auch für die Europäer und über- haupt alle zivilisierten Länder dieser Welt zu einer ge- meinsamen politischen Aufgabe geworden ist. Die Herausgeber des diesjährigen Friedensgutachtens warnen in scharfer Form und mit Blick auf den so genann- ten Antiterrorkrieg vor der Enttabuisierung militärischer Gewalt und der Rückkehr des Krieges in das „Arsenal ge- wöhnlicher außenpolitischer Instrumente“. Hauptadressat ihrer Kritik sind die USA, denen sie vorwerfen, die von ih- nen formierte Koalition sei nur „politische Rückendeckung für eine primär militärische Vorgehensweise“. Diese Be- wertung wird vonseiten der CDU/CSU nicht geteilt. Ganz im Gegenteil: Die Antiterrormaßnahmen der USAerfahren unsere Zustimmung. Es gibt keine Alternative zum jetzigen Vorgehen gegen die Terroristen und diejenigen, die sie un- terstützen. Das schließt militärische Mittel nicht aus. Ob- wohl die Anwendung von Gewalt ein Übel bleibt, ist sie in bestimmten Situationen einfach unvermeidbar. Umso drin- gender besteht unsere Aufgabe darin, alles daran zu setzen, die Anwendung von Gewalt in Zukunft zu verhindern: durch Gewaltprävention, durch die Verstärkung der Ent- wicklungszusammenarbeit sowie durch Abrüstung und Rüstungskontrolle. Verstärkte Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung sind auch eine zentrale Forderung der Frie- densforscher. Völlig unumstritten ist, dass der Kampf ge- gen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaf- fen seit dem 11. September eine größere Dringlichkeit bekommen hat. Insofern können wir die Bewertung der Ex- perten teilen, dass unsere Anstrengungen auf diesem Gebiet verstärkt werden müssen. Es geht in diesem Zusammen- hang nicht bloß um die Verbreitung von Massenvernich- tungswaffen an bestimmte Staaten wie etwa den Irak, son- dern auch um die Gefahr einer Verbreitung an Terroristen. Die Ereignisse des 11. September haben uns gezeigt, dass wir die Proliferationsgefahren noch ernster nehmen müs- sen als zuvor. Dies gilt nach wie vor auch für Russland, das selbst nach dem jüngst mit den USA abgeschlossenen Abkommen zur Reduzierung von atomaren Sprengköpfen bei Nuklearwaffen eine Problemregion bleibt. Erforderlich ist also eine umfassende Gewaltprävention. Dafür muss Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24557 (C) (D) (A) (B) jedoch mehr Geld aufgewendet werden. Die Bundesre- publik Deutschland gab im Jahre 2000 zur vorbeugenden Bekämpfung der Proliferationsgefahren auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und zur Abrüstungszusam- menarbeit mit Russland und der Ukraine 15 Millionen DM aus. Die USAhingegen stellen für diesen Zweck seit 1992 jährlich 1 Milliarde US-Dollar aus dem Nunn-Lu- gar-Fonds zur Verfügung, an dem sich auch die Briten und Franzosen beteiligen. Wir müssen also der Forde- rung nach verstärkter Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie nach mehr Geld zur Gewaltprävention neue Dring- lichkeit angesichts der Tatsache verleihen, dass wir es mit einer neuen Form des Terrorismus beziehungsweise der Bedrohung unserer Freiheit zu tun haben. Die militärische Bekämpfung des Terrors ist das eine, aber auch die Gestaltung der Globalisierung zum Vorteil aller Staaten dieser Welt und ihrer Völker ist nach dem 11. September noch stärker als bisher die gemeinsame Aufgabe von Amerikanern und Europäern. Das Engage- ment der Amerikaner und der Europäer in dem von Krieg und Bürgerkrieg verwüsteten Land Afghanistan bringt diese gemeinsame Verantwortung besonders deutlich zum Ausdruck. Aber auch der erfolgreiche Beginn einer neuen Welthandelsrunde und die verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Geldwäsche und anderen Formen der internationalen Kriminalität belegen diese Gemein- samkeiten. Ein Novum stellt sicherlich die Tatsache dar, dass die Friedensgutachter die Bundesregierung in ungewohnt deutlicher Form kritisieren. Sie sprechen in ihrem Gut- achten die Mahnung an Rot-Grün aus, der Einsatz der Bundeswehr drohe „zum normalen Instrument der Außenpolitik zu werden“. Die Warnung vor der Normali- sierung des Krieges geht weit über die bislang gewohnte Kritik an mangelnden Fortschritten bei der Rüstungskon- trolle oder unzureichenden Aktivitäten bei der Konflikt- bearbeitung hinaus. Dieser Vorwurf muss für die Bundes- regierung umso schwerer wiegen, als sie in ihrem Koalitionsvertrag deutsche Außenpolitik per se zur Frie- denspolitik erklärt hatte. Ruprecht Polenz (CDU/CSU): Mit dieser heutigen Aktuellen Stunde möchte die PDS den Nachweis führen, dass die Bundesregierung keine Friedenspolitik betreibt, sondern eine zunehmende Militarisierung der Außenpoli- tik. Das hat die PDS der Bundesregierung seit Jahr und Tag vorgeworfen. Als Vehikel für diesen neuerlichen Vor- wurf soll das Jahresgutachten der Friedensforschungsin- stitute herhalten, nach denn Motto: was Friedenspolitik ist, definieren die Institute, und die kritisieren die Bun- desregierung – fast so wie die PDS das tut. Das Ganze reiht sich ein in das verkrampfte Bemühen der PDS, die Reste der westdeutschen Friedensbewegung aufzusam- meln, nachdem diese sich von den Grünen und der SPD abgewandt haben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die Entschei- dungen der Bundesregierung mitgetragen