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ID1418702400

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    Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung: Terror- anschläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18301 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 18301 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 18305 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18307 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 18309 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18312 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18315 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18316 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 18318 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 18320 D Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 18322 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 18324 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18325 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 18327 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 18329 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18332 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18335 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 18337 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18337 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18340 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18341 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18341 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungser- klärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Plenarprotokoll 14/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 I n h a l t : Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schießungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanz- lers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 18340 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18341 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Brandt-Elsweier, Anni SPD 19.09.2001 Brinkmann (Hildes- SPD 19.09.2001 heim), Bernhard Caesar, Cajus CDU/CSU 19.09.2001 Dr. Doss, Hansjürgen CDU/CSU 19.09.2001 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, CDU/CSU 19.09.2001 Herbert Dr. Friedrich CDU/CSU 19.09.2001 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 19.09.2001 Peter Götz, Peter CDU/CSU 19.09.2001 Haupt, Klaus FDP 19.09.2001 Hauser (Bonn), CDU/CSU 19.09.2001 Norbert Hohmann, Martin CDU/CSU 19.09.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 19.09.2001 Jung (Düsseldorf), SPD 19.09.2001 Volker Dr. Küster, Uwe SPD 19.09.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.09.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 19.09.2001 Lewering, Eckhart SPD 19.09.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 19.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 19.09.2001 Karin Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 19.09.2001 Heinz Dr. Schmidt-Jortzig, FDP 19.09.2001 Edzard Schmitt (Berg), Heinz SPD 19.09.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.09.2001 Hans Peter Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 19.09.2001 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Späte, Margarete CDU/CSU 19.09.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Stünker, Joachim SPD 19.09.2001 Weisheit, Matthias SPD 19.09.2001 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 19.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 19.09.2001 Waltraud Dr. Zöpel, Christoph SPD 19.09.2001 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Warum ich mit „Nein“ gestimmt habe. Auf einem Transparent vor der amerikanischen Bot- schaft der USA in Berlin steht die Aufforderung: „De- mocratic civilized revenge“. Dass auf die menschenver- achtenden Anschläge der Terroristen in New York und Washington eine unmissverständliche gezielte Antwort gegeben werden muss, steht für mich außer Frage. Auch ich unterstreiche die Erklärung der NATO sowie die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001. Es ist gut, dass die Bundesrepu- blik Deutschland bei ihrer besonderen Vergangenheit in diese Vertragswerke eingebunden ist. Nur so hat sie die Möglichkeit der Einflussnahme, die genutzt werden muss. Leider ist die Sprache, die von führenden Politikern in diesen hektischen Tagen benutzt wird, verwirrend oder verräterisch. Die Sichtweise des stellvertretenden Vertei- digungsministers der USA auf „ending states“ macht be- sorgt. Das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit den ter- roristischen Verbrechen liefert „Wasser auf die Mühlen“ der Terroristen. Diese Terroristen sind Verbrecher, müssen zur Verantwortung gezogen und dürfen nicht zu Kriegs- gegnern hochstilisiert werden. Es besteht die Gefahr einer „selffulfilling prophecy“. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht In der vorliegenden Entschließung (Punkt 7) wird nun auf die „uneingeschränkte Solidarität“ verwiesen und die „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ in Aussicht ge- stellt. Diese Begriffe beinhalten zum Beispiel die Mög- lichkeit der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum direkten Einsatz in Afghanistan oder dem Irak und ande- res mehr. Hiermit würde für mich der „Rubikon“ zur Ter- rorismusbekämpfung überschritten werden. Die Gefahr, dass wir – wie 1914 – in einen Weltkrieg „hineinschlid- dern“, ist im Bereich des Möglichen. Davor will ich war- nen. Auch wenn ein möglicher Militäreinsatz der Bun- deswehr im Parlament noch einmal zusätzlich zur Abstimmung gestellt werden muss, könnten diese Begriffe später als Hinweise auf diese Option ausgelegt werden. Für mich ist diese Problematik – wie auch der Mazedonieneinsatz der Bundeswehr – eine Gewissens- frage. Bekanntlich soll man den Anfängen wehren und bei wichtigen Entscheidungen stets das Ende bedenken. Ich bin sicher, dass eine denkbare weitere Abstimmung im Parlament zu konkreten Bundeswehreinsätzen dann für andere ebenfalls auch zur Gewissensfrage wird. Aufgrund meiner Erfahrung und Erkenntnis liegt diese Reiz- schwelle niedriger. Wichtig zur Bekämpfung des Terrorismus in der Welt sind aus meiner Sicht ebenfalls enge Kooperation zwi- schen USA, Russland, China und allen friedliebenden Staaten; die Einhaltung internationaler Verträge und Ab- sprachen; das stärkere Engagement der großen In- dustrienationen zur Verhinderung von grauenhaften krie- gerischen Konflikten sowie wirklich politische und wirtschaftliche Hilfe für die ärmsten und sich entwi- ckelnden Länder in der Welt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungs- erklärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Bei allem Erschrecken über den Terroranschlag muss man nüchtern feststellen: Wir befinden uns nicht im Krieg. Amerika gehört unsere volle Solidarität und auch die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, un- abhängig von der Frage des Bündnisfalles. Es kann aber keinen Automatismus für von den USA getroffene mili- tärische Einsätze für die Bundeswehr geben. Der Bundes- tag hat jeweils die Maßnahmen, die die Bundeswehr zu er- greifen hat, zu bestimmen. Es wäre für uns Abgeordnete sicherlich leichter, eine generelle Zustimmung zu erteilen, doch so einfach können und dürfen wir es uns nicht machen. Ich stimme der gemeinsamen Resolution zu, um damit zu demonstrieren, dass Bündnis keine einseitige Angele- genheit ist und Solidarität keine Einbahnstraße. