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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Otto Bernhardt und Rita Süssmuth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21559 A Eintritt der Abgeordneten Amke Dietert- Scheuer, Bärbel Grygier und Wolfgang Bierstedt in den Deutschen Bundestag . . . 21559 A, B Bestimmung der Abgeordneten Katrin Göring- Eckardt als stellvertretendes Mitglied im Ver- mittlungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21559 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 21559 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 21560 B Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Jahreswirtschaftsbericht 2002 der Bundesregierung: Vor einem neuen Aufschwung – Verlässliche Wirtschafts- und Finanzpolitik fort- setzen (Drucksache 14/8175) . . . . . . . . . . . . . 21561 A b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Jahresgutachten 2001/02 des Sachverständigenrates zur Begut- achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 14/7569) . . . . . . . . . . . . . 21561 A c) Antrag der Abgeordneten Matthias Wissmann, Peter Rauen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Rezession überwinden – Wirt- schaftspolitik für mehr Wachstum und Beschäftigung umsetzen (Drucksache 14/8265) . . . . . . . . . . . . . 21561 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Dr. Ditmar Staffelt, Dr. Axel Berg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz (Leipzig), Andrea Fischer (Ber- lin), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Für eine stetige, verlässliche und beschäftigungsfördernde Wachs- tumspolitik – kein konjunkturpoli- tischer Aktionismus (Drucksachen 14/7808, 14/8148) . . . . 21561 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 21561 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 21565 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21570 C Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21572 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21576 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 21578 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21579 B Matthias Wissmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 21581 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21583 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21585 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21587 C Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . 21590 B Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Plenarprotokoll 14/218 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 218. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 I n h a l t : Norbert Geis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kri- minalität wirksamer bekämpfen – Innere Sicherheit gewährleisten (Drucksachen 14/6539, 14/8284) . . . . 21592 C b) Große Anfrage der Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Strafverfolgung in (einem zusammenwachsenden) Europa (Drucksachen 14/1774, 14/4991) . . . . 21592 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 21592 D Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ . . 21595 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21596 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21599 A Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 21601 D Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 21603 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 21604 D Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21607 A Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 21609 A Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 21609 C Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 21609 D Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . . . . . 21611 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21613 B Erika Simm SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21614 D Tagesordnungspunkt 20: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurVorbereitung einer bun- deseinheitlichen Wirtschaftsnummer (Drucksache 14/8211) . . . . . . . . . . . . . 21616 B b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 27. Juli 2001 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Tsche- chischen Republik über soziale Si- cherheit (Drucksache 14/8212) . . . . . . . . . . . . . 21616 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurVereinfachung derWahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat (Drucksache 14/8214) . . . . . . . . . . . . . 21616 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 3. Ju- ni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens vom 9. Mai 1980 über den internationalen Eisenbahn- verkehr (COTIF) (Drucksache 14/8172) . . . . . . . . . . . . . 21616 C e) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesbesol- dungsgesetzes (Drucksache 14/8045) . . . . . . . . . . . . . 21616 C f) Antrag der Abgeordneten Brigitte Adler, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster- Loßack, Hans-Christian Ströbele, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Reformprozess der internationalen Agrarforschung vorantreiben (Drucksache 14/8000) . . . . . . . . . . . . . 21616 D g) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Existenzbedrohende Prüfungs- praxis der Sozialversicherungsträger für kleine und mittelständische Be- triebe unterbinden (Drucksache 14/7155) . . . . . . . . . . . . . 21616 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren (Ergänzung zu TOP 20) a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt- auditgesetzes (Drucksache 14/8231) . . . . . . . . . . . . . 21617 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll von Kioto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmen- übereinkommen der Vereinten Natio- nen über Klimaänderungen (Kioto- Protokoll) (Drucksache 14/8250) . . . . . . . . . . . . . 21617 A c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über un- zuverlässige Unternehmen (Drucksache 14/8285) . . . . . . . . . . . . . 21617 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002II Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men vom 18. April 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über soziale Sicherheit (Drucksachen 14/7046, 14/8146) . . . . 21617 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Walter Hirche, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Erd- öl, Erdölerzeugnissen oder Erdgas (Drucksachen 14/7151, 14/8053) . . . . 21617 C c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes über die Land- wirtschaftliche Rentenbank (Drucksachen 14/7753, 14/8169) . . . . 21617 D d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Zweiund- zwanzigste Verordnung zur Durch- führung des Bundes-Immissionsschutz- gesetzes (Verordnung über Immis- sionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV) (Drucksachen 14/7831, 14/7874 Nr. 2.1, 14/8261) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21618 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Zweite Verordnung zur Änderung der Ver- packungsverordnung (Drucksachen 14/7923, 14/8086 Nr. 2.1, 14/8188) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21618 B f) – n) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353, 354, 355 zu Petitionen (Drucksachen 14/8118, 14/8119, 14/8120, 14/8121, 14/8122, 14/8123, 14/8124, 14/8125, 14/8126) . . . . . . . . . . . . . . . 21618 B Tagesordnungspunkt 13: Unterrichtung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages: Bericht über die Rechenschaftsberichte 1999 sowie über die Entwicklung der Finanzen der Par- teien gemäß § 23 Abs. 5 des Parteien- gesetzes (PartG) (Drucksache 14/7979) . . . . . . . . . . . . . . . 21619 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache (Ergänzung zu TOP 21) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem StockholmerÜber- einkommen vom 23. Mai 2001 über per- sistente organische Schadstoffe (POPs- Übereinkommen) und dem Protokoll vom 24. Juni 1998 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüber- schreitende Luftverunreinigung betref- fend persistente organische Schadstoffe (POPs-Protokoll) (Drucksachen 14/7757, 14/8014, 14/8298) 21619 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu den aktuellen Vorgän- gen um die Vermittlungstätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit . . . . . . . . . . . . 21619 C Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21619 D Julius Louven CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 21621 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21622 C Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21623 D Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21625 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 21626 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . 21628 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21629 A Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21630 A Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21631 B Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . 21632 C Ute Kumpf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21633 B Gerd Andres SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21634 D Tagesordnungspunkt 5: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 III SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz (Leipzig), Andrea Fischer (Ber- lin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zugang der Zivilgesell- schaft zur WTO-Ministerkonferenz in Doha, Katar gewährleisten (Drucksachen 14/5805, 14/7900) . . . . 21636 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Erich G. Fritz, Gunnar Uldall, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Stärkung des freien Welt- handels durch neue WTO-Runde (Drucksachen 14/5755, 14/7924) . . . . 21636 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordne- ten Kristin Heyne, Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sicherung eines fairen und nachhalti- gen Handels durch eine umfassende Welthandelsrunde (Drucksachen 14/7143, 14/7925) . . . . 21636 C d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Ursula Lötzer, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Neoliberale Globalisierung – kein Sachzwang (Drucksachen 14/6889, 14/7899) . . . . 21636 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entwicklung und Wohlstand durch mehr Mut zur Marktöffnung (Drucksache 14/8272) . . . . . . . . . . . . . . . 21636 C Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 21636 D Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 21638 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21640 D Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21643 A Ursula Lötzer PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21644 B Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . 21645 A Siegfried Helias CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 21647 C Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Für substanzielle Arbeitsmarktreformen im Niedriglohnsektor (Drucksache 14/8143) . . . . . . . . . . . . . . . 21649 B Dr. Irmgard Schwaetzer FDP . . . . . . . . . . . . 21649 C Andrea Nahles SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21651 A Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 21653 C Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21656 A Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21657 D Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21659 A Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU 21660 D Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21663 A Tagesordnungspunkt 6: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedin- gungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz) (Drucksachen 14/6455, 14/8264) 21665 A – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG) (Drucksachen 14/6892, 14/8264) 21665 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Annette Faße, Reinhard Weis (Stendal), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung des Deutschen Bin- nenschifffahrtsfonds (Binnenschiff- fahrtsfondsgesetz) (Drucksachen 14/6159, 14/7882) . . . . 21665 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Kommission für den Europä- ischen Rat von Biarritz über die Gesamtstrategie der Gemeinschaft für die Sicherheit im Seeverkehr (Drucksachen 14/4945 Nr. 2.24, 14/6251) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21665 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002IV d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga, Annette Faße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Schiffssicherheit auf der Ostsee verbessern – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Optimierung der Ostsee- sicherheit im Bereich der Kadet- rinne (Drucksachen 14/6211, 14/5752, 14/6909) 21665 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mittei- lung derKommission an das Europä- ische Parlament und den Rat; Ver- besserung der Dienstqualität in Seehäfen: Ein zentraler Aspekt für den europäischen Verkehr; Vor- schlag für eine Richtlinie des Euro- päischen Parlaments und des Rates über den Marktzugang für Hafen- dienste (Drucksachen 14/6214 Nr. 2.2, 14/7890) 21665 C f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Reinhard Weis (Stendal), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: ILO-Über- einkommen über die soziale Betreu- ung der Seeleute ratifizieren (Drucksachen 14/5247, 14/7898) . . . . 21665 D g) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Untersuchung von Seeunfällen (Seeunfalluntersuchungsänderungs- gesetz) (Drucksache 14/8108) . . . . . . . . . . . . 21666 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21666 A Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . 21667 C Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 21668 C Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21668 D Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . 21669 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21672 D Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 21673 D Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21675 D Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21676 D Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21678 B Dr. Christine Lucyga SPD . . . . . . . . . . . . . . 21679 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 21680 D Dr. Margrit Wetzel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 21681 C Konrad Kunick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21682 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 14/6929, 14/8176) . . . . . . . 21684 D Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes (Drucksache 14/8230) . . . . . . . . . . . . 21685 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zurÄnderung des Gentechnikgesetzes (Drucksache 14/5929) . . . . . . . . . . . . 21685 B c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Zweiter Bericht der Bundes- regierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz (Drucksache 14/6763) . . . . . . . . . . . . 21685 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu der Un- terrichtung durch die Bundesregierung: Bericht derBundesregierung überEr- fahrungen mit dem Gentechnikgesetz (Drucksachen 13/6538, 14/272 Nr. 119, 14/6894) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21685 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 V Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Stra- tegie für eine zukünftige Chemi- kalienpolitik (Drucksache 14/8029) . . . . . . . . . . . . . 21685 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine wirksame und vernunftgeleitete Che- mikaliengesetzgebung (Drucksachen 14/5761, 14/6422) . . . . 21685 D Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Rosel Neuhäuser, Christina Schenk, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (Drucksache 14/7225) . . . . . . . . . . . . . 21686 B b) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Christina Schenk, Rosel Neuhäuser, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (Drucksache 14/7226) . . . . . . . . . . . . . 21686 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21686 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 21687 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpas- sung bestimmter Bedingungen in der Seeschiff- fahrt an den internationalen Standard – Druck- sache 14/6455 (Tagesordnungspunkt 6 a) . . . . 21687 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung eisenbahnrechtlicher Vorschriften (Zu- satztagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . 21688 A Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . 21688 A Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 21689 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21690 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 21691 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21691 C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes – des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes – der Unterrichtung: Zweiter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Bericht der Bundes- regierung über Erfahrungen mit dem Gen- technikgesetz (Tagesordnungspunkt 8 a und d) . . . . . . . . . . . 21692 C Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . 21692 C Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21693 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21695 A Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21695 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21696 A Gudrun Schaich-Walch, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21696 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Antrags: Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Strate- gie für eine zukünftige Chemikalienpolitik – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Für eine wirksame und vernunfts- geleitete Chemikaliengesetzgebung (Tagesordnungspunkt 9 a und b) . . . . . . . . . . . 