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    Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushalts- plans für das Haushaltsjahr 2002 Haus- haltsgesetz 2002 (Drucksachen 14/6800, 14/7537, 14/7301 bis 14/7320, 14/7321, 14/7322, 14/7323 20365 A Manfred Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 20365 B Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20365 D Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20368 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 20372 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20375 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20378 C Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20380 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20385 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20385 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 20385 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . 20389 B, C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20390 C, 20392 D Tagesordnungspunkt III: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Soli- darpaktfortführungsgesetz) (Drucksache 14/7063) . . . . . . . . . . . . . 20395 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungs- gesetz) (Drucksachen 14/7256, 14/7646, 14/7647) 20395 A Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20395 C Leo Dautzenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20397 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20399 C Gisela Frick FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20401 C Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20402 D Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20404 A Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20406 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 20408 D Zusatztagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Versorgungsänderungs- gesetzes 2001 (Drucksachen 14/7223, 14/7257, 14/7681, 14/7693) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20409 B – Zweite und dritte Beratung des von den FraktionenderSPDunddesBÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Plenarprotokoll 14/206 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 206. Sitzung Berlin, Freitag, den 30. November 2001 I n h a l t : Entwurfs eines Versorgungsände- rungsgesetzes 2001 (Drucksachen 14/7064, 14/7681, 14/7693) 20409 C – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Be- amtenrechtsrahmengesetzes (Drucksachen 14/6717, 14/7681, 14/7693) 20409 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 20409 D Meinrad Belle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20411 A Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20412 C Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20413 C Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20414 B Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 20415 A Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Straf- prozessordnung (Drucksachen 14/7008, 14/7258, 14/7679) 20417 A Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 20417 B Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20418 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20419 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20421 A Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20422 A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . . . . . . . . . . . . 20422 D Tagesordnungspunkt IV: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (Drucksachen 14/5975, 14/7573) . . . . 20424 C – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Förderung des Pa- tentwesens an den Hochschulen (Drucksachen 14/5939, 14/7573) . . . . 20424 D Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 20424 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20427 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20429 A Anlage 2 Zu Protokoll gegeben Reden zur Beratung der Gesetzentwürfe: – Änderung des Gesetzes über Arbeitneh- mererfindungen – Förderung des Patentwesens an Hochschulen (Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . 20429 D Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20429 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20430 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20431 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20432 C Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20433 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20433 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 Norbert Hauser (Bonn) 20427 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20429 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 Gila DIE GRÜNEN Balt, Monika PDS 30.11.2001 Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 Marieluise DIE GRÜNEN Bohl, Friedrich CDU/CSU 30.11.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 30.11.2001 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Caesar, Cajus CDU/CSU 30.11.2001 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 30.11.2001 Follak, Iris SPD 30.11.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 30.11.2001 Peter Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 30.11.2001 Günther (Plauen), FDP 30.11.2001 Joachim Haschke CDU/CSU 30.11.2001 (Großhennersdorf), Gottfried Hauer, Nina SPD 30.11.2001 Heiderich, Helmut CDU/CSU 30.11.2001 Dr. Hendricks, Barbara SPD 30.11.2001 Hübner, Carsten PDS 30.11.2001 Kolbow, Walter SPD 30.11.2001 Kraus, Rudolf CDU/CSU 30.11.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 30.11.2001 Lippmann, Heidi PDS 30.11.2001 Nachtwei, Winfried BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Nahles, Andrea SPD 30.11.2001 Ost, Friedhelm CDU/CSU 30.11.2001 Pieper, Cornelia FDP 30.11.2001 Rauber, Helmut CDU/CSU 30.11.2001 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 30.11.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 30.11.2001 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 30.11.2001 Schenk, Christina PDS 30.11.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 30.11.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 30.11.2001 Hans Peter Schröter, Gisela SPD 30.11.2001 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 30.11.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 30.11.2001 Reinhard Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 30.11.2001 Christian Dr. Freiherr von CDU/CSU 30.11.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 30.11.2001 Thiele, Carl-Ludwig FDP 30.11.2001 Dr. Thomae, Dieter FDP 30.11.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 30.11.2001 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Wiesehügel, Klaus SPD 30.11.2001 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Gesetzentwürfe: – Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmer- erfindungen – Förderung des Patentwesens an Hochschulen (Tagesordnungspunkt 4) Alfred Hartenbach (SPD): Die Innovationszentren Deutschlands liegen nicht nur in der Industrie und deren Forschungsanstalten, sondern in hohem Maße auch bei den Hochschulen und Fachhochschulen. Leider konnte das Potenzial der dortigen geistigen Leistungen bisher nicht in dem Umfange auch wirtschaft- lich genutzt werden, wie dies wünschenswert, ja auch ge- radezu erforderlich wäre. Der Grund liegt darin, dass es bisher den Hochschullehrern und Fachhochschullehrern freigestellt war, ob sie eine Erfindung, die in ihrem Tätig- keitsbereich gelungen war, als Patent anmelden und ver- markten wollten oder ob sie davon Abstand nehmen. In aller Regel war die Kostenfrage, aber auch die Prozedur der Anmeldung ein eher abschreckender Faktor für die weniger dem Kommerziellen und dafür mehr dem Wis- senschaftlichen zugewandten Hochschullehrer. entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Damit sind sowohl der deutschen Wissenschaft als auch der deutschen Wirtschaft sehr häufig wertvolle Erfindungen verloren gegangen, die dann aus dem Aus- land heraus angemeldet und von dort aus auch verwertet wurden. Das Ausland macht uns längst vor, dass man mit den wissenschaftlichen Erfindungen an den Hochschulen auch anders verfahren kann. In vielen Ländern sind an den Hochschulen ganze Stabsabteilungen vorhanden, die dann die Erkenntnisse und Ergebnisse der Forschung in den Hochschulen auch vermarkten, in aller Regel sogar sehr gut vermarkten und damit auch für eine künftige bessere technische Ausstattung der Hochschulen sorgen können. Wir wollen dies mit unserem Gesetz auch für Deutsch- land ermöglichen. Dabei haben wir von den Koalitions- fraktionen allerdings einen sehr wesentlichen Unterschied zu dem, was die Länder wollen. Wir wollen, dass der Hochschullehrer nach wie vor entscheiden kann, ob er vermarktet oder nicht vermarktet. Dies sind wir dem ver- fassungsmäßigen Grundsatz der Freiheit von Wis- senschaft und Lehre schuldig. Wir sind allerdings über- zeugt, dass mit unserem Gesetz den Hochschullehrern der Zugang zu einer Patentanmeldung und damit auch einer Vermarktung wesentlich erleichtert wird. Künftig brau- chen sie sich nicht mehr um die Details zu kümmern; künftig brauchen sie nicht mehr Sorge zu tragen, welche Kosten ihnen entstehen, und künftig werden sie automa- tisch am Erfolg ihrer Forschung beteiligt werden. Wir wissen, dass wir damit Neuland betreten, und wir wissen auch, dass an den Hochschulen oder aber in dem jeweiligen Bundesland zentral erst noch Stellen errichtet werden müssen, die dann die Forschung auch