und unterstützt, die Auslandseinsätze deutscher Soldaten auf dem Balkan oder jetzt in Afghanistan und am Horn von Afrika zur Folge hatten. Dafür kritisieren wir die Regierung nicht, wohl aber dafür, dass sie bei zunehmenden Aufgaben für unsere Streitkräfte der Bundeswehr immer weniger Mittel zur Verfügung gestellt hat. Dieser Zerreißprobe sind un- sere Streitkräfte nicht mehr lange gewachsen. Hier ist dringend ein Kurswechsel erforderlich. Das so genannte Friedensgutachten krankt meiner Meinung nach daran, dass aus der richtigen Feststellung, mit militärischen Mitteln allein ließe sich der internatio- nale Terrorismus nicht bekämpfen, gefolgt wird, man müsse diesem militärischen Aspekt nahezu keine Aufmerksamkeit mehr schenken, sondern könne sich stattdessen allein auf die Bekämpfung der Ursachen des internationalen Terrorismus konzentrieren. Außerdem be- kommt man beim Lesen an vielen Stellen den Eindruck, Gefahren für unsere Sicherheit gingen weniger vom in- ternationalen Terrorismus aus als von den Reaktionen der USA auf diese Gefahren. Die Wahrheit ist doch, dass wir nur gemeinsam mit den USA diesen Gefahren begegnen können. Wenn wir Einfluss nehmen wollen auf die Strate- gie, wie wir diesen Kampf führen wollen, dann müssen Europäer untereinander einiger werden und gemeinsam mehr für ihre äußere Sicherheit tun. Das so genannte Friedensgutachten unterstreicht an mehreren Stellen die unverzichtbare Rolle der Vereinigten Staaten für die Lösung regionaler Konflikte, zum Beispiel im Nahen Osten. Die Gutachter verdrängen dabei – ne- benbei gesagt – den Grund, weshalb auf Amerika hier nicht verzichtet werden kann: Es ist nämlich vor allem auch die militärische Macht der USA, ohne deren Sicher- heitsgarantien eine Friedenslösung zwischen Israel und Palästina in der Tat nicht vorstellbar ist. Aber diese posi- tive Bewertung militärischer Macht hätte wohl nicht in den generellen Duktus des Gutachtens gepasst. Natürlich müssen die Europäer nicht – hier stimme ich dem Gutachten zu – dasselbe machen und können wie die Amerikaner. Aber sie müssen mehr tun, weil sie mehr können, und so wie die USA eine unverzichtbare Macht ist, so müssen wir Europäer ein unverzichtbarer Partner sein. Nur dann, wenn wir wirklich gebraucht werden, bei- spielsweise als europäischer Pfeiler in der NATO, werden wir auch gefragt werden und Einfluss haben. Wenn man Terroristen mit Fischen vergleicht, dann kommt es eben darauf an, sowohl die Fische zu fangen, wie auch ihnen das Wasser wegzunehmen. Das so ge- nannte Friedensgutachten konzentriert sich – mit sicher- lich manchen bedenkenswerten Vorschlägen – nahezu ausschließlich darauf, wie das Wasser vermindert werden kann, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen, was in der Zwischenzeit mit den Fischen geschieht. Oder wenn Sie mir noch ein anderes Bild gestatten: Wenn ein Patient mit akuten Zahnschmerzen zum Zahnarzt kommt, möchte er nicht allgemeine und richtige Ratschläge zur Prophylaxe hören und dass er sich möglichst jeden Tag drei Mal die Zähne putzen soll. Er wäre auch bitter ent- täuscht, wenn ihn der Arzt nach solchen Ratschlägen nach Hause schicken würde, ohne sich um die Zahnschmerzen gekümmert zu haben. Aber genau so liest sich das so ge- nannte Friedensgutachten mit seinen nicht falschen Hin- weisen für eine vorbeugende Politik mit umfassendem Ansatz. Nach konkreten Vorschlägen für die akute Gefahr des jetzt stattfindenden und uns derzeit bedrohenden in- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224558 (C) (D) (A) (B) ternationalen Terrorismus sucht man weitgehend verge- bens. Sicherlich kann sich die PDS bei ihrer Ablehnung der Politik der Bundesregierung auf große Teile des so ge- nannten Friedensgutachtens stützen. Nur, das macht diese Vorschläge deshalb nicht richtiger. Eine Definitionsmacht dessen, was Friedenspolitik sei, haben diese Institute schon längst nicht mehr. Das vergleichsweise spärliche Echo auf die Präsentation des Gutachters hat dies auch deutlich gemacht. Die PDS hat jetzt versucht, mit dieser Aktuellen Stunde dem etwas aufzuhelfen. Die Regie- rungskoalition hat vor lauter Sorge, dass der eine oder an- dere Restbestand aus den Zeiten der Friedensbewegung in den eigenen Reihen wieder rückfällig werden könnte, die Debatte in die späten Abendstunden verlegt. Es steht ja auch keine Vertrauensfrage mehr zur Verfügung, wie beim Afghanistan-Einsatz, um die rot-grünen Reihen geschlos- sen zu halten. Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Man muss klar sehen, dass der Stellenwert des so genannten Frie- densgutachtens in der öffentlichen Perzeption seit den 80er-Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist. Neben se- riöser, ernst zu nehmender wissenschaftlicher Analyse ist das Gutachten in Teilen eine Laienveranstaltung, deren Autoren-Kompetenz nicht zuletzt durch eigenwillige Po- sitionen wie zum Beispiel im Vorfeld des Kosovo-Krieges 1999 gelitten hat. Das jetzt vorliegende Friedensgutachten zeichnet sich wiederum durch ein durchgängiges militärkritisches Grundverständnis aus, welches das Gutachten auf Kosten der Glaubwürdigkeit eher in die Nähe alter, überkommener und linker Positionen rückt. Um es ganz klar zu sagen: Der Einsatz militärischer Macht kann Frieden nicht schaffen, sondern nur das haben wir auf dem Balkan und in Afgha- nistan vorexerziert die Rahmenbedingungen für eine trag- fähige Friedensordnung herstellen. Nicht mehr und nicht weniger. Gerade für diese Aufgabe der Friedensschaffung aber ist Militär mehr denn je notwendig. Insofern erinnern die diesbezüglichen militärkritischen Passagen in dem so genannten Friedensgutachten eher an Don Quixotes Kampf gegen Windmühlen oder an eine gewisse 68er Nostalgie als an Realität und Praxis internationaler Beziehungen. Gleichwohl liefert das Friedensgutachten brauchbare Analysen der gegenwärtigen und künftigen Herausforde- rungen, Risiken und Gefahren. Insbesondere die aufge- zeigten Gefahren des Nuklearterrorismus und die Proble- matik von Biowaffen müssen wir mit Blick auf die Lage und die möglichen Absichten des Irak im Auge behalten. Der Irak hält sich nämlich Optionen für die Herstellung von ABC-Waffen offen und ist dabei, sich entsprechende Befähigungen zuzulegen. Angesichts der im Friedensgutachten doch unüberseh- baren, bisweilen amerikakritischen Untertöne, die vor ei- nem neuen amerikanischen Unilateralismus warnen und den USA unterstellen, das Völkerrecht den militärischen Notwendigkeiten unterzuordnen, möchte ich betonen, dass wir froh darüber sein sollten, dass es vor allem die USA sind, die in der Praxis der operativen Außenpolitik die im Friedensgutachten aufgezeigten Herausforderun- gen ernst nimmt und darauf nicht – wie die europäische Seite – mit Betroffenheitsbekundungen, sondern mit Ta- ten und Aktionen reagiert. Dies gilt für die amerikanische Initiative der Raketenabwehr ebenso wie für die von den USA geführte Antiterroroperation gegen die Taliban und al-Quaida seit Ende des vergangenen Jahres. Ich sehe daher nicht die Gefahr, die Amerikaner wür- den in Zukunft die enge Bindung des Einsatzes militäri- scher Gewalt an das Völkerrecht lockern. Auch die Gründe und das Rational aufgrund des entsprechenden Gefahrenpotenzials für das amerikanische Nachdenken über eine Anpassung ihrer „Nuclear Posture“ wird vom Friedensgutachten – nolens volens – eigentlich sehr gut belegt; denn man muss angesichts der neuen Herausfor- derungen durch die Proliferation von Massenvernich- tungswaffen und entsprechende Befähigungen von poli- tisch unzuverlässigen Ländern schon über präventive Optionen nachdenken, um sich Handlungsflexibilität zu erhalten und die Hemmschwelle für den Einsatz atomarer Waffen herabzusenken. Dabei sind natürlich die politi- schen Folgen im Auge zu behalten. Zur NATO und OSZE und ihren Aufgaben in und für Europa muss man sagen, dass wir gerade im Hinblick auf die NATO-Erweiterung und die neuen Aufgaben des Bündnisses nach dem 11. September verhindern müssen, dass die NATO zu einer zweiten OSZE degeneriert. Die Handlungsfähigkeit des Bündnisses muss in jedem Fall erhalten bleiben. Angesichts von künftig 26 Mitglied- staaten – während des Prager NATO-Gipfels im Novem- ber werden wir 7 neue Staaten aufnehmen – müssen wir Organisation, Strukturen und das Konsensprinzip im Bündnis überdenken. Russland ist durch den neuen NATO-Russland-Rat in wichtigen Feldern der Kooperation, wie zum Beispiel der Rüstungskontrolle oder dem Kampf gegen den internatio- nalen Terrorismus, hinreichend eingebunden. Das ist auch im deutschen Interesse. Die Sicherheitspartnerschaft mit Russland ist auszubauen, ohne dass man Russland inner- halb der NATO Vetorechte einräumen darf. Dies würde si- cherlich gerade bei den osteuropäischen Partner zu Irrita- tionen führen. Auch müssen gerade die europäischen NATO-Partner ihrer möglichen Marginalisierung durch verstärkte eigene Verteidigungsanstrengungen entgegen- wirken. Es ist richtig, dass die Auslandseinsätze der Bundes- wehr ihren Ausnahmecharakter abgelegt haben. Das ist aber vor allem ein Verdienst der CDU/CSU-geführten Re- gierung, die seit Mitte der 90er-Jahre diesen Prozess der sicherheitspolitischen Normalisierung Deutschlands ge- gen den bisweilen vehementen Widerstand derer, die heute in Deutschland das Sagen haben, eingeleitet und durchgeführt hat. Das bedeutet nicht, dass wir zukünftig leichtfertiger in Auslandseinsätze gehen sollten. Ich halte es vor dem Hin- tergrund der Gesamtsituation der Bundeswehr und ihrer chronischen Unterfinanzierung bisweilen aber durchaus für leichtfertig, wie die jetzige Regierung mit dem natio- nalen Instrument der Sicherheitsvorsorge umgeht. Die Auslandseinsätze unserer Streitkräfte und der Ein- satz deutscher Soldaten sind nur verantwortbar, wenn man die Bundeswehr nicht demontiert, reduziert und aushöhlt, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24559 (C) (D) (A) (B) sondern unsere Streitkräfte einsatzfähig hält und vor al- lem den Verteidigungshaushalt aus dem Schlusslichtbe- reich der NATO herausholt. Innere und äußere Sicherheit kann man nach dem 11. September nicht mehr voneinander trennen. Es ist vor dem Hintergrund der aufgezeigten Risiken und Gefahren müßig, weniger Militär und mehr Polizei zu fordern – das tut das Friedensgutachten –; vielmehr kommt es letztlich auf die synergetischen Effekte beider Instrumente der Si- cherheitsvorsorge an. Meiner Meinung muss man, – gerade im Hinblick auf die Konsequenzen