21697 B Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . 21697 B Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21698 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21700 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 21701 A Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 21701 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002VI Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Unterhaltsvorschussgesetzes – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschuss- gesetzes (Tagesordnungspunkt 10 a und b) . . . . . . . . . . 21702 B Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21702 B Rolf Stöckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21703 A Antje Blumenthal CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21703 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21705 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21705 D Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21706 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 VII Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer 21686 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 5 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21687 (C) (D) (A) (B) Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 21.02.2002** Bierwirth, Petra SPD 21.02.2002 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 21.02.2002 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 21.02.2002** Klaus Friedrich (Altenburg), SPD 21.02.2002 Peter Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 21.02.2002 Günther (Duisburg), CDU/CSU 21.02.2002 Horst Heubaum, Monika SPD 21.02.2002* Höfer, Gerd SPD 21.02.2002** Holetschek, Klaus CDU/CSU 21.02.2002 Imhof, Barbara SPD 21.02.2002 Irmer, Ulrich FDP 21.02.2002 Jung (Düsseldorf), SPD 21.02.2002 Volker Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ 21.02.2002 DIE GRÜNEN Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 21.02.2002 Kolbow, Walter SPD 21.02.2002 Kossendey, Thomas CDU/CSU 21.02.2002** Leidinger, Robert SPD 21.02.2002 Matschie, Christoph SPD 21.02.2002 Nolte, Claudia CDU/CSU 21.02.2002 Pfannenstein, Georg SPD 21.02.2002 Philipp, Beatrix CDU/CSU 21.02.2002 Raidel, Hans CDU/CSU 21.02.2002** Rauber, Helmut CDU/CSU 21.02.2002** Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 21.02.2002 Roth (Speyer), Birgit SPD 21.02.2002 Rühe, Volker CDU/CSU 21.02.2002 Schemken, Heinz CDU/CSU 21.02.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 21.02.2002 Schloten, Dieter SPD 21.02.2002** Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 21.02.2002 Hans Peter Schösser, Fritz SPD 21.02.2002 Dr. Schubert, Mathias SPD 21.02.2002 Schultz (Köln), SPD 21.02.2002 Volkmar Seehofer, Horst CDU/CSU 21.02.2002 Strebl, Matthäus CDU/CSU 21.02.2002 Stübgen, Michael CDU/CSU 21.02.2002 Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 21.02.2002** Tappe, Joachim SPD 21.02.2002 Thönnes, Franz SPD 21.02.2002 Volquartz, Angelika CDU/CSU 21.02.2002 Weisskirchen SPD 21.02.2002** (Wiesloch), Gert Wimmer (Neuss), SPD 21.02.2002** Willy Wolf, Aribert CDU/CSU 21.02.2002 Zapf, Uta SPD 21.02.2002** * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarichen Versamm- lung der OSZE Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingun- gen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard – Drucksache 14/6455 – (Tagesord- nungspunkt 6 a) An der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 6 a und g (Drucksachen 14/6455 und 14/8108 sowie Drucksache 14/8264) nehme ich nach § 31 Abs. 2 GO nicht teil. Art. 2 des Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetzes war während der Beratungen heftiger Kritik ausgesetzt, die ich in der Sache teile. Die Küstenländer haben in einer entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht gemeinsamen Empfehlung an die Parlamentarier einen Alternativvorschlag vorgelegt, den ich für die bessere Lö- sung halte. Für diese Alternative habe ich in den Koaliti- onsfraktionen keine Mehrheiten erringen können. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vor- schriften (Zusatztagesordnungspunkt 6) Karin Rehbock-Zureich (SPD): Heute ist der Ein- stieg für mehr Wettbewerb auf der Schiene. Die zweite Novelle des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ist dieser Schritt für mehr Wettbewerb. Es ist ein Schritt für mehr Verkehr auf der Schiene. Mehr Verkehr auf der Schiene im Personen- und im Güterverkehr ist ein wichtiges Ziel der Verkehrspolitik meiner Fraktion und ihr wichtigstes Ziel im Bereich der Schienenverkehrspolitik. Die zweite AEG-Novelle verbessert eindeutig die wett- bewerbliche Situation auf dem deutschen Schienennetz. Sie stärkt die Kompetenzen von Eisenbahn-Bundesamt und Kartellamt. Das EBA kann jetzt von Amts wegen er- mitteln, wenn es diskriminierendes Verhalten vermutet. Seine Eingriffskompetenzen werden normiert. Die Geset- zesnovelle sorgt so dafür, dass sich der Wettbewerb der Schiene mit der Straße zunehmend zu einem Wettbewerb von Bahnunternehmen untereinander und mit der Straße ergänzt. Dabei bleiben die hohen Sicherheitsstandards der Schiene erhalten. Die Zuständigkeiten der Aufsichts- behörden werden klar geregelt. Überschneidungen wie bisher wird es nicht mehr geben. Darüber hinaus bringt die Novelle entscheidende Ver- besserungen im Bereich des § 11 AEG. Durch unseren Än- derungsantrag wird aus dem reinen Stilllegungsverfahren ein Verfahren zum Erhalt von Eisenbahninfrastruktur. Die Suche nach möglichen Übernehmern für von Stilllegung bedrohte Strecken wird künftig bundesweit und transpa- rent erfolgen. Die Bestimmungen der abzugebenden Grundstücke und Infrastruktureinrichtungen für Eisen- bahnzwecke müssen künftig bei der Preisbildung ange- messen berücksichtigt werden. Die Chancen für die Über- nahme solcher Streckenteile durch interessierte Dritte steigen dadurch deutlich. Alle Gutachter unserer Ausschussanhörung waren sich einig: Die Novelle muss schnellstmöglich verabschiedet und umgesetzt werden. Die Regelungen der zweiten No- vellierung seien „aufwärtskompatibel“ und ständen wei- tergehenden Regelungen für mehr Wettbewerb auf dem Schienennetz in einem dritten Änderungsgesetz nicht ent- gegen. Oder um es mit einem der Gutachter, stellvertre- tend für alle zu sagen: „Wir brauchen den Gesetzentwurf so bald wie möglich.“ Ich zitiere Herrn Dr. Henke vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmer weiter: „Dieser Gesetzentwurf ist wichtig und bringt uns weiter“. Auch die Bundesländer, und zwar alle, haben längst ihre Zu- stimmung signalisiert. Denn sie brauchen das Gesetz. Was waren also die Gründe dafür, dass Sie seit letztem Herbst versuchen, das Gesetzgebungsverfahren zur zwei- ten Novellierung zu verzögern? Die Regelungen könnten längst in Kraft sein. Welche Gründe also haben gegen eine Verabschiedung der Novelle gesprochen? Sie haben im Ausschuss letztendlich doch zugestimmt. Sie werden heute dann doch der Vernunft folgen und der Novelle zu- stimmen. Verzögerung wichtiger Verbesserungen für den Schienenverkehr aus kurzsichtigen taktischen Erwägun- gen heraus lautet wohl die richtige Antwort. Aber um dies klar zu sagen: Ich freue mich natürlich über die einstim- mige Zustimmung im Ausschuss. Ich freue mich über Ihre Zustimmung zu diesem wichtigen Schritt für den Wettbe- werb auf dem deutschen Schienennetz. Das zweite Änderungsgesetz des AEG ist ein Schritt auf dem Weg voran. Auf dem weiteren Weg zu mehr Ver- kehr auf der Schiene braucht es Augenmaß und vernunft- geleitetes Tempo. Dass dieser Weg hin zu einer Maktöff- nung und hin zu mehr Wettbewerb auf dem Schienennetz führen muss und führen wird, steht außer Frage. Die Er- gebnisse der „Taskforce zur Zukunft der Schiene“ weisen dabei die richtige Richtung. Sie werden einfließen in die dritte Novelle des allgemeinen Eisenbahngesetzes und so die Richtlinien der Europäischen Union 2001/12 bis 2001/14 pünktlich umsetzen. Die Unabhängigkeit des Netzes wird dann vergrößert, die Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs zum Netz weiter verbessert werden: durch eine von der Holding getrennte Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnung entsprechend den Vorgaben der EU, durch Unabhängig- keit der Netz AG bei Trassenvergabe und Preisfestset- zung, durch Einrichtung einer Trassenagentur, die konti- nuierlich die diskriminierungsfreie Vergabe von Trassen überwacht, durch Wettbewerbsaufsicht des EBAs und der Kartellbehörden. Wir brauchen diese dritte Novelle für die weitere Ent- wicklung des Schienenverkehrsmarkts unbedingt. Genau deshalb wird diese ja schon vorbereitet. Aber dazu müs- sen wir heute erst einmal den Weg freimachen. Heute kön- nen wir alle zusammen einen wichtigen ersten Schritt zur unmittelbaren Verbesserung der wettbewerblichen Situa- tion im deutschen Schienennetz tun. An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass unser Ziel „Mehr Verkehr auf der Schiene“ nicht allein durch die Novellen des AEG er- reicht werden kann. Dazu bedarf es auch vernünftiger Fi- nanzausstattung und vernünftiger Rahmenbedingungen. In beiden Bereichen haben wir bereits deutliche Verbes- serungen für den Schienenverkehr durchgesetzt. Wir haben zuerst für eine ordentliche Finanzausstat- tung der Schieneninfrastruktur gesorgt. Seit Regierungs- übernahme steigen die Investitionen für die Schiene wie- der. In 2002 stehen rund 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Noch nie stand so viel Geld für die Schiene zur Verfügung. Wir haben die Wettbewerbsbedingungen für den Verkehrsträger Schiene entscheidend verbessert: Auf europäischer Ebene bringt die Öffnung der europä- ischen Netze den Wettbewerb auf der Schiene und gegen- über der Straße voran. Gerade bei den grenzüberschrei- tenden, lang laufenden Güterverkehren gibt es großes Wachstumspotenzial. Die Entfernungspauschale für alle Verkehrsmittel nützt der Schiene genau wie dem ÖPNV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221688 (C) (D) (A) (B) und dem Fahrrad. Die LKW-Maut beteiligt ab 2003 erst- mals in Deutschland die LKWs an ihren Wegekosten. Ein- nahmen aus der Maut fließen in die Verkehrsinfrastruktur, und zwar in alle Bereiche. Damit machen wir Ernst mit unserem integrierten Ansatz und fördern alle Verkehrsträ- ger – auch die Schiene. Was zählt, ist der Erfolg für das gesamte Verkehrssystem. Das einseitige Setzen nur auf einen Verkehrsträger wäre ein Rückfall in die verkehrspolitische Steinzeit. Da- vor warne ich entschieden. Mehr Verkehr auf der Schiene ist, so meine ich, fraktionsübergreifend das gemeinsame Ziel. Über den richtigen Weg werden wir weiter streiten. Doch die heutige Novelle – das einstimmige Ergebnis im Ausschuss zeigt dies – wird nun von allen als wichtig er- kannt. Machen Sie deshalb mit uns heute den Schritt in die richtige Richtung und unterstützen Sie die vorliegende Novellierung. Georg Brunnhuber (CDU/CSU): Der Gesetzentwurf zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften, den wir heute in zweiter und dritter Lesung verabschieden sollen, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie beharrlich beratungs- resistent die Bundesregierung im Allgemeinen, hier der Bundesverkehrsminister im Besonderen, bei der Rege- lung von wichtigen Wirtschaftsbereichen ist. Da beteuern die diversen Verkehrsminister dieser Re- gierungskoalition – immerhin haben wir schon den drit- ten – immer wieder, dass sie erstens an einer Vergrößerung des Anteils der Schiene am Güterverkehr interessiert sind, dass dieses Ziel zweitens nur mithilfe eines wettbewerbs- neutralen, diskriminierungsfreien Zugangs von Mitbe- werbern der DB Cargo zu erreichen sein wird, und trotz- dem liegt uns jetzt ein Gesetzentwurf vor, der genau diesen Anforderungen nach der Meinung aller unabhän- gigen Experten nicht gerecht wird. Die vor kurzem an- gekündigte Ergänzung der jetzt vorliegenden Novelle noch in diesem Frühjahr soll nun nicht mehr stattfinden. Das ist eine neuerliche Düpierung des Bundesverkehrs- ministers, denn damit wird noch nicht einmal umgesetzt, was die berühmte Taskforce des Herrn Mehdorn vorge- schlagen hat. Dabei hatte der gegenwärtige Bundesverkehrsminister zwischendurch ja durchaus einmal die richtige Erkenntnis gewonnen. Vor noch nicht einmal einem Jahr, nämlich am 10. März 2001, hat Verkehrsminister Bodewig auf dem Parteitag der Grünen in Stuttgart zutreffenderweise Fol- gendes wörtlich ausgeführt: Unsere Verkehrspolitik muss Wettbewerb für mehr Verkehr auf der Schiene organisieren. Überall, wo Wettbewerb auf der Schiene funktioniert, hat er zusätzlichen Verkehr und Innovationen ausgelöst. Der Netzzugang muss diskriminierungsfrei möglich sein. Die Unabhängigkeit des Netzes ist also längst keine Frage mehr des Ob, sondern eine Frage des Wann und des Wie. Herr Bundesverkehrsminister, mit dieser Aussage ha- ben Sie sich damals als durchaus einsichtsfähig und kom- petent ausgewiesen. Nur, was nützt dies, wenn Sie sofort – die Tinte war noch nicht trocken – wieder umgefallen sind? Und jetzt tun Sie so, als wäre all das gar nicht not- wendig, was Sie selbst seinerzeit für unverzichtbar erklärt haben. Das Ergebnis der von der FDP und uns im Verkehrs- ausschuss herbeigeführten Anhörung zu den vorgeschla- genen Änderungen des Eisenbahngesetzes ist im Hinblick auf die Fragen, ob diese Änderungen den EU-Richtlinien entsprechen und ob dadurch ein fairer und neutraler Zu- gang von Wettbewerbern der DB AG zum Schienennetz gewährleistet werden kann, eindeutig: Keiner der befrag- ten Experten ist der Meinung, dass die Regelungen den Richtlinien 2001 Nummern 12 bis 14 der EG entsprechen. Immer wieder heißt es, dass deren Anforderungen überhaupt nicht erfüllt werden; so etwa der Verband Deut- scher Verkehrsunternehmer. Das Eisenbahn-Bundesamt hat vorsichtig formuliert: Wir halten den Gesetzgebungs- entwurf für richtlinienkonform, aber die neuen Richtli- nien werden nicht umgesetzt. Bemerkenswert eindeutig sind die Antworten auf die Frage, ob mit der Möglichkeit des Eisenbahn-Bundesamts diskriminierende Praktiken der Bahn AG künftig von Amts wegen aufzugreifen, ein diskriminierungsfreier Zu- gang zum Schienennetz für dritte Bewerber gesichert wird. Die Antworten lauten klipp und klar: Nein. Beginnen wir mit dem Bundeskartellamt. Es schreibt: Es bestehen begründete Zweifel, ob die beabsichtigte Regelung geeignet ist, ihre angestrebten Ziele zu errei- chen. Oder zitieren wir den Deutschen Bahnkundenver- band: Nach Auffassung der DBV reicht das Gesetzespa- ket noch nicht aus, um ein wettbewerbsneutrales Verhalten der DB Netz AG zu erzwingen. Auch ein so an- gesehener Managementberater wie Dr. Ilgmann ist in sei- nem Urteil eindeutig. Wörtlich schreibt er: Dies läuft darauf hinaus, dass durch ein Konstrukt vertikaler Inte- gration von Netz und Transport im DB-Konzern per se Wettbewerb auf der Schiene behindert wird. Kein Regulierer – und sei er mit noch so hohen Ein- griffsrechten ausgestattet – kann den Mangel dieser wett- bewerblichen Fehlkonstruktion ausgleichen! Dazu auch der Verkehrsclub Deutschland drastisch: Dass die möglichen Diskriminierungen von einer Regu- lierungsbehörde umfassend aufgedeckt werden können, ist aufgrund deren strategischer Unterlegenheit ein from- mer Wunsch. Und weiter heißt es: Eine wettbewerbsneu- trale Mitwirkung der DB AG ist nicht denkbar. Das bedeutet: Schon der Denkansatz der Bundesregie- rung ist falsch, weil auf diese Weise Diskriminierungen überhaupt nicht wirksam ausgeschlossen werden können. Die Konstruktion ist nicht tragfähig, deshalb sind die vor- liegenden Änderungen im Eisenbahngesetz zwar nütz- lich, aber für das Ganze keine Lösung. Der Verkehrsclub Deutschland e. V. weist weiter darauf hin, dass auch alle Entzerrungsverträge und sonstigen Hürden, die untereinander vereinbart werden, nichts da- ran ändern, dass die Konzerntochter DB Netz der Kon- zernleitung untergeordnet sein wird! Das deutsche Ak- tienrecht erlaubt doch gar nicht, dass die Leitung des gesamten Konzerns den Interessen diesen Konzerns zuwiderhandelt, und Gleiches gilt praktisch auch für die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21689 (C) (D) (A) (B) Konzerntochter! Auch darüber, wohin das Ganze führen wird, sind sich die Sachverständigen im Wesentlichen ei- nig. Der Verkehrsclub Deutschland formuliert es so: Wenn sich weiterhin der Eisenbahnsektor dem Wettbe- werb verschließt, wird dieser seine eigene Antwort fin- den: das Überflüssigwerden des Systems Eisenbahn. In dieser drastischen Feststellung liegt keine Überdra- matisierung der Situation, denn der permanente Rück- gang des Schienengüterverkehrs am Gesamtaufkommen des Güterverkehrs in Europa, zum Beispiel von 21 Pro- zent im Jahr 1970 auf heute 8 Prozent, belegt diesen ne- gativen Megatrend. Schon daraus müsste jeder vernünf- tige Verkehrspolitiker bereits den Schluss ziehen: Wenn die Rahmenbedingungen, die zu diesem Ergebnis geführt haben, nicht drastisch geändert werden, dann wird sich trotz aller Beteuerungen von Rot-Grün an der immer mehr schwindenden Bedeutung des Schienengüterverkehrs nichts ändern. Diese Feststellung beinhaltet zugleich ein vernichten- des Urteil über die rot-grüne Eisenbahnpolitik. Angeblich sollte ja gerade die Schiene von dieser Politik profitieren, aber, wie immer, wenn sich bei Ihnen Ideologie und Wirk- lichkeit nicht in Einklang bringen lassen, muss die Wirk- lichkeit weichen, ersetzen Versprechungen und unbe- gründete Hoffnungen den notwendigen Sachverstand, betreiben Sie reine Klientelpolitik und verlieren das Ge- samtinteresse aus den Augen. Der einzig wirksame und erfolgreiche politische Neuansatz in der Verkehrspolitik stammt daher unverändert von Union und FDP, nämlich in der Bahnreform! Die rot-grüne Koalition hat nichts wirklich Neues zustande gebracht und dabei wird es bis zum Ende der Legislaturperiode leider bleiben. Die heute zur Debatte stehenden gesetzlichen Neure- gelungen sind zwar nicht schädlich und deshalb tragen wir sie mit, aber es ist deutlich zu erkennen, dass Sie kein Konzept haben, um das dahinter stehende, nicht weiter to- lerierbare Problem zu lösen. Sie nehmen die kleinen Ver- besserungen bei den Rechten des Eisenbahn-Bundesam- tes als Alibi für Ihre Handlungs- und Reformunfähigkeit. Die Verantwortung für die daraus resultierenden fatalen Folgen für den Schienenverkehr tragen der Bundesver- kehrsminister, weil er wider besseres Wissen mitmacht, und der Bundeskanzler, weil er kritiklos den Wünschen des Vorstandsvorsitzenden der DB AG, Herrn Mehdorn, folgt. Das Opfer ist der Schienenverkehr. Dass man letztlich nichts Wirksames will, zeigt zudem die magere Personalausstattung des Eisenbahnamtes für diese Aufgabe. Ganze zwölf Mitarbeiter sollen das Marktgeschehen genau beobachten, die Ermittlungen durchführen, um Diskriminierungen rechtzeitig zu erken- nen, und sie dann noch schnellstmöglich beseitigen. Der Sachverständige Dr. Ilgmann hat der Bundesregie- rung zu den Folgen dieser Politik im Anhörungsverfahren ins Stammbuch geschrieben: Wenn der Bund weiterhin seine Ordnungspolitik nach den Bedürfnissen des DB- Konzerns und nicht nach den Bedürfnissen der Wettbe- werbsbranche Schienenverkehr ausrichtet, wird er schei- tern. – Dem ist nichts hinzuzufügen! Beim Bundesverkehrsminister muss man leider kon- statieren: Herr Mehdorn hält das Stöckchen hin und Bodewig springt. Herr Bodewig hat zugelassen, dass die Bahn-AG eine bombensichere Monopolstellung geschaf- fen hat und das tut, was sie will. – Herr Bodewig, Sie sind zum Befehlsempfänger von Herrn Mehdorn geworden. In ganz Europa ist dies eine Einmaligkeit. Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Zweite Änderungsgesetz sichert dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zu, als Wettbewerbsauf- sicht bei diskriminierendem Verhalten im Bereich des Netzzugangs von Amts wegen aktiv einzugreifen. Damit stehen dem EBA alle Befugnisse einer Aufsichtsbehörde zu, die mit dem Märchen der angeblichen Parteilichkeit des Eisenbahn-Bundesamtes aufräumt. Es wird Zeit, dass das EBAbereits im Vorfeld einer Trassen-Vergabe mögli- cherweise diskriminierende Verhaltensweisen durch Un- terlassungsverfügungen beseitigen kann. Das EBA verfügt damit über genau geregelte Ein- griffsmöglichkeiten wie Betretungsrechte, Einsicht in Unterlagen, Recht auf Auskunft und die Verhängung eines Zwangsgeldes bis zu Millionen DM. Personell wird das EBA in die Lage versetzt, den Netzzugang wirksam zu kontrollieren. Das Zusammenwirken von EBA und dem Bundeskartellamt wird dazu führen, einen diskriminie- rungsfreien Wettbewerb auf dem Schienennetz zu sichern. Durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird auch die Abgabe von Eisenbahnstrecken besser gere- gelt und öffentlicher gemacht, sodass „kalte“ Stilllegungen künftig vermieden werden und interessierte Infrastruktur- unternehmungen schneller und besser an diesbezügliche Informationen herankommen können. Statt der bisherigen Freiwilligkeit sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen künftig verpflichtet, ihre Absicht zur Abgabe oder Stillle- gung von Strecken in allgemein zugänglicher Form, auch über das Internet, bekannt zu machen. Damit ist der § 11 AEG kein reiner Stilllegungsparagraph mehr, sondern kann substanziell zum Erhalt der Eisenbahninfrastruktur beitragen: In der Veröffentlichung müssen nämlich An- gaben für die betriebswirtschaftliche Bewertung der je- weiligen Strecken gemacht werden, und zwar unter Berücksichtigung ihrer Bestimmung, das heißt für den Eisenbahnverkehr und nicht als beliebige Immobile. Die ebenfalls in der Novelle vorgesehene Einführung der netzbezogenen Zuständigkeiten ist ein längst überfäl- liger Schritt. Das Wirrwarr von parallelen Zuständigkei- ten im Netz wird aufgelöst; bei der Nutzung fremder Netze kommt es nicht mehr zu wettbewerbsfeindlichen Überschneidungen von Zuständigkeiten. Der Kern der Si- cherheit sind die infrastrukturellen Bedingungen und das Zusammenspiel zwischen Netz und Betrieb. Es wird da- her grundsätzlich der für die Eisenbahninfrastruktur zu- ständigen Behörde die Aufsicht auch über dasjenige Ei- senbahnverkehrsunternehmen übertragen, das auf dem jeweiligen Netzt fährt. Die Gutachter der am 26. November 2001 durchgeführ- ten Anhörung im Bundestags-Verkehrsausschuss haben eine schnelle parlamentarische Beratung des Zweiten Än- derungsgesetzes empfohlen. Insofern war die Verzöge- rungstaktik der Opposition hier kontraproduktiv. Das Gesetzesvorhaben ist von den Regelungen her aufwärts- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221690 (C) (D) (A) (B) kompatibel zu einem geplanten Dritten Änderungsgesetz für eisenbahnrechtliche Vorschriften, das die Umsetzung der Ergebnisse der Taskforce und die Infrastrukturrichtli- nien der EU beinhalten muss. Das vorliegende Zweite Än- derungsgesetz kann dies nicht ersetzen und ist daher ein qualifizierter Zwischenschritt in diese Richtung. Hans-Michael Goldmann (FDP): Dieses Gesetzes- vorhaben hat ein Gutes. Endlich wird in diesem Hause fest- gestellt, dass die DB AG Wettbwerber diskriminiert. Sonst müsste man dieses Gesetz ja nicht machen. Damit wird in dieser Debatte ein kleiner, aber wesentlicher Fortschritt er- zielt und der Haltung meiner Fraktion in dieser Frage im Grundsatz gefolgt. Allerdings ist es wirklich nur ein kleiner Fortschritt – ich erinnere an die Anhörung des Verkehrs- ausschusses, die wir Liberale hierzu beantragt haben –; denn die Gefahr der Diskriminierung von Wettbewerbern durch die DB AG bei der Benutzung des Netzes ist mit den heute zu beschließenden Regelungen nicht gebannt. Erstens sollte die Wettbewerbsaufsicht nicht beim Ei- senbahn-Bundesamt angesiedelt werden, sondern beim Bundeskartellamt, da das Kartellamt über lange Erfah- rung mit Monopolen, Diskriminierungen und sonstigen Wettbewerbsverzerrungen verfügt, egal in welcher Bran- che. Umgekehrt steht nämlich zu befürchten, dass das im EBA noch vorherrschende Denken im Sinne einer verti- kal integrierten Bahn die Wettbewerbsdiskriminierungen gar nicht so ernst nimmt. Zweitens ist die Vorstellung, man könne „Chinese Walls“ im Bahnkonzern einziehen, sehr naiv. „Chinese Walls“ funktionieren im Finanzsektor, zum Beispiel bei Banken, zur Verhinderung von Absprachen bei sehr kurz- fristigen Geschäften. Eine institutionelle Verständigung zwischen einzelnen Bereichen kann es dann durch den Zeitdruck einfach nicht mehr geben. Hier geht es aber um die Prüfung von Angeboten, die Erstellung von Trassen- fenstern, die Verhandlung von Preisen, was sich nicht wie bei Termingeschäften auf dem internationalen Finanz- markt in Sekundenschnelle, sondern meist in Wochen er- ledigen lässt. „Chinese Walls“ ist zwar ein schönes Wort aus der BWL, bleibt bei der Bahn aber wirkungslos. Drittens unterläuft die Bahn mit Blick auf dieses Gesetz bereits heute diese papiernen chinesischen Wände, indem sie den Schlüsselbereich des Netzes, die Investitions- planung, aus der Netz AG herausnimmt und ganz oben in der Holding, bei dem Bahnchef höchstselbst, ansiedelt. Dies ist ein weiterer Schlag ins Gesicht des Bundesver- kehrsministers, der bei jedem noch so kleinen Versuch, der Bahn Wettbewerbsmanieren beizubringen, durch Struktur- veränderungen bei der Bahn ins Leere läuft. Die Investi- tionsplanung des Netzes ist nämlich der eigentliche Kern des Monopols und Mehdorn weiß das ganz genau. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie das funktioniert: Die Netz AG vergibt absolut gesetzestreu Trassen an die Wettbewerber, damit das EBAnicht einschreitet. Wel- che Strecken aber modernisiert, beschleunigt, ausgebaut oder neu gebaut werden, entscheidet dann wieder der Konzernchef. Und niemand sollte glauben, dass allzu viel Investitionsmittel in diejenigen Strecken fließen, die von den Wettbewerbern befahren werden. Welch Zufall! Also: Echter Wettbewerb auf der Schiene und damit mehr Angebote für die Kunden, verschiedene Preissys- teme und insgesamt ein Anstoß zum Wachsen dieses Ver- kehrssektors werden nur durch eine echte Trennung von Netz und Betrieb erreicht. Solange die Netz AG Bestand- teil der DB AG bleibt, gibt es dafür keine Chance. Wie anfangs schon gesagt, wird mit diesem Gesetz nur ein kleiner Fortschritt erzielt. Das Problem ist benannt. Zwar wird im Hinblick auf den angestrebten Wettbewerb das Ziel nicht ereicht, allerdings werden einige Kleinig- keiten im administrativen Bereich geregelt. Daher schadet es insgesamt auch nicht, was bei Ihren Gesetzen aller- dings selten ist, meine Damen und Herren von Rot-Grün. Wir können zustimmen. Angelika Mertens, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen:Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung eisenbahn- rechtlicher Vorschriften werden Probleme gelöst, die sich aus der täglichen Praxis ergeben. Dazu gehören insbeson- dere folgende Punkte: die Zuständigkeit und die Kompe- tenzen der Aufsichts- und Genehmigungsbehörden unter der Bedingung des diskriminierungsfreien Netzzugangs, die Rolle des Eisenbahn-Bundesamtes bei der Überwa- chung des diskriminierungsfreien Netzzugangs, die Rechte und Pflichten von Teilnehmern am Eisenbahnbetrieb, die keine Eisenbahnen sind. Im geltenden AEG ist der Sitz des Unternehmens der Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit der Aufsichts- und Genehmigungsbehörde. Dies führt in der Praxis zu Schwierigkeiten. Ein Beispiel: Fährt ein in Bayern ge- nehmigtes Eisenbahnverkehrsunternehmen in Branden- burg, müsste die bayerische Aufsichtsbehörde, um ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen, regelmäßig nach Bran- denburg fahren und das Eisenbahnverkehrsunternehmen dort kontrollieren. Um zu vernünftigen Ergebnissen zu gelangen, lag es nahe, sich vom Sitz des Unternehmens als alleinigem An- knüpfungspunkt für die Aufsicht zu lösen und als Kriterium auch die konkrete Nutzung des Netzes durch ein Eisen- bahnverkehrsunternehmen einzuführen. Dies führt zu der von allen Praktikern begrüßten Einführung einer netzbezo- genen Zuständigkeit der Eisenbahnaufsichtsbehörden. Eine Aufsichtsbehörde kann sich nicht darauf be- schränken, eine Abweichung vom Sollzustand festzustel- len. Sie muss auch die Möglichkeit haben zu handeln. Dazu sind eine Reihe von Befugnissen erforderlich, zum Beispiel das Recht auf Einsicht in Unterlagen. Die Eisen- bahnen müssen verpflichtet werden können, Auskünfte zu erteilen oder Nachweise zu erbringen. Diese Regelungen sind in § 5 a des AEG-Entwurfs zu- sammengefasst. Sie orientieren sich an den entsprechen- den Regelungen im Güterkraftverkehrsgesetz, § 12 Abs. 4. Die Eisenbahnaufsichtsbehörden können die zur Durchführung ihrer Aufsichtsaufgaben erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen nach den allgemeinen Vor- schriften erzwingen. Die Höhe des Zwangsgeldes wird durch die Novellierung auf bis zu 500 000 Euro festgelegt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21691 (C) (D) (A) (B) Ein besonderer Teil der Eisenbahnaufsicht betrifft den Bereich der Netzzugangsstreitigkeiten. Nach der bisheri- gen Rechtslage entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt, wenn eine Vereinbarung über den Zugang nicht zustande kommt, auf Antrag eines der beteiligten Unternehmen. Damit ist die Durchsetzung des diskriminierungsfreien Netzzugangs vom Antrag eines Unternehmens abhängig. Diese Regelung ist nicht sehr effizient. Es besteht erhebliches Interesse aufseiten des Bundes, das Recht auf diskriminierungsfreien Netzzugang so wirk- sam wie möglich zu schützen. Es wird daher im Rahmen der Neuordnung dem Eisenbahn-Bundesamt die Kompe- tenz zugewiesen, diskriminierendes Verhalten von Amts wegen im Rahmen der Eisenbahnaufsicht zu untersagen. Da auch das Bundeskartellamt im Rahmen seiner all- gemeinen Missbrauchsaufsicht auf der Grundlage des Ge- setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gegen die sachlich nicht gerechtfertigte Verweigerung des Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur vorgehen kann, ist eine Zu- sammenarbeit der Behörden geboten. Der Gesetzentwurf regelt dies in Anlehnung an das Te- lekommunikationsgesetz. Damit entspricht das Verhältnis Eisenbahn-Bundesamt/Bundeskartellamt dem Verhältnis zwischen Regulierungsbehörde Telekommunikation und Bundeskartellamt. Das Eisenbahn-Bundesamt handelt nur auf der Grund- lage des Eisenbahnrechts im Rahmen der Eisenbahnauf- sicht. Durch die Eisenbahnaufsicht wird die Beachtung des AEG und seiner Vorschriften sichergestellt. Damit können Verstöße gegen § 14 AEG und die Eisenbahn- infrastruktur-Benutzungsverordnung verfolgt werden. Die Kompetenz erstreckt sich insbesondere auf die Untersagung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in de- nen technische und betriebliche Anforderungen enthalten sind, die das erforderliche Maß überschreiten. Dazu ge- hört auch die Untersagung von Trassenpreissystemen, die den Anforderungen der Eisenbahninfrastruktur-Benut- zungsverordnung nicht entsprechen. Es bleibt als letzter großer Regelungsbereich das Pro- blem von Teilnehmern am Eisenbahnbetrieb, die selbst keine Eisenbahnverkehrsunternehmen sind, beispiels- weise Unternehmen, die Schienenbaufahrzeuge oder Pri- vatgüterwagen einsetzen. Mit der zunehmenden Differen- zierung des Eisenbahnsektors eröffnen sich gerade in diesem Bereich eine Fülle von Möglichkeiten, zum Bei- spiel durch die Vermietung von Lokomotiven durch so ge- nannte Lokpools. Unstreitig ist wohl, dass derartige Unternehmen Eisen- bahnvorschriften unterliegen und von Eisenbahnauf- sichtsbehörden beaufsichtigt werden. Dies wurde im Ge- setz klargestellt. Die Reformgesetzgebung im Eisenbahnbereich ist mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften nicht beendet. Das Dritte Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften – mit der Umsetzung der EU-Richtlinien des „Infrastrukturpaketes“ und der Ergebnisse der Task- force – wird folgen. Das war auch das Ergebnis unserer Ausschussanhörung am 26. November 2001. Die Gutach- ter empfahlen eine schnelle parlamentarische Beratung des Zweiten Änderungsgesetzes, da die neuen Vorschrif- ten unter anderem ein wichtiger Schritt zu mehr Wettbe- werb im Eisenbahnbereich sind. In diesem Sinne bitte ich – jetzt im zweiten Anlauf – um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Gentechnikgesetzes – des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes – der Unterrichtung: Zweiter Bericht der Bun- desregierung über Erfahrungen mit dem Gen- technikgesetz – der Beschlussempfehlung und des Berichts zur Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über Erfahrungen mit dem Gentechnik- gesetz (Tagesordnungspunkt 8 a und d) Dr. Carola Reimann (SPD): Wir haben seit mehr als zehn Jahren in Deutschland ein Gentechnikgesetz. Dabei hat sich das deutsche Gentechnikrecht bewährt – sowohl unter dem Gesichtspunkt des Vorsorgeprinzips, als auch dem Schutz der Beschäftigten und der Bevölkerung. Bei allen Ängsten, die es vor der Nutzung dieser Technologie gab und die der Gentechnik eine besondere Aufmerksam- keit haben zukommen lassen, muss man sagen: Es ist nichts passiert. Es gab keine Probleme mit Freisetzungen von Mikroorganismen aus Labors und Produktionsanla- gen, die eine Gefährdung für die Bevölkerung dargestellt hätten. Das ist auch ein Verdienst der gesetzlichen Rege- lung und gleichzeitig Beweis dafür, dass sich das Gesetz bewährt hat. Daneben ist dieses Gesetz Beispiel dafür, dass Forschung auch in einem begrenzenden rechtlichen Rahmen sich gedeihlich entwickeln kann. Die deutsche Gesetzgebung beruht dabei auf europä- ischem Gemeinschaftsrecht. Dass das keine Einbahnstraße darstellen muss, sieht man auch an dieser Richtlinie. In der geänderten Richtlinie sind die genetisch veränderten Or- ganismen – wie im deutschen Gentechnikrecht – in vier Gruppen in Abhängigkeit von ihrem Gefährdungspoten- zial eingeteilt. Diese Einordnung der Mikroorganismen in Sicherheitsklassen hat sich bewährt und Brüssel hat dies aus dem deutschen Gentechnikrecht übernommen. Aber auch Bewährtes muss ab und an überprüft und angepasst werden. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre sind die Regelungen hinsichtlich Anmelde-, Anzeige- und Genehmigungspflichten ange- passt worden. Zu den Anpassungen gehört, dass es keine Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221692 (C) (D) (A) (B) Unterschiede mehr zwischen Forschungs- und Gewerbe- anlagen gibt. Dies ist auch deshalb zu begrüßen, da wir alle hoffen, dass Gentechnik die Basis für eine zuneh- mend produzierende Zukunftsbranche ist. Ich halte es für richtig, dass man sich auf EU-Ebene und auch im eigenen Land bemüht, die Vorschriften bei Genehmigungen und Umgang mit gentechnisch verän- derten Mikroorganismen zu vereinfachen, um die Verfah- ren auch zu beschleunigen – da, wo es verantwortbar ist –, ohne dabei den Schutz der Beschäftigten und der Be- völkerung zu reduzieren. Deshalb sollen die Vorschriften bei Arbeiten mit harmloseren Organismen der Sicher- heitsstufe 1 und 2 vereinfacht und abgebaut werden. Unter die Sicherheitsstufe 1 fallen alle harmlosen Mikroorganismen, von denen keine Gefährdung für Be- schäftigte und Bevölkerung ausgehen. Für den Bau einer Anlage und erstmalige Arbeiten mit diesen Organismen soll zwar wie bisher eine Anmeldung notwendig sein, weitere Arbeiten sollen jedoch nur noch einer Aufzeich- nungspflicht für Forschung und Gewerbe unterliegen. Bisher mussten Arbeiten in gewerblichen Anlagen ange- meldet werden. Damit befreien wir auch die Industrie von überflüssigen bürokratischen Hürden. Zur Risikogruppe 2 gehören so harmlose Erreger wie der Karieserreger Streptococcus mutans, aber auch schon weniger harmlose wie der Eitererreger oder auch einige Salmonellen. Für Anlagen und erstmalige Arbeiten mit Organismen der Stufe 2 soll nicht wie bisher eine Geneh- migung notwendig sein, sondern nur noch eine Anmel- dung mit der Option einer Genehmigung. Für weitere Ar- beiten soll für Forschung wie für Gewerbe in Zukunft eine Anzeige mit Option der Genehmigung ausreichen. Hier galten bisher für Forschung und Gewerbe unterschiedli- che, strengere Regelungen: Anmeldung für die Forschung und Genehmigung für das Gewerbe. Dass bei allen Bemühungen, das Verfahren zu verein- fachen und überflüssige Regelungen abzubauen, der Schutz vor einer möglichen Gefährdung der Beschäftigten und Bevölkerung nicht aus dem Blick gerät, zeigt, dass für Arbeiten mit gefährlicheren Organismen der Gruppe 3 und 4 für den Bau einer Anlage und erstmalige Arbeiten eine Genehmigung erforderlich sein soll und auch weitere Ar- beiten mit diesen Organismen immer einer Genehmigung unterliegen sollen. An dieser Stelle verschärfen sich damit die Anforderungen für die Forschung, da Forschung und Gewerbe jetzt gleich behandelt werden. Der ganz überwiegende Teil der Arbeit wird jedoch mit Organismen der Stufen1 und 2 durchgeführt. Ein Beispiel sind Arbeiten mit dem E. coli-Stamm K 12. E. coli ist ein Darmbakterium und gehört ohne genetische Veränderung in die Risikogruppe 2. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch – E. coli K12 ist quasi das Haustier des Gentechnikers –, dass für Arbeiten mit diesem veränder- ten Stamm keine erhöhten Sicherheitsanforderungen not- wendig sind, da die genetische Veränderung den Stamm nicht gefährlicher, sondern harmloser macht. Ich begrüße es deshalb an dieser Stelle ausdrücklich, dass der Gesetzesentwurf eine Ermächtigungsgrundlage vorsieht für den Erlass einer Rechtsverordnung, um be- stimmte Mikroorganismen aus dem Regelungsbereich des Gesetzes ganz oder teilweise entlassen zu können, wenn die Erfahrungen dafür sprechen. Gesetzliche Regelungen sind kein Selbstzweck, sie dienen der Wahrnehmung der Verantwortung für Bürge- rinnen und Bürger und dem Schutz der Beschäftigten, müssen aber auch Raum lassen für Kreativität und Eigen- initiative. Deshalb, glaube ich, ist mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf die Balance zwischen „so viel Freiraum wie möglich“ und „so viel Regelung wie nötig“ gefunden. Helmut Heiderich (CDU/CSU): Biowissenschaften und Biotechnologie bilden nach allgemeiner Einschätzung die nächste Phase der technologischen Revolution in der wissensbasierten Wirtschaft. Und sie schaffen neue Möglichkeiten für unsere Gesellschaft und Volkswirtschaft. So formuliert die Europäische Kommission in einer ak- tuellen Vorlage für den Europäischen Rat im kommenden Monat in Barcelona. Gleichzeitig lese ich in der Begrün- dung der SPD zur Beschlussempfehlung des Gesundheits- ausschusses zum heutigen Thema, „dass die anfänglich dynamische Entwicklung im Gentechnikbereich sich auch im Hinblick auf EU-Gentechnikrecht und nationales Gentechnikrecht verlangsamt habe“. Der Gentechnik- bericht solle demzufolge nur noch alle fünf Jahre vorgelegt werden. Welch ein Unterschied in der Beurteilung! Genauso unterschiedlich ist das politische Handeln. „Biowissen- schaften und Biotechnologie entwickeln sich schnell und weltweit weiter“, so Romano Prodi für die EU. Während die Europäische Kommission zu Aktivität und Aufbruch mahnt, hinkt die Bundesregierung der Entwicklung weit hinterher. Die heute vorgelegte Änderung des Gentechnikgeset- zes beruht auf einer europäischen Richtlinie von 1998. Die Frist für die Umsetzung in nationales Recht ist bereits am 5. Juni 2000 abgelaufen, wie der Bundesrat – auf Initiative Bayerns – in seinem Gesetzentwurf zu Recht moniert. Davon aufgeschreckt, hatte die Bundesregierung versprochen, auch die Richtlinie 2001/18-EG vom 12. März 2001 in einen einheitlichen Gesetzentwurf ein- zubringen. Dieser Gesetzentwurf soll noch in der parlamentari- schen Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden. Damit war die Sommerpause 2001 gemeint. Eingelöst ist dieses Versprechen, wie so viele andere, bis heute nicht. Obwohl die Bundesregierung so viel Zeit hat verstrei- chen lassen, obwohl sie in ihrem eigenen Gentechnikbe- richt auf Seite 22 mehrfach zu dem Urteil kommt, dass es „keine Hinweise auf unvorhergesehene Ereignisse oder Risiken durch die gentechnischen Veränderungen gebe“, obwohl der Gentechnikbericht weiter feststellt: „Schäden für Mensch oder Umwelt, die auf gentechnische Arbeiten oder gentechnisch veränderte Organismen zurückzu- führen wären, sind der Bundesregierung aus Deutschland Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21693 (C) (D) (A) (B) nicht bekannt“, obwohl alle diese positiven Erfahrungen vorhanden sind, traut die Bundesregierung ihren eigenen Erkenntnissen nicht. Deregulierung und Verfahrensvereinfachungen wer- den nur zum Teil umgesetzt. Obwohl von der EU aus- drücklich eine Sicherheitsstufe 1 geschaffen worden ist, die alle Arbeiten „ohne Risiko oder mit vernachlässigba- rem Risiko“ umfasst, kann sich die Bundesregierung nicht durchringen, dafür ein Anzeigeverfahren, wie von der EU beschlossen, als ausreichend zu akzeptieren. Da Arbeiten nach Stufe 1 laut Gentechnikbericht rund drei Viertel aller Maßnahmen betreffen, wäre hier eine Chance, um die Möglichkeiten der Deregulierung bei unverändert hohem Sicherheitsniveau zu nutzen. Trotzdem besteht die Bun- desregierung weiter auf einem Anmeldeverfahren, was für den Forschungsstandort Deutschland nicht gerade hilfreich ist. Damit wir uns richtig verstehen: Das Gentechnikrecht muss auch weiterhin, wie es in der Verantwortung von CDU/CSU konzipiert worden ist, garantieren, dass die Entwicklung und Anwendung von Biowissenschaft und Biotechnologie sicher für Mensch, Tier und Umwelt sind. Gerade diese Erfahrung wird vom Gentechnikbericht der Bundesregierung durchweg positiv bestätigt, zum Bei- spiel in den jährlichen Zwischenberichten an das Robert- Koch-Institut. Bei den Freisetzungsversuchen ergaben sich „bislang keine Hinweise auf unvorhergesehene Er- eignisse oder Risiken durch die gentechnischen Verände- rungen“. Ganz im Gegensatz dazu wird das Handeln der Bun- desregierung beschrieben: Seit März 1998 wurde trotz zahlreicher vorliegender Anträge keine Produktgenehmigung mehr erteilt. Es ist ein Zulassungsstau entstanden, der zunehmend zu handelspolitischen Spannungen mit Nicht-EU-Part- nern führt. Auch an dieser Stelle passen fachlich-wissenschaftli- che Erkenntnis und politisches Handeln nicht zusammen. Die Bundesregierung hinkt nicht nur an dieser Stelle der europäischen Entwicklung hinterher. Sie hängt nach bei der von ihr selbst versprochenen Umsetzung der Frei- setzungsrichtlinie. Sie hängt nach bei der Anwendung der Kennzeichnungsregeln, die Ministerin Künast beim Eu- ropäischen Agrarrat noch begrüßt hat. Sie hängt nach bei der Festlegung von Schwellenwerten. Das ist ein Ver- säumnis, das jährlich für Negativschlagzeilen sorgt, wenn wieder einmal einige Körner gentechnischen Saatguts an der Nachweisgrenze der technischen Möglichkeiten ge- funden worden sind oder gefunden worden sein sollen. Anstatt die europaweit vorgeschlagenen Toleranzgren- zen von 1 Prozent zu akzeptieren, besteht Künast weiter auf null Toleranz. Doch die gibt es nicht einmal bei Reinstraumproduktionen der Industrie. Die Bundesregie- rung hängt nach bei dem von ihr selbst zugesicherten Drei-Jahres-Anbauprogramm auf landwirtschaftlichen Praxisflächen mit einer Größenordnung von 10 000 bis 15 000 Hektar. Die Bundesregierung hängt nach bei der Zulassung von gentechnisch fortentwickelten Sorten, ob- wohl diese alle Prüfungen einschließlich der Zustimmung der ZKBS, der Zentralen Kommission für Biologische Si- cherheit, erfolgreich durchlaufen haben. Um auch hier allen falschen Argumenten entgegenzu- treten, sei die Bundesregierung selbst zitiert. Sie betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, „dass das In-Ver- kehr-Bringen von Lebensmitteln, die gesundheitlich be- denklich sind, ohnehin und grundsätzlich untersagt ist, ohne Rücksicht auf das Herstellungsverfahren“. Wenn also über Kennzeichnungsverfahren oder Schwellenwerte diskutiert wird, so geht es dabei nicht um gesundheitliche Risiken oder gar Gefährdungen des Verbrauchers, wie dies häufig öffentlich dargestellt wird. Es geht vielmehr einzig um die Frage der Information des Verbrauches und der Öffentlichkeit. Zur Klarstellung dieses Zusammen- hangs könnte sicherlich auch der Diskurs von Ministerin Künast hilfreich sein, wenn er denn nicht nur auf Verzö- gerung angelegt ist. Diese Verzögerungsstrategie von Rot-Grün, wie sie in vielen Bereichen der Biotechnologie erkennbar ist, entmutigt zunehmend öffentliche und pri- vate Forscher, Züchter und Entwickler sowie Geldgeber der Biotechnikbranche in Deutschland. So ist es kein Wunder, dass selbst der Gentechnikbe- richt der Bundesregierung zu der Feststellung kommt, dass in Deutschland ab dem Jahr 2000 ein Rückgang der Freisetzungsvorhaben festgestellt worden sei. So ist es kein Wunder, dass die Bundesregierung in ihrem eigenen Bericht darauf hinweist, dass Freisetzungen in Ländern mit günstigeren Rahmenbedingungen abgewandert sein könnten, wie in den Medien berichtet werde. Zur neuen strategischen Vision der EU für Biowissen- schaften und Biotechnologie, die in wenigen Wochen in Barcelona beschlossen werden soll, hat die Bundesregie- rung bis dato nichts, was erkennbar wäre, beigetragen. Nicht einmal die Regelungen der Zuständigkeiten zwi- schen der angeblich jetzt verantwortlichen Ministerin Künast und dem bisher zuständigen Gesundheitsministe- rium sind nachvollziehbar geklärt. Allerdings hat Minis- terin Künast durch Verzögerungen, rechtsbeugende Ein- griffe und Düpierung der Wissenschaft dafür gesorgt, dass Gutachter und Beiräte reihenweise zurückgetreten sind. Während die Bundesregierung in ihrem eigenen Erfah- rungsbericht von einer „zunehmenden Bedeutung der Gen- und Biotechnologie als Innovationsmotor“ spricht, tut sie mit ihrer praktischen Politik alles, um diesen Mo- tor abzubremsen bzw. abzuwürgen. Der heutige Trippel- schritt, nach mehr als drei Jahren Nichtstun, zeigt, wie sehr die Biotechnologie in unserem Land inzwischen ver- nachlässigt wird. Während sich selbst China in der neuen Ausgabe des „SCIENCE Magazins“ als „Global Leader“ in der Pflanzengentechnik bezeichnet, ist Deutschland drauf und dran, den Anschluss in der europäischen Bio- wissenschaft und Biotechnologie zu verlieren. Fazit: Der Erfahrungsbericht der Bundesregierung macht durchweg deutlich, dass die Entwicklungen der Gentechnik sicher und ohne Risiko für Mensch, Tier und Umwelt sind. Das Vorsorgeprinzip hat sich bewährt. Nach den durchweg positiven Erfahrungen könnten zahlreiche Vorschriften vereinfacht und Verfahren beschleunigt wer- den. Dies käme dem Forschungsstandort Deutschland sehr zugute. Die aktuelle Politik von Rot-Grün widerspricht jedoch in weiten Bereichen dem Erfahrungsbericht der eigenen Bundesregierung. Während der Europäische Rat Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221694 (C) (D) (A) (B) zu neuen Visionen in der Biotechnologie aufruft, steht Rot- Grün in Deutschland noch immer auf der Bremse. Lassen Sie deshalb endlich die alten verstaubten Einstellungen zurück und nutzen Sie die positiven Erkenntnisse des Gen- technikberichts! Behandeln Sie die Gentechnik als Schlüs- seltechnik der Zukunft und reden Sie nicht nur hinter ver- schlossenen Türen davon! Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei der Gentechnik handelt es sich um eine grundlegend neue Dimension von Eingriffen in die Natur, die weit über eine Weiterentwicklung der Evolution und klassischer Züch- tung hinausweist. Gerade diese grundsätzliche Dimension führt aber dazu, dass immer intensiver geforscht werden wird und mit der notwendigen Vorsicht und Sorgfalt auch geforscht werden muss. Das hat die Debatte um embryo- nale Stammzellen der letzten Monate einer breiten Öf- fentlichkeit klar gemacht. Eine solche Situation erfordert eine Information und Aufklärung aller Menschen in der Gesellschaft, wie sie bislang bei naturwissenschaftlichen Entwicklungen nicht üblich war. Zugleich verlangt sie eine Verständigung der Gesellschaft darüber, welche Chancen sie nutzen, welche Risiken sie vermeiden will und wo Grenzen gesetzt wer- den müssen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass alles getan wird, um die optimale Sicherheit für Mensch und Umwelt unter Vorsorgegesichtspunkten zu wahren. Das gilt glei- chermaßen für Bereiche, in denen in absehbarer Zeit ein breiter gesellschaftlicher Konsens für gentechnische Ver- fahren zu erwarten ist, wie die Herstellung von pharma- zeutischen Produkten, und ebenso für hoch umstrittene Anwendungen wie den Einsatz von Gentechnik in der Le- bensmittelproduktion. Diese optimale Sicherheit zu gewährleisten – bei gleichzeitiger Wahrung der Rechtssicherheit für die For- schung und die Wirtschaft –, das soll die Änderung des Gentechnikgesetzes leisten. Das begrüßen wir ausdrück- lich. Gleichzeitig werden Verfahrensvereinfachungen und -beschleunigungen vorgenommen, wo das möglich und verantwortbar ist. Das entlastet Anwender und Behörden gleichermaßen. Auch das begrüßen wir. Das nun vorgelegte Gesetz wird die Änderung der Richtlinie des Ratens über die Anwendung gentechnisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen – die so genannte Systemrichtlinie – vom 26. Oktober 1998 in deutsches Recht umsetzen. Die geplante gleich- zeitige Umsetzung der EU-Freisetzungsrichtlinie konnte leider nicht realisiert werden, weil es auf EU-Ebene noch keine klare Positionierung in den zentralen Punkten „Rückverfolgbarkeit“ und „Kennzeichnung“ gibt. Des- halb ist es richtig, zum jetzigen Zeitpunkt nur die Vor- schriften der Systemrichtlinie umzusetzen. Wir sehen Änderungsbedarf in zwei Punkten: Zum ersten halten wir eine Verordnungsermächtigung, die gentechnisch veränderte Mikroorganismen aus dem Geltungsbereich des Gentechnikgesetzes herausnimmt, für kontraproduktiv. Sie ist auch überflüssig. Der hohe Si- cherheitsstandard in deutschen Labors hat sich bewährt und soll auf jeden Fall aufrechterhalten bleiben. Schon gibt es erste Forderungen aus Industrieverbänden, auch einzelne Pflanzen und Tiere auszunehmen. Da kann ich nur sagen: Nicht mit uns! Letztlich wird jede Aufwei- chung von Sicherheitsstandards in der Gentechnik auch negativ auf die Forschung und Produktion in diesem Be- reich zurückfallen und die gesellschaftliche Akzeptanz verringert. Zweitens wird der Bundesrat aus der Praxis der Ge- nehmigungsbehörden einige Anregungen geben, welche Vorschriften praktikabel sind und welche weniger. Das werden wir aufgreifen. Insbesondere ist zu hinterfragen, ob das neu eingeführte Anzeigeverfahren der Verfah- renserleichterung dient oder ob der vorgeschlagene Weg nicht neue Unübersichtlichkeiten schafft. Unsere Gesetze sollten doch lesbar und übersichtlich sein und Planungs- sicherheit schaffen. Das ist unser Ziel. In diesem Sinne wünsche ich uns eine konstruktive und zügige Beratung dieses Gesetzes. Detlef Parr (FDP): Die Vereinfachung und Beschleu- nigung von Verwaltungsverfahren im Gentechnikbereich, der führenden Zukunftstechnologie, dulden eigentlich keinen Aufschub. 18 Monate Umsetzungsfrist einer ent- sprechenden EU-Richtlinie sollen eigentlich ausreichend sein. Umso verwunderlicher ist, dass die Bundesregie- rung diese Frist weit überschritten hat und erst nach einem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission in die Gänge gekommen ist. Dafür haben wir kein Verständnis. Wir begrüßen den nunmehr vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes einer deregulierenden EU-Richtlinie vom Oktober 1998. Die bisherigen Verwaltungsverfahren standen in keiner Relation zum eigentlichen Risiko der Verwendung in ge- schlossenen Systemen. Aber im Beratungsverfahren wird sehr stark darauf zu achten sein, ob die selbst gesetzten Ansprüche durch die vorgelegten Regelungen tatsächlich erfüllt werden. Es reicht nicht, dass wir hier in Berlin Ge- setze mit notwendigen und richtigen neuen Zielsetzungen verabschieden, auf der Länderebene aber von subalternen Beamten die Umsetzung nur schleppend oder widerwillig erfolgt. Ziel muss es sein, den Schutzgedanken für die Menschen mit einer deutlichen Förderung dieser Techno- logie zu verbinden. Im Bereich der roten Gentechnik war- ten viele Patientinnen und Patienten auf Hilfe. Die Ent- wicklung entsprechender Diagnose- und Therapiemög- lichkeiten darf nicht durch überzogene bürokratische Vor- schriften behindert werden. Gleichwohl muss sicher- gestellt werden, dass von der Gentechnik selbst keine un- verantwortlichen Gefahren für die Menschen ausgehen. In der grünen Gentechnik stellt sich die Situation ähn- lich dar. Auf ihr ruhen viele Hoffnungen. Es muss zukünf- tig gelingen, mehr Menschen mit Lebensmitteln zu ver- sorgen. Aber auch die Möglichkeit, zum Beispiel durch den Anbau von gentechnisch verändertem Raps mit einem höheren Eiweißgehalt die Lücke zu schließen, die durch das Verfütterungsverbot von Tiermehl entstanden ist, darf nicht unterschätzt werden. Gentechnisch hergestellte Medikamente machten in Deutschland 1999 7 Prozent des Umsatzes der pharma- zeutischen Industrie aus. Es gab danach 176 deutsche Pa- tentanmeldungen zu Arzneimitteln mit biotechnologi- schem Bezug, ein Anstieg um 3 Prozent. Deutschland Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21695 (C) (D) (A) (B) liegt seither europaweit an der Spitze. Weltweit führend sind die USAmit 660 Patenten. Dort hat die FDA frühzeitig unter der Präsidentschaft von Clinton Deregulierungsinitiativen normativ umge- setzt. Diese Deregulierungen zielten auf eine massive Entlastung der pharmazeutischen Unternehmen in Bezug auf Verwaltungsaufwand und Kosten – ein wichiger Grund für die Spitzenstellung der USA in der Welt. Auch in Großbritannien werden Verfahrenserleichterungen in konsequenter Umsetzung der EU-Richtlinie eingeführt. Wir müssen der europäischen Harmonisierung Rechnung tragen, wollen wir unser Land wettbewerbsfähig halten. Die Bundesregierung muss alles tun, um die Akzeptanz der Gentechnik in der Bevölkerung zu verbessern. Der Aus- führung im Erfahrungsbericht – ich zitiere: „Die Bundes- regierung sieht es weder als ihre Aufgabe an, die Akzeptanz dieser Technik zu fördern noch aus Gründen geringer Akzeptanz Verbote auszusprechen.