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüs- sen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich in der Abstimmung der Stimme enthal- ten, da ich die in Absatz 7 des Entschließungsantrages im- plizierte Öffnung zu einer militärischen Bekämpfung des internationalen Terrorismus in der Sache für nicht erfolg- versprechend halten kann. Bei meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Ursachen des Terrorismus, seinen Täterbiografien, seiner potenziellen Eskalationsgefahr und den vorliegenden internationalen Erfahrungen mit militärischer Terrorismusbekämpfung habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass der Terrorismus militärisch nicht besiegbar ist. Umso mehr unterstütze ich die sonsti- gen in dem Antrag genannten positiven Ansätze und Stra- tegien, insbesondere alle Bemühungen der Bundesre- gierung und insbesondere des Bundesaußenministers, den Zentralkonflikt der islamischen Welt im Nahen Osten politisch zu befriedigen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ter- roranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen so- wie der NATO (Drucksache 14/6920) Wir haben in der Fraktionssitzung vom 12. September 2001 dem Beschluss des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und teilen seine Intention: solidarisch im NATO-Bündnis auf eine besonnene und effiziente Strategie in der Bekämpfung des Terrorismus hinzuwir- ken. „Angesichts der terroristischen Angriffe auf US-Bür- gerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des Bündnisfalles nicht widersprechen.“ Mit dieser Zu- stimmung zum Bündnisfall haben wir den Weg eröffnet, über verschiedene Konsultationsprozesse auf die USA einzuwirken und ein besonnenes und angemessenes Ver- halten zu erreichen. Diesen Weg haben wir beschritten und wir halten ihn für richtig. Der heute zu beschließende interfraktionelle Antrag zur Erklärung der Bundesregierung betreffend „Terroran- schläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie der NATO“ eröffnet aus un- serer Sicht hingegen den Weg zu einem Vorratsbeschluss zur Zustimmung für „uneingeschränkte Solidarität“, aus der die Zustimmung für militärische Unterstützung resul- tieren kann, und aus der wiederum eine Zustimmung zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 200118342 (C) (D) (A) (B) möglichen Einsätzen der Bundeswehr abgeleitet werden kann. Augenblicklich fehlen die Informationen über kon- krete Handlungsanforderungen. Die Grundlage, auf der über die „uneingeschränkte Solidarität“ entschieden wer- den soll, ist also nicht geklärt. Auf der anderen Seite muss der Deutsche Bundestag den USA weiterhin Unterstützung und Solidarität entge- genbringen. Darüber hinaus muss die Bundesrepublik Deutschland weiterhin zur friedlichen Lösung des Nah- ostkonfliktes beitragen. Auch dies macht der Antrag deut- lich. In Abwägung dieser Punkte werden wir uns in der Ab- stimmung über den Antrag enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Der Terrorakt, der das amerikanische Volk tief getrof- fen hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den Hin- terbliebenen, Verletzten und Geschädigten gilt unsere ganze Solidarität und Anteilnahme. Wir stimmen dem interfraktionellen Entschließungsan- trag des Deutschen Bundestages in der Gewissheit zu, dass die von der Bundesregierung bekundete uneingeschränkte Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika kei- nen Raum für eine Geisteshaltung von Rache und Vergel- tung eröffnet und dass die Erkenntnis, dass Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen ist, Eingang in die Strategie zu dessen Bekämpfung findet. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Druck- sache 14/6920) Ich habe wie die große Mehrheit meiner Fraktion dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nicht zugestimmt – weil unsere Sorgen, dass die NATO in ihrer Erklärung vom 12. September 2001 die Priorität beim Militär angesiedelt hat, nicht ausgeräumt wurden – im Gegenteil –; weil wir befürchten, dass aus der Bereitstellung geeigneter militäri- scher Fähigkeiten der Einsatz dieser Fähigkeiten werden wird; weil in der Entschließung nicht ein Wort zur Be- kämpfung der sozialen Ursachen des Terrorismus – Hun- ger, Armut, Unterdrückung, eine sozial ungerechte und nicht demokratische Weltwirtschaftsordnung – gesagt wird, was bedauerlich und unverständlich ist. Andere Punkte des Entschließungsantrages – genauer gesagt: sieben von zehn Punkten – finden meine Zustim- mung ebenso wie die meiner Fraktion. Deshalb haben sich einige Abgeordnete der PDS der Stimme enthalten. Ihre Abwägung ist anders ausgefallen, auch wenn sie unsere Kritik, die ich dargelegt habe, vollständig und ohne Ein- schränkung teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na- mentlichenAbstimmung überden Entschließungs- antrag zu der Regierungserklärung des Bundes- kanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates derVereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich der Stimme enthalten. Ich möchte das hier kurz begründen: Die Punkte 1 bis 5 sowie 8 und 9 des von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Antrags finden meine Zustimmung. Punkt 6 will feststellen, dass unter Umständen „der ter- roristische Angriff vom 11. September 2001 gegen die Vereinigten Staaten als Handlung im Sinne des Artikels 5 des Washingtoner Vertrages zu gelten“ habe. Diese Mei- nung teile ich nicht, zumal ja das Bundesverfassungs- gericht noch nicht entschieden hat, ob die Zustimmung der Bundesregierung zur 1999 erfolgten Änderung des NATO-Vertrages rechtskräftig war. Im Punkt 7 wird unter anderem „die Bereitstellung ge- eigneter militärischer Fähigkeiten“ zur Unterstützung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus unterstützt. Das lehne ich aber ab. Um weder die positiven Aspekte zu negieren noch die aus meiner Sicht abzulehnenden Punkte zu ignorieren, enthalte ich mich bewusst der Stimme. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18343 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! „Wir werden das World Trade
    Center wieder aufbauen“ – der New Yorker Bürgermeister
    Rudolph Giuliani hat diesen Satz vor ein paar Tagen ge-
    sagt. Inmitten der größten Katastrophe, die Amerika je
    heimgesucht hat, inmitten all der Zerstörung, inmitten all
    des Leids, der Toten und der Verletzten sagt er ein wenig
    trotzig, vor allem aber entschlossen und mutig: „Wir wer-
    den das World Trade Center wieder aufbauen.“