des 11. September, – die spezifischen Fähigkeiten der Bundeswehr auch bei nationalen Notla- gen im Inneren in enger Kooperation mit dem Zivil- und Katastrophenschutz sowie der Polizei und dem Bundes- grenzschutz zum Einsatz bringen. Gerade dieses aktuelle Thema – Einsatz der Bundeswehr im Inneren – hat Rot- Grün in der Vergangenheit stets aus ideologischen Grün- den dämonisiert statt vernünftig diskutiert. Mit Blick auf die Erhaltung des Weltfriedens glaube ich nicht, dass wir mit einer multilateralen Kooperations- kultur allein wesentlich weiter kommen. Ich setze hier eher auf ein enges eurotransatlantisches Verhältnis und ein effizientes Bündnis, nämlich auf eine erneuerte NATO. Gerade im Hinblick auf das transatlantische Verhältnis muss man jedoch sagen, dass sich Deutschland seit vier Jahren aus einem ernst zu nehmenden transatlantischen Dialog faktisch verabschiedet hat. Von Deutschland gin- gen – im Gegensatz zur vorhergehenden Regierung – keinerlei nennenswerte Initiativen aus, weder bei der Frage der NATO-Erweiterung noch bei der Neuausgestal- tung des Verhältnisses zu Russland oder im Bereich von Rüstungskontrolle und Abrüstung. Außenminister Fischer ist erst zum „Atlantiker“ geworden, seit er Nadelstrei- fenanzüge trägt. Heute muss sich unser Außenminister sorgen, dass seine eigene politische Klientel sich so ver- hält wie er selbst, bevor er in Amt und Würden trat, näm- lich zutiefst antiamerikanisch. Die amerikanisch-deutsche Freundschaft läuft Gefahr ausgehöhlt zu werden. Existenzielle Gefahren überlässt man gerne den USA, um sie anschließend wegen ihrer Po- litik ständig zu kritisieren. Deutschland löst zudem einge- gangene internationale Verpflichtungen nicht ein und un- tergräbt damit auch die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Diese kritischen Fragen habe ich in dem vorgelegten Friedensgutachten vermisst. Anlage 14 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 776. Sitzung am 31. Mai 2002 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 84 Absatz 1 Grundgesetz nicht zu zuzustimmen: – Verbraucherinformationsgesetz und Gesetz zur Nutzung von Daten zum Verbraucherschutz Begründung: Das mit dem Gesetzesvorhaben eigentlich verfolgte Ziel, den Verbrauchern mehr Information, Transparenz und Klarheit zu verschaffen, ist grundsätzlich zu be- grüßen. Dieses Ziel wird mit dem nun vorliegenden Verbraucherinformationsgesetz jedoch nicht erreicht. Das Gesetz bleibt hinter den unabdingbaren Notwen- digkeiten zurück. Berechtigte Interessen der Verbrau- cher werden mit dem Gesetz enttäuscht. Das Gesetz ist in sich nicht schlüssig und insbesondere in der Ausgestaltung des Auskunftsanspruches gegen- über Behörden praxisfremd, weil die öffentlichen Stel- len in vielen Fällen überhaupt nicht über die Informa- tionen verfügen, die zur sachgerechten Bearbeitung gerade von individuellen Auskunftsersuchen erforder- lich sind. Zudem wäre eine Abgleichung und Überprüfung des Vorhabens auf europäischer Ebene dringend notwen- dig gewesen, um die Nachteile eines isolierten natio- nalen Vorgehens zu vermeiden. Mit dem Gesetz wird in grundrechtlich geschützte Po- sitionen eingegriffen und damit die Möglichkeit weit reichender wirtschaftlicher Folgewirkungen eröffnet. Daher wäre nach sorgfältiger Analyse eine umfassende Güterabwägung erforderlich gewesen, um ohne zeitli- chen und politischen Druck Zulässigkeit und Grenzen eines solchen Gesetzgebungsvorhabens prüfen zu kön- nen. Das Verbraucherinformationsgesetz würde in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zuletzt zu einer erhebli- chen Kostenbelastung der Länder und Kommunen führen, ohne den Verbrauchern einen nennenswerten praktischen Nutzen zu verschaffen. Die im Gesetz vor- gesehene Kostendeckung durch Erhebung von Ge- bühren für die Gewährung des freien Zugangs zu bei Behörden vorhandenen Informationen erscheint nicht als realistisch. Insgesamt betrachtet ist das vorliegende Gesetz mit so gravierenden Mängeln behaftet, dass diese auch nicht in einem Vermittlungsverfahren behoben werden könnten. Nach Auffassung des Bundesrates machen die Ereig- nisse um die Verunreinigung von Öko-Futterweizen mit Nitrofen deutlich, dass im Bereich des Lebensmit- tel- und Futtermittelrechts auf der Vollzugs- und Le- gislativebene des Bundes dringender Handlungsbedarf besteht. Um Fälle wie die Nitrofenkrise zu verhindern, ist jedoch das Verbraucherinformationsgesetz kein taugliches Mittel, weil es insbesondere keine Verpflich- tung von Unternehmen, die staatlichen Behörden über kritische Ergebnisse bei Eigenkontrollen zu informie- ren, vorsieht. Die Nitrofenkrise beruht genau auf die- ser Informationslücke. So geht es nicht darum, dass die Behörden die Bürger nicht informiert hätten, sondern darum, dass die Überwachungsbehörden von den Her- stellern nicht unterrichtet wurden. Für eine umfassende Information der Öffentlichkeit ist es daher notwendig, diese Informationslücke zu schließen. außerdem ent- hält das Verbraucherinformationsgesetz keine Bestim- mungen zu Futtermitteln. Verunreinigte Futtermittel Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224560 (C) (D) (A) (B) sind jedoch Auslöser der Nitrofenkrise. Es ist daher dringend erforderlich, dass die Bundesregierung die er- forderlichen Änderungen und Ergänzungen der gesetz- lichen Bestimmungen des Lebens- und Futtermittel- rechts veranlasst und im Übrigen das bereits vorhandene europarechtliche und nationale Instrumentarium aus- schöpft. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf; sich auf EU-Ebene für die vorgriffsweise Einführung der Bestimmungen zur Verantwortung der Lebensmit- tel- und Futtermittelunternehmer nach Artikel 14 bis 20 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Lebensmittelsicherheit (Inkraftreten dieser Vorschriften erst ab 1. Januar 2005) und dabei insbesondere der Meldepflicht nach Artikel 19 einzusetzen bzw. auf nationaler Ebene vergleichbare Regelungen umgehend selbst in Kraft zu setzen. Das vorgriffsweise Inkraftsetzen der erst ab 1. Januar 2005 europaweit maßgeblichen Bestimmungen hat zum Ziel, den beteiligten Lebens- und Futtermittelunternehmern umgehend zur Pflicht zu machen, die Behörden bei Kenntnis von Verstößen gegen die Vorschriften der Le- bensmittelsicherheit zu unterrichten, um Lebensmittel eher vom Markt nehmen zu können; über die Verord- nung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002 zur Le- bensmittelsicherheit hinaus den Behörden in den bun- desrechtlichen Bestimmungen zur Pflicht zu machen, auch bei Verstößen gegen Vorschriften des Lebens- oder Futtermittelrechts, die im Rahmen schlicht ho- heitlichen Handelns oder eines privatrechtlichen Auf- tragsverhältnisses bekannt geworden sind, die zustän- digen Behörden zu unterrichten. Dies dient einer beschleunigten Entfernung gefährlicher Lebensmittel vom Markt und einer beschleunigten Information und Warnung der Öffentlichkeit. Nach Auffassung des Bundesrates wäre die Weiterleitung der bei der Bun- desanstalt für Fleischforschung (BAFF) vorhandenen Informationen über Nitrofen in Öko-Futterweizen und Lebensmitteln insoweit eher möglich gewesen. Zudem fordert der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, die bereits jetzt bestehenden Möglichkeiten zu nutzen und entsprechend Artikel 10 der – mit aus- nahme der o. g. Vorschriften – kürzlich in Kraft getrete- nen Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu veranlassen, dass die Öffentlichkeit in geeigneter Weise und umfassend über die auf dem Markt befindlichen, durch Nitrofen ri- sikobehafteten Lebens- und insbesondere Futtermittel, die Art der Lebens- und Futtermittel, das damit ver- bundene Risiko und die zur Vorbeugung, Begrenzung und Ausschaltung des Risikos getroffenen Maßnahmen unterrichtet wird. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für Daten- schutz Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz – 18. Tätigkeitsbericht – – Drucksachen 14/5555, 14/8829 Nr. 1.1. – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Bericht der Bundesregierung über den Stand der Auszahlungen und die Zusammenarbeit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ mit den Partnerorganisationen – Drucksachen 14/7728, 14/8086 Nr. 1.4 – Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zum Kombinierten Verkehr – Drucksachen 14/6828, 14/7119 Nr. 2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 14/7708 Nr. 1.1 Drucksache 14/7708 Nr. 1.2 Drucksache 14/7708 Nr. 2.7 Drucksache 14/8339 Nr. 2.7 Drucksache 14/8339 Nr. 2.23 Drucksache 14/8428 Nr. 1.1 Drucksache 14/8428 Nr. 2.50 Drucksache 14/8562 Nr. 2.16 Finanzausschuss Drucksache 14/8562 Nr. 2.21 Drucksache 14/8562 Nr. 2.22 Drucksache 14/8562 Nr. 2.24 Drucksache 14/8562 Nr. 2.25 Drucksache 14/8562 Nr. 2.32 Drucksache 14/8562 Nr. 2.39 Drucksache 14/8562 Nr. 2.41 Drucksache 14/8832 Nr. 2.7 Drucksache 14/8832 Nr. 2.19 Drucksache 14/8940 Nr. 2.36 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/8832 Nr. 1.6 Drucksache 14/8832 Nr. 2.8 Drucksache 14/8832 Nr. 2.9 Drucksache 14/8832 Nr. 2.10 Drucksache 14/8832 Nr. 2.12 Drucksache 14/8832 Nr. 2.24 Drucksache 14/8832 Nr. 2.25 Drucksache 14/8832 Nr. 2.26 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/8940 Nr. 2.16 Drucksache 14/8940 Nr. 2.18 Drucksache 14/8940 Nr. 2.24 Drucksache 14/8940 Nr. 2.28 Drucksache 14/8940 Nr. 2.32 Drucksache 14/8940 Nr. 2.33 Drucksache 14/8940 Nr. 2.34 Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen Drucksache 14/8179 Nr. 2.33 Drucksache 14/8428 Nr. 2.16 Drucksache 14/8562 Nr. 1.6 Drucksache 14/8562 Nr. 2.37 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 2002 24561 (C) (D) (A) (B) Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/8691 Nr. 1.1 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/8940 Nr. 2.6 Drucksache 14/8940 Nr. 2.26 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/8428 Nr. 2.3 Drucksache 14/8832 Nr. 1.4 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Juni 200224562 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eva-Maria Bulling-Schröter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Die Nachrichten, die wir über
    die Vorbereitung des Weltgipfels in Johannesburg erhal-
    ten, sind alarmierend. Rio minus 10 statt Rio plus 10
    könnte das Ergebnis im September werden, und zwar in
    zweierlei Hinsicht: zum einen, was die reale Entwicklung
    in der Zeit seit 1992 betrifft, zum anderen, was die wahr-
    scheinliche Substanz der Konferenz angeht.

