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ID1417707200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14177

  • date_rangeDatum: 22. Juni 2001

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    Gedenken an den 60. Jahrestag des Angriffs deutscher Truppen auf die Sowjetunion . . . . . 17389 A Begrüßung einer Gruppe von ehemaligen Zwangsarbeitern sowie von Überlebenden jü- discher Gettos und durch deutsche Truppen vernichteter Dörfer aus Weißrussland, Russ- land und der Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17389 B Ergänzung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 17389 C Begrüßung der Delegation der Nationalver- sammlung der Republik Armenien unter Lei- tung des stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Gagik Aslanyan . . . . . . . . . . . . . . . . . 17460 B Zusatztagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des An- spruchs- und Anwartschaftsüberfüh- rungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsge- setz – 2. AAÜG-ÄndG) (Drucksachen 14/5640, 14/6063, 14/6293, 14/6355) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17390 A Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17390 A Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17390 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17391 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . 17391 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17392 C Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur An- passung der Formvorschriften des Pri- vatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (Drucksachen 14/4987, 14/5561, 14/6044, 14/6353) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17393 A Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Vor- bereitung eines registergestützten Zen- sus (Zensusvorbereitungsgesetz) (Drucksachen 14/5736, 14/6068, 14/6292, 14/6354) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17393 B Zusatztagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Um- setzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG- Richtlinien zum Umweltschutz (Drucksachen 14/4599, 14/5204, 14/5750, 14/6045, 14/6357) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17393 B Zusatztagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Ände- rung verkehrsrechtlicher Vorschriften (VerkVÄndG) (Drucksachen 14/3646, 14/4221, 14/4648, 14/6358) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17393 C Plenarprotokoll 14/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 I n h a l t : Zusatztagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zur Er- richtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Drucksache 14/6370) . . . . . . . . . . . . . . . 17393 D Tagesordnungspunkt 18: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Betr- Verf-Reformgesetz) (Drucksachen 14/5741, 14/6352) . . . . 17394 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Peter Rauen, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Soziale Partner- schaft stärken – Betriebsverfas- sungsgesetz zukunftsfähig moder- nisieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Reform der Mitbestimmung zur Stärkung des Mittelstandes (Drucksachen 14/5753, 14/5764, 14/6352) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17394 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17394 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . 17396 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17397 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17399 A Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 17401 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 17404 A Anette Kramme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17405 C Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . . . . . 17406 D Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 17409 C Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . 17411 B Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . 17411 D Wolfgang Weiermann SPD . . . . . . . . . . . . . . 17413 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17414 D Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17415 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17416 D Namentliche Abstimmungen . . . . . .17417 A, 174419 B Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17417 C, 17423 C Tagesordnungspunkt 19: a) Große Anfrage der Abgeordneten Ulf Fink, Horst Seehofer, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zukunft des Gesundheits- wesens (Drucksachen 14/3887, 14/5700) . . . . 17420 B b) Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Wolfgang Lohmann (Lüden- scheid), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Informati- onsmöglichkeiten der Krankenversi- cherten umgehend verbessern (Drucksache 14/5678) . . . . . . . . . . . . . 17420 B c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ablösung des Arz- nei- und Heilmittelbudgets (Arzneimit- telbudget-Ablösungsgesetz – ABAG) (Drucksache 14/6309) . . . . . . . . . . . . . 17420 C Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17420 C Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . 17426 A Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 17429 A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17430 C Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 17431 C Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17434 A Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 17436 A Dr. Hansjörg Schäfer SPD . . . . . . . . . . . . . . . 17438 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17440 D Fritz Schösser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17441 C Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . . . . . 17444 A Tagesordnungspunkt 20: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts (Drucksache 14/5538) . . . . . . . . . . 17446 B – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Re- form des Wohnungsbaurechts (Drucksachen 14/5911, 14/6145) 17446 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001II – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und anderer wohnungsrechtli- cher Gesetze (Drucksachen 14/627, 14/6344; 14/6375) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17446 C b) Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Dirk Fischer (Ham- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für eine vor- ausschauende Wohnungs- und Städ- tebaupolitik (Drucksache 14/6048) . . . . . . . . . . . . 17446 C Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 17446 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . 17449 A Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17450 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . 17452 C Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17454 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . 17456 B Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 17457 C Achim Großmann SPD . . . . . . . . . . . . . . 17458 C Tagesordnungspunkt 21: a) Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutsche Entwicklungs- zusammenarbeit und Demokratisie- rungshilfe für die zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion verstärken (Drucksache 14/5251) . . . . . . . . . . . . 17460 A b) Antrag der Abgeordneten Volker Rühe, Karl Lamers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die strate- gische Bedeutung der Kaukasus-Re- publiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien politisch umsetzen (Drucksache 14/5961) . . . . . . . . . . . . 17460 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 17460 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesminis- terin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17462 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17464 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17464 D Johannes Pflug SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17466 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . 17467 B Tagesordnungspunkt 22: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.: Die Verein- ten Nationen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend (Drucksachen 14/5243, 14/5855) . . . . 17468 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Petra Bläss, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der PDS: Deut- sche Beiträge zur Umsetzung der Millenniums-Erklärung der Verein- ten Nationen (Drucksachen 14/4525, 14/5851) . . . . 17468 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Frank Hempel, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aids-Bekämpfung in den Ent- wicklungsländern fördern (Drucksache 14/6320) . . . . . . . . . . . . . . . 17468 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Irmer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der F.D.P.: Für eine Gemeinsame Europäische VN- Politik (Drucksache 14/6083) . . . . . . . . . . . . . . . 17468 D Dr. Eberhard Brecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 17469 A Erika Reinhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17470 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17472 A Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 17473 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 17474 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . 17475 B Frank Hempel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17477 A Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 III eines Gesetzes zur Änderung des Mine- ralölsteuergesetzes (Drucksachen 14/6141, 14/6337, 14/6338) 17478 C Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes zurFörderung eines freiwilligen sozialen Jahres und zur Än- derung des Gesetzes zurFörderung eines freiwilligen ökologischen Jahres (Drucksache 14/5120) . . . . . . . . . . . . . . . 17479 A Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Sabine Jünger, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Asylverfahrensgesetzes und anderer Vorschriften (Drucksache 14/6129) . . . . . . . . . . . . . . . 17479 B Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Ge- setz – EGG) (Drucksache 14/6098) . . . . . . . . . . . . . . . 17479 C Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus (Spätaussiedlerstatusgesetz – SpStatG) (Drucksache 14/6310) . . . . . . . . . . . . . . . 17479 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17479 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 17481 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu dem Antrag: Wehrpflicht aussetzen (176. Sitzung, Drucksache 14/6274) . . . . . . . 17482 A Anlage 3 Erklärung nach § 90 GO der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf und Eva Bulling-Schröter (beide PDS) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Vermittlungsausschus- ses zu dem Gesetz zur Änderung verkehrs- rechtlicher Vorschriften (VerkVÄndG) (Drucksache 14/6358) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17482 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Be- triebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reform- gesetz) in der Ausschussfassung (Drucksachen 14/5741 und 14/6352) . . . . . . . 