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Wie wir die Amerikaner kennen, werden sie es wahr-
    scheinlich größer und schöner bauen als je zuvor. Das im-
    poniert mir, das imponiert vielen Menschen.

    Damit kein Missverständnis aufkommt: Es kann nie-
    mand sagen, dass die Menschen in den Vereinigten Staa-
    ten bei dem, was sie erlebt haben, und bei dem, was
    geschehen ist, nicht mindestens so viel Verzweiflung
    empfinden wie wir. Es kann niemand sagen, dass die Müt-
    ter und Väter in den USA oder in Großbritannien nicht die
    gleichen Ängste haben wie die Mütter und Väter in
    Deutschland – vor dem, was geschehen ist, aber auch vor
    dem, was jetzt kommen mag. Ich will hinzufügen: Ich
    finde diese Angst verständlich. Sie drückt die Fassungs-
    losigkeit aus. Sie ist ein Maß für die Ungewissheit über
    das, was kommt. Sie lässt bei vielen Erinnerungen wieder
    aufkommen oder aber Gelesenes fast real erscheinen.

    Ich bin aber fest davon überzeugt: Angst darf nicht un-
    ser Ratgeber sein. Deshalb hat Giuliani etwas ganz Be-
    sonderes geschafft. Er hat ausgedrückt, was es bedeutet,
    den Sieg der Freiheit gegenüber dem Terror durchzuset-
    zen. Diese Worte von Giuliani fassen für mich die Ent-
    schlossenheit zum Sieg der Menschenwürde gegenüber
    der Barbarei in Worte. Sie stehen auch in der Stunde der
    größten Not dafür, dass wir nicht kapitulieren vor Feigheit
    und Zerstörungswut.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Das ist der Geist, der die Menschen nicht im Gesche-
    henen gefangen nimmt, sondern der sie aus Trauer und
    Verzweiflung wieder ausbrechen lässt. Das ist der Geist
    einer Debatte, die der Zukunft zugewandt ist. Das ist der
    Geist, den ich mir auch für die kommenden Debatten in
    Deutschland wünsche und der auch von der heutigen De-
    batte ausgehen muss; denn verantwortungsbewusste Poli-
    tik – ob in der Regierung oder in der Opposition – war und
    bleibt immer eines: die Gestaltung der Zukunft. Es ist
    vielleicht ein oft dahingesagtes Wort, aber es sollte gerade

