Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002
Dr. Barbara Höll
22390
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(D)
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(B)
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002 22391
(C)
(D)
(A)
(B)
Altmaier, Peter CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Bartsch, Dietmar PDS 15.03.2002
Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 15.03.2002
Beck (Köln), BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
Volker DIE GRÜNEN
Bernhardt, Otto CDU/CSU 15.03.2002
Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
DIE GRÜNEN
Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Blank, CDU/CSU 15.03.2002
Joseph-Theodor
Bodewig, Kurt SPD 15.03.2002
Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 15.03.2002
Böttcher, Maritta PDS 15.03.2002
Bohl, Friedrich CDU/CSU 15.03.2002
Brase, Willi SPD 15.03.2002
Brüderle, Rainer FDP 15.03.2002
Büttner (Ingolstadt), SPD 15.03.2002
Hans
Dr. Däubler-Gmelin, SPD 15.03.2002
Herta
Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
DIE GRÜNEN
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
DIE GRÜNEN
Faße, Annette SPD 15.03.2002
Feibel, Albrecht CDU/CSU 15.03.2002
Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
DIE GRÜNEN
Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
Joseph DIE GRÜNEN
Fograscher, Gabriele SPD 15.03.2002
Formanski, Norbert SPD 15.03.2002
Forster, Hans SPD 15.03.2002
Dr. Friedrich CDU/CSU 15.03.2002
(Erlangen), Gerhard
Friedrich (Mettmann), SPD 15.03.2002
Lilo
Friedrich (Altenburg), SPD 15.03.2002
Peter
Fuchs (Köln), Anke SPD 15.03.2002
Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 15.03.2002
Gloser, Günter SPD 15.03.2002
Göllner, Uwe SPD 15.03.2002
Goldmann, FDP 15.03.2002
Hans-Michael
Gröhe, Hermann CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Guttmacher, FDP 15.03.2002
Karlheinz
Haack (Extertal), SPD 15.03.2002
Karl-Hermann
Hartnagel, Anke SPD 15.03.2002
Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 15.03.2002
Hempelmann, Rolf SPD 15.03.2002
Holetschek, Klaus CDU/CSU 15.03.2002
Irmer, Ulrich FDP 15.03.2002
Kaspereit, Sabine SPD 15.03.2002
Körper, Fritz Rudolf SPD 15.03.2002
Kolbow, Walter SPD 15.03.2002
Kortmann, Karin SPD 15.03.2002
Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 15.03.2002
Krüger-Leißner, SPD 15.03.2002
Angelika
Lamers, Karl CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Leonhard, Elke SPD 15.03.2002
Lewering, Eckhart SPD 15.03.2002
Meckel, Markus SPD 15.03.2002
Merten, Ulrike SPD 15.03.2002
Michels, Meinolf CDU/CSU 15.03.2002*
Neumann (Bramsche), SPD 15.03.2002
Volker
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 200222392
(C)
(D)
(A)
(B)
Nietan, Dietmar SPD 15.03.2002
Ostrowski, Christine PDS 15.03.2002
Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 15.03.2002
Philipp, Beatrix CDU/CSU 15.03.2002
Pieper, Cornelia FDP 15.03.2002
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 15.03.2002
Raidel, Hans CDU/CSU 15.03.2002**
Rühe, Volker CDU/CSU 15.03.2002
Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 15.03.2002
Schlee, Dietmar CDU/CSU 15.03.2002
Schloten, Dieter SPD 15.03.2002**
Schmidt (Hitzhofen), BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
Albert DIE GRÜNEN
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 15.03.2002
Hans Peter
Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 15.03.2002
Andreas
Schönfeld, Karsten SPD 15.03.2002
Schröder, Gerhard SPD 15.03.2002
Dr. Schubert, Mathias SPD 15.03.2002
Schuhmann (Delitzsch), SPD 15.03.2002
Richard
Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 15.03.2002
Schultz (Everswinkel), SPD 15.03.2002
Reinhard
Schwalbe, Clemens CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 15.03.2002
Christian
Seehofer, Horst CDU/CSU 15.03.2002
Siemann, Werner CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Solms, Hermann FDP 15.03.2002
Otto
Sorge, Wieland SPD 15.03.2002
Dr. Spielmann, Margrit SPD 15.03.2002
Dr. Stadler, Max FDP 15.03.2002
Steinbach, Erika CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Freiherr von CDU/CSU 15.03.2002
Stetten, Wolfgang
Störr-Ritter, Dorothea CDU/CSU 15.03.2002
Strebl, Matthäus CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 15.03.2002
Thiele, Carl-Ludwig FDP 15.03.2002
Dr. Thomae, Dieter FDP 15.03.2002
Voßhoff, Andrea CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 15.03.2002
Welt, Jochen SPD 15.03.2002
Dr. Westerwelle, Guido FDP 15.03.2002
Dr. Wieczorek, Norbert SPD 15.03.2002
Wilhelm (Amberg), BÜNDNIS 90/ 15.03.2002
Helmut DIE GRÜNEN
Zeitlmann, Wolfgang CDU/CSU 15.03.2002
Dr. Zöpel, Christoph SPD 15.03.2002
* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates
** für die Teilnahme an der 107. Jahreskonferenz der Interparlamenta-
rischen Union
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmerver-
tretung in den Aufsichtsrat (Tagesordnungs-
punkt 15)
Mit dem heute beschlossenen Gesetz macht die Regie-
rungskoalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ei-
nen Schritt zum Ausstieg aus der paritätisch finanzierten,
solidarischen Arbeitslosenversicherung. Nach der Teil-
privatisierung der Rentenversicherung erfolgt hier ein
weiterer Systembruch, der nicht hinnehmbar ist und den
ich ablehne.
Vor allem auf Druck der Gewerkschaften hat die rot-
grüne Koalition zwar einen Teil ihrer Vorhaben zur Priva-
tisierung der Arbeitsvermittlung korrigiert. Arbeitslose,
die Leistungen von der Bundesanstalt für Arbeit beziehen,
müssen nichts mehr aus ihrer Privatschatulle dazusteuern.
Dies gilt allerdings nicht für den ganzen „Rest“ an Ar-
beitslosen. Das Gesetz lässt also noch jede Menge sozia-
len Zündstoff übrig. Die Logik des Vorhabens und ihre
Konsequenzen werden dadurch nicht geändert: die wei-
tere Privatisierung des Sozialstaats, das Entstehen zweier
„Klassen“ von Arbeitslosen.
Welche fatalen Auswirkungen damit verbunden sind,
lässt sich anhand der konkreten Lage im Osten erahnen.
Allein in Sachsen waren im Februar 2002 mehr als
438 000 Arbeitslose registriert – das ist Rekordniveau und
bedeutet, dass auf eine freie Stelle 20 arbeitslose Bewer-
ber entfallen. Weder die Einführung von Kombilöhnen
noch die Privatisierung der Arbeitsvermittlung tragen zur
Lösung dieser Probleme bei. Im Gegenteil – unter Bedin-
gungen wie in Sachsen führen sie eher dazu, dass eine
Vielzahl der Langzeitarbeitslosen in das soziale Abseits
gedrängt werden.
Das Gesetz zur „Reformierung der Arbeitslosenver-
mittlung“ entsolidarisiert und ist daher verantwortungs-
los. Deshalb stimme ich gegen dieses Gesetz.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Unterrichtung: Erfahrungsbe-
richt der Bundesregierung zu den Wirkungen
derWohnungsüberwachung durch Einsatz tech-
nischerMittel (Art. 13 Abs. 3 bis 5 GG, § 100 c bis
100 f StPO) (Tagesordnungspunkt 18)
Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD):Die technische Über-
wachung von Wohnräumen oder der polemisch gerne so
bezeichnete „große Lauschangriff“ war ein besonders
heiß umstrittenes Thema des Bundestages in der letzten
Legislaturperiode. Dabei wurde immer wieder übersehen
oder verschwiegen, dass es derartige Maßnahmen zur
Verhütung von Verbrechen, also zu präventiven Zwecken,
längst gab und es insoweit einer neuen verfassungsrecht-
lichen Grundlage, die nur für den repressiven Bereich
fehlte, nicht bedurfte.
In der Bundestagsdebatte vom 9. Oktober 1997 habe
ich auf diesen Sachverhalt hingewiesen und gefordert,
„dieses als letztes Mittel offenbar unverzichtbare Instru-
ment rechtsstaatlich zu kontrollieren und dadurch seine
Anwendung einzuschränken“. Diese Forderung konnte in
den Verhandlungen mit der damaligen Regierungskoali-
tion durchgesetzt werden. In der Bundestagsdebatte vom
16. Januar 1998 habe ich die neuen Einschränkungen der
präventiven Wohnraumüberwachung erläutert und neben
dem Richtervorbehalt besonders die nunmehr durch die
Verfassung vorgeschriebene öffentliche Berichterstattung
sowie die auf meinen Vorschlag eingeführte parlamenta-
rische Kontrolle hervorgehoben. Ich habe damals festge-
stellt: „Diese parlamentarische Kontrolle wird künftig durch
Gremien, die von jedem Landtag und dem Bundestag neu
einzurichten sind, durchgeführt werden“. In derselben Bun-
destagssitzung haben wir die Bundesregierung aufgefordert,
spätestens zum 31. Januar 2002 einen detaillierten Erfah-
rungsbericht zu den Wirkungen der Wohnraumüberwachung
vorzulegen. Dieser Bericht ist Gegenstand der heutigen De-
batte. Er wird uns auch in den bevorstehenden Ausschuss-
beratungen noch intensiv beschäftigen.
Von besonderem Interesse ist die Information, dass in
den drei Berichtsjahren von 1998 bis 2000 in insgesamt
70 Verfahren in 78 Wohnungen akustische Wohnraum-
überwachungsmaßnahmen angeordnet und vollzogen wor-
den sind, und zwar ganz überwiegend wegen des Ver-
dachts einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz
oder eines Tötungsdelikts. Die Zahl legt die Vermutung
nahe, dass derartige Maßnahmen, die in der Vergangen-
heit häufig mit dem Etikett der Prävention versehen wor-
den sein dürften, eine weitaus geringere Rolle spielen, als
in den heißen Debatten angenommen worden ist. Der von
einigen Landesregierungen gegebene Hinweis auf einen
„Verunsicherungseffekt insbesondere im Bereich der Or-
ganisierten Kriminalität“ lässt unwillkürlich an die
Kriegslist von Hannibal denken, der seine zahlenmäßig
stark reduzierten Truppen dadurch bedrohlich erscheinen
ließ, dass er seine verbliebenen Soldaten mit ihren
Schwertern auf die Schilde schlagen und dadurch großen
Lärm verursachen und außerdem seine Elefanten gewal-
tige Staubwolken aufwirbeln ließ. Möglicherweise ist
aber durch die neuen Schranken für die Anordnung und
Durchführung von Wohnraumüberwachungsmaßnahmen
auch der von mir seinerzeit erhoffte Reduzierungseffekt
eingetreten. Ärgerlich bleibt gleichwohl, dass in 41 der
insgesamt 70 Fälle die aus der Maßnahme gewonnenen
Erkenntnisse nicht für das Ermittlungsverfahren von Be-
deutung waren. Das legt den Schluss nahe, dass eine noch
sorgfältigere Überprüfung derartiger Maßnahmen als Ul-
tima Ratio im Sinne von Art. 13 Abs. 3 GG zu einem wei-
teren Rückgang der statistischen Zahlen führen müsste.