17483 A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Deutsche Entwicklungszusammenarbeit und Demokratisierungshilfe für die zentral- asiatischen Nachfolgestaaten der Sowjet- union verstärken – Die strategische Bedeutung der Kaukasus- Republiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien politisch umsetzen (Tagesordnungspunkt 21 a und b) . . . . . . . . . . 17483 C Joachim Günther (Plauen) F.D.P. . . . . . . . . . 17483 C Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und der Berichte: – Die Vereinten Nationen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend – Deutsche Beiträge zur Umsetzung der Mil- lenniums-Erklärung der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 22 a und b) . . . . . . . . . . 17484 C Clemens Schwalbe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 17484 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mi- neralölsteuergesetzes (Tagesordnungspunkt 24) 17486 C Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 17486 C Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17487 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17488 D Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17489 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17490 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 V Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen so- zialen Jahres und zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . 17490 D Marlene Rupprecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 17490 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17491 C Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17492 B Sabine Jünger PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17492 D Dr. Friedhelm Repnik, Minister (Baden- Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17493 B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . 17494 C Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17494 C Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 17495 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17495 C Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17496 B Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17496 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über rechtliche Rah- menbedingungen für den elektronischen Ge- schäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsver- kehr-Gesetz – EGG) (Tagesordnungspunkt 28) 17497 C Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17497 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17499 A Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17499 C Ursula Lötzer PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17500 A Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 17500 C Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus (Spätaussiedlerstatusge- setz – SpStatG) (Zusatztagesordnungspunkt 9) 17501 C Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . . . . . 17501 C Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 17502 D Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17503 D Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17504 B Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17504 D Anlage 12 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17505 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 Vizepräsidentin Petra Bläss 17479 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 8 2) Anlage 9 3) Redebeitrag lag bei Redaktionsschluss nicht vor 4) Anlage 10 5) Anlage 11 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17481 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 22.06.2001* Beer, Angelika BÜNDNIS 90/ 22.06.2001 DIE GRÜNEN Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 22.06.2001 Bodewig, Kurt SPD 22.06.2001 Bohl, Friedrich CDU/CSU 22.06.2001 Bonitz, Sylvia CDU/CSU 22.06.2001 Bruckmann, SPD 22.06.2001 Hans-Günter Brüderle, Rainer F.D.P. 22.06.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 22.06.2001 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 22.06.2001 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 22.06.2001* Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 22.06.2001 Hartmut Doss, Hansjürgen CDU/CSU 22.06.2001 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ 22.06.2001 DIE GRÜNEN Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 22.06.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 22.06.2001 Peter Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22.06.2001 Glos, Michael CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Guttmacher, F.D.P. 22.06.2001 Karlheinz Hartnagel, Anke SPD 22.06.2001 Haschke, (Großhennersdorf) CDU/CSU 22.06.2001 Gottfried Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 22.06.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 22.06.2001 DIE GRÜNEN Hirche, Walter F.D.P. 22.06.2001 Hörster, Joachim CDU/CSU 22.06.2001 Kasparick, Ulrich SPD 22.06.2001 Klappert, Marianne SPD 22.06.2001 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 22.06.2001 Königshofen, Norbert CDU/CSU 22.06.2001 Kossendey, Thomas CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 22.06.2001 Lamers, Karl CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Lamers CDU/CSU 22.06.2001 (Heidelberg), Karl A. Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 22.06.2001 Lamp, Helmut CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 22.06.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 22.06.2001* Erich Michels, Meinolf CDU/CSU 22.06.2001 Müller (Völklingen), SPD 22.06.2001 Jutta Neuhäuser, Rosel PDS 22.06.2001 Neumann (Bremen), CDU/CSU 22.06.2001 Bernd Nietan, Dietmar SPD 22.06.2001 Dr. Pfaff, Martin SPD 22.06.2001 Pfannenstein, Georg SPD 22.06.2001 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 22.06.2001 von Renesse, Margot SPD 22.06.2001 Sauer, Thomas SPD 22.06.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 22.06.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 22.06.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 22.06.2001* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 22.06.2001* Schultz (Everswinkel), SPD 22.06.2001 Reinhard Schüßler, Gerhard F.D.P. 22.06.2001 Sebastian, CDU/CSU 22.06.2001 Wilhelm-Josef Dr. Solms, Hermann F.D.P. 22.06.2001 Otto Steiger, Wolfgang CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 22.06.2001 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 22.06.2001 DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 22.06.2001 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 22.06.2001 Weis (Stendal), SPD 22.06.2001 Reinhard Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22.06.2001 Wiese (Hannover), SPD 22.06.2001 Heino Wiesehügel, Klaus SPD 22.06.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 22.06.2001* Dr. Zöpel, Christoph SPD 22.06.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeropaischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Winfried Nachtwei (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Wehr- pflicht aussetzen (176. Sitzung, Drucksache 14/6274) Die Grünen treten seit langem aus demokratie- und si- cherheitspolitischen Gründen für die Abschaffung der Wehrpflicht ein. Insofern begrüßen wir den Positionswan- del der F.D.P. Die fehlende sicherheitspolitische Begrün- dung des Antrages und sein Entstehungszusammenhang machen aber deutlich, dass die Neupositionierung der F.D.P. nicht von der Sache her, sondern offenkundig nur parteitaktisch motiviert ist. Zugleich muss ich feststellen, dass die Position der Ko- alition zur Wehrpflicht keineswegs ein Kompromiss zwi- schen den Koalitionsfraktionen ist. Es ist zu befürchten, dass ein Verzicht auf offene Diskussion und Konsensbil- dung einer tragfähigen Bundeswehrreform zum Schaden gereichen. Deshalb enthalte ich mich der Stimme. Anlage 3 Erklärung nach § 90 GO der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf und Eva Bulling-Schröter (beide PDS) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Vermit- tlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften (VerkVÄndG) (Drucksache 14/6358) Wir enthalten uns der Stimme, weil das Für-Erledigt- Erklären des Gesetzes zur Änderung verkehrswegerecht- licher Vorschriften den eigentlich entscheidenden Vor- gang verdeckt – und wohl auch verdecken soll. Die Europäische Kommission hat unserer Ansicht nach zu Recht bereits im Jahr 1994 kritisiert, dass im Verkehrs- wegeplanungsbeschleunigungsgesetz (1991) und im Pla- nungsvereinfachungsgesetz (1993) die in der Richtlinie 85/337/EWG festgelegte Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung nicht förmlich festge- schrieben wurde. Die hiermit wegen unzureichender Berücksichtigung von Bürger- und Umweltrechten kriti- sierten Bundesregierungen hatten darauf mehr als fünf Jahre lang nicht erkenntlich reagiert. Darauf erhob die Eu- ropäische Kommission im Januar 1999 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Bundesregierung erkannte nunmehr die Peinlich- keit des Vorgangs, legte Mitte des Jahres 2000 das hier zu Debatte stehende Gesetz zur Änderung verkehrs- wegerechtlicher Vorschriften vor und erklärte in der Be- gründung unter Verweis auf die Klage vor dem Europä- ischen Gerichtshof ausdrücklich: „Aus diesem Grunde ist insoweit im Verkehrsbereich die vollständige Umset- zung der Richtlinie 85/337/EWG ... dringend geboten. Diesem Zweck dient das vorliegende Gesetz.“ (So die Begründung des Gesetzentwurfs vom 26. Juni 2000). Die Bundesregierung argumentierte damals auch, der Gesetzentwurf sei „als besonders eilbedürftig“ einzu- stufen. Der Gesetzentwurf wurde dann im Bundestag im Ok- tober 2000 beschlossen und soll nun, weitere acht Mo- nate später, für erledigt erklärt werden. Tatsächlich wird mit diesem Vorgehen sachlich nichts erledigt. Hingegen bleibt festzuhalten: Mit den infrage stehenden beiden Gesetze zur Beschleunigung und Vereinfachung hat die damalige Bundestagsmehrheit in erheblichem Maß gel- tende demokratische Beteiligungsmöglichkeiten und die gebotene Rücksichtnahme auf die Umwelt verletzt. Diese Sondergesetze wurden damals mit der deutschen Einheit, also einer besonderen oder Ausnahmesituation, begründet. Wenn diese damals bereits fragwürdig waren und von den damaligen Oppositionsparteien kritisiert wurden, dann gilt dies erst recht heute. In jedem Fall ver- letzen beide Gesetze aus unserer Sicht die diesbezügli- chen Umweltschutzbestimmungen der entsprechenden EU-Richtlinie. Das Gesetz zur Änderung verkehrswegerechtlicher Vorschriften war völlig ungeeignet, die erhobenen Ein- wände zu beseitigen. Die eigentliche Problematik wurde mit diesem Gesetz eher bagatellisiert, indem erklärt wurde, auf öffentliche Umweltverträglichkeitsprüfun- gen würde nun dann verzichtet, wenn die infrage ste- henden Vorhaben „keine erheblichen nachteiligen Wir- kungen auf die Umwelt hätten“. Dabei blieb völlig unklar, wer definieren soll, dass es keine solchen „er- heblichen nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt“ ge- ben würde. Unter diesen Umständen hat das Vorgehen, dieses Ge- setz wieder für erledigt zu erklären, lediglich die Wir- kung, auf Zeit zu spielen. Die Einwände der EU-Kom- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117482 (C) (D) (A) (B) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich mission bleiben erhalten. Die aus unserer Sicht berech- tigte Klage vor dem Europäischen Gerichtshof dürfte nunmehr eher ein größeres Gewicht erhalten. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Betr- Verf-Reformgesetz) in der Ausschussfassung (Drucksache 14/5741 und 6352) Die heute anstehende Novellierung des Betriebsver- fassungsgesetzes kann die so genannten Transaktionskos- ten in kleinen und mittleren Unternehmen überdurch- schnittlich erhöhen. Das wäre eine Entwicklung in die völlig falsche Richtung. In Betrieben mit 20 Arbeitneh- mern, ja bis zu 50 Arbeitnehmern ist ein Betriebsrat im Allgemeinen überflüssig. Hier sollte zunächst und vor al- lem ein Führungsstil des „kooperativen Individualismus“ praktiziert werden. Mehr Kooperation zwischen Arbeitnehmern und Be- triebsleitung ist erforderlich, um im zunehmenden inter- nationalen Wettbewerb zu bestehen. Wenn nicht alle – Ar- beitnehmer und Leitung – in einem Kleinunternehmen gleiche Ziele verfolgen, am gleichen Strang ziehen, wird das Unternehmen keine Marktchancen auf Dauer haben. Individualismus ist dagegen Voraussetzung für mehr In- novationskraft, für das Ergreifen neuer Chancen und für notwendige Veränderungen, um im Wettbewerb zu beste- hen. Ich würde es zum Beispiel begrüßen, wenn für Be- triebe mit 20 Arbeitnehmern keine Möglichkeit zur Wahl eines Betriebsobmannes bestünde. Die geringfügigen materiell-rechtlichen Ergänzungen der Mitbestimmung in der Qualifizierung und im Um- weltschutz halte ich für zeit- und sachgemäß. Die beiden bisher im Betrieb dominierenden Produktionsfaktoren – Arbeit und Kapital – werden meines Erachtens langfris- tig an Gewicht verlieren. Als neue, wichtige Produktions- faktoren werden in größeren Unternehmen Umwelt und qualifiziertes Wissen an Bedeutung für den Produktions- prozess gewinnen. Sie brauchen im betrieblichen Gesche- hen eine bessere Interessenvertretung, auch durch den Be- triebsrat. In Großbetrieben ist der Betriebsrat noch immer ein wichtiges Konfliktverminderungsinstrument, auf das die meisten größeren Unternehmen nicht verzichten können. Ich hoffe, dass bei kleineren Unternehmen mögliche zusätzliche Belastungen aufgrund dieser Novelle durch weitere Steuer- oder Kostensenkungen ausgeglichen wer- den. Eine zusätzliche Erhöhung der Transaktionskosten in Kleinbetrieben ist jedenfalls kontraproduktiv. Sie ver- nichtet Ausbildungsplätze und erschwert die Schaffung neuer, zusätzlicher Arbeitsplätze. Trotz der geschilderten erheblichen Bedenken und ei- nes starken „Bauchgrimmens“ werde ich nach reiflicher Prüfung dem Gesetzentwurf insgesamt dennoch zustim- men. Anlage 5 Zur Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge – Deutsche Entwicklungszusammenarbeit und De- mokratisierungshilfe für die zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion verstärken – Die strategische Bedeutung der Kaukasus-Republi- ken, Armenien, Aserbaidschan und Georgien poli- tisch umsetzen (Tagesordnungspunkt 21 a und b) Joachim Günther (Plauen) (F.D.P.): Es ist ein Trau- erspiel, dass wir nun schon im dritten Jahr nach dem Amtsantritt von Rot-Grün zusehen müssen, wie die deut- sche Entwicklungspolitik an Substanz, und, was fast noch schlimmer ist, an Glaubwürdigkeit verliert. Allen hoch- trabenden Sonntagsreden zum Trotz ist die Bundesregie- rung laut „Financial Times Deutschland“ inzwischen zum entwicklungspolitischen Schlusslicht in der Europäischen Union geworden. Doch wer gehofft hatte, die Rücktrittsdrohung der Mi- nisterin würde nun zum tragischen letzten Akt dieses Trauerspiels werden, hat sich geirrt. Die Rücktrittsdro- hung scheint den Finanzminister so beeindruckt zu haben, dass er gleich verkünden ließ, die in letzter Minute ge- währten 100 Millionen Euro werde er sich in den nächs- ten Jahren wieder zurück holen. Doch auch mit diesem Trostpflaster ausgestattet muss Frau Wieczorek-Zeul in diesem Jahr weitere herbe Kür- zungen in ihrem Etat hinnehmen. Dies bedeutet, dass die Bundesministerin gegenüber unseren Partnerländern ein weiteres Mal wortbrüchig sein muss, weil es an Haus- haltsmitteln für die diversen von ihr angekündigten Ini- tiativen hinten und vorne fehlt. Vor diesem Hintergrund ist die von der Bundesminis- terin mediengerecht aufbereitete so genannte Kaukasus- initiative zu sehen. Wenn der Bundesregierung, wie von Ministerin Wieczorek-Zeul öffentlich angekündigt, nicht einmal Mittel zur Kofinanzierung des Internationalen Fonds für Aids-Hilfe zur Verfügung stehen, dann muss sie sich schon fragen lassen, wie sie die 100 Millionen mobi- lisieren will, die die Kaukasusinitiative nach eigenen An- gaben kosten soll. Dabei wäre ein stärkeres deutsches entwicklungspoli- tisches Engagement im Kaukasus und in Zentralasien bit- ter nötig. Die Instabilität, ethnische und religiöse Unter- schiede, die wachsende Korruption und ein Verteilungs- kampf um die Naturvorkommen, insbesondere Erdöl und Gas, stellen die Konfliktpunkte der Region dar. Darüber hinaus wird die Region zusätzlich durch die internationale organisierte Kriminalität bedroht. Die Re- gierungen der zentralasiatischen Staaten sind häufig nicht in der Lage, die Grenzen zu kontrollieren; der Schmuggel von Rauschgift und Waffen ist an der Tagesordnung. 90 Prozent der westeuropäischen Opiate kommen aus die- ser Region. In Tadschikistan sollen die Einkünfte aus dem Rauschgifthandel mittlerweile ein Sechstel des gesamten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17483 (C) (D) (A) (B) Bruttoinlandsproduktes ausmachen. Überdies ist die Re- gion zunehmend ein Umschlagplatz für Waffen, die von Afghanistan aus ihren Weg zu befreundeten radikal-isla- mischen Organisationen finden. Das Interesse Europas und damit auch Deutschlands muss deshalb darin bestehen, einen Beitrag zur Stabilisie- rung zu leisten. Das dringend benötigte entwicklungspo- litische Engagement muss eingebettet werden in ein poli- tisches Gesamtkonzept für die Region, das auf die Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen, Eindämmung des Rauschgifthandels, der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus abzielt. Diese grundsätzliche Orientierung soll zwar durch die so genannte Kaukasusinitiative aufgegriffen werden. Die Frage ist jedoch, welche der vielen gut gemeinten Pro- jekte im Angesicht der jämmerlichen Haushaltssituation tatsächlich noch durchführbar sind. Bekanntlich ist „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut“. Gerade die Zusammenarbeit mit Georgien war für die frühere Bundesregierung ein besonderes Anliegen, das unter Rot-Grün bedauerlicherweise nicht mehr in diesem Umfange fortgesetzt wurde. Gegenüber diesem Land hätte man eine kontinuierliche Solidarität erwarten können. Während die frühere Bundesregierung Georgien für den Zeitraum 1998/1999 noch 90 Millionen DM für die finanzielle Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt hatte, wurde dieser Betrag unter Rot-Grün mit einer Zusage von 50 Millionen DM für den Zeitraum 2000/2001 um fast die Hälfte gekürzt. Angesichts der großen Verdienste der Regierung Schewardnadse um regionale Stabilisierung, aber auch angesichts seines historischen Engagements für die deut- sche Einheit, ist dies eine beschämende Entwicklung, die auch durch die Ankündigung einer Kaukasusinitiative nicht wieder wettgemacht werden kann. Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt die heute zur Diskussion stehenden Anträge der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion. Ein stärkeres deutsches entwicklungspoliti- sches Engagement in der Region, eine aktivere Mitwir- kung an den internationalen Bemühungen um die Beilegung der Konflikte in der Region, aber auch eine ge- zieltere Wahrnehmung der energiepolitischen Interessen Deutschlands in der Öl- und Erdgasförderregion rund um das Kaspische Meer ist dringend geboten. Aber auch dieKrisenregion östlich desKaspischenMee- res muss dringend zu einem regionalen Schwerpunkt deut- scher entwicklungspolitischer Zusammenarbeit werden. In Anbetracht des etwa von Kirgistan, Usbekistan und Kasachstan ausgehenden erheblichen Destabilisierungs- potenzials ist es vollkommen unverständlich, wieso diese Länder in der jüngst eingeführten BMZ-Kategorisierung lediglich den Status einfacher „Partnerländer“ erhalten und nicht minder instabile Länder wie Turkmenistan und Tadschikistan nicht einmal mehr in der untersten Katego- rie „potenzieller Partnerländer“ landen. Dem vorliegenden CDU/CSU-Antrag, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und die Demokratisie- rungshilfe für die zentralasiatischen Staaten zu verstär- ken, stimmen wir daher uneingeschränkt zu. Zu einer verantwortungsvollen Kaukasuspolitik gehört auch ein kritisches Engagement im Tschetschenien-Kon- flikt. Von einer Beendigung des Feldzuges in Tschetsche- nien ist Moskau noch weit entfernt. Fast täglich melden Nachrichtenagenturen neue Tote. Statt eines siegreichen Blitzkrieges zeichnet sich immer deutlicher ein langwie- riger, verlustreicher Konflikt ab. Hier muss Deutschland und muss die Europäische Union im Dialog mit Moskau eine deutliche Sprache sprechen und die strikte Einhal- tung des Völkerrechts und der Menschenrechte in Tschet- schenien einfordern. Es gibt viel zu tun, wir werden die Ministerin nicht an Ankündigungsreden messen, sondern an konkreten Da- ten. Tun Sie alles, damit die Kaukasusinitiative nicht ein weiterer Flop Ihrer Regierung wird. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlungen und der Berichte: – Die Vereinten Nationen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend – Deutsche Beiträge zur Umsetzung der Milleniums- Erklärung der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 22 a und b) Clemens Schwalbe (CDU/CSU): Erst einmal möchte ich allen, die an diesem Antrag mitgewirkt haben, ganz herzlich danken. Dieser Antrag „Die Vereinten Na- tionen an der Schwelle zum neuen Jahrtausend“ als ge- meinsamer Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Grüne und F.D.P. zeigt, dass eine gute, effek- tive und sinnvolle Außenpolitik unser gemeinsames An- liegen ist. Unser gemeinsames Ziel ist es, eine konstruk- tive, erfolgsorientierte Weiterentwicklung der Vereinten Nationen voranzutreiben. Natürlich gab es bei der Ausar- beitung des Antrages einige Unstimmigkeiten zwischen den Fraktionen, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen: Dieser Antrag unterstützt die Charta der VN zum Welt- frieden, wobei die Verantwortlichkeit Deutschlands bei den VN stärker werden soll. Dazu muss die deutsche VN-Politik einheitlicher werden, was die Abstimmung der einzelnen Fachressorts angeht. Deshalb fordert unser gemeinsamer Antrag als Konsequenz, dass ab 2001 ein Bericht über die deutsche VN-Politik dem Parlament vor- gelegt und dieser im Zweijahresrhythmus im Bundestag zur Diskussion gestellt wird. Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf einige wenige Schwerpunkte konzentrieren. Ein mir derzeitig wichtiger Diskussionspunkt ist die militärische Rolle Deutschlands in den VN. Deutschland muss meiner Meinung nach weiterhin seine militärische Zusammenarbeit und Verpflichtung mit den Vereinten Nationen pflegen und ausbauen. Bundesverteidigungsmi- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117484 (C) (D) (A) (B) nister Scharping hat seinen Beitrag zum so genannten Stand-by-Arrangement gegeben. Dieses System sieht so aus, dass Mitgliedstaaten angeben, welche Beiträge sie im Bedarfsfall zu leisten bereit wären. Wir halten das für richtig, aber wie sieht eigentlich die Realität der Bundes- wehr aus? Bei ihrer schwierigen und gefährlichen Auf- gabe hat die Bundeswehr unsere nachhaltige Unterstüt- zung verdient. Womit wir uns aber nicht mehr abfinden werden und können, ist, dass die Absicherung und Aus- stattung dieser Einsatztruppen zu einer deutlichen Ver- schlechterung der übrigen Bereiche der Bundeswehr führt. Nur mit netten Worten der Anerkennung in Ple- numsdebatten lässt sich die Wehrbereitschaft nicht auf- rechterhalten. Es muss sich endlich auch in der finanziel- len Ausstattung der Bundeswehr insgesamt nieder- schlagen, sonst ist das alles unglaubwürdig. Wir von der CDU/CSU hatten das im Zusammenhang mit der Verlän- gerung des Kosovo-Mandats bereits deutlich gesagt. Vor- gestern hat der NATO-Rat entschieden, zur Entwaffnung der Rebellen Truppen nach Mazedonien zu entsenden. Dabei wird eine deutsche Beteiligung nicht ausgeschlos- sen. Wir werden diesem Einsatz hier im Bundestag nicht zustimmen, wenn nicht gleichzeitig eine deutliche Er- höhung des Etats im Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung vorgenommen wird. Für uns ist damit der Präzedenzfall entstanden. Friedenssicherung ist ein Aufgabengebiet, das ange- sichts der vielen kriegerischen Konflikte in aller Welt nach wie vor im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Das „peace-keeping“ der UN steht heute vor einer kom- plizierteren Situation; die Mehrzahl der Konflikte spielen sich nicht mehr wie früher zwischen souveränen Staaten ab, sondern innerhalb der Staaten selber, als Bürgerkriege, vor meist ethnischem oder religiösem Hintergrund. Die Vereinten Nationen greifen heute zunehmend ein, um Hungersnöte, Massenmigration und drohenden Genozid zu verhüten. Es ist also weiterhin zu erwarten, dass ver- mehrte „peace-keeping“-Einsätze zur Erhaltung des Frie- dens in verschiedenen Regionen notwendig werden. Un- ser gemeinsamer Antrag fordert deshalb auch zu Recht eine bessere personelle Ausstattung der Planungs- und Leitungsebene im UN-Sekretariat sowie Verbesserungen in der Finanzierung und Ausrüstung. Damit sollen die Voraussetzungen für schnelle und wirksame Friedensmis- sionen geschaffen werden. Diese Reform der Friedenssi- cherung dürfte in den nächsten Jahren zu einem wichtigen Prüfstein für die Reformfähigkeit der UN bzw. des Re- formwillens der Mitgliedstaaten werden. Außer der Be- reitschaft, mehr Geld in die UN-Friedenssicherung zu in- vestieren, ist dazu eine größere Bereitschaft der Mit- gliedstaaten erforderlich, qualifiziertes und gut ausgerüs- tetes Personal zur Verfügung zu stellen und sich selbst ausreichend in einer Konfliktregion zu engagieren. Die UN können nur dann erfolgreich wirken, wenn sie einge- bettet sind in ein Netzwerk politischer und wirtschaftli- cher Initiativen der Mitgliedstaaten. Denn die meisten Schwächen, die die Weltöffentlichkeit den VN anlastet, sind Ergebnisse der Politik der Mitgliedsstaaten, was am Beispiel der Friedenssicherung besonders gut demons- triert werden kann. Die Mitgliedstaaten müssen mehr Ver- antwortung zeigen. Am Beispiel Afrika, wo derzeit über 17 Konflikte herrschen, sehen wir, dass ein Misstrauen bzw. ein fehlender Friedenswille der Konfliktparteien die Regel ist, und damit können die VN nicht zielführend tätig werden. Die Konfliktparteien müssen stärker und ver- bindlicher an den Friedensgesprächen beteiligt werden, dann wären auch die Aufgaben für den Sicherheitsrat we- sentlich einfacher. Aber auch hier gilt: Friedensprävention und -erhaltung kosten Geld. Wenn wir als Deutsche mehr Engagement in den verschiedenen UN-Friedensmissionen bzw. Unteror- ganisationen in Krisengebieten fordern und erwarten, kommen wir selbst mittlerweile in eine Glaubwürdig- keitslücke, wie es der deutsche Botschafter bei den VN, Kastrup, uns gegenüber ausdrückte: Die Absenkung der freiwilligen Beiträge in Bereichen wie UNDP, UNICEF oder UNFPA um 50 bis 60 Prozent werden nicht nur als sehr bedauerlich angesehen, sondern haben auch eine Sig- nalwirkung auf die Zahlungsbereitschaft anderer Geber- länder. Die bevorstehende UNO-Aidskonferenz wird mit Sicherheit die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit verdeutlichen. Hierzu wird meine Kollegin Reinhardt im Zusammenhang mit ihrem vorgelegten Aidsantrag Aus- führungen machen. Bei den ganzen Reformen innerhalb der VN in den letzten Jahren bleibt die vermeintlich wichtigste bisher unberührt: die Reform des Sicherheitsrates. Alle Vor- schläge, darunter auch ein eventueller ständiger Sitz für die Bundesrepublik Deutschland, sind aufgrund der ver- schiedenen nationalen Interessen verschiedener Staaten blockiert worden. Dies ist für uns äußerst unbefriedigend. Auch innerhalb der EU sprechen wir nicht alle die gleiche Sprache und ich wage zu bezweifeln, ob Frankreich oder Großbritannien immer deutsche Interessen vertreten wür- den, wenn die Lösung so aussehen sollte, dass die jetzigen Vertreter zukünftig als Vertreter für Europa angesehen würden, um bei der Sitzverteilung Europa nicht noch ei- nen weiteren Sitz zukommen zu lassen. Auf der anderen Seite muss aber auch der Sicherheits- rat schneller und effizienter arbeiten, dafür ist eine bessere Logistik und mehr Transparenz innerhalb des Sicher- heitsrates notwendig. Aber leider – dies habe ich mehr- fach bei unserem Besuch in den USA im Mai gehört – hat sich in den letzten sieben Jahren der Diskussion über eine Reformierung des Sicherheitsrates nichts getan, weder über das Vetorecht noch über die Anzahl der Mitglieder sind ansatzweise Lösungen zu erkennen. Allein eine Er- höhung der Zahl der Mitglieder im Sicherheitsrat brächte jedoch auch keine Lösung, wenn das bisherige Vetorecht bestehen bliebe. Als letzten Punkt möchte ich noch kurz auf die Rolle der USA in der UNO eingehen. Bei unseren Gesprächen mit Kongressabgeordneten und Senatoren drängten die Amerikaner auf eine Intensivierung der deutsch-amerika- nischen Kontakte, da die USA eine zunehmend wach- sende Distanz der Europäer zu den Amerikanern in der Außenpolitik befürchten. Das negative Bild von US-Prä- sident Bush in den Medien macht es nur schlimmer. Es nützt meiner Meinung nach nichts, eine heimliche Freude darüber zu entfachen, dass die USA aus der VN-Men- schenrechtskommission und aus dem Drogen-Überwa- chungsgremium rausgewählt wurden. Die USA machen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17485 (C) (D) (A) (B) die EU dafür maßgeblich verantwortlich, insbesondere wenn jetzt Mitgliedstaaten in der Menschenrechtskom- mission sitzen, die selbst überwiegend massiv Menschen- rechte verletzen. Ich kann nur eines sagen: Wir brauchen die UNO und die UNO braucht die USA. Es hilft der UNO nicht, wenn die UNO-Skeptiker im amerikanischen Senat oder Kon- gress die Mehrheit haben. Es wird jetzt von den USA er- wartet, dass gemeinsam mit der EU für das nächste Jahr eine Lösung gefunden wird, damit die USAwieder einen Sitz in den genannten Gremien erhalten. Die Weigerung des amerikanischen Kongresses, wegen des Vorfalls 244 Millionen US-Dollar an die UNO zu zahlen, solange die USA nicht wieder in beide Gremien hineingewählt werden, zeigt die ganze Schwierigkeit der amerikani- schen UNO-Politik. Ich finde es wichtig, an dieser Stelle zu erwähnen, dass die US-Regierung für die Zahlung der UN-Beiträge den- noch geworben hat. Sie hat sich zu diesem Schritt ent- schieden, weil seit 1997 die Durchführung von UN-Frie- densmissionen und humanitären Hilfsaktionen gut gelaufen ist. Zum ersten Mal in der amerikanischen Ge- schichte werden die VN in einem Bericht an den amerika- nischen Senat im Mai 2000 lobend erwähnt. Zum ersten Mal erscheint es möglich, dass die Koordinationsfähigkeit des VN-Systems besser funktioniert und so soll es auch fortgeführt werden. Durch die erfolgreiche Arbeit der UNUPS wird deutlich, dass in vielen Bereichen zurzeit in über 30 VN-Kommissionen bessere Managementmittel eingesetzt werden. Deutschland muss und kann seinen Einfluss im US- Kongress verstärken, um die Interessen der VN vernünf- tig zu vertreten. Daher wäre es wünschenswert, wenn zukünftig die Beziehungen zwischen den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und den amerikanischen Kongressmitgliedern weiter intensiviert würden, was ein ausdrücklicher Wunsch von Kongressabgeordneten war. Als Ergebnis unserer Gespräche in Washington und New York hatte ich den Eindruck, dass uns ein großes Ver- trauen entgegengebracht wird. Dies sollten wir im gegen- seitigen Interesse verstärken und zukünftig solche Vor- kommnisse wie die Protokollaffäre vermeiden; denn diese war mit Sicherheit der dümmste Beitrag zur Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Es erwarten uns große Aufgaben für die zukünftige Politik der Vereinten Nationen. Dieser erste gemeinsame Antrag ist ein wichtiger Schritt für die gemeinsame VN- Politik, der auch bei den VN-Gremien mit großer Auf- merksamkeit zur Kenntnis genommen wird. Eine friedli- che Zukunft in der Welt sollte unser vorrangiges Ziel bleiben, wobei wir massive finanzielle Hindernisse und nationale Animositäten überwinden müssen. Zum Schluss möchte ich unserem langjährigen Vorsit- zenden des UAVereinte Nationen, Herrn Dr. Brecht dan- ken, der aus der großen Politik der VN in die Kommunal- politik wechseln wird. Es war stets eine gute Zusammen- arbeit im Unterausschuss Vereinte Nationen. Herr Kol- lege Dr. Brecht, Sie waren ein sehr angenehmer und kol- legialer Vorsitzender. Ich möchte Ihnen alles Gute für die Zukunft wünschen, verbunden mit dem dringenden Hin- weis, dass im Gemeinderat meistens undiplomatischer ge- handelt und entschieden wird als bei den Vereinten Natio- nen. Anlage 7 Zu Protokoll gegeben Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Tages- ordnungspunkt 24) Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Bereits An- fang des Jahres 2000 hatte die Regierungskoalition ange- sichts des unabweisbaren Konsolidierungsdrucks auf den Bundeshaushalt in einem beispiellosen Kraftakt einen er- mäßigten Mineralölsteuersatz in Höhe von 47 Pfennig auf landwirtschaftlich genutzte Kraftstoffe durchgesetzt. Nach den explosionsartigen Steigerungen der Rohöl- preise in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres und der massiven Subvention von Agrarkraftstoffen im be- nachbarten Ausland hatte die SPD-Arbeitsgruppe Finanz- politik bereits am 6. Dezember 2000 der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen empfohlen, die Mineralöl- steuer für Agrardiesel nochmals herabzusetzen und dabei die Unterglasbetriebe besonders zu berücksichtigen. Auch der Bundesrat schloss sich dieser Forderung an. Heute ist es soweit: Wie