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ID1420407100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 20033 A Begrüßung des Vizepräsidenten des spani- schen Abgeordnetenhauses, Herrn Lopez, und seiner Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20038 C Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) (Drucksachen 14/6800, 14/7537) . . . . 20033 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Drucksachen 14/6801, 14/7324, 14/7538) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 B 16. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/7304, 14/7321) . . . . . . . 20033 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 20038 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20048 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20053 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU . . . . . . . . . 20055 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20057 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20057 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20060 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20064 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20073 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 20076 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20078 C Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20080 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20081 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20083 D Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20085 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20087 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20088 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20089 C 17. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/7305, 14/7321) . . . . . . . 20092 A Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20092 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20094 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 20098 B Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20102 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 20104 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . 20106 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . . 20108 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 20110 A Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20113 C Plenarprotokoll 14/204 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 I n h a l t : Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20116 D Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20117 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 20118 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 20119 A Dr. Elke Leonhard SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20120 C Steffen Kampeter CDU/CSU (zur GO) . . . . . 20121 C 18. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/7313, 14/7321) . . . . . . . 20121 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 20122 A Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20124 D Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 20127 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20128 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20131 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20131 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20132 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20133 B Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20134 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg 20137 A Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20142 B Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . . 20142 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20143 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20144 D Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20145 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20147 B Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . 20149 A, B Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20149 D, 20152 C 19. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/7317, 14/7321) . . . . . . . 20154 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . . . . . . . 20154 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20156 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 20159 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20160 C Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20162 C Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20163 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 20166 C 28. Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 14/7315, 14/7321) . . . . . . . 20168 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 20168 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20170 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20173 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20175 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . 20176 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . 20177 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20178 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 20180 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20182 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20185 A Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20187 B Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 20189 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20192 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20193 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 20192 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 20193 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Gila DIE GRÜNEN Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Marieluise DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 28.11.2001 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 DIE GRÜNEN Follak, Iris SPD 28.11.2001 Frick, Gisela FDP 28.11.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 28.11.2001 Peter Girisch, Georg CDU/CSU 28.11.2001 Hauer, Nina SPD 28.11.2001 Heiderich, Helmut CDU/CSU 28.11.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 28.11.2001 Jünger, Sabine PDS 28.11.2001 Kraus, Rudolf CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 28.11.2001 Lippmann, Heidi PDS 28.11.2001 Müller (Berlin), PDS 28.11.2001* Manfred Nahles, Andrea SPD 28.11.2001 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 28.11.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 28.11.2001 Schenk, Christina PDS 28.11.2001 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.11.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 28.11.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 28.11.2001 Reinhard Dr. Freiherr von CDU/CSU 28.11.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Thomae, Dieter FDP 28.11.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 28.11.2001 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Margareta DIE GRÜNEN Dr. Zöpel, Christoph SPD 28.11.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche
    Außenpolitik ist auch nach dem 11. September Grundsät-
    zen verpflichtet, die es wert sind, in dieser sich rasch ver-
    ändernden Welt nochmals unterstrichen zu werden. Es
    sind Grundsätze, die sich im Konsens entwickelt haben.
    Dieser Konsens war oft das Ergebnis heftigster parteipo-
    litischer Auseinandersetzungen, wurde also erstritten. Es
    ist eine Politik der Selbstbeschränkung. Sie ist westinte-
    griert. Sie ist europäisch. Sie ist multilateral angelegt. Sie
    ist dem Existenzrecht Israels verpflichtet.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Auf dieser Grundlage betreiben wir eine kooperative
    Verantwortungspolitik als Außenpolitik der Bundesrepu-
    blik Deutschland, bei der wir darum wissen, dass diese
    Welt eine unfriedliche ist, die wir friedlicher und sicherer
    gestalten wollen, und bei der wir dem Gedanken der Kon-
    fliktprävention, das heißt der Verhütung von Konflikten
    oder gar von Kriegen, den Vorrang vor Repression geben.

    Nur, wir wissen auch, dass man in einer unfriedlichen
    Welt mit teilweise sehr brutalen Herrschern, mit Diktato-
    ren und durchaus auch kriminell zu nennenden Interessen
    an der Repression nicht vorbei kommt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Das ist ein Faktum, das haben wir des Öfteren mit unse-
    rer Politik bewiesen. Aber Repression ist weder in der In-
    nenpolitik noch in der Außenpolitik tatsächlich eine Ant-
    wort auf die Konflikte oder gar eine Lösung der Konflikte.
    Es ist Ultima Ratio und muss immer Ultima Ratio bleiben,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    letztes Mittel und nicht vorletztes Mittel oder ein Mittel,
    das in der Politik am Ende Vorrang haben soll.

    Deswegen, meine Damen und Herren von der Union,
    lassen Sie mich den Punkt ganz offen ansprechen – Herr
    Kollege Rühe, Sie werden nach mir sprechen; deswegen
    will ich es hier gleich sagen –: Sie haben es damals beim
    Kosovo-Krieg in der Endphase der Bundestagswahl ver-
    sucht – ich habe mir das sehr gut gemerkt –, Sie haben es
    dann nach den Bundestagswahlen in der Zuspitzung des
    Kosovo-Krieges, als wir – Kollege Scharping in direkter
    Verantwortung, aber wir als Bundesregierung – Bundes-
    wehreinheiten in Tetovo stationiert hatten, versucht – Sie
    sind durch die Redaktionsstuben gezogen und haben ver-
    sucht, gegen den damaligen Ministerkollegen Scharping
    Stimmung zu machen.


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Er ist es immer noch! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Ist Herr Scharping schon zurückgetreten?)