Dass wir bei der Bewertung der Erfahrungen auf Mut-
maßungen angewiesen sind, ist gewiss nicht Schuld der
Bundesregierung. Es liegt vielmehr an dem eindeutigen Wi-
derwillen verschiedener Landesregierungen, ihre durch die
Verfassung festgelegten und für die Staatsanwaltschaften
durch § 100 e StPO konkretisierten Berichtspflicht wirklich
nachzukommen. Der Bericht der Bundesregierung legt be-
redtes Zeugnis dafür ab, dass sie ganz ähnlich wie das vom
Bundestag gewählte Gremium nach Art. 13 Abs. 6 GG ei-
nen ausdauernden Kampf um die Verbesserung der sehr höf-
lich als „weitgehend recht pauschal“ bezeichneten Berichte
der Landesjustizverwaltungen geführt hat. Die Folge ist, dass
der Strafrechtsausschuss der Justizministerkonferenz erst
im November 2001 eine Verbesserung der Erhebungsbö-
gen durch Präzisierungen beschlossen hat, die erst für die
Berichte ab dem Berichtsjahr 2002 relevant werden.
Für den heute vorliegenden Erfahrungsbericht hatte die
Bundesregierung den Landesjustizverwaltungen einen
Katalog mit zwölf präzisen Fragen vorgelegt, die weitge-
hend unbeantwortet geblieben sind.
Aus der Erfahrung als Mitglied des Gremiums nach
Art. 13 Abs. 6 GG kann ich berichten, dass wir einzelne
Landesregierungen immer wieder an ihre verfassungs-
rechtliche Berichtspflicht erinnern mussten. Geradezu
grotesk ist, dass teilweise die Auffassung vertreten wor-
den ist, dass eine auf Länderebene einzurichtende parla-
mentarische Kontrolle der präventiven Wohnraumüber-
wachung nicht erforderlich sei. Man kann zwar darüber
streiten, ob in den Landtagen neue Ausschüsse einzurich-
ten waren oder eine Berichterstattung gegenüber beste-
henden Ausschüssen, etwa den Innenausschüssen oder
ständigen Ausschüssen, dem Verfassungsgebot genügt.
Aber Art. 13 Abs. 6 Satz 3 GG schreibt im Anschluss an
die Vorschrift über das Bundestagsgremium unmissver-
ständlich vor: „Die Länder gewährleisten eine gleichwer-
tige parlamentarische Kontrolle“. Ob dieses inzwischen
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002 22393
(C)
(D)
(A)
(B)
vier Jahre nach In-Kraft-Treten der zitierten Regelung im
GG geschehen ist, wird den Bundestag und hoffentlich
auch die betreffenden Landtage noch beschäftigen.
Es ist in hohem Maße bedauerlich, dass einzelne Lan-
desregierungen, die sich offensichtlich hinsichtlich der im
Lande durchgeführten Überwachungsmaßnahmen nicht in
die Karten schauen lassen wollten, darauf hingewiesen wer-
den mussten, dass das GG auch in den Bundesländern gilt.
Eine unbestreitbare Schwäche der in Art. 13 GG vorge-
sehenen öffentlichen Berichterstattung und parlamentari-
schen Kontrolle ist es jedoch, dass dadurch eine Einzelfall-
bewertung nicht ermöglicht wird. Diese ist aber notwendig,
um die Erfahrungen mit der Praxis akustischer Wohn-
raumüberwachungen zuverlässig auszuwerten. Deshalb
ist es sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung an das
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales
Strafrecht in Freiburg einen Gutachtenauftrag erteilt hat,
der sich auf die Rechtswirklichkeit und die Effizienz der
Überwachung nicht nur der Telekommunikation, sondern
auch anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen bezieht.
Selbstverständlich muss bei der Auswertung von Akten den
Erfordernissen des Datenschutzes Rechnung getragen wer-
den. Die Anonymisierung persönlicher Daten ist aber kein
Hindernis für verlässliche wissenschaftliche Aussagen.
Abschließend möchte ich noch auf ein besonderes Är-
gernis in der Berichterstattung der Landesjustizverwal-
tungen hinweisen. Bekanntlich ist die in § 101 StPO im
Einzelnen geregelte Benachrichtigung des Betroffenen
selbstverständliche und verfassungsrechtlich gebotene
Voraussetzung dafür, Rechtsschutz in Anspruch zu neh-
men. Deshalb haben wir festgelegt, dass immer dann,
wenn eine Benachrichtigung des Betroffenen nicht binnen
sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme erfolgt,
es für das weitere Zurückstellen der Benachrichtigung der
richterlichen Zustimmung bedarf. Dennoch kommt es im-
mer wieder vor, dass die Maßnahme längst abgeschlossen
ist, dass sie keine Relevanz für das Verfahren hatte und
gleichwohl mit der pauschalen Begründung „andauernder
Ermittlungen“ eine Benachrichtigung unterbleibt. In Bay-
ern war dieses ausweislich der Berichte für die Jahre 1999
und 2000 eine mehrfach geübte Praxis, ohne dass man
sich anscheinend der Mühe unterzogen hat, die gebotene
richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die im Gesetz
festgelegte Frist von sechs Monaten beginnt aber nicht
erst nach dem Ende der Ermittlungen, sondern bereits
nach Beendigung der Maßnahme.
Das im Erfahrungsbericht der Bundesregierung doku-
mentierte Verhalten verschiedener Landesjustizverwaltun-
gen ist eine wesentliche Ursache dafür, dass heute
zu den Erfahrungen mit der Wohnraumüberwachung „noch
keine definitiven Aussagen und Schlussfolgerungen“ mög-
lich sind. Dieses rechtfertigt den Hinweis an einzelne Lan-
desregierungen, die seitens des Gremiums nach Art. 13
Abs. 6 GG brieflich an ihre Pflichten erinnert werden muss-
ten, dass der Rechtsstaat nur glaubwürdig ist, wenn seine
Organe dieselbe Gesetzestreue üben, die sie von den Bür-
gerinnen und Bürgern ganz selbstverständlich verlangen.
Ronald Pofalla (CDU/CSU): Der Bericht der Bun-
desregierung führt uns zwei Dinge vor Augen: erstens,
dass die Einführung des „großen Lauschangriffs“ in der
letzten Legislaturperiode eine richtige, sicherheitspoli-
tisch vorausschauende Maßnahme war, die durch Erfolg
bei der Verbrechensbekämpfung gekrönt ist; zweitens,
dass durchaus noch Änderungs- und Verbesserungsbedarf
besteht, um die Instrumentarien der Bekämpfung insbe-
sondere der organisierten Kriminalität noch zu verfeinern.
Doch auch Kritik hinsichtlich des Berichts ist, trotz des
durchaus guten Ansatzes, angebracht. So bleibt der Be-
richt stellenweise schwammig und geht mit nur kurzen
Bemerkungen auf die von der Praxis vorgetragenen Ver-
besserungsvorschläge ein; dies wohl vor allem deshalb,
weil die Änderungsvorschläge der Praxis der Bundesre-
gierung politisch nicht in den Kram passen. Hier muss sei-
tens der Bundesregierung wieder einmal Rücksicht vor
allem auf den kleine Koalitionspartner der Regierungsko-
alition genommen werden, und das wieder einmal auf
Kosten der inneren Sicherheit!
Dabei geht aus dem Bericht der Bundesregierung klar
hervor, dass mit dem „großen Lauschangriff“ kein Schind-
luder getrieben worden ist. So sind in den dreieinhalb Jah-
ren, die das Gesetz nun schon in Kraft ist, nur um die
100 Wohnungen akustischen Wohnraumüberwachungs-
maßnahmen unterzogen worden. Im Berichtszeitraum,
von 1998 bis 2000, waren es genau 70 Verfahren, in deren
Verlauf 78 akustische Wohnraumüberwachungsmaßnah-
men angeordnet und vollzogen wurden. Dies zeigt, dass
sich die Staatsanwaltschaften der hohen Hürden dieser
Maßnahme durchaus bewusst sind.
Kritiker des Lauschangriffes benutzen nun aber gerade
diese Zahlen, um die Notwendigkeit dieser Maßnahme in
Frage zu stellen. Aber das sind gerade die Kritiker, die in
der Vergangenheit vor der massenhaften Zunahme von
Lauschangriffen gewarnt haben! Und nun beschweren sie
sich, dass die zuständigen Justizbehörden maßvoll und ver-
nünftig hiermit umgehen. Wieder einmal verkehrte Welt!
Die Befürworter des „großen Lauschangriffes“, zu de-
nen ich mich auch zähle, sehen jedoch in der geringen An-
zahl der Verfahren mit Wohnraumüberwachungsmaßnah-
men vor allem eins: eine unnötige Zurückhaltung aufgrund
zu hoher Hürden. Für mich ist die verhältnismäßig ge-
ringe Anzahl von Lauschangriffen ein Zeichen dafür, dass
hier durchaus noch Bedarf besteht, die Möglichkeiten der
Staatsanwaltschaften bei der Verfolgung und Überführung
von Schwerstkriminellen auszuweiten.
In der Praxis wird vor allem bemängelt – dies geht auch
aus dem Bericht hervor –, dass bei akustischen Wohn-
raumüberwachungsmaßnahmen eine Zuordnung des ge-
sprochenen Wortes zu den einzelnen Gesprächspartnern
oft schwerfällt und so ohne Nutzen für die Ermittler ist.
Hier kann nur der „große Spähangriff“, also die optische
Wohnraumüberwachung, Abhilfe leisten. Auf diese Weise
könnte zweifelsfrei das gesprochene Wort dem Täter zu-
geordnet werden und so eine Verbesserung des Beweis-
wertes erreicht werden.
Ein Umdenken in Sachen „innere Sicherheit“ tut Not. Ge-
rade im Hinblick auf global organisierte Kriminalität und auf
weltweit operierende Tenoristen ist es nötig, den Strafverfol-
gungsbehörden in ausreichendem Maße mit geeigneten ge-
setzlichen Maßnahmen beizustehen. Eine solche geeignete
Maßnahme wäre zweifelsohne die Erleichterung der An-
wendung von akustischen Wohnraumüberwachungsmaß-
nahmen wie auch die Einführung optischer Wohnraum-
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(C)
(D)
(A)
(B)
überwachungsmaßnahmen. Auch die Verpflichtung Dritter,
zum Beispiel der Telekommunikationsanbieter, zur Ermög-
lichung von Wohnraumüberwachungsmaßnahmen sollte
zumindest geprüft werden. Durch diese Maßnahme würde
ebenfalls die Arbeit der Ermittler erheblich erleichtert.
Ein weiterer Punkt ist die Frist des § 100 d Abs. 4 StPO,
derzufolge eine Wohnraumüberwachung auf nur vier Wo-
chen zu befristen ist. Die Frist beginnt mit dem Erlass der
richterlichen Anordnung, sodass es in schwierigen Fällen
dazu kommen kann, dass alleine die Installation der Ab-
höreinrichtungen diesen Zeitraum in Anspruch nimmt.
Der Vorschlag aus der Praxis, die Drei-Monats-Frist des
„kleinen Lauschangriffes“ außerhalb der Wohnung auch
für den „großen Lauschangriff“ zu übernehmen, erscheint
daher sachgerecht.