versprochen, so beschlossen: Wir senken die Mineralölsteuer auf den Liter Diesel für Land- wirte auf 50 Pfennig und befreien die Unterglasbetriebe, aber auch andere, wie zum Beispiel die Pilzzucht, von der Erdgasbesteuerung. Weswegen ist diese Maßnahme dringend erforderlich? Bereits vor der Ölpreisexplosion war die Wettbe- werbslage deutscher Landwirte schwierig: Die Einkom- menssituation hatte sich teilweise dramatisch verschlech- tert, im Durchschnitt des Jahres 1999 um 7,3 Prozent. Der Durchschnittsertrag eines Betriebes betrug nur noch 53 000 DM. Nur noch knapp die Hälfte aller Höfe, näm- lich 190 000, werden als Haupterwerbsquelle geführt. Die Einkommensentwicklung verlief je nach Ausrichtung der Betriebe sehr unterschiedlich. Während die Milchviehbe- triebe ihren Gewinn um 12,6 Prozent auf 57 800 DM er- höhen konnten, sind die Gewinne der Schweinemäster um 83,5 Prozent auf 10 800 DM im Schnitt zusammengebro- chen. Vor diesem Hintergrund wirken politisch Initiierte und unbestritten notwendige zusätzliche Belastungen be- sonders schwer. Die Auswirkungen der Agenda 2000 – unter der deutschen EU-Präsidentschaft gegenüber den ursprünglichen Befürchtungen stark gedämpft –, die Aus- wirkungen der Ökosteuerreform mit allein circa 900 Mil- lionen DM im Jahr 2003, Veränderungen in der Ein- kommensteuer: Alles zusammengerechnet müssen die Landwirte mit Belastungen von wenigstens 2,3 Milliar- den DM im Jahr 2003 rechnen. Damit gewinnen die Sor- gen der Landwirtschaft eine politische Dimension, mit der sich die Bundesregierung und jeder Abgeordnete ausei- nandersetzen muss. Eine wesentliche Entlastung soll die Einführung eines besonderen, niedrigen Steuersatzes auf Diesel bringen, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117486 (C) (D) (A) (B) der von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen verbraucht wird. Die EU lässt große Gestaltungsmöglichkeiten für die Kraftstoffbesteuerung in der Landwirtschaft zu, die von den meisten Ländern auch ausgenutzt werden. Le- diglich drei Länder, nämlich Griechenland, Österreich und Schweden haben keine Sonderregelung für die Land- wirtschaft. Zwei Länder, nämlich Deutschland und Däne- mark, erstatten die Mineralölsteuer den Landwirten zurück, Dänemark vollständig und Deutschland teilweise. Sechs Länder erlauben den Einsatz von Heizöl als Kraft- stoff in der Landwirtschaft, die übrigen vier Länder haben einen besonderen, ermäßigten Steuersatz auf Diesel für die Landwirtschaft. Sowohl das als Kraftstoff zugelassene Heizöl als auch der Agrardiesel sind in allen Ländern be- sonders eingefärbt, um Missbräuche zu vermeiden. Die Gasölbezugskosten für Landwirte sind in der EU sehr unterschiedlich. Deutschland liegt mit Griechenland, Österreich und Schweden in der Spitzengruppe mit Be- zugskosten von zwischen 1 DM und 1,20 DM. Darunter folgt Dänemark mit 20 Pfennig niedrigeren Bezugskosten als Deutschland. Schlusslichter sind Luxemburg, Groß- britannien und Belgien mit Bezugskosten um die 20 Pfen- nig. Durch die zusätzlichen Ökosteuersätze würden die Bezugskosten für deutsche Landwirte mit Abstand an die Spitze schnellen. Dass eine solche Spreizung unerträglich ist und zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führt, ist offensichtlich. Deswegen haben wir durch die Einführung des Agrardiesels seinerzeit mit 57 Pfennig Entlastung ge- schaffen. Entsprechend der dynamischen Steigerung der allge- meinen Mineralölsteuersätze durch die ökologische Steu- erreform steigt durch den besonderen Steuersatz für Agrardiesel die Entlastung für Landwirte im Jahr 2003 auf 35 Pfennig pro Liter und liegt dann um 5 Pfennig über der gegenwärtig geltenden Gasölverbilligung. Dabei ist besonders interessant, dass die bisherige Obergrenze von 3000 Litern im Jahr wegfällt, was für größere Betriebe, für Maschinenringe und für landwirtschaftliche Lohn- unternehmen eine frohe Botschaft ist. Die von der Opposition vorgetragene Alternative, Heizöl als Kraftstoff in der Landwirtschaft zuzulassen, würde den möglichen finanzwirtschaftlichen Rahmen für Erleichterungen in der Landwirtschaft sprengen. Sie wäre darüber hinaus ökologisch unerträglich, weil Heizöl bei weitem nicht die strengen Normen hinsichtlich des Schadstoffinhaltes erfüllen muss wie Kraftstoffe. Inzwischen hat sich die Lage weiter katastrophal ver- schlechtert. Nicht nur die Energiekosten sind explodiert, sondern BSE und MKS taten das Ihrige, die Landwirt- schaft an den Rand des Ruins zu treiben. Die Landwirte in Deutschland, die überwiegend nur noch Kleinsteinkommen erwirtschaften, und die durch subventionierte Energiepreise im europäischen Ausland strukturell benachteiligt werden, sind durch die Diesel- preise besonders existenziell betroffen. Seit der Diesel- preisexplosion haben sich die Sorgen und Ängste deutlich verstärkt. Wir hoffen, dass es gelingt, irgendwann in der EU zu einem Korridor für Agrardieselbesteuerung zu kommen. Viel Hoffnung habe ich nicht. Das, was heute geschieht, ist Steuerdumping in Reinkultur. Und mit der Konsequenz, dass sich das Tempo des Höfesterbens in Deutschland massiv beschleunigen wird. Frankreich hat angesichts der Energiepreiskrise eine weitere Senkung des Mineralölsteuersatzes um 6 Pfennig auf nur noch 5 Pfennig ab dem 1. Oktober 2000 beschlos- sen. Italien hat ebenfalls bereits eine weitere Senkung des Mineralölsteuersatzes für die Landwirtschaft um 6,5 Pfennig auf 16,5 Pfennig/Liter zum 3. Oktober 2000 beschlossen. Portugal reguliert den Einstandspreis für Diesel über flexible Steuersätze. Besonders schlimm dran sind die Gartenbaubetriebe, die unter Glas produzieren. Von den 53 000 Gartenbaube- trieben in Deutschland produzieren 14 000 hauptsächlich unter Glas. An diesen hängen 85 000 Arbeitsplätze. Diese Betriebe verbrauchen produktionsbedingt viel Wärme und erzeugen diese hauptsächlich mit Heizöl. Natürlich gibt es bereits etliche Unternehmen, die im Rahmen ihres Investitionszyklus auf Biomasse, Windenergie oder auch Sonnenenergie umgestellt haben oder aber die Holz ver- brennen. Aber die meisten werden von der Dieselpreis- krise kalt erwischt. Allein der Vergleich mit dem Haupt- wettbewerber, den Niederlanden, lohnt sich. Hier hat der Staat den Anschluss der meisten Unterglasbetriebe ans Gasnetz subventioniert und liefert derzeit Gas über die ehemalige staatliche Gasgesellschaft zu Sonderkonditio- nen. Während im Januar 1999 die Energiekosten für die Deutschen gegenüber den holländischen Wettbewerbern mit 37 Pfennig zu 22,69 Pfennig pro Liter „nur“ um 65 Prozent höher lagen, liegen sie im Herbst des Jah- res 2000 mit 106,66 Pfennig zu 33,97 Pfennig pro Liter um 215 Prozent höher. In Italien wird darüber beraten, für Zierpflanzen und Baumschulbetriebe den Mineralölsteu- ersatz je Liter Gasöl von 7,5 Pfennig pro Liter auf 3,75 Pfennig pro Liter zu senken. Für Gewächshäuser ist der Steuersatz bereits von zuvor 75 Pfennig pro Liter auf 3,75 Pfennig pro Liter gesenkt worden. Frankreich hat ei- gens ein Hilfsprogramm für Unterglasbetriebe in Höhe von 30 Millionen DM aufgelegt. Dagegen kann in Deutschland kein Betrieb anverdie- nen. Und wir müssen etwas machen. Deswegen freue ich mich, dass die deutschen Unterglasbetriebe an dem Ener- gieeffizienzprogramm der Bundesregierung, das im Rah- men des Zukunftsprogramms gestern angeschoben wurde und das ein Volumen von 50 Millionen DM ausmacht, teilnehmen dürfen. Damit wird die Umstellung weg vom Öl massiv erleichtert. Das alles aber reicht nicht aus. Deswegen mussten wir politisch verantwortlich reagieren und die Landwirtschaft durch die weitere Absenkung der Mineralölsteuer deut- lich entlasten, ebenso wie den Unterglasgartenbau, der durch die Befreiung von der Erdgassteuer wenigstens ei- nigermaßen Schritt halten kann mit seinen holländischen Mitbewerbern. Norbert Barthle (CDU/CSU): Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der die Absenkung des Steuersatzes auf in der Landwirtschaft verwendeten Dieselkraftstoff und die Vergütung der Mineralölsteuer auf Heizstoffe im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17487 (C) (D) (A) (B) Gewächshausanbau bzw. im Anbau in geschlossenen Kul- turräumen vorsieht. Absenkung von Steuersätzen und Abmilderung der ne- gativen Auswirkungen der Ökosteuer sind ja zunächst einmal lobenswerte Schritte. Das sollte sich die Bundes- regierung nicht nur für diesen Teilbereich, sondern für die gesamte Steuerpolitik zur Handlungsmaxime machen. Dann wäre uns in der derzeitigen wirtschaftlichen Situa- tion mit einem wegbrechenden Wirtschaftswachstum – von Furcht vor Rezession und Depression ist schon die Rede – und mit einer Inflationsrate von 3,6 Prozent viel geholfen. Deshalb will ich diesen Schritt in die richtige Richtung zunächst einmal loben. Wenn meine Fraktion dem Ge- setzentwurf dennoch nicht zustimmt, sondern sich der Stimme enthält, so hat dies den einfachen Grund, dass uns dieser Schritt zu klein ist, die Entlastungen die vorher vor- genommenen Belastungen nicht ausgleichen und Sie Ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Mit die- sem Gesetzentwurf springen Sie zu kurz; deshalb können wir nicht zustimmen. Im Übrigen ist dieser Gesetzentwurf ein weiterer Sargnagel für Ihre missratene Ökosteuer. Hier zeigt sich erneut der grundlegend falsche Ansatz die- ser „Abzock-Steuer“. Von der Landwirtschaft jetzt zu erwarten, dass sie an- gesichts dieser Vorbelastungen wegen der Verringerung des Steuersatzes jubelt oder sich für das „großzügige“ Ge- schenk bedanken soll, wäre wirklich des Guten zu viel verlangt. Die Landwirte haben nicht vergessen, dass sie wie keine andere Berufsgruppe von der Regierung Schröder abgestraft wurden. Und die unsägliche Rede des Bundeskanzlers beim Bauerntag 1999 in Cottbus wirkt bis heute nach. Seitdem wissen nicht nur die Landwirte bei mir zuhause in meinem Wahlkreis, wer ein Herz für sie hat. Natürlich begrüßt auch der Deutsche Bauernverband die Absenkung des Steuersatzes um sieben Pfennig auf 50 Pfennig pro Liter als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Beklagt werden aber gleichzeitig die immer noch extrem hohen Steuersätze im EU-Vergleich: fünf Pfennig zahlen französische Landwirte pro Liter, die dä- nischen Bauern zahlen überhaupt keine Steuern auf Agrardiesel. Das führt zu enormen Wettbewerbsnachtei- len. Und nicht vergessen haben unsere Landwirte, dass sie bis 1999 eine Steuer von 27 Pfennig pro Liter Diesel be- zahlt haben. Auch vor diesem Hintergrund verlieren die jetzt vorgesehenen 50 Pfennig pro Liter jeden Glanz. Ebenfalls nicht vergessen haben unsere Landwirte, dass ihnen der damalige Landwirtschaftsminister Funke noch im Oktober 2000 eine Absenkung auf 47 Pfennig pro Liter versprochen hat. Herr Funke genießt inzwischen sei- nen wohlverdienten Ruhestand und Frau Künast schickt das von der Regierung gegebene Versprechen gleich mit in den Ruhestand. Aber das kennt man ja von dieser Re- gierung zur Genüge: Versprochen – gebrochen! In Ihrem Gesetzentwurf rechnen Sie uns vor, dass es zu einer Gesamtentlastung von 202 Millionen DM kommt. Dabei sollten wir aber nie vergessen, dass es sich nicht um Geld handelt, das Sie der Landwirtschaft geben, sondern nur um eine Minderung dessen, was Sie der Landwirt- schaft insgesamt nehmen. 