zum Patent anmelden. Damit treten die Länder oder aber die Hoch- schulen dann in Konkurrenz zu bereits jetzt schon vor- handenen Unternehmern, die ihre Dienste schon seit län- gerem den Hochschullehrern anbieten und dafür auch in aller Regel – auch bei zu beachtender Mischkalkulation – gut verdienen. Dieser Konkurrenzeffekt ist durchaus ge- wollt. Er wird den Forscherdrang und den Drang zur Ver- öffentlichung von Forschungsergebnissen beflügeln und er wird dafür sorgen, dass künftig mehr Erkenntnisse aus deutschen Hochschulen auch wirtschaftlich verwertet werden können. Alles in allem ein gutes Gesetz, das die volle Zustim- mung des ganzen Hauses verdient hat. Jörg Tauss (SPD): Die Tatsache, dass auf der heuti- gen Tagesordnung – nachdem wir gestern einen abermals aufgestockten und zukunftsweisenden Etat für Bildung und Forschung verabschiedet haben – erneut das Thema Forschung angesetzt ist, ist eigentlich schon Beleg genug, dass die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in ihren Reformbemühungen für die dringend gebotene Modernisierung der Wissenschafts- und For- schungslandschaft nicht nachlassen. Ganz im Gegenteil: Es geht eben nicht allein um den bereitzustellenden Etat – Ihre jahrelangen Versäumnisse, die uns bis heute zu schaffen machen, haben wir gestern lang und breit disku- tiert –, es geht auch um strukturelle Reformen, zu denen Sie erst recht nicht in der Lage waren und für die es vie- lerorts die letzte Gelegenheit ist, meinen wir es ernst mit der Aussage, dass wir den Wissenschafts- und For- schungsstandort auf diesem hohen Niveau erhalten und im internationalen Wettbewerb fit machen wollen. Ziel des heute in zweiter und dritter Lesung zu bera- tenden Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen ist es, die bisherige Regelung der Rechte an den Erfindungen von Hochschullehrern – das so genannte Hochschullehrer- privileg des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetzes – an die sich gravierend veränderten Rahmenbedingungen der Hochschulforschung anzupassen. Auch diese gesetzliche Änderung ist eine längst überfällige Anpassung an eine gänzlich veränderte Wirklichkeit und damit ein wichtiger Bestandteil der zwingend gebotenen strukturellen Refor- men und damit auch ein weiterer Baustein einer zukunfts- fähigen Innovationspolitik der rot-grünen Bundesregie- rung, die den Wissenschafts- und Forschungsstandort für die Herausforderungen der Zukunft wappnen will. Bei der angestrebten Verbesserung der Verwertung von Hochschulerfindungen sind vor allem vier Schwerpunkte das erklärte Ziel der Novelle: Zum einen soll das derzeit brachliegende Innovationspotenzial an den Hochschulen auch für die Hochschulen in einem deutlich höheren Maße genutzt werden, zugleich sollen die Hochschulen in ihrer Verantwortung für den Technologietransfer nachhal- tig gestärkt werden. Eng mit diesem Ziel verwoben ist die dringend gebotene Verbesserung des Technologietrans- fers zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Alles in allem geht es also um die Sicherstellung und Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutsch- land in einem immer schwieriger werdenden globalen Wettbewerb. Dabei ist wiederum die Tatsache, dass es eine von Bund und Ländern gemeinsam gestartete Initia- tive war, die den Anstoß für die heute zu diskutierende Gesetzesänderung gab, ein wichtiger Beleg dafür, das diese rot-grüne Bundesregierung sich in Zusammenarbeit mit den Bundesländern – sofern sie es denn wollen – den immensen Herausforderungen stellt und wichtige Wei- chenstellungen vornimmt. Gegenstand der parlamentarischen Beratungen waren zwei Gesetzentwürfe. So gab es zum einen den Entwurf des Bundesrates, zum anderen den Entwurf der Koaliti- onsfraktionen. Stellt man die beiden Entwürfe nebenei- nander, so fällt auf, dass sie sich in der Zielsetzung nicht wesentlich unterscheiden. Die Ansätze, mit denen diese wichtigen und sicherlich unstrittigen Ziele verwirklicht werden sollen, unterscheiden sich dagegen schon an eini- gen Stellen. Der Grund, warum sich die Koalitionsfrak- tionen nicht dem Gesetzentwurf des Bundesrates angeschlossen habe, ist, dass der Entwurf der Koalitions- fraktionen das angestrebte Gesetzesziel besser verwirkli- chen kann und zudem dem zwingend zu beachtenden Ver- fassungsrecht, nämlich die Freiheit von Forschung und Lehre gemäß Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz, in einem deutlich höheren Maße Rechnung trägt. Mit der nun vorgesehenen Neufassung des § 42 Ar- beitnehmererfindungsgesetz werden die Hochschulen künftig in der Lage sein, das oftmals ungenutzte Innova- tionspotenzial auch für die Hochschulen zu nutzen und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120430 (C) (D) (A) (B) Erfindungen der Hochschullehrerinnen und -lehrer, der Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten besser wirt- schaftlich zu verwerten. Nach den bisherigen Regelungen stand es allein im Ermessen der Erfinder, über die Paten- tierung und Verwertung von Erfindungen zu entscheiden. Das hatte zur Folge, dass ein erhebliches Innovationspo- tenzial an den Hochschulen schlichtweg brachlag, weil oftmals die mit der Patentierung verbundenen Kosten, der erhebliche Zeitaufwand und das wirtschaftliche Risiko gescheut wurde. Mit den nun vorgesehenen Regelungen werden die Hochschulen das Recht erhalten, die Erfindungen ihres wissenschaftlichen Personals zum Patent anzumelden und durch Lizenzen Einnahmen zu erzielen. Strittig war, wie die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer hieran be- teiligt werden sollten. Der Gesetzentwurf des Bundesra- tes hatte hier einen etwas anderen Ansatz gewählt, der je- doch nach unserer Auffassung nicht tragfähig gewesen wäre. Während der Entwurf des Bundesrates ein Drittel der Nettoverwertungseinnahmen als Erfindervergütung vorsah und so den Streit vorprogrammiert hätte, welche Ausgabe den nun von den Bruttoeinnahmen seitens der Hochschule abgezogen werden dürfte, haben wir uns für einen anderen Weg entschieden: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass den Erfindern als Vergütung 30 Prozent der Brut- toverwertungseinnahmen zustehen. Den Patentierungs- aufwand kann die Hochschule aus den ihr verbleibenden 70 Prozent decken. Sie sehen, auch hier verfolgen wir im Grundsatz das gleiche Ziel wie der Gesetzentwurf des Bundesrates, wir versuchen nur, zu sachgerechteren und auch vergleichbaren Lösungen zu kommen. Ich denke dennoch, dass auch die Länder mit der jetzigen Lösung le- ben können. In der öffentlichen Debatte gibt es – vor allem an den Hochschulen – offenbar noch ein paar kleine Unklarheiten hinsichtlich der Diensterfindungen bei Nebentätigkeit – und hier vor allem bei Drittmittelforschung. Die In- anspruchnahme des Rechtes des Dienstherren bei Dienst- erfindungen umfasst neben den Erfindungen aus wissen- schaftlicher Tätigkeit mit Mitteln der Hochschule auch die Forschung mit Mitteln Dritter im Sinne des § 25 des Hochschulrahmengesetzes. Erfindungen dagegen, die Wissenschaftler im Rahmen einer Nebentätigkeit ma- chen, sind dann frei, wenn es sich hierbei um keine Dienst- erfindungen im Sinne des § 4 Abs. 2 handelt. Für die Ab- grenzung im konkreten Einzelfall gelten die allgemeinen Grundsätze, ohne dass es hierfür einer Sonderregelung bedarf. Jedoch sind auch freie Erfindungen der Hoch- schule mitzuteilen. Für die Inanspruchnahme und das Ver- fahren gelten die gleichen Regelungen wie für Beschäf- tigte im privaten und öffentlichen Dienst. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass diese Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen ein weiterer wichtiger Baustein bei der Modernisierung der Wissen- schafts- und Forschungslandschaft ist, die vor allem zum Ziel hat, die verkrusteten Strukturen in diesem Bereich aufzubrechen und die zweifellos vorhandenen Innovati- onspotenziale zu nutzen – im Interesse eines zukunfts- und wettbewerbsfähigen Wissenschafts- und Forschungs- standortes Deutschland. Zu einer wirklich verantwor- tungsvollen Forschungspolitik gehört eben die Stärkung der Hochschulen bei der Nutzung dieser Potenziale, wo- bei es aber eben nicht darum gehen kann, die Frage der wirtschaftlichen Verwertung allein zu thematisieren, son- dern auch die Wissenschaftsrechte und Wissenschaftler- rechte im Blick zu behalten. Dies ist meines Erachtens mit dem heute zur abschließenden Beratung anstehenden Ge- setzentwurf gelungen. Damit diese wichtigen Instrumente möglichst schnell greifen und Früchte tragen, wird diese Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen durch eine Verwertungsinitiative der Bundesregierung flankiert. Bis zum Jahr 2004 stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung insgesamt 100 Millionen DM aus den UMTS-Zinsersparnissen zur Verfügung. Mit diesen Mit- teln sollen die Hochschulen professionelle Agenturen mit der Durchführung von Patentanmeldungen und der Ver- marktung und Verwertung der gemachten Erfindungen beauftragen können. Es ist ein schöner Brauch, am Schluss einer parlamen- tarischen Initiative allen hieran Beteiligten für ihr Enga- gement zu danken. Danken möchte ich den Fachpolitikern in den Arbeitsgruppen der Koalitionsfraktionen, den Staatssekretären und den Fachabteilungen in den beteilig- ten Bundesministerien. Diesen Dank betone ich umso mehr, als es bei den nicht immer einfachen Auseinander- setzungen und