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundesminister Rudolf Scharping

    18325


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    auch in den kommenden Wochen der Kern unseres Han-
    delns bei allen Entscheidungen – ob im Nordatlantischen
    Bündnis oder in der Europäischen Union, ob in der Re-
    gierung oder in der Opposition – sein: jeder in seiner
    Rolle, jeder an seinem Platz. Genau deshalb nehmen wir
    als Union unsere Aufgabe als kritischer Wächter, aber
    auch als zuverlässiger Begleiter der Bundesregierung sehr
    energisch und konsequent wahr.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Es ist richtig, dass das, was am 11. September stattge-
    funden hat, eine Kriegserklärung an die zivilisierte Welt
    ist. Der 11. September war eine Zäsur. Heute sind wir
    dabei, zum ersten Mal auch über die Konsequenzen und
    Folgerungen zu beraten. Es geht dabei um sehr konkrete
    Konsequenzen in wirtschaftlicher Hinsicht, in politischer
    Hinsicht, in diplomatischer Hinsicht und – um das ganz
    ausdrücklich hinzuzufügen – auch in militärischer Hin-
    sicht. Es geht darum, dass wir einer vollkommen neuen
    Lage gegenüberstehen.

    Es ist in den letzten Tagen viel von Dankbarkeit, ja
    sogar von Schuld die Rede gewesen, in der gerade wir
    Deutschen nach 50 Jahren Beistand durch die Amerikaner
    gegenüber den USA stünden. Das ist ohne Zweifel rich-
    tig. Aber wäre es das allein, es würde auf Dauer nicht tra-
    gen. Eine wahre Freundschaft lebt auch, aber nicht allein
    von Dankbarkeit. Wahre Freundschaft lebt von ihrer Trag-
    fähigkeit für die Zukunft.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Der Bundeskanzler hat deshalb Recht, wenn er von un-
    eingeschränkter Solidarität mit den NATO-Partnern
    und den USA spricht. Er hat Recht, wenn er sagt: Es darf
    nicht heißen „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht
    nass“. Deshalb füge ich hinzu: Eine tragfähige Partner-
    schaft zwischen den Staats- und Regierungschefs inner-
    halb des Bündnisses der NATO, der Europäischen Union
    und darüber hinaus gründet diese uneingeschränkte Soli-
    darität auf Selbstbewusstsein zwischen den Partnern. Eine
    tragfähige Partnerschaft gründet diese Solidarität auf ak-
    tives Engagement für den anderen. Eine tragfähige Part-
    nerschaft gründet diese Solidarität auf Taten und nicht
    alleine auf Worte.

    Meine Damen und Herren, wenn dieser 11. September
    eine Zäsur markiert, wenn dieser 11. September ein Tag
    war, der für die Geschichte des 21. Jahrhunderts eine aus-
    schlaggebende Bedeutung hat – ich glaube das –, dann geht
    es darum, den Gegner genau zu erkennen, und dann geht es
    darum, die Ordnung für das 21. Jahrhundert zu finden.

    Nach der Beendigung des Kalten Krieges, Ende der
    80er-, Anfang der 90er-Jahre, gab es Aufsätze und Bücher,
    in denen wichtige Autoren vom Ende der Geschichte ge-
    schrieben haben. Wir wissen heute: Die Bedrohungen des
    21. Jahrhunderts haben spätestens am 11. September ein
    klares Gesicht bekommen. Wir haben keine Illusionen
    mehr über die Gefahren unseres Jahrhunderts. Niemand
    kann mehr sagen, er habe es nicht gesehen. Alle Warnun-
    gen vor solchen Gefahren sind durch die Realität über-
    troffen worden.

