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ID1422206700

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    Tagesordnungspunkt 18: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steue- rung und Begrenzung der Zuwande- rung und zur Regelung des Aufent- halts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, 14/8395, 14/8414, 14/8399) . . . . . 22017 A – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7387, 14/8395, 14/8414, 14/8399) . . . . . . . . . . . . . 22017 B – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (Drucksachen 14/7465, 14/8395, 14/8414, 14/8399 . . . . . . . . . . . . . . 22017 B – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes (Drucksachen 14/8009, 14/8395, 14/8414, 14/8399) . . . . . . . . . . . . . 22017 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt- Jortzig, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rege- lung der Zuwanderung (Drucksachen 14/3679, 14/8395, 14/8414, 14/8399) . . . . . . . . . . . . . 22017 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Wolfgang Bosbach, Erwin Marschewski(Recklinghausen),wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Umfassendes Ge- setzzurSteuerungundBegrenzung derZuwanderungsowiezurFörde- rung der Integration jetzt vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,weitererAbgeordne- terundderFranktionderFDP:„Berli- ner Rede“ des Bundespräsidenten umsetzen – Zuwanderung nach Deutschlandverbindlich regeln – zu demAntrag der Fraktion der PDS: Einwanderung und Flüchtlings- schutzmenschenrechtlichgestalten (Drucksachen14/6641,14/3697,14/7810, 14/8395, 14/8414) . . . . . . . . . . . . . . . . 22017 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Cornelia Pieper, Dr. Guido Westerwelle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Zuwanderung steuern, Aus- und Weiterbildung in- tensivieren, Arbeitserlaubnisrecht ent- rümpeln (Drucksachen 14/3023, 14/3721) . . . . 22018 A Plenarprotokoll 14/222 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 222. Sitzung Berlin, Freitag, den 1. März 2002 I n h a l t : d) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung:MigrationsberichtderAusländer- beauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22018 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Sechster Familienbericht; Familien ausländischer Herkunft in Deutschland; Leistungen – Belas- tungen – Herausforderungen und Stellungnahme der Bundesregierung 22018 B – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Christel Riemann- Hanewinckel, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Müller (Köln), und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Sechster Familienbericht; Familien ausländischer Herkunft in Deutschland; Leistungen – Belas- tungen – Herausforderungen und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksachen14/4357,14/6169,14/8393) 22018 C Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22018 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 22021 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22023 C Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22025 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22026 D Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22028 D Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 22029 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 22031 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22034 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . 22035 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22037 A Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . 22037 D Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22038 C Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22040 B Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . 22040 D Christel Riemann-Hanewinckel SPD . . . . . . 22041 D Christa Lörcher (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . 22042 D Leyla Onur SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22044 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 22045 A Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22048 B Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22049 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 22052 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22053 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22055 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22056 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP 22057 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 22058 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22061 C Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Guido Westerwelle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers im Deutschen Bundes- tag zu den Vorhaben der Bundes- regierung zur Bewältigung der aktuellen politischen Herausforderungen (Drucksache 14/8281) . . . . . . . . . . . . . . . 22059 A Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22059 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 22063 B Jürgen Koppelin FDP (zur GO) . . . . . . . . . . 22065 B Manfred Grund CDU/CSU (zur GO) . . . . . . 22065 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 22065 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22065 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 22066 A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22068 C Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 22070 B Dr. Dietmar Bartsch PDS . . . . . . . . . . . . . . . 22071 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22072 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 22074 B Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Zehnten Gesetzes zur Ände- rung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (10. SGB V-Änderungsgesetz) (Drucksache 14/8099) . . . . . . . . . . . . . . . 22075 B Gudrun Schaich-Walch, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22075 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002II Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 22076 C Fritz Schösser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22077 C Dr. Dieter Thomae FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 22078 D Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22079 B Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22080 A Tagesordnungspunkt 21: Große Anfrage der Abgeordneten Peter Götz, Dietrich Austermann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Sicherung des Bestandes und Fortent- wicklung der kommunalen Selbstver- waltung in Deutschland im Rahmen von Rechtsetzung der Europäischen Union (Drucksachen 14/4171, 14/5636) . . . . . . . 22080 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22081 A Hans-Werner Bertl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 22083 B Gerhard Schüßler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 22085 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22086 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 22088 B Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22089 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 22090 D Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksachen14/6879,14/8390,14/8413) 22092 B b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die inte- grierte Finanzdienstleistungsaufsicht (Drucksachen14/7033,14/7088,14/8389, 14/8391) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22092 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die zu- sätzliche Beaufsichtigung der Kredit- institute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanz- konglomerats und zur Änderung der Richtlinien73/239/EWG,79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Drucksachen 14/6508 Nr. 2.6, 14/8389) 22092 D Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22093 A Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 22094 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22095 C Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . 22096 B Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22097 C Tagesordnungspunkt 23: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Peter Letzgus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wettbewerbs- fähigkeit der deutschen Omnibus- unternehmen erhalten und sichern (Drucksachen 14/4934, 14/8352) . . . . 22099 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Wilhelm Josef Sebastian, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wettbewerbsfähigkeit des deut- schen Güterkraftverkehrsgewer- bes erhalten und sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans- Michael Goldmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Wettbewerbsnachteile für deut- sches Güterkraftverkehrsgewerbe beseitigen (Drucksachen14/4150,14/4396,14/8349) 22099 B Wilhelm Josef Sebastian CDU/CSU . . . . . . . 22099 C Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 22100 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22101 C Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Dr. Peter Eckardt, Jörg Tauss, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hoch- schulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) (Drucksache 14/8361) . . . . . . . . . . . . 22102 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 III b) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Maritta Böttcher, Dr. Heinrich Fink, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Ände- rung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) (Drucksache 14/8295) . . . . . . . . . . . . . 22102 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ein neues Hoch- schuldienstrecht für eine moderne, leis- tungsfähige und attraktive Bildung und Forschung in Deutschland (Drucksache 14/7077) . . . . . . . . . . . . . . . 22102 B Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22102 C Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Heidemarie Ehlert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der PDS: Bekämpfung der Steuer- kriminalität durch kontinuierliche und bundeseinheitliche Betriebsprüfung (Drucksachen 14/1192, 14/7704) . . . . . . . 22103 B Heidemarie Ehlert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 22103 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22104 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 22105 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Heiner Geißler, Dr. Christian Schwarz- Schilling und Dr. Rita Süssmuth (alle CDU/CSU) zu einer namentlichen Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steue- rung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Inte- gration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Auf- enthalts und der Integration von Unionsbür- gern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) . . . . . . . . 22106 A Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Norbert Blüm (CDU/CSU) zu einer na- mentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufent- halts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Rege- lung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwande- rungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) . . . . . . . . 22106 D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zu einer namentlichen Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Inte- gration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Auf- enthalts und der Integration von Unionsbür- gern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) . . . . . . . . 22107 A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Ände- rung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (10. SGB V-Änderungsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22107 D Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22107 D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank – des Entwurfs eines Gesetzes über die inte- grierte Finanzdienstleistungsaufsicht – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Vorschlag für eine Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002IV Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichti- gung der Kreditinstitute, Versicherungs- unternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 92/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europä- ischen Parlaments und des Rates (Tagesordnungspunkt 24 a und b) . . . . . . . . . 22109 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 22109 A Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Beschlussempfehlung und Bericht: Wettbe- werbsfähigkeit der deutschen Omnisbus- unternehmen erhalten und sichern – Beschlussempfehlung und Bericht: Wettbe- werbsfähigkeit des deutschen Güterkraft- verkehrsgewerbes erhalten und sichern – Antrag: Wettbewerbsnachteile für deutsches Güterkraftverkehrsgewerbe beseitigen (Tagesordnungspunkt 23 a und b) . . . . . . . . . . 22109 C Hans-Günter Bruckmann SPD . . . . . . . . . . . 22109 D Reinhold Strobl (Amberg) SPD . . . . . . . . . . . 22112 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22113 A Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . 22113 C Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 22114 A Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Entwürfe eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) – des Antrags: Ein neues Hochschuldienst- recht für eine moderne, leistungsfähige und attraktive Bildung und Forschung in Deutschland (Tagesordnungspunkt 25 a und b und Zusatz- tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22115 A Dr. Peter Eckardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 22115 A Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 22115 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22117 C Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22118 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 22118 D Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Bekämpfung der Steuerkriminalität durch kontinuierliche und bundeseinheitliche Betriebsprüfung (Tagesordnungspunkt 26) . . . 22119 D Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22119 D Elke Wülfing CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 22121 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22122 B Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . 22122 D Anlage 10 Technisch bedingter Neuabdruck einer zu Pro- tokoll gegebenen Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Unterhaltsvorschussgesetzes – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (218. Sitzung Tagesordnungspunkt 10 a und b) 22123 A Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22123 B Anlage 11 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22124 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 V Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 Heidemarie Ehlert 22104 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22105 (C) (D) (A) (B) Aigner, Ilse CDU/CSU 01.03.2002 Behrendt, Wolfgang SPD 01.03.2002* Blumenthal, Antje CDU/CSU 01.03.2002 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 01.03.2002 Carstens (Emstek), CDU/CSU 01.03.2002 Manfred Eich, Ludwig SPD 01.03.2002 Faße, Annette SPD 01.03.2002 Fischer (Homburg), SPD 01.03.2002 Lothar Dr. Friedrich CDU/CSU 01.03.2002 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 01.03.2002 Peter Graf (Friesoythe), SPD 01.03.2002 Günter Haack (Extertal), SPD 01.03.2002 Karl-Hermann Hartnagel, Anke SPD 01.03.2002 Hauser (Rednitz- CDU/CSU 01.03.2002 hembach), Hansgeorg Dr. Höll, Barbara PDS 01.03.2002 Dr. Hornhues, CDU/CSU 01.03.2002* Karl-Heinz Ibrügger, Lothar SPD 01.03.2002** Imhof, Barbara SPD 01.03.2002 Irber, Brunhilde SPD 01.03.2002 Irmer, Ulrich FDP 01.03.2002 Jaffke, Susanne CDU/CSU 01.03.2002 Dr. Kenzler, Evelyn PDS 01.03.2002 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ 01.03.2002 DIE GRÜNEN Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 01.03.2002 Lamers, Karl CDU/CSU 01.03.2002 Leidinger, Robert SPD 01.03.2002 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 01.03.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 01.03.2002* Lippmann, Heidi PDS 01.03.2002 Michelbach, Hans CDU/CSU 01.03.2002 Mosdorf, Siegmar SPD 01.03.2002 Parr, Detlef FDP 01.03.2002 Pieper, Cornelia FDP 01.03.2002 Pofalla, Ronald CDU/CSU 01.03.2002 Roos, Gudrun SPD 01.03.2002 Rühe, Volker CDU/CSU 01.03.