    Sie haben gesagt, es sei unverantwortlich, die Truppen in
    der Nähe der serbischen Artillerie zu halten. Sie haben im-

    mer wieder versucht, den Einsatz der Bundeswehr – und
    das nehme ich Ihnen als ehemaligem Verteidigungsmi-
    nister nun wirklich übel – innenpolitisch für Ihre partei-
    politischen Zwecke zu missbrauchen, und das versuchen
    Sie jetzt wieder.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie haben es beim Mazedonien-Einsatz gemacht, wo
    Sie sich als großer Stratege erwiesen haben. Nichts von
    dem, was Sie damals formuliert haben – ich habe es Ihnen
    hinten sitzend im persönlichen Gespräch schon prophe-
    zeit –, ist eingetreten. Die Strategie ist nicht aufgegangen.
    Sie konnten uns nicht vorführen. In der Sache hatten Sie
    von Abis Z nicht Recht. Das zeigt schlicht und einfach die
    Empirie.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich sage Ihnen auch jetzt, wenn Sie meinen, Sie könn-
    ten uns Bündnisunzuverlässigkeit und Ähnliches vorwer-
    fen: Das glauben Sie nicht einmal selbst.


    (Volker Rühe [CDU/CSU]: Warten Sie doch erst einmal ab!)


    – Da brauche ich gar nicht abzuwarten, sondern das kann
    ich Ihnen schon jetzt sagen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der geht auf eine Rede ein, die noch gar nicht gehalten worden ist! Rühe hat ja noch gar nicht geredet!)


    Deswegen sage ich Ihnen: Für uns ist ein Maßstab völ-
    lig klar. Wenn wir sagen, wir sind westintegriert, dann
    heißt das für uns auch, dass wir zu unseren Bündnisloya-
    litäten und zu unseren Bündnisverpflichtungen stehen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie bei der SPD)


    Bündnisverpflichtungen zwischen Demokratien heißt
    aber nie Gefolgschaft, sondern das heißt immer,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Uneingeschränkte Solidarität!)


    dass die gemeinsame Strategie diskutiert wird und dass
    auf der Grundlage dieser Diskussion dann die Entschei-
    dungen getroffen werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das ist ja ganz was Neues!)


    – Wir haben nie das Lied „Tausend rote Panzerschützen“
    vor Kabul gesungen, wir nicht.


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rolf Kutzmutz [PDS]: Dafür habe ich noch nie Molotowcocktails und Steine geworfen!)


    Das muss ich Ihnen wirklich sagen.

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Es ist aber interessant, was Sie für Lieder kennen!)







    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Der Kollege Schulz hat mir das heute gesagt. Ich kannte
    es nicht; ich will es aber kennen lernen. Das ist für mich
    eine neue Erfahrung; das gebe ich offen zu. Ich möchte
    das jetzt aber nicht vertiefen.

    Meine Damen und Herren, für uns ist ganz entschei-
    dend, dass mit dem 11. September ein Angriff auf die
    Menschen in New York City, auf die Bevölkerung der
    USA und auf die Regierung der USA stattgefunden hat.
    Für uns ist ganz entscheidend, dass hier zum wirklich letz-
    ten Mittel gegriffen wurde, weil andere versuchte und
    tatsächliche Terroranschläge, die es schon gegeben hat,
    polizeilich verfolgt wurden und diejenigen, die Verant-
    wortung trugen, vor ein Gericht gestellt wurden. Das hat
    aber nicht dazu geführt, den Tätern letztendlich das Hand-
    werk zu legen und Sicherheit zu garantieren.

    Ich habe während der Generalversammlung der Ver-
    einten Nationen in New York, als es zu einem beklagens-
    werten – technisch bedingten – weiteren Flugzeugabsturz
    gekommen ist, selbst erlebt, wie die Menschen in New
    York reagieren. Die USAwerden nicht bereit sein, dieses
    Risiko dauerhaft zu akzeptieren, und insofern werden sie
    sich dagegen wehren.

    Dieser Bundestag hat mit sehr großer Mehrheit ent-
    schieden – auch wenn sich bei der Vertrauensfrage die
    Dinge anders dargestellt haben, in der Sache war es eine
    sehr große Mehrheit –, dass wir auf der Grundlage des
    Selbstverteidigungsrechts, wie es in der Charta der Ver-
    einten Nationen steht, und auf der Grundlage des Be-
    schlusses im NATO-Bündnis tatsächlich an der Seite un-
    seres Bündnispartners stehen. Das ist das Verbindende.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


    Dazu gehört der Beschluss des Bundestages, den Sie in-
    haltlich akzeptiert haben. Diesen Beschluss setzen wir
    jetzt um.

    Ich halte allerdings überhaupt nichts davon, aus innen-
    politischen Gründen – das ist typisch Rühe – neue Ziele
    zu suchen.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Man, muss der Sie geärgert haben!)


    – Nein, ich ärgere mich nicht darüber. Ich finde es schlicht
    und einfach verantwortungslos, bei der Entscheidung
    über die außenpolitische Orientierung neue Ziele zu su-
    chen. Wir wissen doch, dass zum Beispiel über den Irak
    in Europa völlig anders als in Washington – dort findet
    übrigens eine kontroverse Debatte statt – diskutiert wird.


    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Europäer sind sich völlig einig, dass wir, um es ein-
    mal ganz diplomatisch zu formulieren, eine Ausdehnung
    auf den Irak mit äußerster Skepsis betrachten.


    (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Sehr vorsichtig ausgedrückt! – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Ist das ein Nein?)


    Wir sollten versuchen – ich unterstreiche das, was der
    Bundeskanzler heute Morgen gesagt hat –, die Regional-
    konflikte im Nahen Osten politisch zu lösen. Bedenken

    wir, dass wir unmittelbarer Nachbar sind. Wenn die Re-
    gionalkonflikte gelöst sind, wird es immer noch sehr
    schwer sein, die inneren Entwicklungsprobleme der be-
    troffenen Länder in der Region zu lösen, da diese dadurch
    nicht behoben sein werden.