    Deshalb ist es so wichtig, dass wir versuchen, aus die-
    ser großen Krise auch eine Chance zu machen. Es geht um
    nicht mehr und nicht weniger als um den Aufbau einer Ar-
    chitektur des 21. Jahrhunderts. Mit Sicherheit
    – keine Frage – ist dies eine globale Architektur. Für mich
    ist in den letzten Tagen noch einmal ganz deutlich gewor-
    den, wie sehr die zwei Seiten einer Medaille zusammen-
    hängen: die politische Demokratie und die wirtschaftliche
    Ordnung einer globalen Welt. Wir haben dies in Deutsch-
    land immer wieder erlebt. Freiheitliche Demokratie und
    soziale Marktwirtschaft waren zwei Seiten einer Erfolgs-
    geschichte. Genauso wird es in einer globalen Welt sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Von den Gegnern der Globalisierung haben wir so viel
    Kritisches über die Globalisierung gehört. Ich kann nur
    sagen: In der letzten Woche hat die Wirtschaftsordnung
    eine schwere Bewährungsprobe bestanden. Das gemein-
    same besonnene Vorgehen von amerikanischer Noten-
    bank und Europäischer Zentralbank hat dazu geführt, dass
    diese Wirtschaftsordnung im Rahmen des Möglichen ei-
    nigermaßen stabil blieb. Das war ein Riesenerfolg. Wenn
    der Euro seine erste Bewährungsprobe bestanden hat,
    dann war dies in der letzten Woche. Wir können dankbar
    sein, dass wir ihn haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Jetzt geht es um eine neue politische Ordnung.
    Kerstin Müller hat gesagt: Es wird nichts mehr so sein,
    wie es war. Ich halte das für falsch. Die Werte, auf die wir
    diese Ordnung gründen, werden die gleichen Werte blei-
    ben wie vor dem 11. September. Es sind die Werte der
    Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Aber wir werden die Linien neu ziehen müssen. Wir wer-
    den sehr klar sagen müssen, wo die Unterschiede liegen.
    Sie werden gezogen werden zwischen Demokratie und
    Diktatur, zwischen Achtung der Menschenwürde und ih-
    rer Missachtung, zwischen Freiheit und Unfreiheit.


    (Joachim Poß [SPD]: Auch nicht neu!)


    Jeder im internationalen Rahmen und jeder bei uns zu
    Hause wird gefragt werden, wie er sich zu diesen Linien
    stellt. Da wird es keine Halbheiten geben, da wird es keine
    Ausflüchte geben. Deshalb wird sich die Staatengemein-
    schaft in dieser Krisensituation auch neu ordnen. Es geht
    nicht nur um eine neue Architektur der NATO, es geht ge-
    nauso um eine neue Architektur von Allianzen, die in den
    nächsten Tagen und Wochen ihre Bewährungsproben zu
    bestehen haben. Ich halte die Resolution des UN-Sicher-
    heitsrates für einen ersten Vorboten dieser neuen Archi-
    tektur. Aber sie muss sich bewähren und das wird in der
    Praxis erfolgen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Meine Damen und Herren, national heißt das für uns
    auch vieles. Es heißt auf der einen Seite, dass sich jeder in
    diesem Lande, in jeder Vereinigung, in jeder Partei, ent-
    scheiden muss, wie er sich zu den Grundwerten unserer

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Angela Merkel

    18326


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    Ordnung stellt. Ich wünsche mir, dass gerade auch die
    Vertretungen der ausländischen Bürgerinnen und Bürger
    in unserem Lande diese Trennlinie sehr klar ziehen. Das
    würde unserer Gemeinsamkeit im Lande und der Integra-
    tion sehr helfen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Es wird für uns heißen, dass wir nicht werden warten
    können, bis jemand auf uns zukommt und uns um etwas
    bittet. Vor allen Dingen werden wir nicht die Attitüde ein-
    nehmen können, dass der Kelch an uns vielleicht vorüber-
    gehe. Es geht in dieser Stunde um die Fragen: Welche
    Rolle wird Deutschland in der Welt des 21. Jahrhunderts
    spielen? Werden wir in der Lage sein, entsprechend un-
    serer ökonomischen Kraft auch eine politische Kraft in
    dieser Weltordnung zu sein?


    (V o r s i t z: Vizepräsidentin Anke Fuchs)


    Es ist unser ureigenes Interesse, zu klären, inwieweit
    wir in diesen Wochen und Monaten zu dem bereit sind,
    was nach Art. 5 des NATO-Vertrages von uns mit großer
    Wahrscheinlichkeit verlangt werden wird, nämlich die
    Ausübung und Auslebung des Bündnisfalles. Es ist das
    erste Mal, dass wir nach dem Ende des Kalten Krieges
    – unserem ureigenen Interesse als wiedervereinigtes Land
    folgend – für Freiheitlichkeit einstehen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich sage dies so betont, weil ich weiß, dass in den
    neuen Bundesländern viele Menschen keine Dankbarkeit
    für 50 Jahre NATO fühlen, wie das in den alten Bundes-
    ländern der Fall ist. Aber auch mit diesen Menschen wer-
    den wir darüber sprechen, dass es keine freiheitliche Ord-
    nung in der Bundesrepublik Deutschland geben wird,
    wenn wir jetzt die Zeichen der Zeit verschlafen. Es ist für
    mich keine Petitesse, wenn der Regierende Bürgermeister
    von Berlin in dieser Auseinandersetzung von „Stellvertre-
    terkriegen“ spricht. Es sind keine Stellvertreterkriege,
    sondern es waren Angriffe auf unsere ureigenen Werte;
    deshalb dürfen wir uns nicht anders verhalten als andere.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Staatsminister Volmer – als solcher scheinen Sie
    gesprochen zu haben –, wenn Sie hier, abweichend von
    dem, was der Bundeskanzler gesagt hat, und sogar ab-
    weichend von Ihrem eigenen heute abwesenden Minister,
    darum bitten, dass die militärischen Aktionen kurz
    seien, dann kann das nicht der Maßstab sein. Der Maßstab
    muss die Frage sein, ob wir unsere Werte wie die Freiheit
    erfolgreich verteidigen und mit welchen Mitteln dies am
    besten gelingt. Deutschland hat dabei nicht darüber zu
    entscheiden, ob ihm die Vorgehensweise der USA passt
    oder nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir dürfen weder Wut noch Angst haben; das dürfen
    nicht unsere Ratgeber sein. Sicherlich ist es auch richtig,
    dass Besonnenheit gefragt ist. Die Diskussionen der
    nächsten Wochen deuten sich aber schon an. Wenn in die-
    sen Tagen von Besonnenheit gesprochen wird, dann spüre
    ich durch viele Ritzen, dass dahinter ein ganz unter-
    schiedliches Verständnis steht. Besonnenheit kann Ent-