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 01.03.2002 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 01.03.2002 Hans Peter Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 01.03.2002 Andreas Dr. Schubert, Mathias SPD 01.03.2002 Schuhmann (Delitzsch), SPD 01.03.2002 Richard Seehofer, Horst CDU/CSU 01.03.2002 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 01.03.2002 Dr. Staffelt, Ditmar SPD 01.03.2002 Steinbach, Erika CDU/CSU 01.03.2002 Streb-Hesse, Rita SPD 01.03.2002 Strebl, Matthäus CDU/CSU 01.03.2002 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 01.03.2002 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 01.03.2002 Dr. Westerwelle, Guido FDP 01.03.2002 Wieczorek (Duisburg), SPD 01.03.2002 Helmut * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlametarischen Versamm- lung der NATO entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Dr. Heiner Geißler, Dr. Christian Schwarz-Schilling und Dr. Rita Süssmuth (alle CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufent- halts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Aus- ländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) Unsere Zustimmung zum Gesetzentwurf der Koalition zur Zuwanderung beruht auf folgenden Gründen: Erstens. Wir entscheiden über das vorliegende Zuwan- derungsgesetz nach unserer Grundüberzeugung und nach unserem Gewissen. Die Frage, welches Schicksal Kinder und Erwachsene erleiden, wenn sie als Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchen, ist für uns ethisch von genau so großer Bedeutung wie etwa die Frage des Embryonen- schutzes. Zweitens. Der Gesetzentwurf der Koalition ist nicht ohne Fehler und Schwächen, er ist aber eindeutig besser als das geltende Recht. Wenn das Gesetz nun scheitert, wird der jetzige, unbefriedigende Zustand verlängert. Dies ist für die betroffenen Menschen nicht zumutbar. Dann wird weitergehen, was die Union zu Recht kritisiert, nämlich die ungeregelte Zuwanderung in die Sozialsys- teme. Die Integration wird weiterhin keine gesetzliche Regelung haben. Auch der Status der Flüchtlinge wird im Neben- und Durcheinander des geltenden Ausländerrech- tes nicht verbessert. Deshalb brauchen wir eine Reform, auch wenn sie nicht perfekt ist. Wir können nicht akzep- tieren, dass in der drittgrößten Industrie- und Handelsna- tion der Welt die überfällige Reform des Ausländer- und Zuwanderungsrechts wegen einiger weniger Meinungs- verschiedenheiten scheitern soll. Deutschland braucht Zuwanderung auch unter volks- wirtschaftlichen Aspekten. Das Argument, dass eine wei- tere Zuwanderung angesichts der hohen Arbeitslosenzahl nicht notwendig sei, hält einer differenzierten Betrach- tung nicht stand. Drittens. Der Gesetzentwurf bringt entscheidende und überfällige humanitäre Verbesserungen für die Flücht- linge, zum Beispiel: Die aufenthaltsrechtliche Stellung von Konventionsflüchtlingen („kleines Asyl“) wird durch die Abschaffung der Duldung und durch die Angleichung an den Status von Asylberechtigten entscheidend verbes- sert. Beide Flüchtlingsgruppen erhalten eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die nach drei Jahren bei unverän- derter Verfolgungssituation in ein Daueraufenthaltsrecht verwandelt wird. Damit wird den Betroffenen ein men- schenwürdiges Leben in Deutschland ermöglicht. Opfer von nicht staatlicher und geschlechtsspezifi- scher Verfolgung erhalten einen verbesserten Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention: Dies ist im Ein- klang mit der Rechtspraxis, die in fast allen europäischen Ländern üblich ist. Die Einführung einer Härtefallregelung erlaubt es in besonders gelagerten Härtefällen, Menschen, denen bis- her keine Aufenthaltstitel erteilt werden konnte, aus drin- genden humanitären oder persönlichen Gründen die wei- tere Anwesenheit im Bundesgebiet zu ermöglichen. Schutzbedürftige erhalten mit der Aufenthaltserlaub- nis, im Gegensatz zur bisherigen Duldung, einen recht- mäßigen Aufenthaltsstatus. Die erleichterte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in humanitären Fällen ermöglicht einen – wenn auch einge- schränkten – Familiennachzug. Diese und andere Verbesserungen gestalten das Aus- länderrecht einfacher und gleichzeitig humaner. Da wir uns seit Jahren für diese positiven Veränderun- gen des Ausländerrechts eingesetzt haben, würde es unse- ren Pflichten als Abgeordnete entsprechend Art. 38 des Grundgesetzes widersprechen, diese im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen abzulehnen. Viertens. Mit unserer Entscheidung wissen wir uns in Übereinstimmung mit den ethischen Grundsätzen unserer Partei, wie sie im Grundsatzprogramm der CDU auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes niedergelegt worden sind. Unsere Entscheidung soll auch als Signal dafür verstanden werden, im weiteren Gesetzgebungsver- fahren doch noch zu einer Einigung zwischen den politi- schen Parteien zu kommen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Norbert Blüm (CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Be- grenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unions- bürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) Ich lehne das Zuwanderungsgesetz ab, weil seine Re- gelungen zynisch gegenüber den ärmeren Ländern und rücksichtslos gegenüber Arbeitslosigkeit in Deutschland ist – egal, ob es sich um Arbeitslosigkeit von Ausländern oder von Deutschen handelt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222106 (C) (D) (A) (B) „Die Qualifizierten in den ärmeren Ländern abzusah- nen“ ist das Gegenteil von Entwicklungshilfe. Die ärme- ren Länder bezahlen die Ausbildung, die reichen nutzen sie. Ein 40-jähriger Informatiker hat es in Deutschland schwer, Arbeit zu finden. Für ihn holen wir einen jünge- ren und billigeren Informatiker aus Indien. Das ist ein be- quemer Fluchtweg aus dem Kampf gegen die Arbeitslo- sigkeit hierzulande. Die Regelung im Gesetzentwurf zum Asyl- und Aus- länderrecht halte ich für richtig. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zu der na- mentlichen Abstimmung über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und über den von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Be- grenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unions- bürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 14/7987, 14/8046, Drucksache 14/7387 und Drucksache 14/8395) Ich stimme gegen den Regierungsentwurf für ein Zu- wanderungsgesetz. Dabei leiten mich – kurz gefasst – die folgenden Motive: Ich erkenne an, dass im Gesetz einige positive Punkte enthalten sind, etwa die Anerkennung nicht staatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Fluchtgrund, der zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus führt. Die negativen Seiten des Gesetzes sind jedoch für mich weitauszahlreicher und gewichtiger: Kinder werden noch stärker benachteiligt als bisher. Abgesehen von einigen Ausnahmefällen ist das Höchstal- ter für den Nachzug auf zwölf Jahre (bisher waren es 16) abgesenkt worden. Ansonsten gibt es keine Änderungen zugunsten von Minderjährigen. Spätestens ab 16 Jahren werden Jugendliche weiterhin durch die Mühlen des Asyl- verfahrens getrieben, in Abschiebehaft genommen und abgeschoben. Noch mehr Menschen als bisher werden der sozialen Ausgrenzung in Gestalt des Asylbewerberleistungsgeset- zes unterworfen. Die Abschiebungshaft wird nicht abge- schafft, sondern im Gegenteil noch durch die ominösen Ausreisezentren erweitert. Auch die Residenzpflicht bleibt nicht nur bestehen, sondern wird auf alle ausreise- pflichtigen AusländerInnen ausgedehnt. Es gibt keinen Einstieg in die Lösung der Probleme von Menschen ohne Papiere. Die humanitäre Hilfe für diese Personen bleibt weiterhin im Grundsatz mit Strafe bedroht. Schulen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen sind wie bisher verpflichtet, Daten von „Illegalen“ an Polizei und Aus- länderbehörde weiterzugeben. Weiterhin wird Flüchtlingen ein Abschiebungsschutz verweigert, wenn die Gefahren, die ihnen drohen, „allge- meine“ sind (zum Beispiel Krieg oder Katastrophen). „Nachfluchtgründe“, das heißt etwa drohende Verfolgung wegen exilpolitischer Tätigkeit, sollen nicht mehr zum Abschiebungsschutz führen. Das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses wird nicht in jedem Fall zur Erteilung einer Aufenthaltserlaub- nis führen. Nur wer nachweisen kann, dass er auch in ir- gendeinen dritten Staat nicht ausreisen kann, wird einen solchen Aufenthaltstitel bekommen. Viele, die bisher nur eine „Duldung“ erhalten haben, werden weiterhin allen- falls mit einer „Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung“ ihr Überleben versuchen müssen. Ein Asylsuchender, der seine Pflicht verletzt, sich un- verzüglich bei der zuständigen Aufnahmestelle zu mel- den, zum Beispiel weil er noch Freunde oder Verwandte besuchen will, wird sich plötzlich vor der Situation ge- stellt sehen, dass sein Asylantrag nur noch als „Folgean- trag“ gilt und alle Ereignisse, die vor der Flucht stattge- funden haben, nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Das ist eine klare Verletzung der Genfer Flüchtlingskon- vention, aber dies scheint SPD und Grüne nicht zu stören. Wer es ernst meint mit Menschenrechten, kann sich von diesem Gesetzentwurf nur mit Grausen abwenden. Deshalb kann es für mich nur eine Ablehnung des Geset- zes geben. Die Einwanderung wird zum Thema eines extrem po- larisierten Wahlkampfes werden. Hieran wird auch eine Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes nichts än- dern. Gegen die diskriminierende Propaganda der Union unter Edmund Stoiber wird es mit dieser CDU/CSU al- lenfalls auf Kosten der Betroffenen gehen. Daran kann ich mich nicht beteiligen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Zehnten Geset- zes zur Änderung des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (10. SGB V-Änderungsgesetz) (Tages- ordnungspunkt 22) Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zunächst einmal freue ich mich, dass das Fallpau- schalengesetz vor wenigen Stunden beschlossen worden ist. Damit wurde der Weg frei gemacht für eine wirkliche Reform in der Krankenhausfinanzierung. Für die Siche- rung der Beitragssatzstabilität wurde ein entscheidender Beitrag geleistet. Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf: Die Rahmen- bedingungen des vorliegenden Gesetzentwurfes sind Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22107 (C) (D) (A) (B) von außen vorgegeben und begrenzen damit unseren Entscheidungsspielraum maßgeblich. Es ist zum einen die Entscheidung des Verfassungsgerichtes zum Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung und eine Mittei- lung des Bundesrechnungshofes über den Zeitpunkt der Überweisung der Krankenversicherungsbeiträge der Rentner durch die Rentenversicherung an die GKV. Aber auch die Alternativen schränken den Raum für vernünf- tige Entscheidungen ein. Würde unter den gegebenen Be- dingungen der Bundestag nicht handeln, tritt also gemäß Verfassungsgerichtsurteil der Rechtszustand von vor 1993 wieder ein. Eine Belastung der sozial schwachen Rentner wollen wir nicht, denn sie würden durch höhere Beiträge zur Krankenversicherung wesentlich schlechter gestellt werden. Dass es sich hierbei um Personen mit kleinen, ja Kleinstrenten handelt, ist den Anwesenden hier ja bekannt. Da wir im Gegensatz zur früheren Regierung eine so- zial ausgewogene Politik machen, haben wir den vorlie- genden Gesetzentwurf eingebracht. Die Hintergründe des Gesetzentwurfs waren: Das Bundesverfassungsge- richt hatte die im Rahmen des Gesundheitsstrukturge- setzes von 1992 beschlossene Verschärfung der Voraus- setzungen für eine Versicherungspflicht als Rentner als verfassungswidrig erklärt. Das Gericht hat den Gesetz- geber aufgefordert, die allein auf einer unterschiedlichen Bewertung von freiwilligen und pflichtversicherten Ver- sicherungszeiten beruhende Schlechterstellung freiwil- lig versicherter Rentner bis zum 31. März 2002 zu be- seitigen. Und nun wird es interessant: Für den Fall, dass der Gesetzgeber dem nicht nachkommt, richtet sich nach der Vorgabe des Gerichts der Zugang zur Pflichtversi- cherung als Rentner vom 1. April 2002 an nach den Re- gelungen des Gesundheits-Reformgesetzes von 1988. Dieser Zusatz des Bundesverfassungsgerichts hat Geset- zeskraft und bedarf keiner ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung, sodass der Gesetzgeber nicht hätte handeln müssen. Eine gesetzliche Regelung des Mitgliedschafts- bzw. Beitragsrechts von Rentnern entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erscheint jedoch zum ge- genwärtigen Zeitpunkt nicht sachgerecht; denn es sollte keine Präjudizierung der Frage der künftigen Gestaltung des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werden. Die vom Bundesverfassungsge- richt geforderten Regelungen sollten daher in den Kontext einer grundlegenden Neuregelung des Beitragsrechts für alle Versichertengruppen gestellt werden. Wir werden mit dem Gesetz erreichen, dass die über- wiegende Zahl der freiwillig versicherten Rentner entlas- tet wird, weil sie geringere Beiträge auf Versorgungsbe- züge entrichten müssen und die Beitragspflicht sonstiger Einnahmen entfällt. Verfügen die Betroffenen neben der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch über keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen, müssen sie vom 1. April 2002 an einen höheren Krankenversiche- rungsbeitrag entrichten, da von ihrer Rente der gesetzli- chen Rentenversicherung von diesem Zeitpunkt an an- stelle des ermäßigten Beitragssatzes der allgemeine Beitragssatz erhoben wird. Gleichzeitig werden sie je- doch nicht wie die Rentner mit weiteren Einkünften ent- lastet. Eine Belastung kann auch für mitversicherte Fami- lienangehörige auftreten, die bislang keine Beiträge auf Kleinrenten zahlen mussten und durch den Beschluss des Gerichtes zukünftig Krankenversicherungsbeiträge zah- len müssen. Aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes derjenigen, die mit einer Beitragsmehrbelastung nicht rechnen konnten, sieht der Gesetzentwurf der Koaliti- onsfraktionen die Möglichkeit vor, diese Beitragsmehr- belastungen zu vermeiden. Die Rentenbezieher, die bis zum 31. März 2002 freiwillige Mitglieder sind, weil sie die durch das Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 ver- schärften Voraussetzungen für den Eintritt der Versiche- rungspflicht als Rentner nicht erfüllt haben und auf- grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 1. April 2002 an als Rentner versicherungspflichtig werden würden, sollen die Möglichkeit haben, weiter als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversi- cherung versichert zu sein. Durch Ausübung dieses Bei- trittsrechts können die Betroffenen de facto ihren bishe- rigen Status erhalten. Sie haben damit die Möglichkeit, Beitragsmehrbelastungen aufgrund des Eintritts der Ver- sicherungspflicht für sich und für ihren Ehegatten zu vermeiden, wenn dieser bis zum 31. März 2002 bei- tragsfrei familienversichert ist und ebenfalls seit dem 1. April 2002 als Rentner versicherungspflichtig werden würde. Und noch ein Wort zu den Kosten: Natürlich hat das Urteil finanzielle Auswirkungen. Circa 250 Millionen Euro wird die Beitragsentlastung der Rentner den Kran- kenkassen kosten. Bis zu 50 Millionen Euro sind durch die Rentenversicherung mehr an die Krankenversiche- rung zu überweisen. Die Krankenkassen haben in Kennt- nis des Urteils die Kosten in ihren Haushalten berück- sichtigt. Das Optionsrecht der Versicherten kann die Krankenkassen zusätzlich mit bis zu 40 Millionen Euro belasten. Jedoch steht der Belastung der Krankenkasse eine Entlastung der Rentenkasse gegenüber. Kosten wären also in jedem Fall für einen Zweig der Sozialversi- cherung aufgetreten. In den von den Koalitionsfraktionen mit den Rentenversicherungsträgern und den Spitzenver- bänden vorab geführten Gesprächen haben diese ihre Zu- stimmung zum vorgelegten Gesetz signalisiert. Somit ist die Entscheidung eine einfache: Zusätzliche Kosten wer- den bei den betroffenen Rentnern vermieden. Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Urteil des Verfassungsgerichtes. Dieses hat in seiner Urteilsfindung ausdrücklich nicht die Einbeziehung weiterer Einkom- mensarten in die Beitragsbemessung für verfassungswid- rig erklärt. Mit diesem Urteil ist die Entwicklung neuer Finanzierungskonzepte nicht eingeschränkt worden. Hier muss in Zukunft grundsätzlich neu überlegt werden. Stimmen sie dem Gesetz zu und tragen Sie mit dazu bei, dass es eine sozial gerechte Lösung für Rentner mit geringem Einkommen gibt, und beteiligen Sie sich aktiv an der solidarischen Fortentwicklung der GKV. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222108 (C) (D) (A) (B) Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank – des Entwurfs eines Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 92/22/EWGdes Rates und derRichtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Tagesordnungspunkt 24 a und b) Dr. Barbara Höll (PDS): Zum 1. Januar sind die geld-, wirtschafts- und währungspolitischen Entschei- dungsbefugnisse der Bundesbank auf das Europäische System der Zentralbanken übergegangen. Sie hat nun vor allem die Aufgabe, die Geldpolitik der Europäischen Zen- tralbank national umzusetzen. Es ist deshalb unbestritten, dass die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen sowie der organisatorische Aufbau der Bundesbank an die neuen Anforderungen angepasst werden müssen. Notwendig ist gleichzeitig eine Effektivierung und Verschlankung der Strukturen sowohl in der Spitze als auch in anderen Tätig- keitsbereichen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Kompromiss und wird der Entwicklung adäquat gerecht. Deutliche Kritik muss jedoch daran geübt werden, dass diese grundlegend neue Ausrichtung der Bundesbank nicht dazu genutzt wurde, die Mitwirkungsrechte der Be- legschaft zu verbessern. Diese Chance wurde vertan. Im Rahmen der Behandlung des Gesetzentwurfes wurden seitens der Gewerkschaften Vorschläge unterbreitet, den Beschäftigten Sitz und Stimme im Verwaltungsbeirat zu geben. Damit hätten sich zukünftig auch die Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer wirksam an der inneren Ge- staltung der Bundesbank beteiligen können. Sie sind auf diese Vorschläge nicht eingegangen. Wir fordern Sie des- halb auf, dieses Defizit im Rahmen der Verhandlungen im Bundesrat zu beseitigen. Insgesamt stimmen wir dem Ge- setzentwurf zur Strukturreform der Bundesbank zu. Mit der Bundesbankstrukturreform wird auch ein Ge- setz zur Schaffung einer Allfinanzaufsicht verabschiedet. Die Aufgaben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamts für Versicherungswesen und des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel sollen künftig in einer sektorübergreifenden Allfinanzaufsicht zusammengeführt werden. Angesichts des Wandels der Finanzmärkte ist dies ein sinnvoller Schritt, denn klar ist, dass Banken heute nicht mehr nur Angebote über Anla- gemöglichkeiten oder günstige Kredite, sondern auch Versicherungen und demgegenüber Versicherungsunter- nehmen auch Sparpläne und Anlagemöglichkeiten anbie- ten. Auch wenn meines Erachtens in Zukunft Finanzkon- glomerate nicht bestimmend sein werden, so wird deut- lich, dass die Kooperation von Banken, Finanzdienstleis-tern und Versicherern stetig zunimmt, die Produkte immer mehr verschwimmen. Weiterhin ver- stärken sich permanent die Wechselbeziehungen zwi- schen Bank- und Kapitalmarktfinanzierung. Eine einheit- liche Aufsicht über die Anbieter und ihre Produkte ist da nur sinnvoll. Diese hat sich ja auch international bewährt, unter anderem in Japan, der Schweiz