Doch trotz des zum Teil offensichtlichen Änderungs-
bedarfs traut sich die Bundesregierung nicht an konkrete
Gesetzesinitiativen heran. Doch, meine Damen und Her-
ren von der Regierungskoalition, Umdenken tut Not! Glo-
bal organisierte Schwerstkriminalität und mit Unterstüt-
zung fremder Staaten operierende Terroristennetzwerke
bedrohen unser aller Sicherheit! Hier ist kein Platz für im-
mer dieselbe alte, ideologisch eingefärbte Jammerei vom
bösen Überwachungsstaat. Die zuständigen Behörden ha-
ben unser Vertrauen. Sie haben es auch verdient, wie der
Bericht meines Erachtens ausdrücklich zeigt.
Dass in dem Bericht festgestellt wird, eine abschlie-
ßende Beurteilung der Wohnraumüberwachung sei noch
nicht möglich, halte ich für Augenwischerei. Auch der
Hinweis auf das Gutachten des Max-Planck-Instituts für
ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg,
auf dessen Ergebnisse zunächst gewartet werden soll, ist
eine klare Verzögerungstaktik. Die Zurückhaltung bei
Fragen der inneren Sicherheit, meine Damen und Herren
von der Regierungskoalition, ehrt Sie nicht!
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf,
dass wir alles Nötige und Mögliche tun, um innere Si-
cherheit herzustellen. Das Argument der Einengung bür-
gerlicher Freiheiten durch den Überwachungsstaat ist
überholt. Nur in Sicherheit hat Freiheit überhaupt einen
Nutzen. Und die Freiheit wird keineswegs durch über-
handnehmende Kompetenzen der Justizbehörden in der
Bundesrepublik bedroht, sondern durch die Feinde des
Rechtsstaats, mafiöse Verbrecherbanden und internatio-
nal operierende Terroristen. Die Bedenken der Regierung
kann ich hier beim besten Willen nicht verstehen.
Unverständlich ist auch, warum auch die von der Pra-
xis geforderte Angleichung der Straftatenkataloge des
„großen Lauschangriffes“ und der Telekommunikations-
überwachung mit dem Hinweis auf das noch ausstehende
Gutachten des Max-Planck-Instituts lapidar abgelehnt
wird. Eine Diskussion um eine Angleichung und eine Er-
weiterung der hier aufgezählten Delikte ist dringend ge-
boten. So sollte zumindest eine Telefonüberwachung nach
§ 100 a StPO bei Fällen von Kindesmissbrauch und bei
dem Verdacht auf Verbreitung von Kinderpornographie
möglich sein. Die reine „Beobachtung der Entwicklung“,
wie es in dem Bericht nett umschrieben wird, reicht eben
nicht aus. Man muss auch bereit sein, die innenpolitischen
Konsequenzen zu ziehen.
Der Bericht bestätigt nur, was bereits zu vermuten war:
Die Bereitschaft, diese Konsequenzen zu ziehen, ist bei
der jetzigen Bundesregierung nicht vorhanden.
Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lieber
heute als morgen würde ich den „großen Lauschangriff“
aus dem Grundgesetz und der Strafprozessordnung ver-
bannen. Heute wie damals bin ich davon überzeugt, dass
die damalige Verfassungsänderung ein schwerer Fehler
war. Die Änderung des Art. 13 mit der Erlaubnis zum Ver-
wanzen des menschlichen Intimbereichs hat der Rechts-
kultur schweren Schaden zugefügt.
Wir fordern eine umfassende Reform der gesamten
Praxis der technischen Überwachung – einschließlich des
„großen Lauschangriffes“. Wenn der Staat zu viel schnüf-
feln will, muss ihm das Recht hin und wieder ein Nasen-
loch zustopfen.
Uns ist natürlich klar, dass die nötige Zweidrittelmehr-
heit in Bundestag und Bundesrat für eine Instandsetzung
der Verfassung durch Wiedereinsetzung des alten Art. 13
des Grundgesetzes in seinen früheren Stand nicht zu be-
kommen ist. Wir beharren aber darauf, dass diese Schnüf-
felei im engsten persönlichen Nahbereich so weit wie
möglich verschwindet. Angesagt ist die bessere richterli-
che Kontrolle. Dies gilt übrigens für die gesamte techni-
sche Überwachung: Richter müssen nicht nur anordnen.
Sie müssen auch den Verlauf der Verfahrens kontrollieren
und für seine Rechtmäßigkeit sorgen. Gerade daran fehlt
es im deutschen Recht. Hier sind die USAweiter.
Was nun den leidigen „großen Lauschangriff“ angeht,
so fordern wir erst einmal die Einhaltung der Berichts-
pflichten der Länderbehörden. Selbst das genügt aber
nicht; die Berichtspflichten müssen auch erheblich ausge-
weitet werden. Es kann doch nicht angehen, dass der
Staatsanwaltschaft mit dem Gericht noch freundlich plau-
dert, den Angeklagten über den Lauschangriff zu infor-
mieren oder auch nicht, während der Betroffene und sein
Verteidiger keinen blassen Schimmer haben.
Noch ein besonderes Ärgernis will ich anfügen: die
faktische Mithaftung der Angehörigen, die selbst munter
abgehört werden, obwohl gegen sie keinerlei Verdacht
existiert. Wir setzen uns auch dafür ein, die Familie vor
dem „großen Lauschangriff“ besser zu schützen und die
Verfahrensrechte von Betroffenen und Angehörigen zu
stärken. Verteidiger dürfen im Prozess mit gleichen Rech-
ten kämpfen wie der Staatsanwalt.
Das uns alle betreffende Thema Grundrechtsschutz hät-
ten wir besser anhand des ersten Erfahrungsberichts der
Bundesregierung hier im Parlament ausführlicher diskutie-
renmüssen.DieserBerichtundseineAuswertungverdienen
eine große Öffentlichkeit. Er zeigt anschaulich, was Exper-
ten uns schon bei derÄnderung desArt. 13 desGrundgeset-
zes gesagt haben: Der Lauschangriff führt nicht zu mehr
Sicherheit.OhneNotwird stattdessen indasGrundrecht der
Unverletzlichkeit der Wohnung eingegriffen.
DerBundestag hat anlässlich derBeratung zum„großen
Lauschangriff“ in der letzten Wahlperiode die Bundesre-
gierung aufgefordert, einen Erfahrungsbericht über die
Wohnraumüberwachung bis spätestens 13. Januar 2002
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002 22395
(C)
(D)
(A)
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vorzulegen. Wenn schon das Recht auf die Unverletzlich-
keit der Wohnung angetastet wird, dann muss zumindest
eine ausreichende parlamentarische Kontrolle erfolgen.
Dazu müssen die Länder, aber auch die Bundesregierung
beitragen. Der Bericht sollte ein Element dieser Kontrolle
sein. Hier müssen aber auch die Länder mitspielen.
Allerdings zweifele ich gerade wegen der dürftigen
Länderberichte an der Qualität der Kontrolle. Schon
als Mitglied des G-13-Gremiums habe ich Schwierigkei-
ten, die Kontrolle auszuüben. Bei Vorstellung des ersten
Berichtes gemäß Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes rügte
der hessische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Friedrich
von Zezschwitz, dass „der Bericht keine effektive parla-
mentarische Kontrolle gewährleistet. Wesentliche Infor-
mationen, die wertende Aussagen zur Effizienz der Maß-
nahmen und zur Intensität der damit verbundenen
Grundrechtseingriffe ermöglichen, fehlen“.
Die Qualität der Berichte hat sich auch in den folgen-
den Jahren zu meinem größten Missfallen nicht wirklich
verbessert. Immer noch wird das Parlament nur spärlich
mit Informationen gefüttert. Ich habe – da stehe ich nicht
allein – immer weniger Lust, mich dieser Informations-
diät auszusetzen. Der informative Kahlschlag der Länder
bei der Unterrichtung des Bundes ist eine Zumutung. Ich
frage mich ernsthaft, ob wir uns das noch länger bieten
lassen können. Ich habe jedenfalls große Schwierigkeiten,
meinem gesetzlichen Auftrag als Mitglied des Gremiums
nach Art. 13 nachzukommen.
DasWenige, was uns an Informationen bleibt, bestätigt
unsere Einschätzung in der letzten Legislaturperiode. Der
„großeLauschangriff“ greift ohneNot inBürgerrechte ein.
Das G-13-Gremium hat in den drei Jahren seines Beste-
hens jährlich einen Bericht bekommen, in dem in Tabel-
lenform aufgelistet ist, wie wieleWohnraumüberwachun-
gen nachArt. 13Abs. 6 des Grundgesetzes vorgenommen
worden sind.Alle bisher vorgelegten Berichte hatten eines
gemeinsam: Die Hälfte der vorgenommenen Lausch-
angriffe waren nicht verfahrensrelevant, führten also nicht
zur Überführung eines Täters oder zur Aufklärung einer
Straftat.Auch der uns jetzt vorliegende Bericht bietet eine
traurige Bilanz:Von den insgesamt seit 1998 durchgeführ-
ten 70Verfahren führten 41nichtweiter. Sie lieferten keine
Beweise, halfen im Verfahren nicht weiter, führten nicht
zurÜberführungdesTäters. In 58Prozent derFällewar der
Lauschangriff also überflüssig und das bei Kosten pro
Lauschangriff von bis zu 25 000 Euro!
Ich denke, dass dieses Ergebnis deutlich vor Augen
führt, dass derAngriff auf die Privatsphäre der Bürger und
Bürgerinnen teuer ist und nicht zu mehr Sicherheit führt.
Ein anderes Ergebnis ist so interessant, dass sogar die
Union einmal genau hinschauen sollte: Elektronische
Wohnraumüberwachung ist in 90 Prozent der Fälle einge-
setzt worden bei Tötungsdelikten und Betäubungsmittel-
delikten. Der Katalog der Straftaten, die in § 100 c StPO
aufgelistet werden, wird in der Praxis erst gar nicht ausge-
schöpft. Die Forderungen der Union, den Lauschangriff
auch bei anderen Delikten anzuwenden, geht an der Wirk-
lichkeit vorbei. Die Union will hier die Bürgerrechte ohne
Not preisgeben, Der Union fällt bei der Kriminalitäts-
bekämpfung nur eines ein: Bürgerrechte beschränken!
Ginge es nach der Union, hätten wir jetzt nicht nur den
„großenLauschangriff“, sondern auch den großen Spähan-
griff. Überwachung total also! Das kann nicht mit einem
vermeintlichen Recht auf Sicherheit begründet werden.
Ich möchte abschließend die FDP an ihre früheren libe-
ralen Zeiten erinnern. Burkhard Hirsch, der seinerzeit ge-
gen seine Fraktion den „großen Lauschangriff“ abgelehnt
hat, schrieb: „Die Behauptung eines Grundrechts auf
Sicherheit ist der Versuch, sich im Interesse einer ‚schlag-
kräftigen‘ Strafverfolgung vom lästigen Rankenwerk
rechtsstaatlicher Begrenzung staatlicher Macht zu be-
freien. Es ist die Vorstellung, dass die Bewahrung des
Kernbereichs der Privatheit eben nur ein privates Interesse
sei und dem öffentlichen Interesse an einem ‚wehrhaften‘
Staat nachgeordnet ist. Es ist das Urbild der wohlmeinen-
den Obrigkeit, die nicht zu sehr durch individualistische
Eigenheiten in ihrer gemeinnützigen Tätigkeit behindert
werden dürfe. Mit der Rechtsordnung des Grundgesetzes
ist das nicht vereinbar.“
Diesen Worten möchte ich nichts mehr hinzufügen.
