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ID1421311700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14213

  • date_rangeDatum: 25. Januar 2002

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    Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Klaus Wiesehügel, Dr. Axel Berg, weitereren Abgeordneten und der Frak- tion der SPD sowie den Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur tarif- lichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unter- nehmen (Drucksache 14/7796) . . . . . . . . . . . . . 21087 B b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes für Tariftreueerklärungen (Drucksache 14/5263) . . . . . . . . . . . . . 21087 B c) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öf- fentlichen Aufträgen (Drucksache 14/6752) . . . . . . . . . . . . . 21087 C d) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ta- riftreue im Vergaberecht – Bundes- einheitliche Regelung schafft fairen Wettbewerb (Drucksache 14/6982) . . . . . . . . . . . . . 21087 D e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Ursula Lötzer, Rolf Kutzmutz, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Sicherung tariflicher, arbeits- und sozialrechtlicher Standards und Förderung arbeitsmarktpolitischer Zielsetzungen durch ein Vergabege- setz (Drucksachen 14/4036, 14/5739) . . . . 21087 D f) Antrag der Abgeordneten Hartmut Schauerte, Dr. Hansjürgen Doss, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Offensive für die Bau- wirtschaft – Ursachen wirksam be- kämpfen (Drucksache 14/7506) . . . . . . . . . . . . . 21087 D g) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Chancen für die Bau- wirtschaft durch weniger Regulie- rung (Drucksache 14/7458) . . . . . . . . . . . . . 21088 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 21088 B Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 21089 D Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21091 D Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21092 D Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21093 A Ursula Lötzer PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21094 C Ernst Schwanhold, Minister (Nordrhein-West- falen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21095 C Manfred Grund CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 21096 C Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . 21097 A Klaus Wiesehügel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 21098 B Plenarprotokoll 14/213 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 213. Sitzung Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 17: a) Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Einsetzung einer Kom- mission zur Reform der Gemeinde- finanzen durch die Bundesregierung (Drucksache 14/7442) . . . . . . . . . . . . . 21099 D b) Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Peter Götz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gewerbesteuerumlage auf die vor dem Steuersenkungsgesetz maßgeblichen Werte senken (Drucksache 14/7787) . . . . . . . . . . . . . 21099 D c) Antrag der Abgeordneten Gerhard Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gemeindefinanzen refor- mieren – Gewerbesteuer abschaffen – Finanzkraft der Gemeinden stärken (Drucksache 14/7326) . . . . . . . . . . . . . 21100 A d) Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Erhöhung der Gewerbesteuer- umlage zurücknehmen (Drucksache 14/7993) . . . . . . . . . . . . . 21100 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme, Peter Götz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Umset- zung des Versprechens der Bundes- regierung zur Stärkung der Kommu- nalfinanzen (Drucksachen 14/6163, 14/7424) . . . . 21100 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Reform der Gemeindefinanzen (Drucksache 14/8025) . . . . . . . . . . . . . . . 21100 B Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21100 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21103 A Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 21106 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21106 D Gerhard Schüßler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 21107 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21108 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 21110 C Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21111 D Gerhard Schüßler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 21114 B Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21114 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21115 A Tagesordnungspunkt 18: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern (Drucksachen 14/7564, 14/8058) . . . . 21116 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stel- lung von Urhebern und ausübenden Künstlern (Drucksachen 14/6433, 14/8058) . . . . 21116 D Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 21117 A Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 21118 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21120 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21122 B Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21123 B Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21124 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 21126 A Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21127 C Tagesordnungspunkt 19: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Jüdisches Museum, Topogra- phie des Terrors, Mahnmal für die er- mordeten Juden Europas (Drucksachen 14/4249, 14/7451) . . . . . . . 21129 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 21130 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 21132 A Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21132 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 21133 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002II Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21134 C Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 21135 B Zusatztagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für die Erhaltung, die Mo- dernisierung und den Ausbau der Kraft- Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopp- lungsgesetz) (Drucksachen 14/7024, 14/7086, 14/8059) 21136 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Rolf Kutzmutz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und zum Ausbau der gekoppelten Strom- und Wär- meerzeugung (KWK-Gesetz) (Drucksachen 14/2693, 14/8048) . . . . . . . 21136 C Volker Jung (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . . . 21136 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . 21138 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21140 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . 21140 C Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21142 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21143 C Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 21144 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 21146 B Volker Jung (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . . . 21147 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 21148 A Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Anwendung von Gentests in Medizin und Versicherungen (Drucksache 14/6640) . . . . . . . . . . . . . . . 21148 C Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 21148 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD . . . . . . . . . . . . . . 21150 C Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21151 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21152 C Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21153 C Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Ursula Burchardt, Petra Bierwirth, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Winfried Hermann, Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland (Drucksache 14/7177) . . . . . . . . . . . . . . . 21154 B Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Birgit Homburger, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Übergangsregelung für das neue Führerscheinrecht (Drucksachen 14/2370, 14/5558) . . . . . . . 21154 C Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Heidi Lippmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak (Drucksachen 14/4709, 14/5716) . . . . . . . 21154 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 21155 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu aktuellen Veröffent- lichungen über einen Einsatz eines V-Mannes im NPD-Vorstand . . . . . . . . . 21156 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21156 B Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 21157 B Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/ CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21158 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21159 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig FDP . . . . . . . . . 21160 B Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 21161 B Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 21162 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21163 B Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21164 C Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21165 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 21166 C Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 21167 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 21169 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 III Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21171 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21171 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 21173 A Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Bahnpreissystem für Fahrgäste attraktiv gestalten (212. Sitzung, Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21174 B Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21174 B Anlage 3 Nachträglich zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Ausgleich für die nu- klearen Entsorgungsstandorte Gorleben und Salzgitter (Schacht Konrad) in Niedersachsen und Morsleben in Sachsen-Anhalt (212. Sit- zung, Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . 21175 D Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 21175 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 21177 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 des Abgeordneten Hans- Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhe- bern und ausübenden Künstlern . . . . . . . . . . . 21177 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . 21178 A Ursula Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 21178 A Marlene Rupprecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 21179 A Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 21179 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21181 A Walter Hirche FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21181 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 21182 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Über- gangsregelung für das neue Führerscheinrecht (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . 21183 A Rita Streb-Hesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21183 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 21183 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21184 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . 21185 B Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 21185 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Auf- hebung der Sanktionen gegen den Irak (Tages- ordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21186 B Christoph Moosbauer SPD . . . . . . . . . . . . . . 21186 B Joachim Hörster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 21187 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21188 B Ulrich Irmer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21189 B Anlage 8 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21190 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 Bundesminister Otto Schily 21171 (C)(A) Berichtigung 212. Sitzung, Seite 21057 (B), 1. Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie beabsichtigen, einen Parlamentsvorbehalt auf der Grundlage des Antrages, der heute Abend von SPD und Grünen vorgelegt worden ist, in Höhe eines Ge- samtvolumens von 8,6 Milliarden Euro aufzuheben.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21173 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 25.01.2002 Behrendt, Wolfgang SPD 25.01.2002* Bierwirth, Petra SPD 25.01.2002 Bindig, Rudolf SPD 25.01.2002* Binding (Heidelberg), SPD 25.01.2002 Lothar Bohl, Friedrich CDU/CSU 25.01.2002 Brandt-Elsweier, SPD 25.01.2002 Anni Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 25.01.2002* Klaus Bury, Hans Martin SPD 25.01.2002 Büttner (Ingolstadt), SPD 25.01.2002 Hans Carstensen CDU/CSU 25.01.2002 (Nordstrand), Peter H. Eich, Ludwig SPD 25.01.2002 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 DIE GRÜNEN Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 Joseph DIE GRÜNEN Fischer (Karlsruhe- CDU/CSU 25.01.2002 Land), Axel E. Friedrich (Altenburg), SPD 25.01.2002 Peter Dr. Friedrich CDU/CSU 25.01.2002 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Mettmann), SPD 25.01.2002 Lilo Gradistanac, Renate SPD 25.01.2002 Griese, Kerstin SPD 25.01.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 25.01.2002 Günther (Duisburg), CDU/CSU 25.01.2002 Horst Dr. Gysi, Gregor PDS 25.01.2002 Hauser (Rednitzhem- CDU/CSU 25.01.2002 bach), Hansgeorg Dr. Haussmann, Helmut FDP 25.01.2002 Heinrich, Ulrich FDP 25.01.2002 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Hornhues, CDU/CSU 25.01.2002 Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 25.01.2002* Imhof, Barbara SPD 25.01.2002 Jäger, Renate SPD 25.01.2002* Klappert, Marianne SPD 25.01.2002 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25.01.2002 Kramme, Anette SPD 25.01.2002 Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Küster, Uwe SPD 25.01.2002 Lamers, Karl CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Lamers CDU/CSU 25.01.2002 (Heidelberg),Karl A. Lehder, Christine SPD 25.01.2002 Leidinger, Robert SPD 25.01.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 25.01.2002* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 25.01.2002* DIE GRÜNEN Lörcher, Christa fraktionslos 25.01.2002* Louven, Julius CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Lucyga, Christine SPD 25.01.2002* Meckel, Markus SPD 25.01.2002 Merten, Ulrike SPD 25.01.2002 Michels, Meinolf CDU/CSU 25.01.2002* Müller (Berlin), PDS 25.01.2002* Manfred Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 DIE GRÜNEN Neumann (Gotha), CDU/CSU 25.01.2002* Gerhard Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 DIE GRÜNEN Nietan, Dietmar SPD 25.01.2002 Ohl, Eckhard SPD 25.01.2002 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Onur, Leyla SPD 25.01.2002* Palis, Kurt SPD 25.01.2002* Polenz, Ruprecht CDU/CSU 25.01.2002 Roos, Gudrun SPD 25.01.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 25.01.2002 Schloten, Dieter SPD 25.01.2002* Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 25.01.2002 Schmidt-Zadel, Regina SPD 25.01.2002 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 25.01.2002 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 25.01.2002 Andreas Dr. Schubert, Mathias SPD 25.01.2002 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 25.01.2002 Schuhmann (Delitzsch), SPD 25.01.2002 Richard Dr. Schwall-Düren, SPD 25.01.2002 Angelica Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 25.01.2002 Christian Seehofer, Horst CDU/CSU 25.01.2002 Simm, Erika SPD 25.01.2002 Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 25.01.2002 DIE GRÜNEN Dr. Freiherr von CDU/CSU 25.01.2002 Stetten, Wolfgang Strebl, Matthäus CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 25.01.2002 Titze-Stecher, Uta SPD 25.01.2002 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 25.01.2002 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 25.01.2002 Zierer, Benno CDU/CSU 25.01.2002* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Bahnpreissystem für Fahrgäste attraktiv gestalten (212. Sitzung, Tagesordnungspunkt 14) Dr. Winfried Wolf (PDS): Die FDP hat vor wenigen Wochen eine kokette Anfrage an die Bundesregierung ge- stellt. Gefragt wird, ob der Termin „Dezember 2002“, an dem das neue Bahnpreissystem in Kraft treten soll, auf Veranlassung der Bundesregierung so gelegt worden sei. Die FDPweist darauf hin, dass die Bahn ursprünglich ge- plant habe, dieses neue System bereits „im Sommer“ 2002 in Kraft treten zu lassen. Immerhin wurde es bereits mehr- mals in den Jahren 2000 und 2001 angekündigt. Die Fragen der FDP sind mehr als berechtigt. Wir pro- phezeien: Das ohnehin bei plus minus Null pendelnde Image der Bahn wird im Dezember 2002 einen neuen schweren Schlag erhalten. Dieses zur Debatte stehende neue Bahnpreissystem wird nicht nur – wie bahnüblich – Chaos produzieren. Es wird vor allem massenhafte Pro- teste und Anlass zur Abwanderung von Hunderttausenden treuen Bahnkundinnen und -kunden geben. In diesem Sinne haben wir rechtzeitig – gut zehn Mo- nate vor In-Kraft-Treten dieses Bahnpreissystems – unse- ren Antrag in den Bundestag eingebracht. Wir leisten in diesem Antrag eine detaillierte Kritik an dem neuen Sys- tem und wir nennen in konzentrierter Form Aspekte, die unserer Ansicht nach die Bausteine eines neuen Bahn- preissystems sein könnten – wenn dieses tatsächlich das Ziel verfolgt, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Nun dürfte hier von der einen und der anderen Seite im Parlament strittig gestellt werden, dass dieses Thema in die Zuständigkeit des Bundestags fällt. Es dürfte argumentiert werden, die Bahn in Gestalt einer privatrechtlichen Akti- engesellschaft – und auf Privatisierungskurs befindlich – könne nicht auf dem Gebiet der Bahntarife im Fernverkehr vom Bund bzw. vom Bundestag kontrolliert werden. Das mag für Detailfragen und Detailreformen zutreffen. Im Fall der vorgesehenen umfassenden Bahnpreisreform sehen wir das jedoch anders. Wir verweisen hier auf § 12 Abs. 3 des Allgemeinen Eisenbahn-Gesetzes (AEG), in dem es heißt: „Die Tarifhoheit liegt beim Bund, soweit es sich um Beförderungsbedingungen einer Eisenbahn des Bundes für ihren Schienenpersonenfernverkehr handelt...“ Wenn der für Verkehr verantwortliche Bundesminister eine derart weitreichende und – wir zeigen: Bahnverkehr zerstörende – Preisreform „durchgehen“ lässt, dann sollten wir als Parlament nicht dieselbe Verantwortungslosigkeit begehen. Daher geben wir Ihnen allen die Chance, diese Tarifreform im Bundestag kritisch zu begleiten und nach Möglichkeit zu korrigieren, wobei dies übrigens durchaus wahlkampfwirksam sein könnte. Immerhin sind Dutzende Millionen Fahrgäste und damit Millionen Wählerinnen und Wähler von diesem Vorhaben direkt betroffen. Wir haben in unserem Antrag detailliert unsere Kritik an diesem Bahnpreissystem vorgetragen. Ich möchte hier nur drei Aspekte anführen: Erstens. Faktisch läuft das System darauf hinaus, dass im Fernverkehr nur diejenigen preiswert – und teilweise durchaus auch preiswerter als heute – Bahn fahren kön- nen, die sieben Tage im Voraus ihre Hin- und Rückfahrt „zug-genau“ buchen. Zu erwarten, ein Massenverkehr könne so funktionieren, ist wirklichkeitsfremd. Es ist kein Zufall, dass die neuen Bahnplaner, die das ersonnen ha- ben, „Lufthansa-Implantate“ sind. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221174 (C) (D) (A) (B) Zweitens. Die beabsichtigte Senkung des Bahncard- rabatts von 50 auf 25 Prozent entwertet diese Karte völlig und verprellt mehr als zwei Millionen Stammkunden der Bahn. Statt einer Mobilitäts-Zugangskarte, was die Bahn- card heute noch ist, wird daraus eine Schnäppchenjäger- Karte. Der entscheidende Effekt, mit dieser Karte eine Stammkundschaft zu binden, wird zerstört. Drittens. Insgesamt gesehen wird das neue Preissystem Bahnfahren teurer machen. Vor allem werden mehr Men- schen von den Teuerungen betroffen sein, als Fahrgäste von den Vergünstigungen profitieren. Die Rechnung ist einfach: Mehr als 50 Prozent der Verkehrsleistungen der Bahn werden im Nahverkehr erbracht. Rund 90 Prozent der Bahnkundinnen und -kunden sind Nahverkehrskun- den. Im Nahverkehr aber sollen die Preise erhöht werden. Nach den Steigerungen, die es bereits Anfang dieses Jah- res zusammen mit der Euroumstellung gab, dürften damit Tarif-Höhen erreicht werden, die die große Preissensibi- lität der Bahnkundschaft gerade in diesem Segment einem „Härtetest“ aussetzen. Das deckt sich mit den internen Daten des Bahnma- nagements. Erwartet wird ein Anstieg der Erlöse, während das Zugangebot und das Platzangebot gerade in den Jahren 2002/2003 nochmals erheblich „zurückgefah- ren“ werden. Nach Adam Riese läuft das auf ein insge- samt gesehen höheres Preisniveau hinaus, zumal eine Steigerung des Personenverkehrs auf Schienen nicht statt- findet; siehe den von uns immer wieder prognostizierten und nun eingetretenen Rückgang des Schienenpersonen- fernverkehrs im letzten Jahr. Die Bahnpreisreform zeigt aus meiner Sicht durchaus eine gewisse Konsequenz. Ich sehe diese in einer „Logik“ – mit der zunehmenden Konzentration der Bahn auf den Hochgeschwindigkeitsverkehr bei gleichzeitigem Abhän- gen ganzer Regionen – siehe ICE-Durchfahrten Hanno- ver/Braunschweig/Wolfsburg bis Berlin-Spandau –, mit der wachsenden Konzentration der DB AG auf den Ge- schäftsreiseverkehr – siehe die geplante Abschaffung der Speisewagen bzw. der „Bordrestaurants“ bei gleichzeiti- gem Angebot des „Caterings“ in der 1. Klasse –, mit der Abschaffung des Interregios und damit dem fortgesetzten Abhängen großer Regionen, touristisch wichtiger Gebiete und großer Städte vom Schienenfernverkehr. Damit aber wird die Bahn umgemodelt von einem Massenverkehrsmittel und einer potenziellen Alternative zu Autoverkehr und Binnenflug in eine elitäre Veranstal- tung für wenige. Sie wird Marktlücken füllen dürfen – un- ter anderem im Interesse der Airlines, die ihre Slots zwi- schen Stuttgart und Frankfurt oder Düsseldorf und Köln besser auslasten können. Einmal abgesehen davon, dass die PDS eine solche Po- litik aus sozialen Gründen ablehnt, spricht gegen diese Politik die schlichte Betriebswirtschaftslehre im Allge- meinen und die betriebswirtschaftliche Kenntnis des Schienenverkehrs im Besonderen. Ich erinnere an die Zei- ten, in denen die Bundesbahn den Intercity-Verkehr als Taktverkehr einführte – als reinen 1.