    schlossenheit, Mut und richtiges Handeln mit kühlem
    Kopf bedeuten. Wenn Besonnenheit jedoch Wankel-
    mütigkeit bedeutet, dann ist dies nicht unser Verständnis.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Es muss eine Besonnenheit sein, bei der klar wird, dass
    wir nicht nur wissen, was wir nicht wollen oder wovor wir
    uns fürchten, sondern auch wissen, was wir anstreben und
    wozu wir uns entschließen. Das ist das Allerwichtigste.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    In den nächsten Wochen wird es um diese Fragen gehen.

    Ich sage auch: So wie wir den Schulterschluss mit der
    Regierung in dem Kampf gegen die Bedrohung einge-
    gangen sind und auch weiterhin eingehen werden, so wer-
    den wir die Tatsache, dass dies in der innenpolitischen De-
    batte eine Zäsur war, nicht einfach wegschieben können.
    Verantwortung einer Opposition heißt immer auch Ver-
    antwortung für diejenigen Dinge, die in unserem Lande
    geleistet werden. Wenn angeblich, wie Frau Müller gesagt
    hat, nichts mehr so ist, wie es war – eine Auffassung, die
    ich noch nicht einmal teile –, dann darf der Bundeshaus-
    halt mit Sicherheit nicht das Einzige sein, was so bleibt,
    wie es war.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Bundeskanzler, wir sehen uns hier nächste Woche
    zu einer anderen Debatte wieder. Diese Debatte wird et-
    was mit den Fragen zu tun haben, wie unsere Bundes-
    wehr ausgerüstet ist und wie unsere innere Sicherheit
    ausgestattet ist. Genau diese Fragen werden dann zu be-
    antworten sein. Da wir uns einig sind, dass es sich um
    neue Schwerpunkte, um neue Aufgaben handelt, erwarten
    wir auch einen neuen Bundeshaushalt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Gert Weisskirchen für die SPD-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gert Weisskirchen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsi-
    dentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin
    Merkel, es wird Ihnen nicht gelingen, einen Misston in die
    Debatte hineinzubringen;


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    denn, liebe Frau Kollegin Merkel, Sie und wir, das ganze
    Haus bis auf die PDS, haben deutlich Zustimmung zu dem
    Vorschlag signalisiert, über den wir nachher abstimmen
    werden, dass sich der Bundestag für ein international
    abgestimmtes Vorgehen und für besonnenes Handeln aus-
    spricht, weil es im Interesse aller Völker, auch der Bun-
    desrepublik Deutschland, liegt, den Terrorismus weltweit
    zu bekämpfen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Angela Merkel

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    Der Kollege Dr. Gerhardt hat einen, wie ich finde, sehr
    wichtigen Punkt angesprochen. Er hat den amerikani-
    schen Historiker Paul Kennedy zitiert. Dieser hat gerade
    am letzten Sonntag im „Independent on Sunday“ darüber
    geschrieben, dass es jetzt wohl so sei, dass Amerika ins
    21. Jahrhundert eingetreten ist. Sind denn die Terror-
    schläge gegen New York und Washington die Schatten-
    risse, die die Zukunft auf unsere Gegenwart wirft? Ich
    meine: Eiskalte Selbstmörder, die Tausende gemordet und
    nicht unterschieden haben, welche Hautfarbe ihre Opfer
    hatten, welcher Religion oder welcher Nationalität sie zu-
    gehörten, haben das oberste Recht zerstört, das jedem
    Menschen eignet, nämlich das Recht auf Leben. Deswe-
    gen müssen wir die Kraft aufbringen, gegen diesen inter-
    nationalen Terrorismus auch gemeinsam zu handeln.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Noch ein weiterer Gedanke mag das verdeutlichen:
    Morgen findet wie jedes Jahr der Tag des Kindes statt; die
    Vereinten Nationen rufen dazu auf. Wie viele Kinder sind
    vorletzten Dienstag in den Explosionen umgekommen?
    Wie vielen Kindern ist die Mutter weggenommen worden
    und wie vielen der Vater? Auch das ist ein Grund, warum
    alle Staaten bis auf zwei die Anschläge verurteilt haben.
    Es waren nämlich Anschläge auf die Universalität der
    Menschenrechte. Die Terroristen müssen wissen: Wir
    werden diesen Fortschritt der Zivilisation mit allem, was
    wir vernünftigerweise gegen sie einsetzen können, vertei-
    digen.