62 Millionen von den 202 Mil- lionen DM entfallen dabei auf den Gewächshausanbau, oder, genauer, auf die „geschlossenen Kulturräume“. Dass Sie dem Unterglasanbau entgegenkommen, ist zwar eine notwendige Geste, entspricht aber dennoch nicht dem ursprünglich gewollten und versprochenen Steuer- satz von 47 Pfennig für alle. Im Grunde genommen schla- gen die 62 Millionen DM Unterglasverbilligung mit drei Pfennig beim Steuersatz beim Diesel zu Buche. Der Steu- ersatz von 50 Pfennig finanziert das Geld für den Unter- glasbau. Das, meine Damen und Herren, ist das Prinzip „linke Tasche – rechte Tasche“. Die Entlastung für die ei- nen Landwirte müssen die anderen Landwirte finanzie- ren, so sieht’s aus! Dies ist ein weiterer Grund, weshalb wir diesem Gesetz nicht zustimmen können. Auch wenn ich das Entgegenkommen für die von den hohen Energiepreisen schwer gebeutelten Unterglasbe- triebe begrüße und respektiere, will ich auf einen weite- ren Punkt aufmerksam machen: Der Gesetzentwurf be- fristet diese teilweise Vergütung der Mineralölsteuer auf zwei Jahre. Diese Befristung orientiert sich an den er- mäßigten Gasbezugspreisen für den Gewächshausanbau bei den niederländischen Konkurrenten unserer Unter- glasbetriebe. Meine Fraktion fordert die Bundesregierung nachdrücklich auf, sich unverzüglich für gerechtere Wett- bewerbsbedingungen hinsichtlich der Gasölbezugskosten innerhalb der EU einzusetzen, und zwar vor Auslaufen dieser Befristung. Außerdem erwarten wir, dass die Bun- desregierung mit dem Auslaufen der mineralölsteuerli- chen Vergünstigung für den Gewächshausanbau zum 31. Dezember 2002 den Steuersatz für Agrardiesel we- nigstens auf 47 Pfennig pro Liter absenkt. Damit würde zumindest das Entlastungsvolumen von 202 Millio- nen DM über das Jahr 2002 hinaus erhalten, das anderen- falls ab 2003 auf 140 Millionen DM absinken würde. Die übrigen in den Ausschussberatungen vorgenom- menen Änderungen zum Gesetzentwurf belegen einmal mehr, dass Ihre Ökosteuer zu ständigen Kurskorrekturen und Nachbesserungen zwingt. Dabei haben die Ökosteuer im jetzigen Rechtszustand und die Verwendung der damit vereinnahmten Steuergelder mit ordnungspolitischem Lenken im eigentlichen Sinne ohnehin nichts zu tun. Al- lein deshalb war die Ökosteuer von Anfang an ein Vor- täuschen falscher Tatsachen. Ich wette mit Ihnen: Wenn mit der nächsten Ökosteuererhöhung die Preisspirale wie- der anzieht und die Benzinpreise nach oben treibt, dann wird nicht nur die Ökosteuer, dann wird auch dieses Ge- setz wieder auf den Prüfstand kommen. Denn weiter stei- gende Energiekosten verschärfen die ohnehin schon be- stehenden Wettbewerbsnachteile unserer Land- und Forstwirtschaft noch mehr. Weitere Belastungen aber können diesem für die Erhaltung unserer Kulturland- schaft, für die Erhaltung unserer Heimat mit ihrem typi- schen Landschaftsbild so wichtigen Berufsstand nicht zu- gemutet werden. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die endgültige Einführung des Agrardiesels ist ein Durch- bruch in der Agrarbesteuerung. Zum einen wird eine not- wendige Unterstützung der deutschen Landwirtschaft Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117488 (C) (D) (A) (B) endlich auf eine steuersystemkonforme und gerechte Ba- sis gestellt. Ein Agrardiesel, der von der Besteuerung her zwischen dem Treibstoff für stationären Verbrauch in der (Industrie-) Produktion und dem für Straßenverkehr liegt, ist eine längst überfällige Anpassung an die Realitäten. Die alte Rückerstattungsregelung „Gasölbeihilfe“ dage- gen hat sich als Dauerbrenner in den Haushaltsdiskussio- nen und als innovationshemmend auf die Entwicklung und den Einsatz alternativer Treibstoffe erwiesen. Gleichzeitig wird der Landwirtschaft in einer unge- rechten Wettbewerbssituation effektiv geholfen. Die EU- Nachbarländer subventionieren für ihre Landwirtschaft die Energiepreise massiv herunter. Das ist in einem ge- meinsamen Markt mit einheitlichen Erzeugerpreisen nicht länger hinzunehmen. Diese Bundesregierung geht daher – ganz im Gegensatz zu ihren Vorgängern – die eu- ropaweite Harmonisierung der Energiepreise auch in der Landwirtschaft energisch an. Und: Trotz eines konse- quenten Kurses der Haushaltskonsolidierung stellen wir für die Übergangszeit bis zur Harmonisierung erhebliche Mittel für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft bereit, in den nächsten drei Jah- ren allein 2,3 Milliarden DM für die Bereitstellung wett- bewerbsfähiger Energiekosten. Noch dramatischer als bei der Landwirtschaft ist die Wettbewerbsverzerrung beim Garten- bzw. Unterglasan- bau. Deshalb wird die Bundesregierung dem Garten- bzw. Unterglasanbau und der Speisepilzerzeugung in den nächsten drei Jahren die Heizölsteuer erlassen. Mit insge- samt 60 Millionen DM pro Jahr sollen die Energiekosten für den Unterglasanbau wettbewerbsfähiger gestaltet werden. Damit und mit den gleichzeitig angebotenen Energiesparprogrammen haben wir dazu beigetragen, dass der Gartenbau bei uns eine Zukunft hat. Zusammen mit den zusätzlichen Haushaltsmitteln ge- ben die Bundesregierung und insbesondere Ministerin Renate Künast und Minister Hans Eichel der Landwirt- schaft und ihrer zukunftsfähigen Entwicklung eine deut- liche Unterstützung. Im Gegensatz dazu macht sich die Opposition aus CDU/CSU und F.D.P. heute in dieser Debatte restlos un- glaubwürdig. Zunächst haben sie zwei Jahrzehnte lang in der Regierungsverantwortung die immer größer werden- de Wettbewerbsverzerrung verschuldet. Energiepreissub- vention für Energiepreissubvention der Nachbarn wurde von CDU/CSU und F.D.P. ratifiziert und der Bundeshaus- halt ohne Rücksicht auf die Folgen geplündert. Heute schreien sie, die deutsche Landwirtschaft müsste mit viel mehr Geld unterstützt werden, und lehnen nicht nur die notwendige grundsätzliche Neuorientierung der Agrarför- derung, sondern sogar den Antrag zur Herabsetzung des Steuersatzes für Agrardiesel ab, wie in dieser Woche im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- wirtschaft geschehen. So viel Heuchelei wird ihnen si- cherlich bei den Bauern viele Freunde einbringen. Marita Sehn (F.D.P.): Wahrscheinlich ist sich Frau Höfken nicht einmal bewusst, wie Recht sie mit dem Satz hat: „Die Landwirte sind für die Koalition die Träger der Energiewende.“ Die einzige echte Energiewende, die ich bislang erkennen kann, ist die zu immer höheren und wett- bewerbsverzerrenden Kraftstoffpreisen für die Landwirt- schaft. Und als ob die gestiegenen Rohstoffpreise nicht schon Sparanreiz genug wären, setzt die Regierung mit der Ökosteuer noch einen oben drauf. Die Landwirte, die bereits die Agrarwende tragen – oder sollte ich sagen: ertragen –, sind nun auch noch Träger der Energiewende. Beide Wenden gleichen sich zumindest in einer Beziehung: Sie kosten die deutsche Landwirtschaft sehr viel Geld. Wenn Frau Höfken dann noch betont, dass die Regierung eine ökonomisch lebens- fähige Landwirtschaft will, dann ist das zumindest in die- sem Zusammenhang bestenfalls Zynismus. Die Regierungskoalition bejammert unisono die unter- schiedlichen Wettbewerbsbedingungen in Europa. Frau Wright stöhnt: „Wir sind doch nicht auf einem Basar, wo ein ,Wer bietet weniger’ ein geeignetes Instru- ment europäischer Politik ist.“ Ist Frau Wright in dersel- ben Partei wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsi- dent Wolfgang Clement? Herr Clement hat anscheinend weniger Probleme mit einem „Wettbewerb der Regionen bzw. Länder“. Ein wesentliches Merkmal des Wettbewer- bes ist nun einmal das „Wer bietet mehr“? bzw. „Wer bie- tet die besseren Produktionsbedingungen?“ Die finanzi- elle Belastung der Unternehmen ist dabei nun einmal ein ganz zentraler Punkt in diesem Wettbewerb. Natürlich, wenn man unter Wirtschaftspolitik vor al- lem Reformen à la Betriebsverfassungsgesetz versteht, wird es einem nie gelingen, die Wirtschaft wettbewerbs- fähig zu machen. Wenn die Bundesregierung ein Problem damit hat, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Wirtschaft eine faire Chance hat, in diesem Wettbe- werb zu bestehen, dann ist dies allerdings ein Grund zum Klagen. Frau Westrich hat in ihrer Rede zur ersten Lesung da- rauf hingewiesen, dass die Unterglasbetriebe froh darüber sind, nicht am Subventionstropf hängen zu müssen. Glaubt Frau Westrich denn wirklich, dass es für die Land- wirte ein Vergnügen ist, bei der Regierung um Unterstüt- zung zu bitten, insbesondere wenn diese zunächst großzü- gig versprochen wird und dann nur teilweise und auch noch verspätet eingehalten wird? Man kann es der Koali- tion gar nicht oft genug sagen: Bei der Agrardieselbe- steuerung geht es nicht darum, der Landwirtschaft Geld zu geben, sondern ihr weniger zu nehmen. Unsere Landwirte stehen im Wettbewerb und sie wol- len sich diesem auch stellen. Aber ein echter Wettbewerb ist nur gegeben, wenn die gleichen Regeln gelten. Während die Landwirte in einigen Ländern sprinten dürfen, müssen unsere Hürdenlaufen. Die Regierung stellt dabei ständig neue Hürden auf: Ökosteuer, 630- Mark-Gesetz, Reduktion der Mittel für die Gemein- schaftsaufgabe Küstenschutz, Modulation, Lückenindi- kation, Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Die Liste ist endlos. Frau Höfken hat eine absolute intellektuelle Glanzleis- tung vollbracht, indem sie erklärt hat: Der Agrardiesel ist etwas billiger als der normale Kraftstoff, da die Land- wirte mit ihren Traktoren die Straßen auch nur ein wenig Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17489 (C) (D) (A) (B) benutzen. Dies zeigt zumindest eines: Es sind schon veri- table geistige Klimmzüge nötig, um diese Agrardieselre- gelung zu rechtfertigen. Die geistigen Verrenkungen zur Rechtfertigung Ihrer Regelung überlassen wir Ihnen. Wir sagen klipp und klar: Wer die ganze Hand verspricht, kann nicht nur den klei- nen Finger reichen. Der jetzt vorgeschlagene Steuersatz von 50 Pfennigen pro Liter ist ein Feigenblatt, welches bei weitem nicht ausreicht, die Blöße dieser Regierung zu be- decken. Wir Liberale machen da nicht mit und lehnen des- halb den Gesetzentwurf ab. Kersten Naumann (PDS): Die in der ersten Lesung des vorliegenden Änderungsgesetzentwurfes zu Protokoll gegebenen Reden habe ich aufmerksam gelesen. Das reizte mich schon, heute meinen Standpunkt zu einigen Aussagen darzulegen. An die Kollegin Heidi Wrigth gerichtet: Ich bin ein- verstanden, dass eine höhere Mineralölsteuer als in den Vorjahren den verstärkten Einsatz von biogenen Treib- und Schmierstoffen stimulieren wird. Dafür hat jede ver- antwortliche Politik – mit Blick auf die Nutzung endlicher Ressourcen sowie ökologische und ökonomische Kreis- läufe – zu sorgen. Allerdings halte ich die Aussage, dass der Biodiesel mit einem erreichten Volumen von 400 000 Tonnen „boomt“, für reichlich übertrieben. Die absolute Zahl klingt zwar gewaltig, dennoch stehen wir erst am Anfang dieser neuen Entwicklung. Mit 400 000 Tonnen hat der Biodiesel bei einem Diesel-Jah- resverbrauch der deutschen