-Klasse-Verkehr. Das war betriebswirtschaftlich ein Desaster. Erst die Verallge- meinerung dieses Modells für beide Klassen brachte ei- nen durchschlagenden Erfolg, unter anderem mit dem Slogan: „Jede Stunde, jede Klasse“. Jetzt soll das Rad der Bahngeschichte zurückgedreht werden. Faktisch orientieren sich mit der Konzentration auf ICE, mit dem Abbau der Bahn in der Fläche und mit dem neuen Bahnpreissystem die Angebote auf eine kleine Klientel. Das heißt aber auch: Im Ergebnis werden wir rote, werden wir tiefrote Zahlen in der DB Bilanz sehen. Wir haben in unserem Antrag konkrete Vorschläge ge- macht, wie eine alternative Bahnpreisreform aussehen könnte. Dass eine Reform erforderlich ist, das sehen wir auch. Doch unsere Vorschläge weisen in die entgegenge- setzte Richtung des mit der Bahnpreisreform des DB-Ma- nagements Vorgesehenen. Unsere Vorschläge sind geeig- net, wirklich massenhaft mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen – unter anderem mit dem Erhalt des bestehenden Bahncardrabatts, mit dem Ausbau dieser Mobilitätskarte und mit der Einführung einer neuen Mobilitätskarte, einer preislich für Millionen Kunden interessanten Netzkarte, analog dem Generalabonnement der Schweizer Bundes- bahnen (SBB). Wir haben uns diese Vorschläge nicht im Wolken- kuckucksheim erdacht. Wir orientieren uns dabei an kon- kreten Erfahrungen – im eigenen Land, zum Beispiel mit der Bahncard, die trotz des ständigen Unterlaufens dieses Rabattsystems dennoch eine ansehnliche Erfolgsstory ist. Und wir orientieren uns an den Erfahrungen, die diesbe- züglich in der Schweiz gemacht wurden, also dort, wo eine staatliche Bahn existiert, wo die Menschen zweieinhalb Mal mehr Kilometer mit der Bahn zurücklegen als hierzu- lande – trotz des erheblich kleineren Landes – und wo das Image der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) an der Spitze der entsprechenden Unternehmensskala liegt. Ich bitte Sie, ich bitte den für Verkehr verantwortlichen Bundesminister und ich bitte das Management der Deut- schen Bahn AG, unsere Kritik ernst zu nehmen und unsere Vorschläge zu prüfen. Anlage 3 Nachträglich zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Ausgleich für die nu- klearen Entsorgungsstandorte Gorleben und Salzgitter (Schacht Konrad) in Niedersachsen und Morsleben in Sachsen-Anhalt (212. Sitzung, Tagesordnungspunkt 11) Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Unser An- trag beinhaltet ein allgemeines Problem. Die Entsorgung von Nuklearabfällen aus Energieerzeugung, medizini- scher Anwendung, Industrie und Forschung steht – wie jede Abfallbeseitigung – auch am Ende einer Wertschöp- fungskette. Ihr Betrieb stellt die gleichen oder sogar noch höhere Anforderungen an die Infrastruktur wie jede an- dere Produktionsstätte. Entsorgungsanlagen unterschei- den sich jedoch dadurch von den auf regelmäßige Ge- winnerzielung abgestellten Produktionsstätten, dass hier nach Beendigung der wirtschaftlichen Nutzung kein Inte- resse an einer Wertschöpfung mehr besteht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21175 (C) (D) (A) (B) Häufig geschieht die Entsorgung in öffentlich-rechtli- chen Einrichtungen, die ohnehin keine Gewinne machen dürfen. Aber auch wenn es sich hier um privatwirtschaft- liche Aufgabenerledigung handelt, werden hier regel- mäßig keine Gewinne erzielt, oft sogar noch Verluste ge- macht. Nach Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer werden von solchen Einrichtungen faktisch keine Steuern mehr bezahlt. Die Standortgemeinden haben aber für diese für die Gesellschaft notwendigen Einrichtungen erhebliche In- frastrukturaufwendungen zu tragen und nicht selten einen Imageverlust zu erleiden. Der damit üblicherweise ver- bundene Ausgleich an Steuern fehlt, weil durch die Ab- läufe und die Stellung am Ende der Wertschöpfungskette diese nicht anfallen. Die eigentliche Wertschöpfung hat nämlich in der Produktionsstufe davor stattgefunden und dort werden auch Gewinne gemacht. Da die Erzeugung von Energie und ihr Verbrauch ebenso wie die Durchführung von Forschung und die Er- bringung von medizinischen Leistungen eine gesamtge- sellschaftliche Aufgabe ist, sind die Folgen auch auf alle umzulegen. Deshalb ist ein besonderer Ausgleichsfaktor für die Entsorgungseinrichtungen und hier namentlich für Entsorgungsstandorte wie Gorleben, Konrad und Morsle- ben erforderlich. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass die Standortwahl für Konrad und Gorleben auf ein- stimmigen Beschlüssen des Bundes und der Länder aus den Jahren 1979, 1981 und 1990 beruht. Damit stehen sowohl SPD als auch CDU, als auch FDP in der Verantwortung. Ursprünglich sind auch entsprechende Entschädi- gungszahlungen geleistet worden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal deutlich machen: Wer – wie die Koalition – aus der Kern- energie aussteigen will, der braucht Entsorgungsstandorte für die Reste der Anlagen. Deshalb ist es völlig unver- ständlich, warum darauf verzichtet wird. Wer, wie die Ko- alition, den Sofortvollzug für Gorleben aufgegeben hat und es auf einen langjährigen Rechtsstreit durch alle ver- waltungsgerichtlichen Instanzen ankommen lässt, ver- größert den Imageschaden. Daher muss der Ausgleich größer ausfallen. Wenn es beim Sofortvollzug geblieben wäre, hätte eine umfangreiche rechtliche Überprüfung im einstweiligen Verfahren mit einem kurzen Lauf stattge- funden und die Stadt Salzgitter wäre nicht so lange in der negativen öffentlichen Diskussion. Insofern hat die Ko- alition den Schaden mutwillig vergrößert. Es geht durch Entschädigungszahlungen nicht darum, die Akzeptanz für die Anlagen zu erhöhen, sondern es geht darum, einen Nachteilsausgleich zu schaffen. Mit dieser Forderung sind wir nicht allein. So hat der SPD- Landtagsabgeordnete Dehde im niedersächsischen Land- tag diese Forderung am 26. Oktober 2001 im Namen sei- ner Fraktion unterstützt. Umweltminister Trittin hat gegenüber dem Landtagsabgeordneten Wojahn im Okto- ber in Gorleben auf einer Veranstaltung erklärt: „Ja, aber die Finanzpolitiker wollen nicht daran“. Auch der nieder- sächsische Finanzminister Heiner Aller (bekanntlich SPD) hat in der Landtagsdebatte vom 26. Oktober 2001 in Hannover deutlich gemacht, dass aus der Region Gorle- ben mit guten Argumenten eine Kompensation für die Sonderlast eingefordert werde. Er ist der Auffassung, dass dieses pauschal oder wie auch immer organisiert abge- golten werden müsse. Dafür streitet die Landesregierung: „Der Umweltminister auf seinen Kanälen, der Finanzmi- nister auf seinen Kanälen und der Innenminister auf sei- nen Kanälen“, so Aller wörtlich in der Debatte. Er betonte noch einmal: „Wir wollen durchsetzen, dass die erkenn- baren Sonderlasten, die aus dem Atomendlager abzuleiten sind, letztlich durch eine Sonderdotierung – dann aber im Bundeshaushalt – abgegolten werden“. Was für Gorleben gilt, muss auch für Konrad gelten. Das kann man auch nicht wie der Kollege Schmidt da- mit aushebeln, dass man vor Ort den Eindruck erweckt, in Konrad werde es keine Einlagerung geben. Der Verweis auf die Ein-Endlager-Strategie zieht nicht. Der von der Koalition selbst eingesetzte Arbeitskreis Auswahlverfah- ren-Endlagerstandorte hat in seinem aktuellen zweiten Zwischenbericht ganz deutlich gemacht, dass die ge- trennte Endlagerung unterschiedlicher Stoffe sinnvoller ist. Wörtlich heißt es im Bericht auf Seite 31: „Die Auf- teilung der radioaktiven Abfälle auf mehrere Endlager könnte vor allem dann Sinn machen, wenn sich gegenüber dem Ein-Endlager-Konzept sicherheitstechnische Vor- teile ergäben, wenn der Nachweis der Langzeitsicherheit der Endlagerung leichter zu führen wäre oder wenn diese Aufteilung die Auswahl eines Standortes mit günstigeren Voraussetzungen für die Endlagerung Wärme entwickeln- der Abfälle durch die zusätzliche Einlagerung der übrigen Abfälle erschwert bzw. einschränkt“. Auf Seite 36 heißt es dann: „... ist die Komplexität des geochemisch geführten Langzeitsicherheitsnachweises signifikant höher als bei strikter Trennung der verschiedenen Abfallarten“. Es wird also deutlich, dass das Ein-Endlager-Konzept aufgegeben wird. Damit wird es zu einer Einlagerung kommen und jegliche andere Äußerung dient der Ablen- kung und will den Bürgern Sand in die Augen streuen. Im so genannten Energiekonsens ist Konrad festgeschrieben. Dort heißt es: „Die zuständigen Behörden schließen das Planfeststellungsverfahren für den Schacht Konrad nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Der Antragsteller nimmt den Antrag auf sofortige Vollziehbarkeit des Plan- feststellungsbeschlusses zurück, um eine gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen.“ Das bedeutet nichts anderes, als dass Konrad festge- schrieben ist. Wer etwas anderes behauptet, streut den Leuten Sand in die Augen oder er hat von vornherein die Energiewirtschaft hinter das Licht geführt. Beide Wahr- heiten vertragen sich nicht. Noch schlimmer wird es dann, wenn man wie der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, im Wahlkreis so tut, als sei man der Vor- kämpfer gegen Konrad, und dann bei der politischen Wil- lensbildung, auf die man ja angeblich als Erster PG einen sehr hohen Einfluss hat, nichts gegen die Festschreibung von Konrad tut. Um seinem Kampf mehr moralisches Ge- wicht zu verleihen, hat er sich dazu verstiegen, vor einer Gewerkschaftsversammlung zu erklären, dass er alle poli- tischen Ämter niederlegen würde, wenn die erste Tonne im Schacht eingelagert wird. Sein Parteigenosse Bosse kom- mentierte wie folgt: „Seinen Parteigenossen Wilhelm Schmidt finde er in dieser Beziehung einfach nur lächer- lich“. Recht hat er. Wenn ein Politiker sein eigenes persön- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221176 (C) (D) (A) (B) liches Schicksal mit einer Frage verbindet, dann kann dies nur an einer politischen Entscheidung anknüpfen und dort festgemacht werden, nicht aber an einem faktischen Vor- gang, der außerhalb der Einflusssphäre der Politiker liegt. Es gibt zwei politische Anknüpfungspunkte, die hätten gewählt werden können und müssen, wenn die Forderung hätte glaubwürdig sein sollen: Zum einen die Frage des Energiekonsenses; diese Frage hat Wilhelm Schmidt ohne Widerstand ziehen lassen. Es gibt jetzt noch eine andere Möglichkeit der politischen Entscheidung: Der Bund als wirtschaftlicher Quasi-Eigentümer der DBE, der Antrag- stellerin auf das Planfeststellungsverfahren, könnte seine eigene Firma veranlassen, den Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen. Das wäre eine politische Entscheidung, die auf rechtstaatliche Art und Weise die Einlagerung ver- hindern würde. Aber hierzu habe ich noch keine einzige Forderung von Wilhelm Schmidt gehört. Stattdessen wählt er den Zeitpunkt der ersten Einlagerung, weil er sich sicher sein kann, dass durch sechs- bis achtjährige Pro- zesse die erste Tonne eingelagert wird, wenn er schon längst im politischen Ruhestand ist. Erste Absetzbewe- gungen hat er ja schon gemacht, indem er sich an die Spitze des Sportbundes bewerben wollte. Wer eine solche völlig unverbindliche und risikolose Versprechung macht, macht sich als Politiker lächerlich. Aber auch wenn es um die Forderung geht, wenigstens die materiellen Nachteile auszugleichen, stellt er sich nicht hinter die Interessen seines Wahlkreises. Er stimmt dagegen, dass Salzgitter für Konrad wenigstens dann ei- nen Ausgleich erhält, wenn sich die Einlagerung schon nicht vermeiden lässt. Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU): Die Debatte über den Antrag der CDU/CSU sollte unbeschadet der politischen Unterschiede in der Beurteilung der Kernenergie geführt werden. In der Verantwortung für die nuklearen Entsor- gungsstandorte in Deutschland stehen alle Fraktionen des Bundestages. Insbesondere die Standorte in Niedersach- sen sind unter der Verantwortung von SPD, FDP und CDU/CSU geplant und bestimmt worden. Wenn wir heute gerade über den Standort Gorleben spre- chen, dann vor allem, weil sich hier nach wie vor die kon- troverse Diskussion über die Kernenergie öffentlich doku- mentiert. Es wird deutlich, welche Lasten, nicht etwa nur im materiellen Sinne, eine Standortregion zu tragen hat. Die Debatte hat insofern meines Erachtens zwei Aspekte: Erstens. Nachdem die Bundesregierung mit den Be- treibern der Kraftwerke einen Vertrag über den so ge- nannten Ausstieg geschlossen hat, steht sie in der Pflicht, sich auch für eine Befriedung vor Ort einzusetzen. Ich wiederhole hier meine Forderung nach einem Mediati- onsverfahren zur Beilegung der Konflikte. Die Begleit- umstände der Castortransporte sind eine besondere Belastung vor Ort. Sprüche wie die der SPD-Landesvor- sitzenden von Baden-Württemberg, Ute Vogt, „Der Dreck muss ja irgendwohin“, sind da wenig hilfreich. Diejeni- gen, die gestern noch von unverantwortlichen Gefahren geredet haben, weil es der Union schaden sollte, behaup- ten heute, es sei alles sicher. Sie, insbesondere der Bun- deskanzler und der Bundesumweltminister sind deswegen in einer besonderen Pflicht. Zweitens. Die Wiederaufnahme der materiellen Unter- stützung sollte deutlich machen, dass der Bund seiner be- sonderen Verantwortung gerecht wird. Historisch gesehen war es von Anfang an so, dass Bund, Land und Gemein- den bis 1996 unterschiedliche Vereinbarungen hatten, die auch auf dem Hintergrund des Art. 106 GG einen finanzi- ellen Ausgleich für das Land Niedersachsen und die kom- munalen Gebietskörperschaften geschaffen haben. Dies hatte viele Vorteile für die Menschen vor Ort. Noch der letzte Vertrag für die Zeit von 1990 bis 1996 hat jährlich 15 Millionen DM als Ausgleich festgelegt. Nur eine Ver- änderung im Kreistag von Lüchow-Dannenberg hin zu Rot-Grün, die die Zahlungen abgelehnt hat, verhinderte eine Fortführung nach 1996. Selbst der heutige Bundes- kanzler hat dies für einen Fehler gehalten und ausdrück- lich Ausgleichsansprüche anerkannt. Dies ist auch das Er- gebnis eines Gutachtens, was die SPD-Landesregierung hat anfertigen lassen. In der Zwischenzeit hat sich die Position des Kreista- ges geändert. Mit großer Mehrheit wird ein Entwick- lungsfonds gefordert. Die Bundesregierung hat alle An- fragen und Wünsche abschlägig beschieden. Es ist an der Zeit, diese Position zu ändern. Der Bundesumweltminis- ter scheint dazu bereit zu sein. Bei seinem Besuch vor Ort am 18. Oktober erklärte er: „Es gilt nun, die wirtschaftli- che Prosperität des Landkreises nachhaltig zu sichern. Alle Bemühungen dazu werde ich unterstützen.“ Herr Trittin und die Grünen können also unseren Antrag unterstützen. Das gilt, denke ich, für die SPD. Als Ministerpräsident hat Gerhard Schröder die Forderung für richtig gehalten. Was sollte ihn jetzt daran hindern, den Worten Taten folgen zu lassen? Der niedersächsische Finanzminister Aller (SPD) hat am 26. Oktober 2001 im Landtag erklärt – ich zitiere –: „Sie (die Debatte) hat deutlich gemacht, dass aus der Re- gion Gorleben mit guten Argumenten eine Kompensation der Sonderlasten eingefordert wird“, und an anderer Stelle: „Wir wollen durchsetzen, dass die Sonderlasten ... letztlich durch eine Sonderdotierung – dann aber im Bundeshaus- halt – abgegolten werden“. Ich kann dem nur zustimmen und bitte Sie um Ihre Un- terstützung zu unserem Antrag. Anlage 4 Erklärung nach § 31 des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frank- furt) (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künst- lern Trotz mancher Verbesserungen im Laufe der Aus- schussberatungen sehe ich mich außerstande, diesem Ge- setzentwurf meine Zustimmung zu erteilen. Insbesondere aus folgenden Gründen habe ich in Abweichung von mei- ner Fraktion mit Nein gestimmt: Erstens. Der gesetzliche Anspruch auf eine „angemes- sene“ Vergütung in § 32 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs ist ein Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21177 (C) (D) (A) (B) ordnungspolitischer Sündenfall. Er durchlöchert das ver- fassungsrechtlich gebotene Prinzip der Vertragsautono- mie und wird voraussichtlich zahlreiche Rechtsstreite provozieren. Er gefährdet daher die Rechts- und Investi- tionssicherheit und belastet den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zweitens. Angesichts der hohen wirtschaftlichen und ordnungspolitischen Bedeutung dieses Reformvorhabens halte ich das von den Koalitionsfraktionen durchgesetzte Verfahren in den beteiligten Ausschüssen für völlig inak- zeptabel. Der mitbeteiligte Ausschuss für Kultur und Me- dien beispielsweise hat sich mit dem Gesetzentwurf in der nunmehr dem Plenum vorliegenden Fassung nie beschäf- tigen können. Der federführende Rechtsausschuss hat die letzten Änderungen erst als Tischvorlage unmittelbar vor der abschließenden Sitzung am 23. Januar 2002 erhalten, sodass eine Rückkopplung mit den Fraktionen praktisch ausgeschlossen war. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nachhaltige Was- serwirtschaft in Deutschland (Tagesordnungs- punkt 22) Ursula Burchardt (SPD): Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass nach Strom, Gas, Telekommunikation bald auch die Marktöffnung bei der Wasserversorgung anstehe. Um es gleich zu Beginn klar und deutlich zu sagen: Die- ses Gerücht entbehrt jeder Grundlage! Eine Liberalisie- rung der deutschen Wasserwirtschaft wird es mit dieser Koalition nicht geben! Wasser ist für uns kein Wirtschaftsgut wie jedes andere, sondern ein Erbe, das einen nachhaltigen, das heißt: spar- samen, pfleglichen und vorsorgenden Umgang verlangt, gerade auch im Hinblick auf kommende Generationen. Eine Wasserwirtschaft, die das Attribut „nachhaltig“ verdient, muss hohe Trinkwasserqualität gewährleisten, flächendeckende Versorgung sicherstellen und sie muss wirtschaftlich effizient und international wettbewerbs- fähig sein. Natürlich geht es bei der Wasserversorgung auch ums Geschäft. Die Weltbank schätzt den Investitionsbedarf bis Ende des Jahrzehnts auf mehrere 100 Milliarden Euro weltweit. Bislang teilen sich dieses Geschäft einige we- nige Großversorger aus Frankreich und England, RWE und Eon schließen auf. Aber das ist beileibe nicht d i e deutsche Wasserwirt- schaft. Die besteht vielmehr aus einer enormen Fülle von Unternehmen: Ver- und Entsorgern, Anlagenbauern, Zu- lieferern, Ingenieurbüros und anderen Dienstleistern und natürlich einer Vielzahl von kommunalen Betrieben. De- ren Spitzen-Know-how und spezifische Erfahrungen im Management dezentraler, föderal organisierter Versor- gungsstrukturen sind ein Wettbewerbsvorteil, der bislang noch viel zu wenig zur Geltung kommt. Die Unternehmen der deutschen Wasserwirtschaft ga- rantieren seit Jahrzehnten eine konkurrenzlos gute Was- serqualität und sichere Versorgung zu angemessenen Prei- sen. Das muss hier ausdrücklich festgestellt werden. Gleichwohl sehen wir auch in der heimischen Versorgung noch Spielräume für mehr Wirtschaftlichkeit und Effizi- enz. Das alles aber bedeutet nicht, dass man das Kind mit dem Bade ausschütten sollte. Modernisierung braucht keine Liberalisierung! Mit unserem Antrag liefern wir das Handlungskonzept, wie die deutsche Wasserwirtschaft national und internatio- nal besser aufzustellen ist, ohne bewährte Strukturen zu zerstören. Dieser Antrag ist das Ergebnis eines fast zwei- jährigen Beratungsprozesses. Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen intensiven und kontinuierlichen Dialog mit den unterschiedlichen Akteuren geführt. Wir haben eine Kon- ferenz mit über 250 Fachleuten organisiert. Wir haben mit Ländern und Kommunalvertretern, Verbänden, Umwelt- gruppen und Unternehmen diskutiert. Und wir haben – in enger Abstimmung mit unseren Kollegen im Europäischen Parlament – direkte Gespräche mit den EU-Generaldirek- tionen Wettbewerb, Binnenmarkt und Umwelt geführt. Unsere Schlussfolgerung: Die deutsche Wasserwirt- schaft braucht Modernisierung; ein Opfer blindwütiger Deregulierungsideologie darf sie aber unter keinen Um- ständen werden! Wir zeigen in unserem Antrag auf, in wessen Verant- wortung welche Maßnahmen auf den Weg gebracht wer- den müssen, um eine nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland zu garantieren. Mehr betriebswirtschaftliche Effizienz zu erreichen ist in erster Linie Sache der Unter- nehmen selbst. Leistungsvergleiche zwischen den Anbie- tern – neudeutsch Benchmarking – können dazu beitra- gen, dass Unternehmen voneinander lernen und dass sich die effektivsten Verfahren durchsetzen. Kooperationen zwischen benachbarten Versorgungs- gebieten können zu erheblichen Synergieeffekten führen. Das Gleiche gilt für die engere Verzahnung von Ver- und Entsorgung. Wir regen an, sorgfältig zu prüfen, inwieweit diese Verzahnung durch einen gemeinsamen ermäßigten Umsatzsteuersatz für Ver- und Entsorgung vorangebracht werden kann. Deutsche Unternehmen müssen mehr Präsenz auf aus- ländischen Märkten zeigen. Hier kann der Bund helfen. Exportförderung ist weniger eine Frage des Geldes. Un- sere Auslandsvertretungen dürfen hier durchaus offensi- ver werden und auch als Exportagenturen agieren. Besonders wichtig sind auch in diesem Wirtschafts- zweig Ausbildung und Qualifikation. Die Ausbildung muss internationaler werden. Der Technologietransfer über Köpfe – zum Beispiel durch studentische Aus- tauschprogramme für Ingenieure – ist ausbaufähig. Mehr noch als dies ohnehin schon geschieht, sind die Entwick- lung und der Transfer von Technologien und Lösungs- strategien zu fördern, die auf die schwierigen Bedin- gungen in Entwicklungs- und Schwellenländern zuge- schnitten sind. Dort liegen die Hauptchancen für die deut- sche Wasserwirtschaft. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221178 (C) (D) (A) (B) Das sind – in wenigen Stichworten – die entscheiden- den Fragen, auf die sich die Akteure konzentrieren sollten, anstatt im Trüben zu fischen und sich über Reißbrett-Ent- würfe den Kopf zu zerbrechen. Es gibt keinen rationalen Grund, die Strukturen der deutschen Wasserwirtschaft – etwa durch eine Änderung des Kartellrechts – in ihren Grundlagen zu zerschlagen. Der Bundeswirtschaftsminis- ter hat hierzu ein Gutachten in Auftrag gegeben, um Klar- heit zu bekommen, was eine Liberalisierung bringen würde und ob und wie sie zu gestalten wäre. Es ist sehr zu begrüßen, dass das Ministerium dabei von Anfang an die offene Diskussion mit der Fachwelt gesucht und zu einem Dialog mit den Gutachtern eingeladen hat. Dabei ist sehr deutlich geworden: Die reine akademische Lehre ordoliberaler Professoren wird der Wirklichkeit nicht gerecht und hinterlässt mehr Fragen als Antworten. Unser Fazit aus dem Gutachten: Eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft wäre ein ordnungspolitisches Groß- experiment mit zweifelhaftem wirtschaftlichen Nutzen auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen auf Modernisierung, nicht auf Liberalisierung. Nicht Deregu- lierung ist gefragt, sondern Reregulierung. Und weil die Wasserver- und -entsorgung ein so sensibler und komple- xer Bereich ist, der sowohl ökologische wie auch gesund- heitliche, soziale und wirtschaftliche Fragen berührt, ra- ten wir dringend, dies zu einem Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu machen. Marlene Rupprecht (SPD):Wer in den letzten Tagen die Nachrichten über den Vulkanausbruch in der Republik Kongo verfolgt hat, dem wurde klar, dass für die betrof- fenen Menschen die Versorgung mit Trinkwasser das zen- trale Problem ist. Nun können Sie sagen: Was geht mich die Wasserversorgung in Afrika an und was hat das mit dem vorliegenden Antrag zu tun? Lassen Sie mich einfach einige Zahlen und Fakten in Erinnerung rufen. 97 Prozent der Wasservorräte sind Salzwasser auf die- sem Planeten. 2 Prozent des Süßwassers ist in Gletschern und Polarkappen gebunden. Nur 1 Prozent ist verfügbares Süßwasser. 65 Prozent des globalen Süßwassers werden für die Landwirtschaft verbraucht. Das Volumen dieses im hydrologischen Kreislauf verfügbaren Wassers beträgt rund 500 000 Kubikkilometer. Normalerweise wäre diese Menge für die gesamte Menschheit ausreichend. Jedoch ist diese Ressource höchst ungleichmäßig verteilt. 2 Mil- liarden Menschen, vor allem in Afrika und Nahost, haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Nur rund 5 Pro- zent der Abwässer werden gereinigt. Etwa 250 Millionen Menschen erkranken durch verunreinigtes Trinkwasser und rund 5 Millionen sterben an den Folgen. Ein Drittel der Weltbevölkerung wird in den nächsten 25 Jahren von ernsthafter Wasserknappheit bedroht sein. 17 Staaten müssen mit absolutem Wassermangel rechnen. Die nächsten Kriege werden nicht um Gold und Erdöl, sondern um Trinkwasser geführt werden. Es geht also den Gruppierungen, die in Deutschland und Europa der Libe- ralisierung das Wort reden, darum, rechtzeitig Schlüssel- positionen im globalen und nationalen Wassermarkt zu besetzen. Hier ist viel Geld zu verdienen. Ich will an dieser Stelle nicht weiter auf die Wasser- versorgung aus globaler Sicht eingehen. Dazu haben wir einen gesonderten Antrag in den Bundestag eingebracht. Wer sind die großen Befürworter der Liberalisierung der Trinkwasserversorgung? Es sind häufig Unterneh- men, die bereits in liberalisierten Bereichen der Daseins- vorsorge wie Strom, Gas etc. tätig sind. – Sie stellen fest, dass die treuesten Kunden die Wasserverbraucher sind. Ihre Überlegung, nun die Wasserversorgung in ihr Ange- bot aufzunehmen, das sichere ihnen feste Kunden auch für den Strommarkt, ist betriebswirtschaftlich nachzuvollzie- hen. Aber ist die Trinkwasserversorgung wirklich nur unter einem rein betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen- Denken zu beurteilen oder muss vielmehr ein Bewer- tungsverfahren mit vielen Kriterien angewandt werden? Wir haben meiner Ansicht nach ökologische und ge- sundheitliche Aspekte mit der Verpflichtung zum Arten- schutz und zur Minimierung der Schadstoffe in den Ge- wässern zu berücksichtigen. Im Übrigen sind wir durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, dies bis 2015 umzusetzen. Und wir müssen den sozialen Aspekt, das heißt Zugang zu Wasser für alle und gerechte Gestaltung des Wasserpreises bei der Bewertung einfließen lassen. Wasser- und Abwasserfachleute der Weltbank stellten nach einer Bereisung im Oktober 1998 fest, dass wir welt- weit die besten Trinkwassernormen und Qualitäten vor- zuweisen hätten. Sie bemängelten aber unsere Preise. Lo- gisch ist es also, Bereiche mit Reformbedarf neu zu strukturieren und nicht die Bereiche abzubauen, in denen wir weltweit im Wettbewerb führend sind. Kollegin Burchardt zeigte Ihnen bereits die Handlungsfelder auf, in denen wir Politiker und die deutsche Wasserwirtschaft tätig werden müssen. Ich brauche dies deshalb nicht zu wiederholen. Es ist Wachsamkeit auf nationaler und europäischer Ebene angesagt. Der Erfindungsreichtum, das Herzstück kommunaler Daseinsvorsorge, die Trinkwasserversor- gung zu liberalisieren, ist nicht zu unterschätzen. Zurzeit wird ein Konzessionsmodell wie in Frankreich favori- siert. Vordergründig bleibt hier die Versorgungshoheit bei der Kommune, in Wirklichkeit haben etwa drei große Un- ternehmen, die auch weltweit agieren, den Markt fest in der Hand. So stellen sich Bürgerinnen und Bürger demo- kratische Teilhabe nicht vor. Da der Mensch ohne sauberes Trinkwasser nicht leben kann, darf Wasser nicht zum handelbaren Gut werden. Max Straubinger (CDU/CSU): Wasser ist und bleibt Lebensmittel Nummer 1 und bedarf daher besonderer Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich der Trinkwasserqualität sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Die deutsche Wasserversorgung nimmt bekannter- maßen weltweit eine Spitzenstellung ein, was an der bis- lang hohen Versorgungssicherheit, an der Zahl von Was- serschutzgebieten, der hervorragenden Qualität sowie der ökologischen Wasserversorgung abzulesen ist. Das Ziel einer verantwortungsvollen Politik ist es, dass eine bestmögliche Wasserqualität zu kostendeckenden, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21179 (C) (D) (A) (B) aber sozial verträglichen Preisen erreicht wird – und das nicht nur in den Ballungsräumen, sondern auch im ländli- chen Raum. Bayern nimmt dabei mit rund zwei Drittel des gewonnenen Wassers, das ohne jede Aufbereitung und Desinfektion an den Verbraucher abgegeben werden kann, und einem bundesweit unschlagbaren Wasserpreis eine herausragende Rolle ein. Nun gibt es seit einiger Zeit seitens der EU Bestrebun- gen, den Wassermarkt zu liberalisieren. Die Diskussion darüber hat jedoch sowohl Bürger als auch Gemeinden verunsichert. Darüber hinaus lähmt sie notwendige Inves- titions- und Organisationsentscheidungen der Wasserver- sorgungsunternehmen. Auf Drängen der CDU/CSU-Europagruppe, der CSU- Landesgruppe und der Bayerischen Staatsregierung konn- ten die zunächst sehr weit reichenden Liberalisierungs- forderungen entschärft werden. Denn in seinem Entschließungsantrag vom 13. November 2001 hat das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten der EU nun lediglich aufgefordert, einerseits „... zu prüfen, ob die Öff- nung der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung für private Unternehmen zu einer Verbesserung der Ar- beitsweise dieser Einrichtungen beitragen würde“, ande- rerseits wirtschaftliche Gesichtspunkte zu fördern und zu prüfen, ob die schon bestehenden Privatisierungen bereits zu einer Verbesserung der Arbeitsweise der betreffenden Einrichtungen der Wasserwirtschaft beigetragen haben. Die Bundesregierung hatte die Anregungen zur Libe- ralisierung durch Bundeswirtschaftsminister Müller auf- gegriffen und ein Gutachten in Auftrag gegeben, das prü- fen sollte, wie der deutsche Wassermarkt liberalisiert werden könnte. Darin wurden die Streichung des Ge- bietsmonopols, die Abschaffung der Konzessionsabgaben sowie flankierende Maßnahmen zur Herstellung eines freien Marktes, zum Beispiel durch einen Zwang zur öf- fentlichen Ausschreibung von Wasserversorgungsdienst- leistern, als mögliche Maßnahmen genannt. Angesichts des erreichten hohen Standards der Was- serwirtschaft in Deutschland und des angestrebten euro- päischen Gleichschritts gibt es allerdings nach Meinung der Union keine Notwendigkeit, hierzulande besonders übereifrig zu agieren. Das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten berücksichtigt überdies nicht hinreichend die Sorgen um unser Trinkwasser, ins- besondere hinsichtlich seiner Qualität, was aus den zahl- reichen Stellungnahmen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, der Umwelt- und Fachverbände und vieler Bür- ger hervorgeht. Zudem ist noch unklar, ob und wie weit das Bundeswirtschaftsministerium künftig die Liberalisie- rungsideen im Wassermarkt weiter verfolgt. Es scheint – das zeigt auch der vorliegende Antrag von SPD- und Bündnis 90/Die Grünen-Abgeordneten „Nachhaltige Was- serwirtschaft in Deutschland“ –, dass sich auch im Regie- rungslager ein deutlicher Widerstand gegen allzu weit rei- chende Liberalisierungstendenzen auf diesem Gebiet regt. Zumindest für die laufende Legislaturperiode sind vorerst keine weiteren Schritte zu erwarten. Eine verstärkte Konkurrenz durch die im Gutachten geforderte Öffnung der bislang geschlossenen Versor- gungsgebiete über Durchleitungsrechte, Stichleitungen und Fremdeinspeisungen in Leitungsnetze sowie die Pflicht zur Ausschreibung der Versorgungsaufgabe in ab- gegrenzten Gebieten ist mit Blick auf die berechtigten Sorgen um die Trinkwasserqualität abzulehnen. Ich for- dere die Bundesregierung zu einem klaren Bekenntnis für die kommunale Trägerschaft der Wasserversorgung unter Beibehaltung des bestehenden Kartellrechts sowie zur entschiedenen und sofortigen Aufgabe ihrer zögerlichen Haltung auf, um die Verunsicherung in der Bevölkerung schnell zu beenden. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang eine Aus- höhlung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden zu befürchten. Ein vollständiger und endgül- tiger Rückzug der Gemeinde aus der kommunalen Pflichtaufgabe „Wasserversorgung“ ist mit uns nicht er- reichbar. Das heißt, eine völlige Öffnung des Marktes kann angesichts der Bedeutung, gerade in gesundheitli- cher Hinsicht, nicht das Ziel einer vernünftigen Politik sein. Hingegen unterstützt die Union sinnvolle Privatisie- rungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet, wie sie unter an- derem in Bayern, Hessen und Westfalen im Hinblick auf die Ausnutzung von Synergieeffekten genutzt werden. In Bayern nehmen in diesem Zusammenhang zahlrei- che Wasserversorger an einem bayernweiten Unterneh- mensvergleich mit Kennzahlensystem und Benchmarking teil und zeigen damit, dass sie keinen Vergleich zu scheuen brauchen und alle Möglichkeiten zur Effizienz- steigerung nutzen. Unter den eben genannten sinnvollen Kooperations- möglichkeiten verstehe ich die Zusammenarbeit mit pri- vaten Partnern nur dann, wenn diese fachkundig, leis- tungsfähig und vertrauenswürdig sind. Eine sorgfältige Vertragsgestaltung ist dabei unabdingbar. Die Entschei- dung darüber – das möchte ich an dieser Stelle noch ein- mal ausdrücklich betonen – soll allein bei den Kommunen bzw. den betroffenen Bürgern bleiben. Die Gefahren bei einer grundlegenden Änderung der bestehenden Situation in Richtung Liberalisierung liegen auf der Hand. Ich will an dieser Stelle schlagwortartig die wesentlichen Gefahren und Risiken nennen: die bereits angesprochene Schwächung der kommunalen Selbstver- waltung, die Verringerung des Einflusses der Bürger und der Gemeinden auf „ihre“ Wasserversorgung, die Er- höhung des staatlichen Regulierungsbedarfes und damit des Verwaltungsaufwandes, der Rückgang ortsnaher Versorgungen und Schwächung des Regionalitätsprinzips und schließlich technische und rechtliche Probleme in den Leitungsnetzen bei Mitbenutzung und Durchleitung durch Dritte. Darüber hinaus haben die Erfahrungen im europä- ischen Ausland, gerade in Frankreich und Großbritannien, gezeigt, dass der Zwang zur Ausschreibung aus Versor- gungsmonopolen Konzernmonopole und daher keinerlei Preisstabilität mit sich brachte sowie zu Qualitätsminde- rung und Verlust des ökologischen Standards geführt hat. Es ist auch keine wesentliche Kostensenkung durch pri- vate Anbieter zu erwarten, da der Wasserpreis einen ho- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221180 (C) (D) (A) (B) hen Fixkostenanteil enthält. Von daher ist zu befürchten, dass nach kurzer Zeit die Preise sogar steigen werden. Insgesamt wäre mit der Liberalisierung die Zerschla- gung einer grundsätzlich bewährten Struktur – wenn es nach dem von Bundeswirtschaftsminister Müller in Auf- trag gegebenen Gutachten geht – zwangsläufig über kurz oder lang zu befürchten gewesen. Die freie Wahl der Un- ternehmensform durch die demokratisch gewählten Ver- treter der Kommunen ist der richtige Weg. Deshalb wen- den wir uns gegen jegliche Liberalisierungsbestrebungen auf dem Wassermarkt. Wir begrüßen und unterstützen aber die Modernisierungsschritte der Kommunen, damit eine hochwertige Trinkwasserversorgung mit günstigen Wasserpreisen dauerhaft zur Verfügung steht. Der vorliegende Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen weist in die richtige Richtung. Es bleibt zu hoffen, dass die darin enthaltenen Forderungen und die Hinweise auf die genannten Gefahren einer Liberalisierung auch im Bundeswirtschaftsministerium nachhaltig ernst genom- men werden. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Panta rhei“ sprach Heraklit und meinte damit mehr die Änderlichkeit der Zeitläufte als die deutsche Wasserwirt- schaft. Aber auch dort ist – nicht nur buchstäblich – alles im Fließen. Selbst die gewachsenen, bewährten Struktu- ren kommunaler Verantwortung werden immer stärker in- frage gestellt: kein bedeutender Wasserkongress in den letzten Jahren ohne eine breite Diskussion über Privati- sierung und Liberalisierung. Ursächlich dafür ist die Globalisierung der Wasseröko- nomien dieser Welt. Kapital sucht Beschäftigung und möchte rentabel wirtschaften. So fiel der Blick der Unter- nehmensstrategen – vor allem der Energiekonzerne – vor Jahren auf die Trinkwasserversorger. Einige wie der RWE-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt sprechen ge- radezu vom „Öl des 21. Jahrhunderts mit zuverlässig sta- bilen und hohen Erträgen“. Zeitgleich sorgte die Globali- sierung dafür, dass sich die deutsche Wasserwirtschaft mittlerweile einem internationalen Wettbewerb stellen muss: konkret in Europa bereits mit Unternehmen aus Frankreich oder England, deren Märkte entweder voll li- beralisiert oder privatisiert sind. Aber nebenbei: Was ist das für eine Liberalisierung, die den Markteintritt deutscher Unternehmen in den französi- schen Markt verhindert? Und was bleibt vom Entmonopo- lisierungsargument der Liberalisierer, wenn aus öffentlich- rechtlichen Monopolen private werden? Aber: Wasser ist anders. Es ist nicht nur Handelsgut, es ist vor allem ein es- senzielles Grundnahrungsmittel und als Grund- und Ober- flächenwasser gar die Lebensgrundlage schlechthin. Was- ser ist nicht gleich Strom oder Telekommunikation. Es ist nicht unbegrenzt misch- und haltbar. Wir wollen nicht die chemisch aufbereitete Einheitsbrühe, sondern frisches, le- bendiges Trinkwasser, möglichst regional gefördert und vermarktet. Wir wollen nicht in die Hochzeit der Wasser- chlorierung der 60er- und 70er-Jahre zurück. Wettbewerb um das Wasser und seine Kunden wird im- mer zulasten der Verbraucher, der Umwelt und langfristig auch der Trinkwasserqualität gehen. Gewachsene und be- währte Strukturen unserer Versorgung wären gefährdet. Wir schließen uns daher den Beschlüssen der Umwelt- und Innenministerkonferenzen der Bundesländer an, De- regulierung und Liberalisierung der Wasserwirtschaft zu unterbinden und den kartellrechtlichen Ausnahmetatbe- stand für Wasser auch weiterhin zu erhalten. Es geht uns also darum, die von Habermas als „Groß- metapher“ bezeichnete Globalisierung für alle deutlich sichtbar in seine alltäglichen Folgen für Verbraucher und Umwelt zu zerlegen: steigende Preise, sinkende Qualität und geringerer Schutz von Umwelt und Natur. Wir haben nicht vor, rauhen Putz in der Idylle zu machen. Vielmehr gilt: Die Idylle der deutschen Wasserwirtschaft besteht doch schon längst nicht mehr. Andauernd wird sie durch die Androhung der Liberalisierung des letzten, natürli- chen Monopols unserer Volkswirtschaft bedroht. Dies lähmt Politik und Unternehmen gleichermaßen. Dabei hat selbst das vom Wirtschaftsminister in Auftrag gegebene, so genannte „Ewers-Gutachten“ mehr Argumente gegen als für den hemmungslosen Wettbewerb um das Trink- wasser geliefert. Auch beim so genannten „Langen-Bericht“ des Euro- päischen Parlaments wurde nach dem ersten – liberalisie- rungsfreundlichen – Entwurf kräftig zurückgerudert. Hier zog Vernunft ein: Das Europäische Parlament stellt heute fest, dass eine vollständige Liberalisierung keine ange- messene Perspektive für die Daseinsvorsorge ist. Es er- kennt an, dass die Liberalisierung auch gravierende, ne- gative Auswirkungen für Verbraucher und Umwelt haben kann. Wir brauchen deshalb – das ist das Ziel unseres An- trags – ein starkes Signal in Richtung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Dieses zukunftsfähige Leitbild umfasst erstens eine vorsorgende Gewässerschutzpolitik. Zu Recht hat gerade Ihr ehemaliger Umweltminister Klaus Töpfer die Einführung des Vorsorgeprinzips als „Königs- weg der Umweltpolitik“ gefeiert. Doch wer sollte bei ei- nem grenzenlosen Wettbewerb noch auf Gemeinnutz und Umweltschutz achten? Zweitens brauchen wir auch weiterhin sozialverträgli- che Gebühren und Tarife und drittens wollen wir eine sta- bile und leistungsfähige Wasserwirtschaft: Wir wollen den Zusammenschluss von Wasser- und Abwasserbetrie- ben sowie die Schaffung größerer, auch international handlungsfähiger Betriebseinheiten fördern. Wir wollen eine Modernisierung der Wasserwirtschaft durch mehr re- gionale Kooperation. Doch wäre das alles nichts – würden wir nicht den Ge- bietsschutz für die Wasserversorgung beibehalten. Das unverantwortliche Gerede von der Liberalisierung muss ein Ende haben. Walter Hirche (FDP): Versorgungsmonopole bedür- fen einer besonderen Rechtfertigung. Wettbewerbliche Strukturen sind in aller Regel geeigneter und verbrau- cherfreundlicher. Diese beiden Feststellungen finden so allgemein breite Zustimmung. Auch der vorliegende An- trag der Regierungsfraktionen benennt diesen Gedanken Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21181 (C) (D) (A) (B) als Ausgangspunkt, allerdings nur, um für den Bereich der Wasserversorgung seine Geltung zu verneinen. Unbestritten ist: Wasser ist ein besonderes Lebensmit- tel. Wir sind uns deshalb auch in der Aufgabe einig: Die Versorgung mit Wasser bestmöglicher Qualität, verbun- den mit der Beachtung aller Umweltschutz-Notwendig- keiten, ist ein Bereich der Daseinsvorsorge und damit ein Bereich, auf den der Staat besonderes Augenmerk richten muss. Das ist aber noch lange