“ – stimmen wir nur im zweiten Halbsatz zu. Wenn über Annahme oder Ablehnung der Gentechnik und ihrer Produkte nicht zuletzt der infor- mierte und sachkundige Verbraucher entscheidet, darf die Bundesregierung nicht länger „toter Mann“ spielen. Wir brauchen eine Informationsoffensive, wenn wir eine führende Rolle in Europa und weltweit spielen wollen. Kersten Naumann (PDS):Was lange währt, wird gut, heißt es im Volksmund. Mit der Umsetzung der EU-Richt- linie von 1998 zur Anwendung gentechnisch veränderter Mikroorganismen schießt die Bundesregierung mit dem vorliegenden Änderungsgesetz jedoch weit über das Ziel hinaus. Auf Seite 1 der Begründung wird deutlich, worauf es der Bundesregierung ankommt: Es sollen „weitgehend die Regelungen deregulierender Natur“ umgesetzt wer- den. Der Bundesrat formuliert darüber hinaus unmissver- ständlich, dass mit der Novelle vor allem eine Entlastung der Unternehmen von Verfahrensfragen und der Länder- haushalte von Kosten der Behörden vorgesehen ist. Wir fordern, dass die bereits im novellierten Gentech- nikgesetz von 1993 weit abgesenkten Anforderungen be- züglich Anzeige, Anmeldung und Genehmigung vor al- lem in den unteren Sicherheitsstufen S 1 und S 2 nicht weiter abgesenkt werden. Eine Selbsteinstufung durch den Antragsteller in die Sicherheitsstufe S 2 ist prinzipiell abzulehnen. Konkret sollte mindestens dem Gesetzent- wurf des Bundesrates gefolgt werden. Hier ist die Anzeige bei gewerblichen, weiteren gentechnischen Arbeiten in der Sicherheitsstufe S 1 und die Anmeldung mit Option der Genehmigung bei weiteren gentechnischen Arbeiten in der Sicherheitsstufe S 2 vorgesehen. Zudem lehnt die PDS die vorgeschlagenen Änderungen zur Selbstklonierung ab. Das bedeutet doch, dass be- stimmte gentechnisch veränderte Mikroorganismen – wenn auch mit so genannten Erfahrungswerten – nicht mehr als solche betrachtet werden und aus der Richtlinie heraus- fallen. Bezüglich der Neufassung von § 36 zur Deckungsvor- sorge ist anzumerken, dass wie im alten Text das Inver- kehrbringen von GVO und deren Produkte daraus nicht erwähnt ist. Haftungsregelungen samt der notwendigen Deckungsvorsorge müssen aber auf jeden Fall nicht nur für freigesetzte, sondern auch für in den Verkehr ge- brachte GVO gelten. Fallen Anmelde- und Genehmigungsverfahren weg, auch die in geringeren Sicherheitsstufen, kann die Zuläs- sigkeit jedes einzelnen Vorhabens nicht mehr geprüft wer- den. Dabei dürfte das Beispiel aus Australien, wo ein un- gefährlicher Mikroorganismus, der Mäusepockenvirus, mit einem ungefährlichen Gen kombiniert wurde und so ein tödlicher Erreger entstand, gerade aktuellen Anlass für eine Verschärfung der Sicherheitsregeln geben. Das alte Konzept „Ungefährlich und ungefährlich ist gleich unge- fährlich“ stimmt offensichtlich nicht. Mit der Kürzung der Entscheidungsfristen setzen sich Behörden zudem selbst unter Zeitdruck. Intervenierung wird unmöglich. Die vorgesehene Deregulierung des GenTG ist nicht zu akzeptieren. Meines Erachtens wird hier eine Risikovor- sorge dem Sparprinzip geopfert. Wir fordern die Bundesregierung auf, nur die Punkte der EU-Systemrichtlinie in deutsches Recht umzusetzen, die zwingend umzusetzen sind. Die Absenkung des Si- cherheitsstandards, die Herabsetzung der Anforderungen und die Beschleunigung der Verfahren, wie im Gesetzent- wurf vorgesehen, laufen dem Vorsorgeprinzip entgegen. Sie sind nicht zwingend in nationales Recht umzusetzen. Deshalb sollte Deutschland im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes handeln und nicht überschnell un- korrigierbare Prämissen setzen. Gudrun Schaich-Walch, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Gesundheit: Die modernen Me- thoden der Bio- und Gentechnik sind in vielen For- schungs- und Anwendungsfeldern etabliert. Als Quer- schnittstechnologie spielt die Gentechnik eine wichtige Rolle. In der Medizin wird sie bei der Bekämpfung be- stimmter Krankheiten sowie bei der Entwicklung neuer Therapie- und Diagnosemöglichkeiten eingesetzt. Aber auch in der Landwirtschaft, der Lebensmittelherstellung und des Umweltschutzes eröffnet die Gentechnik neue Perspektiven, die auch die Chance auf neue, zukunfts- sichere Arbeitsplätze beinhaltet. Wir verkennen aber nicht, dass die Freisetzung gen- technisch veränderter Organismen in die Umwelt mit Risiken verbunden sein kann, die auch heute noch im Einzelfall schwer abschätzbar sind. „Chancen nutzen, Risiken vermeiden“ ist deshalb nach wie vor unsere Ma- xime im Umgang mit der Gentechnik. Wir wollen die ver- antwortbaren Innovationspotenziale nutzen und systema- tisch weiterentwickeln. Gleichzeitig muss der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet sein. Ausgehend von diesem Vorsorgegedanken hat sich das deutsche Gentechnikrecht, wie im Bericht der Bundes- regierung dargestellt, bewährt. Bei der Novellierung des Gentechnikgesetzes geht es deshalb um die behutsame Fort- entwicklung des vorhandenen Instrumentariums und um die Anpassung an vorliegende Erfahrungen und Erkenntnise, die in langjähriger praktischer Arbeit erworben wurden. Die Grundstrukturen des Sicherheitskonzeptes müssen aber er- halten bleiben. Sie lauten: primäre Verantwortung des Be- treibers, sorgfältige Risikobewertung auf wissenschaftlicher Grundlage in jedem Einzelfall, weitgehende präventive Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221696 (C) (D) (A) (B) behördliche Kontrolle und kontrolliertes, schrittweises Vor- gehen vom Labor bis zur Anwendung im Freiland. Das deutsche Gentechnikrecht beruht im Wesentlichen auf europäischem Gemeinschaftsrecht. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes setzen wir eine Änderungsrichtlinie der EU um (Richtlinie 98/81/EG). Sie regelt den Umgang mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen in geschlossenen Systemen, zum Bei- spiel in Laboratorien oder Produktionsanlagen. Hier geht es vor allem um Maßnahmen zum Schutz der menschli- chen Gesundheit und der Umwelt. Dabei ist die im deut- schen Gentechnikrecht verankerte Unterteilung von vier Sicherheitsstufen bei gentechnischen Arbeiten in die Än- derungsrichtlinie weitgehend übernommen worden. Neben den Regelungen zum Sicherheitsniveau enthält die Änderungsrichtlinie auch Vorschriften zur Deregulie- rung. Durch eine Verordnungsermächtigung soll es mög- lich werden, einzelne Typen gentechnisch veränderter Mi- kroorganismen aus dem speziellen Regelungsbereich des Gentechnikrechts auszunehmen. Voraussetzung ist, dass sie sich als sicher für die menschliche Gesundheit und die Umwelt erwiesen haben. Die neuen Regelungen entlasten damit Unternehmen und Behörden von unnötigen Verwaltungsverfahren. Gleichzeitig wird die präventive behördliche Kontrolle beim Umgang mit riskanten Mikroorganismen entspre- chend dem Vorsorgegrundsatz gestärkt. Die neuen Regelungen tragen so zu mehr Sicherheit bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen bei. Im Gegensatz zum Bundesrat nutzt die Bundesregie- rung in ihrem Entwurf den von der EU gesetzten Deregu- lierungsspielraum stärker, ohne dabei unser hohes Sicher- heitsniveau zu ändern. Er umfasst dabei neben der Änderung des Gentechnikgesetzes auch die notwendigen Änderungen in den dazugehörenden Verordnungen. Zu- dem erfolgt eine Anpassung an neuere Entwicklungen im Bereich des Arbeitsschutzes. Schließlich – und das ist uns auch wichtig – wird die ZKBS um einen Vertreter bzw. eine Vertreterin des Ver- braucherschutzes erweitert. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Antrags: Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Für eine wirksame und vernunftgeleitete Che- mikaliengesetzgebung (Tagesordnungspunkt 9 a und b) Dr. Carola Reimann (SPD): Das vor gut einem Jahr vorgelegte Weißbuch „Strategie für eine zukünftige Che- mikalienpolitik“ ist – da sind die meisten in diesem Hause einig – ein richtiger Schritt und ein echter Fortschritt im Bereich der Chemikalienpolitik. Es ist die Grundlage und der Orientierungsrahmen für eine umfassende Reform der Chemikalienpolitik, die Umwelt-, Arbeits- und Verbrau- cherschutzinteressen genauso berücksichtigt wie die In- teressen der Industrie. Wir beobachten, dass die Inzidenz einiger Erkrankun- gen wie Krebs und Allergien zunimmt, bei denen die be- rechtigte Sorge besteht, dass Zusammenhänge zwischen Chemikalienexposition und Erkrankung existieren. Wir begrüßen daher die Betonung des Vorsorgeprinzips im Weißbuch, mit dem ein wirkungsvoller Schutz der Ge- sundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern mög- lich wird. Die im Weißbuch vorgeschlagene Strategie ist eine notwendige und überfällige Reaktion auf die festgestell- ten Defizite in der Risikobewertung sowie im Manage- ment von Altstoffen. Bislang besteht die unbefriedigende Situation, dass nur Stoffe, die seit 1981 auf den Markt kommen, einem Zulassungsverfahren unterliegen, das die Gefährdung für Mensch und Umwelt beurteilt. Alle Stoffe jedoch, die schon vor 1981 auf dem Markt waren – das ist die Mehrzahl aller verwendeten Chemikalien –, sind nie- mals einer systematischen Bewertung hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit für Umwelt und Gesundheit von Verbrau- cherinnen und Verbrauchern unterzogen worden. Die Datenlage für die circa 30000 Altstoffe am Markt kann man getrost als katastrophal bezeichnen. Von den 2600 HPV-Stoffen – High-Production-Volume-Stoffen mit einer Produktion von mehr als 1 000 Tonnen pro Jahr – sind gerade mal 3 Prozent getestet. Nur für 11 Prozent liegt ein vollständiger Grunddatensatz vor. Für 15 Prozent liegen zwar Daten vor, aber kein vollständiger Grunddatensatz. Für weitere 15 Prozent gibt es aber gar keine Daten. Für den ganz überwiegenden Teil, nämlich 56 Prozent dieser Stoffe mit hoher Produktionskapazität, gibt es nur Daten zur aku- ten Toxizität. Wenn man bedenkt, dass diese Chemikalien- gruppe mit Produktionskapazitäten über 1 000 Tonnen im Jahr 95 Prozent aller Chemikalien am Markt ausmacht, kann einen das schon sehr nachdenklich stimmen. Eine nachhaltige, verbraucherschutzorientierte Chemi- kalienpolitik braucht eine systematische, seriöse Daten- grundlage und ein einheitliches Verfahren für Alt- und Neustoffe. Das sieht das Weißbuch vor. Ein wegweisender Ansatz des Weißbuches ist auch die grundsätzliche Umkehrung der Beweislast. Die Hersteller sollen künftig die Ungefährlichkeit ihrer Produkte nach- weisen. Außerdem sollen die Produzenten von Chemika- lien auch für die Vorlage von Informationen über diese Substanzen verantwortlich sein. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie ha- ben nun einen Antrag eingebracht, in dem Sie die Strate- gie des Weißbuches für eine zukünftige Chemikalienpoli- tik grundsätzlich gutheißen. Daher will ich Sie nicht mit einer Aufzählung weiterer positive Aspekte langweilen. Über vieles haben wir schon gesprochen und über vieles brauchen wir nicht mehr zu sprechen. Das gilt allerdings auch für die Forderungen, die Sie hier beschließen lassen wollen. Ihr Antrag ist ein weiterer Beitrag zur Diskussion um ein Weißbuch, um das die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21697 (C) (D) (A) (B) Debatte im Europäischen Parlament bereits abgeschlos- sen ist. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird eine Ver- ordnung oder eine Richtlinie auf den Weg gebracht. Eine nachträgliche Diskussion scheint mir da wenig hilfreich. Viele Ihrer Forderungen sind darüber hinaus längst obso- let, manche sind einfach nur unverständlich. Herz des Weißbuches für eine zukünftige Chemikali- enpolitik ist das Reach-Verfahren. R steht dabei für Regis- trierung, E für Evaluierung und A für Autorisierung, also Zulassung von Chemikalien. Das Reach-System bietet eine realistische Perspektive, die enormen Datenlücken und Bewertungsrückstände sowie Managementdefizite bei Altstoffen zu beseitigen. Das System basiert auf Ko- operation der Behörden mit der Industrie, die ich aus- drücklich begrüße. Reach sieht vor, dass alle Substanzen in einer zentralen Datenbank registriert werden und zwar mit abgestufter Priorität. Chemikalien mit einer hohen Jahresproduktion von über 1 000 Tonnen pro Jahr sollen bis Ende 2005 re- gistriert werden. Ihre Forderung, für diese Substanzen eine kurzfristige Regelung zur Registrierung und Eva- luierung zu finden, ist damit hinfällig. Das ist doch er- klärtes Ziel des Weißbuches! Substanzen mit einer Jahres- produktion von 100 Tonnen pro Jahr sollen bis Ende 2008 registriert werden und einer Bewertung unterzogen wer- den. Alle übrigen Substanzen mit geringerer Jahrespro- duktion sollen bis Ende 2012 in die zentrale Datenbank aufgenommen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie schlagen weiter vor, auf europäischer Ebene eine Rechtsverordnung zu erlassen. Der Bundestag sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass er sich selbst um Ge- staltungsspielräume bringt, wenn er eine Rechtsverord- nung fordert. Eine Rechtsverordnung muss punktgenau umgesetzt werden. Eine Richtlinie dagegen bietet uns, den Parlamentarierinnen und Parlamentariern im Deutschen Bundestag, immerhin noch Gestaltungsspielräume, eigene Vorstellungen einzubringen. Meine Damen und Herren von der Union, außerdem möchten Sie die im Weißbuch konzipierten Zulassungs- verfahren für besonders gefährliche Stoffe durch „un- bürokratische Alternativen“ ersetzt wissen. Worum geht es denn hierbei überhaupt? CMR-Stoffe – also Carcinogene, Mutagene, Reprodutoxische Stoffe – sowie POP-Substanzen – persistierende organische Schad- stoffe – sollen laut Weißbuch ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Dies betrifft voraussichtlich 1 400 Substan- zen. Das sind nun wirklich die Gefährlichen unter den Ge- fährlichen. Man kann ja für den Abbau bürokratischer Hemmnisse streiten, aber den Schutz der Verbraucherinnen und Ver- braucher darf man dabei nicht aus den Augen verlieren. Deshalb können wir auf diese Verfahren nicht verzichten. Abgesehen davon ist die Diskussion um diese Zulas- sungsverfahren längst vom Tisch. Fragen Sie mal das eu- ropäische Parlament! Fragen Sie die Bundesregierung! Ein Weißbuch ist ein politischer Orientierungsrahmen und kein Gesetzesentwurf. Das bedeutet, es bedarf an ver- schiedenen Punkten weiterer Konkretisierungen und De- tailfragen müssen geklärt werden. Aber das ist in vielen Punkten doch schon längst geschehen. So wollen Sie kleine und mittelständische Unterneh- men vor zu hohen Kosten bei den Zulassungsverfahren schützen. Sie sollen nicht unverhältnismäßig belastet und damit in ihren Wettbewerbschancen gegenüber den Großen benachteiligt werden. Das ist in der Sache ja sehr ehrenwert, aber eben nicht gerade neu. Alles das haben wir längst problematisiert, und zwar im Frühjahr letzten Jahres! Sie möchten außerdem eine „Institution zur Beratung und Förderung kleiner und mittelständischer Unterneh- men“ einrichten lassen. Beratung ist aber doch ureigenste Aufgabe der Kammern und Verbände. Ihre Aufgabe ist es doch, Unternehmen in allen Fragen beratend zu unterstüt- zen. Wer soll denn die von Ihnen gewünschte Einrichtung eigentlich bezahlen? Darüber sagen Sie vorsorglich lieber nichts. Letztlich müsste – wenn es nach Ihnen ginge – der Steuerzahler, also der Staat dafür aufkommen. Die Indus- trie verdient und die Kundinnen und Kunden helfen ihr dann noch bei der Prüfung ihrer Produkte. Ich meine dagegen, wir sollten die vorhandenen Insti- tutionen stärken, anstatt aufwendig neue einzurichten. Und es muss – wie im Weißbuch schon festgeschrieben – das Verursacherprinzip auch für diesen Industriebereich gelten: Die chemischen Hersteller müssen selbst dafür Sorge tragen, dass ihre Produkte keine Gefährdung für Mensch und Umwelt darstellen. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Frak- tion, im letzten Punkt Ihres Forderungskatalogs offenba- ren Sie nun endlich, dass Sie mit Ihrem Antrag vor allem die Interessen der Industrie im Auge haben. Dafür haben Sie zum Teil schon ganz kalten Kaffee aufgewärmt. Sie haben sich Forderungen zu Eigen gemacht, die wir längst behandelt und diskutiert haben. Sie setzen sich damit dem Verdacht aus, diesen Antrag nur eingebracht zu haben, um sich das Image der Wirtschaftsfreundlichkeit anheften zu können, wohlwissend, dass dieser Antrag an sich sub- stanzlos ist. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen. Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Die Europäische Kommission hat mit ihrem Weißbuch zur Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik den Anstoß zu einer grundlegenden Neuorientierung der gesamten europä- ischen Chemikaliengesetzgebung gegeben. Das Euro- päische Parlament hat dieser Neuorientierung im Grund- satz und in der Tendenz zugestimmt und damit den Weg frei gemacht für ein europäisches Gesetzverfahren, das die europäische, aber auch ganz besonders die deutsche Chemieindustrie vor neue, große Herausforderungen stellt. Worum geht es? Kernpunkt der Vorschläge ist die Ein- führung eines Systems zur Erfassung, Bewertung und Zu- lassung aller in der EU hergestellten, importierten und verwendeten Chemikalien. Das sind allein 30 000 Alt- stoffe. Nach dem so genannten Reach-System sollen die Hersteller und Importeure von Stoffen innerhalb be- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221698 (C) (D) (A) (B) stimmter Fristen ihre Stoffe in einem zentralen europä- ischen Register melden – unter Angabe von Prüfdaten, Verwendungszwecken, Risikobewertungen und Risiko- managementmaßnahmen. Für Stoffe ab einer gewissen Größenordnung ist darüber hinaus ein Verfahren zur Be- wertung der eingereichten Informationen durch die zuständigen Behörden vorgesehen. Darüber hinaus sollen besonders gefährliche Stoffe nur noch nach einer Erlaub- nis durch die Behörden produziert, importiert oder ver- wendet werden dürfen. Um es klar zu sagen: Meine Fraktion begrüßt diese Ini- tiative der EU und unterstützt die Ziele des Weißbuchs. Das heute existierende Chemikalienrecht zerfällt in viele Einzelrichtlinien, ist unübersichtlich und im Vollzug un- nötig bürokratisch und ineffizient. Mit den Vorschlägen des Weißbuchs soll es zu einer systematischen Überprü- fung neuer und alter Stoffe gleichermaßen und zu einem EU-weit verbindlichen Verfahren kommen; auch dies wäre ein Fortschritt, mit dem Schwächen des geltenden Chemikalienrechts beseitigt werden. Positiv ist auch die feste Terminsetzung, die alle Beteiligten zur Disziplin zwingt. Allerdings ist für uns auch eines sehr deutlich gewor- den: Die Vorschläge des Weißbuchs weisen noch erheb- liche Schwachpunkte und offene Fragen auf, die beseitigt bzw. beantwortet werden müssen, um das Vorhaben zum Erfolg zu führen. Einige wichtige Beispiele möchte ich nennen: Es gibt eine Sicherheitslücke bei importierten Waren, weil für chemische Stoffe in eingeführten Erzeugnissen nicht die gleichen Anforderungen gelten wie für solche, die in Reinform oder Gemischen nach Europa kommen. Doch auch für solche importierten Waren mit unbe- kannten Stoffzusammensetzungen sind entsprechende Regelungen unerlässlich. Viele im Ausland hergestellte Produkte enthalten chemische Substanzen, die in ihrer Auswirkung auf Mensch und Umwelt noch unbekannt sind. Dies ist nicht nur unter Umständen gefährlich, son- dern könnte auch zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten europäischer und deutscher Firmen führen. Deshalb muss die Kommission hier nachbessern. Ein weiterer Punkt ist das propagierte Recht der Öf- fentlichkeit auf Information über die chemischen Stoffe. Es ist noch nicht deutlich, wie das Informationsbedürfnis der Verbraucher einerseits mit dem Bedürfnis der Her- steller nach Schutz vertraulicher Informationen anderer- seits verbunden werden kann. Hier brauchen wir noch praktikable Vorschläge, wie Eigentumsrechte und Prüf- daten zu behandeln sind, um Unternehmer vor in- und ausländischen Wettbewerbern fair zu schützen, die den gleichen Stoff vermarkten wollen – aber ohne aufwendige Prüfung und Bewertung. Ungeklärt ist außerdem die Abgrenzung der Hersteller oder Importeure zu den Firmen, die die Produkte weiter- verarbeiten oder für ihre neuen Produkte anwenden. Auch hier fehlen noch eindeutige Kriterien, die jedoch wichtig sind, damit die so genannten „down stream users“ – sehr oft kleine und mittelständische Betriebe – nicht heillos überfordert werden. Der größte Schwachpunkt des Weißbuchs liegt jedoch für mich in dem vorgeschlagenen Zulassungsverfahren für Stoffe mit besonders gefährlichen Eigenschaften. Auch hier ist noch manches unklar, aber das, was bekannt ist, dürfte erneut zu einer gewaltigen Bürokratie, zu erheb- lichen Entscheidungsverzögerungen und zu gewaltigen Kostensteigerungen bei der Industrie führen. Dies be- deutet aber gleichzeitig auch massive Wettbewerbs- nachteile der Europäer zum Beispiel gegenüber den Vereinigten Staaten, die ein relativ schlankes Anzeige- verfahren haben, aber auch gegenüber kleinen und mittel- ständischen Betrieben, die unter der Bürokratie ohnehin am meisten leiden. Gerade beim Zulassungsverfahren, bei dem es um rund 1 500 von 30 000 Stoffen geht, müssen sich alle Beteiligten noch etwas Besseres einfallen lassen. Wir soll- ten zum Beispiel den Vorschlag prüfen, bei diesen beson- ders aufwendigen Zulassungsverfahren die geprüften Stoffe nicht mit einem gigantischen Aufwand einzel- firmenbezogen zu prüfen, sondern stoffbezogen – und mit Verfahren, die dann europaweit einheitlich, zumindest für die wichtigsten Verwendungen, in allgemein verbindliche Verbote führen könnten. Dabei könnten auch Verwen- dungen, die zu besonderen Risiken führen, vorrangig be- wertet werden. Jedenfalls glauben wir, dass die vorgesehene Regis- trierung und Bewertung von Stoffen im Rahmen des Reach-Systems die Datenlage über die gefährlicheren Stoffe soweit verbessert, dass man Verwendungsbe- schränkungen und Verwendungsverbote schneller und ef- fektiver aussprechen kann, als dies bisher vorgesehen zu sein scheint. Es ist für mich klar, dass weltweit und europaweit die Anstrengungen erhöht werden müssen, um gefährliche chemische Rückstände in den Griff zu bekommen und zu vermeiden. Das Weißbuch geht dazu zumindest für die EU in die richtige Richtung. Aber wir müssen auch ökonomisch klug vorgehen. Deutschland ist eine Chemienation; mehr als ein Viertel der Umsätze der EU wird in Deutschland erzeugt. Die Chemieindustrie in un- serem Land ist der fünftgrößte Arbeitgeber des Verarbei- tenden Gewerbes. Sie ist in weitem Umfang mittel- ständisch strukturiert. Auch in den neuen Bundesländern wie in Sachsen und Sachsen-Anhalt hängen Tausende von Arbeitsplätzen von der Chemie ab. Wir müssen deshalb dafür kämpfen, dass die Auswirkungen der europäischen Pläne auf die Innova- tions- und Wettbewerbsfähigkeit unserer chemischen Wirtschaft und auf die kleinen und mittelständischen Un- ternehmen genau geprüft werden. Die Regelungen müssen im Konkreten so ausgestaltet werden, dass sie praxisgerecht und kosteneffizient, das heißt möglichst un- bürokratisch und durchschaubar sind. Bei den Altstoffbewertungen der Vergangenheit gab es für die einzelnen Stoffe Handreichungen bis zu 700 Seiten. Jetzt haben wir die Chance, mittelstands- freundlicher zu handeln, und diese Chance sollten wir nutzen. Wir schlagen auch eine Institution zur Beratung und Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen für das Chemikalienmanagement vor; damit könnten gerade Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21699 (C) (D) (A) (B) kleinere Unternehmen direkt bei der Registrierung und Evaluierung unterstützt werden. Wir fordern auch, dass die umfangreichen Vorarbeiten der deutschen Chemie im Bereich der Altstoffbewertung in das neue europäische Verfassungsverfahren mit einfließen. Man braucht das Rad nicht immer neu erfinden. Für die Umsetzung des Weißbuchs liegen noch keine Rahmenrichtlinien auf dem Tisch. Die deutsche Politik hat noch Zeit und Gelegenheit, ihre Vorschläge einzubrin- gen und auf Schwachpunkte hinzuweisen. Hier ist die rot- grüne Bundesregierung in der Pflicht, die Weichen richtig zu stellen. Es geht einmal mehr darum, umweltpolitische Ziele mit den effizientesten volkswirtschaftlichen Metho- den zu erreichen. Bisher haben Sie sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert; aber jetzt haben Sie bei der Umsetzung des Chemikalienweißbuchs eine neue Chance und die sollten Sie nutzen. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zwar gibt es den sprichwörtlich gewordenen Ausspruch „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Aber auch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer zu früh bellt, der bellt – mangels Baum – ins Leere. Längst hat die EU- Kommission einen Verordnungsentwurf zum Weißbuch angekündigt. Die sollten Sie von der Opposition doch erst einmal abwarten, bevor Sie unseren Unterhändlern In- struktionen mitgeben. Andererseits haben Sie die Frist für eine Stellungnahme zum Weißbuch schon längst ver- säumt. Dort hätten Sie mit einem Beschluss des Bundes- tags tatsächlich in der Substanz etwas ändern können. Für das eine sind Sie zu früh, für das andere ewig zu spät. Politik ist die Kunst des richtigen Zeitpunkts und des richtigen Adressaten. Eines zeigt uns Ihr Antrag aber klar und deutlich: Die Chemiepolitik der Union ist noch im- mer und vor allem ausschließlich marktwirtschaftlich ori- entiert. Arbeitsschutz, Umwelt- und Verbraucherschutz spielen darin keine Rolle. Sie machen sich einfach die Po- sition der Chemieindustrie zu Eigen. Dagegen haben wir nichts; einige Ihrer Punkte sprechen Probleme an, die tatsächlich erst noch gelöst werden müssen. Aber als große Volkspartei müssten Sie wissen: Politik ist mehr als Wettbewerbsfähigkeit, sie ist dem Schutz der Umwelt – sie ist dem Menschen verpflichtet! Und deren Gesundheit ist bedroht – angesichts von 100 000 Chemikalien, deren Risikopotenziale wir gar nicht oder nur unzureichend kennen. Da ist das Weißbuch ein enormer Schritt nach vorne – auch weil es eine Umkehrung der Beweislast enthält. Aber bevor Sie Verantwortungsbereiche abgrenzen wollen – zwischen Herstellern, Weiterverarbeitern und Anwen- dern –, sollten Sie die Verantwortlichkeiten der Chemie- industrie selbst klären. Denn „Umkehr der Beweislast“ er- fordert auch ein Umdenken hin zum Vorsorgeprinzip: Wie kann ich Mensch und Umwelt schützen, ohne Wettbewerb und Arbeitsplätze kaputtzumachen? Statt Antworten auf diese zentralen Fragen des Weißbuchs zu geben, finden wir bei Ihnen nur die diffusen Ängste der Chemieindustrie vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Kaum ist das Weißbuch „Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik“ auf dem Markt, geht ein Aufschrei durch die Chemieindustrie: Als einer der größten Arbeit- geber sieht sie wieder einmal ihre Innovations- und Wett- bewerbsfähigkeit gefährdet – lapidar ausgedrückt: ihren Umsatz. Und damit seien einmal mehr Zigtausende von Arbeitsplätzen bedroht. Aber: Geht denn die Rechnung „Weniger Umwelt- recht, mehr Umsatz, mehr Beschäftigung“ überhaupt auf? Nein, sie tut es nicht. Seit 1980 hat die chemische Indus- trie ihren Umsatz auf 190 Milliarden DM fast verdoppelt. Nur die amerikanische und japanische Chemieindustrie hat höhere Umsätze zu verzeichnen. Gerade die großen Konzerne im Inland fuhren bis vor wenigen Jahren einen Rekordumsatz nach dem anderen ein. Aber hat sie es den Beschäftigten auch gedankt? Im Gegenteil, noch nie gab es seit über 20 Jahren so wenige Beschäftigte in der Che- mieindustrie wie heute. Gerade einmal 470 000 im Ver- gleich zu den 590 000 vor der Wende oder gar den über 700 000 danach. Also: 100 Prozent mehr Gewinn und 20 Prozent weniger Beschäftigte, so die Bilanz. Waren die Umweltgesetze daran schuld? Mann, müssen das scharfe Umweltgesetze gewesen sein – und das in Ihrer Regierungszeit, meine Damen und Herren von der Opposition – Hut ab. Schade nur, dass es keiner gemerkt hat und die Chemieindustrie am allerwe- nigstens. Vielmehr war es doch so, dass in der Zeit Ihrer Regierung das damalige chemische Dreigestirn Hoechst, Bayer und BASF ungeniert bis in das Chemikalien- und Gefahrstoffrecht hineinregierte. Beste Aussichten also für mehr Arbeitsplätze? Seien Sie versichert, wenn es danach geht, wird durch das Weißbuch auf europäischer Ebene kein einziger Ar- beitsplatz verloren gehen. Man sollte also nicht so tun, als wäre das Weißbuch – wie der deutsche Chemieverband gerne in ganzseitigen Anzeigen inseriert – das Ende der chemischen Produktion in Deutschland. Gerade der von Ihnen besonders hervorgehobene Mittelstand – nämlich der Mittelstand der Recyclingwirtschaft – begrüßte das Weißbuch ausdrücklich. Und dennoch: Keine Wirtschaftsbranche hat über ihren Lobbyverband und über deren Interessenvertretung – die Chemiegewerkschaft – eine beständigere Kultur des Jam- merns geschaffen wie die großen Chemiekonzerne. Wir haben nichts gegen Interessenpolitik. Aber wir kennen doch unsere Pappenheimer: Statt Sprachrohr der Chemie- konzerne zu sein, sollten Sie auch Sprachrohr der Men- schen sein. Deren Gesundheit steht beim Umgang mit Chemikalien auf dem Spiel. Dabei sind wir in einigen Punkten doch recht nah bei- sammen. Die Umsetzung des Weißbuchs sollte endlich Anlass zu einer Chemiewende sein. Das heißt: Stärkung von Umwelt- und Verbraucherschutz und gleichzeitig Entbürokratisierung. Wie soll das gehen? Zum Beispiel durch die Schaffung einer einzigen, starken und kompe- tenten Zulassungsbehörde – wie die EPA in den USA. Dafür müssen wir die stoffpolitischen Kompetenzen aller Zulassungsbehörden bündeln. Völlig gleich, ob es sich um die Zulassung neuer Chemikalien, Biozide und Pesti- zide oder um die Prüfung von Altstoffen handelt: Wir brauchen einfache, einheitliche und effiziente Strukturen und Verantwortlichkeiten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221700 (C) (D) (A) (B) Das ist ein Projekt, das wir in der nächsten Legislatur- periode gemeinsam anpacken sollten, dann, wenn die Umsetzung der zu erwartenden Chemikalienverordnung erfolgen muss. Das Motto dieses Projekts muss lauten: Eine Chemiepolitik des „Responsible Care“ kann nur eine Politik für und mit den Menschen sein – er steht im Mit- telpunkt unserer Politik. Birgit Homburger (FDP): Die FDP hat die Bedeu- tung der Chemikaliengesetzgebung und die jüngsten Ent- wicklungen in diesem Bereich frühzeitig erkannt. Als erste Fraktion hat die FDP ihren heute erneut zur Debatte stehenden Antrag zur Chemikalienpolitik dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Das war vor beinahe einem Jahr. Die FDP bleibt dabei: Das wichtigste Ziel der Chemi- kalienpolitik ist, für Mensch und Umwelt die Sicherheit im Umgang mit Chemikalien zu gewährleisten. Die FDP nimmt dieses Ziel sehr ernst: Es geht um eine wirksame, praktikable und vernünftige Chemikaliengesetzgebung. Die Gelegenheit, hier endlich ein widerspruchsfreies und transparentes System zu entwickeln, darf nicht versäumt werden. Insoweit teilen wir die Ziele des Weißbuchs der EU-Kommission zur Chemikalienpolitik. Schon vor einem Jahr hat die FDP darauf hingewiesen, dass es Grund zur Sorge gibt; denn die europäischen Be- strebungen schießen weit über das Ziel hinaus. Dieser Re- gulierungseifer wird weitreichende wirtschaftliche Folgen für den Chemiestandort Deutschland haben, ohne um- welt- und gesundheitspolitischen Nutzen. Bundesminister Trittin trägt hier besondere Verantwortung. Bisher sind die Appelle der FDP jedoch auf taube Ohren gestoßen. Nichts hat die Bundesregierung unternommen, um die eu- ropäischen Bestrebungen im Bereich der Chemikaliensi- cherheit in vernünftige Bahnen zu lenken. Im Gegenteil erleben wir mit schöner Regelmäßigkeit, dass Minister Trittin sich von niemandem übertreffen lässt, wenn es um Regulierungswut und Bürokratieverliebtheit geht, schon gar nicht von der EU-Kommission. Das lässt Schlimmes befürchten. Die FDP weist nochmals darauf hin, dass es keinen Sinn macht, ganze Stoffgruppen allein wegen bestimmter gefährlicher Eigenschaften zu verbieten. Dies wäre weder ein Vorteil für die Gesundheit der Verbraucher noch für den Schutz von Umwelt und Natur. Entscheidend für eine Risikobewertung ist neben diesen Eigenschaften aber vor allem die Art der Anwendung von Chemikalien. Eine allein stoffbezogene Risikobewertung kann büro- kratische und kostenträchtige Folgen haben, ohne dass da- mit ein gesundheits- oder umweltpolitischer Nutzen ver- bunden wäre. Eine nachhaltige Chemikalienpolitik muss sowohl den Umwelt- und Verbraucherschutz verbessern als auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit die- ser für den Industriestandort Deutschland eminent wich- tigen Branche sichern. Allein in Deutschland beschäftigt die chemische Industrie beinahe eine halbe Million Men- schen. In keinem Land Europas hat die chemische Indus- trie auch nur annähernd eine so zentrale wirtschaftliche Bedeutung wie in Deutschland. Es geht also auch um die Wettbewerbsfähigkeit und die Arbeitsplätze in einer der wichtigsten Branchen in Deutschland. Zu Recht weist auch der Antrag der Unionsfraktion ausdrücklich darauf hin und beschreibt noch einmal detailliert den dringenden Nachbesserungsbedarf. Der Antrag findet deshalb unsere ausdrückliche Unterstützung. Vor einem Jahr, bei der ersten Beratung des FDP-An- trags zur Chemikalienpolitik, hat sich Herr Kollege Hermann von den Grünen an dieser Stelle noch über den Antrag der FDP lustig gemacht. Die Mahnung der FDP, bei allem Aktionismus und rot-grüner Regulierungswut die wirtschaftliche Existenz auch der kleinen und mittel- ständigen Unternehmen nicht aus dem Auge zu verlieren, trifft bei der Bundesregierung nur auf spöttische Arro- ganz. Hochmütig hat Rot-Grün den FDP-Antrag im Um- weltausschuss abgelehnt. Dem Antrag der Unionsfraktion wird es nicht besser er- gehen. Erst vor wenigen Tagen hat sich derselbe Kollege nämlich wieder lustig gemacht: Die chemische Industrie „heule und jammere“, nach dem Motto: „Stellt euch nicht so an“. Im Angesicht von mehr als 4 Millionen Arbeitslo- sen wird Ihnen das Lachen noch vergehen, Herr Hermann! Die Belastung insbesondere auch der kleinen und mitt- leren Chemieunternehmen darf durch ökologisch sinnlose Anforderungen nicht gefährdet werden. Wenn überzoge- ner Dirigimus zu Standortverlagerungen führt, fügt dies dem Gesundheits- und dem Umweltschutz letztlich Scha- den zu. Dies wäre ein Bärendienst für Mensch und Natur. Eva Bulling-Schröter (PDS): Bei der Gesstaltung der künftigen europäischen Chemikalienpolitik sieht es ganz danach aus, als dass sich diesmal die Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik gegenüber einer der mächtigs- ten Wirtschaftsverbände durchsetzen wird – anders als im Agrarsektor. Natürlich mit Kompromissen und verwäs- serten Umsetzungen, wie stets, aber die neuen Ansätze des Weißbuchs Chemikalienpolitik sind sicherlich ein Umbruch, ein Systemwechsel, hin zu mehr Vorsorge in Umwelt und Gesundheit. Kein Wunder also, dass die Chemieverbände Sturm lau- fen. Der Standortkollaps droht wieder einmal. Das Schreien hat zwar inzwischen etwas abgenommen. Doch in empfindlichen Teilen steht das Weissbuch weiter unter Beschuss. Abgefunden hat sich die Chemielobby – das kann man ja immer ganz gut an den Koalitionsanträgen ablesen – anscheinend mit der Prüf- und Registrierungspflicht für die rund 30 000 Stoffe mit geringen Produktionsmengen. Wir verstehen allerdings nicht, warum die Koalition hier den Schwellenwert zum Registrierungsverfahren von ei- ner Jahrestonne auf das Zehnfache anheben will. Dann würden wohl von den 100 000 bekannten Stoffen nicht mehr knapp ein Drittel, sondern noch deutlich weniger ge- prüft werden. Zudem will die Union teilweise die Kosten des Ver- fahrens den öffentlichen Haushalten aufbrummen. Ich denke aber, wer mit seinen Produkten Geld verdient, der sollte auch den Nachweis dafür finanzieren, was er über- haupt herstellt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21701 (C) (D) (A) (B) Grundsätzlichen Widerstand gibt es wohl auch nicht mehr gegen die erweiterte Evaluierung und die zusätzli- chen Tests bei Stoffen, die mit einer Jahresmenge von mehr als 100 Tonnen produziert werden. Die größten Auseinandersetzungen scheinen leider ausgerechnet bei den Chemikalien zu liegen, die als be- sonders gefährlich gelten. Hier wollen Union und FDPein Verfahren vom Tisch haben, welches diese Stoffe nicht einmal verbietet, sondern nur ein strenges Zulassungs- recht für sie einführt. Nach der EU-Kommission soll der Beweis, dass der Verwendungszweck des jeweiligen Stof- fes in allen Lebenszyklen nur ein zu vernachlässigendes Risiko birgt, vom Hersteller erbracht wird. Eine Beweis- lastumkehr also, weil vorher ja die Behörden gegebenen- falls die Gefährlichkeit der Verwendung nachzuweisen hatten, um diese zu verbieten. Diese Umkehr halten Union und FDP für zu bürokra- tisch. Wir reden hier über Chemikalien, die krebserzeu- gend, erbgutverändernd oder fortpflanzungshemmend sind. Da dürften wohl die Hersteller in der Lage sein nach- zuweisen, was sie da eigentlich produzieren. Es drängt sich ja der Verdacht auf, solche Nachweise könnten teil- weise gar nicht erbracht werden. Die größte Gefahr für die Vorschläge des Weißbuchs scheint aber nicht von der Opposition, sondern, wie bei der Altauto-Richtlinie, von Kanzler Schröder auszugehen. Für ihn führt diese ja „zur Vertreibung der Chemieindus- trie aus Europa“. Ich hoffe aber, das man sich im Kanzleramt noch ein- mal mit den Sachthemen beschäftigt und dass sich da- durch Deutschland nicht wieder so blamiert wie damals. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Unterhaltsvorschussgesetzes – des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Unterhaltsvorschussgesetzes (Tagesordnungspunkt 10 a und b) Christel Humme (SPD): Auch dem Letzten in diesem Hause dürfte mittlerweile klar geworden sein: Die finan- ziellen Ressourcen von Bund, Ländern und Gemeinden sind begrenzt. Vor diesem Hintergrund verwundert mich die Gelassenheit, mit der die PDS-Fraktion für ihr Erstes und Zweites Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvor- schussgesetzes rund 3 Milliarden Euro einfordert, schon sehr. Belassen diese beiden Gesetze gerade die Länder und Kommunen! Sie regieren doch seit einigen Wochen mit in einer Stadt, die von der CDU geführten Regierung nahezu an den finanziellen Abgrund geleitet wurde. Sie müssten doch wissen: Die Lage der öffentlichen Haushalte lässt nur noch eine Politik zu, nämlich eine Politik, die Pro- bleme sehr zielgerichtet löst, und eine Politik, die dabei die knappen finanziellen Mittel sehr effizient einsetzt. Ihre Vorschläge, meine Herren und Damen von der PDS, erfüllen diese Anforderungen nicht. Denn Ihr Kon- zept ist nicht zielgenau genug. Die Armut von Familien würde nicht entscheidend bekämpft. Und Ihr Konzept ist schlicht und einfach zu teuer! Für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen bedeutet Familienpolitik dreierlei: Erstens die finazielle Stärkung von Familien, insbesondere die Bekämpfung von Kinderarmut, zweitens die Schaffung von Bildungs- chancen für Kinder und Jugendliche völlig unabhängig vom Elternhaus sowie drittens die Schaffung von Rah- menbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Be- ruf. Dies sind sehr ehrgeizige Ziele. Zur wahren Herkules- aufgabe aber wird die Familienpolitik durch die Lage der öffentlichen Haushalte. Von dieser Familien- und Steuerpolitik profitieren auch die Alleinerziehenden. Kritisiert wird in der öffentlichen Debatte der Wegfall bzw. die allmähliche Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags. Rund 60 Prozent der Alleiner- ziehenden in Deutschland zahlen – laut Armuts- und Reichtumsbericht – gar keine Steuern. Sie profitieren also nicht von einem steuerlichen Haushaltsfreibetrag. Sie profitieren aber sehr wohl von unseren Kindergelder- höhungen. Außerdem kommen Ihnen weitere Bausteine unserer Familienpolitik zu Gute: die Anhebung der Ein- kommensgrenzen beim Erziehungsgeld, die BAföG- und die Wohngeld-Reform. Jeder, der sich seriös an der Debatte beteiligt, erkennt sofort, dass wir mit unserer Familienförderung auch die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach Gleich- stellung von Alleinerziehenden und Ehepaaren mit Kin- dern erfüllt haben. Unsere bisherige Familienpolitik war und ist richtig. Wir gehen auf dem eingeschlagenen Weg weiter und wer- den die noch anstehenden Probleme Schritt für Schritt lö- sen. Unbestritten gibt es nach wie vor Familien in sehr be- drückenden finanziellen Verhältnissen. Familien sind einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt – so eine der traurigen Lehren des Armuts- und Reichtumsberichts und eine der traurigsten Erblasten der Regierung Kohl. Diesen Armen oder von Armut bedrohten Familien muss zielge- richtet geholfen werden. Wir müssen vor allem die Kin- der aus der Armut herausholen. Denn Armut und Sozial- hilfebezug bedeuten den Einstieg in einen Teufelskreis aus schlechteren Bildungschancen, Arbeitslosigkeit und damit der Verfestigung von Armut. Die Diskussion über die anstehende Sozialhilfereform und der 11. Kinder- und Jugendbericht zeigen uns die richtige Lösung. Wir müssen die Vereinbarkeit von Fami- lie und Beruf verbessern und eine Existenzsicherung für Kinder, die der Sozialhilfe vorgelagert ist, schaffen. Vor allem Alleinerziehende würden profitieren. Denn wie soll eine Alleinerziehende einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wenn sie nicht weiß, wie und wo sie ihr Kind betreuen las- sen soll? Außerdem sind Kindertagesstätten und Ganz- tagsschulen die zentralen Voraussetzungen für erfolg- reiches Lernen. Sie eröffnen Kindern und Jugendlichen bessere Zukunftschancen – so ein Ergebnis der PISA- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221702 (C) (D) (A) (B) Studie. Wir haben in Deutschland – verschuldet durch konservative Familienpolitik – jahrzehntelang aufs fal- sche Pferd gesetzt. Ich erzähle Ihnen nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, dass die Betreuungssituation in Deutschland völlig unzu- reichend ist. Deshalb ist eine unserer wichtigsten Aufga- ben, ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für Kinder aller Altersgruppen im Westen zu schaffen und im Osten zu erhalten. Wir brauchen dringend ein Gesamtkonzept für außerschulische und schulische Beteuungs- und Bil- dungsangebote. Dieses werden wir im Rahmen eines fö- derativen Gipfels unter Beteiligung von Bund, Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und Verbänden der freien Wohlfahrtspflege erarbeiten. Der Armutsprävention dient auch der zweite Baustein, die Einführung einer der Sozialhilfe vorgelagerten Exis- tenzsicherung von Kindern. Mit einer solchen vorgela- gerten Sicherung würde Armut von Familien vermieden, könnten alle Kinder aus der Sozialhilfe herausgeholt wer- den und würden die Selbsthilfekräfte von Familien ge- stärkt. Das ist der richtige Weg. Ich lade Sie ein, uns auf diesem Weg zu begleiten. Rolf Stöckel (SPD): Die Absicht der PDS-Fraktion, Leistungen aus dem Unterhaltsvorschuss-Gesetz und das Anspruchsalter von 12 auf 18 Jahre zu erhöhen, ist auf den ersten Blick und aus fachlicher Sicht betrachtet, ja durch- aus wünschenswert. Tatsache ist aber, dass trotz der An- rechnung der Kindergelderhöhung auf den Unterhaltsvor- schuss unter dem Strich die Hälfte der Erhöhungen bei den Einelternfamilien verbleibt. Sie wissen genau, dass eine dadurch zusätzlich zu erwartende Mehrbelastung in Höhe von mindestens 3 Milliarden Euro im Zusammen- hang mit der angespannten Finanzlage bei Bund, Ländern und Kommunen zurzeit völlig unrealistisch ist. Wenn es eine Forderung der Länder und Kommunen gibt, bei der sich alle über Parteigrenzen hinweg einig sind, dann ist es das Konnexitätsprinzip. Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch. Selbst wenn wir die 1 Milliarde Euro, die der Bund mehr zu tragen hätte, in einem Kraftakt zusammenbekä- men, spätestens im Bundesrat würde das doch am Wider- stand der Länder scheitern. Und in der Tat, die Kollegin Humme hat völlig Recht, wenn sie hier die Frage nach der Seriosität einer solchen Forderung, angesichts ihrer Regierungsbeteiligung im hochverschuldeten Land Ber- lin aufgeworfen hat. Es läuft doch immer nach demselben populistischem Muster, und einen Finanzierungsvor- schlag, wenn schon nicht für die Länder, zumindest für den Bundeshaushalt, machen sie erst gar nicht. Die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz stellen eine besondere Sozialleistung für das Kind und den allein erziehenden Elternteil dar, eine Hilfe in beson- ders schwierigen Lebens- und Erziehungssituationen. Der Gesetzgeber, der das Bezugsalter bereits einmal von sechs auf zwölf Jahre erhöht hat, wollte durch die hier in Rede stehende Leistungsbeschränkung auch zum Ausdruck bringen, dass er keine Ausfallgarantie für unterhalts- berechtigte Kinder bis zu deren wirtschaftlicher Selbst- ständigkeit konzipieren wollte. Bei der Gestaltung dieser Sozialleistung ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Bei über die Existenzsicherung hinausgehenden staatlichen Leistungen müssen aber neben anderen Aufgaben auch die vorhandenen Mittel berücksichtigt werden. Wir haben in der Tat trotz des Schuldenabbaus im Interesse der Kinder und zukünftiger Generationen in einem Kraftakt 24 Milliarden DM mehr für die Familien zur Verfügung gestellt. Und ich sage es noch einmal: Durch Steuerreform, dreimalige Kindergelderhöhungen, Umgestaltung der Steuerfreibeträge sowie die Absetzbar- keit erwerbsbedingter Betreuungskosten haben wir alle Familien deutlich finanziell entlastet. Von dieser Fami- lien- und Steuerpolitik profitieren auch die Alleinerzie- henden, genauso wie von der Anhebung der Einkom- mensgrenzen beim Erziehungsgeld, und den in Euro und Cent auszurechnenden Verbesserungen bei der BaföG- und Wohngeldreform. Es geht hier nicht darum, über vorhandene Mängel in einzelnen Sozialgesetzen hinwegzureden, die wir auch sehen und anpacken wollen. Aber erst recht angesichts der Versäumnisse der CDU/CSU und der FDP in den 80er- und 90er-Jahren wissen sie doch genau, was wir in drei- einhalb Jahren bereits für Kinder und Familien geleistet haben. Die angespannte Lage der öffentlichen Finanzen im Bund, in den Ländern und Gemeinden, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zum Familienleistungs- ausgleich, selbst die kompliziertesten Leistungssysteme der Welt werden uns nicht davon abhalten, weitere Re- formschritte zugunsten der Kinder und der Familien ein- zuleiten. Gerade weil diese Leistungssysteme den aktuel- len Realitäten nicht immer gerecht werden, nicht immer zielgenau wirken und Selbsthilfe fördern und zudem viel zu viel Bürokratie erfordern, werden wir sie weiter umge- stalten. Anstatt im Namen der Gerechtigkeit mit der Gieß- kanne immer mehr und nichtvorhandenes Geld auch der Länder und Kommunen über Spezialleistungsgesetze wie den Unterhaltsvorschuss auszuschütten, sollten wir im In- teresse der Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut dringend dreierlei tun: Erstens. Im Interesse der Genera- tionengerechtigkeit weiter öffentliche Schulden abbauen, sonst sind alle Leistungssysteme auf Dauer nicht zu- kunftsfähig; zweitens: gemeinsam mit den Ländern und Kommunen über neue Strukturen und Schwerpunkte der staatlichen Finanzen verhandeln, weil das Schwarze- Peter-Spiel den Betroffenen nicht hilft und drittens: un- sere sozialen Leistungssysteme zum Beispiel mit dem Ziel einer sozialen Grundsicherung für Kinder einfacher, bedarfsgerechter und effizienter zu machen. Es bleibt also noch eine Menge zu tun. Und deshalb wollen die Familien auch, dass wir nach dem 22. September weiterregieren. Antje Blumenthal (CDU/CSU): Das Gesetz zur Si- cherung des Unterhalts von Kindern allein stehender Müt- ter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfall- leistungen, kurz: Unterhaltsvorschussgesetz, will die PDS mit zwei Gesetzesentwürfen ändern. Die Drucksache 14/7225 sieht eine deutliche Erweiterung der Ansprüche auf Unterhaltsleistungen durch Ausweitung der Höchst- leistungsdauer vor. Die zweite Drucksache will § 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes dahin gehend verändern, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21703 (C) (D) (A) (B) dass die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes bei Al- leinerziehenden, deren Kinder Unterhaltsvorschuss be- kommen, aufgehoben wird. Mit dem Titel des Gesetzes ist man bereits mitten in der Sozialproblematik allein erziehender Mütter und Väter. Dabei ist anzumerken, dass die Mehrzahl allein erzie- hende Mütter sind. Für Alleinerziehende erfolgt die Er- ziehung ihrer Kinder unter erschwerten Bedingungen. Die Rate der allein erziehenden Eltern in Deutschland steigt. War noch vor 30 Jahren der Tod des Partners die häufigs- te Ursache dafür, dass ein Elternteil allein erziehend wurde, ist der Hauptgrund heute die Trennung oder die Scheidung. In den allermeisten Fällen bleiben die Kinder bei der Mutter. Der Anteil allein erziehender Mütter steigt ständig. Mehr als 1,8 Millionen Alleinerziehende gibt es mittlerweile in der Bundesrepublik Deutschland. Die wirtschaftliche Situation vieler Alleinerziehender ist angespannt. So leben 15 Prozent der Alleinerziehenden von 715 Euro, weitere 25 Prozent leben von weniger als 1125 Euro monatlich. Für die Mehrzahl der allein erziehenden Mütter ist die Erwerbstätigkeit nach wie vor die wichtigste Einkom- mensquelle. Erst an zweiter Stelle stehen Sozialleistungen. Obwohl die Mehrzahl der allein erziehenden Mütter ge- schieden ist, lebt nur eine geringe Zahl der Alleinerziehen- den von Unterhaltszahlungen des geschiedenen Mannes. Die wirtschaftliche Situation verschärft sich, wenn das Kind nicht den üblichen Regelunterhalt von dem anderen Elternteil erhält oder wenn der Unterhalt nicht rechtzeitig gezahlt wird. Diese besondere Lebenssituation soll mit der Unterhaltsleistung nach dem seit dem 1. Januar 1980 geltenden UVG erleichtert werden. So leistete beispielsweise meine Heimatstadt Hamburg nach dem UVG in 2001 für fast 14 000 Kinder und Ju- gendliche bis zwölf Jahren den Unterhalt. 