    Die real messbaren Fortschritte in den vergangenen
    zehn Jahren lassen sich schnell zusammenfassen: In den
    Entwicklungsländern gibt es einen Rückgang der Todes-
    ursachen Lungenentzündung und Tuberkulose. Wir hatten
    einen relativ raschen Ausstieg aus der Produktion ozon-
    schädigender Stoffe in den Industriestaaten. Wenn aber in
    den letzten zehn Jahren gleichzeitig die Armut nicht ver-
    ringert werden konnte, die Kindersterblichkeit nur ge-
    ringfügig abnahm, der Ausstoß von Klimagasen global
    eben nicht sank, sondern um 7 Prozent stieg und auch die
    Abholzungsrate der Urwälder weiter zunahm, können wir
    kaum von Fortschritt sprechen.


    (Beifall bei der PDS)

    Der Bericht des Worldwatch-Instituts von diesem Jahr

    nennt drei wesentliche Gründe, die den Übergang zu einer
    nachhaltigen Entwicklung und zu einer stabileren Welt
    bisher verhinderten:

    Zum einen habe Umweltpolitik weltweit eine zu geringe
    Priorität. Die wachsende Zahl internationaler Umweltüber-
    einkommen werde von unzureichenden Verpflichtungen,
    vor allem von zu kärglicher Finanzierung, flankiert.
    Während das UN-Umweltprogramm mit durchschnittlich
    gerade einmal 100 Millionen Dollar pro Jahr auskommen
    müsse, beliefen sich die Militärausgaben auf 2 Milliar-
    den Dollar pro Tag.


    (Zuruf von der PDS: Pfui!)