kein Argument für die Auf- rechterhaltung kommunaler Monopole. Genau darauf aber setzt der Antrag der Regierungsfraktionen. Diese durchsichtige Absicht ist zugleich seine fundamentale Schwäche. Denn mit einem solchen Ansatzpunkt könnte man auch die Versorgung mit Brot zum kommunalen Mo- nopol machen! Monopole dieser Art sind der Traum kommunaler Kämmerer, denn sie eröffnen die Möglichkeit für Quer- subventionen. Auf diese Weise die Kommunalfinanzen zu stützen ist aber der falsche Weg. Der richtige Weg ist eine bessere Wirtschafts- und Finanzpolitik, die zu weniger Arbeitslosigkeit führt und damit die kommunale Finanz- lage bessert. Es geht um eine sichere Wasserversorgung, verbunden mit der Sicherung der Qualität des Lebensmittels Wasser und der Aufrechterhaltung von Zielen des Umwelt- und Gewässerschutzes. Gleichzeitig geht es aber auch darum, die Möglichkeiten zu nutzen, auch in diesem Bereich den Wettbewerb zu stärken und damit zu Kostensenkungen für den Verbraucher ohne Qualitätsverlust zu kommen. Es kommt nicht darauf an, dass der Staat diese Aufgabe selbst durchführt, es kommt darauf an, dass er klare Re- geln setzt und für deren Einhaltung sorgt. Die Qualitäts- kontrolle ist Aufgabe des Staates. Die Bereitstellung und Organisation dagegen ist bei Qualitätssicherung ebenso gut privat organisierbar – das beweisen unsere Nachbar- staaten. Allerdings ist dazu eines dringend notwendig: Wir brauchen die steuerliche Gleichbehandlung von Kommunalen und Privaten – im Bereich der Wasserver- sorgung ebenso wie bei der Abwasserentsorgung. Wir stimmen der in dem Antrag vertretenen Auffas- sung zu, dass es erheblichen Modernisierungsbedarf in der Wasserwirtschaft gibt und dass die Potenziale, um zu mehr Effizienz im Sinne einer optimalen betriebswirt- schaftlichen Bereitstellung bester Wasserqualität zu kom- men, genutzt werden müssen. Wir stellen aber fest, dass die Maßnahmen, die die Re- gierungskoalition hierzu vorschlägt, allzu sehr von dem Gedanken dominiert sind, den Kommunen dieses Aufga- benfeld als Monopol zu sichern. Das ist sachwidrig. Dem können wir nicht zustimmen. Eva Bulling-Schröter (PDS): Es wurde Zeit, dass die Zukunft der deutschen Wasserwirtschaft endlich in die- sem Hause debattiert wird. Schließlich gibt es nun schon seit mehreren Jahren eine heftige Diskussion über diese Kernaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Angestoßen wurde sie von den radikal marktwirt- schaftlichen Vertretern des SPD-geführten Bundeswirt- schaftsministeriums. Was diese auf zahlreichen Konfe- renzen – sekundiert von einigen Verbandsvertretern und Wissenschaftlern – zu verkünden hatten, ließ Umweltver- bänden, Gewerkschaftern und Wasserwerkern die Haare zu Berge stehen. Der Affront war so groß, dass sich schon früh ein Netz- werk „Unser Wasser“ bildete, um unermüdlich Lobby- arbeit für den Erhalt einer bewährten Wasserversorgung zu betreiben. Wie auch der Koalitionsantrag feststellt, zeichnet sie seit Jahren flächendeckend eine hohe Versor- gungssicherheit und eine hohe Trinkwasserqualität aus, die jedem internationalen Vergleich standhält. Und dies auch im Hinblick auf das Preisniveau. Dieser Standard drohte nun auf dem Altar der neoli- beralen Marktradikalen geopfert zu werden. Der § 103 GWB (alt) sollte fallen. Die Ausnahmen im Wettbe- werbsrecht zugunsten geschlossener Versorgungsgebiete wären damit hinfällig. Da sich die PDS in diesem Netzwerk engagiert hat, bin ich vor diesem Hintergrund in weiten Teilen über den Ko- alitionsantrag erfreut. Scheinbar haben sich hier aus- nahmsweise Umwelt- und Kommunalpolitiker sowie Ge- werkschafter durchgesetzt. Der Antrag erkennt an, dass ein Wettbewerb im Markt keinesfalls günstigere Preise für die Bürgerinnen und Bür- ger bringen würde. Schließlich ging es den Befürwortern ja nur um das Herausbrechen von Großabnehmern durch Großkonzerne zulasten der Allgemeinheit und er stellt sich hinter das Gutachten des Umweltbundesamtes, wel- ches die großen Risiken einer Liberalisierung des Was- sermarktes für Verbraucher und Umwelt nachweist. Eine Konzession an das BMWi ist sicher die Neuauflage der alten Forderung nach umsatzsteuerlicher Gleichstel- lung der Wasser- mit der Abwasserversorgung. Mir leuch- tet in diesem Zusammenhang nicht ein, warum Bürgerin- nen und Bürger für eine hoheitliche Aufgabe Umsatzsteuer zahlen sollen. Schließlich gelten Kommunen und nicht die Bürgerinnen und Bürger in diesem Fall als letzte Kunden – eine nachvollziehbare Logik, die kommunale Selbstver- waltung und Daseinsvorsorge auch steuerlich reflektiert und nicht als Wirtschaftsunternehmen betrachtet. Bei 7 Prozent würden sich Bund und Länder übrigens langfristig selber ins Knie schießen, jedenfalls für alle Neuinvestitionen. Das Stichwort 16 Prozent Vorsteuer- abzug soll hier genügen. Die Forderungen zur Förderung der Wettbewerbsfähig- keit im internationalen Bereich sehen wir ähnlich skep- tisch. Profitieren werden hier Eon, RWE und Co, nicht der kleine bayerische Wasserverband. Die großen Player sollen ihre Expansionen aber gefälligst selber bezahlen. Sie strei- chen ja nachher auch die Kohle ein. Schon jetzt verdienen sie im Wasserbereich unverschämt viel. Nach RWE-Schät- zungen wird das Wassergeschäft im Geschäftsjahr 2001/2002 nur einen Umsatzanteil von 3 Prozent haben, aber mit 20 Prozent zum Betriebsergebnis beitragen. Ich finde, angesichts solcher Zahlen sollte sich auch je- des Kommunalparlament dreimal überlegen, ob es seine Wassersparte wirklich in private Hände legt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221182 (C) (D) (A) (B) Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Übergangsregelung für das neue Füh- rerscheinrecht (Tagesordnungspunkt 23) Rita Streb-Hesse (SPD): Als der Euro in diesen Ta- gen in die Geldbörsen der Bürger kam, steckte dort schon der europäische Führerschein. Bereits im April 1991 wurde eine gemeinsame Führer- scheinrichtlinie für die Europäische Union beschlossen und ihre Umsetzung in nationales Recht bis 1996 verein- bart. Die Einführung der international üblichen Führer- scheinklassen hatte für die Bundesrepublik zur Folge, dass die PKW-Fahrerlaubnis nun nicht mehr zum Führen eines Fahrzeugs bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen, sondern nur noch bis 3,5 Tonnen berechtigt. Die möglichen Folgen für gemeinnützige Organisation wie Feuerwehr und Rettungsdienste, aber auch für kleinere Unternehmen wurden mit der Veröffentlichung bekannt und bei der Erarbeitung der neuen Verordnung bedacht. Im August 1998 wurde die neue Fahrerlaubnisverordnung ver- öffentlicht; sie trat am 1. Januar 1999 in Kraft. Schon der lange Übergangszeitraum von sieben Jahren ermöglichte allen Beteiligten, sich auf die neuen Regelun- gen einzustellen. Ein Blick in den Verordnungstext zeigt außerdem, dass sich die fachlich Verantwortlichen um eine weitestgehende Besitzstandswahrung und eine Begren- zung zukünftig entstehender Kosten bemüht haben. So ist es weiterhin möglich, mit einem bis zum 31. Dezember 1998 erworbenen Führerschein der Klasse 3 Fahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen zu führen. Mit Blick auf den „Nachwuchs“ wurde diese Erlaubnis auch den Führerscheinbewerbern erteilt, die nach In-Kraft-Treten der Verordnung bis zum 1. Juli 1999 ihre Prüfung ablegten. Um auch zukünftig das Fahren von Fahrzeugen zwischen 3,5 Tonnen und 7,5 Ton- nen unter zumutbaren Bedingungen zu sichern, wurde eine spezielle C1-Klasse als „Auffangklasse“ neu eingeführt. Wir alle wissen, dass notwendige Umstellungen auf- grund gesetzlicher Veränderungen und Verordnungen „vor Ort“ nicht immer gleich Akzeptanz finden. Und so erstaunt es nicht, dass diese Thematik im Spätsommer 1999 von Abgeordneten aufgegriffen wurde: vom Kolle- gen Meister, CDU, in der Fragestunde am 2. September 1999, mit einer Kleinen Anfrage der FDP und mit Schrei- ben weiterer Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktio- nen. Die Antworten des Ministeriums haben uns allen den Sachverhalt nochmals nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Weder ist das von Kolleginnen und Kollegen präferierte österreichische Modell des „Feuerwehrführerscheins“ kos- tengünstiger noch sind weiter reichende Erleichterungen bei Ausbildung und Prüfung aus Gründen der Verkehrs- sicherheit vertretbar. Diesen Sachverhalt negierend forderte die FDP-Frak- tion im Dezember 1999 mit einem Antrag zusätzliche Ausnahmeregelungen. Ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Verordnung wurden damit in unverantwortbarer Weise bei den Betroffenen Hoffnungen und Illusionen geweckt bzw. unterstützt. Der Hinweis auf angeblich nicht tragbare Kosten für Gemeinden und mittelständische Wirtschaft erstaunt umso mehr, da die FDP damit ein Ergebnis ihrer eigenen Regierungsarbeit als unzulänglich und kosten- steigernd bewertet. Ein erneuter Vorstoß der Bundesregierung in Brüssel, weiter gehende nationale Ausnahmeregelungen für Feuer- wehr, technische Hilfsdienste und Rettungsdienste zu er- reichen, wurde als „nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar“ im September 2000 abschlägig beschieden. Damit war klar, dass die Forderungen nicht umsetzbar sind. Trotzdem bestand die FDP in den zuständigen Aus- schüssen auf einer Abstimmung. Aber auch die anderen Oppositionsfraktionen votierten verwirrend und keines- falls sachbezogen. Für eine nochmalige Veränderung besteht weder die sachliche Notwendigkeit noch die rechtliche Möglichkeit. Die seit dem 1. Januar 1999 geltende neue Fahrerlaubnis- verordnung berücksichtigt die besonderen Interessen der Kommunen und betroffenen Organisationen sowie der Wirtschaft. Nicht nur die hohe Nachfrage nach dem EU- Führerschein beweist die mittlerweile breite Akzeptanz. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Mehr als 20 000 Feuerwehr-, Rettungs- und Krankenwagen sind bei den Organisationen der Rettungsdienste, technischen Hilfsdienste und Feuerwehren zugelassen, deren ehren- amtliche Fahrer zukünftig einen teuren LKW-Führer- schein machen müssen, um die Einsatzfahrzeuge über- haupt bewegen zu dürfen. Diese zusätzliche Ausgabe kostet Geld, das die betroffenen Gebietskörperschaften oder Organisationen nicht haben. Wir halten es in diesen Fällen für vertretbar, das Füh- rerscheinrecht mit einer Ausnahmeregelung auszustatten, nach der auch Inhaber des Führerscheins der Klasse B für die Dauer der ehrenamtlichen Tätigkeit die Erlaubnis er- halten, die betroffenen Einsatzfahrzeuge bis zu 7,5 Ton- nen zu führen. Die Sicherheit dieser Maßnahmen wird da- durch gewährleistet, dass die Fahrer ohnehin eine Einweisung in das Fahrzeug erhalten, sodass Bedenken in diesen Fällen nicht begründet sein müssen. Seit dem 1. Januar 1999 wird auch in der Bundesrepu- blik Deutschland die international übliche Einteilung der Fahrerlaubnisklassen nach der EU-Führerscheinrichtlinie praktiziert. Die Grenze zwischen PKW und LKW liegt damit jetzt bei 3,5 Tonnen Gesamtgewicht und nicht mehr – wie bisher – bei 7,5 Tonnen. Dafür gibt es nun die neue Führerscheinklasse C 1. Wer also ein Fahrzeug mit einem Gesamtgewicht zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen fahren will, muss seit 1. Januar 1999 auch eine Fahrerlaubnis C 1 er- werben. Das schafft Probleme in jenen Bereichen, in de- nen vor allem junge Menschen in für die gesamte Gemeinschaft wichtigen Hilfsdiensten, Katastrophen- schutzeinrichtungen und Wohltätigkeitsorganisationen, zum Beispiel den Feuerwehren, ehrenamtlich Dienst tun. Dort sollen sie mit vorhandenen LKWs bis zu 7,5 Tonnen fahren, was seit 1999 eben einen eigenen Führerschein er- fordert. Einen solchen brauchen sie in aller Regel nicht im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21183 (C) (D) (A) (B) privaten Bereich, sodass sie meistens nicht bereit sind, die Kosten für diese zusätzliche Prüfung zu tragen. Aber auch die Hilfsorganisationen haben keine gefüll- ten Kassen, aus denen sie die Kosten für eine solche Prü- fung ersetzen könnten. Da aber das Engagement vor allem auch jüngerer Menschen für diese Art Gemeinwohl höchst wünschenswert, ja unverzichtbar ist, ist es not- wendig, einen gangbaren Ausweg aus dieser Misere zu schaffen. Förderung des Ehrenamtes, ja, Aufgabe der Si- cherheit, nein. Da die Richtlinie keine Ausnahmen vorsieht, benötigen die Fahrerinnen und Fahrer in solchen Organisationen eine besondere Erlaubnis, das EU-Recht macht nationales Recht möglich. Da die rot-grüne Bundesregierung nein dazu sagt, obwohl in Österreich mit dem so genannten „Feuerwehrführerschein“ Sonderregelungen möglich sind, bleibt uns eigentlich nur noch der Weg, in den betroffenen Diensten selbst eine Möglichkeit zum Erwerb der Führer- scheinklasse C 1 zu schaffen. Die Tatsache, dass die Füh- rerscheinrichtlinie selbst keine Ausnahmen vorsieht, sollte aber die Bundesregierung nicht davon abhalten, neue Wege zur Führerscheinerwerbung bei gemeinnützigen Organisationen zu prüfen und zu beschreiten. Bedenkenswert sind die Herausforderungen, die durch die Neuregelung bei kleineren und mittleren Firmen ent- stehen. Auch dort kann es durch die jetzt zusätzlich anfal- lenden Kosten für die Ablegung einer Prüfung der Füh- rerscheinkategorie C 1 zu ernst zu nehmenden, neuen Belastungen kommen, zumal es viele Betriebe gibt, die speziell LKWs zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen einsetzen, besonders im Handwerk. Auch der Bereich der Landwirtschaft ist betroffen. Dort sind allein 675 000 Traktoren vorhanden, die künf- tig mit neuen Führerscheinen der Klassen T und L gefah- ren werden müssen. Damit kommt es zu Kostenmehrun- gen, die von den Betrieben nicht einfach weggesteckt werden können. Für uns als Union hat die Verkehrssicherheit einen hohen Stellenwert. Doch wo Sonderregelungen ohne Si- cherheitsverluste möglich sind, sollte man sie praktizieren. Kleinlastwagenfahrer sind keine besondere Risikogruppe, laut Unfallstatistik. Deshalb gilt es, wie in Österreich, Aus- nahmen zu genehmigen. Diese Empfehlung geht auch an die Bundesländer. Wenn es um den Führerscheinerwerb mit 16,5 oder 17 geht, sind sie auch nicht so pingelig. Sie- ben Länder wollen einen Modellversuch, obwohl es bei jungen Fahrern überdurchschnittlich häufig kracht. Impo- niergehabe, Alkohol oder die falsche Einschätzung der Ge- schwindigkeit lassen die Unfallraten von Führerschein- neulingen nach oben schnellen – mit schweren, zu häufig tödlichen Folgen. Daher ist grundsätzlich jede Überlegung begrüßenswert, die zu höherer Verkehrssicherheit in dieser Altersgruppe führen könnte. Ich frage Sie aber: Hilft es, wenn 17-Jährige – zwar un- ter Bedingungen und nur mit Begleitung, schon ans Lenk- rad dürfen? Zwar wirken gestandene Beifahrer mäßigend auf stürmische Neulinge, die ihren Praxistest nicht nur in der Theorie oder klammheimlich machen. Auch gute Er- fahrungen in vielen Ländern Europas und den USA spre- chen dafür. Doch es gibt berechtigte Einwände. Etwa den, dass sich kaum kontrollieren lässt, ob ein Jugendlicher tatsächlich die mit der Fahrerlaubnis verbundenen Aufla- gen einhält. Und: Ein noch so erfahrener Begleiter kann nun einmal kein Fahrlehrer sein. Weder ist er so gründlich geschult wie ein Fachmann, noch besitzt er dessen tech- nische Möglichkeiten. Dem Beifahrer fehlt die Bremse, wenn ein Autounfall droht – das Risiko auf der Straße würde somit noch steigen. Außerdem wird der Kampf ge- gen den Alkohol am Steuer nicht dadurch zu gewinnen sein, dass der Führerscheinerwerb vorgezogen wird. Jede Art von Selbstversuch auf einem Platz der Verkehrswacht ist daher für alle Beteiligten gefahrloser als auf den viel befahrenen Bundesstraßen und Autobahnen. Auch wenn in Schweden Unfälle junger Fahrer deut- lich durch das Beifahrer-System gesenkt wurden: Hier in Deutschland, im verkehrsreichsten Land Europas, sind die Bedingungen für Jungfahrer völlig anders. Bei dieser Risikogruppe gelten andere Gesetze. Die von uns einge- brachte und über drei Jahre praktizierte Schutzengelkam- pagne war ein richtiger Weg. Bedauerlich, dass Bodewig ihn ausbremste. Trotzdem werden wir uns nicht entmuti- gen lassen, weiter für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen. Helmut Wilhelm (Amberg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit der zweiten Führerscheinrichtlinie der EG vom 29. Juli 1991 wird die Grenze zwischen PKW- und LKW-Klasse europaweit bei 3,5 Tonnen festgesetzt. Seit 1. Januar 1999 ist sie in nationales Recht umgesetzt. Die FDP will mit ihrem Antrag eine Ausnahmeregelung für bestimmte Personengruppen erreichen, die dann auch mit dem PKW-Führerschein B Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fah- ren dürften. Gedacht ist an die Personen der Rettungs- und Hilfsdienste und kleiner mittelständischer Unternehmen. Die Realisierung des FDP-Antrags wäre ein klarer Ver- stoß gegen EU-Recht und damit rechtswidrig. Aber auch inhaltlich ist der Antrag nicht überzeugend. Denn die neue Regelung ist ein großes Stück mehr Ver- kehrssicherheit. Das Führen von größeren Fahrzeugen – gerade im Einsatz zur Rettung von Leben, zum Löschen von Bränden, in Katastrophensituationen – erfordert enorme Fähigkeiten der helfenden Fahrzeugführer. Sie sind einer besonderen Stresssituation ausgesetzt und dür- fen bei aller Hektik nie die Übersicht und die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren. Das hat auch die EU-Führer- scheinrichtlinie vom 29. Juli 1991 im Sinn, wenn sie die Grenze zwischen der PKW-Klasse und der LKW-Klasse bei 3,5 Tonnen festsetzt. Denn mit der Größe des Fahrzeu- ges steigen die Anforderungen der Fahrzeuglenker an Um- sichtigkeit, Reaktionsvermögen und fahrerischem Kön- nen. Das kann nicht ernsthaft bestritten werden. Bei der Richtlinie von 1991 geht es um ein Stück Ver- kehrssicherheit bei einem immer höher werdenden Ver- kehrsaufkommen. Wer große Kraftfahrzeuge von über 3,5 Tonnen fahren will, muss besondere Fähigkeiten nachweisen. Dies ist sinnvoll und wird von Ihnen, ver- ehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ja auch nicht bestritten. Warum denn aber Ihre Forderung nach Ausnahmen von dieser Regelung? „Das Rettungswesen und die Hilfs- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221184 (C) (D) (A) (B) dienste in Deutschland werden durch die neue Führer- scheinregelung behindert, belastet oder gar in ihrem Be- stand gefährdet“, behaupten Sie in dem letzten Satz Ihres Antrags. Sie fordern eine Ausnahmeregelung, damit „... neu dort tätiges Personal für die Dauer der Tätigkeit die Erlaubnis erhält, die betroffenen Fahrzeuge auch mit einem Führer- schein der Klasse B führen zu dürfen“. Für neu dort täti- ges Personal eben deshalb, weil für Inhaber von älteren deutschen Fahrerlaubnissen der Klasse 3 auch unter eu- ropäischem Recht gilt, dass sie, die in der Vergangenheit ja schon Erfahrungen mit dem Führen größerer Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen erworben haben, dies auch weiterhin tun dürfen. Sonderrechte also nur für unerfahrene Fahr- zeuglenker? Doch wohl lieber nicht. „Für die Dauer der Tätigkeit“ bedeutet auch: Sie ver- langen allen Ernstes, dass Personen während ihrer zeiti- gen Tätigkeit unter den oben erwähnten Stressanforde- rungen, die ein Einsatz im Ernstfall mit sich bringt, größere Fahrzeuge lenken dürfen als außerhalb ihres Dienstes, und dies dann auch noch unter Inan- spruchnahme der Sonderrechte nach der StVO, nach dem Motto: Morgens mit Blaulicht und Vollgas auf dem 7,5-Tonner durch die Innenstadt, abends muss der Umzug mit dem Kleinbus unternommen werden. Außerdem ist nicht zu vermitteln, wieso an einen Ret- tungsfahrer, der Sonderrechte in Anspruch nehmen darf, geringere Anforderungen zu stellen sind als an einen Brummifahrer, der mit langer Erfahrung Güter transpor- tiert. Sie sehen, Ihr Antrag ist in sich widersprüchlich. Der Hinweis auf das in seinem Bestand angeblich gefährdete Rettungswesen vermag diesen Widerspruch nicht auf- zulösen. Die EU-Richtlinie datiert vom 24. September 1991. Alle Beteiligten, auch die kleinste freiwillige Feuerwehr, konnten sich lange Zeit auf die Veränderung einstellen. Auch mutet Ihre persönliche Besorgnis etwas merkwür- dig an, weil die Umsetzung der Richtlinie durch die Fahr- erlaubnisverordnung vom 18. August 1998 bekanntlich in Ihre Regierungszeit fällt. Offenbar haben Sie damals die Problemlage noch etwas realer gesehen. Den Rettungsdiensten hohen Dank für ihren selbstlo- sen Einsatz beim „löschen – retten – bergen“ – aber mit Sicherheit! Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Das neue EU- Führerscheinrecht ist insgesamt ein gelungener Wurf, ein Schritt auf dem Weg zu verbessertem praktischen Zusam- menleben in der ganzen Europäischen Union. Wir haben es vor dem Regierungswechsel noch selbst beschlossen und stehen auch dazu. Aber wenn sich im Laufe der Zeit zeigt, dass im Detail die eine oder andere Bestimmung verbesserungswürdig ist, verstecken wir uns nicht, son- dern sagen, dann ändern wir eben jenes Detail. Das ist ein ganz normaler Vorgang, über den wir eigentlich gar nicht zu streiten bräuchten. Ich wundere mich schon, dass wir hier keinen Konsens erzielen. Wenn Sie sich die Mühe ge- macht hätten, die – sicher auch in Ihren Wahlkreisen – aufkeimenden Besorgnisse anzuhören, würden Sie viel- leicht nicht so rigoros auftreten. Worum geht es denn? Früher konnten mit dem PKW- Führerschein Klasse 3 Fahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen gefah- ren werden, sodass beispielsweise ein junger Zivildienst- leistender mit seinem Führerschein die Krankenwagen oder Feuerwehrfahrzeuge fahren durfte. Nach neuem Recht haben Hilfsdienste, Feuerwehren, kleinste Firmen und Landwirtschaft das Problem, von ihren jungen Fah- rern nicht nur den PKW-Führerschein Klasse B (neu), sondern auch den LKW-Führerschein Klasse C (neu) ver- langen zu müssen. Sonst bleiben die Krankenwagen näm- lich in der Garage. Welcher junge Mensch macht schon automatisch den LKW-Führerschein gleich mit dem für PKW zusammen? Kaum jemand, sodass auf die genannten Organisationen deutliche Mehrkosten und organisatorische Probleme zu- kommen. Soll der Zivildienstleistende die Hälfte seiner Dienstzeit erst einmal mit Fahrschulung zubringen, oder soll er das – auf Kosten der Organisationen und von ihnen organisiert – vorher erledigen? Den Zusagen für eine Zi- vildienststelle folgt dann gleich die Einteilung in eine Fahrschule – oder wie hat man sich das vorzustellen? Wird das dann auf die spätere Dienstzeit angerechnet? Das Ganze ist ein fantastisches Feld für neue Verwal- tungsvorschriften und neue Stellen. Und die Kosten? Eine Sanitätsstation in einer mittleren Stadt soll pro Jahr zwei bis drei LKW-Führerscheine bezahlen? Das ist doch alles völliger Unsinn und wäre durch eine kleine Änderung so- fort aus der Welt zu schaffen. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Hilfsdienste, Feuerwehren, kleinste Firmen und Landwirtschaft sind in diesem Lande ja nicht gerade privilegiert, obwohl in Sonntagsreden deren wichtige Rolle für das Funktionie- ren unseres Gemeinwesens ständig über den grünen Klee gelobt wird. Hier hätten wir die Chance, wirklich etwas zu tun, was den Betroffenen sehr unter den Nägeln brennt, wie unsere Gespräche mit ihnen gezeigt haben. Die aufgezeigten Probleme haben auch nichts mit Par- teizugehörigkeit zu tun. Es geht uns auf fachpolitischer Ebene einfach alle an. Für uns ist eine solche Änderung keine große Sache, hat aber für die Betroffenen eine enorme Bedeutung. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag im Interesse der konkret Betroffenen zuzustimmen. Dr. Winfried Wolf (PDS): Bei diesem Tagesordnungs- punkt und dem zur Debatte stehenden FDP-Antrag wurde offensichtlich das Gewissen der Abgeordneten einem ernsthaften Test unterworfen. Von einer Fraktionsdiszi- plin ist hier jedenfalls bei CDU/CSU und bei meiner Par- tei, der PDS, wenig zu erkennen. Im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union stimmten am 5. Juli 2000 nur CDU/CSU und FDP gemeinsam für den FDP-Antrag, während die PDS sich im Lager der neinsagenden Regierungsparteien vereinte. Im Innenausschuss ergab sich am 7. Februar 2001 dann eine wieder andere Konstellation: SPD und Bündnis 90/ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21185 (C) (D) (A) (B) Die Grünen gelang es, die CDU/CSU zum Neinsagen zu gewinnen, während PDS und FDPeine gemeinsame Front bildeten. Die Odyssee des FDP-Antrags, der am 15. Dezember 1999 erstmals als Drucksache des Bundestages höhere Weihen erfuhr, nähert sich nach 25 Monaten offensicht- lich dem sicheren Hafen der Entscheidung. Bleibt die spannende Frage: Wie wird die Abstimmung in dieser zweiten und dritten Lesung ausfallen? Gibt es weitere Möglichkeiten der parlamentarischen Frontbildung und Bündnispolitik? Nach erneuter eingehender Prüfung erklärt sich jeden- falls die PDS nun endgültig für den FDP-Antrag – und da- mit für die Beseitigung unbilliger Härten für Feuerwehr und andere Hilfsdienste, primär von Organisationen ohne Erwerbscharakter. Wir gehen im Übrigen davon aus, dass sich Menschen mit und ohne Führerschein für den demokratischen So- zialismus entscheiden können und sollten – bei den Feu- erwehren, die ohnehin mit der Farbe rot identifiziert wer- den, und anderswo. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak (Tagesordnungspunkt 24) Christoph Moosbauer (SPD): Wir haben den uns heute vorliegenden Antrag zur Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak im vergangenen Jahr hier im Plenum behandelt – wenn ich mich recht erinnere, sogar auf den Tag genau vor einem Jahr. Seitdem hat sich die interna- tionale Situation, vor allem auch in Bezug auf den Irak, fundamental geändert. Dazu werde ich noch einiges sa- gen. Einige Argumente sind aber die gleichen geblieben. Damit werde ich beginnen. Ich habe große Sympathie für die Grundanliegen des Antrages. Es ist unbestreitbar, dass die humanitäre Situa- tion im Irak heute dramatisch schlechter ist als vor zehn Jahren. Und es ist unbestreitbar, dass die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft nicht das erreicht haben, was sie wollten: nämlich die Erzwingung der irakischen Kooperation bei der Identifizierung und Unschädlichma- chung des irakischen Massenvernichtungspotenzials. Wie im Antrag richtig steht, haben die wirtschaftlichen Sank- tionen Saddam Husseins innenpolitische Stellung eher noch gefestigt, indem seine Propaganda für die katastro- phalen Auswirkungen seiner brutalen Politik den Feind von außen verantwortlich machen kann. Von Saddam Hussein erwartet man das ja nicht anders; von der PDS hätte ich mir das aber schon differenzierter gewünscht. Da liegt nämlich der Haken in Ihrem Antrag: Er ver- wechselt Ursache und Wirkung. Wir müssen zunächst ein- mal feststellen, dass Lebensmittel und Medikamente vom Sanktionsregime ausdrücklich ausgenommen worden sind. Saddam Hussein verweigert sie seinem Volk aber. Die finanziellen Mittel, die aus dem „Food for Oil“-Pro- gramm kommen, liegen auf einem Bankkonto und werden von der irakischen Regierung nicht für die Versorgung der Bevölkerung genutzt. Im Irak müsste niemand hungern, wenn Saddam Hussein das nicht wollte. Es hat ja im letzten Jahr im Sicherheitsrat die Debatte über die so genannten „smart sanctions“ gegeben. Und es wird sie wieder geben, wenn die Verlängerung des Sank- tionsregimes wieder auf der Tagesordnung des Sicher- heitsrates steht. Saddam Hussein hat schon im letzten Jahr klar gemacht, dass er auch im Falle einer Lockerung der wirtschaftlichen Sanktionen keinesfalls bereit sei, den Vereinten Nationen entgegenzukommen. Das müssen wir in der heutigen Debatte schon auch berücksichtigen. Sie müssen in so einen Antrag schon auch klar hinein- schreiben, wie es denn zu den Sanktionen kam. Das war ja kein spontaner Einfall der westlichen Staatengemein- schaft, sondern des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen, nach dem Sie ja sonst auch bei jeder Gelegenheit schreien, und zwar als Reaktion auf den Überfall und die Zerstörung Kuwaits: nachdem der Irak israelische Städte mit Raketen beschossen hat; nachdem der Irak sämtliche kuwaitischen Ölfelder in Brand gesteckt und damit eine der größten Umweltkatastrophen zu verantworten hat. Es gab also durchaus Gründe für die Sanktionen, so ist es ja nicht. Und im Übrigen wären die Sanktionen schon längst weg, wenn Saddam Hussein mit den Vereinten Nationen kooperiert hätte, wie es der Beschluss des UN-Sicher- heitsrates vorsieht. Da liegt meines Erachtens der ent- scheidende Fehler des Antrags und das hätten Sie berück- sichtigen sollen: Das Problem des irakischen Volkes sind nicht die Ver- einten Nationen, das Problem des irakischen Volkes heißt Saddam Hussein. Ich finde es schon bezeichnend, dass dieser Name kein einziges Mal in Ihrem Antrag vor- kommt. Wenn wir über eine Lösung der Krise in und um den Irak sprechen, dann müssen wir das mit dem Appell an Saddam Hussein verbinden, endlich mit den Vereinten Nationen zu kooperieren: Nur so kann dauerhaft eine Ent- wicklungsperspektive für das irakische Volk erreicht wer- den! Wir wissen natürlich, dass ein solcher Appell nur eine recht bescheidene Wirkung in Bagdad zeitigen wird. Aber ich erwarte schon, dass wir hier im Deutschen Bun- destag Ross und Reiter nennen! Aber auch mir ist natürlich klar, dass das Sanktionsre- gime modifiziert werden muss, da mit einer Kooperation seitens des Iraks im vollen Umfang nicht zu rechnen ist. Sie wissen, dass auch ich dafür bin, die wirtschaftlichen Sanktionen von den militärischen Sanktionen abzukop- peln. Das kann in einem schrittweisen Prozess erfolgen, vergleichbar mit dem, was Sie unter Punkt 5 bei der Re- duzierung der Reparationszahlungen fordern. Jeder Schritt zu mehr Kooperation wird belohnt mit einem Ent- gegenkommen der internationalen Gemeinschaft. Nur, auch hier gilt: Saddam Hussein muss sich zunächst einmal grundsätzlich kooperationsbereit zeigen, dann kann der erste Schritt seitens der internationalen Gemeinschaft ge- macht werden. Ein solcher erster Schritt des Iraks könnte etwa die Freilassung der im Golfkrieg verschleppten ku- waitischen Staatsbürger sein. Hunderte davon werden im- mer noch vermisst, ihre Familien haben keine Nachricht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221186 (C) (D) (A) (B) über ihren Verbleib oder ihren Gesundheitszustand. Der Irak zeigt sich hier nicht einmal in Ansätzen kooperativ bei der Aufklärung dieser Schicksale – von der Weigerung der irakischen Staatsführung, mit UNMOVIC zusammen- zuarbeiten, ganz zu schweigen. Wenn wir also über eine Modifizierung des Sanktions- regimes sprechen, müssen wir von einem Prozess spre- chen, an dessen Ende die Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen steht, nicht an dessen Anfang. Ich bin sehr dafür, das abgestimmt mit unseren europäischen Partnern zu machen. Noch ein Wort zum Zeitpunkt. Ich weiß ja, dass der An- trag schon lange in den Gremien hängt und es außerdem fast nie einen günstigen Zeitpunkt gibt, einen solchen An- trag zu behandeln. Aber wir alle wissen um die Diskus- sion, dass der Irak relativ hoch oben auf der Liste mögli- cher Ziele im Antiterrorkampf der USA steht. Bitte verstehen sie mich nicht falsch: Ich bin absolut dagegen, gegen den Irak militärisch vorzugehen. Aber jede Ent- scheidung, die irgendwie missverstanden werden kann und entweder den Irak ermutigt, ein wenig frecher zu werden oder in den USA den Hang zu einer unilateralen Haltung in der Irakfrage verstärkt, kann am Ende kontra- produktiv sein, vor allem auch für die Grundanliegen des Antrages, die ich, wie schon gesagt, teile. Aus diesen Gründen – falsche Ursachenanalyse, falsches Vorgehen und falsche Zeit –: Die SPD bleibt beim Votum des Auswärtigen Ausschusses und lehnt den Antrag ab. Joachim Hörster (CDU/CSU): Schon bei der ersten Erörterung des PDS-Antrages heute vor genau einem Jahr habe ich darauf hingewiesen, dass die PDS nach der Grundstruktur ihres Antrages nicht dem das irakische Volk gegenwärtig beherrschenden Unrechtsregime, son- dern vielmehr den Alliierten des Golfkrieges die Schuld am Elend der irakischen Bevölkerung geben will. Dabei hat sich seit Stellung des PDS-Antrages nichts daran geändert, dass das irakische Regime mit brutaler Gewalt, mit fortdauernden gravierenden Menschenrechtsverlet- zungen und ohne Rücksichtnahme auf das irakische Volk seine Macht aufrechterhält. Niemand kann und will be- streiten, dass das irakische Volk unter dem auch durch das Embargo verursachten Mangel an Lebensmitteln, Medi- kamenten und erheblichen Schäden an der Sozialinfra- struktur leidet. Niemand in diesem Hause will dem iraki- schen Volk schaden, sondern wir wünschen ganz im Gegenteil dem irakischen Volk eine Regierung, die sich für die lebenswichtigen nationalen und internationalen In- teressen des Irak einsetzt und nicht den eigenen Machter- halt – mit welchen Mitteln auch immer – zum alleinigen Maßstab ihres Handelns macht. Wenn es um die Aufhe- bung der Sanktionen geht, so ist festzuhalten, dass die ge- genwärtigen Machthaber im Irak eine Bringschuld haben. Dazu kann ich nur wiederholen, was ich schon vor einem Jahr ausgeführt habe: Da ist zunächst einmal die Frage der Rüstungskon- trolle. Gerade wir Deutschen können aus eigener ge- schichtlicher Erfahrung bestätigen, wie wichtig und notwendig es ist, infolge eines Angriffskrieges die Rüstungsproduktion internationaler Kontrolle zu un- terwerfen, dabei verlässlich und vertrauenswürdig zu agieren und so verlorenes Vertrauen in der Nachbar- schaft wiederherzustellen. Daran hapert es nach wie vor im Irak. Als Vorsitzender der Parlamentarier- gruppe für die Beziehungen zu den Arabisch spre- chenden Ländern des Nahen Ostens kann ich aus zahl- reichen Gesprächen und Kontakten berichten, dass es dem Irak noch nicht gelungen ist, Vertrauen bei seinen Nachbarn wiederzugewinnen. Es sind nicht nur die Zweifel hinsichtlich ausreichender Kooperation im Zusammenhang mit Fragen der Rüstungskontrolle und der Vernichtung von Waffen- und Massenver- nichtungsarsenalen. Es geht auch um die Vermeidung des verbalen Radikalismus und des Aufbaus von Be- drohungsszenarien. Und nicht zuletzt geht es auch um die Frage, ob der Irak sich glaubhaft darum bemüht, das Schicksal und den Verbleib von vermissten ku- waitischen Soldaten und Staatsbürgern – es ist die Rede von bis zu zweitausend Menschen – aufzu- klären. Wenn wir darangehen, etwas für die Abschaf- fung der Sanktionen zu tun, so kann dies nur funktio- nieren in Übereinstimmung mit dem arabischen Umfeld. Das Regime in Bagdad wäre zuallererst gut beraten, vertrauensbildende Maßnahmen im Hinblick auf seine direkten Nachbarn zu unternehmen. Durch viele Kontakte zu Repräsentanten der arabi- schen Welt weiß ich, dass man mit großer Sorge beobach- tet, dass im Irak die gesamte Versorgung am Boden liegt und nicht funktioniert, dass neben der flächendeckenden Verarmung das vollständige Verschwinden des Mittel- standes ins Auge fällt und dass die Jugend des Landes we- gen fehlender Bildungsmöglichkeit und der fortdauern- den Propaganda sich als Sanktionsopfer Nummer eins begreift und gegenüber der westlichen Welt feindselig eingestellt ist. Man befürchtet Langzeitwirkungen, die man möglichst verhindern sollte. Dennoch ist es schwierig, von den arabischen Ge- sprächspartnern Ratschläge oder Empfehlungen zu erhal- ten, wie das Sanktionsregime geändert werden könnte, um einerseits die Leiden des irakischen Volkes zu min- dern ohne andererseits das gegenwärtige Regime zu stär- ken. Dabei spielt eine nicht unerhebliche Rolle, dass der Irak selbst innerhalb der arabischen Liga nicht bereit war, die Unverletzlichkeit der kuwaitischen Grenzen anzuer- kennen und der Sohn Sadam Husseins, der nicht irgend- wer ist, noch vor weniger als einem halben Jahr eine Landkarte präsentierte, auf der Kuwait als Teil des Irak dargestellt wurde. Auch die arabischen Länder erkennen, dass es äußerst schwierig ist, mit einem Regime, das zu keinerlei ver- trauensbildender Kooperation bereit ist, Regelungen zu finden, die die irakische Bevölkerung in ihren alltäglichen Grundbedürfnissen nicht tangieren. Zunehmend wird man aber auch von arabischen Gesprächspartnern nach- drücklich darauf hingewiesen, dass es in der arabischen Bevölkerung eine stark wachsende Tendenz gibt, die die Sanktionen gegen den Irak als ungerecht empfindet. Bei dieser Bewertung spielen vor allem die Vorgänge in Palästina und das Verhalten Israels eine zentrale Rolle. Während man es Israel durchgehen lasse, dass es Resolu- tionen der Vereinten Nationen schlicht ignoriere und bei dem Vorgehen gegen Palästina ständig das Völkerrecht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21187 (C) (D) (A) (B) verletze, werde die Verletzung von Entscheidungen der Vereinten Nationen durch den Irak sofort und unnach- giebig geahndet. Die internationale Gemeinschaft wende zweierlei Maßstäbe an und billige Arabern weniger Rechte zu als den Israelis. Ich brauche nicht zu betonen, dass sich dieses Mei- nungsbild gerade wegen der Vorgänge der letzten Wochen in Palästina dramatisch verstärkt hat. Aber selbst wenn, was wir alle hoffen, der Konflikt zwischen Israel und Palästina befriedet werden kann, ändert dies unseren deut- schen Handlungsspielraum gegenüber dem Irak nicht. Ich wiederhole: Keiner von uns will das irakische Volk leiden sehen, zumal es kaum eine Chance hat, sich dem Würgegriff seiner diktatorischen und menschenverach- tenden Regierung zu entziehen. Solange diese Regierung aber selbst ihre aus den Petrodollars erwirtschaftete Fi- nanzkraft nicht ausschließlich für die Bevölkerung ein- setzt, ist es sehr schwierig, ein anderes Sanktionssystem, das die Angriffsfähigkeit des Irak gegen andere Staaten in der Region verhindert, zu finden. Deswegen bedarf es diplomatischer Bemühungen vieler Seiten, um dem im Irak herrschenden Regime klar zu machen, dass ihre Pro- pagandapolitik mit den Leiden des irakischen Volkes nicht der Weg ist, um das Sanktionsregime zu beenden. Es muss dieser Regierung klar gemacht werden, dass der ein- zige Weg darin besteht, die Aggressionsbereitschaft ge- genüber anderen Staaten in der Region aufzugeben, mi- litärisch abzurüsten, sich dabei internationaler Kontrolle zu unterwerfen und auch dem eigenen Volk wieder die Mindeststandards an Menschenrechten einzuräumen. Der PDS-Antrag war vor einem Jahr und ist auch heute in diesem Sinne alles andere als hilfreich und der Aus- wärtige Ausschuss und die mitberatenden Ausschüsse empfehlen zu Recht, diesen Antrag abzulehnen. Daher stimmt meine Fraktion der Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu. Rita Grießhaber (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die humanitäre Situation im Irak ist katastrophal, die Kinder- sterblichkeit gestiegen und die Gesundheitsversorgung schlecht. Mangelhaft ist die Versorgung mit Medikamen- ten, Elektrizität und Wasser. Weil das Bildungssystem zu- sammengebrochen ist, steigt das Analphabetentum. Auch das humanitäre Programm „Nahrungsmittel gegen Öl“ hat die Situation der Bevölkerung nicht verbessert. Sad- dam Hussein ist innenpolitisch gefestigt aus der Sank- tionszeit herausgegangen. Die Sanktionen werden schon seit längerer Zeit von Dritten unterlaufen, hauptsächlich durch den Ölschmuggel. Schauen wir uns diese Realität an, so müssen wir ganz klar sagen: Diese Sanktionen sind gescheitert! Aber, meine Damen und Herren von der PDS, es ist schlicht ir- reführend zu behaupten, dass ein Ende des Wirt- schaftsembargos auch dem Leiden der irakischen Bevöl- kerung ein Ende machen würde! Die politische Botschaft auf diese Weise zu vereinfachen ist unredlich! Warum leidet die Bevölkerung? Die Verantwortung hier- für ist vor allem Saddam Hussein zur Last zu legen: Er hat die Mittel, die dem Irak aus dem Programm „Nahrungsmit- tel gegen Öl“ zur Verfügung stehen, absichtlich nicht aus- geschöpft. Er hat mögliche Leistungen der irakischen Zivil- bevölkerung absichtlich nicht zur Verfügung gestellt und sein eigenes Land bewußt in Geiselhaft genommen. Das Elend im Irak hat viele Ursachen. Die erste ist der lange Krieg des Irak gegen den Iran, die zweite der Über- fall des Irak auf Kuwait und der folgende Golfkrieg und nicht zuletzt der Mißbrauch und die Folge der Sanktionen. Lassen Sie uns also nicht vergessen, mit wem wir es hier zu tun haben: Saddam Hussein ist bestrebt, Massen- vernichtungswaffen herzustellen, und verweigert die Ko- operation mit Inspekteuren der Vereinten Nationen. Im Kampf gegen den Iran und irakische Kurden hat Saddam Hussein Giftgas eingesetzt und die Meldungen aus der jüngsten Zeit, dass der Irak in der Lage sei, biologische und chemische Waffen, wenn nicht sogar Atomraketen zu produzieren, bestärken mich in der Haltung, dass es drin- gend nötig ist, den Irak zur Zusammenarbeit mit den Waf- feninspekteuren zu bewegen. Deshalb begrüße ich den Vorschlag, der schon seit län- gerem auch unter Franzosen, Briten und den USA Zu- stimmung findet, die Sanktionen nicht aufzuheben, son- dern das Sanktionsregime zu verändern. Was wir brauchen ist eine Politik des „Alles ist erlaubt bis auf Waf- fen!“ anstelle des bisherigen „Alles ist verboten bis auf Nahrungsmittel!“. Leider wird dies frühestens nächsten Juni möglich werden. Aber immerhin haben es die Mit- glieder des Sicherheitsrates jetzt geschafft, sich auf dieses Vorgehen zu einigen. Der Sicherheitsrat stellt dem Irak die Aufhebung der Sanktionen in Aussicht, wenn er es endlich zulässt, dass internationale Inspekteure ungehindert nach Massenver- nichtungswaffen und Anlagen zu deren Herstellung su- chen können. Das ist das richtige Signal an den irakischen Diktator: Wir sind kompromissbereit, aber das Ziel der Non-Proliferation werden wir nicht aufgeben! Eine Debatte zum Irak ist derzeit aus doppeltem Grund wichtig: Einerseits geht es nach wie vor um die Folgen der Golfkriege, andererseits aber gleichzeitig um den Terro- rismus und die internationale Allianz zu dessen Bekämp- fung. Eine erste Frucht der Antiterrorallianz war es, dass sich die Sicherheitsratsmitglieder nach drei vergeblichen Anläufen endlich auf einen Fahrplan zur Veränderung des Sanktionsregimes einigen konnten. Jetzt gilt es, diese Antiterrorallianz am Leben zu erhalten! Sie durch einen erneuten Angriff zu gefährden wäre politisch falsch. Des- halb unterstützen wir die Bundesregierung und unsere eu- ropäischen Partner bei ihren Bemühungen, die USA da- von zu überzeugen, dass sie ihre Drohungen gegen den Irak nicht militärisch umsetzen. Die Meldungen, die uns in den letzten Wochen und Ta- gen aus dem oder zum Irak erreicht haben, sind mehr als beunruhigend. Der Ton wird aggressiver. In den USAmel- den sich immer mehr Falken zu Wort, die den Irak als nächstes Ziel der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus sehen. Erst am Mittwoch hat US-Präsident Bush eine amerikanische Militäraktion im Irak als Option bezeichnet. Unterdessen hat Saddam Hussein eine Gene- ralmobilmachung angeordnet. Und der ägyptische Präsi- dent Mubarak warnt, dass ein Angriff auf ein arabisches Land „schreckliche Folgen für die Region“ haben werde. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221188 (C) (D) (A) (B) Diese Gefahr ist uns allen bewusst. Bereits jetzt ist die Situation im Nahen Osten angespannt genug und die Bun- desregierung bemüht sich darum, den israelisch-paläs- tinensischen Konflikt einzudämmen. Die Auswirkungen einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak wären unkalkulierbar. Deswegen kann ich auch nicht dem früheren US- Außenminister Kissinger zustimmen, der sich am 20. Ja- nuar in der „Welt am Sonntag“ für ein rasches militäri- sches Vorgehen gegen den Irak ausgesprochen hat. Kissingers geopolitischen Gründen werden wir nicht nur menschenrechtliche und humanitäre Argumente entge- genhalten, sondern auch politische Argumente, die nicht nur den Zusammenhalt der Allianz gegen den Terror in den Vordergrund stellen, sondern auch vor dem Zerfall Iraks und den Folgen warnen. Deutsche ABC-Soldaten sind auf dem Weg nach Ku- wait bzw. bereits vor Ort. Dort werden sie an einer inter- nationalen Katastrophenschutzübung mehrerer Staaten teilnehmen. Bei unserer Entscheidung zur Bereitstellung von deutschen Truppen Ende letzten Jahres war uns klar, dass im Kampf gegen den Terror die defensiven Fuchs- Spürpanzer zum Schutz von amerikanischen Einrichtun- gen von Nutzen sein könnten. Nach Angaben der Bun- desregierung handelt es sich nur um eine Übung; der größte Teil der Truppe wird danach wieder nach Deutsch- land zurückgeholt. Zurück zu den Sanktionen. Was soll mit Sanktionen er- reicht werden? Die Sanktionen sind keine Strafe für die notleidende Bevölkerung. Sie sind die einzige Möglich- keit, Missbilligung gegen das irakische Verhalten auszu- drücken und Druck auf das Regime auszuüben. Wo diplo- matische Vermittlungsbemühungen nicht weiterkommen und noch keine militärische Gewalt eingesetzt werden soll, sind Sanktionen das einzige politische Mittel, das die internationale Staatengemeinschaft in Händen hat. Sie sendet folgende, faire Botschaft an das irakische Regime: Lasst internationale Waffeninspekteure in euer Land, und die Sanktionen werden beendet! Denn die internationale Gemeinschaft darf eines nicht: das Ziel der Non-Prolife- ration aufgeben. Ulrich Irmer (FDP): Mit der Verhängung von Sanktio- nen soll – wie auch im Falle des Irak – in der Regel zwei- erlei erreicht werden: Zum einen soll das betroffene Re- gime oder Land durch wirtschaftlichen und politischen Druck zu einer Handlung oder Unterlassung veranlasst werden, zum anderen sind Sanktionen per se aber auch ein besonders deutliches Symbol der Missbilligung von politi- schem Fehlverhalten. Mit der Aufhebung von Sanktionen würde mithin auch anerkannt, dass die Gründe für ihre Ver- hängung nicht mehr vorliegen. Uns ist noch allen der Eier- tanz in Erinnerung, den die Europäische Union auch nach der Vorlage des Gutachtens der drei Weisen bis zur Ausset- zung der Sanktionen gegen Österreich aufgeführt hat. Doch wie sieht die Situation im Irak aus? Zehn Jahre nach der Operation Wüstensturm sitzt Saddam Hussein fester im Sattel als je zuvor. Und sein Regime meldet sich auf internationalem Parkett zurück. Auf dem Saddam In- ternational Aerport landen wieder Linienflugzeuge, Bot- schaften werden in Bagdad wieder eröffnet und der Irak ist wieder zum zweitgrößten Erdölexporteur der Welt avanciert. Statt Medikamente und Nahrungsmittel für sein darbendes Volk zu besorgen, lässt er lieber 11 Milliarden Öldollar ungenutzt auf Depotkonten liegen. Nach UNO- Beobachtungen werden die dank gestiegener Weltmarkt- preise enormen Einnahmen aus Ölschmuggel für den Wiederaufbau seiner konventionellen Streitkräfte einge- setzt. Seine Rüstungsindustrie läuft wieder auf Hochtou- ren, nachdem er es geschafft hat, die UNO-Inspektoren zu vergraulen. Die Mittel hierfür besorgt er sich unter Um- gehung des UN-Ölembargos aus illegalen Ölexporten zu Dumpingpreisen. Und während seine Ingenieure die Ziel- genauigkeit seiner Mittelstreckenraketen verbessern, ruft er die „arabischen Brüder“ zum „Vernichtungsschlag ge- gen Israel“ auf. Der ehemalige UNSCOM-Chef, Richard Butler, schätzt, dass Bagdad nunmehr imstande ist, inner- halb eines Jahres eine Atombombe zu entwickeln. Gleich- zeitig weigert sich Saddam Hussein weiterhin, die UNO- Waffeninspektoren ins Land zu lassen. In jüngster Zeit nutzt Saddam die Krise im Nahost- Friedensprozess, um sich wieder als panarabischer Führer zu präsentieren. Während sein Volk hungert und Kranken- häuser geschlossen werden müssen, ließ Saddam Hussein über 50 Lastwagen mit 1 600 Tonnen Medikamenten und Lebensmitteln auf dem Landweg über Jordanien nach Palästina schaffen. Zehntausende Iraker warten angeblich darauf, in einem israelisch-palästinensischen Krieg an der Seite ihrer arabischen Brüder kämpfen zu dürfen. Überdies kündete er die Bildung einer Kommission an, mit der 100 Millionen Euro an arbeitslose amerikanische Staats- angehörige verteilt werden sollen. Gleichzeitig führt er sein Regime nach innen mit einer derart unerbittlichen Härte, dass sich die UNO-Vollversammlung zur Verab- schiedung einer Resolution veranlasst sah, die der Regie- rung von Saddam Hussein „systematische, weitverbreitete und besonders schwere Verstöße gegen die Menschen- rechte und internationales humanitäres Recht“ vorwirft. Wenn es je Anlässe zur Verhängung von Sanktionen gegeben hat, dann sind sie durch dieses Verhalten des Dik- tators von Bagdad noch eher verstärkt worden. Es ist unbestritten, dass die Versorgungslage im Lande ausgesprochen prekär ist und die Mehrheit der Bevölke- rung vom Lande katastrophale Lebensverhältnisse erdul- den muss. Umgekehrt gilt aber auch, dass das „Öl für Nahrungsmittel“-Abkommen in den letzten Jahren zu einer deutlich spürbaren Verbesserung der Situation bei- getragen hat. Es fragt sich also, was mit der Aufhebung der Sanktio- nen erreicht werden könnte. Eine erste Maßnahme wäre doch sicherlich, das Programm „Öl für Nahrungsmittel“ abzustellen mit der Folge, dass Saddam nunmehr freie Hand hätte, seinem Volk noch weitere Leiden aufzubür- den. Er könnte dabei überdies noch auf eine Art Quasile- gitimierung durch die Aufhebung der Sanktionen verwei- sen. Dass es bereits heute – Sanktionen hin, Sanktionen her – nur eines Fingerzeiges des Diktators bedürfte, um die Lebenssituation der Iraker nachhaltig zu entspannen, ist ebenso klar. Eine nüchterne Analyse der Lage im Irak kommt daher zu dem Ergebnis, dass mit der Aufhebung der Sanktionen die Position des Diktators weiter gestärkt, seinem Volk Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21189 (C) (D) (A) (B) aber nicht geholfen würde. Im Gegenteil. Es kommt jetzt darauf an, die Sanktionen zu verschärfen, sie zielgerichte- ter dort einzusetzen, wo sie unmittelbar die Interessen Saddam Husseins beeinträchtigen, und ihre Umsetzung besser zu kontrollieren. Es ist geradezu grotesk, dass die gleiche PDS-Fraktion, die Saddam Hussein noch vor kurzem mit einem Antrag des Völkermordes bezichtigt, nunmehr die Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak fordert. Aber derartige politische Akrobatik sind wir ja in- zwischen von den „demokratischen Sozialisten“ gewöhnt. Anlage 8 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 771. Sitzung am 20. No- vember 2001 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Pros- tituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) – Gesetz zur Änderung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften – Gesetz zur Neuausrichtung der Bundeswehr (Bundes- wehrneuausrichtungsgesetz – BwNeuAusrG) – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) – Gesetz zur Bestimmung der Schwankungsreserve in der Rentenversicherung der Arbeiter und Ange- stellten – Erstes Gesetz zur Änderung des Postumwand- lungsgesetzes – Zweites Gesetz zur Änderung des Postgesetzes – Versorgungsänderungsgesetz 2001 – Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsför- derungsgesetzes (AFBG-ÄndG) – Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – ... Gesetz zur Änderung des Vermögenszuordungs- gesetzes – Gesetz zur Änderung des Gesetzes überArbeitneh- mererfindungen – Gesetz zur Änderung des Anerkennungs- und Voll- streckungsausführungsgesetzes – Gesetz zur Bereinigung des als Bundesrecht fort- geltenden Rechts der Deutschen Demokratischen Republik – Gesetz zu dem Markenrechtsvertrag vom 27. Okto- ber 1994 – Gesetz zur Umsetzung von Rechtsakten der Europä- ischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energie- einsparung bei Geräten und Kraftfahrzeugen (Ener- gieverbrauchskennzeichnungsgesetz – EnVKG) – Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2002 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2002) – Gesetz über die Aufhebung des Gesetzes zur Förde- rung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau – Gesetz zu dem Vertrag vom 19. September 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und der Grenzschutzbehörden in den Grenzgebieten – Gesetz zu dem Partnerschaftsabkommen vom 23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (AKP-EG- Partnerschaftsabkommen) – Gesetz zu dem Abkommen vom 11. März 1996 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und derDe- mokratischen Volksrepublik Algerien über die ge- genseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Gesetz zu dem Vertrag vom 7. Februar 2000 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und derDe- mokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Gesetz zu dem Vertrag vom 23. Mai 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Botsuana über die Förderung und den gegenseiti- gen Schutz von Kapitalanlagen – ... Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung (Profes- sorenbesoldungsreformgesetz – ProfBesReformG) – Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) – Gesetz zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuord- nung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidar- paktfortführungsgesetz – SFG) Mit der Neufassung des § 1 FAG gemäß Art. 106 Ab- satz 3 und 4 GG in Verbindung mit § 4 Maßstäbegesetz wird die Höhe der Umsatzsteueranteile von Bund und Ländern festgelegt. Der Bundesrat stellt fest, dass die jeweiligen Rechts- positionen von Bund und Ländern zur Interpretation der Bestimmungen zum Familienleistungsausgleich in Art. 106 Abs. 3 und 4 GG in Verbindung mit § 4 Maß- stäbegesetz druch § 1 FAG gewahrt bleiben. Auf die entsprechenden Begründungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Maßstäbegesetz (Bundes- ratsdrucksache 161/01) sowie in der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Maßstäbegesetzes (Bundesratsdrucksache 161/01 [Beschluss]) wird Be- zug genommen. Im Übrigen wird auf Ziffer IV. 3 der Entschließung des Bundesrates vom 13. Juli 2001 (Bundesratsdrucksache 485/01 [Beschluss]) verwiesen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221190 (C) (D) (A) (B) Der Bundesrat erwartet, dass der nach § 6 Absatz 3 Sätze 4 und 5 des Gemeindefinanzreformgesetzes bis einschließlich dem Jahr 2019 um 29 v. H.-Punkte er- höhte Landesvervielfältiger zur Ermittlung der Gewer- besteuerumlage bereits im Jahr 2010 von Bund und Ländern auf seine Angemessenheit überprüft wird. Er gibt seiner Erwartung Ausdruck, dass das Ergebnis der Überprüfung zu einer gegebenenfalls erforderlichen Anpassung des Landesvervielfältigers führt. – Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terroris- mus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) Der Bundesrat begrüßt die mit dem Gesetzesbeschluss zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vor- gesehenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Sicher- heitslage in Deutschland. Mit den Anschlägen in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001 hat die terroristische Bedrohung weltweit eine neue Dimension erreicht. Vorbereitung und Ausführung der Anschläge waren ge- kennzeichnet durch ein hohes Ausmaß an Brutalität, Menschenverachtung und Fanatismus. Hinter den An- schlägen steht ein staatenübergreifendes Netz logi- scher und operativer Strukturen. Die gemeinsame Aufgabe aller staatlichen Kräfte muss es sein, dieser Bedrohung mit geeigneten Schutzmaß- nahmen entgegenzutreten. Die nunmehr beschlossenen Gesetzesänderungen stel- len eine notwendige Reaktion auf die internationalen Terrorangriffe vom 11. September und die damit ver- bundenen Angriffe auf die nationale Sicherheitslage in Deutschland dar. Die jüngsten terroristischen Anschläge haben gezeigt, dass eine wirksamere Bekämpfung des Terrorismus ne- ben geeigneten nationalen Maßnahmen auch eine ver- stärkte internationale Zusammenarbeit erfordert. Des- halb ist eine enge Kooperation aller zivilisierten Staaten und ihrer Sicherheitsbehörden notwendiger denn je. Dies gilt insbesondere für die Staaten der Eu- ropäischen Union. Die Innen- und Justizminister der EU haben am 20. September 2001 in einer von Deutschland initiierten Sondersitzung des Rates Justiz und Inneres einen um- fangreichen Maßnahmenkatalog zur Terrorismus- bekämpfung beschlossen. Dieser Katalog sieht unter anderem Maßnahmen bei der Visaerteilung, der Grenz- kontrolle sowie Maßnahmen im Inland vor, die sich in weiten Bereichen mit dem nationalen Sicherheitspaket decken. Der Bundesrat begrüßt daher die dort verabschiedeten Maßnahmen als Ausgangspunkt für eine entschlossene und wirkungsvolle Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Ohne die Gesamtheit dieser Maßnahmen aus dem Auge zu verlieren, sind die nachstehend genannten Punkte besonders hervorzuheben: – Billigung der konkreten Modalitäten des europä- ischen Haftbefehls, der die nationalen Ausliefe- rungsverfahren ersetzen soll; – Gemeinsamer Rechtsrahmen für die Terrorismus- bekämpfung (Definition der terroristischen Straftat- bestände sowie Strafen); – Einfrieren von Vermögensgegenständen; – Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den operativen Dienststellen, die für die Terrorismus- bekämpfung zuständig sind: EUROPOL, EURO- JUST, Nachrichtendienste, Polizeidienste und die Justizbehörden. Diese Zusammenarbeit soll es ins- besondere ermöglichen, bis Jahresende eine Liste der terroristischen Organisationen zu erstellen; – Stärkung der Sicherheitsmerkmale des gemeinsa- men Visums; – Überlegungen, wie das bisherige EU-Recht (bei- spielsweise zur Asylfrage oder für die Finanzmärkte) „terrorismus“-sicher gemacht werden kann; – Wirksamere Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus durch die förmliche Annahme der Richtlinie über die Geldwäsche und die beschleu- nigte Ratifizierung des Übereinkommens der Ver- einten Nationen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus durch alle Mitgliedstaaten. Nur durch eine enge Zusammenarbeit der EU mit den Mitgliedstaaten kann ein wirksamer Schutz erreicht wer- den. Nationale Maßnahmen reichen hierfür nicht aus. – Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuer- rechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsge- setz – UntStFG) 1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die mit der Enschließung des Bundesrates vom 30. November 2001 (Drucksache 892/01 [Be- schluss]) geforderte Überprüfung zügig mit dem Ziel durchzuführen, umgehend eine neue Rege- lung außerhalb des Steuerrechts vorzulegen, mit der die organschaftlichen Regelungen für Versi- cherungsunternehmen (§ 14 Abs. 3 KStG i.d.F. des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes) im Ergebnis entbehrlich werden. 2. Der Bundesrat erwartet, dass dann § 14 Abs. 3 KStG rückwirkend aufgehoben wird. Die Vorsitzenden des folgenden Ausschusses haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Ver- sammlung der Westeuropäischen Union/interimistische Eu- ropäische Versammlung für Sicherheit und Verteidigung (WEU/iEVSV) über die Tagungen der Versammlung vom 5. bis 8. Juni und vom 4. bis 7. Dezember 2000 in Paris – 46. Sitzungs- periode – Drucksachen 14/76705, 14/6995 Nr. 1 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der NATO Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 2002 21191 (C) (D) (A) (B) über die 46. Jahrestagung der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO vom 17. bis 21. November 2000 in Berlin – Drucksachen 14/6932, 14/7119 Nr. 3 – Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundes- tag gemäß § 5 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz (BStatG) für die Jahre 1999 und 2000 – Drucksachen 14/5912, 14/6213 Nr. 1 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2001 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 17 02 Titel 632 01 – Aufwendungen für Gräber der Opfer von Krieg und Ge- waltherrschaft – – Drucksachen 14/7262, 14/7413 Nr. 7 – Ausschuss für Tourismus – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Verlauf derWeltausstellung EXPO 2000 in Hannover (1. Juni bis 31. Oktober 2000) – Drucksache 14/5883 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla-ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratungabgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 14/6615 Nr. 2.9 Drucksache 14/6908 Nr. 1.3 Drucksache 14/7000 Nr. 2.16 Drucksache 14/7000 Nr. 2.17 Drucksache 14/7000 Nr. 2.25 Finanzausschuss Drucksache 14/7000 Nr. 1.15 Drucksache 14/7000 Nr. 1.24 Drucksache 14/7000 Nr. 2.4 Drucksache 14/7000 Nr. 2.13 Drucksache 14/7000 Nr. 2.37 Drucksache 14/7000 Nr. 2.39 Drucksache 14/7000 Nr. 2.41 Drucksache 14/7000 Nr. 2.48 Drucksache 14/7000 Nr. 2.57 Drucksache 14/7197 Nr. 2.12 Drucksache 14/7197 Nr. 2.13 Haushaltsausschuss Drucksache 14/7409 Nr. 2.25 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/4309 Nr. 1.37 Drucksache 14/7000 Nr. 2.20 Drucksache 14/7409 Nr. 2.6 Drucksache 14/7409 Nr. 2.15 Drucksache 14/7522 Nr. 1.19 Drucksache 14/7522 Nr. 2.5 Drucksache 14/7522 Nr. 2.7 Drucksache 14/7522 Nr. 2.9 Drucksache 14/7522 Nr. 2.11 Drucksache 14/7522 Nr. 2.12 Drucksache 14/7522 Nr. 2.14 Drucksache 14/7522 Nr. 2.16 Drucksache 14/7708 Nr. 2.30 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/7129 Nr. 2.19 Drucksache 14/7129 Nr. 2.20 Drucksache 14/7197 Nr. 2.29 Drucksache 14/7409 Nr. 2.26 Drucksache 14/7409 Nr. 2.27 Drucksache 14/7409 Nr. 2.39 Drucksache 14/7522 Nr. 2.3 Drucksache 14/7522 Nr. 2.13 Drucksache 14/7708 Nr. 2.1 Drucksache 14/7708 Nr. 2.36 Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 14/342 Nr. 2.38 Drucksache 14/1276 Nr. 2.2 Drucksache 14/4170 Nr. 2.27 Drucksache 14/5281 Nr. 1.3 Drucksache 14/5281 Nr. 2.20 Drucksache 14/5730 Nr. 2.14 Drucksache 14/6026 Nr. 1.2 Drucksache 14/6026 Nr. 1.3 Drucksache 14/6026 Nr. 2.4 Drucksache 14/6395 Nr. 2.12 Drucksache 14/6508 Nr. 2.9 Drucksache 14/6908 Nr. 2.3 Drucksache 14/7000 Nr. 1.16 Drucksache 14/7000 Nr. 2.18 Drucksache 14/7522 Nr. 1.2 Drucksache 14/7522 Nr. 2.1 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/7129 Nr. 2.6 Drucksache 14/7129 Nr. 2.7 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/7129 Nr. 1.2 Drucksache 14/7129 Nr. 2.18 Drucksache 14/7197 Nr. 1.1 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/7197 Nr. 2.6 Drucksache 14/7197 Nr. 2.25 Drucksache 14/7409 Nr. 2.11 Drucksache 14/7409 Nr. 2.12 Drucksache 14/7409 Nr. 2.13 Drucksache 14/7409 Nr. 2.23 Drucksache 14/7409 Nr. 2.29 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/6026 Nr. 2.22 Drucksache 14/6026 Nr. 2.23 Drucksache 14/6508 Nr. 1.1 Drucksache 14/6508 Nr. 2.25 Drucksache 14/7000 Nr. 1.19 Drucksache 14/7000 Nr. 1.26 Drucksache 14/7000 Nr. 2.42 Drucksache 14/7000 Nr. 2.45 Drucksache 14/7000 Nr. 2.46 Drucksache 14/7000 Nr. 2.47 Drucksache 14/7000 Nr. 2.49 Drucksache 14/7000 Nr. 2.53 Drucksache 14/7129 Nr. 2.11 Drucksache 14/7197 Nr. 2.17 Drucksache 14/7129 Nr. 2.44 Drucksache 14/7129 Nr. 2.48 Drucksache 14/7409 Nr. 2.7 Drucksache 14/7409 Nr. 2.14 Drucksache 14/7409 Nr. 2.17 Drucksache 14/7522 Nr. 1.3 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 213. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Januar 200221192 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den Unmut darüber
    verstehen, am Freitag noch Debatten führen zu müssen,
    aber ich bitte zu akzeptieren, dass es immer die kleinen
    Fraktionen trifft, wenn die Reden am Nachmittag zu Pro-
    tokoll gegeben werden. Aber ich halte es nicht für den
    Sinn parlamentarischer Debatten, wenn sich der Umgang
    miteinander auf das Austauschen schriftlicher Noten be-
    schränkt,