Abstimmungsprozessen zwischen For- schungs-, Rechts- und auch Sozialpolitikern oft genug da- rauf ankommt, die unterschiedlichen Interessen zu verbinden. Gestatten Sie mir am Schluss meiner Ausführungen noch darauf hinzuweisen, dass es ein besonderer Wunsch der Bundesländer und der Hochschulen ist, diese Geset- zesänderung nun möglichst rasch umzusetzen, weil damit ein deutlicher Anstieg der Patentanmeldungen zu erwar- ten ist. Aus diesem Grund ist es richtig, die besonderen Bestimmungen für Erfindungen an Hochschulen bereits jetzt und heute zu verabschieden und eben nicht auf den noch in einem frühen Stadium der Beratungen befindli- chen Gesetzentwurf über Arbeitnehmererfindungen zu warten. Ich werbe daher bei den Kolleginnen und Kolle- gen von der Opposition im Interesse des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland und im Interesse der zwingend notwendigen Fortführung der Reformpro- zesse in diesem Bereich um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Freuen Sie sich mit uns auf die Wiederentdeckung des allzu lange brach – liegenden Innovationspotenzials an unseren Hochschu- len. Die Zunahme der Patentierungen wird dies alsbald bestätigen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach intensiver Beratung mit Experten aus den Hoch- schulen und der Forschung können wir nun den Gesetz- entwurf der Koalitionsfraktionen zur abschließenden Le- sung vorlegen. Mit dem zu verabschiedenden Gesetz ist es uns gelungen, den Spagat zwischen der Gewährung der Forschungsfreiheit und einer effizienten Verwertung von Patenten an Hochschulen zu verwirklichen. Ziel ist es nun, die Patentverwertung an den Hochschulen so attrak- tiv zu gestalten, dass immer mehr Hochschullehrer ihre Hochschulen als Verwertungspartner sehen und nicht mehr die Industrie. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20431 (C) (D) (A) (B) Erstens. Ausgangslage – brachliegende Innovationspo- tenziale: In der bisherigen Gesetzesstruktur gibt es weder für Wissenschaftler noch für die Hochschulen Anreize, Erfindungen in Patente umzusetzen und damit wirtschaft- lich zu verwerten. Auf der einen Seite verzichten die For- scher oft auf die Anmeldung zum Patent, da die Beantra- gung mühselig und die Finanzierung ungewiss ist. Statt sich mit bürokratischen Hürden auseinander zu setzen, konzentrieren sie sich lieber auf ihre eigene Stärke: das Forschen. Auf der anderen Seite profitieren Hochschulen im Gegensatz zu allen anderen Arbeitgebern und außer- universitären Forschungseinrichtungen bisher nicht von den Patenterlösen ihrer Arbeitnehmer. Demnach haben sie auch kein gehobenes Eigeninteresse an der Anmeldung und anschließenden Verwertung von Erfindungen. In der Konsequenz stehen wir vor dem Dilemma, dass das Inno- vationspotenzial an den deutschen Universitäten brach- liegt. Statt gute Ideen in Erfindungen umzusetzen und so- mit ökonomisch zu nutzen, bleiben sie im Getriebe der bürokratischen Universitätsstrukturen hängen. Zweitens. Ziel des Gesetzes – Stärkung des Patent- rechts der Universitäten: Mit der Reform des Hochschul- lehrerprivilegs werden wir diese verkrusteten Strukturen aufbrechen und das bisher brachliegende Innovationspo- tenzial an den Hochschulen nutzen. Mit dem neuen Ge- setz werden die Hochschulen zukünftig das Recht haben, die Erfindungen ihres Personals zu verwerten; innerhalb von zwei Monaten erhalten sie das Exklusivzugriffsrecht. Dies gilt auch für Forschung im Rahmen von Drittmitteln und Nebentätigkeiten. Die genaue Abgrenzung zwischen einer Diensterfindung und einer freien Erfindung muss dann im Einzelfall geregelt werden. Die Forscher werden im Gegenzug an den Patenterlösen mit 30 Prozent betei- ligt und brauchen sich nicht um finanzielle und bürokra- tische Fragen der Patentanmeldung und -verwertung zu kümmern. Entscheidende Verbesserungen stellen sich in drei Feldern ein: Zukünftig werden wieder mehr Patente angemeldet und verwertet. Gute ldeen bleiben nicht in Schubladen liegen. Den Hochschulen wird die Möglichkeit gegeben, aus ihren eigenen Investitionen auch Kapital zu schlagen – wenn sie anfangen, selbst aktiv zu werden. Zwischen Wirtschaft und Universität wird ein intensi- verer Wissens- und Technologietransfer stattfinden. Der Diffusionsgrad von Forschungsergebnissen aus den Unis in die Wirtschaft hinein wird erhöht. Drittens. Flankierende Maßnahme – Aufbau einer brei- ten Patent- und Verwertungsinfrastruktur: Bei der Reform des ArbNErfG geht es allerdings nicht darum, Inseln der Patentverwertung innerhalb der Hochschulen zu schaffen. Vielmehr sollen diese eng mit wirtschaftlichen Interessen verzahnt werden und an den Bedürfnissen gerade der klei- nen und mittleren Unternehmen orientiert sein. Die uni- versitären Patentverwertungsstrukturen müssen in ein wirtschaftliches Netzwerk eingebunden sein. Daher wird die rot-grüne Regierung parallel eine Verwertungsoffen- sive starten und den Aufbau einer breiten Patent- und Ver- wertungsstruktur an den deutschen Hochschulen unter- stützen. Hier gilt es, Kosten von Patentanmeldungen in der Anfangsphase zu bezuschussen, Mitarbeiter in einer Qualifizierungsoffensive für die Patentverwertungsstruk- turen auszubilden und die Verwertungslandschaft in Deutschland zu vernetzen und Kommunikations- und Ko- operationsplattformen aufzubauen. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen explizit da- rauf gedrängt hat, die Reform des Hochschullehrerprivi- legs einer allgemeinen Novelle des ArbNErfG vorzuzie- hen. Andernfalls hätte die Gefahr einer zeitlichen Verzögerung bestanden. In unseren Augen ist diese Re- form ein erster Schritt zu einer umfassenden Reform der Hochschulen, die auf mehreren Ebenen stattfinden muss. Die Verbesserung der Patentverwertung war überfällig und zwingend notwendig, ihr müssen jedoch weitere Re- formen folgen. Rainer Funke (FDP): Das Arbeitnehmererfindungs- gesetz ist praktisch seit 1957 unverändert. Seitdem hat sich in den Arbeitsabläufen Grundlegendes verändert. Mehr als bisher werden Erfindungen im Team gemacht. Erfindungen sind kapitalintensiv geworden, kurzum: Die Strukturen haben sich grundlegend verändert. Das gilt auch im Vergleich der nationalen Arbeitnehmererfindun- gen zu internationalen Regelungen. Außerdem müssen die Verbindungen in international tätigen Konzernen berücksichtigt werden. Deswegen fordert die FDP seit langem eine Neufassung des Arbeitnehmererfindungsge- setzes und, wie wir hören, will auch die Bundesregierung noch in diesem Jahr, spätestens Anfang Januar, eine ent- sprechende Kabinettsentscheidung herbeiführen. So hatte ja auch die Bundesregierung im März 2000 die beteilig- ten Kreise zu einer Anhörung geladen. Wenn die Bundesregierung eine grundlegende Über- arbeitung des Arbeitnehmererfindergesetzes vorsieht, be- steht überhaupt kein Anlass, für Hochschullehrer Sonder- regelungen, sozusagen Insellösungen, vorzusehen. Grundsätzlich sind Erfindungen im Hochschulbereich nicht wesentlich anders zu bewerten als im Bereich der freien Wirtschaft. In beiden Bereichen wollen wir, dass Eigeninitiative und Erfinderfreudigkeit des jeweiligen Mitarbeiters gefördert wird. Vorab eine Änderung des Hochschullehrerprivilegs vorzunehmen macht keinen Sinn, auch wenn sich die Bundesregierung von der Bun- desratsinitiative, die im Wesentlichen fiskalisch begrün- det wird, getrieben fühlt. Wenn schon eine Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes von der Bundesregie- rung vorgesehen wird, kann diese Hochschullehrerfrage auch im Rahmen eines Gesamtkonzeptes umgesetzt wer- den. Dies ist auch unter gesetzgeberischen Gesichtspunk- ten sinnvoll, weil nur so ein gerechter Interessenausgleich zwischen Bundestag und Bundesrat erfolgen kann. Nur wenn alle Fragen gemeinsam geregelt werden, besteht auch eine Chance, dass in dieser Legislaturperiode das Gesamtwerk von Bundestag und Bundesrat gemeinsam beschlossen wird. Wir werden darum gegen beide Gesetzesvorschläge, nämlich die von Bundesrat und Bundesregierung, stim- men. Auch inhaltlich sind Fragen offen geblieben, so ins- besondere die Frage der Teamvergütung und die Frage der Berechnungsmethode, von welchem Betrag die Erfinder Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120432 (C) (D) (A) (B) ihre Erfindervergütung im Hochschulbereich berechnen können. Für den Entwurf der Bundesregierung für eine In- sellösung im Hochschulbereich besteht insgesamt gese- hen nicht nur kein Anlass, sondern er dürfte einer Ge- samtlösung des Arbeitnehmererfindergesetzes sogar entgegenstehen. Maritta Böttcher (PDS): Der Deutsche Bundestag entscheidet heute über eine Reform des so genannten Hochschullehrerprivilegs im Arbeitnehmererfindungsge- setz aus dem Jahre 1957. Dieses Gesetz sieht grundsätz- lich vor, dass die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mern während ihrer Arbeit gemachten Erfindungen vom Arbeitgeber verwertet werden können – unbeschadet ei- ner angemessenen Vergütung für die Erfinderinnen und Erfinder. In seiner geltenden Fassung enthält das Gesetz jedoch eine gewichtige Ausnahme von diesem Grundsatz: Hoch- schullehrerinnen und Hochschullehrer an Universitäten dürfen ihre Erfindungen bisher selbst verwerten. Zur Be- gründung für diese Privilegierung der Universitätsprofes- soren wurde bisher stets das Grundrecht der Wissen- schaftsfreiheit in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes bemüht. Den vorliegenden Gesetzentwürfen