Jörg van Essen (FDP): Das Grundrecht auf Unver-
letzlichkeit der Wohnung ist wichtig. Es darf daher beim
Abhören von Wohnungen keinen Freibrief geben. Jedwe-
der Eingriff in ein Grundrecht muss so gering wie mög-
lich bleiben. Daher haben wir seinerzeit besonderen Wert
auf strenge verfahrensmäßige Sicherungen im Grundge-
setz gelegt. So ist das Abhören von Wohnungen nur zur
Verfolgung schwerster Straftaten zulässig, die Anordnung
einer Überwachung nur durch eine mit drei Richtern be-
setzte Strafkammer des Landgerichts und nur für be-
grenzte Zeit erlaubt.
Zu diesen Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen zählt
auch der Bericht der Bundesregierung. Der Bericht zeigt,
dass die Ängste und Befürchtungen von damals, dass nun die
Verwanzung der Republik droht, völlig an der Sache vorbei-
gehen. Von 1998 bis Ende 2000 wurden in 70 Verfahren in
78 Wohnungen akustische Wohnraumüberwachungen ange-
ordnet. Das zeigt, dass von diesem Instrument sehr verant-
wortungsvoll und zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde.
Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass
dem 3 353 Verfahren von telefonischen Überwachungs-
maßnahmen allein im Jahr 2000 gegenüberstehen.
Art. 13 Abs. 6 GG ermächtigt das so genannte Art.-13-
Gremium des Bundestages zur Ausübung der parlamenta-
rischen Kontrolle. Dieser Kontrolle können wir aber nur
dann gerecht werden, wenn wir umfassend unterrichtet
werden und uns alle notwendigen Zahlen und Daten zur
Verfügung gestellt werden. Dies ist leider nicht der Fall,
was sich auch unzweifelhaft aus dem Bericht der Bun-
desregierung ergibt. Die Datenlage ist völlig unzurei-
chend. Die jährlichen Berichte der Länder geben über-
wiegend nackte Zahlen und statistische Aussagen wieder.
Vereinzelt machen die Bundesländer überhaupt keine An-
gaben über die Verfahren. Die Aussagekraft dieser Daten
ist sehr begrenzt und lässt eine sorgfältige Kontrolle nicht
zu. Jeder einzelne Eingriff in Grundrechte des Bürgers ist
erklärungsbedürftig. Wir waren uns daher seinerzeit da-
rüber einig, dass eine rechtliche Überprüfbarkeit der Maß-
nahmen garantiert werden muss. Ein wichtiger Bestand-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 200222396
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teil ist hier die parlamentarische Kontrolle. Es gebietet al-
lein der Respekt vor diesem von der Verfassung ausdrück-
lich vorgesehenen parlamentarischen Gremium, dass man
uns wichtige Informationen nicht vorenthält, sondern
ebendiese umfassend zur Verfügung stellt. Wenn wir un-
seren verfassungsgemäßen Kontrollauftrag ernst nehmen,
dann müssen wir auch kritisch hinterfragen, warum einige
Länder eine hohe Anzahl an Verfahren haben und andere
Länder einen geringen, einige Länder sehr erfolgreich
sind, andere viele Fehlschläge haben. Insbesondere diese
ungleiche Gewichtung ist erklärungsbedürftig.
Wiederholt hat das Art.-13-Gremium diese Praxis der
Länder beanstandet. Ich habe nun die Hoffnung, dass die
Ermahnungen an die Länder Wirkung zeigen, und wir in
den folgenden Berichten endlich die detaillierten Infor-
mationen bekommen, die uns helfen, zu einer umfassen-
den Beurteilung der Sachverhalte zu kommen. Kontrolle
kann nur dort verantwortlich ausgeübt werden, wo eine
objektive Beurteilung möglich ist.
Ulla Jelpe (PDS): Der „große Lauschangriff“ auf pri-
vate Wohnungen ist ein schwerer Eingriff in Grundrechte.
Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und
auf Schutz der Person und ihrer Privatsphäre wird durch
dieseMaßnahme außer Kraft gesetzt. Die PDS hat deshalb
dieÄnderungdesGrundgesetzes,mit der diese polizeiliche
Maßnahme erstmals erlaubt wurde, 1998 strikt abgelehnt.
Der vorliegende Erfahrungsbericht der Regierung über
die in den letzten drei Jahren von Polizei und Staatsan-
waltschaften vorgenommenen Lauschangriffe auf private
Wohnungen bestätigt alle unsere Bedenken. Die bei der
Debatte über diese Grundgesetzänderung hier großspurig
angekündigten Erfolge gegen das organisierte Verbrechen
sind ausgeblieben. Bei einer Vielzahl von Delikten findet
der Lauschangriff selbst aus polizeilichen Erwägungen
offensichtlich überhaupt nicht statt.
Das dokumentiert auch der vorliegende Bericht. In den
drei Jahren von 1998 bis 2000, so ist dort zu lesen, haben
Polizei und Staatsanwaltschaften in gerade einmal 70 Er-
mittlungsverfahren insgesamt 78 Wohnungen und Ge-
schäftsräume mit den im „großen Lauschangriff“ erlaub-
ten Mitteln abgehört. Zum Vergleich: Wegen schwerer
Gewaltkriminalität, also Mord, Totschlag, Raubdelikten
und gefährlicher und schwerer Körperverletzung, ermit-
teln Polizei und Staatsanwaltschaften jährlich in etwa
180 000 Fällen. Verglichen mit dieser schweren Krimina-
lität griffen Polizei und Staatsanwaltschaften also jährlich
in weniger als 0,2 Promille aller Ermittlungsverfahren
zum Mittel des Lauschangriffs.
In 41 dieser 70 Verfahren waren die am Ende gewon-
nenen Erkenntnisse, ich zitiere aus dem Bericht, für das
Verfahren „nicht ... von Bedeutung“. In mehr als der Hälfte
dieser Fälle ist der „große Lauschangriff“ als aus krimi-
nalpolizeilicher Sicht völlig wertlos geblieben. Ernüchte-
rung scheint sich selbst in Polizei- und Justizkreisen breit
zu machen. Das hessische Justizministerium berichtet von
16 Wohnraumüberwachungen seit Sommer 1998. Nur in
fünf Fällen seien dabei Informationen von Bedeutung ge-
wonnen worden. Das sei, so das Ministerium wörtlich,
„ein eher ernüchterndes Bild.“
Wegen einer Vielzahl von Straftaten, die im Katalog des
1998 verabschiedeten Kriminalitätsbekämpfungsgesetzes,
mit dem der „große Lauschangriff“ eingeführt wurde, aus-
drücklich genannt werden, hat in diesen immerhin nun drei
Jahren überhaupt kein Lauschangriff stattgefunden. Ich zi-
tiere wieder aus dem vorliegenden Bericht: „Wegen fol-
gender Katalogstraftaten wurden ... bislang noch keine
Überwachungsmaßnahmen angeordnet: Geld- oder Wert-
papierfälschung; Fälschung von Zahlungskarten; schwe-
rer Menschenhandel; Straftaten gegen die persönliche Frei-
heit; gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei; Straftaten
nach dem Waffengesetz, dem Außenwirtschaftsgesetz und
dem Kriegswaffenkontrollgesetz; Straftaten des Friedens-
verrats, des Hochverrats ...; Straftaten nach dem Ausländer-
sowie dem Asylverfahrensgesetz“.
Trotzdem sind die Befürworter des Lauschangriffs zu
keiner Korrektur bereit. Stattdessen wird auf Zeit gespielt
und abgewiegelt. Wörtlich heißt es in dem Bericht; ich zi-
tiere erneut: „Angesichts des geringen Anwendungsgra-
des der Maßnahme insgesamt erscheinen Rückschlüsse
auf die Erforderlichkeit der Aufnahme dieser Straftaten in
den Katalog ... jedenfalls verfrüht.“ Mit anderen Worten:
Alles soll so bleiben wie bisher. Mehr noch: Die Landes-
justizverwaltungen wollen den Lauschangriff offensicht-
lich beibehalten, am liebsten sogar ausweiten. Der Lausch-
angriff sei wichtig, so der Bericht – ich zitiere –, „ohne
dass dies freilich durch Einzelbeispiele hinreichend be-
legt werden kann.“
Dabei nennt der Bericht auf der anderen Seite geradezu
groteske Einzelheiten über die Praxis des Lauschangriffs.
Das Sächsische Staatsministerium des Innern etwa be-
richtet von einem Fall, in dem der „große Lauschangriff“
deshalb eingesetzt wurde, weil – ich zitiere wieder – „der
Beschuldigte und seine Mittäter im Rahmen ihrer Akti-
vitäten in Bordell- und sonstigen Vergnügungsbetrieben
zahlreiche, zum Teil enge Beziehungen zu Angehörigen
von Strafverfolgungsbehörden geschaffen hatten. Dies
hatte wiederholt zu Informationsabflüssen und Vereite-
lung von strafprozessualen Maßnahmen gegen den Be-
schuldigten geführt.“
Soll der „große Lauschangriff“ etwa dazu dienen, Kor-
ruption und Bestechlichkeit innerhalb von Polizei und Jus-
tiz entgegenzuwirken? Ich finde das einen unglaublichen
Vorgang.
Ebenso sorglos scheinen einige Ermittlungsorgane
auch mit dem Zeugnisverweigerungsrecht umzugehen.
Ich erinnere daran: Bei der Debatte um die Einführung des
„großen Lauschangriffs“ hatten Rechtsanwälte, Ärzte und
andere Personen, bei denen der vertrauliche Umgang mit
Patienten und Klienten gesetzlich geschützt ist, schon da-
mals mit Recht erhebliche Bedenken und Kritik geäußert.
Nun erfahren wir aus dem vorliegenden Bericht, dass min-
destens in zwei Fällen auch gegen Anwälte und/oder Ärzte
Lauschangriffe stattgefunden haben. „Über mögliche Kol-
lisionen mit den beruflichen Zeugnisverweigerungsrech-
ten wurden keine gesonderten Erkenntnisse mitgeteilt.“
Was heißt das? Soll das bedeuten, dass die beteiligten Stel-
len solche Kollisionen noch nicht einmal geprüft haben?
Trotz dieser erschreckenden Bilanz erörtert der vorlie-
gende Bericht am Ende seitenlang Möglichkeiten und
Vorschläge zur Ausweitung des Lauschangriffs.
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(C)
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In meinen Augen müssen ganz andere Konsequenzen
gezogen werden. Die Aufhebung dieses Grundrechts ist
unbegründet, unnötig und völlig unverhältnismäßig. Der
„große Lauschangriff“ gehört abgeschafft, das Grund-
recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung muss wieder
hergestellt werden.
Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
desministerin der Justiz: Die Einführung der Möglichkeit
zur akustischen Wohnraumüberwachung hat seinerzeit die
Gemüter sehr bewegt. Die einen sahen darin einen unver-
hältnismäßigen Eingriff in die Intimsphäre der Bürger, gar
eine Bedrohung für den Rechtsstaat, die anderen einen un-
verzichtbaren Bestandteil der Strategie zur Bekämpfung
der organisierten Kriminalität. Die damit verbundenen
Änderungen des Grundgesetzes wie auch der Strafpro-
zessordnung waren daher das Ergebnis einer intensiven
rechtspolitischen Auseinandersetzung, an deren Ende ein
Kompromiss stand, der für sich in Anspruch nehmen
kann, einer breiten Mehrheit gerecht geworden zu sein.