    Das Modernisierungsproblem und das Demokratisie-
    rungsproblem bleiben ebenso wie die Menschenrechts-
    und Gleichstellungsprobleme, etwa im Zusammenhang
    mit der Diskriminierung von Frauen, bestehen. Auch des-
    halb sind die Regionalkonflikte vor allen Dingen politisch
    zu lösen. Wir Europäer haben daran ein Interesse. Das ha-
    ben wir unseren Partnern in den USA auch sehr ausführ-
    lich und in großer Präzision dargestellt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn man sich die Entwicklung anschaut, dann sollte
    man zu erkennen versuchen, was der Hauptgrund für
    diese Situation ist. Ich erinnere mich an die Debatte über
    den Kosovo. Damals vertraten die so genannten außenpo-
    litischen Realisten, beispielsweise Kissinger, die Auffas-
    sung, dass es sich um einen Krieg entlang der Grundsätze
    von Wilson, also eher um einen Krieg der Linken handele,
    bei dem es nicht um harte Interessen, sondern um Men-
    schenrechte und um Fragen, die nicht unmittelbar mit der
    klassischen, interessenorientierten Politik zu tun haben,
    gehe. Heute müssen wir feststellen, dass der Rückzug
    – das heißt nicht militärischer, sondern politischer Rück-
    zug – entlang dieser Linien aus den Konflikten der Welt,
    die aus der Zeit des Kalten Krieges zurückgelassen wur-
    den – Afghanistan ist dafür ein klassischer Fall –, falsch
    war.

    Zu meinen, man könne Friedensdividenden einneh-
    men, war unser allergrößter Fehler. Wir haben nicht gese-
    hen, dass Friedensinvestitionen notwendig waren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dieser Rückzug hat eine Gefahr für den Weltfrieden ent-
    stehen lassen. Daraus müssen wir im Sinne einer koope-
    rativen und präventiven Verantwortungspolitik Konse-
    quenzen ziehen. Es geht nicht um die Weltpolizei. Es geht
    vielmehr darum, regionale Ansätze zu stärken, damit die
    zusammengebrochenen Strukturen – Europa hat von sei-
    ner eigenen Geschichte insofern etwas sehr Positives zu
    vermitteln – wieder hergestellt werden. Ich erlebe das
    zum Beispiel im südlichen Afrika, wo der Regionalansatz,
    aber auch die Frage, ob die Afrikaner gemeinsam repres-
    sive Mittel einsetzen müssen, dahin gehend geprüft wer-
    den, ob sie tauglich sind, einen dramatischen Konflikt, der
    alle gefährdet, zu bewältigen. Stichwort Kongo. In West-
    afrika gibt es einen ähnlichen Ansatz. Daran kann man
    doch erkennen, was wir Europäer der Welt im 21. Jahr-
    hundert an positiven Erfahrungen tatsächlich zu vermit-
    teln haben.

    Ich sage nochmals: Ich schließe die Ultima Ratio nicht
    aus. Ich möchte aber verhindern, dass wir in einen Zu-
    stand geraten, in dem sie notwendig wird. Dass das not-
    wendig sein kann, hat der Balkan gezeigt. All diejenigen,
    die ernsthaft mit sich gerungen haben und keine takti-
    schen Argumente vorgebracht haben – ich habe deren




    Bundesminister Joseph Fischer

    20111


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Argumente sehr ernst genommen –, müssen heute sagen,
    dass wir uns den Hauptvorwurf machen müssen, dass wir
    nicht 1991/1992 das gemacht haben, was wir 2001 ge-
    macht haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Schwarz-Schilling [CDU/CSU])


    Das sage ich unabhängig davon, wo wir damals politisch
    standen.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Können Sie Ihre Position von damals noch einmal erläutern?)


    – Ich gehörte nicht zu denen, die der Meinung waren, dass
    die damalige Anerkennung der friedlichen Scheidung
    ohne Bedingungen mehr als eine Eskalation des Konflikts
    bringen werde. Ich war damals der Meinung, man hätte es
    so nicht machen sollen. Ich war damals allerdings
    Nichtinterventionist. Insofern sollten diejenigen, die die
    Anerkennung forciert haben, den damaligen Nichtinter-
    ventionisten nicht ihre Position vorwerfen, sondern die
    Dinge ebenso selbstkritisch sehen, wie zum Beispiel ich
    sie bei der Betrachtung meiner damaligen Situation sehe.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Es gab andere in meiner Partei, die waren damals
    schon Interventionisten. Ich sage ganz bewusst – ob das
    Marieluise Beck ist, ob das mein Freund Daniel Cohn-
    Bendit ist –: Sie hatten Recht. Sie waren aber keine An-
    erkennungsbefürworter; auch das füge ich in diesem Zu-
    sammenhang hinzu.

    Was wir daraus lernen können, ist doch, dass wir, wenn
    die Ultima Ratio wirklich eingesetzt werden muss, gleich-
    zeitig alle Möglichkeiten zur Prävention und zur Frie-
    densgestaltung nutzen müssen. Der Stabilitätspakt und
    der Weg nach Europa haben es möglich gemacht, dass es
    jetzt in Mazedonien – auch wenn wir dort noch nicht über
    dem Berg sind – zum ersten Mal gelungen ist, eine dieser
    weiteren blutigen Runden zu verhindern. Das muss man
    doch einmal sehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Der Krieg in Afghanistan dauert schon 23 Jahre an. Er
    wurde durch den Putsch der damaligen kommunistischen
    Partei ausgelöst, die sich dann nicht halten konnte. Dieser
    Putsch führte zur Intervention der damaligen Sowjet-
    union. Dann gab es diese Tragödie, die bis zum heutigen
    Tag angehalten hat, bis hin zu Osama Bin Laden, al-Qaida
    und der Gefahr für den Weltfrieden sowie dem Terror-
    regiment der Taliban. Wenn es der internationalen Staa-
    tengemeinschaft jetzt vor dem Hintergrund des Einsatzes
    der Ultima Ratio, dieses Krieges, gelingt, endlich einen
    Frieden zwischen den wichtigsten ethnischen Gruppen
    und Völkern Afghanistans hinzubekommen, dann haben
    wir auch etwas geschafft.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Dann müssen wir allerdings die Konsequenz ziehen und
    nicht wieder warten, bis die Ultima Ratio notwendig ist,
    wenn es weitere Konflikte gibt, die dringend gelöst wer-
    den müssen, und zwar mit politischen, mit ökonomischen,
    mit humanitären Mitteln.