    Zum anderen bleibe die Entwicklungshilfe bei ihrem

    ohnehin schon niedrigen Niveau weiter rückläufig.
    Während das Weltsozialprodukt seit Rio 1992 um 30 Pro-
    zent stieg, seien die offiziellen Entwicklungstransfers von
    Nord nach Süd um 69 Milliarden von 52 Milliar-
    den Dollar im Jahre 2001 gefallen.

    Drittens schließlich habe die Verschuldung der Dritten
    Welt trotz anderer Verheißungen nicht ab-, sondern weiter
    zugenommen. Sie erreichte 2001 mit rund 2,5 Billio-
    nen Dollar einen historischen Höchststand.

    So weit zur Bilanz. Angesichts dieser Entwicklungen
    sind die Erwartungen an den Weltgipfel zwiespältig. Er




    Birgit Homburger
    24434


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    könnte und müsste ein Signal setzen – das wollen wir
    alle –, ein Signal, wie es damals von Rio ausging, indem
    erstmals auf UN-Ebene der Zusammenhang von sich aus-
    weitender Armut, Hungersnöten und Krankheiten, fort-
    schreitender Zerstörung von Lebensgrundlagen und
    Rückgang der Artenvielfalt festgestellt wurde.

    Allerdings werden nicht nur Feststellungen erwartet,
    sondern auch eine Verankerung international anerkannter
    Ziele in den Dokumenten und die Vereinbarung konkreter
    aktionsorientierter Schritte für eine nachhaltige Entwick-
    lung.


    (Beifall bei der PDS)

    Gerade in Bezug auf diesen Punkt sind inzwischen viele
    Aktivistinnen und Aktivisten der Umwelt- und Entwick-
    lungsorganisationen pessimistisch. Der Gipfel scheint ein
    Flop bzw. mit seiner Partnerschaftsmesse eine Show von
    Konzernen und Umweltbeamten zu werden.

    Wie schon all die Jahre vorher sind es vor allem die
    USA, Kanada und Neuseeland, die jegliche substanzielle
    Vereinbarung torpedieren. Zudem ist es angesichts der
    GATT- und GATS-Verhandlungen keine besondere Über-
    raschung, wenn die G-77-Staaten, also die Entwicklungs-
    länder, globale Umweltvereinbarungen überwiegend als
    verdeckten Protektionismus zu ihren Lasten sehen. Sie
    sollen alle Märkte öffnen, ihre Exportchancen sinken
    aber. Umweltschutz bedeutet, ganz klar, erst einmal Kos-
    ten, die die ausgeplünderten Länder nur selten aufbringen
    können. Dabei müssen wir ihnen helfen. Gerade hier zeigt
    sich, wie die von den Industriestaaten vorangetriebene Li-
    beralisierung aller Märkte Übereinkünfte über den Schutz
    unserer natürlichen Lebensgrundlagen verhindert.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Die EU will nach Verhandlungsbeobachtern das Ab-

    schlussdokument für Johannesburg nach vorne bringen.
    Gleichzeitig ist die Europäische Union Vorreiter bei der
    Forderung, innerhalb des GATS-Abkommens den Was-
    sersektor für die Liberalisierung zu öffnen. Was die
    Kommerzialisierung der Wasserversorgung durch die
    Global Player für Umwelt und Entwicklung aber für die
    Entwicklungsländer bedeutet, konnte man in vielen süd-
    amerikanischen Länder feststellen: Die Preise steigen und
    nur wer reich ist, kann sich dieses Wasser noch leisten.

    Ich denke, das ist nicht in unserem Sinne. In diesem
    Punkt muss sich in Europa etwas ändern. Diese Forde-
    rungen müssen zurückgezogen werden, denn sonst wird
    auch bei uns Wasser privatisiert. Das hat Folgewirkungen.


    (Beifall bei der PDS)

    Zum Schluss noch ganz kurz zum Zusammenhang von

    Entwicklungshilfe und Bruttosozialprodukt. Gegen-
    wärtig werden 0,23 Prozent des BSP an Entwicklungs-
    hilfe gezahlt. Sie wollen das auf 0,33 Prozent erhöhen.
    Das ist immer noch zu wenig und muss weiterhin ange-
    mahnt werden.

    Ich kann abschließend nur sagen: Ob Umweltschutz
    oder globale Gerechtigkeit, jetzt sind Taten gefragt, gere-
    det wurde lange genug.


    (Beifall bei der PDS)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
Kollegin Ulrike Mehl, SPD-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Mehl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kollegin-
    nen und Kollegen! In den nächsten Monaten werden sich
    viele Menschen auf der Welt darüber Gedanken machen,
    was bei der Weltkonferenz in Johannesburg wohl heraus-
    kommen wird. Es gibt sehr unterschiedliche Erwartungs-
    haltungen und Ausgangslagen. Die Frage wird sein: Wird
    nach dieser Konferenz tatsächlich gehandelt?

    Zehn Jahre nach Rio lohnt es sich, einmal zurückzu-
    schauen, um die Entwicklung nach dieser zweifellos sehr
    erfolgreichen Konferenz zu betrachten. Es gibt positive
    Aspekte, auch wegen der Auflösung der Blöcke. Die Welt
    ist offener und erreichbarer geworden. Es gibt eine bes-
    sere Verwirklichung der Menschenrechte und mehr De-
    mokratie.