Zu diesem Kompromiss gehörte auch der Berichtsauf-
trag des Bundestages an die Bundesregierung zu den Wir-
kungen der Wohnungsüberwachung. Durch den heute zu
beratenden Bericht ist die Bundesregierung diesem Auf-
trag nachgekommen.
Die Bundesregierung war dabei allerdings vollständig
auf die Mithilfe der Bundesländer angewiesen, da die
akustische Wohnraumüberwachung bislang ausschließ-
lich von den Strafverfolgungsbehörden der Länder ange-
wandt wurde. Im Zuständigkeitsbereich des Bundes ist
es dagegen zu keiner einzigen berichtspflichtigen Maß-
nahme gekommen.
Der Bericht enthält deshalb überwiegend eine zusam-
menfassende Darstellung der von den Ländern gelieferten
Stellungnahmen. Diese Stellungnahmen waren aber teil-
weise recht pauschal, sodass auch in der Gesamtschau
verallgemeinernde Schlussfolgerungen nicht möglich wa-
ren. Dabei will ich darauf hinweisen, dass die mitunter
eingeschränkte Aussagekraft auf ein meiner Ansicht nach
sehr wesentliches Ergebnis des Berichtes zurückzuführen
ist: Seit In-Kraft-Treten des Gesetzes am 9. Mai 1998
wurden in den Berichtsjahren 1998 bis 2000 nämlich le-
diglich in 70 Verfahren akustische Wohnraumüber-
wachungsmaßnahmen angeordnet und vollzogen. Hinzu
kommt, dass diese Überwachungen – auch aus tech-
nischen Gründen – in mehr als der Hälfte der Fälle für die
Verfahren keine Relevanz hatten. Vor diesem Hintergrund
ist festzustellen, dass eine fundierte Bewertung der
verfassungsrechtlichen, kriminal- und gesellschaftspoliti-
schen Auswirkungen noch nicht möglich ist.
Gleichwohl enthält der Bericht Aussagen zu nahezu allen
Themen, die uns bei der Beratung des Gesetzes so intensiv
beschäftigt haben: Tatverdacht und Anlasstat, Subsidiarität,
Zeugnisverweigerungsrechte, technische Realisierung, In-
tensität des Grundrechtseingriffs, Benachrichtigungs- und
Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft, Relevanz der
Maßnahme für die Ermittlungsverfahren, für die Bekämp-
fung der organisierten Kriminalität sowie finanzieller
Aufwand und Nutzen.
Ich will mich hier auf einige wenige Resultate be-
schränken: So hat sich ergeben, dass nahezu 90 Prozent
der Wohnraumüberwachungsmaßnahmen wegen des Ver-
dachts von Tötungs- und Betäubungsmitteldelikten ange-
ordnet wurden. 41 von 70 Maßnahmen blieben für das
Verfahren ohne Bedeutung. Hier spricht allerdings bei al-
len Vorbehalten, die auf dem geringen Fallmaterial beru-
hen, vieles für die Annahme, dass sich die Zahl der nicht
relevant gewordenen Maßnahmen teilweise mit techni-
schem Fehlschlagen der Überwachung erklären lässt; im-
merhin hat sich mehrfach die technische Umsetzung des
Abhörens in Wohnungen als nicht unproblematisch er-
wiesen. So kam es zu technischen Übertragungsproble-
men und zu Schwierigkeiten bei der Auswertung der Auf-
zeichnung aufgrund störender Geräusche.
Daneben werden in dem Bericht die in den Länder-
berichten enthaltenen gesetzgeberischen Änderungsvor-
schläge im Bereich dieses Ermittlungsinstrumentariums
dargestellt und bewertet. Die erhobenen Forderungen
wurden allerdings regelmäßig nicht mit konkreten Er-
mittlungsdefiziten oder anderen rechtstatsächlichen Er-
kenntnissen untermauert. Schon aus diesem Grunde sehe
ich hier keinen akuten Handlungsbedarf. Andere Forde-
rungen sind altbekannt und aus sachlichen Gründen abzu-
lehnen.
Einige Beispiele: Ich sehe derzeit keinen Bedarf für
eine Verlängerung der Vier-Wochen-Höchstbefristung für
die Anordnung einer Wohnraumüberwachungsmaßnah-
me; gibt es doch im Gesetz die Möglichkeit einer Verlän-
gerung der Maßnahme. Auch werden Änderungen des
Straftatenkatalogs erst erfolgen können, wenn ein ent-
sprechendes Bedürfnis tatsächlich nachgewiesen wurde.
Weiterhin ist die gelegentlich vorgetragene Forderung
nach der Ermöglichung des so genannten „großen Späh-
angriffs“, also der Zulassung auch der optischen Wohn-
raumüberwachung, zurückzuweisen: Weder ist für eine
derartige Ausweitung der strafprozessualen Eingriffs-
norm, die eine Änderung des Grundgesetzes erfordern
würde, ein konkretes Bedürfnis dargetan, noch wird sie
der Bedeutung der Wohnung für den Bürger als dem Ort
gerecht, an dem er frei und unbeobachtet sein kann.
Als Fazit nach der Auswertung von knapp drei Jahren
großer Lauschangriff kann nur festgehalten werden: Ei-
nerseits lässt sich die Erfolgseignung der Maßnahme auf-
grund des geringen Fallmaterials abschließend noch nicht
bewerten. Andererseits hat die Untersuchung aber jeden-
falls keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Straf-
verfolgungsbehörden von dem Abhören des Wohnraums
in überzogenem Maß Gebrauch gemacht hätten. Mängel
im Gesetzesvollzug, die durch Gesetzesänderungen kurz-
fristig beseitigt werden müssten, waren nicht erkennbar.
Die Bundesregierung wird sich aber mit dieser eher
mageren Zwischenbilanz nicht zufrieden geben. Insbe-
sondere wird sie prüfen, ob und wie zukünftig eine bes-
sere Erfolgskontrolle erreicht werden kann, als dies bisher
durch die Berichte der Länder gewährleistet wurde. Zwar
haben sich die Länder auch aufgrund der Bemühungen
des Justizministeriums bereits zu einer in einzelnen Punk-
ten präzisierenden Berichterstattung entschlossen. So
werden ab dem Berichtszeitraum 2002 Angaben über ei-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 200222398
(C)
(D)
(A)
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nen möglichen OK-Bezug der Maßnahme, über die
Gründe des Fehlschlagens der Maßnahme sowie über die
Art des überwachten Objektes gemacht. Ob diese Be-
richte dann aussagekräftiger sind, bleibt aber abzuwarten.
Die bestehende jährliche parlamentarische Kontrolle
gemäß Art. 13 Abs. 6 GG muss jedenfalls die Beobach-
tung der Entwicklung dieser verdeckten Ermittlungsmaß-
nahme effektiv ermöglichen, damit Defizite festgestellt
und kurzfristig durch gesetzgeberische Korrekturen be-
reinigt werden können.
Bei einer abschließenden Bewertung werden auch die
Ergebnisse aus dem Gutachten des Max-Planck-Instituts
für ausländisches und internationales Strafrecht in Frei-
burg zur „Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwa-
chung der Telekommunikation nach den §§ 100 a, 100 b
StPO und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“ zu
berücksichtigen sein. Denn dieses Gutachten wird sich
auch mit der akustischen Wohnraumüberwachung befas-
sen, soweit diese im Zusammenhang mit Telekommuni-
kationsüberwachungsmaßnahmen durchgeführt wird.
Ich denke, meine Ausführungen haben deutlich ge-
macht, dass der Erfahrungsbericht der Bundesregierung
nicht mehr als eine erste Zwischenbilanz sein kann. Die
weitere Entwicklung werden wir sorgfältig beobachten.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung
der steuerlichen Diskriminierung Alleinerzie-
hender
– des Antrags: Gerechtigkeit im Familienlasten-
ausgleich herstellen
(Tagesordnungspunkt 19 a und b)
Nicolette Kressl (SPD): Wir alle wissen, dass Fami-
lien einen wichtigen Teil des Rückgrats unseres Staates
ausmachen. Familien stehen deshalb im Mittelpunkt un-
serer Politik und im Mittelpunkt unserer Steuerreform.
Seit unserem Regierungsantritt im Jahr 1998 haben wir
die Aufwendungen für Familien – nur im Bereich des Fa-
milienleistungsausgleichs – um rund 8 Milliarden Euro
auf 48,2 Milliarden Euro im Jahr erhöht und gleichzeitig
Familien entlastet. Eine durchschnittliche Arbeitnehmer-
familie hat heute im Vergleich zu 1998 bereits 1 884 Euro
im Jahr mehr zur Verfügung. Das verdanken wir zum
einen unserer Kindergelderhöhung von insgesamt rund
80 DM im Monat, zum anderen unserer Steuerreform zu-
gunsten kleinerer und mittlerer Einkommensgruppen.
Aber weil eine glückliche Familie eben nicht nur durch
materielle Verbesserungen entsteht, sondern zugleich auch
die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen müs-
sen, haben wir auch hier zukunftsweisende Neuerungen
geschaffen, die wir ausbauen werden: Elternzeit für Müt-
ter und Väter, Gewaltschutz, Unterhaltsvorschuss für Al-
leinerziehende, mehr Chancengleichheit für Frauen im Be-
ruf, Verbesserungen beim BAföG oder unsere Programme
gegen Jugendarbeitslosigkeit sind nur einige Beispiele für
unsere umfassende Familienförderung.
Nach jahrzehntelanger Stagnation unter CDU/CSU und
FDP haben wir die Familienförderung wieder belebt und
dabei an alle Familienformen gedacht. Für uns galt schon
immer: Familie ist da, wo Kinder sind. Deshalb ist es für
uns auch unerheblich, ob ein Kind nun mit ein oder zwei
Elternteilen aufwächst, solange es dabei glücklich ist.
Der Vorwurf, dass unsere Familienpolitik Alleinerzie-
hende benachteilige, verkennt diese Tatsache und ver-
kennt vor allem auch die Regelungen des Einkommen-
steuergesetzes.
Im PDS-Antrag stehen Aussagen, die offensichtlich
von Unkenntnis geprägt sind: Einmal ganz abgesehen da-
von, dass es das große Geheimnis der PDS bleiben muss,
was Alleinerziehende ohne Kinder sind (offensichtlich
wurde im Antrag geschludert), wird eine Unwahrheit zur
Besteuerung von Alleinerziehenden mehrfach wiederholt:
Sie würden wie Menschen ohne Kinder besteuert. Das Ur-
teilsvermögen der Betreffenden ist entweder von er-
schreckender Unkenntnis getrübt oder sie stellen entge-
gen besserem Wissen unser Steuerrecht falsch dar. Beide
Alternativen sind keine Empfehlungen für eine verant-
wortungsvolle Familienpolitik.
Das Kindergeld von 300 DM (154 Euro) ist die Vo-
rauszahlung für viele kindbezogene Steuerfreibeträge und
bei einkommensschwachen Familien gleichzeitig zu ei-
nem hohen Anteil Förderung. Kindergeld erhält nur, wer
Kinder hat. Schon beim Kindergeld wird also deutlich:
Kein Mann und keine Frau mit Kindern – egal in welcher
Familienform – wird wie ein Alleinstehender ohne Kinder
besteuert.