der Koalitions- fraktionen und des Bundesrats liegt offensichtlich die Ein- sicht zugrunde, dass die Bedeutung der Wissenschafts- freiheit in dieser Hinsicht bisher überstrapaziert worden ist – wie ich meine, zu Recht. Denn: Professorinnen und Professoren haben keinen Alleinanspruch auf Wissen- schaftsfreiheit. Und: Das Grundrecht auf Wissenschafts- freiheit schließt nicht das Recht ein, wissenschaftliche Erfindungen zum ausschließlich eigenen Vorteil zu ver- werten, wenn diese der Nutzung der von der öffentlichen Hand bereitgestellten Infrastruktur zu verdanken sind. Dies dürfte bei Erfindungen von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern regelmäßig der Fall sein. Ich halte es daher für richtig, nicht nur den zu wissen- schaftlichen Innovationen führenden Aufwand, sondern auch die aus ihnen resultierenden Erträge zumindest teil- weise zu sozialisieren. Falsch wäre es, wenn weiterhin wie bisher die Kosten sozialisiert und Gewinne privati- siert würden. Ich halte den im Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gemachten Vorschlag, 30 Prozent der Verwertungserlöse den Erfinderinnen und Erfindern und den Rest den Hochschulen zukommen zu lassen, für eine brauchbare Lösung, die eine hemmungs- lose Privatisierung von Erträgen unterbindet, aber gleich- wohl den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern An- reize zu Innovationen und ihrer ökonomischen Nutzung gibt. Ich bevorzuge diese Lösung auch gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats, der eine Beteiligung der Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler erst nach Abzug der Patentierungskosten vorsieht. Diese Kosten dürften in vielen Fällen so hoch liegen, dass kein wirklicher Anreiz für die Verwertung von Erfindungen an den Hochschulen entstehen kann. Ich begrüße ferner ausdrücklich, dass die Gesetzent- würfe auch insoweit mit dem Hochschullehrerprivileg Schluss machen wollen, dass sie nicht nur Hochschullehre- rinnen und Hochschullehrer, sondern alle an einer Hoch- schule Beschäftigten, und zwar nicht nur an Universitäten, sondern auch an Fachhochschulen, in die wissenschaftsspe- zifischen Sonderregelungen des Patentrechts einbeziehen. In zweierlei Hinsicht weisen die vorliegenden Gesetz- entwürfe Defizite auf. Die PDS-Fraktion hat daher einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Koalitionsfrak- tionen vorgelegt. Zum einen geht es uns darum, dass selbstverständlich nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Hoch- schulen, sondern auch ihre Kolleginnen und Kollegen an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit beanspruchen kön- nen. Wenn es also im Patentrecht Bedarf an besonderen wissenschaftsadäquaten Regelungen gibt, so müssen sich diese Ausnahmeregelungen auch auf die staatlichen und staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen erstrecken. Zum anderen halten wir es für falsch, die Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler zur patentrechtlichen Verwertung ihrer Erfindungen zu zwingen. Es ist zwar grundsätzlich richtig, den Beitrag der Hochschulen zu In- novationen zu stärken und die wirtschaftliche Verwertung dieser Innovationen zu fördern, wenn dies der Schaffung von Arbeitsplätzen oder der Verbesserung der Lebensqua- lität dient. Aber die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler müssen auch das Recht haben, ihre Erfindung weder geheim zu halten, was ihnen SPD und Grüne in ihrem Gesetzentwurf allein zugestehen möchten, noch sie von der Hochschule patentieren und verwerten zu lassen, sondern sie durch eine Veröffentlichung der kommerziel- len Nutzung ein für alle Mal zu entziehen. Alles andere wäre nach Auffassung der PDS mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit unvereinbar, da das Prinzip der Öf- fentlichkeit geradezu konstitutiv für den modernen Wis- senschaftsprozess ist. Die PDS fordert daher ein uneingeschränktes Recht der Erfinderinnen und Erfinder, ihre Diensterfindungen im Rahmen ihrer Forschungs- oder Lehrtätigkeit jederzeit zu veröffentlichen. Dies ist zwingend erforderlich, um die Autonomie der Hochschulen gegenüber ökonomischen Verwertungszwängen zu sichern. Wir müssen den Wis- sens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft aktiv fördern, dürfen aber nicht den Fehler begehen, die Hochschulen den Fängen des Marktes auszuliefern. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/6026 Nr. 2.6 Drucksache 14/6214 Nr. 1.5 Drucksache 14/6214 Nr. 1.8 Drucksache 14/6214 Nr. 2.12 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20433 (C) (D) (A) (B) Innenausschuss Drucksache 14/5730 Nr. 2.34 Drucksache 14/5730 Nr. 2.36 Finanzausschuss Drucksache 14/5836 Nr. 2.24 Drucksache 14/6026 Nr. 2.20 Drucksache 14/6026 Nr. 2.21 Drucksache 14/6026 Nr. 2.32 Drucksache 14/6116 Nr. 1.5 Drucksache 14/6116 Nr. 1.6 Drucksache 14/6116 Nr. 1.7 Drucksache 14/6214 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 2.15 Drucksache 14/6214 Nr. 2.16 Drucksache 14/6214 Nr. 2.17 Haushaltsausschuss Drucksache 14/5836 Nr. 2.1 Drucksache 14/6026 Nr. 2.3 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/6026 Nr. 2.17 Drucksache 14/6026 Nr. 2.18 Drucksache 14/6214 Nr. 1.6 Drucksache 14/6214 Nr. 2.13 Drucksache 14/6214 Nr. 2.14 Drucksache 14/6214 Nr. 2.19 Drucksache 14/6214 Nr. 2.20 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/1708 Nr. 2.5 Drucksache 14/4170 Nr. 2.47 Drucksache 14/4170 Nr. 2.52 Drucksache 14/6395 Nr. 2.19 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 14/309 Nr. 2.42 Drucksache 14/4092 Nr. 1.1 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/4945 Nr. 1.2 Drucksache 14/4945 Nr. 1.3 Drucksache 14/5114 Nr. 2.4 Drucksache 14/5172 Nr. 2.62 Drucksache 14/5363 Nr. 2.10 Drucksache 14/6395 Nr. 1.1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5363 Nr. 1.2 Drucksache 14/5610 Nr. 1.4 Drucksache 14/5610 Nr. 1.7 Drucksache 14/5836 Nr. 2.5 Drucksache 14/5836 Nr. 2.10 Drucksache 14/5836 Nr. 2.14 Drucksache 14/6026 Nr. 3.1 Drucksache 14/6214 Nr. 3.1 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/5836 Nr. 1.8 Drucksache 14/5610 Nr. 1.10 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/6026 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 2.6 Drucksache 14/6395 Nr. 1.2 Drucksache 14/6395 Nr. 2.22 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/6026 Nr. 2.1 Drucksache 14/6214 Nr. 1.7 Drucksache 14/6214 Nr. 1.9 Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/5281 Nr. 2.24 Drucksache 14/5363 Nr. 2.12 Drucksache 14/5503 Nr. 2.25 Drucksache 14/5610 Nr. 2.2 Drucksache 14/5730 Nr. 1.1 Drucksache 14/5730 Nr. 2.22 Drucksache 14/5730 Nr. 2.24 Drucksache 14/5730 Nr. 2.25 Drucksache 14/5836 Nr. 2.25 Drucksache 14/6026 Nr. 1.1 Drucksache 14/6026 Nr. 2.7 Drucksache 14/6026 Nr. 2.8 Drucksache 14/6214 Nr. 1.1 Drucksache 14/6214 Nr. 2.4 Finanzausschuss Drucksache 14/6508 Nr. 2.10 Drucksache 14/6508 Nr. 2.11 Drucksache 14/6508 Nr. 2.12 Drucksache 14/6508 Nr. 2.40 Drucksache 14/6615 Nr. 2.11 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/6026 Nr. 2.19 Drucksache 14/6026 Nr. 2.25 Drucksache 14/6116 Nr. 1.3 Drucksache 14/6116 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 1.2 Drucksache 14/6214 Nr. 2.18 Drucksache 14/6395 Nr. 2.15 Drucksache 14/6395 Nr. 2.16 Drucksache 14/6395 Nr. 2.17 Drucksache 14/6395 Nr. 2.23 Drucksache 14/6508 Nr. 2.13 Drucksache 14/6508 Nr. 2.15 Drucksache 14/6508 Nr. 2.33 Drucksache 14/6508 Nr. 2.35 Drucksache 14/6508 Nr. 2.37 Drucksache 14/6508 Nr. 2.41 Drucksache 14/6615 Nr. 2.8 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/6116 Nr. 1.8 Drucksache 14/6508 Nr. 2.22 Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 14/1016 Nr. 2.23 Drucksache 14/3050 Nr. 2.1 Drucksache 14/3146 Nr. 2.9 Drucksache 14/3146 Nr. 2.10 Drucksache 14/3146 Nr. 2.11 Drucksache 14/3146 Nr. 2.12 Drucksache 14/3146 Nr. 2.13 Drucksache 14/3146 Nr. 2.14 Drucksache 14/3146 Nr. 2.15 Drucksache 14/3146 Nr. 2.16 Drucksache 14/3146 Nr. 2.17 Drucksache 14/3146 Nr. 2.18 Drucksache 14/3341 Nr. 2.26 Drucksache 14/3428 Nr. 2.15 Drucksache 14/3576 Nr. 2.34 Drucksache 14/3576 Nr. 2.41 Drucksache 14/4170 Nr. 2.64 Drucksache 14/4170 Nr. 2.84 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120434 (C) (D) (A) (B) Drucksache 14/4309 Nr. 1.3 Drucksache 14/4309 Nr. 1.22 Drucksache 14/4309 Nr. 1.28 Drucksache 14/4441 Nr. 1.3 Drucksache 14/4441 Nr. 1.6 Drucksache 14/4665 Nr. 3.1 Drucksache 14/4945 Nr. 2.4 Drucksache 14/4945 Nr. 2.33 Drucksache 14/4945 Nr. 2.35 Drucksache 14/5114 Nr. 2.1 Drucksache 14/5114 Nr. 2.2 Drucksache 14/5172 Nr. 2.21 Drucksache 14/5172 Nr. 2.60 Drucksache 14/5610 Nr. 2.16 Drucksache 14/5610 Nr. 2.30 Drucksache 14/5610 Nr. 2.31 Drucksache 14/5610 Nr. 2.40 Drucksache 14/5730 Nr. 2.33 Drucksache 14/5836 Nr. 2.6 Drucksache 14/5836 Nr. 2.7 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/5610 Nr. 2.53 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5610 Nr. 1.3 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/6508 Nr. 1.3 Drucksache 14/6508 Nr. 2.3 Drucksache 14/6508 Nr. 2.23 Drucksache 14/6508 Nr. 2.34 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/6026 Nr. 2.2 Drucksache 14/6026 Nr. 2.10 Drucksache 14/6026 Nr. 2.29 Drucksache 14/6026 Nr. 2.31 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20435 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich erteile dem Bun-
    desminister Hans Eichel das Wort.