    (Beifall bei der SPD)


    Verstört uns und auch andere nicht das unerhört Grau-
    same, wie sich technische Intelligenz mit dem Trieb
    mischt, sich und unschuldige andere unentrinnbar mas-
    senhaft in den Tod zu reißen? Verstört es uns nicht auch,
    wenn gesagt wird, eine jede Gesellschaft werde verwund-
    barer, je moderner sie wird? Wir alle haben in diesen letz-
    ten Tagen erlebt, dass die Welt auf den gemeinsamen
    Fernsehblick darauf geschrumpft ist, was vor uns allen
    stehen kann. Jeder hat in den Abgrund sehen können. Von
    daher ist es sehr verständlich, dass mit Angst auf diese
    Verstörung reagiert wird. Von Angst aber dürfen wir uns
    nicht hinreißen lassen. Schärfe des Denkens, Klarheit
    des Verstandes, auch eine Debatte darüber, wie vernünf-
    tig auf die neuen Formen internationalen Terrors geant-
    wortet werden muss, sind jetzt nötig.

    Es ist sinnvoll, jetzt einmal einen Blick auf die ameri-
    kanische Debatte zu werfen. Die, wie ich finde, absur-
    deste Antwort auf die Frage, wie der Terrorismus entstand
    und was er bedeutet, hat der christlich-fundamentalis-
    tische Fanatiker Jerry Falwell gegeben. Er beschuldigt das
    säkulare Amerika, Gott erzürnt und so die Katastrophe
    heraufbeschworen zu haben.

    Es gibt aber andere in den USA, die jetzt ungeschminkt
    und selbstkritisch über die Ursachen reden. Stephen
    Greenblatt, ein großer Renaissance-Forscher, sagt:

    Ich versuche mir vorzustellen, welchen Phantasien
    sie

    – die Täter –

    sich hingaben. Das Einzige, was mir einfällt, sind
    biblische Bilder vom „Fall der Türme deiner
    Feinde“.

    Er fügt hinzu:

    Das Problem mit der ... Rede von unserem

    – dem amerikanischen –

    Kampf gegen das reine Böse ist, dass dies genau die
    Sprache ist, derer sich auch diese Leute

    – die Terroristen nämlich –

    bedienen.

    Allzu rasch wird bei dem Versuch, die neue Form des
    internationalen Terrors zu erklären, zu ideologischen
    Schablonen gegriffen. Nein, der Kampf, der jetzt statt-
    findet, ist nicht ein Kampf zwischen Kulturen und nicht
    ein Kampf zwischen Zivilisationen. Es ist der Kampf ge-
    gen den internationalen Terrorismus, der jetzt geführt
    wird.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir müssen uns fragen: Was treibt die Täter an? Zu-
    allererst unbändiger Hass. Worauf zielen sie? Auf die
    Grundfesten des modernen Lebens. Wahllos morden sie,
    um Schrecken zu verbreiten, um Menschen einzuschüch-
    tern, um die Institutionen der Staaten zu zerstören, die sie
    zu ihrem Feind erklärt haben. Worauf zielt ihre Logik?
    Ihre Halluzination ist es, in einem heiligen Krieg zu
    kämpfen.

    Wir sollten uns selbstkritisch fragen: Erinnert uns das
    nicht an die Vergangenheit des Christentums? Wer einmal
    nachgelesen hat, was Hernán Cortés Kaiser Karl über
    seine Erfahrungen mit der Expansion berichtet hat, der
    spürt den Fieberwahn, den Gewalt und Expansion bei de-
    nen auslösten, die sich von Gott erwählt glaubten. Sie ge-
    fielen sich als Conquistadores, als Werkzeuge der christ-
    lichen Welt wie Kolumbus, der Cristóbal Colón, der
    Christus tragende Kolonisator.