    Für diese Politik steht die Bundesregierung. Ich kann
    Ihnen versichern: In den drei Jahren, in denen wir die
    Verantwortung getragen haben, gab es nicht einen Fall –
    nicht einen –, bei dem wir auf die Koalition und auf die
    Schwierigkeiten, die unsere Parteien damit haben, derge-
    stalt Rücksicht genommen hätten, dass wir eine Ent-
    scheidung zur Erfüllung einer Bündnisverpflichtung,
    aber auch der Grundsätze, für die wir stehen, nicht ge-
    troffen hätten.

    Gerade die Härte der demokratischen Auseinanderset-
    zung beweist meine Worte. Die Union sollte nicht so tun,
    als wenn sie das nicht kennen würde. Ich darf Sie nur da-
    ran erinnern – ich bin ja mittlerweile alt genug –, wie
    schwer sich ein Teil von Ihnen bei der Frage des „Super-
    versailles“, des Atomwaffensperrvertrages, und den Ost-
    verträgen – das ging ja noch bis zur deutschen Einheit und
    der Anerkennung der polnischen Westgrenze – getan hat.
    Ich möchte jetzt gar nicht Häme darüber ausschütten. Ich
    sage nur: Das ist normal in einem demokratischen Pro-
    zess. So war es auch bei uns und so ist es auch in anderen
    Parteien; so wird es immer sein.

    Wer eine Antwort auf all dies will, der muss Europa
    schaffen. Da liegt der große Irrtum: Es geht nicht nur um
    die deutsche Rolle. Es geht vielmehr um den Beitrag
    Deutschlands zu einer europäischen Rolle. Machen wir
    uns doch nichts vor: All das, was uns trennt und auch ver-
    bindet, wird in der Welt des 21. Jahrhunderts nur ein in-
    tegriertes Europa schaffen können. Der Vorwurf, wir
    hätten in der europäischen Sicherheits- und Vertei-
    digungspolitik nichts getan, ist natürlich völlig unsinnig.
    Wenn es einen dynamischen Faktor gegeben hat – gerade
    seit In-Kraft-Treten des Amsterdamer Vertrages und der
    Benennung von Solana –, dann ist es die Europäische
    Union. Sie ist aber für diese Fragen des Kriegs und Frie-
    dens noch nicht ausgerüstet. Das ist ein Faktum.

    Da schließt sich im Übrigen die Frage nach der Zukunft
    der NATO an: Bündnisse sind Bündnisse auf Zeit. Andere
    Lagen schaffen andere Bündnisse. Das gilt auch und ge-
    rade für militärische Bündnisse. Meine These ist, dass die
    Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der NATO – hier
    haben wir hochinteressante Diskussionen mit Russland,
    die jetzt beginnen – die beschleunigte und intensivierte
    europäische Integration ist. Im Klartext möchte ich for-
    mulieren: Bleiben die Europäer getrennt, wird die NATO
    in der Tat in eine sehr schwierige Zukunft blicken. Gelingt
    es, die europäische Säule zu integrieren – das hängt an der
    ESVP –, dann wird das transatlantische Bündnis meines
    Erachtens – das liegt in unserem Interesse – eine sehr gute
    Zukunft haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Insofern möchte ich – es gäbe noch vieles zu sagen –
    nur noch ganz kurz den Antrag zum Goethe-Institut an-
    sprechen. Wir werden versuchen – das sage ich hier nicht
    einfach nur, um der Opposition den Antrag wegzuneh-




    Bundesminister Joseph Fischer
    20112


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    men –, eine Lösung im Rahmen unserer finanziellen
    Möglichkeiten zu finden. Das sage ich Ihnen hier als
    Minister zu.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich würde mich selbstverständlich freuen, wenn der An-
    trag angenommen würde. Aber auch Sie wissen, dass das
    so nicht geht.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr einfach geht das!)


    Ich möchte zum Schluss noch Folgendes sagen: Ich
    stimme denen nicht zu, die uns wegen der Personalstruk-
    tur kritisieren, und schon gar nicht dem Kollegen Hoyer,
    den ich sonst sehr schätze. Ich weiß, dass er es sagen
    muss; aber das lasse ich nicht bei mir abladen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Dass 50-Jährige bei uns immer noch als Nachwuchskräfte
    gelten, das liegt wirklich nicht an den drei Jahren, die
    Fischer die Verantwortung im Auswärtigen Amt trägt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


    Es gibt ja den bitteren und ironischen Spruch: Komm in
    den auswärtigen Dienst, da bist du mit 50 noch Nach-
    wuchskraft! Wo kann man das in der heutigen Wirtschaft
    noch sagen?

    Die Entscheidungen, die hierzu geführt haben, sind
    lange vor meiner Zeit gefällt worden.


    (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Nein! nein!)

    – Was heißt hier „nein, nein“? Sie wissen doch, wie sich
    Stellenkegel aufbauen. Vieles geht gleich und jetzt; aber
    Stellenkegel nach dem deutschen Beamtenrecht lassen
    sich nicht gleich und jetzt umstrukturieren. Diese entste-
    hen nicht über Nacht und auch nicht in drei Jahren. Wir
    versuchen, Kollege Hoyer, das Schritt für Schritt abzu-
    bauen. Das werden wir auch hinbekommen. Dass wir es
    geschafft haben, etwa die RK-Stellen von den Kürzungen
    auszunehmen, ist doch eine hervorragende Sache.