    (von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Beifall begrüßt)

    und Herren! Dies ist


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ihre letzte Rede!)


    die letzte Haushaltsdebatte in dieser Wahlperiode.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wir sind nun am Ende der Haushaltsberatungen ange-
    langt, sodass wir Bilanz ziehen können.

    Da Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
    die Regierung kritisieren,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Mit Recht!)

    was Ihr gutes Recht ist, werden Sie es sich gefallen lassen
    müssen, dass wir auch Bilanz ziehen und zwischen Ihrer
    Regierungstätigkeit – das ist ja noch nicht so lange her –
    und dem, was wir in vier Jahren erreicht haben, verglei-
    chen. Dabei sind auch Ihre Vorschläge zu berücksichti-
    gen, was man in diesem Land anders machen sollte.

    Ich möchte heute zunächst Bilanz ziehen und zwischen
    dem letzten Haushalt der vorigen Wahlperiode, nach dem
    Sie die Regierungsverantwortung abgeben mussten, weil
    die Bevölkerung Sie nicht wieder gewählt hat,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Damit haben Sie ja Erfahrung!)


    und dem letzten Haushalt dieser Wahlperiode, den wir
    heute verabschieden, vergleichen. Wie sieht das Ergebnis
    aus?

    Erstens. Sie haben in der letzten Wahlperiode drei
    Jahre lang verfassungswidrige Haushalte vollzogen und
    deren Verfassungswidrigkeit durch riesige Privatisie-
    rungserlöse überdeckt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist doch unwahr! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was machen Sie denn?)


    Wir haben in der Zeit zwischen dem Haushalt 1998 und
    dem Haushalt 2002 einen Konsolidierungsfortschritt in
    Höhe von 30 Milliarden DM erreicht. Das ist das Mar-
    kenzeichen dieser Wahlperiode.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zweitens. In diesem Haushalt betragen die Steuermin-
    dereinnahmen durch die Steuerreform über 25 Milliar-
    den Euro.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wachstumseinbruch!)


    Ich ziehe Bilanz: Am Anfang dieser Wahlperiode lag
    das Kindergeld – das haben wir von Ihnen übernommen –
    bei 220 DM; nach den Beschlüssen, die bereits gefasst
    sind, wird es jetzt 300 DM betragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Für eine vierköpfige Familie bedeutet das netto 1 920 DM
    mehr im Jahr an Kindergeld. Für eine Verkäuferin als
    Ernährerin der Familie kommt dies einem 13. Monatsge-
    halt gleich. Damit haben wir die verfassungswidrig hohe
    Besteuerung der Familien, die Sie zu verantworten hatten,
    beendet.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Das ist doch unwahr! Und das wissen Sie!)