    Wer also den Kampf der Kulturen verhindern will, der
    kann auf gar nichts anderes setzen als auf die Kraft der
    Freiheit. Sie ist stark, wo sie sich an die Vernunft bindet.
    Die Freiheit ist dann unbezwingbar, wenn Konflikte
    zwischen Kulturen im Dialog ausgetragen werden. Das
    setzt aber voraus, dass sich die Kulturen wechselseitig
    als gleichberechtigt anerkennen. Menschen verschiedener
    Kulturen sind fähig, gemeinsame Werte zu teilen. Der
    Träger des Nobelpreises für Ökonomie Amartya Sen hat
    den Wert der Freiheit als den überragenden erkannt, weil
    die Freiheit der Pfeiler ist, auf dem alle anderen Werte
    ruhen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist der Grund, warum das Jahr 2001 von der UNO
    zum Jahr des Dialoges zwischen den Kulturen ausgerufen
    worden ist. Der iranische Präsident war es, der diesen Vor-
    schlag gemacht hat. Viele Tausende von jungen Iranern
    haben jetzt mit ihren Kerzen in Teheran deutlich gemacht,
    dass sie sich gegen den Terrorismus wehren und dass sie
    sich an die Seite der zivilisierten Welt stellen, um dagegen
    zu kämpfen, dass die Terroristen die Religion und den

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Gert Weisskirchen (Wiesloch)


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    Islam für ihre finsteren Zwecke missbrauchen. Das ist ein
    wunderbares, deutliches Zeichen, dass im Islam und bei
    Muslimen jetzt die Erkenntnis gewachsen ist: Der Terro-
    rismus muss auch innerhalb des Islam bekämpft werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn es also wirklich einen Kampf gibt, dann ist es
    nicht der Kampf zwischen den Zivilisationen, sondern der
    im Innern der Zivilisationen, jeweils zwischen jenen Mus-
    limen, Christen, Hindus, Buddhisten oder auch Juden, die
    für einen modernen Entwurf ihrer Gesellschaft streiten,
    und denen, die für einen rückwärts gewandten Entwurf ih-
    rer Gesellschaft kämpfen.

    Wer Hass sät, wer Gewalt privatisiert, wendet sich ge-
    gen menschliches Zusammenleben, gleich in welcher Re-
    gion der Erde. Die Stärke der offenen Gesellschaft, der
    liberalen Demokratie und des reformfähigen sozialen
    Rechtsstaates kann und darf aber von den Terroristen
    wirklich nicht erschüttert werden.

    Der moderne Staat, die Demokratie, muss sich aller-
    dings schützen können. Weil Terroristen international
    agieren, muss auch die internationale Staatengemeinschaft
    gemeinsam handeln. Das ist jetzt zum Beispiel in Jerusa-
    lem deutlich geworden, wo, wie in Teheran, junge Men-
    schen unterschiedlichen Glaubens, Palästinenser wie Ju-
    den, ihre Solidarität gezeigt haben. Sie haben gemeinsam
    deutlich gemacht, dass es darauf ankommt, die Hinter-
    männer, die Drahtzieher von Attentaten und die Förderer
    islamistischer Terroristen, die religiöse Gefühle miss-
    brauchen, die so ihre Gier nach Macht maskieren, die
    Menschen in den Untergang führen und die versuchen,
    Staaten zu zerbrechen, zur Verantwortung zu ziehen.

    Liebe Frau Kollegin Merkel, Sie haben eben zu Recht
    darauf hingewiesen, dass man eine neue globale Archi-
    tektur braucht. Ich bitte Sie: Bedenken Sie aber auch die
    schwierige innere Situation in Afghanistan. Afghanistan
    ist ein Land, das seit Jahren, ja fast seit Jahrzehnten ge-
    schunden ist und politisch hin und her gestoßen wird. Es
    wird von einer selbst ernannten Elite regiert, die die Ab-
    hängigkeit von Menschen nutzt. Ich nenne nur Drogen-,
    Menschen- und Waffenhandel. Das alles zeigt die Gier
    dieser selbst ernannten Elite, über andere zu herrschen.

    Eine Strategie gegen diesen Terror muss daher viel
    mehr als nur militärische Mittel umfassen. Sie braucht ei-
    nen viel breiter angelegten Ansatz mit einer vernünftigen,
    klaren Mischung aus militärischen Zielen, die auf den
    Punkt genau definiert werden müssen, und darüber hinaus
    aus zivilen Mitteln. Durch diesen neuen politischen An-
    satz, auch durch eine stärkere Mobilisierung der Entwick-
    lungspolitik, wird es erst möglich, den Boden auszutrock-
    nen, auf dem ein solch schrecklicher Terrorismus
    entstehen kann. Die Erarbeitung eines solchen Ansatzes
    ist die gemeinsame Anstrengung der internationalen
    Staatengemeinschaft. Das wird der Deutsche Bundestag
    hier gemeinsam beschließen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)