    Aber wenn man sich die Entwicklung des Zustandes
    der Erde in den letzten zehn Jahren anschaut, könnten ei-
    nem eher die Tränen kommen. Denn man hat den Ein-
    druck, dass die Erde trotz guter Vorsätze, vieler Be-
    mühungen und zahlreicher Konferenzen eher auf dem
    Weg zu einer Intensivstation ist.

    Ein wesentlicher Grund dafür ist die wachsende Ar-
    mut und die Kluft zwischen den armen und den reichen
    Ländern. Dieser Abstand ist nicht kleiner, sondern größer
    geworden. Wir wissen, dass das ein wesentlicher Grund
    dafür ist, dass es in den armen Ländern nicht mehr Wohl-
    stand gibt. Wir als Industrieländer tragen dafür im We-
    sentlichen die Verantwortung.

    Trotzdem ist festzuhalten: Der Weltgipfel in Johannes-
    burg ist eine sehr wichtige Konferenz auf dem Weg zu ei-
    ner nachhaltigen Entwicklung. Es nützt nichts, zu unken
    und zu sagen: Wir haben im Vorfeld noch keine griffigen
    Ergebnisse gefunden. – Es muss vielmehr weitergekämpft
    und hartnäckig verhandelt werden. Wir müssen darauf
    bauen, dass in der Summe auch kleine Schritte zum Ge-
    samterfolg führen werden. Wir werden die Bundesregie-
    rung in diesen Bemühungen mit allen zur Verfügung ste-
    henden Mitteln unterstützen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das tun wir auch mit unserem Antrag. Ich glaube, dass
    wir in Deutschland alle Gründe dafür haben. Denn wir
    gehören innerhalb Europas zu den größten CO2-Emitten-ten. Auch in Deutschland werden noch immer 10 Tonnen
    CO2 pro Kopf und Jahr emittiert und 120 Liter Wasser proKopf und Tag verbraucht. Wir haben also Gründe, uns be-
    sonders zu engagieren und uns in diese Prozesse über-
    durchschnittlich einzubringen.

    Das tun wir auch. Wir haben eine sehr erfolgreiche und
    zukunftsweisende Klimaschutz- und Energiepolitik ein-
    geleitet. Wir werden das fortsetzen. Wir werden das Über-
    einkommen über die biologische Vielfalt umsetzen sowie
    das Cartagena-Protokoll und die Århus-Konvertion ratifi-
    zieren, um nur einige wenige Punkte zu nennen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





    Eva Bulling-Schröter

    24435


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Nur wenn wir selbst zeigen, dass wir wirklich bereit
    sind, uns zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu ent-
    wickeln, können wir Forderungen an andere stellen. Die
    Entwicklungsländer werden genau dies völlig zu Recht
    einfordern; einige Beispiele sind genannt worden. Man
    kann nicht Wasser predigen und Wein trinken. Deswegen
    müssen wir die Programme, die wir in den letzten vier
    Jahren aufgelegt haben, konsequent umsetzen. Dies geht
    bis hin zu einem internationalen Engagement, das heißt
    bis hin zu einem weiteren Abbau von Exportsubventionen
    im Agrarbereich und zur Umsetzung der Forderung, die
    WTO-Regeln mit den Zielen internationaler Umweltab-
    kommen vereinbar zu machen.

    Für einen Erfolg in Johannesburg wird es unabhängig
    davon, dass man selber tun muss, was man von anderen ver-
    langt, wichtig sein, dass die Europäer geschlossen an einem
    Strang ziehen. Nicht nur der Blick über den Atlantik ist be-
    rechtigt. Ich finde es im Übrigen ziemlich unsäglich, dass
    eine große Macht wie die USAzwar am Verhandlungstisch
    sitzt und auf das Verhandlungsergebnis Einfluss nimmt,
    aber gleichzeitig von vornherein sagt: Wir setzen es nicht
    um. Das ist problematisch genug. Aber auch die Interessen
    innerhalb Europas sind sehr unterschiedlich.

    Deswegen unterstützen wir auch hier mit Nachdruck
    die Bundesregierung, die massiv dazu beitragen soll, dass
    sich die Europäer einig sind. Denn die Europäer haben in
    den Verhandlungen die zentrale Funktion, darauf hinzu-
    wirken, dass gezielt das umgesetzt wird, was bisher auf-
    gelegt worden ist: Aktionsprogramme im Bereich Wasser
    und für den Schutz der Wälder sowie die Schaffung einer
    starken, weltweit tätigen Umweltorganisation. Denn man
    sollte sich nicht nur auf Programme konzentrieren. UNEP
    hat mit Sicherheit getan, was zu tun ist; die Tätigkeit von
    Klaus Töpfer ist sicherlich lobend zu erwähnen. Aber das
    reicht bei weitem nicht aus. Wir brauchen eine Weltorga-
    nisation, die stark ist und Umweltbelange gegenüber an-
    deren Interessen durchsetzt.


    (Beifall bei der SPD)

    Meine Redezeit ist leider abgelaufen. Ich komme da-

    her zum Schluss: Ich wünsche der Bundesregierung bei
    ihren Verhandlungen viel Erfolg. Unsere Unterstützung
    hat sie.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)