    Dr. Uwe-Jens Rössel
    20380


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wir haben von Ihnen ein steuerfreies Existenzmini-
    mum in Höhe von 13 200 DM übernommen. Bereits jetzt
    beträgt es 14 100 DM. Im Zuge der Steuerreform werden
    wir es noch bis auf 15 000 DM anheben. Damit ist die
    Besteuerung der Niedrigverdiener bei uns im Vergleich
    zu den anderen Ländern der Europäischen Union am
    günstigsten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Sie sind die Wachstumsbremse! Sie sind ein unglaublicher Schönredner!)


    Wir haben von Ihnen einen Eingangssteuersatz in Höhe
    von 25,9 Prozent übernommen. Sie haben Sie es in den
    16 Jahren Ihrer Regierungstätigkeit nicht geschafft, hier
    etwas Nennenswertes zu bewegen. Jetzt liegt er bereits bei
    19,9 Prozent.

    Das alles heißt: Wir haben eine massive Entlastung der
    Bezieher niedriger Einkommen vorgenommen.

    Ich komme nun zum Mittelstand. Ihre Lügen

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na, Herr Minister!)

    werden spätestens bei den Steuererklärungen, die jetzt an-
    stehen, sichtbar, weil dann jedem Betriebsinhaber klar
    wird: Wir haben die Gewerbesteuer, über die die Einzel-
    händler und die Handwerksmeister seit 50 Jahren geklagt
    haben, als Kostenfaktor beseitigt. Sie haben das, während
    Sie die Bundesrepublik Deutschland regierten, nie ge-
    schafft.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn Sie vom Mittelstand reden und ihn mit den Kapi-
    talgesellschaften vergleichen, haben Sie ganz offenkun-
    dig nur noch die ganz großen Einzelunternehmer im
    Blick,


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Der Kanzler!)

    die als Verheiratete mehr als 480 000 DM verdienen, denn
    nur diese ganz kleine Gruppe muss eventuell mehr Steu-
    ern bezahlen als die Körperschaften.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Die stellt aber die Hälfte der Arbeitsplätze! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die beschäftigen 50Prozent der Arbeitnehmer!)


    Das gilt auch nur für den einbehaltenen Gewinn, denn
    beim ausgeschütteten Gewinn sind Körperschaften immer
    schlechter gestellt als die Personengesellschaften.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie müssen bei den Arbeitnehmern anfangen!)


    Ihre ganze Propaganda bricht zusammen, wenn man die
    Steuererklärungen zugrunde legt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das glaube ich nicht! – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Der Mittelstand ist begeistert!)


    Wir haben die Ausgaben für die Forschung wieder
    hochgefahren, die Sie in den gesamten 90er-Jahren zu-
    rückgefahren haben. Eine Schande ist die Tatsache, dass
    am Ende Ihrer Regierungszeit 300 000 Studentinnen und
    Studenten weniger BAföG bekommen konnten. Hier ha-
    ben Sie Investitionen in die Zukunft unterlassen. Wer
    nicht in die Köpfe der jungen Menschen investiert, ver-
    sündigt sich an der Zukunft unseres Landes.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dagegen haben wir unsere Konsolidierungspolitik ge-
    stellt: Wir haben eine BAföG-Reform durchgeführt, die
    Schritt für Schritt dazu führt – es kann nicht in ein oder
    zwei Jahren alles ausgebügelt werden, was Sie in 16 Jah-
    ren versäumt haben –, dass die jungen Leute wieder un-
    abhängig vom Geldbeutel der Eltern studieren können.
    Das sind wir den jungen Leuten und der Zukunft unseres
    Landes schuldig.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: In die eine Tasche gegeben, aus der anderen genommen!)


    Die Bildung ist nämlich der wichtigste Produktionsfaktor,
    den wir haben. Darin, was in den Köpfen unserer jungen
    Leute ist, liegt unsere Zukunft.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie haben Investitionen in die Zukunft unterlassen.
    Jetzt spreche ich über die Beschäftigung: Ja, wir

    wären gerne weiter vorangekommen. Wer wäre das
    nicht? Die Bilanz ist aber, dass es jetzt 1 Million Be-
    schäftigte mehr als am Ende Ihrer Regierungszeit gibt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Durch Tricks und Täuschen!)


    Damit haben wir das aufgeholt, was Sie in den 90er-Jah-
    ren versäumt hatten, und noch mehr erreicht. Wenn wir
    auch nicht das erreicht haben, was wir wollten, so werden
    wir dennoch, wenn die Konjunkturkrise im kommenden
    Februar ihren Höhepunkt erreicht hat,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Auf dem Arbeitsmarkt ist wohl alles in Ordnung, nicht?)


    500 000 bis 600 000 Arbeitslose weniger haben, als Sie
    uns 1998 hinterlassen haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN– Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Unglaubliche Schönrederei!)


    Es wird, wie Professor Zimmermann gestern Abend zu
    Recht gesagt hat, das erste Mal nach dem Krieg sein, dass
    es in Deutschland nach einer Konjunkturkrise keine höhere
    Arbeitslosigkeit gibt, sondern eine deutlich niedrigere.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Mal ganz langsam mit Ihren Prognosen!)


    Das zeigt, dass wir mit unserer Politik auf dem richtigen
    Wege sind.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN– Steffen Bundesminister Hans Eichel 20381 Kampeter [CDU/CSU]: Nehmen Sie den Mund nicht so voll!)





    (C)


    (D)


    (A)


    (B)


    Wir haben außerdem – wir werden das ja gleich noch
    diskutieren – langfristig die Grundlagen für den weiteren
    Aufbau Ost gelegt, damit in Deutschland in einer Genera-
    tion zusammenwachsen kann, was in der Tat zusammen-
    gehört.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Etat ist so auf Sand gebaut wie Ihre Rede heute!)


    – Sie sind ja schon wieder so unruhig. Das muss Ihnen ja
    irgendwie Probleme machen; das ist jedenfalls mein Ein-
    druck.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das müssen gerade Sie sagen! – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Sie sind der Zappelhans!)


    Mit anderen Worten: Ihre Bilanz nach vier Jahren war
    jämmerlich und Sie sind zu Recht abgewählt worden; un-
    sere Bilanz ist gegenüber dem, was Sie uns hinterlassen
    haben, ein riesiger Fortschritt. Dieser Vergleich muss ein-
    fach einmal angestellt werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist gar keine Frage, dass wir heute in einer schwie-
    rigen ökonomischen Situation sind.


    (Jürgen Koppelin [FDP]: Dank eurer Politik!)

    – Dank unserer Politik? Das müsste dann ja für die ganze
    Welt gelten: Wir sind also auch an den Rezessionen in Ja-
    pan und den Vereinigten Staaten schuld. Das übernehmen
    wir dann gleich noch alles mit, das macht dann ja auch gar
    keinen Unterschied mehr.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal vom Inland, von der Binnenkonjunktur, dem Arbeitsmarkt, den Sozialversicherungssystemen!)


    Nein, die wichtigste Frage in dieser Situation ist doch, wie
    Ihre Vorschläge aussehen und was wir machen wollen.
    Die Ausführungen, die Frau Merkel in dieser Woche dazu
    gemacht hat, waren übrigens jämmerlich.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie haben nur die Opposition beschimpft, Herr Eichel!)


    Ihr Vorschlagsreigen begann im August mit der For-
    derung nach einem großen Zehn-Punkte-Sofortpro-
    gramm. Da wurde zum Beispiel gefordert, die gesamte
    Steuerreform von 2003 und 2005 auf 2002 vorzuziehen.
    Das hätte mal so eben läppische 60 Milliarden DM ge-
    kostet, die man oben draufpacken müsste. An Maas-
    tricht denkt in diesem Zusammenhang ja keiner. Allein
    der Rückzieher in diesem Punkte war ja bemerkens-
    wert:


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


    Etwas später sollte nicht mehr die Steuerreform 2005,
    sondern nur noch die Steuerreform 2003 vorgezogen wer-
    den. Dann hat der Herr Stoiber vor versammelter Öffent-

    lichkeit am Sonntagabend zum großen Entsetzen der Frau
    Merkel auch das noch vom Felde gezogen.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie wissen, dass das falsch ist, was Sie da sagen, Herr Eichel!)


    Als dann Frau Merkel am Mittwoch hier gegen den Bun-
    deskanzler antreten sollte, ist das Wort vom Vorziehen der
    Steuerreform überhaupt nicht mehr vorgekommen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das Kernstück Ihrer Alternativen – weg, einfach weg!