    (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das habt ihr zweimal abgelehnt!)


    Mit der Einrichtung des Krisenreaktionszentrums ist
    uns eine neue Aufgabe zugewachsen, die wir, wie ich
    finde, mit den Bediensteten in der Zentrale und auch
    außerhalb in den Botschaften hervorragend gemeistert ha-
    ben. Wir haben die größte Reform des auswärtigen Diens-
    tes seit seinem Bestehen angepackt. Das war dringend
    notwendig. Es kommen ja noch mehr Aufgaben auf uns
    zu, da gerade in einem zusammenwachsenden Europa die
    Bedeutung der nationalen auswärtigen Dienste nicht ab-
    nehmen, sondern aufgrund der Zuarbeit für die gemein-
    same europäische Außenpolitik eher noch zunehmen
    wird. Ich hoffe, dass in den kommenden Haushalten die-
    sem Punkt Priorität eingeräumt wird und wir eine bessere
    Finanzausstattung bekommen, da ich Ihnen ja zustimme,
    wenn Sie sagen, dass wir unterfinanziert sind.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Jawohl!)


    Ich sage aber mit allem Stolz: Was wir als unterfinanzier-
    tes Haus in den drei Jahren geleistet haben, kann sich se-
    hen lassen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich würde mich freuen, wenn die Finanzierung in den
    zukünftigen Haushalten dem endlich einmal so nach-
    käme, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für
    sich gute Perspektiven sähen.

    Ich möchte mich bei allen bedanken, vor allen Dingen
    bei den Berichterstattern. Recht herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort
hat jetzt der Kollege Volker Rühe von der CDU/CSU-
Fraktion.


(Gernot Erler [SPD]: Eigentlich bräuchte er gar nicht mehr zu sprechen! Wir kennen die Rede schon!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Vielen Dank, Herr Präsi-
    dent! Herr Außenminister, vielen Dank, dass ich doch
    noch sprechen darf, und zwar so, wie ich mir das vorge-
    nommen habe.

    Ich möchte mit den Gemeinsamkeiten beginnen. Diese
    finden sich zum Beispiel in der Nahostpolitik. Wir alle
    haben früher Zweifel gehabt, ob Deutschland in dieser
    Region überhaupt einen Handlungsspielraum hat. Wir ha-
    ben immer gedacht, er sei geringer als der von anderen.
    Ich stimme Ihnen zur, dass wir wahrscheinlich gerade
    deswegen, weil es keinerlei Zweifel daran gibt, dass sich
    Deutschland für das Existenzrecht Israels einsetzt, einen
    größeren Spielraum als andere haben. Den nutzen Sie; da-
    bei haben Sie unsere Unterstützung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Deutschland ist ein guter Ort für die Afghanistan-
    Konferenz. Es ist gut, dass es gelungen ist, diese Konfe-
    renz nach Deutschland zu holen. Wir übernehmen damit
    aber auch Verantwortung. Wer Verantwortung für den
    Konferenztisch übernimmt, kann jedenfalls nicht
    grundsätzlich Verantwortung vor Ort ausschließen.

    Herr Bundesaußenminister, wir sind nicht auf der Su-
    che nach neuen Zielen.


    (Widerspruch des Bundesministers Joseph Fischer)


    – Warten Sie einmal ab; das ist schon eine ziemlich üble
    Unterstellung. – Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, wel-
    che Position die Bundesregierung in der Diskussion um
    eine mögliche Friedenstruppe zur Stabilisierung der poli-
    tischen Situation dort einnimmt. Sie haben das auch heute
    nicht beantwortet. Ich muss Ihnen sagen, dass sowohl Sie
    auf Ihrem Parteitag als auch der Bundeskanzler auf dem
    SPD-Parteitag nicht präzise berichtet haben. Er hat dort so




    Bundesminister Joseph Fischer

    20113


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    getan, als ob Herr Brahimi den Einsatz von Friedens-
    truppen ausgeschlossen hätte. Richtig ist, dass er drei
    Beispiele angesprochen und gesagt hat, die Priorität liege
    bei afghanischen Kräften. Den Einsatz von Blauhelmen
    hat er ausgeschlossen. Der Einsatz von afghanischen
    Kräften sei nicht möglich. Deswegen müsse es eine inter-
    nationale Friedenstruppe geben. – Das wäre die richtige
    Darstellung gewesen. Dass Sie das nicht so dargestellt ha-
    ben, werfe ich Ihnen vor.

    An andere Mitglieder der Bundesregierung gerichtet
    sage ich, dass sie in diesem Zusammenhang gezielt Un-
    klarheiten verbreiten. Sie haben es auch jetzt wieder ver-
    mieden, über die Meinungsbildung der Bundesregierung
    in dieser wichtigen Frage zu berichten. Sie können das
    Engagement Deutschlands nicht auf Konferenzen be-
    schränken und grundsätzlich ausschließen, dass wir uns
    an der Stabilisierung vor Ort beteiligen. Darum geht es.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Nachdem sich der Pulverdampf der Parteitage verzo-
    gen hat, ist zu fragen: Was geschieht eigentlich im Au-
    genblick? Das, was die Bundeswehr tatsächlich macht, ist
    sehr begrenzt, und zwar umgekehrt proportional zu dem
    innenpolitischen Getöse, das es bei diesem Thema gege-
    ben hat. Ich beklage das nicht; denn die Situation kann
    sich ganz anders entwickeln.

    Eine gezielte Verbreitung von Unklarheiten werfe ich
    Ihnen dahin gehend vor, dass Sie sagen, Sie seien auf der
    Suche nach Zielen. In Wirklichkeit sieht das Kräftedispo-
    sitiv der Bundeswehr so aus, dass diese Suche nur Sinn
    macht vor dem Hintergrund, dass es weitere Konflikte
    und Auseinandersetzungen fernab von Afghanistan gibt.