In der Wirklichkeit gibt es für viele Alleinerziehende
steuerliche Verbesserungen für das Jahr 2002. Lassen Sie
mich kurz erläutern, wie diese Besserstellung aussieht,
damit es auch die verstehen, die immer noch behaupten,
Alleinerziehende würden wie Singles besteuert:
Der Haushaltsfreibetrag wird zum Jahr 2005 hin abge-
schmolzen. An einschneidenden Änderungen führt seit
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 1998 auch kein Weg vorbei. Aber er wird lang-
sam abgeschmolzen, obwohl wir ihn auch mit sofortiger
Wirkung hätten streichen können. Aber wir wollen eben
Alleinerziehenden einen sanften Übergang in ein neues
und verfassungskonformes System zur Familienförde-
rung ermöglichen.
In diesem neuen System wird keineswegs der Haus-
haltsfreibetrag ersatzlos gestrichen: Mit dem zum 1. Ja-
nuar in Kraft getretenen Freibetrag für Betreuung, Erzie-
hung und Ausbildung (BEA) von 2 160 Euro pro Kind und
Jahr haben wir eine Freibetragsregelung, bei der nicht wie
beim Haushaltsfreibetrag die Erwachsenen, sondern die
Kinder im Mittelpunkt stehen. Denn der BEA knüpft an
die Zahl der Kinder an und nicht an die Zahl der Erwach-
senen. Während der Haushaltsfreibetrag eben nur einmal
pro Haushalt galt, wird der neue Freibetrag pro Kind be-
rechnet. Darüber hinaus besteht durch die Möglichkeit,
erwerbsbedingte Betreuungskosten geltend zu machen,
ein weiterer steuerlicher Vorteil, der auch dafür steht, wie
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wichtig uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Auch dieser
gilt pro Kind und nicht pro Haushalt.
Für Alleinerziehende ist also bis 2005 die Situation so,
dass sie gleichzeitig den BEAund den – wenn auch abge-
schmolzenen – Haushaltsfreibetrag in Anspruch nehmen
können. Wir haben dies so entschieden, weil wir diesen
Eltern Vertrauensschutz geben wollten. Aus verfassungs-
rechtlichen Überlegungen heraus haben wir diese Rege-
lung nicht für die „neuen“ Alleinerziehenden in das Ge-
setz mit eingezogen, weil insoweit verfassungsrechtlich
kein Vertrauen zu schützen war. Dies werden wir aber mit
einer gesetzlichen Regelung so bald wie möglich ändern,
um steuerliche Unterschiede innerhalb der Gruppe der Al-
leinerziehenden zu verhindern. Es werden also – auch
rückwirkend – alle Alleinerziehenden die Möglichkeit der
Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags in Anspruch
nehmen können.
Noch eine Anmerkung zum Thema Vereinbarkeit von
Familie und Beruf: Durch den Armuts- und Reichtumsbe-
richt wird deutlich, dass hier der Schlüssel liegt, um Ar-
mut von Kindern zu verringern. Wenn Erwerbstätigkeit
durch mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten er-
schwert wird, dann entsteht ein besonders hohes Risiko
der Abhängigkeit von Sozialhilfe.
Ich will auch nochmals betonen, wie wichtig die Kinder-
gelderhöhung um insgesamt 80 DM jeden Monat für jedes
erste und zweite Kind ist. Die Kindergelderhöhung bedeu-
tet für die Mehrzahl der Alleinerziehenden einen monatli-
chen Gewinn. Die größte Gruppe der Alleinerziehenden bil-
den nämlich diejenigen, welche die Einkommensgrenze für
Freibeträge nicht oder nicht mehr erreichen.
Wer angesichts all dieser zusätzlichen steuerlichen
Möglichkeiten, die für alle Erziehenden gelten, behauptet,
Alleinerziehende würden wie Singles besteuert, täuscht
nicht nur sich selbst, sondern leider auch alle Alleinerzie-
henden. Singles bekommen nämlich weder Kindergeld;
noch können sie die für Kinder und deren Erziehende gel-
tenden Freibeträge in Anspruch nehmen.
Familienpolitik durch Verunsicherung mag für manche
ein Feld sein, das es zu bestellen gilt – aber nicht für uns.
Wir bleiben lieber bei einer ehrlichen Familienpolitik und
versprechen nicht, was wir finanziell nicht halten können,
und wecken nicht Erwartungen, die nicht erfüllbar sind.
Inzwischen konnten wir feststellen, dass ja auch einige
Damen und Herren auf den Bänken der Opposition von
allzu fantastischen Programmen der Familienförderung
Abstand genommen haben: Das nach 16-jähriger fami-
lienpolitischer Steinzeit plötzlich hervorgezauberte Fami-
liengeld ist allzu offensichtlich nicht umsetzbar. Selbst in
den Reihen der bisherigen Verfechter hat man wohl be-
griffen, dass auch der Steinzeitmensch nicht gleich Wol-
kenkratzer erstellt hat, sondern erst mal klein angefangen
und Hütten gebaut hat. Offensichtlich trauen sich die be-
treffenden Damen und Herren zwischenzeitlich aber nicht
einmal mehr das zu; denn seit der Trennung vom Fami-
liengeld sind sie ein konkretes Programm zur Familien-
politik schuldig geblieben.
Wir wollen hingegen auch künftig eine Familienpoli-
tik, die gerecht ist und nicht zulasten der Kinder geht. Da-
mit scheidet eine Familienförderung, die dann von der
nächsten Generation finanziert werden muss, für uns aus.
Wir können nicht einfach Milliardenbeträge verteilen, die
wir gar nicht haben. Damit würden wir genau den Kin-
dern, die dadurch kurzfristig gefördert würden, dann das
Abtragen der Schuldenberge überlassen.
Familienförderung ist für uns ein Gesamtkonzept, das
wir auch nachfolgenden Generationen gegenüber vertre-
ten wollen und müssen. Mit Schnellschüssen mag kurz-
fristig, insbesondere vor Bundestagswahlen, etwas ge-
wonnen werden; langfristig gesehen bleibt meist die
Gerechtigkeit auf der Strecke.
Unsere Familienpolitik trägt hingegen zu mehr Ge-
rechtigkeit bei. Das soll auch so bleiben. Die Bilanz un-
serer dreieinhalb Jahre Familienförderung kann sich be-
reits durchaus sehen lassen und braucht den Vergleich zu
den 16 Jahren davor keinesfalls zu scheuen. Wir lehnen
uns aber nicht zufrieden zurück, sondern wollen weitere
Verbesserungen für Kinder und Eltern erreichen. Damit
wir unsere Familienförderung weiterentwickeln können,
sind die bestehenden materiellen und sozialen Vorausset-
zungen für Familien ständig zu verbessern.
Kinderbetreuung steht dabei ganz oben auf unserer Prio-
ritätenliste: Der BEAund vor allem die erwerbsbedingten
Betreuungskosten sind ein erster großer Schritt hin zur
besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Berufs-
tätige Eltern werden dadurch bereits heute von den Kos-
ten für Betreuung entlastet.
Diese beiden Standbeine – materielle Sicherheit von Fa-
milien und Vereinbarkeit von Familie und Beruf – werden
wir in der nächsten Legislaturperiode ausbauen. Wir wollen
dies in einem Gesamtkonzept tun, das die einkommensun-
abhängige finanzielle Förderung von Familien und weitere
Schritte zu einer verbesserten Situation bei der Kinderbe-
treuung verbindet. Selbstverständlich werden wir in diesem
Gesamtkonzept die besondere Situation der Alleinerzie-
henden durch die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags
einbeziehen. Aber deshalb widerstehen wir auch der Versu-
chung, jetzt durch hektische Einzelmaßnahmen einzelne
Verbesserungen vorzusehen, die dann nicht mit unseren
zukünftigen Vorhaben verzahnt sind.
Wir wollen beides: materielle Sicherheit für Familien
und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für beide Ziele
sehen die Menschen in der SPD die kompetente Kraft –
und diesem Vertrauen werden wir auch in Zukunft gerecht
werden.
Elke Wülfing (CDU/CSU): Es ist schade, dass wir
heute nur über einen Gesetzentwurf und einen Antrag der
PDS-Fraktion zur steuerlichen Diskriminierung Alleiner-
ziehender und zu mehr Gerechtigkeit im Familienleis-
tungsausgleich beraten. Wirklich interessant wäre es ge-
wesen, wenn die Grünen ihre Gesetzesinitiative zur
steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungs-
kosten, die sie im Februar im Internet angekündigt haben,
auf den Tisch gelegt hätten. Wie immer haben Frau Scheel
und Herr Metzger die Öffentlichkeit genutzt und die
„FAZ“ am 12. März über ihre geplante Gesetzesinitiative
informiert, statt mit Bundesfinanzminister Eichel und der
SPD-Fraktion eine realisierbare Regierungsinitiative zu
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 200222400
(C)
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(A)
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starten. In Ankündigungen waren sie ja schon immer
groß. Am Ende geben Sie leider immer klein bei.
Dabei gäbe es dringend Handlungsbedarf. Denn allen
Alleinerziehenden, die nach dem 1. Januar 2002 Kinder
bekommen haben, wurde der Haushaltsfreibetrag von
2 900 Euro ersatzlos gestrichen, bei allen anderen wird er
schrittweise abgeschmolzen. Damit werden Alleinerzie-
hende künftig steuerlich behandelt wie Singles.
Die Begründung der Bundesregierung und auch der
Grünen, sie hätten durch das Verfassungsgerichtsurteil
von 1998 unter Handlungszwang gestanden, ist natürlich
nur die halbe Wahrheit. Das Bundesverfassungsgericht
hat entschieden, dass ab Jahresbeginn 2000 für alle Eltern
Kinderbetreuungskosten in Höhe von 4 000 DM für das
erste und 2000 DM für jedes weitere Kind steuermindernd
zu berücksichtigen sind, wenn die Regierung keine Rege-
lung zustande bringt. Dies sollte nicht nur bei außerhäus-
licher Betreuung gegen Entgelt, sondern auch bei eigener
häuslicher Betreuung gelten.
Zum Haushaltsfreibetrag stellt das Bundesverfas-
sungsgericht in der Entscheidung klar, dass kindbedingte
Mehrkosten, die sich vorrangig als besonderer Erzie-
hungsbedarf darstellen, bei allen Eltern, nicht nur bei Al-
leinerziehenden, anfallen. Bei Ehepaaren würden diese
Mehrkosten nicht durch das Ehegattensplitting aufgefan-
gen, weil die Splittingwirkung ja auch allen kinderlosen
Ehepaaren zugute komme. Diesen Haushaltsfreibetrag
auf alle Eltern auszudehnen war aber der rot-grünen Bun-
desregierung zu teuer. Denn nicht 22 Milliarden DM, wie
es nach den ersten Regierungsberechnungen hieß, son-
dern nur 7 Milliarden DM wurden ausgegeben, von denen
40 Prozent noch durch den gekürzten Ausbildungsfreibe-
trag, den wegfallenden Haushaltsfreibetrag und die Strei-
chung der steuerlichen Absetzbarkeit von Haushaltshilfen
gegenfinanziert wurden.
Mit dem wegfallenden Haushaltsfreibetrag hat die
Bundesregierung die Alleinerziehenden jetzt endgültig
aufs Abstellgleis manövriert. Damit trifft es mal wieder
die finanziell Schwächsten in unserer Gesellschaft. Denn
der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung
hat erneut bestätigt, dass sich bei alleinerziehenden
Frauen die höchste Armutsgrenze mit stark steigender
Tendenz abzeichnet.
Damit werden Eineltern-Familien jetzt noch mehr in
die Sozialhilfe gedrängt. Auch die Ehepaare können mit
dieser Regelung nicht zufrieden sein, denn das Verfas-
sungsgericht hat ausdrücklich sowohl außerhäusliche Be-
treuung wie auch eigene häusliche Betreuung gemeint
und gerade nicht die Streichung des Haushaltsfreibetrages
für Alleinerziehende.