    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Unfug!)


    Dafür wird es allerdings auf dem Bundesparteitag in
    Dresden wieder ausgepackt. Da wird dann mal eben eine
    Steuerreform beschlossen, die zur glatten Halbierung der
    Einkommen- und Körperschaftsteuer führt.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Bei der Körperschaftsteuer können Sie nichts mehr halbieren! Die ist sowieso weg!)


    Wer soll denn so etwas überhaupt noch ernst nehmen?

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Arbeit, um dieses Land voranzubringen, verlangt mehr.

    Sie verlangt vor allem Solidität und Seriosität. Wer solche
    Vorschläge nicht macht, kann nicht ernst genommen
    werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Das ist eine Wahlkampfrede und keine Haushaltsrede, die Sie vortragen!)


    Damit bin ich beim Haushalt 2002.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Na endlich!)


    – Ich habe die Bilanz eben schon einmal gebracht.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben keine Perspektiven!)

    Es gefällt Ihnen nicht, wenn ich über Ihre Zeit rede. Das
    kann ich verstehen.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das reicht als Entschuldigung nicht mehr, Herr Eichel!)


    Wenn ich ein solches Erbe hinterlassen hätte, würde ich
    auch nicht gerne haben, wenn andere darüber reden. Das
    ist wahr.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eine schwache Vorstellung, Herr Minister!)


    Übrigens, Herr Brüderle ist auch wieder nicht da. Das
    ist eine spannende Veranstaltung: Die Finanzämter neh-
    men nicht Gelder ein, um Staatsaufgaben zu finanzieren;
    die Finanzämter verteilen Schecks. – Meine Damen und
    Herren, so etwas können Sie wirklich nur als Weihnachts-
    mann irgendjemandem erzählen, aber nicht in einer seriö-
    sen Finanzdebatte.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





    Bundesminister Hans Eichel
    20382


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Der Haushalt 2002 ist in der Tat viel schwieriger als
    2001. 2001 haben wir es trotz 2 Prozent weniger Wirt-
    schaftswachstum, als bei der Aufstellung des Haushalts
    unterstellt – –


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Tricksen! Umverteilen!)


    – Wir werden noch den Abschluss sehen. Dann haben Sie
    wieder Pech gehabt.

    Herr Austermann, bis Februar sagten Sie, ich müsse
    Nachtragshaushalte aufstellen, weil ich das Geld ver-
    steckt hätte; ich müsse es endlich einmal offen legen.
    Nach dem Februar war es umgekehrt: Ich müsse einen
    Nachtragshaushalt machen, weil ich riesige Löcher habe;
    ich müsse hierher kommen und mir neue Kreditermäch-
    tigungen holen. – Mit all dem haben Sie Pech gehabt,
    Herr Austermann. Das eine hat nicht gestimmt und das
    andere hat nicht gestimmt.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Bei denen stimmt nie was!)


    Wir werden trotz 2 Prozent weniger Wachstum den Haus-
    halt 2001 ziemlich dort abschließen, wo wir ihn vorge-
    schlagen haben. Das ist eine gewaltige Leistung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: „Ziemlich“? Was heißt „ziemlich“?)


    Wahr ist:

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Dass Sie am Ende sind!)

    Bei dieser Wirtschaftsentwicklung, die keiner vorausge-
    sehen hat, ist der Haushalt 2002 mit dem Einhalten der
    weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung in der
    Tat auf Kante genäht. Es hat überhaupt keinen Zweck
    – der Finanzminister tut das am allerwenigsten –, um
    diesen Sachverhalt auch nur einen Moment herumzure-
    den. Deswegen habe ich – das „Handelsblatt“ hat völlig
    Recht – auch Alternativszenarien durchrechnen lassen:
    Was bedeutet es, wenn, wie Sie behaupten, das Wirt-
    schaftswachstum noch etwas niedriger ausfällt?


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Steuererhöhungen!)


    Übrigens kommen in den letzten Tagen wieder ganz an-
    dere, positivere Nachrichten herein. Die neuesten Nach-
    richten waren die der OECD und des Instituts der deut-
    schen Wirtschaft. Die kommen zu anderen Ergebnissen.
    Die gehen nämlich wieder hoch: von 0,7 auf 1 Prozent.

    Das werden wir am Jahresende sehen. Wir haben alle
    Hände voll zu tun, diesen Kurs der Konsolidierung zu hal-
    ten. Aber mit Ihren Vorschlägen, meine Damen und Her-
    ren, ist überhaupt kein Staat zu machen, sondern das ge-
    naue Gegenteil.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Sagen Sie mal was zum Haushalt!)


    Wir halten den Kurs.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr souverän wirken Sie heute nicht, Herr Bundesminister!)


    Wir haben trotzdem – das ist nun das Entscheidende – in
    diesem Haushalt eine Fülle von Maßnahmen, die helfen,
    das Wachstum zu stimulieren, und zwar nicht, weil wir
    glaubten, wir könnten die Konjunktur steuern, sondern
    weil wir den Haushalt systematisch auf Zukunftsfähigkeit
    hin umbauen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nur Wortblasen!)


    Erstens. 19 Milliarden DM an Steuerentlastungen aus
    der ersten Stufe der Steuerreform plus Kindergeld plus
    weitere Entlastungen im Zusammenhang mit dem Nicht-
    einsetzen der neuen AfA-Tabellen: Das sind fast 0,5 Pro-
    zent des Bruttoinlandsprodukts. Mehr macht kein anderes
    Land in der Europäischen Union, um an dieser Stelle für
    Wachstum zu sorgen.

    Zweitens. Die Zusatzinvestitionen aufgrund der
    Zinsersparnisse, die wir durch den Schuldenabbau wegen
    der UMTS-Versteigerungserlöse haben, greifen jetzt rich-
    tig.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Es eilt aber auf dem Arbeitsmarkt!)


    Übrigens hat Herr Mehdorn mich angerufen und gesagt,
    es tue ihm sehr Leid, was Herr Austermann da gesagt
    habe; es gebe überhaupt kein Problem zwischen der Bahn
    und der Bundesregierung, das Geld werde auch komplett
    ausgegeben. – Das will ich noch einmal sagen, damit Sie
    nicht mit Ihrer Brunnenvergiftung davonkommen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben im Haushalt das neue Programm „Stadtum-
    bau Ost“. Wir haben – das ist langfristig sichere Politik –
    in diesem Jahr – wir werden darüber anschließend disku-
    tieren und auch entscheiden – mit dem Solidarpakt II die
    Grundlagen für einen langfristigen Aufbau im Osten ge-
    legt. Etwas Wichtigeres kann es in dieser Periode über-
    haupt nicht geben. Die gesamte Konsolidierungspolitik
    hatte den Sinn, die Leistungsfähigkeit unseres Staates
    auch in Zukunft zu gewährleisten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das ist natürlich nicht das Ende der Reform. Wir haben
    einen Konsolidierungskurs eingeleitet und Jahr für Jahr
    konsequent durchgehalten. Sie sollten sich daran gewöh-
    nen, dass das eine Dauerveranstaltung ist und dass dieser
    Kurs nicht nur für zwei Jahre gedacht war.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein, nächstes Jahr ist Schluss!)


    Wir haben eine Steuerreform, die sich über zwei Wahl-
    perioden erstreckt, verabschiedet. Die wird auch eisern
    durchgehalten.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Bis zum Sankt Nimmerleinstag!)


    Wir haben eine Rentenreform durchgesetzt, die sich die
    anderen großen Staaten auf dem europäischen Kontinent,




    Bundesminister Hans Eichel

    20383


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    wie die Europäische Kommission sagt, zum Vorbild neh-
    men sollten. Denn sie haben die Bewältigung dieser Auf-
    gabe noch vor sich.

    Weitere Aufgaben liegen vor uns. Das Job-Aqtiv-Ge-
    setz beinhaltet eine große Vermittlungsinitiative.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wo ist der Arbeitsminister? Warum ist er heute Morgen schon wieder nicht hier? – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Kanzler blickt müde drein und der Arbeitsminister ist nicht da!)


    Offiziell sind immerhin mehr als 400 000 Arbeitsplätze
    frei. Da kann man einen Teil tun.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Arbeitsminister ist aber nicht in seinem Job aktiv!)