    (Wolfgang Gehrcke [PDS]: Da hat er Recht!)

    Deswegen sage ich Ihnen: Über Geheimoperationen

    muss man schweigen. Aber Sie sagen der deutschen Öf-
    fentlichkeit und auch Ihren Mitgliedern auf den Parteita-
    gen bis zum heutigen Tage nicht klipp und klar – in den
    zuständigen Ausschüssen hat es Andeutungen gegeben –,
    wo deutsche Soldaten zum Beispiel gegen ABC-Waffen
    eingesetzt werden sollen. Da gibt es natürlich ganz kon-
    krete Vorstellungen. Das kann nur direkt oder indirekt im
    Zusammenhang mit anderen Schauplätzen geschehen.
    Wir schulden es den Soldaten, dass hier Klarheit bezüg-
    lich eines möglichen Einsatzes geschaffen wird. Darum
    geht es.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Ein Mitglied der

    Bundesregierung, Herr Trittin – das ist von vielen noch
    viel zu wenig gewürdigt worden –, hat, um seine Leute zu
    beruhigen – das ist das, was ich Ihnen vorwerfe; Sie schil-
    dern die Lage nicht real –, in einer Sonntagssendung vor
    vielen Millionen Fernsehzuschauern gesagt, das, was die
    Bundesregierung jetzt durchführe, liege unterhalb der
    Ebene des Kosovo-Einsatzes.

    Herr Bundesaußenminister, nehmen Sie dazu bitte
    Stellung! Das ist eine völlig falsche Darstellung. Hier
    handelt es sich um einen Bündnisfall nach Art. 5 des
    NATO-Vertrages. Stellen Sie sich einmal vor, der Bünd-

    nisfall wäre in Europa eingetreten, wir wären angegriffen
    worden, die Amerikaner wären der Beistandsver-
    pflichtung nachgekommen und in Washington hätte dann
    ein Minister gesagt: Wir beteiligen uns unterhalb der
    Ebene des Einsatzes im Kosovo.

    Das zeigt, was Sie machen: Auf Ihren eigenen Partei-
    tagen spielen Sie den Umfang der Beistandspflicht herun-
    ter, der in dieser Situation notwendig ist und der mögli-
    cherweise auch auf unsere Soldaten zukommt.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht!)


    Hierbei handelt es sich mit Sicherheit um mehr als das,
    was im Kosovo geleistet wurde. Dies ist eine Situation
    nach Art. 5 des NATO-Vertrages. Das muss in aller Deut-
    lichkeit gesagt werden. Das verlange ich auch von Ihnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Bundeskanzler hat heute Morgen gesagt, er warne

    vor Leuten, die auf der Suche nach neuen Zielen seien. In
    den Nachrichtenagenturen wurde verbreitet, er habe da-
    mit einen Staatsminister seiner eigenen Regierung ge-
    meint. Ich hatte zeitweilig den Eindruck, er hätte einen
    wichtigen Verbündeten gemeint. Ich muss Ihnen sagen:
    Es ist eine Unterstellung, wenn man sagt, dass jemand auf
    der Suche nach neuen Zielen sei, die man gegenüber nie-
    mandem im Bündnis, weder innenpolitisch noch außen-
    politisch, machen sollte.

    Ich denke, wir sind uns mit den Amerikanern einig,
    dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus
    konsequent durchgeführt werden muss. Statt Ablenkungs-
    manöver von Ihnen zu hören, würde ich von Ihnen zum
    Beispiel gerne wissen: Wie stehen Sie zur Forderung des
    amerikanischen Präsidenten, dass der Irak wieder UN-
    Waffeninspekteure zulässt, damit kontrolliert werden
    kann, ob dort „weapons of mass destruction“ hergestellt
    werden oder nicht?


    (Rita Grießhaber [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind doch alle dafür!)


    Was ist die Position der Bundesregierung zu dieser Frage?

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Nachdem Sie mich vorhin persönlich angesprochen
    haben, hier nun eine ganz begrenzte Gegenreaktion, Herr
    Bundesaußenminister – ich freue mich, dass auch der Ver-
    teidigungsminister hier ist –: Ich finde, der Joschka
    Fischer auf Parteitagen versucht, die Bündnisfähigkeit
    Deutschlands zu retten; das ist richtig. Aber was macht er
    eigentlich im Hinblick auf die Bundeswehr?

    Ich muss Ihnen sagen: In der alten Bundesregierung hat
    sich Bundesaußenminister Kinkel in jeder Situation, in
    der wir darum kämpfen mussten, Mittel für die Bun-
    deswehr zu gewinnen, von seinem Selbstverständnis als
    Außenminister her vor die Bundeswehr gestellt und zu-
    sätzliche Mittel für die Bundeswehr gefordert.

    Ein Bundesaußenminister Fischer, der für seine inter-
    nationale Tätigkeit den Einsatz der Bundeswehr braucht,
    muss sich auch innenpolitisch vor die Bundeswehr stellen
    und für eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr




    Volker Rühe
    20114


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    eintreten. Schluss mit der Demontage und der Unterfi-
    nanzierung der Bundeswehr!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Angesichts der Defizite der Bundeswehr können Sie

    die Soldaten doch nicht noch verstärkt einsetzen. Das
    treibt die Soldaten zu Demonstrationen auf die Straße, wie
    beispielsweise in Berlin. Ich sage Ihnen ganz persönlich,
    Herr Fischer: Es ist nicht damit getan, dass Sie auf Partei-
    tagen versuchen, irgendeine Kompromisslinie zu finden.
    Ein glaubwürdiger Außenminister muss auch innenpoli-
    tisch dafür werben, dass unsere Soldaten die entsprechen-
    den Mittel bekommen, damit sie die Einsätze mit
    größtmöglicher Sicherheit für Leib und Leben durch-
    führen können. Das erwarten wir von Ihnen. Das haben
    Sie bisher aber noch nie gemacht.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist gar keine Frage, dass sich nach dem 11. Septem-

    ber ein Prozess verstärken wird, der von uns Europäern
    mehr verlangt als in der Vergangenheit. Wenn es eine
    Schieflage in der Diskussion gegeben hat, dann war es
    die, dass wir unseren Einsatz fast ausschließlich mit Soli-
    darität und Dankbarkeit gegenüber den Amerikanern be-
    gründet haben. Das spielt zwar auch eine Rolle. Aber ich
    muss fragen: Warum bringt es diese Bundesregierung
    nicht fertig, zu sagen, dass es das ureigene Interesse der
    Bundesrepublik Deutschland, deren Sicherheit tief ver-
    wundbar ist, erfordert, diesen Kampf gegen den Terroris-
    mus zu führen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Das wurde doch gesagt, Herr Rühe!)


    Warum haben Sie immer so getan, als ob Sie auf Forde-
    rungen der Amerikaner warten würden, anstatt dass wir
    als Deutsche und Europäer selbst entscheiden, was richtig
    ist, um diese Auseinandersetzung zu führen?

    Ich sage Ihnen ganz konkret – darauf müssen Sie ant-
    worten –, was notwendig ist: Wir müssen die Amerikaner
    in Europa militärisch entlasten. Das geht aber nur, indem
    wir die entsprechenden Fähigkeiten, „capabilities“, schaf-
    fen. Was nur auf dem Papier steht, zählt nicht. Wenn ich
    mir die europäische Sicherheits- und Verteidigungspo-
    litik anschaue, die nicht zuletzt von Ihnen, Herr Bundes-
    außenminister, verantwortet wird, dann muss ich sagen,
    dass vieles nur auf dem Papier steht: von den Transport-
    flugzeugen bis zu der im Aufbau befindlichen Eingreif-
    truppe von 60 000 Mann.

    Wir müssen über die herkömmlichen Einsatzszenarien
    hinaus denken. Im Augenblick hat es sozusagen einen
    Schönheitswettbewerb zwischen einigen europäischen
    Ländern gegeben, was den Einsatz von Spezialkräften
    angeht. Es wäre doch viel besser, wenn wir die Spezial-
    kräfte europäisch einbetten würden. Sie müssen zwar mi-
    litärisch national geführt werden. Aber Europäer, Englän-
    der, Franzosen, Deutsche und andere, könnten gemeinsam
    Spezialkräfte in einer Stärke von 5 000 Mann aufbauen.
    Aber es gibt keinen Beitrag der Bundesregierung, um sich
    auf eine solche Situation einzustellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ein weiterer Punkt. Wir werden die Amerikaner auf
    dem Balkan entlasten müssen. Darüber haben Sie nicht
    gesprochen. Sie haben nur über alte Schlachten gespro-
    chen. Sie wissen doch ganz genau, welche Schwierigkei-
    ten wir noch Mitte der 90er-Jahre hatten. Ich habe Schiffe
    in die Adria geschickt, die kaum ein Maschinengewehr an
    Bord hatten. Sie haben uns dafür vor das Ver-
    fassungsgericht zitiert.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mazedonien!)


    Es war damals sehr schwer, die notwendigen Einsätze
    durchzuführen, um die Massaker dort zu stoppen. Das
    wissen Sie ganz genau. Deswegen kann es diesbezüglich
    auch keine Vorwürfe geben.

    Wir müssen die Amerikaner auf dem Balkan entlasten.
    Anstatt entsprechende Schritte der Amerikaner passiv zu
    erleiden, sollten wir sie von uns aus anbieten. Ich habe Ih-
    nen das schon zusammen mit meinem früheren französi-
    schen Kollegen François Léotard vor einem Jahr gesagt.
    Denn die Friedensmissionen nicht nur in Mazedonien,
    sondern auch in Bosnien und mittelfristig im Kosovo in
    europäischer Hauptverantwortung durchzuführen und uns
    heute bereits darauf einzustellen erfordert natürlich be-
    stimmte Investitionen für die Bundeswehr.

    Ebenso wenig ist auszuschließen – da werden Sie auf-
    schreien, weil Sie außenpolitisch nur das machen, was in-
    nenpolitisch von Rot-Grün gerade noch getragen wird –,
    dass Amerika bei der Überwachung der Flugverbotszonen
    im Norden und im Süden Iraks, „northern and southern
    watch“ – diese wurde zunächst gemeinsam mit zwei eu-
    ropäischen Nationen, nämlich England und Frankreich,
    durchgeführt; zuletzt nur mit England –, einen stärkeren
    europäischen Beitrag fordern wird. Ich wie auch der Ver-
    teidigungsminister wissen ganz genau, dass die Bundes-
    luftwaffe das leisten kann. Meine Frage ist: Ist es unan-
    gemessen, sich darauf einzustellen, dass wir die
    Amerikaner bei dieser Aufgabe entlasten? Sie machen es
    nicht – obwohl die Luftwaffe mit ihren Kräften sehr wohl
    dazu in der Lage wäre –, weil dies von Rot-Grün innen-
    politisch nicht getragen wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist eine Schwäche in der Außenpolitik, wenn Sie nur
    das machen, was auf Ihren Parteitagen möglich ist.

    Sagen Sie mir einmal, warum es nicht möglich ist, die
    Amerikaner bei dieser Aufgabe, die von den UN gefordert
    wird, zu entlasten. Weil Sie dafür keine Mehrheit auf dem
    Parteitag haben.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Quatsch!)

    An Ihrer Nervosität merke ich, dass genau das der Punkt
    ist.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich bin überhaupt nicht nervös!)