    (Beifall bei der PDS)

    und deswegen rede ich zu diesem Punkt. Ich wusste, dass
    die meisten Reden zu Protokoll gegeben werden, aber ich
    meine, zu Fragen der Demokratie muss man mindestens
    einen Satz sagen.

    Wir sollten uns darüber klar werden, dass man die
    Frage der Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak
    natürlich unter Berücksichtigung der Umfeldbedingun-
    gen debattieren muss: die Explosion von Gewalt und Ge-
    gengewalt im Nahen Osten, die brüchige Grenze zwi-
    schen Bürgerkrieg und Krieg, die beständige Drohung der
    USA, möglicherweise eine Militäraktion, einen Krieg ge-
    gen den Irak zu führen. Heute war erneut in der Presse zu
    lesen, dass sich Präsident Bush einen Krieg gegen den
    Irak als eine mögliche Option offen hält. Das muss man
    vor dem Hintergrund der Massierung von Truppen in der
    Region – dazu gehört auch die Stationierung deutscher
    ABC-Spürpanzer in Kuwait – sehen. All das macht die
    Region zu einem Pulverfass. Gerade deshalb muss man
    jetzt über Deeskalation, Stabilität und Humanität reden.
    Humanität bleibt unser Anliegen.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich möchte uns die eigentlichen Ziele der Sanktionen