    Herr Riester hat darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft
    sagt, es gebe 1,5 Millionen freie Arbeitsplätze. Dazu kann
    ich nur sagen: Die Wirtschaft soll sie melden. Wir tun al-
    les dafür, dass die freien Arbeitsplätze und die Menschen,
    die keinen Job haben, zusammenkommen. Das ist der
    Sinn des Job-Aqtiv-Gesetzes.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Gesundheitsreform wird der nächste Schritt sein.
    Bei allem Ärger, den es an dieser Stelle gibt: Wir sind die
    erste Regierung, in deren Wahlperiode die Lohnneben-
    kosten sinken.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Bitte? – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn? – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das gibt es doch nicht!)


    Als wir die Regierung übernommen haben, lagen die
    Lohnnebenkosten bei 42,1 Prozent und der Rentenversi-
    cherungsbeitrag bei 20,3 Prozent. Herr Merz, Sie kennen
    sich in der Wirklichkeit dieses Landes überhaupt nicht
    mehr aus!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Was steht in Ihrer Koalitionsvereinbarung? 40 Prozent!)


    Wir werden die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe
    zusammenführen. Wir sind die Gemeindefinanzreform
    angegangen und haben zu einer Verstetigung der Finanzen
    beigetragen.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch keine Märchenstunde!)


    Schauen Sie sich doch einmal die Finanzentwicklung an:
    Die Gewerbesteuer ist von 1995 bis 2000 auf mehr als
    40 Prozent gestiegen. Dann ist sie auf einem – allerdings
    hohen – Niveau eingebrochen, während alle anderen Ge-
    bietskörperschaften in diesem Zeitraum bei den Einnah-
    men einen Zuwachs von 12 Prozent zu verzeichnen hat-
    ten. Sie sollten einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen.
    Das sage ich vor allem den Damen und Herren von der
    verehrten PDS.


    (Zurufe von der PDS: Oh! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das sind doch Ihre Koalitionspartner!)


    Diese Arbeit werden wir fortsetzen. Daran werden Sie
    von der Opposition uns nicht hindern. Natürlich haben
    wir Schwierigkeiten. Aber Sie malen alles schwarz in
    schwarz. Die „Zeit“ hat Recht: Kassandra muss nicht
    Recht haben. – Sie werden übrigens noch erleben: Nicht
    Kassandra wird gewählt, sondern nur der, der eine Zu-
    kunftsperspektive bietet. Das sollten Sie sich einmal mer-
    ken!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir reden um nichts herum. Es ist ein fundamentaler
    Fehler, die positiven Signale, die es gibt, zu verschwei-
    gen. Das werden Ihnen die Menschen nicht abnehmen.
    Denn die Wirtschaftspolitik ist zur Hälfte Psychologie.


    (Lachen bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wo ist der Wirtschaftsminister?)


    Zu dieser Psychologie gehört, dass man das Positive,
    das es gibt, nicht unterschlägt:

    Erstens. Der Ölpreis – das ist der große Unterschied im
    Vergleich zur Situation vor einem Jahr – ist ein eigenes
    Konjunkturprogramm, eine gewaltige Entlastung der Pri-
    vathaushalte und der Wirtschaft in Deutschland.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sind die personifizierte Konjunkturvernichtung!)


    Zweitens. Die Inflationsrate ist so niedrig wie schon
    lange nicht mehr. Der Verbraucherpreisindex liegt bereits
    bei 1,4 Prozent. Die Europäische Zentralbank hat, weil
    wir konsequent Kurs halten, die Zinsen gesenkt. Deswe-
    gen sind die Finanzierungskosten historisch niedrig. Der
    Haushalt 2002 gibt eine Menge Anstöße für das nächste
    Jahr.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Anstößig ist Ihre Politik! – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Anstößiger Haushalt!)


    Die Menschen – dabei ist es nicht die Frage, ob ich das
    gesagt habe oder nicht – nehmen diese Entwicklung wahr.
    Im Oktober dieses Jahres gab es in der Automobilindus-
    trie ein Absatzplus von 9,6 Prozent, einen richtigen Zulas-
    sungsboom. Freuen Sie sich doch wenigstens darüber!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt, die Menschen haben ein Stück mehr Vertrauen
    in die Zukunft.

    Zum Schluss sage ich Ihnen: Wenn das alles, was Sie
    hier erzählt haben, wahr wäre, wie kommt es dann ei-
    gentlich zu folgenden Umfrageergebnissen?


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jetzt hat er wieder in seinem Zettelkasten gekramt!)


    Diese Woche wurde den Menschen die einfache Frage ge-
    stellt: Wem traut ihr zu, dass er mit den Problemen dieses
    Landes am besten fertig wird? – Antwort: Für die SPD ha-
    ben sich 33 Prozent entschieden.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Mehr nicht?)





    Bundesminister Hans Eichel
    20384


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Vorsicht, nicht lachen! Gleich können Sie lachen. – Für
    die CDU/CSU haben sich 13 Prozent entschieden.


    (Beifall bei der SPD)

    Daran erkennen Sie: Sie leben in einer Scheinwelt, was
    sowohl die Wirklichkeit in diesem Land als auch was die
    Wahrnehmung Ihrer Kompetenzen angeht. Nur ganze
    13 Prozent der Menschen dieses Landes trauen Ihnen zu,
    mit den Problemen dieses Landes in der Zukunft erfolg-
    reich fertig zu werden. Das holen Sie auch bis zum Sep-
    tember des nächsten Jahres nicht mehr auf. Seien Sie da
    gewiss.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zu einer
Kurzintervention hat der Kollege Friedrich Merz.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Hans Georg Wagner [SPD]: Jetzt kommt die geballte Kompetenz!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz – [der
    Bundeskanzler verlässt auch gerade den Saal] – zwei
    Punkte ansprechen.

    Erstens. Ich finde, es ist eine Zumutung für dieses Par-
    lament, dass die zweite und dritte Lesung des Bundes-
    haushaltes für das kommende Jahr in dieser Besetzung der
    Regierungsbank stattfindet. Noch nicht einmal der Bun-
    desarbeitsminister und der Bundeswirtschaftsminister
    scheinen es für nötig zu halten, an dieser Debatte teilzu-
    nehmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich empfinde es als eine Zumutung für den Deutschen
    Bundestag, wie die Regierungsbank bei der zweiten und
    dritten Lesung für den Bundeshaushalt des nächsten Jah-
    res besetzt ist.

    Zweitens. Herr Bundesfinanzminister, nur damit
    keine Legenden darüber entstehen, was wir zur Steuer-
    politik in den letzten Wochen gesagt haben und was die
    übereinstimmende Auffassung der Parteivorsitzenden
    der CDU, der Kollegin Angela Merkel, des Parteivorsit-
    zenden der CSU, des Ministerpräsidenten des Freistaa-
    tes Bayern, und auch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    zum Thema „Vorziehen einer Stufe der Steuerreform“
    ist:


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Auf Pump geht alles!)


    Es ist und bleibt unsere Auffassung, liebe Kolleginnen
    und Kollegen von der SPD, dass es in der gegenwärtigen
    Lage der öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder
    und der Gemeinden außerordentlich schwierig ist, mit ei-
    ner vorgezogenen Steuerreform einen größeren Schritt bei
    der Entlastung der Bürger und der Unternehmen in diesem
    Land zu tun.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Das sagen Sie jetzt erst?)


    Das ist eine schwierige Lage.

    (Zurufe von der SPD: Ah!)


    Aber wir sind übereinstimmend mit vier der fünf For-
    schungsinstitute der Auffassung: Es wäre richtig, wenigs-
    tens die Stufe des Jahres 2003 auf das Jahr 2002 so vor-
    zuziehen,


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Richtig!)

    dass der Mittelstand in diesem Lande entlastet wird, und
    so vorzuziehen, dass die Wirtschaft ein Signal bekommt,
    dass wir es ernst meinen mit ihrer Entlastung und dass wir
    es ernst meinen mit Wachstum und Beschäftigung.

    Herr Eichel, damit Sie hier nicht weiter an Legenden
    stricken: Das ist die Auffassung der Union, der Vorsitzen-
    den beider Parteien und auch der CDU/CSU-Bundestags-
    fraktion.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)