oder in den skandi- navischen Ländern. Durchaus unterstützenswert ist auch die hier gefun- dene Lösung, die Bundesbank in die Behörde zu integrie- ren und ihr entsprechende Rechte bei der Aufsicht der knapp 3 000 Banken und Institute einzuräumen. Ich denke, hier wird vorhandenes Know-how effektiv ge- nutzt. Aus diesem Grund werden wir den Gesetzentwurf un- terstützen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Beschlussempfehlung und Bericht: Wettbewerbs- fähigkeit der deutschen Omnibusunternehmen er- halten und sichern – Beschlussempfehlung und Bericht: Wettbewerbs- fähigkeit des deutschen Güterkraftverkehrsgewer- bes erhalten und sichern – Antrag: Wettbewerbsnachteile für deutsches Gü- terkraftverkehrsgewerbe beseitigen (Tagesordnungspunkt 23 a und b) Hans-Günter Bruckmann (SPD): Ziel unserer Poli- tik ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Omni- busunternehmen und des deutschen Güterkraftgewerbes zu erhalten und für die Zukunft zu sichern, denn die Bun- desregierung und die sie tragende Regierungskoalition sind sich der Bedeutung dieser Wirtschaftszweige als be- vorzugte Träger der Alltags- und Freizeitmobilität und des Güterkraftverkehrs in Deutschland bewusst. Die Fakten liegen klar auf der Hand: Der Omnibus ist nach dem Auto das zweitwichtigste Beförderungsmittel und im ÖPNV ist er sogar die Nummer eins. Das Güterkraftverkehrsgewerbe ist Hauptträger des Wirtschaftsverkehrs in Deutschland und Europa im Nah- und Fernverkehr Für diese Branchen prägend und erfolgreich sind ins- besondere die vielen mittelständisch strukturierten Unter- nehmen, die sich durch Eigeninitiative, Mut, Phantasie und Innovation auszeichnen. Mit ihrer Anpassungs- und Innovationsfähigkeit sorgen sie dafür, dass viele Men- schen in den Unternehmen Arbeit haben. Auch in schwie- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22109 (C) (D) (A) (B) rigen Zeiten haben diese Betriebe ihre Leistungsfähigkeit – allen Unkenrufen zum Trotz – unter Beweis gestellt. Die CDU/CSU geht davon aus, dass unser deutsches Omnibusgewerbe und der Güterkraftverkehr auf Dauer weder konkurrenz- noch überlebensfähig sind. Beim Bus- verkehr wird außerdem unterstellt, dass die mittelständi- schen Verkehrsunternehmen nach dem Verordnungs- entwurf der Europäischen Kommission über die Liberali- sierung des ÖPNV einem „ruinösen Konkurrenzkampf`“ mit europaweit tätigen Konzernen ausgesetzt sind, während die kommunalen Verkehrsbetriebe vom Anwen- dungsbereich der neuen Regelung ausgenommen werden sollen. Die Lösung wird in der Abschaffung der Öko- steuer und der Gewährung von Steuervergünstigungen und/oder -befreiungen zugunsten des ÖPNV und der Bus- touristik gesehen. Was hat die Regierung für diesen Bereich der Ver- kehrswirtschaft getan? Zur Unterstützung dieser Branche der Verkehrswirtschaft hat das Ministerium im Mai 2000 ein Eckpunktepapier erstellt. Es enthält drei Kernbot- schaften: Erstens. Wir geben ein Signal für eine Qualitätsoffen- sive, um mehr Kunden zu gewinnen. Zweitens. Verkehrsunternehmen und Beschäftigte müssen sich auf mehr Wettbewerb einstellen. Sie können aber darauf bauen, dass der Gesetzgeber ihnen dabei ei- nen fairen Ordnungsrahmen garantiert. Drittens. Gemeinsam mit den Ländern wollen wir effi- ziente und verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen für den ÖPNV schaffen. Darüber hinaus hat die Steuerreform positive Rahmen- bedingungen zur Förderung der unternehmerischen Eigen- initiative geschaffen (Nettoentlastung für den Steuerzah- ler 55 Milliarden Euro von 1998 bis 2005, davon entfallen rund 16,5 Milliarden Euro auf den Mittelstand). Die Vor- teile der kurzen Abschreibungsdauer bei Omnibussen bleiben erhalten. Im Rahmen der ökologischen Steuerre- form wird nur der halbe Erhöhungssatz (1,5 statt 3 Cent/Liter bei Diesel) für im ÖPNV eingesetzte Busse erhoben. Der Eingangssteuersatz bei der Einkommen- steuer wird stufenweise von 25,9 Prozent (1998) auf 15 Prozent (2005) gesenkt. Der Spitzensteuersatz wird von 53 Prozent (1998) auf 42 Prozent (2005) herabge- setzt. Personenunternehmen werden zusätzlich dadurch entlastet, dass sie faktisch keine Gewerbesteuer zahlen, weil sie ihre Gewerbesteuer pauschaliert auf die Einkom- mensteuer anrechnen lassen können. Mit der zum 1. Ja- nuar in Kraft getretenen steuerfreien Reinvestitionszulage und der Freibetragserhöhung bei Betriebsveräußerungen sind weitere wichtige Elemente zur Förderung der mittel- ständischen Unternehmen im Verkehrsbereich geschaffen worden. Was uns gemeinsam freuen kann, ist die Tatsache, dass unser gemeinsamer Antrag vom 24. Januar 2001 zur EU- Verordnung über die Liberalisierung im ÖPNV auf Schiene und Straße bei der Behandlung im Europaparla- ment positive Wirkung gezeigt hat: Es werden ausrei- chende Übergangsfristen für den geregelten Wettbewerb eingeräumt. Die Technik-, Qualitäts- und Umweltstan- dards werden ebenso wie Arbeits- und Sozialstandards Kriterien einer Ausschreibung oder Vergabe sein. Unser Gesetzentwurf zur Tariftreue hilft gleichermaßen den Bus- unternehmen wie den Verkehrsunternehmen in öffentli- cher Hand im europäischen Wettbewerb. Außerdem bleiben wir bei der Förderung des Schie- nenverkehrs und des ÖPNV auf hohem Niveau: Die Mit- tel aus dem GVFG und die Regionalisierungsmittel liegen bei über 8 Milliarden Euro. Wir haben durch Regierungs- handeln die Zukunftsfähigkeit der Omnibusunternehmen gesichert. Zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Wettbewerbs- fähigkeit des deutschen Güterkraftverkehrs erhalten und sichern“, Drucksache 14/4150 vom 26. September 2000, und zum Antrag der FDP-Fraktion „Wettbewerbsnach- teile für deutsches Güterkraftverkehrsgewerbe beseiti- gen“, Drucksache 14/4378 vom 25. Oktober 2000: Ich sage Ihnen sicherlich nichts Neues, wenn ich feststelle, dass auch wir das Wohl der deutschen Spediteure nicht vernachlässigen – und auch in Zukunft nicht vernachläs- sigen werden. Dennoch können wir beide Anträge nur ab- lehnen; sind doch die dort enthaltenen Forderungen ent- weder untauglich oder überholt. Eine lange Liste schöner Wünsche, in der Tat. Aber ich sagte es bereits: Manche dieser Wünsche sind längst erfüllt – andere machen we- nig Sinn. Lassen Sie mich im einzelnen auf Einige der genann- ten Punkte eingehen: Bei der Harmonisierung sind in den letzten Jahren Fortschritte erreicht worden wie zum Beispiel: Die verur- sachergerechte Anlastung der Wegekosten wurde geregelt durch Richtlinie 1999/62/EG. Ein Vorschlag zur Regelung der Arbeitszeit des fahrenden Personals im Straßenver- kehr liegt vor. Am 5. Februar 2002 hat das EP das Ergeb- nis des Vermittlungsverfahrens gebilligt. Ein Richtlinien- vorschlag zur Ausdehnung des Geltungsbereichs der RL 92/6/EWG über Geschwindigkeitsbegrenzer auf Perso- nen- und Lastkraftwagen mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen liegt seit Juni vor. Der Wirtschafts- und Sozi- alausschuss hat am 28. November 2001 Stellung genom- men. Zum Thema Kabotage: Die sozialverträgliche Öffnung des Marktzugangs im Straßenverkehr ist bei der EU- Osterweiterung im Verkehrsbereich aus deutscher Sicht angesichts des starken Lohngefälles zu den mittel- und osteuropäischen Staaten (10:1) tatsächlich das gravie- rendste Problem. Um dem deutschen Transportgewerbe eine längere Eingewöhnungszeit zu verschaffen, bis sich das Lohnni- veau in den Beitrittsländern zumindest dem EU-Durch- schnitt angenähert hat, hat Deutschland bei der Festle- gung der EU-Verhandlungsposition für Marktzugang im Straßenverkehr ein Vorgehen in drei Phasen gefordert: Vor dem Beitritt: erste Schritte zur Erweiterung des Marktzugangs im internationalen Verkehr, um auch deut- sches Gewerbe auf Marktöffnung vorzubereiten. Mit dem Beitritt: volle Öffnung des Marktzugangs im grenz- überschreitenden Verkehr, erste Schritte zur Öffnung der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222110 (C) (D) (A) (B) Kabotage. Volle Öffnung der Kabotage erst einige Jahre nach dem Beitritt. Dieser deutsche Dreistufenplan für den Straßengüter- verkehr hat bisher aber die notwendige Unterstützung noch nicht gefunden. Wir werden daran weiter arbeiten. Im Dezember 2001 hat die Gemeinschaft ihre gemein- same Position im Verkehrskapitel zu Estland, Litauen, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Lettland und Slowenien festgelegt. Sie beinhaltet folgende Regelung (so genannte 3+2- bzw. 2+2+1-Lösung): Für Ungarn (und voraussicht- lich Polen): dreijährige allgemeine Übergangsfrist ab Bei- tritt bis zur Freigabe der Kabotage mit Verlängerungs- möglichkeit um zwei Jahre. Für Estland, Litauen, Slowakei, Tschechien, Lettland: zweijährige allgemeine Übergangsfrist ab Beitritt bis zur Freigabe der Kabotage mit Verlängerungsmöglichkeit um zwei Jahre und weite- rer Verlängerungsmöglichkeit um ein Jahr. Für alle genannten Staaten gilt weiterhin: Während der Übergangszeit soll grundsätzlich Kabotageverbot gelten. Bilateral können Mitgliedstaaten und Beitrittsländer sich gegenseitig Kabotage auf ihrem Territorium einräumen. Im Verhältnis zu Slowenien bestehen keine Übergangs- fristen. Damit ist dem deutschen Interesse an einer mög- lichst langen Übergangsfrist zugunsten des deutschen Transportgewerbes Rechnung getragen. Thema: graue und illegale Kabotage: Illegale Beschäf- tigung war und ist in der Tat ein drängendes Problem für das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe. Aber die Bun- desregierung hat sich diesem Problem gestellt und mit dem Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Straßengüterverkehr (GüKBIIIBG) ein Instrument geschaffen, um Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich nachhaltig zu bekämpfen. Dieses Gesetz ist am 7. September 2001 in Kraft getreten. Zum Punkt wettbewerbsverträgliche Einführung der LKW-Maut: Weder wir noch die Bundesregierung ver- kennen, dass durch die künftige LKW-Maut auf Bundes- autobahnen eine Kostenmehrbelastung für das Güter- kraftverkehrsgewerbe eintreten wird, die ganz überwiegend den Fernverkehr betrifft. Mit der entfer- nungsabhängigen LKW-Gebühr bezahlen künftig alle LKW-Unternehmer für die Anzahl der Kilometer, die sie auf deutschen Autobahnen fahren. Im internationalen Wettbewerb wird die LKW-Maut für deutsche Transport- unternehmen daher eher Vorteile bringen, da ausländische LKW erstmals zu einer wesentlich verursachergerechte- ren Wegekostenanlastung als bisher herangezogen wer- den. Die Bundesregierung unternimmt zudem alle Anstren- gungen, um die Einführung der LKW-Maut mit einem größtmöglichen Harmonisierungsschritt im europäischen Rahmen zu verbinden. Dies schließt die Anstrengungen ein, dass die Vergünstigungen, die Unternehmen in ande- ren EU-Mitgliedstaaten befristet zugute kommen, wie vorgesehen Ende 2002 auslaufen. In diese Aktivitäten ist die Vereinbarung von Bundes- minister Bodewig mit dem Präsidenten des Bundesver- bandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V., Herrn Grewer, vom 10. Januar 2002 einzureihen, die eine Konkretisierung eines EU-kompatiblen Modells zur An- rechnung von Mineralölsteueranteilen für mautpflichtige LKWvorsieht (Volumen: 260 Millionen Euro). Eine voll- ständige Kompensation der Maut würde dem Ziel der ge- rechteren Wegekostenanlastung nicht entsprechen und zudem keine zusätzlichen Finanzmittel für dringend not- wendige Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen ermöglichen. Zum anderen entlastet das bereits zum Thema Busver- kehr von mir angesprochene Steuersenkungsgesetz das vorwiegend mittelständisch geprägte Transportgewerbe und durch den Wegfall der Eurovignette wird das Ge- werbe pro LKWum durchschnittlich 1 380 Euro entlastet. Zum Punkt Abschaffung der Ökosteuer: Nein, wir wer- den die ökologische Steuerreform nicht rückgängig ma- chen! Warum? Ich möchte an dieser Stelle gar nicht ver- tiefen, dass während Ihrer Regierungszeit zwischen 1989 und 1994 die Benzinsteuer um 50 Pfennige erhöht worden ist, ohne dass mit dem Steuermehraufkommen andere Steuern gesenkt worden wären. Und ich scheue mich schon fast, zu erwähnen, dass Ihr Antrag natürlich keine Vorschläge dazu enthält, wie denn die mit der Aufhebung der ökologischen Steuerreform verbundenen Minderein- nahmen für den Bundeshaushalt ausgeglichen werden sollen, um ein erneutes Ansteigen der Lohnnebenkosten (Rentenversicherungsbeiträge) zu verhindern. Lassen Sie mich stattdessen einfach darauf hinweisen, dass der Anteil der Kraftstoffkosten und erst recht der An- teil der Ökosteuer an den Kosten des Straßengütergewer- bes deutlich geringer ist als der der Lohnkosten. Nicht einmal Edmund Stoiber würde daher die ökologische Steuerreform umkehren wollen, wie sich ja mittlerweile herausgestellt hat. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Wir lehnen den Antrag ab. Im Antrag der FDP wird auf die Abschreibungsfristen (AfA) eingegangen. Zur Klarstellung: Die branchenspe- zifische Abschreibungstabelle für die Personen- und Gü- terbeförderung bleibt dem Güterkraftverkehrsgewerbe er- halten. Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Weißbuch über Har- monisierungsdefizite bei Verkehrsdienstleistungen“ Drucksache 14/4378 vom 24. Oktober 2000: Laut Antrag der Opposition soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, die EG-Kommission darauf zu drängen, in einem Weißbuch bestehende Regelungs- und Vollzugs- defizite bei der Harmonisierung der Wettbewerbs- bedingungen für Verkehrsdienstleistungen, auch in Hin- blick auf den Beitritt der MOE-Staaten, aufzuzeigen. Die- sen Antrag können wir – wie die vorigen Anträge auch – nur ganz klar ablehnen. Zwar ist es richtig, dass die Liberalisierung des Markt- zuganges im Straßengüterverkehr mit der völligen Frei- gabe der Kabotage in der EG zum 1. Juli 1998 vollendet wurde, und es ist auch richtig, dass es harmonisierter Wettbewerbsbedingungen, insbesondere bei den fiskali- schen, sozialen und technischen Vorschriften, bedarf, da- mit der durch die Liberalisierung freigegebene Wettbe- werb ohne Wettbewerbsverzerrungen vonstatten gehen kann. Genauso richtig ist es aber auch, dass die Bundes- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22111 (C) (D) (A) (B) regierung stets Vorreiter war und ist, wenn es um die Har- monisierung der Wettbewerbsbedingungen geht, und genauso richtig ist es, dass die Forderung der Opposition nach Erstellung eines entsprechenden Weißbuches schon im Oktober 2000 überholt war. Umso mehr ist sie es jetzt. Die EU hat am 12. September 2001 ein neues Weiß- buch zur gemeinsamen Verkehrspolitik herausgegeben, das unter anderem auch auf Fragen der Harmonisierung, insbesondere der fiskalischen und sozialen Wettbewerbs- bedingungen, eingeht. Ein erneuter Vorstoß für einen ge- sonderten Bericht zu Harmonisierungsdefiziten ist daher auf absehbare Zeit weder zielführend noch erfolgverspre- chend. Aus diesem Grunde hat auch der EU-Ausschuss des Deutschen Bundestages den Antrag der Opposition ausdrücklich abgelehnt. Diese Entscheidung war völlig richtig. Wir können uns ihr nur anschließen. Reinhold Strobl (Amberg) (SPD):Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP fordern die Angleichung der Wettbe- werbsbedingungen für den Güterkraftverkehr im EU-Bin- nenmarkt. Sie rennen bei uns damit offene Türen ein. Des- halb hätte es dieser Entschließungsanträge gar nicht bedurft. Weil durch Ihre Anträge ein falscher Anschein er- weckt wird, meine Damen und Herren von der Opposi- tion, möchte ich klarstellen, dass die Bundesregierung auf EU-Ebene umfassend tätig ist und die volle Unterstützung der Koalitionsfraktionen hat. Die Beseitigung der Harmo- nisierungsdefizite im Bereich der Steuer- und Sozialvor- schriften im europäischen Güterkraftverkehrsmarkt ist er- klärtes Ziel unserer zukunftsorientierten Verkehrspolitik. Die Realität der europäischen Politik ist hart. Das ist auch den großen Europäern, gerade aus den Reihen der CDU/CSU, gut bekannt. Oft genug laufen nachbessernde Regulierungen der Liberalisierung im Binnenmarkt hin- terher. Wir haben, wie Sie wissen, seit 1. Juli 1998 die völlige Freigabe der Kabotage, aber keinen echten Binnenmarkt, was die ordnungspolitische Seite anbetrifft. Seit 1. Juli 1998 dürfen Unternehmer mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des Europä- ischen Wirtschaftsraums, die über Gemeinschaftslizenzen verfügen, ohne zahlenmäßige Einschränkung in anderen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten Binnenbeförderun- gen – Kabotage – durchführen. Es ist aber eine recht durchsichtige Strategie, die Bundesregierung für weiter- hin bestehende Defizite bei den Wettbewerbsbedingun- gen verantwortlich zu machen, obwohl Sie wissen, dass Fortschritte im Rat der Fünfzehn nur im Konsens erzielt werden können. Kommen wir zurück zur nationalen Ebene. Zum wie- derholten Mal hören wir die rückwärts gewandte Forde- rung nach Abschaffung der Ökosteuer. Tatsache ist, dass sich die Ökosteuer als weiterer Anreiz zur Verbesserung der Motorentechnik erwiesen hat. Ich erinnere auch an die satten Mineralölsteueraufschläge unter der früheren Bun- desregierung, die bekanntermaßen nichts mit Ökologie und Entlastung der Rentenbeitragszahler zu tun, sondern andere Gründe hatte. Es ist absurd, wenn Sie heute die Ökosteuer als Hauptproblem des deutschen Speditionsge- werbes ausmachen. Sie fordern damit nichts anderes als billigeren Diesel für LKWs. Das hat aber nichts mit Kli- maschutz zu tun. Im Übrigen – den Hinweis kann ich der CDU/CSU nicht ersparen – widerspricht Ihr Antrag den Forderungen Ihres Kanzlerkandidaten. Herr Stoiber kann mit Ihrer Ma- ximalposition offenbar nichts anfangen und eiert herum zwischen teilweise, schrittweise oder auch gar nicht. Was bleibt ihm auch anderes übrig, denn die Union hat in drei- einhalb Jahren keine seriösen Vorschläge zur Gegenfi- nanzierung vorgelegt. Sie sollten sich mehr mit den tatsächlichen Problemen des deutschen Speditionsgewerbes befassen. Die Branche leidet an Überkapazitäten, an Outsourcing – im Klartext heißt das: scheinselbstständige Einzelunternehmer – so- wie an der grauen und illegalen Kabotage. Die Regierungskoalition hat hier gehandelt. Am 7. September 2001 ist das Gesetz zur Bekämpfung der il- legalen Beschäftigung im gewerblichen Straßengüterver- kehr in Kraft getreten. Im Sommer 2002 tritt eine Verord- nung der Bundesregierung in Kraft, die eine einheitliche Fahrerbescheinigung für alle Fahrer auf Lastwagen mit EU-Lizenz vorschreibt. Seit 17. Oktober 2001 liegt ein Vorschlag zur Ände- rung der RL 3820/85 über Lenk- und Ruhezeiten vor. Seit Juni 2001 liegt ein Richtlinienvorschlag zur Ausdeh- nung des Geltungsbereichs der RL 92/6 EWG über Ge- schwindigkeitsbegrenzer auf Personen- und Lastkraftwa- gen mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen vor. Das EPhat am 17. Januar 2002 den Vorschlag der Kommission über eine Richtlinie über die Ausbildung von Berufskraft- fahrern gebilligt. Am 12. September 2001 hat die Kommission ein neues Weißbuch zur gemeinsamen Verkehrspolitik herausgegeben. Dort werden Fragen der Harmonisierung – Finanzen, Soziales, Kontrollen – an- gesprochen. Sie sehen, es tut sich durchaus etwas. Beim Thema Kabotagefreigabe gibt es eigentlich kei- nen Dissens zwischen Opposition und Koalition. Die Bundesregierung hat einen Dreistufenplan vorgelegt, der allerdings von der EU-Kommission abgelehnt wurde. Es besteht keine Aussicht, gegenüber den künftigen Mit- gliedstaaten zusätzliche Beschränkungen für die Vorbei- trittsphase durchzusetzen. Umso stärker drängt die Koali- tion auf Zugangsbeschränkungen nach einem Beitritt. Hier freuen wir uns über die grundsätzliche Anerkennung der besonderen deutschen Interessenlage seitens der an- deren Mitgliedstaaten. Am Ende muss eine Lösung he- rauskommen, die den unbeschränkten Zugang zu Bin- nentransporten an die Unterbindung des Lohndumpings knüpft. Die Anträge der CDU/CSU und FDP werden wir ab- lehnen, weil sie rückwärts gewandt sind und falsche Schuldzuweisungen enthalten. Davon abgesehen gibt es auf diesem Feld der Verkehrs- und Europapolitik viele Gemeinsamkeiten zwischen Koalition und Opposition, zum Beispiel bei der Harmonisierung der Steuern im Ver- kehrsbereich, auf die wir uns im Sinne einer konstrukti- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222112 (C) (D) (A) (B) ven Zusammenarbeit und im Interesse des Güterkraftver- kehrs stärker konzentrieren sollten. Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir diskutieren heute über Anträge der Op- positionsfraktionen CDU/CSU und FDP, die bereits über- holt sind bzw. deren Anliegen von der Bundesregierung schon so weit auf den Weg gebracht wurden, dass weiter gehende Forderungen wahrlich nicht zielführend sind. Aber der Reihe nach: Die CDU/CSU behauptet in ihrem Antrag, dass die Belastungen durch die Ökosteuer die Rahmenbedingungen im Busverkehr erheblich ver- schlechtert hätten, und fordert die Bundesregierung auf, diese nicht nur abzuschaffen, sondern gleich den gesam- ten ÖPNV von der Mineralölsteuer zu befreien. Im glei- chen Antrag stellt die CDU/CSU fest, dass der Kraftstoff- verbrauch bei den Bussen in den letzten 10 Jahren um circa 15 Prozent zurückgegangen ist. Warum denn? Weil Mineralölsteuer und Ökosteuer sehr wohl einen. Anreiz bieten, sparsame und emissionsarme Busse einzusetzen. Dies kommt nicht nur dem Fahrgast zugute, sondern auch der Umwelt und der Gesundheit der Anwohner in den Städten. Aus diesem Grunde hielten wir es für richtig, den gesamten öffentlichen Nahverkehr nur zur Hälfte von der Ökosteuer zu befreien, und genau das haben wir getan. Je- der weitere Schritt der Erhöhung der Ökosteuer bringt so- mit einen weiteren relativen Preisvorteil für den ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr, also auch für den Linienbus. Im Übrigen hat die Bundesregie- rung die Mittel für den öffentlichen Verkehr auf sehr ho- hem Niveau verstetigt bzw. sogar erhöht – die GVFG- Mittel ebenso wie die Regionalisierungsmittel. Auch in dem zweiten Antrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Güterkraftverkehrsgewerbes wird die Abschaffung der Ökosteuer gefordert. Bezeichnend ist, dass keinerlei Vorschläge zum Ausgleich der mit der ökologischen Steu- erreform verbundenen Mindereinnahmen in der Renten- kasse gemacht werden. Auch der Herr Kanzlerkandidat Stoiber lässt das im Unklaren. Die Bundesregierung hat wichtige Schritte umgesetzt, um in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission den Ab- bau von Wettbewerbsverzerrungen bei den verkehrsspezi- fischen Abgaben, den technischen Regelungen und den Sozialvorschriften zu erreichen. Gerade im Sozialbereich hat die Bundesregierung durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Straßengüterverkehr zum Abbau von Wett- bewerbsverzerrungen erheblich beigetragen. Auch die LKW-Maut sichert nicht nur die Wettbe- werbsfähigkeit des deutschen Güterverkehrgewerbes, sondern stärkt diese sogar, weil ausländische LKW erst- mals auch an den Kosten des deutschen Straßennetzes beteiligt werden. Wir unternehmen im Übrigen alle An- strengungen, um die LKW-Maut mit einem größtmögli- chen Harmonisierungsschritt im europäischen Rahmen zu verbinden. Zugleich erwarten wir, dass die Dieselsubven- tionen in einigen EU-Ländern gemäß Ecofin-Beschluss zum 31. Dezember 2002 auslaufen. Abschließend noch ein Wort zur Ökopunkteregelung in Österreich: Eine schrankenlose Freigabe des alpenque- renden Verkehrs würde zu einer verheerenden Belastung von Mensch und Umwelt in den Alpen führen und den LKW-Verkehr in Süddeutschland explodieren lassen. Dies gilt nicht nur für den Schadstoffausstoß, sondern ins- besondere für die Lärmbelastung. Wir brauchen daher sehr wohl eine dauerhafte Regelung, die den Schutz der Natur und die Gesundheit des Menschen in den Mittel- punkt stellt und nicht das Interesse der LKW-Lobby. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Selten war ein Antrag so zeitgerecht gestellt und plenartechnisch behan- delt wie unser Antrag vom 25. Oktober 2000. Alle Punkte, die hier aufgeführt sind, sind nach wie vor aktuell – und seit Bekanntwerden der Einzelheiten der Mautgesetzgebung dieser so genannten Bundesregierung erst recht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungs- koalition, seit Januar 2001 versprechen Sie dem deut- schen Güterkraftverkehrsgewerbe eine Entlastung auf höchstmöglichem europäischem Niveau. Bis heute sind sie darauf aber die Antwort schuldig geblieben, wie Sie sich das eigentlich vorstellen. Mit flapsigen Ausflüchten wie vom Bundesverkehrsminister („Alles sehr schwie- rig“) oder anderen qualitativ hoch stehenden Bemerkun- gen zu diesem Thema werden Sie das Problem für das deutsche Verkehrsgewerbe nicht lösen. Die jetzt vorliegenden Zahlen aus der Umstellung der LKW-Maut von der zeitbezogenen Vignette auf die streckenbezogene Maut lassen deutlich werden, wie Sie sich tatsächlich die Entlastung vorstellen. Sie belasten das deutsche Verkehrsgewerbe mit rund 2,6 Milliarden Euro zusätzlich und bieten dafür als Gegenzug eine Ent- lastung von 260 Millionen Euro an. Nach Adam Riese – der kommt schließlich wie ich aus Oberfranken – ist das nach dem kleinen Einmaleins eine zusätzliche Belastung für das deutsche Verkehrsgewerbe und keine Entlastung. Zur KFZ-Steuer verweisen Sie auf angebliche Initiativen der Länder, die dort nicht stattfinden; von ihnen ist nichts zu hören. Die Ökosteuer – von Ihnen schon viermal zu- sätzlich erhoben – wird nach Ihrem Willen selbstver- ständlich auch zum 1. Januar 2003 noch einmal erhoben. Sie haben mit keinem Hinweis auf die in anderen Län- dern im Jahre 2000 eingeführten zusätzlichen Entlastun- gen reagiert – alle diese Entscheidungen sind mit Zu- stimmung der deutschen Bundesregierung in Brüssel beschlossen worden. Und das alles findet statt vor dem Hintergrund der zu erwartenden und zu begrüßenden europäischen Osterwei- terung, die für das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe erneut Probleme bereiten wird. Diese Probleme sind nicht dadurch zu lösen, dass man national die Kosten erhöht, sondern nur dadurch, dass man statt langer Übergangsfris- ten ein effizientes Kostensenkungsprogramm in Deutsch- land beginnt, am besten bei der Gesetzgebung. Das ist Ihre Zuständigkeit. Sie haben nach wie vor das deutsche Gewerbe im Regen stehen lassen und deshalb konsequen- terweise unseren Antrag abgelehnt. Stellen Sie sich aber Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22113 (C) (D) (A) (B) morgen nicht hin und verkünden auf Gewerbeversamm- lungen, Sie hätten alles für die Entlastung des deutschen Gewerbes im internationalen Standortwettbewerb getan! Rot-Grün wird als Totengräber für das deutsche Ver- kehrsgewerbe in die Geschichte der Bundesrepublik un- rühmlich eingehen. Wir bleiben bei unserer Ansicht der Dinge und sind sicher, dass wir im September unsere Sicht in entsprechende abgabensenkende Politik verant- wortungsvoll umsetzen können. Dr. Winfried Wolf (PDS): Die zwei hier vorgelegten Anträge von den Fraktionen CDU/CSU und FDP, mit de- nen behauptete „Wettbewerbsnachteile des deutschen Gü- terverkehrsgewerbes beseitigt“ werden sollen, greifen ei- nerseits reale Probleme auf, sind jedoch andererseits mit einigen Ungereimtheiten und Widersprüchen verbunden. Wir konnten uns daher nur für zwei engagierte Enthaltun- gen entscheiden. Ein Teil der Widersprüche und Unge- reimtheiten ist damit verbunden, dass die Anträge beide vor eineinhalb Jahren verfasst wurden. Drei Beispiele seien hier exemplarisch angeführt: In beiden Anträgen wird gefordert, die Ökosteuer aufzuhe- ben. Die Fraktion der CDU/CSU will dies offensichtlich rückwirkend bis zum Jahr 1999 so geregelt sehen. Die FDP verfährt mit der Bundesregierung etwas gnädiger und stellt anheim, „mindestens die geplanten nächsten Stufen auszusetzen“, was, da seit Einbringen des Antrages bereits drei Anhebungen erfolgten, dann, wenn heute überraschenderweise der FDP-Antrag beschlossen wer- den sollte, nur auf eine Aussetzung der Anhebung ab 2003 abzielen würde. Richtig ist die Feststellung im Antrag der CDU/CSU, dass die konkrete Form der beschlossenen Ökosteuer keine oder kaum eine ökologische Wirkung entfaltet. Der vor allem von der Partei Bündnis 90/Die Grünen vielfach erwähnte Umstand, dass der motorisierte Individualverkehr im Jahr 2000 leicht rückläufig war, dürfte wenig mit der Ökosteuer und mehr mit dem dama- ligen allgemeinen Anstieg des Rohölpreises zu tun gehabt haben. Jedenfalls wäre dann zu erklären, weshalb im ver- gangenen Jahr der Schienenfernverkehr deutlich rückläu- fig und nach einer ersten Übersicht der PKW-Verkehr wieder im Ansteigen begriffen war. Die PDS hat zu dem Thema mehrfach erklärt, dass sie die Ökosteuer durch eine ökologisch wirksame und sozial ausgewogene neue ökologische Steuerreform ersetzt sehen will. FDP und CDU/CSU hingegen machen keinerlei Vorschläge, wie eine Ökosteuer, die ökologisch wirksam ist, aussehen könnte. Vor diesem Hintergrund wirken beide Anträge po- pulistisch. Ein zweites Beispiel für Ungereimtheit bei diesen An- trägen betrifft das Thema LKW-Maut. Die Fraktion der CDU/CSU will diese „wettbewerbsverträglich gestaltet“ sehen; die Fraktion der FDP fordert eine „strikte Kosten- neutralität“. Nun konnten beide Anträge im Herbst 2000 nicht auf das konkrete Modell der LKW-Maut eingehen, das mehr als ein Jahr später vorgelegt wurde. Wenn sich jedoch heute der Bundestag mit diesen Anträgen befasst, dann ist es eigentlich ein Unding, allgemeine Statements zu einer LKW-Maut zu beschließen, ohne auf deren kon- krete Ausgestaltungsvorschläge, die seit mehreren Mona- ten vorliegen, einzugehen. Die tatsächlichen Probleme bei der LKW-Maut liegen auf anderen Gebieten, zum Bei- spiel darin, dass die Beschränkung dieser Maut auf Auto- bahnen zu einer erheblichen Verlagerung der LKW-Ver- kehre auf das nachgeordnete Straßennetz führen wird. Das dritte Beispiel: Beide Anträge laufen in der Summe darauf hinaus, dass der LKW-Verkehr nochmals preiswerter werden soll – wenn auch lediglich für das deutsche Gewerbe. Am deutlichsten wird das beim FDP- Antrag, in dem neben der „Kostenneutralität“ bei der LKW-Maut gefordert wird, die „deutsche Kraftfahrzeug- steuer für schwere LKWauf das im europäischen Rahmen zulässige Mindestmaß zu reduzieren“. Damit verfolgen beide Anträge keinen integrierten Gesamtansatz für den Güterverkehrssektor. Die Tatsache, dass seit elf Jahren der LKW-Verkehr massiv ansteigt, dass der Güterverkehr auf den Binnenwasserwegen stagniert und dass der Schie- nengüterverkehr auch heute noch deutlich unter dem Niveau von 1990/91 liegt, hat viel mit Liberalisierung im Güterverkehrsgewerbe und damit zu tun, dass durch un- terschiedliche Formen des Dumpings heute eine Situation vorliegt, bei der das allgemeine Preisniveau zu niedrig ist und ein hoher und wachsender Teil „externer“ Kosten auf die Allgemeinheit übergewälzt wird. Das aber heißt: Bereits das bestehende, niedrige Preis- niveau fördert immer mehr LKW-Verkehr und eine Verla- gerung auf die Straße. Wer hier eine weitere Senkung vor- schlägt, unterstützt diese ökologisch und volkswirt- schaftlich problematische Tendenz. Bei einer solchen Ge- samtsicht nutzt der Hinweis wenig, es gehe doch darum, die Wettbewerbsnachteile des deutschen Gewerbes aus- zugleichen. Zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Omnibusunterneh- men erhalten“ hier nur einige knappe Anmerkungen. Grundsätzlich ist Omnibusverkehr Teil des öffentlichen Verkehrs. Auch sind die Hinweise auf den niedrigen Ener- gieverbrauch im Busverkehr zu treffen. Schließlich wird hier auch auf eine Reihe von Benachteiligungen hinge- wiesen, denen sich deutsche Busunternehmen gegenüber- sehen. Doch fehlt auch hier eine Gesamtsicht. Trotz der ge- nannten Vorteile weist die Schiene bei Fahrten über lange Strecken eine deutlich bessere ökologische und volkwirt- schaftliche Gesamtbilanz aus. Das Problem, dem wir uns hier gegenübersehen, besteht jedoch darin, dass die Schiene gerade auf langen Strecken und auf internationa- len Verbindungen dem Bus zunehmend unterlegen ist. Ich erinnere Sie an die vielen Werbetafeln, die sich sogar in Bahnhöfen der DB AG und in der Berliner S-Bahn finden und in denen mit Preisen für feste bundesweite und inter- nationale Bus-Linien-Verbindungen geworben wird, die bei der Hälfte der entsprechenden Bahnpreise, BahnCard bereits berücksichtigt, liegen. Während also der CDU/ CSU-Antrag hier auf eine immanente Harmonisierung drängt und letztlich auch hier eine weitere Senkung der Kosten für (deutsche) Busunternehmen fordert, müsste ein Antrag, der von einer ganzheitlichen Sicht ausgeht, diese krasse Marktverzerrung im Vergleich Bus zu Schiene aufgreifen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222114 (C) (D) (A) (B) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Entwürfe eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) – des Antrags: Ein neues Hochschuldienstrecht für eine moderne, leistungsfähige und attrak- tive Bildung und Forschung in Deutschland (Tagesordnungspunkt 25 a und b und Zusatzta- gesordnungspunkt 9) Dr. Peter Eckardt (SPD): Der Gesetzentwurf der Regierungskoalition zum Hochschulrahmenrecht, den wir heute vorlegen, greift ein Kernproblem des Bildungs- wesens in Deutschland auf, das für viele Studierende sym- bolisch für Chancengleichheit und Gerechtigkeit steht. In Deutschland sollen für Jugendliche, die ein Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität beginnen und in akzeptabler Zeit auch erfolgreich beenden wollen, keine Studiengebühren erhoben werden dürfen. Studien- gebühren zumindest für ein Erststudium müssen nach Meinung meiner Fraktion an staatlichen Hochschulen Deutschlands dauerhaft ausgeschlossen bleiben. Die Begehrlichkeiten der unterfinanzierten Hoch- schulen und einiger Wissenschaftsminister, für die Hoch- schulen weitere Mittel auch von den Studierenden zu bekommen, sind natürlich bekannt. Für so genannte Langzeitstudenten werden in einigen Ländern schon heute Gebühren erhoben, Verwaltungsgebühren für Immatrikulation und Rückmeldung sind fast schon die Regel. Ich kann mich wie manche andere in diesem Hause an die Zeit erinnern, als in Marburg und Frankfurt/Main der Besuch der höheren Schule und das Studium gebührenfrei waren, aber in Göttingen und Hannover für das Studieren Gebühren zu zahlen waren. Eine Besonderheit des Fö- deralismus war es damals auch, dass Schülerinnen und Schüler aus Hannoversch Münden, die in Kassel das Gymnasium besuchten, in die Hessische Staatskasse Schulgeld bezahlen mussten, weil ihre Eltern nicht in Hessen wohnten, sondern in Niedersachsen. Nach den Eintragungen in meinem Studienbuch habe ich in Göttingen im Semester 149,50 DM Studienge- bühren bezahlt – damals eine unvorstellbar hohe Summe, die erst einige Semester später in allen Ländern nicht mehr erhoben wurde. Ich bin der Meinung, dass es bildungspolitisch weder wünschenswert noch lobenswert ist, dass die meisten Wissenschaftsminister und auch Ministerpräsidenten, vielleicht auch Bundestagsabgeordnete selbst ohne Ge- bühren, oft auch mit BAföG erfolgreich studiert haben und jetzt für ihre Kinder oder Enkel Studiengebühren for- dern. Auch von einigen Wissenschaftlern und Hochschul- funktionären werden Studiengebühren gefordert, weil sie hoffen und vermuten, dass sich mit Studiengebühren das Studierverhalten ändern werde und sich die Dienst- leistungsfunktion der Hochschulen erhöhe. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es manchen einfach nur um das Geld, nicht um eine Frage des Verhältnisses zwischen Lehrenden und Lernenden geht. Fest steht aber: Es gibt bisher keine Beweise, dass sich die wissenschaftliche Leistung und auch die Mängel des Hochschulsystems durch das Bezahlen oder Nichtbezah- len von Studiengebühren wesentlich ändern werden. Ein Hinweis auf die privaten Hochschulen geht auch hier fehl. Sie haben ausgewählte Fächer für ausgewählte Studieren- de und repräsentierten auch im Ausland nicht das deut- sche System der Hochschulen, das attraktiv bleiben muss. Im Gegenteil: Studiengebühren werden die schon seit ei- nigen Jahren feststellbaren Veränderungen der sozialen Zusammensetzung der Studierenden weiter befördern, der Anteil der Studierenden aus höheren sozialen Schichten wird weiter zunehmen, der Anteil der BAföG-Empfänger steigt erfreulicherweise durch die Reform dieser Regie- rung auch. Aber die Zahl der Kinder aus gesellschaftli- chen Schichten, die weder BAföG bekommen noch in höheren Schichten leben, wird bei der Einführung von Studiengebühren prozentual weiter absinken, weil diese Familien die Kosten des Studiums noch schlechter ab- schätzen können als bisher. Sicherheit in den Kosten für eine Ausbildung ist ein notwendiger Bestandteil der Bil- dungspolitik, wenn sie möglichst viele Menschen in der Gesellschaft erreichen soll. Die Einführung von Studiengebühren würde wahr- scheinlich auch den Anteil weiblicher Studierender absin- ken lassen und damit nicht das gesamte Begabungspoten- zial unserer Gesellschaft ausschöpfen und jungen Frauen weniger Perspektiven geben. Eng verbunden mit der Chancengleichheit im Bildungswesen ist die demokra- tische Beteiligung der Betroffenen, zumal dann, wenn sie erwachsen sind und selbst über ihr Lernen entscheiden. Die verfasste Studierendenschaft ist deshalb in den Hochschulgesetzen aller Bundesländer einzuführen, da- mit auch dort, wo bisher diese Teilkörperschaft der Hoch- schulen nicht besteht, diese ihre Arbeit aufnehmen kann. Internationale Studiengänge sind an deutschen Hoch- schulen in einer Erprobungsphase eingeführt, und haben sich von 1998 bis 2001 auf etwa 1 000 erhöht; sie sind zum Teil in Landesgesetzen akzeptiert und auch akkredi- tiert und haben außerhalb der Hochschulen Anerkennung gefunden. Sie sollten als Regelabschlüsse in das Rah- mengesetz des Bundes aufgenommen werden und damit der Verpflichtung der Bologna-Erklärung zur Europäisie- rung vom Juni 1999 Rechnung tragen. Das sind drei wichtige Strukturelemente eines Gesetz- entwurfes, den wir heute einbringen, der das Ansehen und die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen in der Zu- kunft weiter verbessern und den Weg ebnen wird, Studie- ren in Deutschland noch attraktiver zu machen. Thomas Rachel (CDU/CSU): Die sechste Hoch- schulrahmengesetz-Novelle ist ein Armutszeugnis für die rot-grüne Bundesregierung. Die Unterschrift von Bundespräsident Johannes Rau unter die rot-grüne Fünfte Hochschulrahmengesetz-Novelle ist noch nicht ganz Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22115 (C) (D) (A) (B) trocken, da beantragt Rot-Grün bereits die nächsten Än- derungen im Hochschulrahmengesetz. Dies ist reine Flickschusterei. Alles, was die Regierung Schröder heute im neuen Gesetz beantragt, hätte sie schon längst in der Fünfte HRG-Novelle einbringen können. Das zeigt: Die rot-grüne Regierung ist konfus und konzeptlos. Als große bildungspolitische Errungenschaft will uns Bildungsministerin Bulmahn ihr neues Hochschulgesetz verkaufen. In ihrer Pressemitteilung verkündet sie, dass künftig „für das Erststudium in Deutschland keine Studi- engebühren erhoben werden dürfen“. Damit will sie, drei Tage vor Schluss der Legislaturperiode, das rot-grüne Wahlversprechen, das schriftvertraglich in der Koaliti- onsvereinbarung fixiert wurde, noch schnell einlösen. Doch mit dieser öffentlichen Ankündigung täuscht sie die Wähler. Denn entgegen ihrer Ankündigung dürfen laut Gesetzestext und Begründung sehr wohl Studiengebühren in Ausnahmebereichen erhoben werden. Wo bleiben die Wahrheit und Klarheit, Frau Ministerin Bulmahn? Doch was ist nun von dem neuen Gesetz zu halten? Bil- dungsministerin Bulmahn will mit einem Bundesgesetz Studiengebühren im Erststudium bundesweit in allen Bundesländern verbieten. Dies ist aber eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten der Länder und zeigt altes Denken. Nach der Kompetenzverteilung des Grund- gesetzes liegt die Kompetenz im Bereich der Hochschul- finanzierung eindeutig bei den Bundesländern. Dies wird auch durch die Realität bestätigt. So werden 89 Prozent der Hochschulausgaben von den Ländern und nur 9 Pro- zent vom Bund sowie 2 Prozent von Stiftern und Mäze- nen finanziert. Es ist schon dreist, wenn die Bundesregierung ange- sichts einer solchen Situation den Bundesländern vor- schreiben will, wie sie die Hochschulen finanzieren sol- len bzw. nicht dürfen. Zu Recht hat der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Klaus Landfried, betont: „Für ein solches Gesetz besteht erstens kein Be- darf, und zweitens hat der Bund dafür nicht die Zustän- digkeit.“ Das rot-grüne Gesetz zeugt von obrigkeitsstaatlichem Denken, anstatt Modernisierung und Wettbewerb in einer Hochschullandschaft des 21. Jahrhunderts zu ermögli- chen. Zu Recht werden sich die Länder weder ein Verbot von Studiengebühren noch eine Verpflichtung zur Ein- führung von verfassten Studentenschaften vorschreiben lassen. Übrigens kann der Bund auch nicht vorschreiben, Studiengebühren einzuführen. Welches Porzellan Bildungsministerin Bulmahn hier wieder einmal zerschlägt, zeigt die Tatsache, dass bereits mehrere Bundesländer angekündigt haben, im Falle der Verabschiedung eines solchen verfassungswidrigen Ge- setzes vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen zu klagen. In Wirklichkeit soll dieses rot-grüne Hochschul- gesetz wie ein Placebo die eigene murrende Klientel ru- hig stellen – angesichts einer farblosen und konzeptlosen Bildungsministerin Bulmahn. Rot-Grün wollen mit ihrem Gesetzentwurf verfasste Studierendenschaften im Hochschulrahmengesetz ver- bindlich bundesweit vorschreiben. Dies ist von der Sache her falsch, weil es die Länderrechte nicht berücksichtigt. Wie stellt sich denn eigentlich der Sachverhalt dar? Im geltenden Hochschulrahmengesetz ist in § 41 Folgendes geregelt: „Das Landesrecht kann vorsehen, dass an den Hochschulen zur Wahrnehmung hochschulpolitischer, so- zialer und kultureller Belange der Studierenden, zur Pflege der überregionalen und internationalen Studenten- beziehungen sowie zur Wahrnehmung studentischer Be- lange in Bezug auf die Aufgaben der Hochschulen Stu- dentenschaften gebildet werden.“ Dies zeigt: Das Hochschulrahmengesetz lässt sehr wohl organisierte Stu- dentenschaften zu. Die Regelung wird der Gesetzge- bungskompetenz der Bundesländer überlassen. Diese Regelung entspricht der Aufgabenverteilung des Grund- gesetzes und der besonderen Rolle der Bundesländer. Die gültige Fassung des § 41 kam im Übrigen nur nach einem langen Tauziehen zwischen Bundestag und Bundesrat zu- stande. Die Bildung von Studentenschaften soll dem Er- messen und der Entscheidung der Länder überlassen sein. Dies hat sich grundsätzlich bewährt. Entscheidet sich der Landesgesetzgeber dafür, eine Studentenschaft zu bilden, so fasst er die immatrikulierten Studenten einer Hochschule in einer Zwangskörperschaft im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft Hochschule zusammen. Aus dieser Form der Zwangskör- perschaft ergeben sich bestimmte Konsequenzen. Unter anderem ergibt sich diejenige, dass die Studentenschaften ein hochschulpolitisches Mandat haben, nicht aber ein all- gemeinpolitisches Mandat. Damit sind wir auch mitten bei einem Kernpunkt des rot-grünen Antrags. Wer den Gesetzesantrag aufmerksam liest, wird feststellen, dass es Rot-Grün gar nicht um die Studierendenschaft im eigentlichen Sinne geht, sondern darum, ein sehr weitgehendes allgemeines politisches Mandat durchzusetzen. Heute haben Studierendenschaf- ten ein hochschulpolitisches Mandat, das ihnen die Mög- lichkeit gibt, zu allen hochschulrelevanten Themen und der spezifischen Situation ihrer Ausbildung Stellung zu beziehen. Dies hat sich als richtig herausgestellt, zumal so die Studienbedingungen kritisiert und Verbesserungen durchgesetzt werden können. Darum geht es Rot-Grün aber nicht. Sie wollen, dass die Studierendenschaften zu allgemeinen gesellschaftli- chen und damit auch allgemeinen politischen Fragen Stel- lung beziehen. Dies haben manche ASten in der Vergan- genheit schon rechtswidrig gemacht. Ich erinnere mich gut an Aktivitäten von ASten, die, mit riesigen Steuergel- dern finanziert, rechtswidrig Kampagnen für Kuba und Nicaragua und gegen den NATO-Doppelbeschluss veran- staltet haben. Dies ging zulasten der Steuerzahler. Es nervte die Studierenden, die wollten, dass sich die ASten endlich um ihre konkrete hochschulpolitische Situation kümmern und nicht eine allgemeine Politik der Weltver- besserung betreiben. Eine Veränderung, die die politische Linke bisher nicht hat durchsetzen können und die die deutschen Gerichte bis zum Bundesverwaltungsgerichtsurteil von 1969 eben- falls untersagt haben, versucht Rot-Grün nun in einem Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222116 (C) (D) (A) (B) neuen Aufgalopp mittels einer Gesetzesänderung durch- zusetzen. Das allgemeinpolitische Mandat ist auch deshalb un- zweckmäßig und ein Rechtsverstoß, weil es sich bei ein- gerichteten Studentenschaften um Zwangskörperschaften handelt. So hat auch das Oberverwaltungsgericht in Müns- ter am 6. September 1994 entschieden, dass „eine nicht unmittelbar auf den Bereich der Hochschule und die spe- zifischen Interessen von Studenten begrenzte politische Betätigung der Studentenschaft verfassungswidrig in den individuellen Freiheitsbereich der Mitglieder eingreift. Da sich die Studierenden unsinniger und ideologischer Äußerungen oder allgemeinpolitischer Kampagnen von ASten nicht durch Austritt aus der Studentenschaft als Zwangskörperschaft entziehen können, stellt die Wahr- nehmung des allgemeinpolitischen Mandats durch Stu- dentenvertretungen einen verfassungswidrigen Eingriff in den individuellen Freiheitsbereich der Studierenden dar. Aus diesen Gründen lehnt die CDU/CSU-Bundestags- fraktion ein allgemeines politisches Mandat für die Stu- dierendenschaften weiterhin nachdrücklich ab. Anstatt neue, unsachgemäße Hochschulgesetze zu be- schließen, sollte die rot-grüne Bundesregierung erst ein- mal wesentliche verkorkste Teile ihrer Fünften HRG-No- velle zurücknehmen. Den Schaden, den Ministerin Bulmahn mit ihrer Hochschulpolitik bei der Fünften HRG-Novelle angerichtet hat, kann man vor Ort an den Hochschulen in Deutschland besichtigen. Selten hat es einen solchen Protest gerade aus den Geis- teswissenschaften und den Rechtswissenschaften wie ge- gen die faktische Abschaffung der Habilitation gegeben. Selten hat es einen solchen Protest des akademischen Mit- telbaus wie gegen die Fünfte HRG-Novelle durch Rot- Grün gegeben. Im Mittelpunkt des Protests stehen die neuen Befristungsregelungen für Arbeitsverträge, die Bil- dungsministerin Bulmahn zu verantworten hat. Stattdes- sen spricht sie von „Panikmache“ und beschimpft den akademischen Mittelbau. Anstatt von „Panikmache“ zu sprechen, müssen aber Lösungen her. Offensichtlich sind die Befristungsregelungen für Ar- beitsverträge aus der Sicht der Betroffenen an den Hoch- schulen nicht praxistauglich. In zahlreichen Initiativen an deutschen Hochschulen haben sich Vertreter des akade- mischen Mittelbaus gegen die Fünfte HRG-Novelle von Ministerin Bulmahn organisiert. Aus Furcht davor, dass Wissenschaftler nach mehreren befristeten Arbeitsverträ- gen eine Dauerstelle vor Gericht erfolgreich einklagen können, droht vielen Nachwuchswissenschaftlern seitens der Hochschulverwaltung jetzt das berufliche Aus. Es wäre absurd, wenn durch die Neuregelung jetzt viele Nachwuchswissenschaftler ins Ausland getrieben würden, während die Bundesregierung andererseits Ini- tiativen startet, um dem „Brain drain“ zu begegnen und Wissenschaftler aus dem Ausland nach Deutschland zurückzuholen. Deshalb fordere ich Bildungsministerin Bulmahn auf, die Sechste HRG-Novelle zurückzuziehen und erst ein- mal die von ihr durch die Fünfte HRG-Novelle verur- sachten Schäden für den akademischen Mittelbau zu re- parieren. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir alle wissen, dass die Studierendenzahlen in Deutsch- land schon zu niedrig sind. Wir wollen deshalb mehr Schülerinnen und Schüler motivieren, ein Studium aufzu- nehmen. Der Zugang zu den Hochschulen muss erweitert, die Qualität der Lehre verbesssert und innovative Bil- dungsangebote der Hochschulen müssen gefördert wer- den. Jede Form der Bestrafungsrhetorik wie etwa im Sinne von Strafgebühren für Langzeitstudierende ist dabei kon- traproduktiv. Die Forderung nach Gebühren für so ge- nannte Langzeitstudierende ist im besten Fall als populis- tisch zu bezeichnen. Sie zielt an den wahren Problemen der Hochschulen vorbei und benennt in verkürzter Form Sündenböcke: „die faulen Studenten. Wir haben es ja schon immer gewusst, aber nun werden sie öffentlich vor- geführt.“ Diese Art des Vorgehens folgt schlicht dem Motto: Wer nicht hören kann, muss zahlen! Die wahren Ursachen für die schlechte Ausbildungs- situation und tatsächlich zu lange Studienzeiten bleiben dabei im Verborgenen: die unzureichende finanzielle Aus- stattung der Hochschulen; die häufig schlecht strukturier- ten Studiengänge, mangelnde Beratung und Betreuung und oft überfüllte Seminare; unterschiedliche Gründe wie Erziehungszeiten, erste Schritte auf dem Arbeitsmarkt oder schlicht Jobben verlängern Studienzeiten um einige Semester. Allein die Abschreckung der Langzeitstudie- renden, von denen viele gar nicht mehr die Hochschule besuchen, wird die Situation an den Hochschulen um kei- nen Deut verbessern. Wir, die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, haben uns deshalb dafür eingesetzt, das in dieser Sechsten HRG-Novelle eine Alternative zu Gebühren ermöglicht wird: Bildungsgutscheine. Bildungsgutscheine werden nur dann zu einem wirklichen Element der Nachfra- gesteuerung, wenn die Nachfragenden über genügend In- formationen verfügen, um ihre Marktmacht auch einzu- setzen. Bildungsgutscheine sind zuallererst Ansprüche der Hochschulberechtigten auf ein Hochschulstudium. Sie sind steuerfinanziert und bedeuten deshalb keinen Über- gang zu Studiengebühren. Bildungsgutscheine schaffen Anreize für Hochschulen, über attraktive Studienange- bote nachzudenken, und ermutigen sie, neue, differen- zierte Studienangebote einzuführen, mit denen sie mehr Studierende an ihre Hochschule locken. Drittens schaffen sie Anreize für die Hochschule, über einen effizienteren Einsatz der SWS nachzudenken. Bildungsgutscheine schaffen auf der anderen Seite auch Anreize für Studierende. Sie fördern die Etablierung eines Kostenbewusstseins bei den Studierenden, sie schaffen positive Anreize für die Studierenden, ihr Stu- dium zügig zu absolvieren, und sie geben Anreize, sich weiterzubilden. Die Idee ist gut. Wir erhoffen uns durch einen Über- gang zu einer stärkeren Nachfrageorientierung bei der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22117 (C) (D) (A) (B) Studienfinanzierung insgesamt eine Qualitätsverbesse- rung des Studiums. Mit der Sechsten HRG-Novelle verpflichten wir die Länder außerdem, künftig an allen Hochschulen verfasste Studierendenschaften zu bilden. Die bisherige Regelung, die den Ländern die Bildung verfasster Studierenden- schaften freistellt, trägt dem Interesse einer funktionie- renden studentischen Selbstverwaltung nicht in ausrei- chendem Maße Rechnung. Drittens wird mit dieser Novelle der Grundstein dafür gelegt, dass Bachelor- und Master-Studiengänge aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot der Hochschulen überführt werden. Dies ist ein weiterer Schritt in Richtung Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland. Lassen Sie mich zum Abschluss zur Befristungsrege- lung im Rahmen der Dienstrechtsreform, die an Hoch- schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen zu hefti- gen Debatten geführt hat, auf Folgendes hinweisen: Wir werden uns dafür einsetzen, dass unbefristete Beschäfti- gungsverhältnisse auch über die zwölfjährige Qualifizie- rungsphase hinaus möglich bleiben. Ob dies einer gesetz- lichen Präzisierung im Rahmen der Sechsten HRG- Novelle bedarf, prüfen wir derzeit. Ulrike Flach (FDP): Es ist schon erstaunlich, wie die Bundesregierung angesichts der massiven Verunsiche- rung des wissenschaftlichen Mittelbaus an den Hoch- schulen seelenruhig einen Gesetzesentwurf einbringt, der sich um dieses zentrale Thema überhaupt nicht kümmert. Die Neuregelung des § 57 HRG führt zu einem Flächen- brand an unseren Unis. Täglich erreichen uns Hilferufe von Fakultäten, die Ihre Fünfte HRG-Reform als kata- strophal bewerten. In einer Anzeige in der Westfalenpost fordert die Fakultät für Geschichtswissenschaft an der Uni Bielefeld den Rücktritt der Ministerin, weil ihre Neu- regelung „wissenschaftliche Projekte in vielen Bereichen künftig unmöglich machen“. Ihr mühsam aufgebautes Re- nommee reißen Sie mit diesem handwerklichen Fehler. ein. Wir haben schon in der Beratung des Fünften HRG immer davor gewarnt, die Zukunft der jungen wissen- schaftlichen Mitarbeiter zu gefährden, und dies war einer von drei Punkten, warum wir Ihre Reform abgelehnt haben. Einige in der Koalition wissen genau, dass die Reform misslungen ist. Dr. Peter Eckardt hat in der „Süddeut- schen Zeitung“ vom 24. Januar Korrekturvorschläge vor- gelegt, Dr. Reinhard Loske hat in der „Frankfurter Rund- schau“ vom 25. Februar „Nachsteuerungen“ gefordert. Im vorgelegten Gesetzestext findet sich davon kein Wort. Ich mache es Ihnen zum Vorwurf, dass Sie wissen, dass Sie Fehler gemacht haben, sie auch benennen, aber keine An- stalten zu ihrer Reparatur machen. Sie sind verantwortlich für die entstehende „Bulmahn-Opfergeneration“. Mit dem Sechsten HRG wollen Sie die Hochschulen noch enger mit Regelungen einschnüren. Wir brauchen keine zwangsweise Einführung der verfassten Studieren- denschaft. Das ist ein Show-Antrag für einige Juso-Asta- Funktionäre. Lassen Sie die Hochschulen doch selbst über ihre Organisationsform entscheiden! Wir brauchen kein gesetzliches Verbot von Studiengebühren, denn auch hier setzen wir auf die Autonomie der Hochschulen. Ihr Ent- wurf enthält zudem zahlreiche Ausnahmen. Die Länder können in „begründeten Fällen“ Gebühren erheben. Was Sie vorschlagen, ist ein vollmundig vorgeschla- genes Studiengebührenverbotsgesetz, hinter dem sich die unsozialste Form von Gebühren versteckt: Gebühren für Langzeitstudierende, Senioren, Gasthörer, Gebühren für Prüfungen und Einschreibungen. Wir lehnen auch Ihren dritten Punkt ab, die Festschrei- bung der Bachelor- und Master-Studiengänge als Regel- form. Kultusministerkonferenz, Hochschulrektorenkon- ferenz und Wissenschaftsrat haben für die europäische Vergleichbarkeit immer betont, dass eine Erprobungs- phase für die in Deutschland neuen Studiengänge unver- zichtbar ist. Das gilt vor allem für ihre Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt. Für die Akkreditierung wurden aufwendige und teure Verfahren erdacht. Erst 42 von 1 093 Studien- gängen, die von den Ländern genehmigt wurden, sind zwischenzeitlich akkreditiert. Was Sie jetzt machen, ist der Abbruch der Erprobung. Konsequenterweise müssten Sie jetzt auch die Akkredi- tierungsagentur auflösen. Das tun Sie offensichtlich nicht. Sinn und Zweck dieser Aktion sind nicht nachvollziehbar. Bisher weiß niemand, wie die neuen Studiengänge am Ar- beitsmarkt ankommen. Zur Bulmahn-Opfergeneration der wissenschaftlichen Mitarbeiter käme dann eine Lost Generation von Leuten ohne Arbeitsplatzchance. Machen Sie deshalb die Chance für mehr Internationalität unserer Studiengänge nicht durch überhastete Festschreibung ka- putt! Wir werden einen eigenen Antrag vorlegen, der die Fehler Ihrer Fünften Novelle bereinigt und das Hoch- schulrahmengesetz so entrümpelt, dass die Hochschulen endlich mehr Freiheit erhalten. Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung: Die Bundesregierung ist mit dem Ver- sprechen angetreten, das Studium an unseren Hochschu- len attraktiver zu machen. Dieses Versprechen lösen wir ein und das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschul- rahmengesetzes – 6. HRGÄndG – leistet dazu einen wich- tigen Beitrag! Es geht um drei Punkte: Erstens sichern wir mit der vorliegenden Gesetzes- novelle die Studiengebührenfreiheit für das Erststudium in Deutschland. Die Länder haben sich mit dem „Meinin- ger Beschluss“ – vom 25. Mai 2000 – zwar inhaltlich auf einen Kompromiss verständigt, aber keine feste Regelung getroffen. Deshalb hat die Bundesregierung jetzt gehan- delt. Für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss sowie für ein Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizieren- den Abschluss führt, wird im HRG der Grundsatz der Stu- diengebührenfreiheit festgeschrieben. Ausnahmen sind nur in eng definierten Grenzen zulässig. Damit schaffen wir auch die Grundlage für neue Modelle wie Studien- konten oder Bildungsgutscheine. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222118 (C) (D) (A) (B) Zweiter Punkt: Bachelor- und Master-Studiengänge werden aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot der Hochschulen überführt. Schon heute gibt es an deut- schen Hochschulen mehr als 1 000 Studiengänge, die mit einem Bachelor- oder Master-Grad abgeschlossen wer- den. Diese Entwicklung ist so erfolgreich, dass wir sie nun langfristig rechtlich absichern wollen. Wir schaffen damit mehr Verlässlichkeit für die Studierenden und stärken die internationale Ausrichtung unserer Hochschulen. Und drittens: Wie im Koalitionsvertrag beschlossen, wird es künftig an allen deutschen Hochschulen verfasste Studierendenschaften geben. Mitbestimmung und die demokratische Vertretung studentischer Belange müssen in allen Bundesländern gewährleistet sein. Auch das gehört zur Attraktivität unserer Hochschulen. Eine starke bundesweite Vertretung der Studierenden ist für uns außerdem ein wichtiger Gesprächspartner für die Fortset- zung unserer Reformen im Hochschulbereich. Diese Reformen setzen an vielen Punkten an und ver- binden Modernität mit Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Die HRG-Novelle ist ein wichtiges Ele- ment dieser Strategie. Wie wichtig gerade diese Verbindung ist, zeigt ein Blick auf die Zahl der Studienanfänger in Deutschland: Mit einem Anteil von 28 Prozent liegen wir deutlich unter dem internationalen Durchschnitt. In den USA beginnen 44 Prozent aller Jugendlichen nach der Schule ein Studium, in Israel 49 Prozent und in Finnland sogar 58 Prozent. Wenn es nicht gelingt, dass mehr junge Men- schen bei uns ein Studium beginnen und auch erfolgreich abschließen, dann werden uns in Deutschland bis zum Jahr 2010 eine Viertel Million Akademiker fehlen. Wir brauchen also mehr und besser ausgebildete Hochschul- absolventen. Dazu muss das Studium an unseren Hoch- schulen für junge Menschen aus dem In- und Ausland attraktiver werden. Die Bundesregierung hat deshalb die Investitionen in Bildung und Forschung auf das Rekord- volumen von 8,8 Milliarden Euro hochgeschraubt, ver- krustete Strukturen aufgebrochen und ein ehrgeiziges Reformprogramm für die Hochschulen gestartet. Wichtige Stichworte sind hier die Dienstrechtsreform, mit der wir die Juniorprofessur und eine leistungsorien- tierte Besoldung für unsere Hochschullehrer einführen, die internationale Ausrichtung unserer Hochschulen, die intensive Förderung von Nachwuchswissenschaftlern und das virtuelle Studium, mit dem wir die weltweite Vernet- zung der deutschen Hochschullandschaft vorantreiben. Und die Bundesregierung hat das BAföG reformiert und damit echte Chancengleichheit geschaffen. Niemand muss heute mehr aus finanziellen Gründen auf ein Studium ver- zichten. Aber was wir hier mit der einen Hand geben, dürfen wir mit der anderen Hand durch Studiengebühren nicht wieder aus dem Portemonnaie nehmen. Das wäre nicht nur widersinnig, sondern würde gerade auch unser Ziel konterkarieren, mehr junge Menschen für ein Studium zu gewinnen. Studierende und ihre Eltern brauchen verläss- liche Rahmenbedingungen für ihre Zukunftsplanung. Schon die öffentliche Diskussion über die Einführung von Studiengebühren hat viele junge Menschen verunsichert. Denn Studiengebühren schrecken ab. Das zeigt auch der internationale Vergleich: Nach einer aktuellen Erhebung ist in Österreich mit der Einführung von Studiengebühren ab dem 1. Semester die Zahl der Stu- dierenden um 20 Prozent zurückgegangen. Auch ein Blick nach Großbritannien demonstriert die abschreckende Wir- kung von Studiengebühren: In England stagnieren die Stu- dierendenzahlen seit der Einführung von Studiengebühren 1998, während sie an den – nach wie vor – gebührenfreien schottischen Hochschulen deutlich gestiegen sind. Irland zum Beispiel hat erst vor kurzen die Studiengebühren wie- der abgeschafft. Nach der massiven Erhöhung des BAföG, der erfolg- reichen Einführung von Bildungskrediten und dem Aus- bau der Familienförderung ist die Festschreibung der Gebührenfreiheit für ein erstes berufsqualifizierendes Studium ein wichtiger Anreiz, damit sich mehr junge Leute für ein Studium entscheiden. Die Verankerung der Studiengebührenfreiheit im HRG sichert bundesweit vergleichbare Studienbedingungen für alle grundständigen Studienangebote. Das ist notwendig, weil abzusehen ist, dass bei unterschiedlichen Regelun- gen in den Ländern ein Run auf gebührenfreie Hochschu- len einsetzen würde. Kapazitätsengpässe und schlechtere Studienbedingungen wären die Folge. Das wollen wir verhindern! Es wäre schon ein Stück aus dem Tollhaus, wenn in Deutschland Studierende nicht mehr ohne Pro- bleme von einem Bundesland ins andere wechseln kön- nen, während wir uns gleichzeitig in Europa anstrengen, vergleichbare Studienbedingungen zu schaffen und die Mobilität zu verbessern. Es ist eine gute europäische Tradition, dass junge Men- schen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihren finanziellen Möglichkeiten eine gute Ausbildung erhal- ten, ohne dass sie dafür bezahlen müssen – und eine Er- rungenschaft, an der wir festhalten wollen. Die Sechste HRG-Novelle ist dazu ein wichtiger Schritt! Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Bekämpfung der Steu- erkriminalität durch kontinuierliche und bun- deseinheitliche Betriebsprüfung (Tagesord- nungspunkt 26) Lydia Westrich (SPD): Auch wenn dieser Antrag der PDS-Fraktion zu der typischen Serie „Ältere SPD An- träge neu aufgelegt“ gehört, will ich keineswegs den Ernst und die Brisanz des Themas „Bekämpfung der Steuerhin- terziehung und der Wirtschaftskriminalität“ herunterspie- len. Wer Steuergerechtigkeit sagt und ernsthaft will, muss immer auch die Beseitigung des Missbrauchs gesetzlicher Regelungen im Auge haben. Und da haben die Sozialde- mokraten keine Nachhilfestunde nötig. Wir haben dieses Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22119 (C) (D) (A) (B) Thema schon in den Oppositionsjahren mit vorangetrie- ben. Wir haben da bereits veränderte Handlungsweisen der Bundes- und Länderbehörden durch verstärkte öffent- liche Diskussion mit bewirkt. Und jetzt sind die Bundes- regierung und die Koalitionsfraktionen mittendrin, die zur Verfügung stehenden Mittel und Wege zur Verhinderung von Steuerhinterziehung erfolgreich auszuschöpfen, meistens gegen die Stimmen der Opposition. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ein Minister- präsident von Baden-Württemberg – Lothar Späth war es – die weit auseinander klaffenden Betriebsprüfungszeiten in seinem Land als Beitrag zur Wirtschaftsförderung be- zeichnet hatte. Über dieses Stadium sind wir in allen Län- dern endlich hinausgewachsen. Das zeigen bereits die Be- triebsprüfungsstatistiken der Jahre 1997 und 1998, die die deutsche Steuergewerkschaft veröffentlicht hat. Und es hat sich weiter verbessert. Zur Steuerfahndung sagt die Steuergewerkschaft, sie – die Steuerfahndung – sei, wenn auch nicht ausreichend, so doch spürbar aufgestockt wor- den. Natürlich haben in dieser Zeit auch spektakuläre Fälle von Steuerhinterziehung einen öffentlichen Druck verur- sacht, ob das im Tennissport oder im Bankwesen war. Aber egal wie, auch Baden-Württembergs Betriebsprü- fungsstatistiken lesen sich nun ganz ordentlich. Inzwischen sind wir schon so weit, dass der eine oder andere Rechnungshof sein Augenmerk mehr auf eine Ver- stärkung des Innendienstes richtet, weil die Aufstockung der Mitarbeiter im Außendienst in den letzten Jahren sehr schnell vor sich ging und hochqualifizierte, engagierte Kräfte dem Innendienst entzogen hat. Die Ausstattung der Steuerfahndung liegt fast überall weit über Mindeststan- dards. Aber sicher müssen die Länder hier ständig nach- rüsten, weil das Aufdecken von kriminellen Delikten nicht an der Ausstattung scheitern darf. Aber es ist ihre Zuständigkeit, die sie sich nicht wegnehmen lassen wer- den. Allerdings gibt es noch etliche bürokratische Hemm- nisse, gerade wenn es grenzüberschreitende Maßnahmen betrifft, die wir ernsthaft angehen müssen. Insgesamt ha- ben wir – die Bundesregierung, die Koalitionsfraktionen und die Länder – große Schritte in Richtung Bekämpfung der Steuerkriminalität gemacht – gegen den vereinten Wi- derstand der Opposition. Das heißt nicht, dass wir uns zufrieden zurücklehnen – die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen arbei- ten kontinuierlich an der Beseitigung des durch die frühere Regierung entstandenen Eindrucks, Steuerhinter- ziehung sei nur ein Kavaliersdelikt. Das ist eine mühsame Geschichte; denn wie die Deutsche Steuergewerkschaft schreibt, war Steuerhinterziehung ja beinahe Massensport und die Hinterzieher in den Augen der Bürger keine Straftäter, sondern „besonders intelligente“ Menschen, die den Staat austricksen können. Die Einsicht, dass diese Steuerhinterzieher mitverant- wortlich für das Finanzdesaster sind, dass sie der Allge- meinheit Leistungen entziehen, die der Staat wegen der Steuerausfälle nicht mehr erbringen kann, können wir nicht in moralisierenden Sonntagsreden, sondern nur in praktischen Beispielen vermitteln. Das beginnt mit der Bereinigung vorhandener Steuergesetze. Wie wollen Sie das Rechtsempfinden der Bürger stärken, wenn zum Bei- spiel Schmiergelder zum Steuerabzug zugelassen waren? Die langjährige Forderung der Sozialdemokraten nach Nichtabsetzbarkeit von Bestechungsgeldern haben wir bald umsetzen können. Wir haben begonnen, Steuer- schlupfloch um Steuerschlupfloch zu schließen. Ich kann mich gut erinnern, dass gerade die PDS-Frak- tion bei der Anhörung und Diskussion um das Steuerent- lastungsgesetz 1999/2000/2002 die praktische Umset- zung von einigen früheren Forderungen Punkt für Punkt in Frage gestellt hat – weil es Gegenwind gegeben hat, weil Standfestigkeit gefragt war. Populistische Reden al- lein führen noch keinen Schritt zu einer gerechteren Steu- ergesetzgebung. Deshalb lehne ich Ihren Antrag auch gerne ab. Nach den Erfahrungen, die wir bisher mit Ihnen gemacht haben, traue ich Ihnen noch nicht einmal zu, dass Sie einer Än- derung des § 30 a der Abgabenordnung, des so genannten Bankgeheimnisses, zustimmen, weil es natürlich nicht populär ist, deswegen vorsichtshalber nicht in Ihren For- derungen enthalten. Aber es sind diese Paragraphen, die Steuerkriminalität begünstigen und die Steuerrechts- pflege schwierig machen. Wir werden darangehen, auch legale Steuerumgehung soweit wie möglich einzudäm- men. Wir kommen auch voran im Bemühen um eine eu- ropäisch abgestimmte Regelung für eine Erfassung der Kapitaleinkünfte. Steueroasen – das muss ein Unwort werden. Nicht halbherzig, sondern umfassend und sorg- fältig nehmen wir uns die Bekämpfung des Missbrauchs, der Steuerhinterziehung und der Schattenwirtschaft vor, begleitet von zahlreichen Widerständen, weil Menschen sich bequem in diesen Nischen und Oasen eingerichtet hatten. Aber wir können nicht weiter laufen lassen, was sich fast eingebürgert hatte: illegale Arbeitnehmerüber- lassung, Schwarzgeschäfte, Vortäuschung von Beschäfti- gungsverhältnissen, Vertragsmanipulation, Kapitalflucht in Steueroasen, Gewinnverlagerungen ins Ausland, Ka- russellgeschäfte, Scheinbetriebsausgaben, Scheinunter- nehmer, Einsatz von Arbeitnehmern für Privatzwecke, Kompensationsgeschäfte, Verschleierung von Kapitalein- künften usw. Der kriminellen Energie und Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. In vielfältiger Weise hat die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Gesetze und Gesetzesvorschriften erlassen, die diesen Sumpf austrocknen sollen und werden. Sie waren ja selbst an der Beratung beteiligt: erst kürzlich das Ge- setz zur Eindämmung illegaler Beschäftigung im Bauge- werbe auf dringenden Wunsch der Betroffenen und der Länder oder das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz, das der Verwaltung endlich sachgerechte Instrumente an die Hand gibt, gegen organisierte banden- und gewerbe- mäßige Steuerhinterziehung vorzugehen. Die CDU/CSU und FDP reden zwar oft von Steuerge- rechtigkeit, bekämpfen aber jeden Versuch, sie auch tatsächlich zu schaffen. Das hängt teilweise sicher noch am alten Denken, dass fehlende Betriebsprüfungen ein Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222120 (C) (D) (A) (B) günstiger Standortfaktor seien. Sie vergessen dabei eines, das sich die Ehrlichen immer mehr als die Dummen vor- kommen, ja, dass gesunder Wettbewerb massiv behindert wird. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben im Gegensatz dazu den hohen Anspruch, Steuerge- rechtigkeit zu verwirklichen. Die Ausfälle, die dem Staat durch Wirtschaftskrimina- lität und Steuerhinterziehung entstehen, zahlen diejeni- gen, die ehrlich ihre Steuern zahlen mit, und das sind bei- leibe nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir fördern die Steuerehrlichkeit am besten, wenn wir unseren Weg fortsetzen, die Steuerschlupflöcher zu schließen, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und das Steuerrecht wieder einfacher und gerechter zu gestal- ten. Wir wissen, dass wir der Steuerverwaltung einen ho- hen Arbeitseinsatz abverlangen. Bei der Gesetzesflut ge- raten die Mitarbeiter an den Rand ihrer Belastbarkeit. Sie sind gut ausgebildet, hoch qualifiziert. Dass die Motiva- tion ins Wanken gerät, hat viel mit dem ständig steigen- den Arbeitsdruck zu tun. Durch die von uns laufend ver- änderten Gesetzesvorschriften wird flexibles Denken und stetiges Weiterlernen verlangt. Vor einigen Jahren hat der Finanzausschuss eine dreitägige Anhörung zur Lage der Finanzverwaltung durchgeführt. Das hat unter anderem zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit der Länder in diesem Bereich, zu einer eigenen Berufsbezeichnung für den mittleren Dienst und zu einer besseren Ausstattung geführt. Ich halte es für angebracht, dass wir mit den Praktikern aus den Verwaltungen erneut in die Diskussion eintreten und mit ihnen und den Ländern erarbeiten, wie wir Steu- erkriminalität am erfolgreichsten bekämpfen können, wie Vollzugsdefizite abzubauen sind, wo bürokratische ent- behrliche Hemmnisse abgeräumt werden müssen und wie wir insgesamt die verantwortungsvolle Arbeit der Steuer- verwaltung in neu motivierte Bahnen lenken können. Einzelmaßnahmen wie der sowieso teilweise überholte Antrag der PDS helfen auf diesem Weg nicht weiter. Wir werden ihn daher ablehnen. Aber ich bin überzeugt, dass alle Fraktionen zusammen daran interessiert sein werden, Steuergerechtigkeit nicht nur durch Gesetze, sondern auch mit einer gut funktionierenden Verwaltung zu ver- wirklichen. Also nehmen wir das Gespräch ernsthaft auf. Die Ideen und Erfahrungen der Praktiker werden uns ein gutes Stück auf diesem Weg voranbringen, und ich freue mich darauf, diese Erkenntnis gemeinsam mit den Län- dern und mit den Kolleginnen und Kollegen umzusetzen. Elke Wülfing (CDU/CSU): Der uns vorliegende An- trag der PDS zur Verschärfung der Betriebsprüfungen ist ein Asbach-uralter Antrag, den Sie besser zurückgezogen hätten. Dass Sie das nicht getan haben, beweist Ihre im- mer noch ungebrochene Gläubigkeit an Staatskontrolle und Überwachungsstaat. Leider haben sich