Diese rot-grüne Bundesregierung ist offensichtlich
aber nicht in der Lage, Bundesverfassungsgerichtsurteile
wirklich zu lesen bzw. richtig zu interpretieren und sie in
Gesetzesform umzusetzen. Verheirateten Eltern den ihnen
zustehenden Kinderbetreuungsfreibetrag nicht in voller
Höhe zu gönnen und Eineltern-Familien im Regen stehen
zu lassen ist unsozial und herzlos. Wenn Sie das getan hät-
ten, was das Bundesverfassungsgericht von Ihnen ver-
langt hat, brauchte die Halbschwester von Gerhard
Schröder als Alleinerziehende jetzt nicht erneut vor das
Verfassungsgericht zu ziehen.
Der Gesetzentwurf der PDS auf Beseitigung der steuer-
lichen Diskriminierung Alleinerziehender greift leider
auch zu kurz. Er weist zwar auf die Ungleichbehandlung
unter Alleinerziehenden hin, wenn deren Kinder vor oder
nach dem 31. Dezember 2001 geboren wurden, nicht aber
auf die Tatsache, dass das Verfassungsgericht Verheirate-
ten die gleiche Förderung zukommen lassen wollte wie Al-
leinerziehenden. Der zweite PDS-Antrag, der uns heute
vorliegt, kann auf keinen Fall die Zustimmung der CDU-
Bundestagsfraktion finden. Er fordert eine Einkommens-
besteuerung unabhängig von der Lebensweise bzw. Le-
bensform, das heißt Abschaffung des Ehegattensplittings.
Da laufen Sie ja nun total am Bundesverfassungsgericht
vorbei, das gerade erneut wieder geurteilt hat, das Ehe-
gattensplitting sei zu erhalten, unabhängig davon, ob Kin-
der da sind oder nicht.
Mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird keine
politische Initiative in diesem Hause etwas an Art. 6 Abs. 1
verändern, in dem deutlich steht: „Ehe und Familie stehen
unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben die beson-
dere Schutzwürdigkeit ja nicht nur für die Familie mit Kin-
dern anerkannt, sondern auch für die Ehe. Das bedeutet,
eine Abschaffung des Ehegattensplittings ist auf der
Grundlage des Art. 6 Abs. 1 wohl nicht möglich. Ganz da-
von abgesehen würden wir als christlich geprägte Partei, in
der die Ehe als eine vor Gott geschlossene Gemeinschaft
gilt, einer solchen Initiative nie zustimmen. Denn die auf
Dauer angelegte Ehe ist noch immer die beste Grundlage
dafür, dass Frau und Mann partnerschaftlich füreinander
und als Mutter und Vater für ihre Kinder Verantwortung
übernehmen und gemeinsam zur Erziehung, Haushalts-
führung und zum Lebensunterhalt beitragen. Deshalb ist
der besondere Schutz des Staates, unter den das Grundge-
setz Ehe und Familie stellt, nach wie vor gut begründet und
für die CDU entscheidender Maßstab ihrer Politik.
Nun scheinen ja Wahlkampfzeiten die Zeiten zu sein,
in denen zum Beispiel die SPD ihrem schlechten Gewis-
sen huldigt. Warum sonst hätte Bundesfamilienministerin
Bergmann vor wenigen Tagen mit der Vorstellung einer so
genannten Familienstrategie zugegeben, dass die eigent-
lichen Verbesserungen für die Familien auf die nächste
Legislaturperiode vertagt wurden? Gleichzeitig hat die
SPD-Bundesvorsitzende Renate Schmidt nun völlig vage
und undifferenziert Ankündigungen über ein neues Kin-
derfördergeld für berufstätige Eltern gemacht. Ihre Äuße-
rungen werfen anscheinend mehr Fragen auf als Antwor-
ten. Wer was bekommt, ist unklar, ebenso der
Gesamtumfang der Förderung, von der Finanzierung ganz
zu schweigen. Nur berufstätige Eltern sollen in den Ge-
nuss der Förderung kommen. Deren Kinder sind aber
meist nicht in der Sozialhilfe. Daher geht diese Maß-
nahme am Ziel vorbei, alle Kinder aus der Sozialhilfe zu
holen. Für Eltern, die ganz in der Sozialhilfe sind, gibt es
keinen Anreiz, Arbeit aufzunehmen.
Demgegenüber ist die Position der Union klar: Alle
Kinder müssen dem Staat gleich viel wert sein. Deswegen
setzt die Union auf ein Familiengeld, das die Familien
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002 22401
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spürbar entlastet, Kinder wirklich aus der Sozialhilfe holt
und überdies genügend Lohnabstand schafft, damit sich
für viele eine Arbeitsaufnahme wieder lohnt. Die Fa-
milienpolitik darf aber nicht nur die finanzielle Situation
von Sozialhilfeempfängern und Beziehern kleiner Ein-
kommen verbessern. Wir wollen Gerechtigkeit für alle
Familien und eine wirksame Familienförderung. Diesem
Grundsatz folgt das Familiengeld, das 600 Euro in den
ersten drei Jahren betragen soll, das ebenfalls für die Kin-
der von drei bis 18 Jahren schrittweise auf 300 Euro er-
höht werden soll. Diese Beschlüsse des Bundesparteita-
ges der CDU werden wir bei Übernahme der Regierung
am 22. September, – dafür haben wir gute Aussichten – in
die Tat umsetzen.
Rot-Grün hat vier Jahre Zeit gehabt, die Lebenssitua-
tion von Familien wirklich zu verbessern. Da sie nur
Stückwerk abgeliefert hat, ist es den Familien sicher ganz
recht, wenn wir ab dem 23. September eine Familienför-
derung vorlegen, die den Namen wirklich verdient.
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich
glaube auch, dass man Familien noch besser entlasten
kann und muss, aber trotzdem rate ich dazu, auf dem Tep-
pich zu bleiben: Alleinerziehende mit einem Kind werden
bei 25 000 Euro Jahreseinkommen in diesem Jahr um
rund 1 200 Euro im Vergleich zu 1998 entlastet, nicht be-
lastet. lm Jahr 2005 sind es immerhin noch rund 900 Euro
steuerliche Entlastung. Diese Verminderung in der steuer-
lichen Entlastung ist auf den stufenweisen Abbau des
Haushaltsfreibetrages zurückzuführen. Hier liegt das Pro-
blem! Der Haushaltsfreibetrag wurde durch Urteil des
Bundesverfassungsgerichts 1998 für verfassungswidrig
erklärt. Die rot-grüne Koalition konnte das nicht ignorie-
ren. Wir haben in zwei Reformschritten den Familienlas-
tenausgleich vor dem Hintergrund der Vorgaben durch das
Bundesverfassungsgerichtsurteil rechtzeitig neu geregelt.
Die Leistungen für Familien wurden dabei erheblich
gesteigert. Allein bei den Steuern von 30,5 Milliarden
Euro 1998 auf rund 41 Milliarden Euro im Jahr 2002. Und
dabei sind die Anhebung des Grundfreibetrages und die
Absenkung des Einkommensteuertarifes noch gar nicht
berücksichtigt. Die Ausgaben für alle familienpolitischen
Maßnahmen zusammen stiegen um mehr als ein Drittel:
von 40 Milliarden Euro 1998 auf 53,2 Milliarden Euro im
Jahr 2002. Diese Zahlen belegen ganz eindeutig: Rot-
Grün hat in der Familienpolitik einen politischen Schwer-
punkt erfolgreich verwirklicht!
Ich will hier nur einige Stichworte aufzählen, die umge-
setzt sind: Kindergeld erhöht, Erhöhung des sachlichen
Existenzminimums, Betreuungsfreibetrag und Erziehungs-
bedarf eingeführt, Erziehungsgeldreform und BAföG-Re-
form realisiert. Eine Familie mit Durchschnittseinkommen
von rund 30000 Euro im Jahr und zwei Kindern wird in die-
sem Jahr um bereits mehr als 2000 Euro gegenüber 1998,
im Jahr 2005, nach der dritten Stufe der Einkommensteuer-
reform, sogar um mehr als 2600 Euro im Jahr entlastet.
So viel zu den Erfolgen, zurück zum Problem: Der
Haushaltsfreibetrag für unverheiratete Eltern ist mit Art. 6
Grundgesetz nicht vereinbar, weil er der ehelichen Erzie-
hungsgemeinschaft vorenthalten, unverheirateten Eltern
dagegen auch dann gewährt wird, wenn sie eine Erzie-
hungsgemeinschaft bilden und beide steuerpflichtig sind.
Der Haushaltsfreibetrag hat den Mehrbedarf für Betreu-
ung und Erziehung von Kindern nur für Alleinstehende
abgebildet, nicht jedoch für alle Kinder verheirateter El-
tern. Deshalb musste er mit dem 2. Familienförderungs-
gesetz in drei Stufen bis 2005 abgebaut werden. Diese
Stufenregelung wollen wir im Sinne der Gleichbehand-
lung auf alle alleinerziehenden Eltern anwenden, also
auch für nach dem 31. Dezember 2001 geborene Kinder
oder ab dem Jahr 2000 verwitwete und 2001 geschiedene
Eltern. Die Steuerklasse II bleibt bis 2005 erhalten.
Darüber hinaus vertritt Bündnis 90/Die Grünen die
Forderung nach der Absetzbarkeit erwerbsbedingter Kin-
derbetreuungskosten ab dem ersten Euro. Wir wollen die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärken. Hierzu
gehört, dass es qualifizierten Frauen leichter ermöglicht
wird, berufliche Anforderungen und familiäre Pflichten
vereinbar zu gestalten. Es freut mich, das Renate Schmidt
als stellvertretende Vorsitzende der SPD unsere Forde-
rung teilt. Deshalb ist es völlig unverständlich, dass die
SPD-Fraktion – übrigens im Gegensatz auch zur Meinung
des Bundeskanzlers Schröder – unserer Forderung, den fi-
nanziellen Nachteilen aus dem Abbau des Haushaltsfrei-
betrages strukturell offensiv entgegenzuwirken und sie zu
kompensieren, nicht nachkommt. Wir wissen, dass die fi-
nanziellen Nachteile für die Gruppe der Alleinerziehenden
ab dem Jahr 2003 und erst recht ab 2005 erheblich zuneh-
men. Aus diesem Grunde ist die Haltung von Schröders
Schwester mehr als nachvollziehbar. Es bleibt ein Rätsel,
wieso bei der SPD bislang keine Meinungsänderung ein-
getreten ist. Wir wollen weiterhin die Absetzbarkeit der
erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten für alle Eltern
ab dem ersten Euro.
Umfassende und gute Betreuungsangebote für Kinder
sind die familienpolitische Aufgabe der nächsten Legisla-
turperiode. Wir wollen über unsere aktuelle Forderung hi-
naus bundesweit die Kinderbetreuungsangebote ausbauen.
Mit Kinderbetreuungsgutscheinen können Eltern dann
nach ihren eigenen Vorstellungen entscheiden, welche
Angebote sie in Anspruch nehmen wollen.
All dies verbessert die Chancen von Müttern und Vä-
tern, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen.
Gerade im unteren Einkommensbereich muss aber mehr
geschehen. Hier hilft unser Kindergrundsicherungskon-
zept Familien aus der Sozialhilfe und über die Beschäfti-
gungsschwelle. Ein schlüssiges familienpolitisches Kon-
zept hierzu werden wir im Wahlprogramm verankern.