    Das ist eine außenpolitische Schwäche. Die Bundeswehr
    kann das und ich finde, das ist angemessen. Deswegen
    sollten wir das in unsere Diskussion mit einbeziehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)





    Volker Rühe

    20115


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ich will jetzt wegen der begrenzten Zeit nicht weiter
    über die Weltordnungspolitik sprechen. Wir werden einen
    Antrag einbringen, in dem ganz klar gemacht wird, dass
    wir ökonomische und entwicklungspolitische, aber auch
    außenpolitische Maßnahmen anstreben, um dafür zu sor-
    gen, dass die schwarzen Löcher in der internationalen Po-
    litik, die Zonen der Ordnungslosigkeit, verschwinden. Ich
    glaube, dass es in dieser Frage auch gar keinen Streit gibt.

    Aber eines muss man ebenso immer wieder mit aller
    Klarheit sagen: Der internationale Terrorismus ist keine
    Folge des globalen Wohlstandsgefälles. Diese Terroristen
    kommen weder aus den Slums orientalischer Großstädte,
    auch nicht aus palästinensischen Flüchtlingslagern, noch
    kämpfen sie für die sozialen Rechte der Unterdrückten.
    Sie bedienen sich allerdings einer entsprechenden Rheto-
    rik, um ihr mörderisches Handeln im Nachhinein zu legi-
    timieren. Sie sollten Ihren Parteifreunden, die versuchen,
    einen Zusammenhang mit der Nahostpolitik, mit Angrif-
    fen auf die Politik Israels herzustellen, gelegentlich auch
    sagen, dass Mohammed Atta und andere Hamburg-Har-
    burg in dem Moment verlassen haben, um sich in Amerika
    auf die Anschläge vorzubereiten, als der ehemalige israe-
    lische Ministerpräsident Barak die weitreichendsten Frie-
    densvorschläge für Jerusalem und für ein Miteinander un-
    terbreitet hat. Deswegen ist es fahrlässig, so zu tun, als ob
    die Anschläge in New York und Washington etwas mit der
    jetzt zugespitzten und schwierigen Lage im Nahen Osten
    zu tun hätten. Darauf sollten wir nicht hereinfallen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zu Europa kann ich nur noch sehr kurz sagen: So wie

    Frankreich und Deutschland sehr viel für die Stabilisierung
    Europas getan haben, müssen Amerika und Europa etwas
    für die Stabilität in der Welt tun. Die Öffnung – das will ich
    jetzt nur mit einem Schlagwort sagen; ich denke, da sind
    wir uns auch weitgehend einig – der Europäischen Union,
    aber auch die Öffnung der NATO mit ihrem Stabilitätsex-
    port ist vielleicht der wichtigste Beitrag von uns Europäern
    zur Stabilisierung der Welt. Wir verlangen von Ihnen,
    dass die Bundesregierung hier endlich eine präzise Politik
    entwickelt. Wir glauben, dass es wichtig ist, neben einem
    Stabilitätsexport in die baltischen Staaten – die Gott sei
    Dank auf einem ganz sicheren Wege in den Westen sind; sie
    werden in diesem Jahrzehnt Mitglied der Europäischen
    Union und auch der NATO – einen Stabilitätsexport in
    Richtung Südosten – nach Bulgarien und, wenn es geht,
    auch nach Rumänien – zu betreiben, gerade in die Länder,
    die nicht kurzfristig Mitglied der Europäischen Union wer-
    den können, selbst wenn sie alles richtig machen.

    Deswegen brauchen wir deutsche Vorschläge, um die
    NATO-Öffnung auch in diese Richtung zu entwickeln.
    Aber Fehlanzeige – die Bundesregierung entwickelt keine
    Politik in diese Richtung. Das werfen wir Ihnen vor, Herr
    Bundesaußenminister. Sie haben sicherlich Fähigkeiten
    im Ausgleich, auch im Kompromiss; aber an der Ent-
    wicklung präziser politischer Handlungsmaximen man-
    gelt es. Das sehen wir bei der Frage der Öffnung der Eu-
    ropäischen Union und auch der Öffnung der NATO.

    Der letzte Punkt innerhalb einer halben Minute. Wir
    haben neue Chancen im Verhältnis zu Russland.


    (Zuruf von der SPD: Die halbe Minute ist um!)


    Auch mich hätte – statt dieser Versuche, gleich wieder
    Unfrieden zu säen – in dieser Debatte mehr interessiert, zu
    erfahren, was Sie von der Chance halten, mit Russland zu-
    sammen zu 20 in der NATO zu tagen, 19 NATO-Mitglie-
    der und Russland


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gut!)


    – ja, dann sagen Sie doch mal was dazu! –, gleichberech-
    tigt zu sprechen und zu entscheiden, wenn auch nicht in
    allen Fragen, zum Beispiel nicht in Fragen, die Art. 5 be-
    treffen oder die das Innerste der NATO berühren, aber
    doch in wichtigen Fragen der Terrorismusbekämpfung,
    internationaler humanitärer Einsätze, „missile defense“.
    Das ist von Ihnen verschlafen worden.

    Sie haben auch die Raketenabwehrfrage falsch ein-
    geschätzt. Russen und Amerikaner sind inzwischen viel
    weiter, als Sie es in den letzten Jahren im Deutschen Bun-
    destag waren.

    Deswegen sage ich Ihnen nach dem Lob und der Un-
    terstützung zu den ersten beiden Punkten: Die deutsche
    Außenpolitik darf nicht nur die Funktion der Innenpolitik
    und dessen, was Rot-Grün möglich ist, haben, sondern sie
    muss die Interessen unseres gesamten Landes wahr-
    nehmen.

    Im Übrigen würde ich Ihnen empfehlen, es in Zukunft
    so zu halten, dass Sie erst einmal auf das hören, was die
    Opposition hier sagt, und dann vielleicht etwas Präzises
    zu den Punkten und den Fragen sagen, die wir hier an-
    sprechen.

    Vielen Dank, vor allen Dingen für das Verständnis des
    Präsidenten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)