die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen von dieser Staatsgläubigkeit und von der Überwachungsmen- talität anstecken lassen. Hier einige Beispiele: Mit dem Steuerverkürzungs- bekämpfungsgesetz ist bei der Umsatzsteuerprüfung eine unangekündigte Nachschau ohne Anfangsverdacht mit der Erlaubnis von Kontrollmitteilungen zu anderen Steu- ertatbeständen eingeführt worden. Des Weiteren wurde die Nichtzahlung von Umsatzsteuer als Verbrechen und damit als vermutete Vortat zur Geldwäsche eingestuft. Ebenfalls geändert und verschärft wurden die §§ 146 ff. der Abgabenordnung. Danach hat der Betriebsprüfer jetzt Datenzugriff auf alle digital erfassten Betriebsdaten. Allein diese drei Beispiele beweisen das grundsätzli- che Misstrauen dieser rot-grünen Bundesregierung ge- genüber jedem anständigen Unternehmer, der sich bemüht, Produkte zu verkaufen, Arbeitsplätze zu schaffen und in der Rezession zu überleben. Dass Betriebsprüfungen notwendig sind, darüber kann selbstverständlich kein Zweifel bestehen. Obwohl sich die Anzahl der zu prüfenden Betriebe in den letzten Jah- ren nicht erhöht hat, haben die obersten Finanzbehörden der Länder die Anzahl der Betriebsprüfer seit 1995 um 1 200 erhöht, die auch tatsächlich durch die Prüfung allein im Jahr 2000 Mehrsteuern von 27,4 Milliarden DM ein- genommen haben. Darin sind die Lohnsteueraußenprü- fung, die Umsatzsteuersonderprüfung und die Steuer- fahndung nicht einmal enthalten. Wer mehr Steuereinnahmen haben will, als zum Bei- spiel bei der Körperschaftsteuer im letzten Jahr herausge- kommen ist, der muss eine vernünftige Steuerreform ma- chen. Der massive Rückgang bzw. der Negativsaldo bei der Körperschaftsteuer hat natürlich zur Ursache, dass die Erstattungen von Körperschaftsteuer infolge der Herstel- lung der Ausschüttungsbelastung sehr stark angestiegen sind. Ursächlich für diese hohen Ausschüttungen ist die Tatsache, dass das Vollanrechnungsverfahren in diesem Jahr letztmalig zur Anwendung gekommen ist. Aber auch die Senkung des Thesaurierungssatzes von 40 auf 25 Pro- zent führt natürlich zu deutlich niedrigeren Vorauszahlun- gen. Wie eine SPD-geführte Bundesregierung – die von sich immer behauptet, sich um die Belange der kleinen Leute und des Mittelstandes besonders zu kümmern – es mit ihrem eigenen Programm vereinbaren kann, gerade das Großkapital so massiv zu entlasten, bleibt mir ein Rätsel. Dass aber die so auf soziale Gerechtigkeit bedachten Ge- werkschaften angesichts dieser Tatsache nicht auf die Barrikaden gehen, ja dass sie daran sogar mitwirken, in mitbestimmten Unternehmen Vorstandsgehälter und Ab- findungen in Millionenhöhe zu genehmigen, finde ich einfach schlimm. Hätten Sie 1997 die Steuerreform der CDU/CSU- und FDP-geführten Bundesregierung nicht im Bundesrat blockiert, wären Sie jetzt in der konjunkturell schwierigen Lage weitaus besser dran. Seit vier Jahren hätte die Wir- kung der Steuersenkung vor allen Dingen bei den 83 Pro- zent der Personenunternehmen schon Wirkung zeigen können. Auch die Kapitalgesellschaften wären mit dem von uns damals vorgeschlagenen Satz von 30 in die Lage versetzt worden, in guten konjunkturellen Zeiten Arbeits- plätze zu schaffen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22121 (C) (D) (A) (B) Mein Mitleid gilt den vielen kleinen und mittleren Be- trieben, die jetzt aufgrund Ihrer verkorksten Steuerreform und der dazukommenden Konjunkturschwäche Pleite ge- hen. Die Zahl der Insolvenzen hat sich immerhin im Jahr 2001 auf 38 000 erhöht. Überall in unseren Wahlkreisen lesen wir jeden Tag von neuen Insolvenzanträgen und drastisch ansteigenden Arbeitslosenzahlen. Mein Mitleid angesichts der daraus resultierenden Steuerausfälle für den Bundesfinanzminister hält sich allerdings in gewissen Grenzen. Das Thema ist zurzeit deshalb auf gar keinen Fall, noch schärfere Betriebsprüfungen einzuführen – in einer Zeit, wo zu Hunderten und Tausenden Betriebe in Konkurs ge- hen. Das Thema muss sein: Wie schaffen wir eine Steuer- reform, die die hohen Anforderungen für Betriebsprüfun- gen deswegen unnötig macht, weil das Steuersystem einfacher und gerechter geworden ist? Professor Kirchhof hat dazu im letzten Jahr interessante und bedenkenswerte Vorschläge auf den Tisch gelegt. Leider hat die rot-grüne Bundesregierung dafür nur ein müdes Achselzucken übrig gehabt. Statt einen mutigen Schritt zu tun und eine für alle Bürger und Unternehmen gerechte und ausgewo- gene Steuerreform zu erarbeiten, sind Sie wieder einmal beim Kurieren an Symptomen stehen geblieben. Ein Ruck müsste durchs Land gehen, hat Bun- despräsident Herzog gefordert. Wenn die Bundesrepublik Deutschland nicht am Ende der Wachstumsschlange in Europa stehen bleiben will, dann ist ein Neuanfang im Steuerrecht dringend nötig. Dazu haben Sie vier Jahre Zeit gehabt. Wir werden am 22. September die Wähler fragen, ob sie einen Neuanfang ebenfalls für richtig hal- ten. Zurzeit sieht es jedenfalls so aus. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Wirtschaftskrimi- nalität müssen bekämpft werden. Darüber sind wir uns im Grundsatz sicherlich einig. Die Finanzverwaltung und da- mit auch die Betriebsprüfungen sind aber nach wie vor in der Hauptsache eine Ländersache, das ist ebenso unbe- stritten und soll auch so bleiben. Der Bund kann – wegen der Personalhoheit der Län- der – letztendlich dieser nur auffordern, verstärkte An- strengungen zu unternehmen, Betriebsprüfer auszubilden und einzusetzen. Diese Appelle werden im Rahmen der statistischen Auswertung der Betriebsprüfungsergebnisse auch durch den Rechnungsprüfungsausschuss des Deut- schen Bundestages immer wiederholt. Wir können fest- stellen, dass diese Aufforderungen auch im ureigensten Interesse der Länder lagen, denn die jüngsten Statistiken über die Betriebsprüfungen zeigen Erfolge. Nach den statistischen Aufzeichnungen der Länder ha- ben die Betriebsprüfungen bei gewerblichen Unterneh- men aller Betriebsgrößen im Jahr 2000 zu Mehrsteuern von 27,4 Milliarden DM geführt. Ergebnisse der Umsatz- steuer-Sonderprüfung und der Steuerfahndungsdienste sind in dieser Zahl noch gar nicht enthalten. Im Vorjahr lag die Vergleichszahl bei 26,8 Milliarden DM an Mehrsteuern. Der größte Teil der Mehreinnahmen an Steuern aufgrund der Betriebsprüfungen erfolgt aus der Prüfung von Großbetrieben, nämlich 80 Prozent. Die kontinuierliche Zunahme der Mehreinnahmen an Steuern ist auf den Mehreinsatz von Betriebsprüfern durch die Länder zurückzuführen. Die Zahl der Prüfer be- trug 1997 noch 9 978, im Jahr 2000 immerhin schon 11 106. Dies ist eine Zunahme um 1 128 Prüfer. Wir be- grüßen grundsätzlich die vermehrten Anstrengungen der Länder, Betriebsprüfer auszubilden und verstärkt einzu- setzen. Außerdem kann ich der Statistik entnehmen, dass die Länder auch mehr Steuerfahnder ausgebildet und ein- gesetzt haben. 1997 waren erst 2 035 Steuerfahnder im Einsatz, im Jahr 2000 immerhin 2 463. Auch diese Ent- wicklung spricht dafür, dass die Finanzverwaltungen der Länder grundsätzlich bereit waren, mehr für eine funk- tionsfähige Steuerüberprüfung zu investieren. Auch der Bund hat bei dem Aufbau der Betriebsprüfungen in den neuen Ländern durch den Einsatz der Bundesbetriebsprü- fung des Bundesamtes für Finanzen unterstützend gehol- fen. Es ist erfreulich, dass einige neue Länder ihre Be- triebsprüfungsdienste bereits vollständig aufgebaut haben. Deswegen konnte die Verwaltungshilfe aus den al- ten Bundesländer vermindert werden. Letztendlich verbleibt ein großer Teil der Mehrsteuern bei den Kommunen und Ländern, sodass sich der Perso- nalmehraufwand sogar mehr als selbst finanziert. Das Steuersystem mit all seinen Regeln und Ausnahmen funk- tioniert nur, wenn der Bürger von seiner Funktionsfähig- keit und damit der leistungsgerechten Besteuerung über- zeugt ist. Ein Steuersystem ohne funktionsfähigen Vollzug ist schlicht ungerecht gegenüber den steuerehr- lichen Bürgern. Das Sprichwort „Der Ehrliche ist der Dumme“ hätte seine Bestätigung gefunden. Dies wollen wir nicht! Im Gegenteil: Steuerhinterziehung, Geldwä- sche usw. sind keine Kavaliersdelikte, sondern ein be- wusstes Außer-Kraft-Setzen gesellschaftlicher Regeln zum eigenen Vorteil. Dies darf nicht hingenommen wer- den. Deswegen begrüßen wir auch die verstärkten An- strengungen im Rahmen des Vierten Finanzmarktförde- rungsgesetzes, in dem versucht wird, der international organisierten Geldwäsche wirksamere Instrumente entge- genzusetzen. Vermehrte Betriebsprüfungen sind eine Me- thode, um unlauteren Geschäftsmethoden das Handwerk zu legen. Die Weiße-Kragen-Kriminalität hat Jahr für Jahr mehr Schäden angerichtet. Dieser Tendenz kann unter an- derem mit vermehrten Betriebsprüfungen entgegenge- wirkt werden. Letztlich müssen die Steuerpflichtigen für ihr Handeln haften. Steuerhinterziehung muss wirksam bekämpft werden, um den Gesellschaftsvertrag unter den Bürgern zu erfüllen. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Was die PDS heute zur Debatte stellt, steht für ihr Politikverständnis: strenge Staatsgläubigkeit, eine Aufblähung des Staatsapparats, die vermeintliche Herstellung von Gerechtigkeit, kurz: massives Misstrauen gegenüber den Bürgern. Die FDP lehnt das grundweg ab. Dieses Denken stammt aus dem letzten Jahrtausend und gehört in das letzte Jahrtausend. Eine freie, weltof- fene Gesellschaft muss dem Bürger Freiheit lassen. Er muss die Chance haben, Eigenverantwortung zu überneh- men. Der Staat darf nur dort eingreifen, wo es unbedingt notwendig ist. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222122 (C) (D) (A) (B) Das kann aber doch nur heißen, allen Menschen die gleichen Startchancen zu geben. Das staatsgläubige Den- ken der PDS will hingegen das genaue Gegenteil: Die in- dividuelle Leistung, das Engagement des Einzelnen sollen erstickt werden durch Gleichmacherei. Die PDS maßt sich dabei an, festlegen zu können, was gleich und gerecht ist. Begründet werden die Forderungen mit mehr Steuer- gerechtitgkeit. Das ist scheinheilig, schürt das Neidden- ken und entmündigt die Bürger. Unser Steuersystem ist nicht gerecht; das stimmt. Das liegt aber doch nicht daran, dass Einzelne zu wenig Steuern bezahlen und – natür- lich – in den Augen der PDS zu viel verdienen. Das Steuersystem ist nicht mehr gerecht, weil es un- verständlich ist, weil es viele Ausnahmen gibt und weil die Steuerbelastung zu hoch ist. Ein gerechtes Steuersys- tem werden wir nur dann bekommen, wenn das Steuer- recht verständlich für alle ist, wenn die Steuerbelastung maßvoll und damit aktzeptabel für die Bürger ist. Darin herrscht doch Konsens in unserer Gesellschaft. Die PDS stellt sich wieder einmal deutlich ins Abseits, wenn sie das leugnet. Ihr geht es nicht darum, das Steuersystem gerecht zu machten, sondern darum, mit hohen Steuersätzen und massiven staatlichen Kontrollmaßnahmen den Menschen die Früchte ihrer Leistung wegzunehmen. Für die FDP steht fest: Dieses Denken, diese Grund- einstellung können wir nicht brauchen. Anlage 10 Technisch bedingter Neuabdruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Unterhaltsvorschussgesetzes (218. Sitzung, Tagesordnungspunkt 10 a und b) Christina Schenk (PDS): Zur Existenzsicherung von Kindern allein Erziehender gehören monatliche Unter- haltszahlungen des getrennt lebenden Elternteils. Soweit die Theorie. Wie viele Kinder ihren Unterhalt tatsächlich erhalten, weiß niemand genau. Die letzte statistische Er- hebung stammt von 1978. Wir begrüßen deshalb, dass die Bundesregierung eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben hat. Heute wird geschätzt, dass nur etwa an ein Drittel der Kinder der Unterhalt regelmäßig und in voller Höhe gezahlt wird. Ein weiteres Drittel erhält ihn unre- gelmäßig oder in zu geringer Höhe und das letzte Drittel bekommt ihn selten oder nie. Wird der Unterhalt nicht gezahlt, streckt seit 1979 der Staat aus der Unterhaltsvorschusskasse einen Teil des ge- schuldeten Betrages vor. Der Unterhaltsvorschuss wird jedoch maximal 72 Monate und längstens bis zum 12. Le- bensjahr des Kindes gezahlt. Gerade dann, wenn die Kin- der teuer werden, bekommen sie nichts mehr. Hier spart der Staat auf Kosten der Kinder. Und er spart auf Kosten desjenigen Elternteils, der mit dem Kind zusammenlebt. Das darf nicht länger so bleiben. Der Unterhaltsvorschuss muss so lange gezahlt werden, wie es einen Anspruch auf Kindergeld gibt. Beim Unterhaltsvorschuss erhalten Kinder ohnehin nur den Mindestunterhalt, wovon allerdings wieder die Hälfte des Kindergeldes abgezogen wird. Demgegenüber geht das „Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erzie- hung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts“, das zum 1. Februar 2001 in Kraft getreten ist, eindeutig zu Recht davon aus, dass der niedrigste Mindestunterhalt den Bedarf des Kindes nicht deckt. Seitdem darf der Unterhalt nur dann um die Hälfte des Kindergeldes gemindert wer- den, wenn er mindestens in Höhe von 135 Prozent des Re- gelsatzes gezahlt wird. Im Unterschied dazu mindert der Staat den Unterhaltsvorschuss nach wie vor um die Hälfte des Kindergeldes – Existenzminimum hin oder her. Hier wird erneut auf Kosten der Ärmsten gespart. Kinder, die den Unterhaltsvorschuss in Höhe des Min- destunterhalts bekommen, erhalten somit monatlich 77 Euro weniger als Kinder, denen der zahlungspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt zahlt. Die PDS-Fraktion hat bei der Reform des Unterhaltsrechts auf diese Un- gleichbehandlung hingewiesen. Die rot-grüne Mehrheit des Hauses hat diese Ungerechtigkeit billigend in Kauf genommen. Wir wollen sie beenden. Die Beibehaltung der jetzigen Regelungen zum Unter- haltsvorschuss verfestigt das Armutsrisiko bei allein Er- ziehenden. Wenn kein Unterhalt gezahlt wird und die Be- zugsdauer für den Unterhaltsvorschuss ausgeschöpft ist, muss derjenige Elternteil einspringen, bei dem das Kind lebt. In 85 Prozent der Fälle ist das wegen der in Deutsch- land noch immer traditionellen Rollenverteilung die Mut- ter. Sie ist damit finanziell doppelt belastet. Sie versorgt das Kind, hat damit oft genug berufliche und damit auch finanzielle Nachteile. Und sie übernimmt noch zusätzlich den Unterhalt, den der Vater zahlen müsste und nicht zahlt. Für sie gibt es – anders als für diesen – keinen Selbstbe- halt. Sie kann dem Kind nicht den benötigten Unterhalt mit dem Argument verweigern, der eigene Bedarf gehe vor. Sie muss mit allem, was sie hat, für den Unterhaltsausfall eintreten – solange, bis sie in die Sozialhilfe fällt. Weil immer mehr Väter und in geringer Zahl auch Müt- ter ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen, muss der Staat gegenwärtig rund 450 000 Kindern Unterhaltsvor- schuss gewähren. Das ist teuer: Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten, die zu jeweils einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kommungen getragen werden, auf etwa 1,5 Milliarden Mark. Die Rückholquote ist erbärmlich gering. Nur etwa ein Fünftel der Väter zahlt das quasi zinslose Darlehen zurück. Für den Rest der Vä- ter ist der Unterhaltsvorschuss praktisch ein Geschenk. Das kann so nicht bleiben. Hier sehen wir ebenfalls drin- genden Handlungsbedarf. Die Forderung nach Anhebung der Altersgrenze und Ausweitung der Bezugsdauer des Unterhaltsvorschusses war bereits in der 13. Legislaturperiode Gegenstand einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses. Der Bun- destag hat dieser Beschlussempfehlung zugestimmt. Ich denke, in dieser Frage könnte heute eine fraktionsüber- greifende Mehrheit zustande kommen. Wir sollten diese Chance nutzen und die allein Erziehenden endlich vor dem Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 2002 22123 (C) (D) (A) (B) Verarmungsrisiko schützen, das durch den Ausfall von Un- terhalt und Unterhaltsvorschuss zwangsläufig entsteht. Anlage 11 Amtliche Mitteilungen Der Abgeordnete Reinhold Hemker hat seine Unter- schrift zu dem Antrag Dokumentation der freigelegten russischen Graffiti-Inschriften im Reichstagsgebäude in historisch gerechtfertigtem Umfang auf Drucksache 14/6761 zurückgezogen. Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 27. Februar 2002 mitgeteilt, dass sie den Antrag Perus Rückkehr zur Demokratie unterstützen auf Druck- sache 14/4527 zurückgezogen hat. Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Ge- schäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1999 des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU): „Welt im Wandel – Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Biosphäre“ – Drucksachen 14/6706, 14/6995 Nr. 2 – – Zwischenbericht der Enquete-Kommission Nachhaltige En- ergieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung Teilbericht zu dem Thema: Nachhaltige Energieversorgung auf liberalisierten Märkten: Bestandsaufnahme und Ansatzpunkt – Drucksache 14/7509 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Finanzausschuss Drucksache 14/6908 Nr. 2.6 Drucksache 14/7129 Nr. 2.25 Drucksache 14/7409 Nr. 2.19 Drucksache 14/7409 Nr. 2.22 Drucksache 14/7409 Nr. 2.30 Drucksache 14/7409 Nr. 2.31 Drucksache 14/7409 Nr. 2.32 Drucksache 14/7409 Nr. 2.33 Drucksache 14/7409 Nr. 2.34 Drucksache 14/7409 Nr. 2.35 Drucksache 14/7409 Nr. 2.36 Drucksache 14/7409 Nr. 2.37 Drucksache 14/7522 Nr. 1.20 Drucksache 14/7708 Nr. 1.7 Drucksache 14/7708 Nr. 1.9 Drucksache 14/7708 Nr. 2.34 Drucksache 14/7708 Nr. 2.39 Ausschuss für die Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/6508 Nr. 2.29 Drucksache 14/8081 Nr. 2.5 Drucksache 14/8081 Nr. 2.6 Drucksache 14/8081 Nr. 2.14 Drucksache 14/8081 Nr. 2.18 Drucksache 14/8179 Nr. 1.2 Drucksache 14/8179 Nr. 2.4 Drucksache 14/8179 Nr. 2.5 Drucksache 14/8179 Nr. 2.7 Drucksache 14/8179 Nr. 2.11 Drucksache 14/8179 Nr. 2.12 Drucksache 14/8179 Nr. 2.14 Drucksache 14/8179 Nr. 2.15 Drucksache 14/8179 Nr. 2.18 Drucksache 14/8179 Nr. 2.49 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. März 200222124 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Cem Özdemir