7,5 Prozent die- ser Altersgruppe beziehen nur deshalb Gelder nach dem UVG, weil der unterhaltspflichtige Elternteil nicht bereit war zu zahlen. Die Ausgaben, mit denen die öffentliche Hand in Vorlage treten musste, beliefen sich dabei allein in Hamburg auf 21,79 Millionen Euro. Bundesweit haben die Jugendämter für 452 000 Kinder Unterhaltsvorschuss als „Ersatzväter“ gezahlt. Das Geld ist nur geborgt, wie es der Name des Gesetzes schon aussagt. Es dient zur Über- brückung für die Alleinerziehenden, bis der andere El- ternteil seiner Unterhaltspflicht nachkommt. Wir wollen alle – davon gehe ich aus – die Situation der Alleinerziehenden verbessern. Doch die Änderungsan- träge der PDS sind unserer Ansicht nach Flickschusterei. Wir von der CDU/CSU-Fraktion wollen ein ganzheitli- ches Konzept für den Gesamtkomplex Familienunter- haltsrecht. An dieser Stelle möchte ich meine Kollegin Wülfing zitieren, die in der Sitzung des Bundestages in der Debatte um das Zweite Gesetz der Familienförderung gesagt hat: Ich finde es immer gut, wenn man seine Kinder er- ziehen kann, ohne daneben einen Steuerberater ste- hen zu haben. Wie Recht sie doch hat. Das Unterhaltsrecht ist teil- weise so unübersichtlich geworden, dass sich Betroffene dort nicht mehr zurechtfinden. Die Situation der Alleinerziehenden hat sich außerdem deutlich einseitig verschlechtert; denn sie werden steuer- lich künftig behandelt wie Singles. Als Antwort auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 wurde durch die Bundesregierung mit dem am 1. Ja- nuar 2002 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz der Fami- lienförderung die stufenweise Abschmelzung des Haus- haltsfreibetrages eingeführt. So viel zum Thema Familienförderung! Nur, das Bundesverfassungsgericht hat nicht gesagt, dass Alleinerziehende schlechter gestellt werden sollen. Statt einer Abschaffung des Haushaltsfreibetrages hätte die rot-grüne Bundesregierung auch die Möglichkeit ge- habt, die Familien mit Kindern im Sinne des Bundesver- fassungsgerichtes besser zu stellen, ohne dabei die Al- leinerziehenden zu benachteiligen. Das Ergebnis dieses „Zweiten Familienförderungsprogramms“ ist eine Sam- melklage des Verbandes allein erziehender Mütter und Väter beim Bundesverfassungsgericht. Die Familienpoli- tik der Bundesregierung ist – wie Sie auch an diesem Bei- spiel sehen – ungerecht und unsozial. Aber die vorliegen- den Änderungsvorschläge der PDS bieten hierbei keine grundlegende Abhilfe. Mit diesen von der PDS vorgeschlagenen Änderungen des UVG kämen außerdem erhebliche zusätzliche Kosten auf den Bund und die Länder zu. Allein der Änderungs- vorschlag im Zweiten Gesetz, Drucksache 14/7226, sieht eine deutliche Ausdehnung der Leistungszeit vor, was mindestens eine Verdreifachung der Ausgaben bedeuten würde. Weitere Kosten würden wegen des höheren Re- gelunterhaltes der Zwölf- bis Siebzehnjährigen entstehen. Insbesondere die Unterhaltsvorschusskassen der Länder und Kommunen, die nach der neuen geltenden Regelung zwei Drittel des Unterhaltsvorschusses zu leisten hätten, sind nicht in der Lage, diese Mehrkosten zu finanzieren. Aber es gibt auch andere Vorschläge: das Familiengeld! Es ist meines Erachtens dringend notwendig, ein Fami- liengeld nach den Vorstellungen der CDU/CSU einzu- führen; denn nur dadurch wird man eine echte Familien- förderung mit einer Grundsicherung der Kinder erreichen. Mit dieser neuen Basis des CDU/CSU-Konzepts der staatlichen Familienförderung kann auch die Ein-Eltern- Familie, die laut Armutsbericht der Bundesregierung die am stärksten von Armut betroffene Bevölkerungsgruppe ist, aus der Sozialhilfe herausgeholt werden. Die Verfolgung des Unterhaltsrückstandes beim UVG ist unbefriedigend gelöst. Lassen Sie mich auch hier auf Hamburger Erfahrungen zurückgreifen. Lediglich bei rund 17 Prozent lag im Jahr 2001 beispielsweise in Ham- burg die Rückgriffquote durch Erstattung durch die säu- migen Unterhaltspflichtigen, obwohl in Hamburg bereits intensiv versucht wurde, die Quote durch Zwangsmaß- nahmen zu erhöhen. Bundesweit liegt die Rückgriffquote nur geringfügig höher. In Hamburg ist zurzeit angedacht, dank der neuen So- zial- und Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram, in einem Modellprojekt durch Einschalten von Rechtsan- waltskanzleien eine deutliche Steigerung der Rückgriff- quoten zu erreichen bzw. dadurch die Bereitschaft zur freiwilligen Zahlung bei den Unterhaltspflichtigen zu ver- stärken. Gemeinsames Ziel muss es doch sein, dass sich derjenige, der seiner Zahlungspflicht für Kinder nicht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221704 (C) (D) (A) (B) nachkommt, nicht in der Sicherheit wiegen darf, dass er nicht belangt werden wird. Hier liegen die wahren Rege- lungsbedarfe und deshalb sind die hier vorliegenden An- träge der PDS nicht der richtige Ansatz Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Vater Staat“ so wird oft der Staat genannt, wenn es um seine Fürsorgefunktion geht. Im wahrsten Sinne des Wortes gilt das, wenn der Staat anstelle der un- terhaltspflichtigen Väter quasi als Ausfallbürge den Un- terhalt für die Kinder von Alleinerziehenden zahlt. Für 450 000 Alimente verweigernde Väter springt der Staat zurzeit ein, Tendenz steigend. Und das kommt ihn teuer zu stehen. 770 Millionen Euro zahlen Bund, Länder und Gemeinden zu je einem Drittel für säumige Väter. Zwar ist die Rückgriffquote seit 1998 von 15 auf 22 Prozent erhöht worden, die Zahl der säumigen Väter steigt jedoch, wie der Deutsche Städettag klagt. Und die Jugendämter der Kommunen erhalten immer häufiger die Antwort: Vater un- bekannt, Vater untergetaucht, Vater zahlungsunfähig, Va- ter zahlungsunwillig. – So wird es immer schwieriger, die als realistisch angesehene Rückgriffquote von 40 Prozent zu erreichen. In den USAwird Unterhaltsentzug radikal bestraft: mit Führerscheinentzug. Sicherlich eine sehr rigide Maß- nahme. Es darf aber bei uns nicht länger ein Kavaliers- delikt sein, sich vor den Unterhaltszahlungen zu drücken. Ich sehe daher mit großem Interesse, dass die Justizminis- terin das Sanktionenrecht erweitern will. Die Leidtragen- den sind aber letztendlich die Betreuungsunterhalt leis- tenden Mütter und ihre Kinder. Denn in dem seit 1980 geltenden Unterhaltsvorschussgesetz ist festgelegt, dass die staatlichen Vorschuss-Zahlungen nur 72 Monate ge- leistet werden; maximal bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes. Insofern ist das Anliegen der PDS, die Zeiten zu verlängern, unterstützenswert. Allerdings, verehrte Kolle- ginnen von der PDS, schießen Sie weit über das Ziel hi- naus. Bis zum 27. Lebensjahr des Kindes einen Unter- haltsvorschuss zu zahlen, das brächte den wolhabendsten Papa Staat wohl in Bedrängnis. Das wären 5,5 Milliarden Euro jährlich für Bund, Länder und Kommunen. Der blaue Brief aus Brüssel wäre wohl garantiert. Ähnlich sieht es bei der Anpassung des Unterhaltsvor- schussgesetzes an das Unterhaltsrecht aus, was wir inhalt- lich begrüßen. Die Grünen werden sich in der nächsten Wahlperiode sowohl für eine angemessene Ausweitung der Anspruchsdauer als auch für effektivere Rückzahlun- gen der Väter stark machen. Wir wollen aber auch insgesamt die Situation der Al- leinerziehenden verbessern. Familienfreundliche Ar- beitszeiten, ganztätige Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschulen, Absetzbarkeit der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten ab dem ersten Euro – das ist das Gebot der Stunde, um die wirtschaftliche Absicherung von Einelternfamilien zu gewährleisten. In den vergangenen Jahren haben wir die Leistungen für die Familien bereits deutlich ausgebaut. Über 50 Mil- liarden Euro gehen jährlich in die verschiedenen Formen der Familienförderung von BAFöG über Kindergeld, über Baukindergeld und Erziehungsgeld. 300 DM Kindergeld haben die Grünen ihren Wählerinnen und Wählern 1998 versprochen. Wir haben Wort gehalten. Ab Janaur 2002 beträgt das Kindergelt 154 Euro. Ich komme zu einer weiteren aktuellen Diskussion: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil eine Besserstellung Alleinerziehender Eltern gegenüber Ver- heirateten untersagt. Dieses Urteil hat die Bundesregie- rung durch einen stufenweisen Abbau des Haushaltsfrei- betrages für Alleinerziehende umgesetzt, was in einigen Fällen trotz der Erhöhung des Betreuungsfreibetrages zu steuerlichen Mehrbelastungen führen wird. Wäre es nach uns gegangen, hätten wir den Haushaltsfreibetrag über- haupt nicht angetastet. Allerdings betrifft das nur 40 Pro- zent der Alleinerziehenden, denn 60 Prozent zahlen keine Steuern. Aber solange das Ehegattensplitting für Verhei- ratete existiert, das zwar den Trauschein subventioniert, nicht aber zwangsläufig Kinder fördert, sehe ich keine Besserstellung von Alleinerziehenden. Wenn wir sagen: „Familie ist da, wo Kinder sind“, dann können wir Al- leinerziehende nicht wie Singles behandeln. Auch aus die- sen Gründen setzen sich Bündnisgrüne für eine weitge- hende Reduzierung des Ehegattensplittings ein, um mit dem Geld das Leben mit Kindern zu fördern, unabhängig davon, ob ihre Eltern verheiratet sind oder nicht. So wol- len wir dieses Geld sinnvoll für eine Kindergrundsiche- rung einsetzen, um Armut und soziale Ausgrenzung von Familien zu verhindern. Es bewirkt, dass über 4 Millionen Kinder in Deutschland eine zusätzliche Förderung von bis zu 100 Euro pro Monat erhalten. Kinder sind unsere Zukunft; die materielle Existenzsi- cherung ist unabdingbar. Aber Kinder brauchen auch die Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Lassen Sie uns zu Beginn des 21. Jahrhunderts die vaterlose Gesellschaft beenden. Ina Lenke (FDP): Die Zahl der Väter, die sich ihren Unterhaltspflichten gegenüber ihren Kindern entziehen, nimmt zu. Mit dem Unterhaltsvorschussgesetz über- nimmt der Staat die Aufgabe eines Ersatzvaters. Im Jahr 2001 tut er das für 450 000 Kinder bei staatlichen Kosten von 1,5 Milliarden DM. Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes will die PDS erreichen, dass Unterhaltsvorschüsse oder -ausfall- leistungen für Alleinerziehende künftig nicht mehr um die Hälfte des Kindergelds gekürzt werden. Im letzten Jahr trat lediglich eine Neuregelung für Kin- der von getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern in Kraft, nicht für allein stehende Mütter und Väter. Diese Neuregelung war aufgrund eines Bundesverfassungsge- richtsurteils geboten und soll verhindern, dass das säch- liche Existenzminimum des Kindes angetastet wird. Soweit – so gut: Es wurde aber versäumt, auch für Ein- Eltern-Familien im Unterhaltsvorschussgesetz die exis- tenzsichernde Funktion des Kindergelds rechtlich zu schützen. Nach den jetzt geltenden Regelungen ist es fol- gerichtig, alle Kinder im Unterhaltsvorschussgesetz gleichzustellen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 2002 21705 (C) (D) (A) (B) Das werden wir im Ausschuss beraten müssen. Wenn die Alleinerziehenden benachteiligt sind, muss eine Kor- rektur erfolgen. Mit dem zweiten Antrag, dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes, will die PDS-Fraktion die Höchstleistungsdauer des Un- terhaltsvorschusses auf den gesamten Zeitraum der Kin- dergeldberechtigung ausdehnen. Das bedeutet eine erheb- liche Ausweitung des finanziellen Sicherungssystems, dessen Funktionsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit ich be- zweifle. Die Bundesregierung hat ihre Zahlung zum Un- terhaltsvorschussgesetz zulasten der Städte und Gemein- den zurückgefahren, die jetzt erstmals ein Drittel der Kosten zu tragen haben. Das ist wieder einmal eine Sa- nierungsmaßnahme im Bundeshaushalt zulasten der Kommunen. Die Kommunen aber haben nicht nur ihr Drittel zu finanzieren, sondern auch den erheblichen Ver- waltungsaufwand zu tragen, der mit der Umsetzung des Gesetzes verbunden ist. Insbesondere die Pflicht zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist in den Kom- munen äußerst personalintensiv und steht in einem schlechten Verhältnis zu den Erfolgen. Dies gilt umso mehr, als die mühsam eingezogenen Beträge zu je einem Drittel an Bund und Länder weitergegeben werden müs- sen. Liebe Kollegen und Kolleginnen, dass Alleinerzie- hende, die für ihre Kinder nicht regelmäßig Unterhalt vom anderen Elternteil oder Waisenbezüge erhalten, eine be- sondere finanzielle Unterstützung brauchen, steht außer Frage. Aber das derzeitige System des Unterhaltsvor- schusses ist wenig effizient und sehr bürokratisch. Durch die von der PDS geforderte Ausweitung wird das nicht besser, sonder schlechter. Ziel der FDP-Fraktion ist eine insgesamt verbesserte finanzielle Absicherung von Kindern. Unter diesem Aspekt sollten wir uns im Ausschuss das Unterhaltsvor- schussgesetz vornehmen und intensiv beraten. Christina Schenk (PDS): Zur Existenzsicherung von Kindern allein Erziehender gehören monatliche Unter- haltszahlungen des getrennt lebenden Elternteils. So weit die Theorie. Wie viele Kinder ihren Unterhalt tatsächlich erhalten, weiß niemand genau. Die letzte statistische Er- hebung stammt von 1978. Wir begrüßen deshalb, dass die Bundesregierung eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben hat. Heute wird geschätzt, dass nur etwa an ein Drittel der Kinder der Unterhalt regelmäßig und in voller Höhe gezahlt wird. Ein weiteres Drittel erhält ihn unre- gelmäßig oder in zu geringer Höhe und das letzte Drittel bekommt ihn selten oder nie. Wird der Unterhalt nicht ge- zahlt, streckt seit 1979 der Staat aus der Unterhaltsvor- schusskasse einen Teil des geschuldeten Betrages vor. Der Unterhaltsvorschuss wird jedoch maximal 72 Monate und längstens bis zum 12. Lebensjahr des Kindes gezahlt. Ge- rade dann, wenn die Kinder teuer werden, bekommen sie nichts mehr. Hier spart der Staat auf Kosten der Kinder. Und er spart auf Kosten desjenigen Elternteils, der mit dem Kind zusammenlebt. Das darf nicht länger so blei- ben. Der Unterhaltsvorschuss muss solange gezahlt wer- den, wie es einen Anspruch auf Kindergeld gibt. Beim Unterhaltsvorschuss erhalten Kinder ohnehin nur den Mindestunterhalt, wovon allerdings wieder die Hälfte des Kindergeldes abgezogen wird. Demgegenüber geht das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts, das zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, eindeutig und zu Recht davon aus, dass der niedrigste Mindestunterhalt den Bedarf des Kindes nicht deckt. Seitdem darf der Unterhalt nur dann um die Hälfte des Kindergeldes gemindert werden, wenn er mindestens in Höhe von 135 Prozent des Regelsatzes gezahlt wird. Im Unterschied dazu mindert der Staat den Unterhaltsvorschuss nach wie vor um die Hälfte des Kin- dergeldes – Existenzminimum hin oder her. Hier wird erneut auf Kosten der Ärmsten gespart. Kinder, die den Unterhaltsvorschuss in Höhe des Mindestunterhalts be- kommen, erhalten somit monatlich 77 Euro weniger als Kinder, denen der zahlungspflichtige Elternteil den Min- destunterhalt zahlt. Die PDS-Fraktion hat bei der Reform des Unterhaltsrechts auf diese Ungleichbehandlung hin- gewiesen. Die rot-grüne Mehrheit des Hauses hat diese Ungerechtigkeit billigend in Kauf genommen. Wir wollen sie beenden. Bei Beibehaltung der jetzigen Regelungen zum Unterhaltsvorschuss verfestigt das Armutsrisiko bei allein Erziehenden. Wenn kein Unterhalt gezahlt wird und die Bezugsdauer für den Unterhaltsvorschuss ausge- schöpft ist, muss derjenige Elternteil einspringen, bei dem das Kind lebt. In 85 Prozent der Fälle ist das wegen der in Deutschland noch immer traditionellen Rollenverteilung die Mutter. Sie ist finanziell damit doppelt belastet. Sie versorgt das Kind, hat damit oft genug berufliche und da- mit auch finanzielle Nachteile. Und sie übernimmt noch zusätzlich den Unterhalt, den der Vater zahlen müsste und nicht zahlt. Für sie gibt es – anders als für diesen – keinen Selbstbehalt. Sie kann dem Kind nicht den benötigten Un- terhalt mit dem Argument verweigern, der eigene Bedarf gehe vor. Sie muss mit allem, was sie hat, für den Unter- haltsausfall eintreten – solange, bis sie in die Sozialhilfe fällt. Weil immer mehr Väter und in geringer Zahl auch Mütter ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen, muss der Staat gegenwärtig rund 450 000 Kindern Unterhalts- vorschuss gewähren. Das ist teuer: Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten, die zu jeweils einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kommunen getragen werden, auf etwa 1,5 Milliarden Mark. Die Rückholquote ist erbärmlich gering. Nur etwa ein Fünftel der Väter zahlt das quasi zinslose Darlehen zurück. Für den Rest der Vä- ter ist der Unterhaltsvorschuss praktisch ein Geschenk. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 218. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Februar 200221706 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Angelika Mertens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja,
    ich komme zum Schluss.

    Die Bundesregierung nimmt die Sorgen der Bürgerin-
    nen und Bürger an der Nord- und Ostsee sehr ernst. Des-
    halb steht die Sicherheit für die internationale Schifffahrt
    in Nord- und Ostsee im Bereich unserer Hoheitsgewässer
    im Zentrum unserer politischen Zielsetzungen. Ich sage
    noch einmal: Wir haben mit dem SeeUG wieder den Stan-
    dard erreicht, den uns andere vorgegeben haben. Mit AIS
    und mit Notschleppkapazitäten setzen wir Standards. Ich

    denke, das, was wir gemacht haben, kann sich mehr als se-
    hen lassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zu einer
Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Ulrich Adam
von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Adam


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Staatssekretärin, Sie
    haben eben beschrieben, dass die Öffentlichkeit zukünftig
    nicht außen vor ist. Dann würde ich Sie aber noch fragen,
    warum der Deutsche Journalisten-Verband Mecklenburg-
    Vorpommern mir ein dringendes Schreiben genau mit
    dem Inhalt schickt,


    (Gila Altmann [Aurich] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bestellt!)


    – dies ist nicht bestellt! –, dass man das befürchtet.
    Ich will Ihnen noch eines sagen: Ich habe mich in die-

    sem Zusammenhang jetzt bewusst gemeldet,

    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich dachte, das wäre unbewusst geschehen!)

    weil wir im Augenblick im Petitionsausschuss einen Fall
    auf dem Tisch haben, nämlich das Seeunglück der „Be-
    luga“ vor – fast auf den Tag genau – drei Jahren, den wir
    nur deswegen auf dem Tisch haben, weil Journalisten sich
    darum gekümmert und nicht das akzeptiert haben, was
    Seeämter getan haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deswegen halte ich es schon für wichtig, wenn hier da-

    rüber gesprochen wird. Ich bitte Sie, das zu erklären.

    (Annette Faße [SPD]: Das machen wir!)


    Denn gerade bei solchen Fällen haben zumindest die
    Hinterbliebenen ein Anrecht darauf, alle Möglichkeiten
    wahrnehmen zu können, dass sie über das Schicksal ihrer
    verunglückten Männer genau Bescheid wissen, dass alles
    ausgeschöpft ist. Es darf jetzt nicht die Möglichkeit außen
    vor bleiben, dass Journalisten sich darum noch kümmern
    können. Die schreiben darüber doch nicht aus reinem
    Übermut heraus, sondern haben gute Gründe dafür. Inso-
    fern ist, so meine ich, auch unsere Kritik an dieser Sache
    gerechtfertigt.

    Ich erwarte, dass das entsprechend geändert wird.
    Denn das sind wir gerade denen schuldig, die letztendlich
    an diesen Unglücken zu tragen haben. Das sind in jedem
    Fall und im speziellen Fall der „Beluga“ die Hinterblie-
    benen.