    in Erinnerung rufen – auch wenn ich sie nie geteilt und im-
    mer für falsch gehalten habe, glaube ich, dass es gut ist,
    sich an diesen Zielen zu messen –: Durch die Sanktionen
    sollte verhindert werden, dass der Irak erneut eine mi-
    litärische Stärke erreicht; es sollte verhindert werden, dass
    er andere bedrohen kann; es sollte verhindert werden, dass
    er Zugang zu Massenvernichtungswaffen bekommt; es
    sollte erreicht werden, dass die kuwaitischen Gefangenen
    – die 600 Verschleppten – freigelassen werden und dass
    der Irak akzeptiert, dass die Souveränität Kuwaits nicht
    infrage gestellt werden darf.

    Indirekt – das war aber nie Gegenstand der Resolution –
    haben viele gehofft – auch ich habe diese Hoffnung –,
    dass die blutige Unterdrückung des irakischen Volkes
    durch Saddam Hussein beendet werden kann und dass
    dort ein Machtwechsel möglich wird. Deswegen meine
    Feststellung: Die Sanktionen haben genau diese Ziele
    nicht erreicht. Im Gegenteil: Sie waren kontraproduktiv.


    (Beifall bei der PDS)


    Man kann heute feststellen – das behauptet jeder –,
    dass der Irak militärisch nicht schwächer geworden ist.
    Ich frage mich immer wieder – diese Fragen werden wir
    beantworten müssen –: Warum greifen alle Sanktionen
    gegen die zivile Bevölkerung? Warum ist es nicht mög-
    lich, den Zustrom von Waffen in solche Länder endgültig
    zu unterbinden?


    (Beifall bei der PDS)

    Wer hat ein Interesse daran, mit solchen Ländern Waffen-
    handel zu betreiben?

    Der Einfluss des Hussein-Regimes ist durch die Sank-
    tionen nicht kleiner geworden, durch die Nahostauseinan-
    dersetzung erst recht nicht. Man kann sagen, dass Saddam
    Hussein – auch in den arabischen Ländern – noch nie so
    viel Einfluss wie heute hatte.

    Die Inspekteure der Vereinten Nationen sind noch
    nicht einmal ins Land gekommen, um zu überprüfen, ob
    Massenvernichtungswaffen vorhanden sind oder produ-
    ziert wurden. Dazu möchte ich anmerken, dass es nicht
    gerade hilfreich ist, dass die USA diese Situation zum An-
    lass nimmt, um einen möglichen Krieg zu führen, sich
    aber gleichzeitig bei der Auseinandersetzung über das Zu-
    satzprotokoll der Biowaffenkonvention weigert, interna-
    tionale Inspekteure ins eigene Land zu lassen. Das ist
    doch nicht glaubwürdig. Auch das haben wir den USA zu
    sagen.


    (Beifall bei der PDS)

    Da wir gerade beim Thema Glaubwürdigkeit sind,

    möchte ich anmerken, dass mir einmal jemand erklären
    sollte, warum die USA gerade in diesen Tagen die finan-
    zielle Unterstützung für die irakische Opposition einge-
    stellt haben. Wenn man einen nicht militärischen Macht-
    wechsel anstrebt, passt das doch nicht zusammen.

    Alles in allem hat unter den Sanktionen nur die zivile
    Bevölkerung im Irak gelitten: 500 000 bis 600 000 Kin-
    der sind an den Folgen des Embargos gestorben; die Ar-
    beitslosigkeit beträgt mittlerweile 60 bis 75 Prozent; die
    Einkommen sind um zwei Drittel zurückgegangen; das
    Bildungswesen ist fast zusammengebrochen. Deswegen
    lauten unsere Forderungen: Alle nicht militärischen
    Sanktionen – die Sanktionen gegen das Militär möchte ich
    sogar verstärkt wissen – müssen aufgehoben werden; die
    tatsächlich demokratische Opposition im Irak muss un-
    terstützt werden; politischer Druck muss entwickelt wer-
    den; die deutschen Panzer dürfen jetzt nicht in Kuwait
    stationiert werden. Eine solche Stationierung kann inter-
    national nur als ein Einverständnis mit einem möglichen
    Krieg gegen den Irak verstanden werden, in den wir uns
    nicht hineinziehen lassen dürfen. Wir müssen vielmehr
    heraus. Es müssen sofort Korrekturen vorgenommen
    werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Deshalb lautet meine Bitte und Forderung an die Bun-

    desregierung, endlich verbindlich zu erklären, dass man
    sich nicht an militärischen Aktionen, an einem Krieg der
    USAgegen den Irak beteiligen wird. Ich möchte, dass das
    hier verbindlich erklärt wird, damit die USA das zur
    Kenntnis nehmen.




    Vizepräsidentin Petra Bläss

    21155


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Auch wenn jetzt Freitagnachmittag ist: Ihnen das vor-
    zutragen war es mir wert. Das ist die Begründung zu un-
    serem Antrag.

    Herzlichen Dank, dass Sie es sich zumindest angehört
    haben.


    (Beifall bei der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Da die Kollegen

Christoph Moosbauer, Joachim Hörster, Rita Grießhaber
und Ulrich Irmer ihre Reden zu Protokoll gegeben haben,
schließe ich die Aussprache.1)

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksa-
che 14/5716 zu dem Antrag der Fraktion der PDS zur Auf-
hebung der Sanktionen gegen den Irak. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/4709 abzuleh-
nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist gegen die Stimmen der PDS-Fraktion angenommen.

Ich rufe Zusatzpunkt 11 auf, der zugleich der letzte Ta-
gesordnungspunkt der heutigen Debatte ist:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der PDS
Haltung der Bundesregierung zu aktuellen
Veröffentlichungen über einen Einsatz eines
V-Mannes im NPD-Vorstand

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist die Kol-
legin Ulla Jelpke für die PDS-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Frau Präsidentin! Meine Damen
    und Herren! Wir diskutieren heute über einen der größten
    Skandale in der Geschichte der Republik.


    (Zuruf von der SPD: Ach was!)

    Die PDS hat diese Aktuelle Stunde beantragt, Herr Schily,
    damit Sie diesen Skandal restlos aufklären und alle Kar-
    ten auf den Tisch legen.

    Dem Verfassungsgericht in Karlsruhe ist im Verbots-
    verfahren gegen die NPD verschmutztes Material vorge-
    legt worden. Einer der 14 geladenen Zeugen, der in der
    Anklageschrift an vielen Stellen mit agressiven antisemi-
    tischen Äußerungen zitiert wird, ist als Spitzel des Ver-
    fassungsschutzes enttarnt.

    Der innen- und außenpolitische Schaden, der entstan-
    den ist, ist enorm. Das Verbotsverfahren wird politisch
    und juristisch zurückgeworfen. Die Neonazis frohlocken
    und feiern. Alle Gegner des NPD-Verbots fühlen sich, wie
    man schon jetzt den Medien entnehmen kann, ermutigt.
    Sie glauben, dass ein NPD-Verbot nun gar nicht mehr ge-
    fordert wird. Die Opfer der Neonazis, Flüchtlinge, Mi-
    granten, Antifaschisten und Antirassisten, sind vor den
    Kopf geschlagen.

    Statt schnellstens für Aufklärung zu sorgen, sorgen die
    Innenminister Schily, Beckstein und Behrens für Schlag-

    zeilen, wer der eigentlich Schuldige ist. Es kann doch
    überhaupt keine Frage sein: Natürlich trägt Innenminister
    Schily als oberster „Schirmherr“ die Hauptverantwortung
    für den entstandenen Schaden.


    (Beifall bei der PDS)

    Das entlastet die Innenminister Beckstein und Behrens
    allerdings nicht. Auch sie hängen mit drin.

    Allein die Tatsache, dass der V-Mann Frenz 36 Jahre
    lang nicht nur für den Verfassungsschutz in NRW gespit-
    zelt hat, sondern die NPD von Anfang an faktisch mit auf-
    gebaut hat, ist unglaublich.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Dass V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD mit-
    mischen, ja sogar in deren Bundesvorstand sitzen,
    während dieselbe Partei eine Unzahl von Gewalttaten ge-
    gen Flüchtlinge, Migranten und andere Menschen plant,
    propagiert und durchführt, ohne dass die Sicherheits-
    behörden das verhindert haben, ist ungeheuerlich.

    Dass man jetzt dem Gericht in Karlsruhe einfach mit-
    teilt, dieser Mann sei 1995 „abgeschaltet“ worden, wie
    von einigen vorgeschlagen wird, löst das Problem unseres
    Erachtens nicht. Es sind doch ganz andere, grundsätzliche
    Fragen aufgeworfen worden, die geklärt werden müssen.
    Wolfgang Frenz hat nicht nur den VS informiert, er hat als
    Ziehkind des Verfassungsschutzes die NPD mit begrün-
    det, sie über Jahrzehnte hinweg maßgeblich mit aufge-
    baut. Nach Brandenburg und Thüringen steht damit erneut
    der von uns schon immer kritisierte V-Leute-Einsatz im
    Bereich des Rechtsextremismus zur Debatte.

    Die Ausführungen zum agressiven Antisemitismus der
    NPD in den Verbotsanträgen von Bundestag, Bundesrat
    und Bundesregierung beziehen sich maßgeblich auf die
    Aussagen von Wolfgang Frenz und Horst Mahler. Deren
    Ausführungen sind für die Anklage derart wichtig, dass
    man jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen
    kann. Natürlich ist der Vorwurf des agressiven Antisemi-
    tismus der NPD auch ohne die Zitate von Herrn Frenz
    vollauf berechtigt und begründet;


    (Sebastian Edathy [SPD]: Wohl wahr!)

    aber die Anklageschriften müssen jetzt grundlegend über-
    prüft und überarbeitet werden, vor allen Dingen dahin ge-
    hend, ob sich weitere V-Leute hinter den Zeugen verber-
    gen.

    Die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern
    sowie die Innenminister, die diesen unglaublichen Vor-
    gang zu verantworten haben, über den wir hier diskutie-
    ren, haben den Rechtsextremismus seit Jahren bagatelli-
    siert. Es ist kein Wunder, dass jetzt in der Öffentlichkeit
    darüber spekuliert wird, wie hoch die Zahl der V-Leute in-
    nerhalb der NPD wohl sein mag. Diese Fragen sind, wie
    gesagt, vollauf berechtigt. Die Zeitung „Die Welt“ hat das
    gestern mit einer Karikatur auf den Punkt gebracht. Darin
    werden Schröder und Schily vom Karlsruher Gericht per
    Telefon gefragt, wer denn nun eigentlich verboten werden
    solle: die NPD oder der Verfassungsschutz?


    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Und die PDS vielleicht!)





    Wolfgang Gehrcke
    21156


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    1) Anlage 7

    Die Innenminister und der Verfassungsschutzleiter be-
    teuern, es gebe keine weiteren Spitzel auf der Liste der
    nach Karlsruhe geladenen Zeugen. Wir wissen aber, dass
    seit Jahren viele Spitzel vom Verfassungsschutz in die
    NPD eingeschleust wurden. Das muss genauestens auf
    den Tisch. Das Gericht in Karlsruhe, wir selbst, aber vor
    allem die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf, dass die-
    ser Skandal von Innenminister Schily, aber auch von den
    Länderinnenministern restlos aufgeklärt wird.

    Wir sind nicht bereit, jetzt irgendwelche Schnell-
    schüsse mitzumachen. Schon gar nicht sind wir bereit,
    vorschnell irgendwelche Entschuldigungen und Beschö-
    nigungen hinzunehmen. Es gibt mehrere Vorschläge, die
    im Raum stehen, zum Beispiel den Einsatz eines Sonder-
    ermittlers bzw. die Einsetzung eines parlamentarischen
    Untersuchungsausschusses. Wir in der PDS-Fraktion
    werden alle Möglichkeiten unterstützen, die Aufklärung
    bringen und vor allen Dingen dienlich sind, um das Ver-
    bot der NPD weiter zu betreiben. Denn die NPD ist eine
    antisemitische, aggressive, hetzerische, gewalttätige, ver-
    fassungsfeindliche Partei, die verboten gehört.