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau
    Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Merkel, wis-
    sen Sie, was das Sympathische an Ihrer Rede war? – Man
    merkte bei jedem Satz: Sie hätten ja eigentlich gewollt.


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn ich mich hier umsehe, sehe ich viele Kollegen, die
    ich in sieben Jahren im Bundestag kennen gelernt habe




    Dr. Angela Merkel

    22055


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    und von denen ich genau weiß, dass sie es besser wissen.
    Sie haben sich den Gesetzentwurf angeschaut und wissen,
    dass vieles von dem, was hier gesagt wurde, nicht mit dem
    übereinstimmt, was in dem Entwurf steht. Sie würden
    gerne zustimmen, dürfen es aber aus Gründen, die uns al-
    len bekannt sind, nicht. Ich bedaure Sie sehr dafür.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, am 1. Januar 2000 trat ein
    bedeutendes Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland
    in Kraft. Das ist bekanntlich das Staatsangehörigkeits-
    recht. Damals wurde das Geburtsrecht in der Bundesre-
    publik Deutschland eingeführt.


    (Dirk Niebel [FDP]: Das war unser Vorschlag!)


    Wir sind damit ein europäisches Land geworden, weil wir
    eine wichtige Sache durchgeführt haben.


    (Dirk Niebel [FDP]: Unsere Idee war das!)

    – Mit Unterstützung von Ihnen. Freuen Sie sich, dass Sie
    auf der richtigen Seite standen. – Damals stand die
    CDU/CSU auf der falschen Seite. Ich weiß, dass es viele
    von Ihnen bereuen. Heute sind Sie aber dabei, denselben
    Fehler noch einmal zu machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie stehen auf der falschen Seite. Sie verhindern ein Gesetz,
    das die Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Unterneh-
    mer, Kirchen und alle vernünftigen Kräfte in der Gesell-
    schaft – darunter auch viele Christdemokraten – wollen.
    Helfen Sie mit, dass ein Gesetz, das dazu beiträgt, dass künf-
    tig alle, die zu uns kommen, Deutsch lernen, verabschiedet
    wird. Was haben Sie dagegen, dass Migrantinnen und Mi-
    granten künftig Deutsch lernen, wenn sie zu uns kommen?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Lächerlich!)


    Helfen Sie mit, dass dieses Gesetz durchgesetzt wird. Die
    Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen
    und Schüler wollen es. Ich verstehe nicht, was man dage-
    gen haben kann.

    Aber eines ist ein bisschen unfair. Wenn man während
    seiner Regierungszeit etwas nicht durchgeführt hat, das
    dann andere machen – auch wenn es vielleicht zu wenig
    ist, weil nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen –, und
    man dann sagt, das reiche nicht, erscheint mir das ein biss-
    chen wohlfeil. Sie hätten es besser machen können, haben
    das aber nicht getan.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir beginnen damit. Helfen und unterstützen Sie uns!
    Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir später
    mehr Geld haben und mehr für die Sprachkurse tun kön-
    nen. Aber nichts tun ist nicht mehr als zu wenig tun.
    Nichts tun ist immer weniger, meine Damen und Herren.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Lieber nichts als etwas Falsches, Herr Özdemir!)


    Ich habe leider nur wenig Zeit.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Was heißt hier lei der? Unerträgliche Eitelkeit!)

    Aber ich möchte noch auf eines hinweisen. Je weiter wir
    in den Wahlkampf kommen, desto stärker wird das Argu-
    ment vertreten: Die Ausländer sind stärker von Arbeitslo-
    sigkeit betroffen und beziehen häufiger Sozialhilfe. Pro-
    fessor Birg, der Bevölkerungswissenschaftler aus
    Bielefeld, wird in diesem Zusammenhang gern zitiert.
    Aber an eines sollten Sie sich erinnern, meine Damen und
    Herren. Ich meine das ernst. Als die Anwerbeabkommen
    geschlossen worden sind, haben nicht die Grünen regiert
    – uns gab es damals noch nicht –, auch die SPD nicht. Sie
    haben regiert, als die Anwerbeabkommen geschlossen
    worden sind, aufgrund deren beispielsweise meine Eltern
    in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind. Da-
    mals wurden Leute in der Schwerindustrie, im Bergbau,
    unter Tage und in der Stahlindustrie gesucht. Diese Leute
    sind bewusst ausgesucht worden, weil sie ungelernte Ar-
    beitskräfte waren. Weil nicht in sie investiert wurde und
    weil sie nicht aus- und weitergebildet wurden, sind sie
    heute teilweise stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Da-
    raus kann man ihnen aber keinen Vorwurf machen,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das sind doch nicht die aus den 50erund 60er-Jahren! Die sind doch in den letzten zehn Jahren gekommen!)


    weil wir damals keine Konzepte für Integration hatten und
    man ihnen nicht Deutsch beigebracht hat. Das kann man
    ihnen heute nicht zum Vorwurf machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Was wir mit dem Gesetz wollen, ist, aus den Fehlern zu
    lernen und künftig bei der Einwanderung einen Fahrplan
    zur Integration vom ersten Tag der Einreise an zur Verfü-
    gung zu stellen. Helfen Sie uns mit, damit durchgesetzt
    wird, worauf alle in der Gesellschaft warten!

    Herzlichen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Für die PDS-Fraktion
erteile ich dem Kollegen Roland Claus das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Claus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Frau Präsidentin! Meine sehr
    verehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie
    haben sich unerwartet entschlossen, eine Ansprache an
    die Fraktion der CDU/CSU zu halten und dafür das Ple-
    num des Bundestags zu wählen. Ich erkläre mir das ein
    wenig damit, dass Sie möglicherweise die harsche Rede
    Ihres Bundesinnenministers dazu veranlasst hat, der hier
    in einer Weise mit der Union umgegangen ist, wie es von
    ihm auch nicht anders zu erwarten war. Insofern habe ich
    ein gewisses Verständnis für Ihr Verhalten, Herr Bundes-
    kanzler.




    Cem Özdemir
    22056


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Aber wir haben auch eines gemerkt. Die Union beein-
    druckt es offenbar relativ wenig, wenn man ihr nach dem
    Mund redet. Von Frau Merkels Rede ist nur eine einzige
    Botschaft übrig geblieben,


    (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die würde auch gerne zustimmen!)


    nämlich dass Humanität und Menschenrechte nur dann
    gewünscht sind, wenn es uns in den Kram passt.


    (Beifall bei der PDS – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das sagt der Richtige!)


    Mit dieser Überlegung passt es nicht zusammen, dass Sie
    sich immer als Lehrmeister in Sachen Humanität und
    Menschenrechte aufspielen.

    Die CDU/CSU hat natürlich Recht, wenn sie auf das
    Kleingedruckte in diesem Gesetz verweist und sagt, es
    gebe viele Ausgestaltungsmöglichkeiten. In der vor uns
    liegenden öffentlichen Debatte und erst recht in den be-
    vorstehenden Wahlkämpfen geht es natürlich nicht um
    das Kleingedruckte, sondern darum, wie die Dinge ver-
    einfacht und vergröbert interpretiert werden. Hier wün-
    sche ich mir noch immer, dass wir als Parlament nicht für
    Verklärung und Stimmungsmache, sondern für Auf-
    klärung in diesem Lande sorgen. Diese Hoffnung gebe ich
    auch nicht auf.


    (Beifall bei der PDS – Michael Glos [CDU/ CSU]: Klärt erst einmal eure Gaunereien alle auf!)


    Allerdings ist es nicht damit getan, dass Herr Merz er-
    klärt, die Probleme der Arbeitslosigkeit seien mit Zuwan-
    derung nicht zu lösen. Dass das so ist, ist völlig klar. Aber
    es in dieser Verknüpfung zu bringen, bedeutet, die Sorgen
    und Nöte von Arbeitslosen gegenüber den Sorgen und
    Nöten von Zuflucht Suchenden auszuspielen.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Da Sie, Frau Merkel, hier den Platz 1 für sich rekla-
    miert haben, sage ich Ihnen: Die CDU/CSU nimmt den
    Platz 1 nur auf den Feldern Realitätsverdrängung, Ab-
    schottungsabsicht und Stimmungsmache ein. Das ist lei-
    der Ihre Bilanz.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, die PDS hat sich mit eige-
    nen Vorschlägen in die Diskussion um ein modernes Ein-
    wanderungsrecht eingebracht. Das, worüber wir heute ab-
    zustimmen haben, stellt uns nicht zufrieden; das haben
    wir deutlich zum Ausdruck gebracht. Aber auch hier se-
    hen wir natürlich Möglichkeiten für Nachbesserungen,
    die auf den Weg gebracht werden können.


    (Beifall bei der PDS)