Aktuell geht es aber erst einmal darum, den Grundsatz der
Gleichbehandlung auch im Detail zu realisieren.
Ina Lenke (FDP): Die FDP lehnt den Antrag der PDS
ab, weil er auf Annahmen beruht, die von uns in keiner
Weise geteilt werden.
Erstens. Wie selbstverständlich geht die PDS davon
aus, dass die Höhe der steuerlichen Lasten, die sie anders
verteilen will, sakrosankt, also gottgegeben und damit un-
veränderbar ist. Damit ist die FDP in keinster Weise ein-
verstanden. Wir sind der Auffassung, dass unsere Steuerbe-
lastung, und zwar nicht nur die der Familien, entschieden
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zu hoch ist. Bevor wir über Steuertarife oder Umvertei-
lung reden, müssen wir die Steuern senken. Dazu ist die
PDS in ihrer Staatsgläubigkeit natürlich nicht bereit.
Zweitens. Wie selbstverständlich, aber nicht anders
zu erwarten, geht die PDS davon aus, dass sämtliche
Kinderkosten von der Allgemeinheit zu tragen sind. –
Auch hier vertritt die FDP eine andere Auffassung. Ehe
und Familie stehen natürlich unter dem besonderen
Schutz der staatlichen Ordnung, genießen Verfassungs-
rang. Das kann aber doch nicht heißen, dass die Erzie-
hung und das Heranwachsen von Kindern verstaatlicht
werden kann.
In beiden Punkten unterscheidet sich die FDP grund-
legend von der PDS. Für uns kommt die Eigenverantwor-
tung des Menschen vor der staatlichen Fürsorge.
Auf dieser Grundlage können wir beginnen, über die
Förderung von Ehe und Familie zu diskutieren. Natürlich
ist das Ehegattensplitting Diskussionsgegenstand in allen
politischen Lagern. Wie Sie zu Recht in Ihrem Antrag be-
merken, hat Karlsruhe festgestellt, dass es sich dabei
nicht um eine Form der Kinderförderung handelt. Sie
können nicht leugnen, dass das Grundgesetz Ehe und Fa-
milie schützt und insofern die Ehe nicht lapidar als ir-
gendeine Form des Zusammenlebens einordnen. Das er-
laubt unser Grundgesetz nicht. Natürlich kann man über
die Form diskutieren, in der die Ehe steuerlich berück-
sichtigt werden muss. Ignorieren können wir die Ehe
steuerlich aber nicht.
Unabhängig von der Frage des Splittings vergleichen
Sie Ehegatten und Alleinerziehende. Hier genau liegt der
Bruch. Die Förderung von Kindern hat mit der Ehe
zunächst nichts zu tun. So ist die jüngste Entscheidung
aus Karlsruhe zu verstehen. Kinder sind gleich zu behan-
deln, egal ob sie von einem Elternteil oder von beiden
oder von den Großeltern oder von Verwandten betreut
werden. Das sollten Sie akzeptieren.
Die FDP hat die Schlechterstellungen für Alleinerzie-
hende, hier teile ich Ihre Auffassung, die die rot-grüne
Koalition beschlossen hat, heftig kritisiert. Gleichbehand-
lung lässt sich auch erreichen, indem dem Schlechterge-
stellten mehr gegeben wird. Die Koalition hat dem Bes-
sergestellten – hier dem Kind des Alleinerziehenden –
etwas genommen. Das müssen und werden wir korri-
gieren.
Anlage 5
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 773. Sitzung am 1. März
2002 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-
stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2
Grundgesetz nicht zu stellen:
– Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG)
– Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsge-
setzes
– Gesetz zur Neuordnung der Statistik im Produzie-
renden Gewerbe und zur Änderung des Gesetzes
über Kostenstrukturstatistik
– Gesetz zur Änderung des Melderechtsrahmen-
gesetzes und anderer Gesetze
– Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von
Urhebern und ausübenden Künstlern
– Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Be-
wertung der Kapitalanlagen von Versicherungsunter-
nehmen und zur Aufhebung des Diskontsatz-
Überleitungs-Gesetzes (Versicherungskapitalanla-
gen-Bewertungsgesetz – VersKapAG)
– Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten
(Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG)
– Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den
Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-
Kopplungsgesetz)
– Gesetz über den Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten (Zugangs-
kontrolldiensteschutz-Gesetz – ZKDSG)
– Gesetz zur Umsetzung von Abkommen über Soziale
Sicherheit und zur Änderung verschiedener Zu-
stimmungsgesetze
– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. Dezember
1997 über gegenseitige Amtshilfe und Zusammen-
arbeit der Zollverwaltungen
– Gesetz zu dem Abkommen vom 24. August 2000
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Republik Österreich zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-
kommen und vom Vermögen
– Gesetz zu der am 3. Dezember 1999 in Peking be-
schlossenen Änderung des Montrealer Protokolls
vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem
Abbau der Ozonschicht führen, und zu weiteren
Anpassungen des Protokolls
– Gesetz zu dem Abkommen vom 15. Juni 2000 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Republik Singapur
über die Seeschifffahrt
– Gesetz zu dem Protokoll vom 17. November 1999
zur Ergänzung des Abkommens vom 9. September
1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und Malta über den Luftverkehr und zu dem Pro-
tokoll vom 27. Mai 1999 zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Regierung des Staates
Katar zum Abkommen vom 9. November 1996 über
den Luftverkehr
– Gesetz zu dem Abkommen vom 30. Juni 2000 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Volksrepublik China
über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der
Wirtschaft, Industrie und Technik
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– Gesetz zu den Änderungen vom 20. Mai 1999
des Übereinkommens zur Gründung der Europä-
ischen Fernmeldesatellitenorganisation „EUTELSAT“
(EUTELSAT-Übereinkommen)
– Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fall-
pauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauscha-
lengesetz – FPG)
– Viertes Gesetz zur Änderung des Bundeszentral-
registergesetzes – 4. BZRGÄndG –
– Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und
anderer Gesetze
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung klarzustel-
len, dass § 139 Absatz 3 Satz 1 Seemannsgesetz auch für
das Deck- und Maschinenpersonal von Lotsenversetz-
fahrzeugen gilt.
Die in Artikel 1 des Gesetzes vorgesehene Änderung
des Seemannsgesetzes hat erhebliche Auswirkungen auf
den Betrieb von Lotsenversetzfahrzeugen.
Die Einführung einer Höchstarbeitszeit von 14 Stun-
den täglich und 72 Stunden wöchentlich würde bedeuten,
dass die Besatzung auf den Seestationen nicht mehr in
zweiwöchigen Rhythmus abgelöst werden könnte, son-
dern im 5-Tage-Rhythmus gewechselt werden müsste.
Diese Umstrukturierung würde erhebliche Mehrkosten
nach sich ziehen. Im Gesetz vorgesehene Ausnahme-
regelungen von den Höchstarbeitszeiten für Bergungs-
fahrzeuge, See- und Bergungsschlepper sollten daher
aufgrund des gesonderen Arbeitseinsatzes auch für Lot-
senversetzfahrzeuge gelten.
Die ausdrückliche Einbeziehung des Deck- und Ma-
schinenpersonals von Lotsenversetzfahrzeugen ist an-
scheinend aufgrund eines Versehens unterblieben, da
die Bundeslotsenkammer im Verfahren nicht gehört wor-
den ist.
Der Abgeordnete Gunter Weißgerber hat seine Unter-
schrift zu dem Antrag Dokumentation der freigelegten
russischen Graffiti-Inschriften im Reichstagsgebäude
in historisch gerechtfertigtem Umfang auf Drucksache
14/6761 zurückgezogen.
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
nachstehenden Vorlage absieht:
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2001
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapital 14 03 Titelgrup-
pe 08 – Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang
mit internationalen – humanitären und sonstigen – Ein-
sätzen –
– Drucksachen 14/7926, 14/8086 Nr. 1.11 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2001
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 02 Titel 682 01
– Erstattung von Fahrgeldausfällen –
– Drucksachen 14/7939, 14/8086 Nr. 1.12 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2001
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 02 Titel 636 55
– Zuschüsse an die Träger der Krankenversicherung der
Landwirte –
– Drucksachen 14/7940, 14/8086 Nr. 1.13 –
– Unterrichtung durch die Präsidentin des Bundesrechnungs-
hofes als Vorsitzende des Bundesschuldenausschusses
Bericht des Bundesschuldenausschusses über seine
Tätigkeit sowie die Verwaltung der Bundesschuld im
Jahre 2000
– Drucksachen 14/7952, 14/8086 Nr. 1.9 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2002
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 09
– Außerordentliche Maßnahmen zur Stützung des Rind-
fleischmarktes – Ankaufaktion 2002 –
– Drucksachen 14/7989, 14/8086 Nr. 1.14 –
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Effizienz des neuen güterkraftverkehrsrechtlichen Ord-
nungsrahmens
– Drucksachen 14/6906, 14/7541 Nr. 1.1 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 14/7708 Nr. 2.8
Drucksache 14/7708 Nr. 2.24
Sportausschuss
Drucksache 14/7883 Nr. 2.16
Finanzausschuss
Drucksache 14/7883 Nr. 2.13
Drucksache 14/7883 Nr. 2.18
Drucksache 14/7883 Nr. 2.19
Drucksache 14/7883 Nr. 2.23
Drucksache 14/8081 Nr. 2.8
Haushaltsausschuss
Drucksache 14/8081 Nr. 2.2
Drucksache 14/8081 Nr. 2.4
Ausschuss fürWirtschaft
und Technologie
Drucksache 14/8081 Nr. 2.7
Drucksache 14/8081 Nr. 2.10
Drucksache 14/8081 Nr. 2.11
Drucksache 14/8081 Nr. 2.12
Drucksache 14/8081 Nr. 2.17
Drucksache 14/8179 Nr. 2.19
Ausschuss für Verbraucherschutz
Ernährung und Landwirtschaft
Drucksache 14/7129 Nr. 2.10
Drucksache 14/8081 Nr. 2.3
Drucksache 14/8179 Nr. 2.29
Drucksache 14/8179 Nr. 2.50
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 200222404
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Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
Drucksache 14/7197 Nr. 2.1
Drucksache 14/7197 Nr. 2.5
Drucksache 14/7129 Nr. 2.9
Drucksache 14/7129 Nr. 2.23
Drucksache 14/7409 Nr. 1.3
Drucksache 14/7522 Nr. 2.15
Drucksache 14/7833 Nr. 2.29
Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe
Drucksache 14/7000 Nr. 1.25
Drucksache 14/7000 Nr. 1.27
Drucksache 14/7000 Nr. 1.28
Drucksache 14/7000 Nr. 2.23
Drucksache 14/7708 Nr. 1.16
Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
Drucksache 14/8081 Nr. 1.1
Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
Drucksache 14/7708 Nr. 2.14
Drucksache 14/7833 Nr. 2.7
Drucksache 14/8179 Nr. 2.30
Ausschuss für Tourismus
Drucksache 14/7883 Nr. 2.1
Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union
Drucksache 14/7129 Nr. 2.24
Drucksache 14/7409 Nr. 2.9
Drucksache 14/7409 Nr. 2.40
Drucksache 14/7708 Nr. 2.9
Drucksache 14/8179 Nr. 1.12
Drucksache 14/8179 Nr. 2.56
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 225. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. März 2002 22405
(C)(A)
Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin