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    Beratungen mit Aussprache Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushalts- plans für das Haushaltsjahr 2002 Haus- haltsgesetz 2002 (Drucksachen 14/6800, 14/7537, 14/7301 bis 14/7320, 14/7321, 14/7322, 14/7323 20365 A Manfred Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 20365 B Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20365 D Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20368 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 20372 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20375 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20378 C Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20380 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20385 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20385 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 20385 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . 20389 B, C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20390 C, 20392 D Tagesordnungspunkt III: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Soli- darpaktfortführungsgesetz) (Drucksache 14/7063) . . . . . . . . . . . . . 20395 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungs- gesetz) (Drucksachen 14/7256, 14/7646, 14/7647) 20395 A Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20395 C Leo Dautzenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20397 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20399 C Gisela Frick FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20401 C Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20402 D Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 20404 A Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20406 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 20408 D Zusatztagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Versorgungsänderungs- gesetzes 2001 (Drucksachen 14/7223, 14/7257, 14/7681, 14/7693) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20409 B – Zweite und dritte Beratung des von den FraktionenderSPDunddesBÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Plenarprotokoll 14/206 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 206. Sitzung Berlin, Freitag, den 30. November 2001 I n h a l t : Entwurfs eines Versorgungsände- rungsgesetzes 2001 (Drucksachen 14/7064, 14/7681, 14/7693) 20409 C – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Be- amtenrechtsrahmengesetzes (Drucksachen 14/6717, 14/7681, 14/7693) 20409 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 20409 D Meinrad Belle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20411 A Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20412 C Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20413 C Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20414 B Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 20415 A Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Straf- prozessordnung (Drucksachen 14/7008, 14/7258, 14/7679) 20417 A Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 20417 B Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20418 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20419 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20421 A Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20422 A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . . . . . . . . . . . . 20422 D Tagesordnungspunkt IV: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (Drucksachen 14/5975, 14/7573) . . . . 20424 C – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Förderung des Pa- tentwesens an den Hochschulen (Drucksachen 14/5939, 14/7573) . . . . 20424 D Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 20424 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20427 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20429 A Anlage 2 Zu Protokoll gegeben Reden zur Beratung der Gesetzentwürfe: – Änderung des Gesetzes über Arbeitneh- mererfindungen – Förderung des Patentwesens an Hochschulen (Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . 20429 D Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20429 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20430 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20431 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20432 C Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20433 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20433 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 Norbert Hauser (Bonn) 20427 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20429 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 Gila DIE GRÜNEN Balt, Monika PDS 30.11.2001 Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 Marieluise DIE GRÜNEN Bohl, Friedrich CDU/CSU 30.11.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 30.11.2001 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Caesar, Cajus CDU/CSU 30.11.2001 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 30.11.2001 Follak, Iris SPD 30.11.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 30.11.2001 Peter Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 30.11.2001 Günther (Plauen), FDP 30.11.2001 Joachim Haschke CDU/CSU 30.11.2001 (Großhennersdorf), Gottfried Hauer, Nina SPD 30.11.2001 Heiderich, Helmut CDU/CSU 30.11.2001 Dr. Hendricks, Barbara SPD 30.11.2001 Hübner, Carsten PDS 30.11.2001 Kolbow, Walter SPD 30.11.2001 Kraus, Rudolf CDU/CSU 30.11.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 30.11.2001 Lippmann, Heidi PDS 30.11.2001 Nachtwei, Winfried BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Nahles, Andrea SPD 30.11.2001 Ost, Friedhelm CDU/CSU 30.11.2001 Pieper, Cornelia FDP 30.11.2001 Rauber, Helmut CDU/CSU 30.11.2001 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 30.11.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 30.11.2001 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 30.11.2001 Schenk, Christina PDS 30.11.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 30.11.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 30.11.2001 Hans Peter Schröter, Gisela SPD 30.11.2001 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 30.11.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 30.11.2001 Reinhard Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 30.11.2001 Christian Dr. Freiherr von CDU/CSU 30.11.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 30.11.2001 Thiele, Carl-Ludwig FDP 30.11.2001 Dr. Thomae, Dieter FDP 30.11.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 30.11.2001 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 30.11.2001 DIE GRÜNEN Wiesehügel, Klaus SPD 30.11.2001 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Gesetzentwürfe: – Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmer- erfindungen – Förderung des Patentwesens an Hochschulen (Tagesordnungspunkt 4) Alfred Hartenbach (SPD): Die Innovationszentren Deutschlands liegen nicht nur in der Industrie und deren Forschungsanstalten, sondern in hohem Maße auch bei den Hochschulen und Fachhochschulen. Leider konnte das Potenzial der dortigen geistigen Leistungen bisher nicht in dem Umfange auch wirtschaft- lich genutzt werden, wie dies wünschenswert, ja auch ge- radezu erforderlich wäre. Der Grund liegt darin, dass es bisher den Hochschullehrern und Fachhochschullehrern freigestellt war, ob sie eine Erfindung, die in ihrem Tätig- keitsbereich gelungen war, als Patent anmelden und ver- markten wollten oder ob sie davon Abstand nehmen. In aller Regel war die Kostenfrage, aber auch die Prozedur der Anmeldung ein eher abschreckender Faktor für die weniger dem Kommerziellen und dafür mehr dem Wis- senschaftlichen zugewandten Hochschullehrer. entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Damit sind sowohl der deutschen Wissenschaft als auch der deutschen Wirtschaft sehr häufig wertvolle Erfindungen verloren gegangen, die dann aus dem Aus- land heraus angemeldet und von dort aus auch verwertet wurden. Das Ausland macht uns längst vor, dass man mit den wissenschaftlichen Erfindungen an den Hochschulen auch anders verfahren kann. In vielen Ländern sind an den Hochschulen ganze Stabsabteilungen vorhanden, die dann die Erkenntnisse und Ergebnisse der Forschung in den Hochschulen auch vermarkten, in aller Regel sogar sehr gut vermarkten und damit auch für eine künftige bessere technische Ausstattung der Hochschulen sorgen können. Wir wollen dies mit unserem Gesetz auch für Deutsch- land ermöglichen. Dabei haben wir von den Koalitions- fraktionen allerdings einen sehr wesentlichen Unterschied zu dem, was die Länder wollen. Wir wollen, dass der Hochschullehrer nach wie vor entscheiden kann, ob er vermarktet oder nicht vermarktet. Dies sind wir dem ver- fassungsmäßigen Grundsatz der Freiheit von Wis- senschaft und Lehre schuldig. Wir sind allerdings über- zeugt, dass mit unserem Gesetz den Hochschullehrern der Zugang zu einer Patentanmeldung und damit auch einer Vermarktung wesentlich erleichtert wird. Künftig brau- chen sie sich nicht mehr um die Details zu kümmern; künftig brauchen sie nicht mehr Sorge zu tragen, welche Kosten ihnen entstehen, und künftig werden sie automa- tisch am Erfolg ihrer Forschung beteiligt werden. Wir wissen, dass wir damit Neuland betreten, und wir wissen auch, dass an den Hochschulen oder aber in dem jeweiligen Bundesland zentral erst noch Stellen errichtet werden müssen, die dann die Forschung auch zum Patent anmelden. Damit treten die Länder oder aber die Hoch- schulen dann in Konkurrenz zu bereits jetzt schon vor- handenen Unternehmern, die ihre Dienste schon seit län- gerem den Hochschullehrern anbieten und dafür auch in aller Regel – auch bei zu beachtender Mischkalkulation – gut verdienen. Dieser Konkurrenzeffekt ist durchaus ge- wollt. Er wird den Forscherdrang und den Drang zur Ver- öffentlichung von Forschungsergebnissen beflügeln und er wird dafür sorgen, dass künftig mehr Erkenntnisse aus deutschen Hochschulen auch wirtschaftlich verwertet werden können. Alles in allem ein gutes Gesetz, das die volle Zustim- mung des ganzen Hauses verdient hat. Jörg Tauss (SPD): Die Tatsache, dass auf der heuti- gen Tagesordnung – nachdem wir gestern einen abermals aufgestockten und zukunftsweisenden Etat für Bildung und Forschung verabschiedet haben – erneut das Thema Forschung angesetzt ist, ist eigentlich schon Beleg genug, dass die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in ihren Reformbemühungen für die dringend gebotene Modernisierung der Wissenschafts- und For- schungslandschaft nicht nachlassen. Ganz im Gegenteil: Es geht eben nicht allein um den bereitzustellenden Etat – Ihre jahrelangen Versäumnisse, die uns bis heute zu schaffen machen, haben wir gestern lang und breit disku- tiert –, es geht auch um strukturelle Reformen, zu denen Sie erst recht nicht in der Lage waren und für die es vie- lerorts die letzte Gelegenheit ist, meinen wir es ernst mit der Aussage, dass wir den Wissenschafts- und For- schungsstandort auf diesem hohen Niveau erhalten und im internationalen Wettbewerb fit machen wollen. Ziel des heute in zweiter und dritter Lesung zu bera- tenden Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen ist es, die bisherige Regelung der Rechte an den Erfindungen von Hochschullehrern – das so genannte Hochschullehrer- privileg des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetzes – an die sich gravierend veränderten Rahmenbedingungen der Hochschulforschung anzupassen. Auch diese gesetzliche Änderung ist eine längst überfällige Anpassung an eine gänzlich veränderte Wirklichkeit und damit ein wichtiger Bestandteil der zwingend gebotenen strukturellen Refor- men und damit auch ein weiterer Baustein einer zukunfts- fähigen Innovationspolitik der rot-grünen Bundesregie- rung, die den Wissenschafts- und Forschungsstandort für die Herausforderungen der Zukunft wappnen will. Bei der angestrebten Verbesserung der Verwertung von Hochschulerfindungen sind vor allem vier Schwerpunkte das erklärte Ziel der Novelle: Zum einen soll das derzeit brachliegende Innovationspotenzial an den Hochschulen auch für die Hochschulen in einem deutlich höheren Maße genutzt werden, zugleich sollen die Hochschulen in ihrer Verantwortung für den Technologietransfer nachhal- tig gestärkt werden. Eng mit diesem Ziel verwoben ist die dringend gebotene Verbesserung des Technologietrans- fers zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Alles in allem geht es also um die Sicherstellung und Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutsch- land in einem immer schwieriger werdenden globalen Wettbewerb. Dabei ist wiederum die Tatsache, dass es eine von Bund und Ländern gemeinsam gestartete Initia- tive war, die den Anstoß für die heute zu diskutierende Gesetzesänderung gab, ein wichtiger Beleg dafür, das diese rot-grüne Bundesregierung sich in Zusammenarbeit mit den Bundesländern – sofern sie es denn wollen – den immensen Herausforderungen stellt und wichtige Wei- chenstellungen vornimmt. Gegenstand der parlamentarischen Beratungen waren zwei Gesetzentwürfe. So gab es zum einen den Entwurf des Bundesrates, zum anderen den Entwurf der Koaliti- onsfraktionen. Stellt man die beiden Entwürfe nebenei- nander, so fällt auf, dass sie sich in der Zielsetzung nicht wesentlich unterscheiden. Die Ansätze, mit denen diese wichtigen und sicherlich unstrittigen Ziele verwirklicht werden sollen, unterscheiden sich dagegen schon an eini- gen Stellen. Der Grund, warum sich die Koalitionsfrak- tionen nicht dem Gesetzentwurf des Bundesrates angeschlossen habe, ist, dass der Entwurf der Koalitions- fraktionen das angestrebte Gesetzesziel besser verwirkli- chen kann und zudem dem zwingend zu beachtenden Ver- fassungsrecht, nämlich die Freiheit von Forschung und Lehre gemäß Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz, in einem deutlich höheren Maße Rechnung trägt. Mit der nun vorgesehenen Neufassung des § 42 Ar- beitnehmererfindungsgesetz werden die Hochschulen künftig in der Lage sein, das oftmals ungenutzte Innova- tionspotenzial auch für die Hochschulen zu nutzen und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120430 (C) (D) (A) (B) Erfindungen der Hochschullehrerinnen und -lehrer, der Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten besser wirt- schaftlich zu verwerten. Nach den bisherigen Regelungen stand es allein im Ermessen der Erfinder, über die Paten- tierung und Verwertung von Erfindungen zu entscheiden. Das hatte zur Folge, dass ein erhebliches Innovationspo- tenzial an den Hochschulen schlichtweg brachlag, weil oftmals die mit der Patentierung verbundenen Kosten, der erhebliche Zeitaufwand und das wirtschaftliche Risiko gescheut wurde. Mit den nun vorgesehenen Regelungen werden die Hochschulen das Recht erhalten, die Erfindungen ihres wissenschaftlichen Personals zum Patent anzumelden und durch Lizenzen Einnahmen zu erzielen. Strittig war, wie die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer hieran be- teiligt werden sollten. Der Gesetzentwurf des Bundesra- tes hatte hier einen etwas anderen Ansatz gewählt, der je- doch nach unserer Auffassung nicht tragfähig gewesen wäre. Während der Entwurf des Bundesrates ein Drittel der Nettoverwertungseinnahmen als Erfindervergütung vorsah und so den Streit vorprogrammiert hätte, welche Ausgabe den nun von den Bruttoeinnahmen seitens der Hochschule abgezogen werden dürfte, haben wir uns für einen anderen Weg entschieden: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass den Erfindern als Vergütung 30 Prozent der Brut- toverwertungseinnahmen zustehen. Den Patentierungs- aufwand kann die Hochschule aus den ihr verbleibenden 70 Prozent decken. Sie sehen, auch hier verfolgen wir im Grundsatz das gleiche Ziel wie der Gesetzentwurf des Bundesrates, wir versuchen nur, zu sachgerechteren und auch vergleichbaren Lösungen zu kommen. Ich denke dennoch, dass auch die Länder mit der jetzigen Lösung le- ben können. In der öffentlichen Debatte gibt es – vor allem an den Hochschulen – offenbar noch ein paar kleine Unklarheiten hinsichtlich der Diensterfindungen bei Nebentätigkeit – und hier vor allem bei Drittmittelforschung. Die In- anspruchnahme des Rechtes des Dienstherren bei Dienst- erfindungen umfasst neben den Erfindungen aus wissen- schaftlicher Tätigkeit mit Mitteln der Hochschule auch die Forschung mit Mitteln Dritter im Sinne des § 25 des Hochschulrahmengesetzes. Erfindungen dagegen, die Wissenschaftler im Rahmen einer Nebentätigkeit ma- chen, sind dann frei, wenn es sich hierbei um keine Dienst- erfindungen im Sinne des § 4 Abs. 2 handelt. Für die Ab- grenzung im konkreten Einzelfall gelten die allgemeinen Grundsätze, ohne dass es hierfür einer Sonderregelung bedarf. Jedoch sind auch freie Erfindungen der Hoch- schule mitzuteilen. Für die Inanspruchnahme und das Ver- fahren gelten die gleichen Regelungen wie für Beschäf- tigte im privaten und öffentlichen Dienst. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass diese Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen ein weiterer wichtiger Baustein bei der Modernisierung der Wissen- schafts- und Forschungslandschaft ist, die vor allem zum Ziel hat, die verkrusteten Strukturen in diesem Bereich aufzubrechen und die zweifellos vorhandenen Innovati- onspotenziale zu nutzen – im Interesse eines zukunfts- und wettbewerbsfähigen Wissenschafts- und Forschungs- standortes Deutschland. Zu einer wirklich verantwor- tungsvollen Forschungspolitik gehört eben die Stärkung der Hochschulen bei der Nutzung dieser Potenziale, wo- bei es aber eben nicht darum gehen kann, die Frage der wirtschaftlichen Verwertung allein zu thematisieren, son- dern auch die Wissenschaftsrechte und Wissenschaftler- rechte im Blick zu behalten. Dies ist meines Erachtens mit dem heute zur abschließenden Beratung anstehenden Ge- setzentwurf gelungen. Damit diese wichtigen Instrumente möglichst schnell greifen und Früchte tragen, wird diese Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen durch eine Verwertungsinitiative der Bundesregierung flankiert. Bis zum Jahr 2004 stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung insgesamt 100 Millionen DM aus den UMTS-Zinsersparnissen zur Verfügung. Mit diesen Mit- teln sollen die Hochschulen professionelle Agenturen mit der Durchführung von Patentanmeldungen und der Ver- marktung und Verwertung der gemachten Erfindungen beauftragen können. Es ist ein schöner Brauch, am Schluss einer parlamen- tarischen Initiative allen hieran Beteiligten für ihr Enga- gement zu danken. Danken möchte ich den Fachpolitikern in den Arbeitsgruppen der Koalitionsfraktionen, den Staatssekretären und den Fachabteilungen in den beteilig- ten Bundesministerien. Diesen Dank betone ich umso mehr, als es bei den nicht immer einfachen Auseinander- setzungen und Abstimmungsprozessen zwischen For- schungs-, Rechts- und auch Sozialpolitikern oft genug da- rauf ankommt, die unterschiedlichen Interessen zu verbinden. Gestatten Sie mir am Schluss meiner Ausführungen noch darauf hinzuweisen, dass es ein besonderer Wunsch der Bundesländer und der Hochschulen ist, diese Geset- zesänderung nun möglichst rasch umzusetzen, weil damit ein deutlicher Anstieg der Patentanmeldungen zu erwar- ten ist. Aus diesem Grund ist es richtig, die besonderen Bestimmungen für Erfindungen an Hochschulen bereits jetzt und heute zu verabschieden und eben nicht auf den noch in einem frühen Stadium der Beratungen befindli- chen Gesetzentwurf über Arbeitnehmererfindungen zu warten. Ich werbe daher bei den Kolleginnen und Kolle- gen von der Opposition im Interesse des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland und im Interesse der zwingend notwendigen Fortführung der Reformpro- zesse in diesem Bereich um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Freuen Sie sich mit uns auf die Wiederentdeckung des allzu lange brach – liegenden Innovationspotenzials an unseren Hochschu- len. Die Zunahme der Patentierungen wird dies alsbald bestätigen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach intensiver Beratung mit Experten aus den Hoch- schulen und der Forschung können wir nun den Gesetz- entwurf der Koalitionsfraktionen zur abschließenden Le- sung vorlegen. Mit dem zu verabschiedenden Gesetz ist es uns gelungen, den Spagat zwischen der Gewährung der Forschungsfreiheit und einer effizienten Verwertung von Patenten an Hochschulen zu verwirklichen. Ziel ist es nun, die Patentverwertung an den Hochschulen so attrak- tiv zu gestalten, dass immer mehr Hochschullehrer ihre Hochschulen als Verwertungspartner sehen und nicht mehr die Industrie. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20431 (C) (D) (A) (B) Erstens. Ausgangslage – brachliegende Innovationspo- tenziale: In der bisherigen Gesetzesstruktur gibt es weder für Wissenschaftler noch für die Hochschulen Anreize, Erfindungen in Patente umzusetzen und damit wirtschaft- lich zu verwerten. Auf der einen Seite verzichten die For- scher oft auf die Anmeldung zum Patent, da die Beantra- gung mühselig und die Finanzierung ungewiss ist. Statt sich mit bürokratischen Hürden auseinander zu setzen, konzentrieren sie sich lieber auf ihre eigene Stärke: das Forschen. Auf der anderen Seite profitieren Hochschulen im Gegensatz zu allen anderen Arbeitgebern und außer- universitären Forschungseinrichtungen bisher nicht von den Patenterlösen ihrer Arbeitnehmer. Demnach haben sie auch kein gehobenes Eigeninteresse an der Anmeldung und anschließenden Verwertung von Erfindungen. In der Konsequenz stehen wir vor dem Dilemma, dass das Inno- vationspotenzial an den deutschen Universitäten brach- liegt. Statt gute Ideen in Erfindungen umzusetzen und so- mit ökonomisch zu nutzen, bleiben sie im Getriebe der bürokratischen Universitätsstrukturen hängen. Zweitens. Ziel des Gesetzes – Stärkung des Patent- rechts der Universitäten: Mit der Reform des Hochschul- lehrerprivilegs werden wir diese verkrusteten Strukturen aufbrechen und das bisher brachliegende Innovationspo- tenzial an den Hochschulen nutzen. Mit dem neuen Ge- setz werden die Hochschulen zukünftig das Recht haben, die Erfindungen ihres Personals zu verwerten; innerhalb von zwei Monaten erhalten sie das Exklusivzugriffsrecht. Dies gilt auch für Forschung im Rahmen von Drittmitteln und Nebentätigkeiten. Die genaue Abgrenzung zwischen einer Diensterfindung und einer freien Erfindung muss dann im Einzelfall geregelt werden. Die Forscher werden im Gegenzug an den Patenterlösen mit 30 Prozent betei- ligt und brauchen sich nicht um finanzielle und bürokra- tische Fragen der Patentanmeldung und -verwertung zu kümmern. Entscheidende Verbesserungen stellen sich in drei Feldern ein: Zukünftig werden wieder mehr Patente angemeldet und verwertet. Gute ldeen bleiben nicht in Schubladen liegen. Den Hochschulen wird die Möglichkeit gegeben, aus ihren eigenen Investitionen auch Kapital zu schlagen – wenn sie anfangen, selbst aktiv zu werden. Zwischen Wirtschaft und Universität wird ein intensi- verer Wissens- und Technologietransfer stattfinden. Der Diffusionsgrad von Forschungsergebnissen aus den Unis in die Wirtschaft hinein wird erhöht. Drittens. Flankierende Maßnahme – Aufbau einer brei- ten Patent- und Verwertungsinfrastruktur: Bei der Reform des ArbNErfG geht es allerdings nicht darum, Inseln der Patentverwertung innerhalb der Hochschulen zu schaffen. Vielmehr sollen diese eng mit wirtschaftlichen Interessen verzahnt werden und an den Bedürfnissen gerade der klei- nen und mittleren Unternehmen orientiert sein. Die uni- versitären Patentverwertungsstrukturen müssen in ein wirtschaftliches Netzwerk eingebunden sein. Daher wird die rot-grüne Regierung parallel eine Verwertungsoffen- sive starten und den Aufbau einer breiten Patent- und Ver- wertungsstruktur an den deutschen Hochschulen unter- stützen. Hier gilt es, Kosten von Patentanmeldungen in der Anfangsphase zu bezuschussen, Mitarbeiter in einer Qualifizierungsoffensive für die Patentverwertungsstruk- turen auszubilden und die Verwertungslandschaft in Deutschland zu vernetzen und Kommunikations- und Ko- operationsplattformen aufzubauen. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen explizit da- rauf gedrängt hat, die Reform des Hochschullehrerprivi- legs einer allgemeinen Novelle des ArbNErfG vorzuzie- hen. Andernfalls hätte die Gefahr einer zeitlichen Verzögerung bestanden. In unseren Augen ist diese Re- form ein erster Schritt zu einer umfassenden Reform der Hochschulen, die auf mehreren Ebenen stattfinden muss. Die Verbesserung der Patentverwertung war überfällig und zwingend notwendig, ihr müssen jedoch weitere Re- formen folgen. Rainer Funke (FDP): Das Arbeitnehmererfindungs- gesetz ist praktisch seit 1957 unverändert. Seitdem hat sich in den Arbeitsabläufen Grundlegendes verändert. Mehr als bisher werden Erfindungen im Team gemacht. Erfindungen sind kapitalintensiv geworden, kurzum: Die Strukturen haben sich grundlegend verändert. Das gilt auch im Vergleich der nationalen Arbeitnehmererfindun- gen zu internationalen Regelungen. Außerdem müssen die Verbindungen in international tätigen Konzernen berücksichtigt werden. Deswegen fordert die FDP seit langem eine Neufassung des Arbeitnehmererfindungsge- setzes und, wie wir hören, will auch die Bundesregierung noch in diesem Jahr, spätestens Anfang Januar, eine ent- sprechende Kabinettsentscheidung herbeiführen. So hatte ja auch die Bundesregierung im März 2000 die beteilig- ten Kreise zu einer Anhörung geladen. Wenn die Bundesregierung eine grundlegende Über- arbeitung des Arbeitnehmererfindergesetzes vorsieht, be- steht überhaupt kein Anlass, für Hochschullehrer Sonder- regelungen, sozusagen Insellösungen, vorzusehen. Grundsätzlich sind Erfindungen im Hochschulbereich nicht wesentlich anders zu bewerten als im Bereich der freien Wirtschaft. In beiden Bereichen wollen wir, dass Eigeninitiative und Erfinderfreudigkeit des jeweiligen Mitarbeiters gefördert wird. Vorab eine Änderung des Hochschullehrerprivilegs vorzunehmen macht keinen Sinn, auch wenn sich die Bundesregierung von der Bun- desratsinitiative, die im Wesentlichen fiskalisch begrün- det wird, getrieben fühlt. Wenn schon eine Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes von der Bundesregie- rung vorgesehen wird, kann diese Hochschullehrerfrage auch im Rahmen eines Gesamtkonzeptes umgesetzt wer- den. Dies ist auch unter gesetzgeberischen Gesichtspunk- ten sinnvoll, weil nur so ein gerechter Interessenausgleich zwischen Bundestag und Bundesrat erfolgen kann. Nur wenn alle Fragen gemeinsam geregelt werden, besteht auch eine Chance, dass in dieser Legislaturperiode das Gesamtwerk von Bundestag und Bundesrat gemeinsam beschlossen wird. Wir werden darum gegen beide Gesetzesvorschläge, nämlich die von Bundesrat und Bundesregierung, stim- men. Auch inhaltlich sind Fragen offen geblieben, so ins- besondere die Frage der Teamvergütung und die Frage der Berechnungsmethode, von welchem Betrag die Erfinder Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120432 (C) (D) (A) (B) ihre Erfindervergütung im Hochschulbereich berechnen können. Für den Entwurf der Bundesregierung für eine In- sellösung im Hochschulbereich besteht insgesamt gese- hen nicht nur kein Anlass, sondern er dürfte einer Ge- samtlösung des Arbeitnehmererfindergesetzes sogar entgegenstehen. Maritta Böttcher (PDS): Der Deutsche Bundestag entscheidet heute über eine Reform des so genannten Hochschullehrerprivilegs im Arbeitnehmererfindungsge- setz aus dem Jahre 1957. Dieses Gesetz sieht grundsätz- lich vor, dass die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mern während ihrer Arbeit gemachten Erfindungen vom Arbeitgeber verwertet werden können – unbeschadet ei- ner angemessenen Vergütung für die Erfinderinnen und Erfinder. In seiner geltenden Fassung enthält das Gesetz jedoch eine gewichtige Ausnahme von diesem Grundsatz: Hoch- schullehrerinnen und Hochschullehrer an Universitäten dürfen ihre Erfindungen bisher selbst verwerten. Zur Be- gründung für diese Privilegierung der Universitätsprofes- soren wurde bisher stets das Grundrecht der Wissen- schaftsfreiheit in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes bemüht. Den vorliegenden Gesetzentwürfen der Koalitions- fraktionen und des Bundesrats liegt offensichtlich die Ein- sicht zugrunde, dass die Bedeutung der Wissenschafts- freiheit in dieser Hinsicht bisher überstrapaziert worden ist – wie ich meine, zu Recht. Denn: Professorinnen und Professoren haben keinen Alleinanspruch auf Wissen- schaftsfreiheit. Und: Das Grundrecht auf Wissenschafts- freiheit schließt nicht das Recht ein, wissenschaftliche Erfindungen zum ausschließlich eigenen Vorteil zu ver- werten, wenn diese der Nutzung der von der öffentlichen Hand bereitgestellten Infrastruktur zu verdanken sind. Dies dürfte bei Erfindungen von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern regelmäßig der Fall sein. Ich halte es daher für richtig, nicht nur den zu wissen- schaftlichen Innovationen führenden Aufwand, sondern auch die aus ihnen resultierenden Erträge zumindest teil- weise zu sozialisieren. Falsch wäre es, wenn weiterhin wie bisher die Kosten sozialisiert und Gewinne privati- siert würden. Ich halte den im Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gemachten Vorschlag, 30 Prozent der Verwertungserlöse den Erfinderinnen und Erfindern und den Rest den Hochschulen zukommen zu lassen, für eine brauchbare Lösung, die eine hemmungs- lose Privatisierung von Erträgen unterbindet, aber gleich- wohl den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern An- reize zu Innovationen und ihrer ökonomischen Nutzung gibt. Ich bevorzuge diese Lösung auch gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats, der eine Beteiligung der Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler erst nach Abzug der Patentierungskosten vorsieht. Diese Kosten dürften in vielen Fällen so hoch liegen, dass kein wirklicher Anreiz für die Verwertung von Erfindungen an den Hochschulen entstehen kann. Ich begrüße ferner ausdrücklich, dass die Gesetzent- würfe auch insoweit mit dem Hochschullehrerprivileg Schluss machen wollen, dass sie nicht nur Hochschullehre- rinnen und Hochschullehrer, sondern alle an einer Hoch- schule Beschäftigten, und zwar nicht nur an Universitäten, sondern auch an Fachhochschulen, in die wissenschaftsspe- zifischen Sonderregelungen des Patentrechts einbeziehen. In zweierlei Hinsicht weisen die vorliegenden Gesetz- entwürfe Defizite auf. Die PDS-Fraktion hat daher einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Koalitionsfrak- tionen vorgelegt. Zum einen geht es uns darum, dass selbstverständlich nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Hoch- schulen, sondern auch ihre Kolleginnen und Kollegen an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit beanspruchen kön- nen. Wenn es also im Patentrecht Bedarf an besonderen wissenschaftsadäquaten Regelungen gibt, so müssen sich diese Ausnahmeregelungen auch auf die staatlichen und staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen erstrecken. Zum anderen halten wir es für falsch, die Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler zur patentrechtlichen Verwertung ihrer Erfindungen zu zwingen. Es ist zwar grundsätzlich richtig, den Beitrag der Hochschulen zu In- novationen zu stärken und die wirtschaftliche Verwertung dieser Innovationen zu fördern, wenn dies der Schaffung von Arbeitsplätzen oder der Verbesserung der Lebensqua- lität dient. Aber die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler müssen auch das Recht haben, ihre Erfindung weder geheim zu halten, was ihnen SPD und Grüne in ihrem Gesetzentwurf allein zugestehen möchten, noch sie von der Hochschule patentieren und verwerten zu lassen, sondern sie durch eine Veröffentlichung der kommerziel- len Nutzung ein für alle Mal zu entziehen. Alles andere wäre nach Auffassung der PDS mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit unvereinbar, da das Prinzip der Öf- fentlichkeit geradezu konstitutiv für den modernen Wis- senschaftsprozess ist. Die PDS fordert daher ein uneingeschränktes Recht der Erfinderinnen und Erfinder, ihre Diensterfindungen im Rahmen ihrer Forschungs- oder Lehrtätigkeit jederzeit zu veröffentlichen. Dies ist zwingend erforderlich, um die Autonomie der Hochschulen gegenüber ökonomischen Verwertungszwängen zu sichern. Wir müssen den Wis- sens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft aktiv fördern, dürfen aber nicht den Fehler begehen, die Hochschulen den Fängen des Marktes auszuliefern. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/6026 Nr. 2.6 Drucksache 14/6214 Nr. 1.5 Drucksache 14/6214 Nr. 1.8 Drucksache 14/6214 Nr. 2.12 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20433 (C) (D) (A) (B) Innenausschuss Drucksache 14/5730 Nr. 2.34 Drucksache 14/5730 Nr. 2.36 Finanzausschuss Drucksache 14/5836 Nr. 2.24 Drucksache 14/6026 Nr. 2.20 Drucksache 14/6026 Nr. 2.21 Drucksache 14/6026 Nr. 2.32 Drucksache 14/6116 Nr. 1.5 Drucksache 14/6116 Nr. 1.6 Drucksache 14/6116 Nr. 1.7 Drucksache 14/6214 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 2.15 Drucksache 14/6214 Nr. 2.16 Drucksache 14/6214 Nr. 2.17 Haushaltsausschuss Drucksache 14/5836 Nr. 2.1 Drucksache 14/6026 Nr. 2.3 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/6026 Nr. 2.17 Drucksache 14/6026 Nr. 2.18 Drucksache 14/6214 Nr. 1.6 Drucksache 14/6214 Nr. 2.13 Drucksache 14/6214 Nr. 2.14 Drucksache 14/6214 Nr. 2.19 Drucksache 14/6214 Nr. 2.20 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/1708 Nr. 2.5 Drucksache 14/4170 Nr. 2.47 Drucksache 14/4170 Nr. 2.52 Drucksache 14/6395 Nr. 2.19 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 14/309 Nr. 2.42 Drucksache 14/4092 Nr. 1.1 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/4945 Nr. 1.2 Drucksache 14/4945 Nr. 1.3 Drucksache 14/5114 Nr. 2.4 Drucksache 14/5172 Nr. 2.62 Drucksache 14/5363 Nr. 2.10 Drucksache 14/6395 Nr. 1.1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5363 Nr. 1.2 Drucksache 14/5610 Nr. 1.4 Drucksache 14/5610 Nr. 1.7 Drucksache 14/5836 Nr. 2.5 Drucksache 14/5836 Nr. 2.10 Drucksache 14/5836 Nr. 2.14 Drucksache 14/6026 Nr. 3.1 Drucksache 14/6214 Nr. 3.1 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/5836 Nr. 1.8 Drucksache 14/5610 Nr. 1.10 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/6026 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 2.6 Drucksache 14/6395 Nr. 1.2 Drucksache 14/6395 Nr. 2.22 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/6026 Nr. 2.1 Drucksache 14/6214 Nr. 1.7 Drucksache 14/6214 Nr. 1.9 Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/5281 Nr. 2.24 Drucksache 14/5363 Nr. 2.12 Drucksache 14/5503 Nr. 2.25 Drucksache 14/5610 Nr. 2.2 Drucksache 14/5730 Nr. 1.1 Drucksache 14/5730 Nr. 2.22 Drucksache 14/5730 Nr. 2.24 Drucksache 14/5730 Nr. 2.25 Drucksache 14/5836 Nr. 2.25 Drucksache 14/6026 Nr. 1.1 Drucksache 14/6026 Nr. 2.7 Drucksache 14/6026 Nr. 2.8 Drucksache 14/6214 Nr. 1.1 Drucksache 14/6214 Nr. 2.4 Finanzausschuss Drucksache 14/6508 Nr. 2.10 Drucksache 14/6508 Nr. 2.11 Drucksache 14/6508 Nr. 2.12 Drucksache 14/6508 Nr. 2.40 Drucksache 14/6615 Nr. 2.11 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/6026 Nr. 2.19 Drucksache 14/6026 Nr. 2.25 Drucksache 14/6116 Nr. 1.3 Drucksache 14/6116 Nr. 1.4 Drucksache 14/6214 Nr. 1.2 Drucksache 14/6214 Nr. 2.18 Drucksache 14/6395 Nr. 2.15 Drucksache 14/6395 Nr. 2.16 Drucksache 14/6395 Nr. 2.17 Drucksache 14/6395 Nr. 2.23 Drucksache 14/6508 Nr. 2.13 Drucksache 14/6508 Nr. 2.15 Drucksache 14/6508 Nr. 2.33 Drucksache 14/6508 Nr. 2.35 Drucksache 14/6508 Nr. 2.37 Drucksache 14/6508 Nr. 2.41 Drucksache 14/6615 Nr. 2.8 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/6116 Nr. 1.8 Drucksache 14/6508 Nr. 2.22 Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 14/1016 Nr. 2.23 Drucksache 14/3050 Nr. 2.1 Drucksache 14/3146 Nr. 2.9 Drucksache 14/3146 Nr. 2.10 Drucksache 14/3146 Nr. 2.11 Drucksache 14/3146 Nr. 2.12 Drucksache 14/3146 Nr. 2.13 Drucksache 14/3146 Nr. 2.14 Drucksache 14/3146 Nr. 2.15 Drucksache 14/3146 Nr. 2.16 Drucksache 14/3146 Nr. 2.17 Drucksache 14/3146 Nr. 2.18 Drucksache 14/3341 Nr. 2.26 Drucksache 14/3428 Nr. 2.15 Drucksache 14/3576 Nr. 2.34 Drucksache 14/3576 Nr. 2.41 Drucksache 14/4170 Nr. 2.64 Drucksache 14/4170 Nr. 2.84 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 200120434 (C) (D) (A) (B) Drucksache 14/4309 Nr. 1.3 Drucksache 14/4309 Nr. 1.22 Drucksache 14/4309 Nr. 1.28 Drucksache 14/4441 Nr. 1.3 Drucksache 14/4441 Nr. 1.6 Drucksache 14/4665 Nr. 3.1 Drucksache 14/4945 Nr. 2.4 Drucksache 14/4945 Nr. 2.33 Drucksache 14/4945 Nr. 2.35 Drucksache 14/5114 Nr. 2.1 Drucksache 14/5114 Nr. 2.2 Drucksache 14/5172 Nr. 2.21 Drucksache 14/5172 Nr. 2.60 Drucksache 14/5610 Nr. 2.16 Drucksache 14/5610 Nr. 2.30 Drucksache 14/5610 Nr. 2.31 Drucksache 14/5610 Nr. 2.40 Drucksache 14/5730 Nr. 2.33 Drucksache 14/5836 Nr. 2.6 Drucksache 14/5836 Nr. 2.7 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/5610 Nr. 2.53 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5610 Nr. 1.3 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/6508 Nr. 1.3 Drucksache 14/6508 Nr. 2.3 Drucksache 14/6508 Nr. 2.23 Drucksache 14/6508 Nr. 2.34 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/6026 Nr. 2.2 Drucksache 14/6026 Nr. 2.10 Drucksache 14/6026 Nr. 2.29 Drucksache 14/6026 Nr. 2.31 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. November 2001 20435 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! Wir haben mehrere Tage aus-
    führlich debattiert. Die Lage und die Daten der deutschen
    Volkswirtschaft haben sich dadurch nicht geändert: Die
    Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch; die Zahl der neuen
    Arbeitsplätze ist ganz niedrig; die Teuerungsrate ist wei-
    terhin hoch; die Sozialversicherungsbeiträge sinken nicht,
    sondern steigen eher – wie die Ökosteuer, die eigentlich
    eingeführt wurde, um sie sinken zu lassen –; die steuerli-
    che Belastung der Durchschnittseinkommen ist hoch.
    Selbst wenn Sie fünf Statistiken heranziehen: Wahr-
    scheinlich liegen nur noch Belgien und Dänemark vor
    Deutschland. Die Belastung der Unternehmensgewinne
    ist weiterhin hoch. Hier liegt nur noch Frankreich vor
    Deutschland. Wenn Sie so weitermachen, dann schaffen
    Sie es, dass Deutschland auch noch diese Länder überholt
    und bei den negativen Indikatoren an der Spitze der Bun-
    desliga liegt.

    Der Haushalt pfeift aus dem letzten Loch. Er sei auf
    Kante genäht, sagt der Bundesfinanzminister. Er hat den
    niedrigsten Investitionsanteil, den je ein Haushalt in der
    Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Einen Boom gibt es nur noch in der Schattenwirtschaft.
    Das ist die Bilanz.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Im Hinblick darauf trägt die Regierung immer wieder

    – das hat auch der Kollege Poß getan – zwei Argumente
    vor: Daran seien – das ist wie im wirklichen Leben – die
    Eltern schuld;


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Und die Opposition!)


    denn die hätten dem Nachwuchs kein ausreichendes Erbe
    hinterlassen. So lautet der Vorwurf an die ehemalige Re-
    gierung. Der Bundeskanzler bemüht sich in einer langen
    Rede, zu erklären, daran seien die weltwirtschaftlichen
    Umstände schuld. Man müsse ein Stück auf die anderen
    Länder, vor allen Dingen auf die USA, hoffen.

    Dazu sagt der Sachverständigenrat, der sowohl die Er-
    ben als auch die Erblasser immer kritisch beobachtet hat,
    in seiner feinsinnigen Sprache, die aber ganz klar ist, Fol-
    gendes: Die größte europäische Volkswirtschaft – ge-
    meint ist die in Deutschland – müsste die der anderen Län-
    der eigentlich ziehen und dürfte gewissermaßen nicht von
    außen geschoben werden. Sie – gemeint ist noch immer
    die Volkswirtschaft in Deutschland – dürfte in einer Phase
    der allgemeinen Konjunkturschwäche nicht stärker an
    Schwung verlieren als die Volkswirtschaften in den übri-
    gen Mitgliedsländern. Weiter sagt der Sachverständigen-
    rat: Das ist ein Befund, der Zweifel an der Effizienz der
    für die wirtschaftlichen Entscheidungen maßgeblichen




    Joachim Poß
    20372


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Anreizsysteme hierzulande nahe legt. Das nenne ich auf
    den Punkt gebracht. Darum geht es!


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Frage lautet nämlich – ich leite sie sinngemäß aus

    dem Gutachten des Sachverständigenrates ab –: Was
    macht die Bundesregierung, die Mehrheit in diesem Hause
    eigentlich, um Menschen zu motivieren, Leistungen zu
    erbringen und sich neuen Aktivitäten zuzuwenden? Was
    tut sie, um die Anreizsysteme, die falsch ausgerichtet sind,
    umzustellen?


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Keinen Finger krumm!)


    Der Sachverständigenrat und nicht die böse Opposition
    antwortet Ihnen, den Erben, darauf Folgendes: Es war ein
    Fehler, dass die jetzige Bundesregierung glaubte, das we-
    nige an Deregulierung des Arbeitsmarktes, das die
    Vorgängerregierung zustande gebracht hatte, auch noch
    rückgängig machen zu müssen. Damit ist alles gesagt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie können also nicht mehr sagen: Wir sind die Erben, wir
    sind an nichts schuld; die Eltern hätten uns – weil es uns
    friert – Handschuhe schenken müssen. Sie müssen sich
    schon fragen lassen, was Sie tun.

    Der Bundeskanzler hat zwar lange geredet. Aber er hat
    genau die Fehler am vehementesten verteidigt, die ihm
    der Sachverständigenrat ankreidet. Der Bundeskanzler er-
    klärt, dass er die Abschaffung der 630-Mark-Arbeits-
    verträge für richtig halte. Aber damit haben Sie, nur die
    Arbeitslosenstatistik geschönt und die Schwarzarbeit
    ausgeweitet.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie haben den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit weiter
    begründet. Sie haben damit die Einstellung von Frauen
    behindert und dafür gesorgt, dass betriebliche Angelegen-
    heiten eher vor die Gerichte gebracht werden.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie haben das Betriebsverfassungsgesetz geändert. Sie
    haben die Mitbestimmung der Gewerkschaften ausgewei-
    tet sowie die Selbstbestimmung der Arbeitnehmerinnen
    und Arbeitnehmer in den Betrieben zurückgedrängt. Sie
    haben ein Gesetz gegen Scheinselbstständigkeit erlassen.
    Das alles haben Sie trotz der Kritik des Sachverständi-
    genrates durchgesetzt. Damit haben Sie genau die Moti-
    vationsanreize zurückgedrängt, die der Sachverständi-
    genrat für die größte Volkswirtschaft in Europa anmahnt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie haben jetzt die Absicht – das sagt der Sachverstän-

    digenrat auch –, ein weiteres Gesetz hinzuzufügen. Der
    Bundeskanzler hat der IG BAU zugesagt, ein Vergabege-
    setz vorzulegen. Der Sachverständigenrat hält das für eine
    Fortsetzung der Fehlentwicklung:


    (Widerspruch bei der SPD)

    Das verteuert die Arbeit, das erhöht die Baupreise, das zö-
    gert strukturelle Anpassungen hinaus und das diskrimi-
    niert die Anbieter aus Ostdeutschland. Der Rat sagt:

    Damit sagt die Bundesregierung den vielen Arbeits-
    losen, dass sie keine neue, ausreichende hoffnungs-
    volle Perspektive für den Eintritt in den regulären
    Arbeitsmarkt haben und dass Deutschland als po-
    tenzieller Investitionsstandort nicht ausreichend in
    der Lage ist, überholte Strukturen aufzubrechen und
    seine Regelwerke neu auszurichten.

    Sie können auf die Weltwirtschaft, auf die Vereinigten
    Staaten und auf das Erbe verweisen; aber Sie können sich
    in dieser Woche nicht vier Tage lang darum herum-
    drücken, die Frage zu beantworten, was Sie denn tun
    wollen.


    (Joachim Poß [SPD]: Sie auch nicht!)

    Das ist die Kernfrage an die Bundesregierung.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


    Sie stehen jetzt vor einem Waterloo Ihrer Arbeits-
    marktspolitik. Die Daten, die wir nun abfragen und die of-
    fensichtlich auch im nächsten Jahr nicht besser werden,
    führen wir als Opposition natürlich ein, weil jedermann
    dies im parlamentarischen Schlagabtausch erwartet. Ei-
    gentlich kommen wir aber auch einem Wunsch des Bun-
    deskanzlers nach. Er hat uns ja aufgefordert, ihn genau da-
    ran zu messen. Er hatte wohl gedacht, er werde mit einem
    Guthaben ins neue Jahr gehen. Er hat sich gründlich ver-
    kalkuliert. Das werfen Sie aber bitte nicht der Opposition
    vor. Sie müssen sich an dem messen lassen, woran er
    sich – das ist vom Herrn Bundeskanzler in allen deut-
    schen Zeitungen gewünscht worden – messen lassen
    wollte. Wenn die Arbeitslosenzahl diese Entwicklung
    nimmt, die wirtschaftlichen Daten so sind, wie sie sind,
    dann wäre die Opposition geradezu mit dem Klammer-
    beutel gepudert,


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Das ist sie sowieso!)


    wenn sie seinem Wunsch nicht nachkäme. Wir werden ihn
    daran messen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie reden so viel mies, dass die Situation schlechter wird!)


    In der Haushaltsdebatte hat sich der Bundeskanzler in
    bemerkenswerter Weise geäußert: Die Steuerpraxis sei
    nicht so, wie die Opposition es darstelle, wenn sie darauf
    hinweise, dass der Mittelstand in Deutschland ungerecht
    behandelt werde. Mit etwas Kreativität und guter Bera-
    tung


    (Walter Hirche könne man in der Steuergestaltung die Ungerechtigkeit im Hinblick auf die kleineren und mittleren Betriebe schon beseitigen. Allenfalls wolle er mit sich darüber reden lassen, dass bei großen mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu Körperschaften und Kapitalgesellschaften ein Problem bestehe. Dazu hat er lange Ausführungen gemacht. (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ein Seminar ge halten!)





    Dr. Wolfgang Gerhardt

    20373


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Er ist aber an dem Kern des Problems gründlich vorbei-
    gegangen.


    (Joachim Poß [SPD]: Das machen Sie mit Ihrer Rede! Sie verfehlen den Kern!)


    – Herr Poß, es geht dabei nicht um die Steuergestaltung in
    der Praxis, auch nicht um die Unternehmen, ob kleine
    oder große, und nicht um die Besänftigung der kleinen mit
    den Freibeträgen bei der Gewerbesteuer. Im Kern geht es
    um die Unternehmenskultur in Deutschland. Das hat er
    gar nicht begriffen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diese Unternehmenskultur, so schrieb Paul Kirchhof

    gestern in der „FAZ“, ist der strukturelle Vorteil der Bun-
    desrepublik Deutschland. Dies ist besonders in einer Zeit
    von Bedeutung, in der flüchtige Aktienmärkte uns im Hin-
    blick auf die soziale Sicherheit der Menschen dazu he-
    rausfordern müssten,


    (Joachim Poß [SPD]: Deswegen stärken wir ja den Mittelstand!)


    die Personengesellschaften in der Bundesrepublik
    Deutschland zu stabilisieren und nicht diejenigen zu be-
    strafen, die sich in Form einer Personengesellschaft zu
    Großunternehmen entwickeln und damit zu stabilen
    Wettbewerbern der Körperschaften und Kapitalgesell-
    schaften werden.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler – er ist nicht da; Sie werden es ihm

    übermitteln – verrät in diesem Punkt die Neue Mitte, die
    er bei der letzten Bundestagswahl gebeten hat, ihm die
    Stimme zu geben.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Damit trifft Rot-Grün gesellschaftspolitisch den Wachs-
    tumsmotor der Bundesrepublik Deutschland.


    (Zuruf von der SPD: Das Traurige ist ja, dass er das, was er sagt, wirklich glaubt!)


    Rot-Grün bestraft Risikobereitschaft bei denen, die per-
    sönlich bereit sind, etwas in Deutschland zu riskieren.

    Die Bundesregierung hat in diesen zwei Kernpunkten
    der übermäßigen Regulierung des Arbeitsmarktes und der
    Vernachlässigung der Personengesellschaften die größten
    Fehler gemacht, die sie machen konnte. Deshalb soll sie
    sich nicht in Ausreden über das Erbe flüchten. Rot-Grün
    hat in dieser Legislaturperiode die größte Verramschung
    des Erbes von Ludwig Erhard vorgenommen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auf dem Gebiet der Außenpolitik durften wir erleben,

    dass die Bundesregierung eine Vertrauensfrage brauchte,
    um einen der Kernbestandteile der erfolgreichen Nach-
    kriegsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland, die
    schlichte Bündnisfähigkeit, zu stabilisieren.


    (Zuruf von der FDP: Richtig!)

    Die Grünen haben das jetzt auf einem Parteitag abgeseg-
    net. Ich sage hier voraus: Sie werden noch eine gewaltige
    Interpretationsbandbreite für ihren Parteitagsbeschluss

    brauchen, sofern ich die Buschtrommeln, die in den letz-
    ten Tagen zu hören waren, richtig verstehe. Das ist noch
    nicht an seinem Ende angekommen.


    (Zuruf von der SPD: Sind Sie jetzt auch für Urwaldfragen zuständig?)


    In der Wirtschaftspolitik hoffen Sie nun auf Amerika,
    das Sie mit den Vokabeln „McJob“ und „Hire and Fire“
    genüsslich heruntergeredet haben.


    (Walter Hirche [FDP]: Genau so war es!)

    Jetzt ist das die große Hoffnung von Rot-Grün.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dazu sagt der Sachverständigenrat Folgendes, was ich
    Ihnen abschließend zitieren will:

    Es ist nicht angebracht,
    – das sagt der Sachverständigenrat, nicht die böse Oppo-
    sition –

    bei einer schwachen eigenen wirtschaftlichen Ent-
    wicklung sich mit dem Hinweis auf andere damit ab-
    zufinden und zu warten, bis die weltwirtschaftliche
    Konjunktur, namentlich die Wirtschaftsentwicklung
    in den Vereinigten Staaten, wieder in Schwung
    kommt. Das hieße nämlich, vor den eigenen Proble-
    men zu kapitulieren und darauf zu setzen, dass an-
    dere Länder eher in der Lage sind, ihre Aufgaben zu
    erledigen, und dass die deutsche Volkswirtschaft nur
    gleichsam als stiller Teilhaber der anderswo erzielten
    wirtschaftspolitischen Erfolge gesehen wird.

    Der Sachverständigenrat fügt einen weiteren Satz hinzu:
    Wir kommen um die Notwendigkeit nicht herum, die
    eigenen wirtschaftlichen Antriebskräfte zu mobili-
    sieren. Deutschland ist nicht ein Land, das damit
    überfordert sein sollte.

    Deutschland ist damit auch nicht überfordert, aber Rot-
    Grün anscheinend komplett.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, Sie haben es in vier Jahren

    geschafft, Antriebskräfte in Deutschland zu verbrauchen
    und zu beschädigen.


    (Zurufe von der SPD: Drei!)

    – Für das letzte Jahr dieser Wahlperiode sehe ich keinen
    Aufschwung in Ihrer Geisteshaltung oder in den wirt-
    schaftlichen Daten voraus. Dieses Jahr kann ich vorweg-
    nehmen. Das wird ein verlorenes Jahr sein.

    Sie haben die Antriebskräfte in Deutschland gründlich
    demotiviert. Sie haben jede Bereitschaft zur eigenen An-
    strengung, zum eigenen Risiko in Mitleidenschaft gezo-
    gen. Sie haben Flexibilität zugeschüttet. Sie haben
    Deutschland eingekerkert, aber sich selbst auch mit in die
    Zelle gesperrt. Jetzt haben Sie nur noch die zwei Mög-
    lichkeiten, die Sie immer nennen: ruhige Hand und run-
    der Tisch.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Von welchem Deutschland reden Sie überhaupt?)





    Dr. Wolfgang Gerhardt
    20374


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Das ist für die Freie Demokratische Partei zu wenig.
    Deshalb bitten wir den Wähler,


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Wovon reden Sie denn?)


    dieser Politik im nächsten Herbst ein Ende zu bereiten –
    demokratisch, aber überzeugend.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans Georg Wagner [SPD]: In welchem Land leben Sie eigentlich?)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile der Kolle-
gin Antje Hermenau, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich
    mich gleich diesen großen intellektuellen Herausforde-
    rungen von Oppositionsseite stellen werde, möchte ich als
    Erstes den Mitarbeitern des Sekretariats des Haushalts-
    ausschusses danken.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie haben dieselben Nachtschichten geschobenwie wir, bis
    früh um vier die Anträge der Opposition kopiert, was sie
    auch nicht besser machte, aber immerhin dazu führte, dass
    sie vollzählig vorlagen, und sie in dieFächer einsortiert.Wir
    konnten um neun ordentlich beraten. In der diesjährigen
    Haushaltsberatung verdankt der Haushaltsausschuss den
    Mitarbeitern sehr viel. Das muss auch gesagt werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Jetzt will ich mich dieser intellektuellen Herausforde-
    rung widmen. Herr Gerhardt, wenn Sie hier behaupten,
    wir beklagten uns darüber, Sie hätten kein ordentliches
    Erbe hinterlassen, so muss angemerkt werden, dass Sie
    mindestens 30 Jahre mitregiert haben und insofern auch
    für das, was Sie hinterlassen haben, zuständig sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Mir hätte es schon genügt, wenn Sie uns keine so

    großen Schulden hinterlassen hätten. Von Ihrer Erbschaft
    will ich gar nichts haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Mir nützte es schon, wenn ich als junger Mensch meine
    Zukunft selbst gestalten könnte. Das geht aber gar nicht,
    weil ich auf Jahre dazu verdammt bin, mit meinen Steu-
    ergeldern Ihre Schulden abzutragen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Und das aus dem Munde eines Kindes der Wiedervereinigung! Unglaublich!)


    Wir wollen Zukunft gestalten.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ohne uns würden Sie gar nicht hier stehen! Dann wären Sie noch hinter Stacheldraht!)


    – Ihr Wehgeschrei zeigt, dass ich den richtigen Punkt er-
    wischt habe. – Wir haben einen Haushalt vorgelegt, der
    schwer zu fahren ist, weil er knapp ist. Trotzdem gestal-
    ten wir die Zukunft, und zwar schon seit drei bis vier Jah-
    ren erfolgreich gemeinsam in dieser Koalition. Sie ist in
    ihrer Finanzpolitik erfolgreich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir haben die ökologische Modernisierung vorange-
    trieben. Es gibt eine Energiewende. Energieforschung,
    Markteinführung erneuerbarer Energien, Biomasse, die
    Mittel für all das wurden aufgestockt.


    (Walter Hirche [FDP]: Der Bundeswirtschaftsminister hat seinen Teil dazu gesagt!)


    Das liegt stringent auf einer Linie. Das ist eine klare Stra-
    tegie.

    Wir haben eine Agrarwende begonnen. Inzwischen
    gibt es gesündere Lebensmittel.


    (Lachen bei der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Vor allem im PaulLöbe-Haus!)


    Artgerechte Tierhaltung wird sich durchsetzen. Die Mit-
    tel für Verbraucherschutz sind gestiegen. Auch das ist
    wichtig für die Leute im Land.

    Es wird eine Verkehrswende geben. Aus dem ZIP-
    Programm, dem Zukunftsinvestitionsprogramm, das wir
    vor zwei Jahren aufgelegt haben, ist von 2,6 Milliarden
    Euro eine ganze Milliarde, also ein wirklich großer Be-
    trag, in Investitionen in die Schiene gegangen. Das ist Zu-
    kunft! Das ist ökologische Modernisierung der Gesell-
    schaft!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir haben den Begriff der Nachhaltigkeit aus der
    Ökologie auf die anderen gesellschaftlichen und politi-
    schen Bereiche übertragen. Es gibt inzwischen auch De-
    batten über eine nachhaltige Finanzpolitik.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die ist durch den Wechsel von Finanzminister Lafontaine
    zu Finanzminister Eichel plastisch geworden. Die Koali-
    tion hat darin in harter Arbeit ihre gemeinsamen Projekte
    definiert. Das war weder für die Sozialdemokraten noch
    für die Bündnisgrünen leicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir sagen: Wir wollen die Gesellschaft modernisieren.
    Denken Sie zum Beispiel an die Fragen der Zuwanderung
    und der Integration! Es wird mehr Geld für eine bessere
    Integration und für verstärkte Sprachförderung geben.
    Denken Sie daran, dass Familienförderung betrieben
    wird! Wir haben einmal 300 DM Kindergeld versprochen.
    Das kommt nächstes Jahr. Das ist eine Punktlandung!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)





    Dr. Wolfgang Gerhardt

    20375


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Sehen Sie sich den Haushalt für Bildung und For-
    schung an! Der ist um mehr als 15 Prozent gestiegen. Das
    BAföG ist dabei schon herausgerechnet.
    Wenn Sie sich das einmal angucken, dann stellen Sie fest:
    Das ist eine klare, stringente, kohärente Politik, auf we-
    nige wichtige Investitionen in die Zukunft konzentriert,
    und an allen anderen Stellen wird intelligent gespart.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich frage mich immer, wie Sie das alles gemacht hätten.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Besser!)


    – Genau der Versuchung sind Sie erlegen. Sie von der
    CDU/CSU haben Änderungsanträge mit einem Volumen
    von mehr als 35 Milliarden Euro eingebracht. Das haben
    Sie als ordentliche Haushaltspolitik zu suggerieren ver-
    sucht. Dabei hätten Sie auf die Ökosteuer verzichtet. Da
    hätten Ihnen schon einmal 15 bis 16 Milliarden gefehlt,
    mindestens, wenn nicht noch mehr! Sie haben gesagt, Sie
    wollten die Steuerreform vorziehen. Zusätzlich zu all
    Ihren Änderungsanträgen wäre das ein Volumen gewesen,
    das überhaupt nicht darstellbar gewesen wäre! Wahr-
    scheinlich – da folge ich einmal Ihrer alten Programma-
    tik – hätten Sie dann die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent
    angehoben


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    oder hätten allen Deutschen die Grundrente verordnet;
    denn anders hätten Sie das nicht finanzieren können.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Da Sie nicht die Traute gehabt hätten – so denke ich je-
    denfalls –, die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent anzuheben
    oder die Grundrente in Deutschland einzuführen, muss
    ich davon ausgehen, dass Ihre sämtlichen Erhöhungsan-
    träge Popanz sind und überhaupt nichts taugen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich kann ein paar Beispiele bringen. Es gibt zum Bei-
    spiel einen Antrag, 600 Millionen Euro mehr in den
    Straßenbau zu investieren. Ich erinnere mich noch an
    Wissmanns Spatenstiche. Wissen Sie noch, wie er damals
    im Wahlkampf durch die Gegend gezogen ist und die Spa-
    tenstiche gemacht hat?


    (Zuruf von der SPD: Aber nur die Spatenstiche! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da wurde noch gebaut!)


    Danach war das Geld alle. Alles sollte natürlich privat fi-
    nanziert werden und nichts hat geklappt. So ist das damals
    gelaufen!


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    So machen Sie das wieder. Sie haben nichts dazuge-
    lernt. Sie machen wieder dieselben Fehler, die Sie schon
    vor vier Jahren gemacht haben. Sie kommen mit einem
    Antrag, den Verteidigungshaushalt um 1,4 Milliarden
    Euro zu erhöhen, mit einem Antrag, den Zuschuss an die

    Bundesanstalt für Arbeit um 2 Milliarden Euro zu er-
    höhen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, nein, kein Zuschuss an die BA! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


    Ich kann mich noch an Blüms Wahlkampf-ABM erinnern.
    Wissen Sie noch, wie das im letzten Wahljahr, als Sie ab-
    gewählt worden sind, gewesen ist? Da hat Herr Blüm
    noch erzählt: Jetzt kommen noch einmal ganz viele ABM
    auf den Markt. – Die haben dann für vier Monate gehal-
    ten – gerade bis einen Monat nach der Wahl! Solchen Ver-
    suchungen sind Sie wieder erlegen. Wir sind es nicht. Wir
    sind solchen Versuchungen nicht erlegen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Dieser Haushalt wird im Wahljahr Prüfstein für unsere
    Vorschläge zur Modernisierung dieser Gesellschaft sein
    müssen. Wir haben dazugelernt, übrigens sehr schmerz-
    haft. Daher kommt genau die Häme, die Sie in der ganzen
    Woche verbreiten. Natürlich freut Sie das. Sie sind ja we-
    gen derselben Probleme, mit denen auch wir konfrontiert
    sind – das ist ganz klar; wir leben im selben Land –, ab-
    gewählt worden.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Deswegen werden auch Sie abgewählt und das ist gut so!)


    Aber Sie haben nichts dazugelernt. Wir lernen dazu. Un-
    sere Lernprozesse regen Sie auf.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das ärgert Sie am meisten. Daher kommt Ihre Häme. Wir
    sind in der Lage, uns in die Regierungsrolle hineinzufin-
    den,


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie machen doch die Rolle rückwärts!)


    während Sie eine schlechtere Opposition machen, als wir
    sie früher gemacht haben. Damit lassen Sie sich hier
    blicken!


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Sie haben die Änderungsanträge der Bündnisgrünen
    zum Haushalt aus Oppositionszeiten bestimmt noch in Er-
    innerung. Sie werden sich erinnern, dass die alle gedeckt
    waren. Da gab es keine illusorischen Angelegenheiten wie
    Ihre komischen Vorstellungen: Steuerreform vorziehen,
    auf die Ökosteuer verzichten, Einfrieren der Grundrente,
    Erhöhung der Mehrwertsteuer und alles irgendwann noch
    einmal.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Danke fürs Zitat!)


    Was Sie hier vorgelegt haben, ist Quatsch. Ich weiß nicht,

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Dass Sie nichts wissen, wissen wir jetzt auch!)


    aber wenn ich an Gerhard Stoltenberg denke, über den in
    dieser Woche mehrmals gesprochen worden ist – mit Res-




    Antje Hermenau
    20376


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    pekt natürlich, das ist klar –, glaube ich, Herr Stoltenberg
    hätte Ihnen diesen Mist nicht durchgehen lassen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wir wollen Oswald Metzger hören!)


    Herr Stoltenberg hätte Sie bei diesem Wirrwarr, den Sie
    hier als Haushaltsberatung vorzulegen gewagt haben, ins
    Gebet genommen. Sie haben Ihre Kompetenz auf dem
    Gebiet völlig verloren.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Herr Metzger hätte das Zeug, was man ihr aufgeschrieben hat, hier gar nicht vorgetragen!)


    Der Wechsel von Stoltenberg zu Waigel erfolgte ein
    halbes Jahr vor der Wende; deswegen kann man sich mit
    den Kosten der deutschen Einheit nicht herausreden.


    (Zustimmung der Abg. Uta Titze-Stecher [SPD])


    Damals haben Sie in Ihrer Finanzpolitik umgesteuert und
    den Pfad der stoltenbergschen Tugend verlassen. So ist es
    doch gewesen, und zwar ein halbes Jahr vor der Wieder-
    vereinigung. Kommen Sie mir nicht mit den Kosten der
    deutschen Einheit. Ich kann es nicht mehr hören.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Nein, wir kommen Ihnen nicht! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das haben Sie doch noch nie geglaubt!)


    In Wirklichkeit hat es etwas damit zu tun, dass Sie vor der
    Bundestagswahl 1990 Muffensausen hatten und deshalb
    Ihre Finanzpolitik ganz massiv geändert haben. So ist das
    gelaufen!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Laut ist noch nicht gut!)


    Schwarz-Gelb hat von 1994 bis 1998 23,4 Prozent mehr
    neue Schulden gemacht. Rot-Grün hat in den letzten vier
    Jahren nicht einmal halb so viel Schulden gemacht, selbst
    wenn man UMTS herausrechnet. Wenn wir auch zugeben,
    dass wir die UMTS-Gelder zur Schuldentilgung genutzt
    haben, haben wir eigentlich sogar nur 5 Prozent mehr
    neue Schulden gemacht im Vergleich zu den 23,4 Prozent,
    die Sie in Ihrer letzten Legislaturperiode abgeliefert
    haben.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wir wollen Metzger hören, bevor der Metzger zur GEBB geht!)


    Wir haben die Trendumkehr eingeleitet. Wir haben Ihr
    Erbe, Herr Gerhardt, gar nicht angetreten, wir haben es
    ausgeschlagen. Wir machen etwas anderes. Wir werden
    diese Neuverschuldung herunterfahren. Es tut weh, es ist
    nicht leicht, es gibt Probleme, es ist diskussionswürdig,
    aber es ist ehrlich und es ist zukunftsweisend.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das ist es, was Sie wurmt. Herr Carstens hat Sie heute hier
    vertreten, meine Damen und Herren von der Union. Der
    hat hier doch im Prinzip einen Rückblick in die Ge-
    schichte abgeliefert.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie da vortragen!)


    Sie glauben, damit könnten Sie jüngere Menschen in die-
    sem Land dafür interessieren, was Sie finanzpolitisch
    eventuell noch anzubieten hätten.

    Wie ich schon sagte: Häme steht Ihnen gut zu Gesicht.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir wollen jetzt nicht über Ästhetik reden!)

    Das ist offensichtlich das Einzige, was Sie im Moment
    drauf haben. Mehr kommt nicht. Ich erinnere mich an das
    letzte tolle schwarz-gelbe Konjunktur-Ankurbelungspro-
    gramm, die Sonder-AfA, mit dem die Baubranche im
    Osten künstlich hoch geschraubt wurde.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie schrauben lediglich an den Pleiten!)


    Es gab geborgte Arbeitsplätze in der Baubranche, diese
    geborgten Arbeitsplätze wurden aus Steuerverzicht finan-
    ziert und der Boom ist trotzdem nicht von Dauer gewesen.
    Wir hingegen haben mühsam Gelder in Marktanreizpro-
    gramme für erneuerbare Energien gesteckt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Bei Ihrer Rede vergeht ja sogar dem Finanzminister das Lächeln! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Bei der Rede braucht er gar nicht zuzuhören!)


    Dort entstehen neue zukunftsfeste Arbeitsplätze, ganz im
    Gegensatz zu Ihrer durch Steuerersparnis erkauften Kon-
    junktur.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Weil Sie der Meinung sind, wir hätten die Staats-
    ausgaben davongaloppieren lassen: Man kann sie ja
    durchaus einmal mit der waigelschen mittelfristigen
    Finanzplanung vergleichen. Das müssen wir nicht
    scheuen. Die läge nämlich maximal 1 bis 2 Milliar-
    den Euro unter dem, was wir anzubieten haben. Aber die
    waigelsche Planung wäre ohne Ökosteuer – da hätten
    Sie schon ein Problem –, sie wäre ohne Zukunftsinves-
    titionen, sie wäre mit 20 Prozent Mehrwertsteuer und
    sie wäre mit einer Grundrente und einem Rentenversi-
    cherungsbeitrag von wahrscheinlich immer noch unge-
    fähr 20 Prozent.

    Ich weiß doch noch,

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie wissen gar nichts, das dokumentieren Sie hier nun wortgewaltig!)


    wie Norbert Blüm damals in den Haushaltsausschuss ge-
    kommen ist und mit einer Träne im Knopfloch meinte,
    jetzt müssten wir uns langsam auf 21 Prozent Rentenver-
    sicherungsbeitrag zubewegen. Erinnern Sie sich doch ein-
    mal an Ihren eigenen Minister. Er saß dort und sagte mit




    Antje Hermenau

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    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    einer Träne im Knopfloch: Tut mir Leid, Leute, 21 Pro-
    zent, irgendwie lässt es sich nicht vermeiden. Das war
    doch keine Zukunftsentwicklung.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir sind doch hier nicht auf der Bauernbühne!)


    Wir stabilisieren den Rentenversicherungsbeitrag, und
    wir stabilisieren ihn nicht dadurch, dass es nur eineGrund-
    rente für alle gibt. Das ist doch der entscheidende Punkt,
    der uns gelungen ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie werden wahrscheinlich nicht müde werden, immer
    wieder zu behaupten, Sie könnten die Steuerreform vor-
    ziehen. Dazu haben Sie auch geistreiche Vorschläge. Ich
    kann Ihnen nur sagen: Wenn Ihre eigene große Füh-
    rungspersönlichkeit Stoiber schon den Rückzug angetre-
    ten hat, weil ihm das Ganze nicht mehr ganz geheuer ist
    und er merkt, dass das Eis bricht, auf das Sie sich da schlit-
    ternd wagen, kann ich mir eigentlich jede weitere Bemer-
    kung zu dem Schnulli-Vorschlag ersparen.

    Kommen wir dann zu einem Vergleich, der ganz ein-
    fach zu begreifen ist: Alle Deutschen waren im letzten
    Jahr sehr bewegt von der Entwicklung der Fußball-Natio-
    nalmannschaft. Das kann ich gut verstehen. Da ist genau
    dasselbe passiert wie bei Ihnen. Dort gab es die gleiche
    Nichtlernfähigkeit, die Sie hier auch dokumentiert haben,
    in den letzten Jahren und in dieser Haushaltsberatung wie-
    der. Da hat man sich in der Fußballnationalmannschaft auf
    seinen Lorbeeren und dem vergangenen Ruhm ausgeruht.
    Dann hat man in einem Dritte-Klasse-Spiel mörderisch
    verloren. Anschließend hat man die nationale Krise aus-
    gerufen. So ist das gelaufen.

    So ähnlich ist Ihre Haushaltspolitik. Nachhaltigkeit be-
    ginnt nämlich mit Vorausdenken. Man fängt beizeiten an,
    an die Zukunft zu denken. Man investiert in junge Spieler
    und man bemüht sich, Angebote zu machen, die auch
    wirklich tragen. Aber Sie haben nichts dazugelernt. Sie
    haben Herrn Stoltenberg verachtet. Sie haben zum Bei-
    spiel Männer wie Kohl oder Waigel, die für den Maas-
    tricht-Vertrag verhandelt haben, der Ihnen in Ihrer Fi-
    nanzpolitik einmal so wichtig war, an die Wand laufen
    lassen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie sieht es denn aus mit den Maastricht-Kriterien? Da wäre ich doch ganz vorsichtig!)


    Ihnen scheint es doch wohl egal zu sein, ob die Nettokre-
    ditaufnahme, die Neuverschuldung steigt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist auch Ihre letzte Haushaltsrede!)


    Dabei müsste es Ihnen doch eigentlich richtig weh tun.
    Kohl und Waigel haben für Sie in Verhandlungen eine
    stringente Finanzpolitik in Europa durchgesetzt, aber Sie
    tun hier so, als wäre es völlig egal, ob die Neuverschul-
    dung steigt oder nicht. Sie sprechen von einer nationalen
    Krise. Wir haben keine nationale Krise, sondern Sie ha-
    ben eine Wahlkampfkrise; das ist Ihr Problem.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Krise am Pult!)