Landwirtschaft von 2 Milliar- den Litern einen Anteil von lediglich 0,02 Prozent. Erinnern will ich daran, dass ich mich in der ersten Be- ratung des Agrardieselgesetzes im vergangenen Oktober gegen die populistische Forderung des Bundesfachaus- schusses Agrarpolitik der CDU nach einem Mineralöl- steuersatz von 12 Pfennigen je Liter gewandt habe. Eine Entsprechung dieser Forderung, die mit der Sicherung der Chancengleichheit der deutschen Landwirte im europä- ischen Wettbewerb begründet wurde, hätte doch jeden Ansatz in Richtung alternativer Energieträger erstickt und so den Landwirten die Zukunftschance, sich auch als Energiewirt zu profilieren, genommen. Auch wäre das kein Beitrag zum Aufbrechen der immer noch tief ver- wurzelten Subventionsmentalität gewesen. Zu einer komplexen Betrachtung gehört natürlich, die Einkommenssituation der Landwirte, die eng mit der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft auf dem EU- Binnenmarkt verknüpft ist, im Blick zu haben. Deshalb wollte die PDS-Fraktion durch den Änderungsantrag zum Entwurf des Agrardieselgesetzes erreichen, dass höchs- tens 47 statt 57 Pfennig im Gesetz festgeschrieben wer- den, also eine Reduzierung um mindestens 10 statt der jetzt vorgesehenen 7 Pfennig je Liter. Ich erkenne an, dass die Koalitionäre schließlich doch noch über ihren Schatten gesprungen sind. Was Ihnen jedoch höchst peinlich sein sollte, ist die Art und Weise, wie Sie die 7 Pfennig politisch verkaufen. Da ist von „Absenkung“ die Rede, was zwar formal – in Be- zug auf das Gesetz – stimmt. Real aber kommt für die Landwirte ein „Anstieg“ und damit eine höhere Kosten- belastung heraus. Der erhebliche Anstieg gegenüber den Vorjahren wird nur verringert. Versuchen Sie also nicht länger, der Öffentlichkeit ein X für eine U vorzumachen. Die entscheidende Frage ist, ob die 7 Pfennig ausrei- chen werden, oder – ob nicht doch aus Wettbewerbs- und Einkommensgründen – eine weitere Korrektur erforder- lich werden könnte. Mir scheint eine solche vorprogram- miert, insbesondere weil derzeit keine tatsächlich sub- stanzielle Initiative der Bundesregierung – und erst recht keine aussichtsreiche – zur Harmonisierung der Steuer- politik erkennbar ist. Zumindest hätte ich es etwas konkreter, was die Aus- sage zur ersten Lesung betrifft, nach der die Bundesregie- rung sich „unmissverständlich und vehement dafür ein- setzt, dass es endlich zu einer Harmonisierung der Energiebesteuerung in der EU kommt“. Für den wahrscheinlichen Fall, dass keine rasche EU- weite Steuerharmonisierung zustande kommt, mahne ich an, dass die Bundesratsforderung aufgegriffen wird, die nach zwei Jahren im Bereich des Gewächshausanbaus frei werdenden 60 Millionen DM aus der teilweisen Vergü- tung der Mineralölsteuer für Heizöl und Erdgas für einen weiteren Absenkungsschritt beim Agrardiesel – von 3 auf 47 Pfennig je Liter – zu verwenden. Da der PDS-Fraktion die Änderung nicht weit genug geht, werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres und zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres (Tagesordnungspunkt 25) Marlene Rupprecht (SPD): Seit vielen Jahren besteht für junge Menschen, die sich bewusst für andere Men- schen oder für die Umwelt einsetzen wollen, die Mög- lichkeit, ein so genanntes freiwilliges soziales Jahr, ein freiwilliges ökologisches Jahr oder einen freiwilligen Dienst im europäischen Ausland abzuleisten. Junge Menschen zwischen dem 17. bzw. dem 16. und dem 27. Lebensjahr können einen Freiwilligendienst für zwölf Monate – mindestens sechs Monate – absolvieren. Sie erhalten in dieser Zeit von den Trägern – zum Beispiel in Bayern: Arbeiterwohlfahrt, BRK, Berufliches Fortbil- dungszentrum der Bayerischen Arbeitgeberverbände, der DPWV evangelische Jungendsozialarbeit, Internationaler Bund für Sozialarbeit, Katholische Landesarbeitsgemein- schaft freiwilliges soziales Jahr, Lebenshilfe für geistig Behinderte, Malteser Hilfsdienst, oberdeutsche Provinz SJ, Jeusuit European Volunteers usw. – ein Taschengeld, Unterkunft und Verpflegung. Ihre Sozialversicherungs- beiträge wie Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung wer- den von den Trägern übernommen. Außerdem bleibt für Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117490 (C) (D) (A) (B) die Dauer des freiwilligen Dienstes der grundsätzliche Anspruch auf Kindergeld erhalten. Die Idee des sozialen Jahres wurde 1954 aus der Not geboren: Es herrschte Lehrstellenmangel für Jugendliche und gleichzeitig großer Personalmangel in den pflegeri- schen und sozialen Einrichtungen der Bundesrepublik. Der Aufruf der Diakonie, ein Jahr des Lebens für andere zu opfern, wurde nach und nach von vielen Wohlfahrts- verbänden übernommen. Im Zuge des stetig steigenden Zuspruchs verabschiedete der Bundestag 1964 das Gesetz zur Förderung des freiwilligen sozialen Jahres. Es gibt die steuerrechtlichen und finanziellen Rahmen- bedingungen vor, regelt die möglichen Einsatzfelder und legt außerdem alle Träger verbindlich darauf fest, eine pädagogische Begleitung durchzuführen. Im Kinder- und Jugendplan finden diese gesetzlichen Regelungen ihre fördertechnische Umsetzung, auch für das seit 1993 be- stehende freiwillige ökologische Jahr. Das BMFSFJ hat für das Jahr 2001 21,7 Millionen DM dafür in den Haus- halt eingestellt. In all den Jahren wurden die freiwilligen Dienste stark nachgefragt und von den Teilnehmerinnen, es sind über- wiegend Mädchen, die ein FSJ oder FÖJ machen, als sehr positive Lebenserfahrung wahrgenommen. So hat sich die Zahl der Jugendlichen von 7 100 in Jahr 1993 auf rund 13 000 im Jahr 1999 erhöht. Der vorgelegte Antrag stößt mit seinen Forderungen genau in die im Folgenden festzustellende Lücke des be- stehenden Systems: Die an den Programmen teilnehmenden Jugendlichen sind fast ausschließlich Abiturienten; junge Menschen mit Hauptschulabschluss gibt es faktisch nicht in den Freiwil- ligendiensten. Ursache für das Fehlen dieser jugendlichen Gruppe ist aber nicht ein Desinteresse an diesen Pro- grammen, sondern die gesetzlich vorgeschriebene Min- destaltersgrenze. Der vorliegende Antrag erfüllt mit sei- ner Forderung, den Zugang zu den Freiwilligendiensten nicht an eine Altersgrenze zu binden, sondern diese Al- tersgrenze durch den Begriff „nach Erfüllung der Voll- zeitschulpflicht“ zu ersetzen unser Anliegen, die Dienste für alle Jugendlichen zu öffnen. Auch die zweite Forderung des Antrags, den Bereich der Freiwilligendienste auch auf Israel auszudehnen, kann im Grunde bejaht werden. Wir haben festgestellt, dass im- mer mehr junge Menschen auch in außereuropäischen Ländern Freiwilligendienste erbringen wollen, die ge- setzlichen Rahmenbedingungen dies aber nicht zulassen. Die Bundesregierung arbeitet zurzeit an einer Überar- beitung der Freiwilligengesetze und wird die Vorschläge des Bundesratsentwurfs mit einarbeiten. Die Eckpunkte dieser Novelle beinhalten eine Ausweitung der Aufga- benfelder, die geforderte Altersabsenkung und die räum- liche Ausdehnung auf außereuropäische Länder. Mit die- sen Maßnahme sollen gleichzeitig mehr Stellen für Freiwilligendienste geschaffen werden. Es ist unbestritten, dass freiwilliges soziales und öko- logisches Engagement zur persönlichen Entwicklung der teilnehmenden Jugendlichen beiträgt. Sie kann ebenfalls zur Berufsfindung und -orientierung beitragen. In einer Welt, in der Verantwortungsbewusstsein, Offenheit und Flexibilität zur Lebensbewältigung und auch zur Lebens- qualität beitragen, kann ein freiwilliger Dienst – auch im Ausland – die „beste Schule fürs Leben“ sein. Im Jahr des Ehrenamtes bekommt eine Novelle des Freiwilligengesetzes eine weitere wichtige Dimension: Eine Bürgergesellschaft braucht engagierte junge Men- schen. Wir wollen ihnen mit einer Reform der Gesetze die richtigen Rahmenbedingungen für den Einstieg ins Ehren- amt schaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf wird in der Novelle seine entsprechende Berücksichtigung finden. Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Zukunft unseres Landes und unserer Demokratie wird wesentlich davon abhängen, ob sich eine lebendige Zivil- gesellschaft entwickelt. Freiwilliges Engagement ist Teil des „sozialen Kitts“, der die Gesellschaft zusammenhält. Dies gilt gerade für das Engagement junger Menschen im Freiwilligendienst. Im Internationalen Jahr der Freiwilligen ist die Verbes- serung der Rahmenbedingungen für freiwilliges Engage- ment angesagt. Das werden meine Fraktion und die Kol- leginnen und Kollegen der SPD mit der Novellierung der FSJ- und FÖJ-Gesetzgebung umsetzen. Es gab für das freiwillige soziale und ökologische Jahr in der Vergangenheit mindestens doppelt bis dreifach so viele Bewerbungen junger Menschen, die sich bundes- weit oder international engagieren wollen, wie Plätze vor- handen sind. Auch wenn die Zahlen aktuell leicht gesun- ken sind, sollten wir gerade dies zum Anlass nehmen, um freiwilliges Engagement attraktiver zu machen. Wir werden deshalb mit der Novellierung die Auswei- tung der Tätigkeitsfelder, die Internationalisierung sowie eine Verbesserung der sozialen und rechtlichen Absiche- rung im Freiwilligendienst umsetzen. Wir werden die po- sitiven Vorschläge des Bundesrates hier aufnehmen. Meine Fraktion begrüßt den Antrag; wir wollen aber mehr. Freiwilligendienste sind keine Arbeitsdienste; Freiwil- ligendienste sind und bleiben Lerndienste. Alles andere hätte aus jugendpolitischer Sicht nachhaltig negative Konsequenzen. Bündnis 90/Die Grünen lehnen es deshalb ab, Jugend- lichen im Namen des Gemeinwohls das Gefühl zu geben, als „billige Arbeitskraft“ oder eben als „sozialer Ausfall- bürge“ missbraucht worden zu sein. Ich denke, das kann keine Partei in diesem Hause wollen. Grundlage für meine Fraktion ist der Lerncharakter des freiwilligen Jahres. Für uns steht fest, dass Jugendliche nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht bis zu ihrem 27. Lebensjahr in sozialen und ökologischen Bereichen ein sozial abgesichertes freiwilliges Jahr machen können. Wir wollen aber auch eine Öffnung für Tätigkeitsfelder im Bereich Kultur und Sport und wir wollen einen Freiwilli- genstatus. Eine grundsätzliche Novelle ist schon deshalb wichtig, da wir die soziale Absicherung von jungen Frauen und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17491 (C) (D) (A) (B) Männern im Ausland verbessern wollen. Für Freiwillige im In- und Ausland gilt auch, dass das Kindergeld weiter bezahlt wird. Um die Erfahrungen und Kompetenzen, die Jugendli- che im freiwilligen Jahr sammeln, auch formal verwend- bar zu machen, wollen wir ein Zertifikat, das ihre Arbeit dokumentiert. Freiwilliges Engagement bedeutet für viele Jugendliche eben auch praktische Erfahrung und Orien- tierung bei der späteren Berufswahl zu sammeln. Die Chancen des freiwilligen Engagements im Aus- land haben auch für uns im Inland eine sehr große und wichtige Bedeutung. Gerade die Erfahrungen der jungen Menschen in der Erinnerungsarbeit sind wichtig im Kampf gegen Rechtsradikalismus. Junge Menschen, die – wie bei Aktion Sühnezeichen – mit Holocaust-Überle- benden arbeiten oder wichtige Aufgaben in Gedenkstätten übernehmen, die in interkulturellen Einrichtungen in Is- rael, in Polen oder in der Tschechischen Republik arbeiten, leisten mit ihrem Freiwilligendienst einen entscheidenden Beitrag zur Demokratisierung unserer Gesellschaft und zur Völkerverständigung insgesamt. Die Vorlage des Bundesrates möchte ich aber auch zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass es nicht nur bei warmen Worten der Länder zur Förderung der Freiwilli- gendienste bleiben darf. Bund und Länder finanzieren die Dienste. Wollen wir also wirklich etwas zur Ausweitung der Freiwilligendiens- te tun, müssen wir auch bereit sein, mehr Geld zur Verfü- gung zu stellen. Dieses Geld wäre gut investiert: inves- tiert in die Stärkung der Zivilgesellschaft und investiert in die Erweiterung der persönlichen, aber auch beruflichen Perspektiven junger Menschen. Klaus Haupt (F.D.P): Das Jahr 2001 ist von den Ver- einten Nationen zum Jahr der Freiwilligen ausgerufen worden. In Deutschland ist die Bereitschaft zum freiwil- ligen Engagement in großem Maße vorhanden. Ohne eh- renamtlichen oder freiwilligen Einsatz der Menschen in unserem Land ist unsere Gesellschaft nicht lebensfähig. Auch die Demokratie lebt von der freiwilligen Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger. Besonders wichtig ist dabei das Engagement der jun- gen Menschen. Sie sind bereit, sich sozial und ökologisch zu engagieren, wenn sie dabei das Gefühl haben, etwas Sinnvolles und Erfolgversprechendes zu tun. Für die ge- setzlich geregelten Freiwilligendienste gibt es mehr Be- werber als freie Stellen. Die Zahl der geförderten Jugend- lichen hat sich in den letzten acht Jahren fast verdoppelt. Die F.D.P. begrüßt, dass nun mit der vorliegenden Bun- desratsinitiative zwei Kritikpunkte an der bisherigen Ge- setzgebung zum freiwilligen sozialen bzw. ökologischen Jahr ausgeräumt werden: Einerseits wird die Altersgrenze vereinheitlicht und auf die Dauer der Vollzeitschulpflicht abgestimmt. Das ermöglicht auch Hauptschülern, unmit- telbar im Anschluss an die Schule ein solches Freiwilliges Jahr abzuleisten. Wir meinen, dass gerade Jugendliche mit Hauptschulabschluss verstärkt die Chance haben soll- ten, sich – auch im Ausland – sozial zu engagieren. Ge- rade für die weniger privilegierten Jugendlichen ist dies eine Möglichkeit, Solidarität, Toleranz, Selbstbewusst- sein und Eigeninitiative zu trainieren. Das andere durch die vorliegende Initiative bewältigte Problem ist, dass die Ableistung eines solchen Jahres auch in Israel ermöglicht wird. Bisher ist dies nur im europä- ischen Ausland möglich. Beide Forderungen finden un- sere Unterstützung. Das alleine reicht jedoch nicht. Es muss ein umfassendes Gesetz zur Regelung der Freiwilligendienste folgen. Die F.D.P. bedauert deshalb, dass die Bundesregierung mit der Vorlage eines Referen- tenentwurfs noch nicht weiter vorangekommen ist. So- wohl die verhaltene Stellungnahme zum vorliegenden Bundesratsentwurf als auch zur Kleinen Anfrage meiner Fraktion zum Thema Freiwillige Dienste klingen durch- aus vage. Gerade die Freiwilligendienste im Ausland sind aber nicht einfach über das Freiwillige soziale bzw. ökologi- sche Jahr allein zu regeln, sondern finden derzeit Grund- lagen auch zum Beispiel im Zivildienstgesetz. Zivildienst und freiwillige soziale Dienste dürfen aber nicht ver- mischt werden. Hier halten wir Liberalen ein grundlegen- des Gesetz zu den Freiwilligen Diensten für angezeigt, dass den unterschiedlichen Bedürfnissen in den verschie- denen Diensten differenziert gerecht wird. Es sollte auch die soziale Absicherung regeln, darf aber keinesfalls zur Sozialversicherungspflicht führen. Denn: Freiwillige sind keine Arbeitnehmer. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihren für dieses Jahr versprochenen Referentenentwurf möglichst bald vorzulegen. Lassen Sie uns gemeinsam alles tun, um das freiwillige Engagement von Jugendlichen zu unter- stützen und zu fördern! Sabine Jünger (PDS): Die Probleme der Freiwilli- gendienste sind seit langem bekannt. Wir alle warten da- her seit geraumer Zeit auf das angekündigte Freiwilligen- gesetz, das die verschiedenen Dienste einheitlich regelt und vor allem die Situation der jugendlichen Teilnehme- rinnen und Teilnehmer verbessert. Leider legt die Bun- desregierung außer leeren Versprechungen und gelegent- lichen Pressemitteilungen zum Jahr der Freiwilligen nichts vor. Wer Freiwilligendienste wirklich stärken will, der sollte das nicht nur bei jeder Gelegenheit laut sagen, son- dern dem auch entsprechende Taten folgen lassen. Aktu- ell fährt der Zug hinter den Kulissen jedoch in die völlig entgegengesetzte Richtung. Die Bundesjugendministerin Frau Dr. Bergmann und ihr Ministerium fordern in der Öf- fentlichkeit immer wieder, dass mehr Haupt- und Real- schülerinnen und -schüler an den Freiwilligendiensten teilnehmen sollen. Das gleiche Ministerium hat unlängst eine Verfügung erlassen, die bereits ab 1. September die- ses Jahres die Bedienungen für die gesetzlich festgelegte pädagogische Betreuung der Freiwilligen im ökologi- schen Jahr verschlechtert. Ab dann soll eine pädagogische Fachkraft nicht mehr wie bisher 35 Jugendliche betreuen, sondern 40 (vierzig!). Wie um alles in der Welt wollen Sie denn unter diesen Bedingungen 15- oder 16-jährigen so- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117492 (C) (D) (A) (B) zial benachteiligten Jugendlichen in den Kursen gerecht werden? Aber es kommt ja noch dicker: Bestätigten Informatio- nen zufolge denkt die Bundesregierung derzeit darüber nach, die Zuschüsse für die Seminare im freiwilligen öko- logischen Jahr von 280 DM pro Teilnehmerin um über die Hälfte auf 130 DM zu kürzen. Damit hat sich die Bil- dungsarbeit ohnehin quasi erledigt, weil die Trägerver- eine keine angemessenen Tagungsräume mehr finanzie- ren können. Es ist doch nicht damit getan, einfach die Grenzen für das Zugangsalter zu den freiwilligen Jahren zu senken, wie es auch der Bundesrat im vorliegenden Gesetzent- wurf beabsichtigt. Je jünger die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind und je kürzer ihre Schulbildung, desto mehr Gewicht liegt doch auf der pädagogischen Beglei- tung. Das freiwillige soziale Jahr und das freiwillige öko- logische Jahr sind ein Bildungsangebot für Jugendliche. Den jungen Freiwilligen werden hier wichtige soziale Er- fahrungen vermittelt. Gleichzeitig leisten sie der Gesell- schaft mit ihrer Arbeit einen großen Dienst. Sie haben es nicht verdient, dass man ihr Engagement kaputtspart oder dass sie als Manövriermasse wahlweise die Lücken in un- serem sozialen Netz stopfen sollen oder die Statistiken der Jugendarbeitslosigkeit schönen, weil sie ein Jahr lang dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang wende ich mich ausdrücklich gegen die geplante Verlängerung der Höchstdauer des freiwilligen ökologischen Jahres auf 18 Monate. Ein jugendpoliti- sches Programm soll Jugendliche befähigen und nicht parken! Die Diskussion um die Neuregelung der Freiwilligen- dienste tobt ja nun seit einiger Zeit und in ihrem Verlauf werden immer neue Begehrlichkeiten laut. Ich fordere die Bundesregierung deshalb nachdrücklich auf, jetzt endlich ein Gesetz vorzulegen, das diese Dienste stärkt und die beteiligten Jugendlichen materiell und sozial deutlich besser stellt. Dr. Friedhelm Repnik, Minister (Baden-Württem- berg): Die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft hängt entscheiden davon ab, ob es gelingt, den Bürgerinnen und Bürgern klar zu machen, dass der Staat nicht alles für sie richten kann. Im Gegenteil: Unserem föderalen Staatssys- tem liegt das Prinzip der „Subsidiarität“ zu Grunde. Das bedeutet vereinfacht gesagt: so viel Eigenverantwortung wie möglich und nur so viel Staat wie nötig. Unsere Ge- sellschaft ist angesichts der anstehenden sozialen und de- mographischen Herausforderungen ohne den aktiven Ein- satz ihrer Bürgerinnen und Bürger für das Gemeinwohl in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht zukunfts- fähig. Das heißt aber auch auf Seiten der Politik den Men- schen Mitwirkungsmöglichkeiten zu geben, Gestaltungs- spielräume zu eröffnen und Verantwortung zu übertragen. Den jungen Menschen wird durch Wehr-, Zivil- und Freiwilligendienste bewusst, dass eine funktionierende Gesellschaft mehr ist als die Summe aller Individuen. Jedes Jahr leisten alleine in Baden-Württemberg über 15 000 junge Männer ihren Zivildienst und knapp 2 300 junge Menschen ihr freiwilliges soziales und öko- logisches Jahr in Bereichen ab, in denen sie sonst ver- mutlich nie gearbeitet hätten. Viele lernen Schattenseiten des Lebens kennen. Sie arbeiten mit Menschen, die sie sonst möglicherweise gar nicht wirklich wahrgenommen hätten. Bei all dem erleben sie Hoffnungen, Erfolge und Freude genau so wie Enttäuschungen, Rückschläge und Trauer. Sie engagieren sich in konkreten Projekten für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Ich bin fest überzeugt, dass diese Dienste prägenden Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen haben. Da- rauf sollte eine Gesellschaft nicht verzichten. Viele junge Menschen engagieren sich nach ihrem Zivildienst oder freiwilligen Jahr weiter oder ergreifen sogar einen Beruf im sozialen Bereich. Angesichts des Fachkräftebedarfs in den Pflegeberufen ist dies ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt. Ich sehe deshalb die Gefahr, dass mit der derzeitigen Aushöhlung von Wehr- und Ersatzdienst dieses gesell- schaftliche Engagement schwindet. Einer zunehmenden Individualisierung muss jedoch gegengesteuert werden. Wir dürfen nicht reduziert werden auf eine „Spaßgesell- schaft“, in der alte, kranke und behinderte Menschen aus der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet werden. Daher müssen wir vollkommen unvoreingenommen prüfen, ob bei einer weiteren Erosion von Wehr- und Zi- vildienst nicht die Einführung eines verpflichtenden Ge- sellschaftsjahres eine Alternative bieten könnte. Hierzu habe ich die dazu notwendige Diskussion auf Landes- ebene bereits angestoßen: Natürlich müssen wir die viel- fach geäußerten Bedenken gegen ein Pflichtjahr, z. B. die verfassungsrechtlichen Fragen, ernst nehmen. Anderer- seits gilt es aber auch den Nutzen zu verdeutlichen. In der konkreten Ausgestaltung geht es darum, gerechte Lösun- gen zu finden. Es gilt zum Beispiel die unterschiedlichen Lebenssituationen junger Frauen und Männer zu berück- sichtigen. Eine kurzfristige Realisierung ist daher nicht zu erwarten. Dennoch sollten wir den Mut zu einer unvor- eingenommenen öffentlichen Diskussion haben. Zunächst müssen wir uns aber auf diejenigen Bereiche konzentrieren, in denen es uns bereits heute möglich ist, erste konkrete Schritte zur Verbesserung der Rahmenbe- dingungen für freiwilliges soziales Engagement in die Wege zu leiten. Baden-Württemberg ist da auf einem guten Weg. Al- lein in den letzten fünf Jahren haben wir gemeinsam mit Landkreisen, Städten und Gemeinden ein Landesnetz- werk zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements aufgebaut. Auf kommunaler Ebene fördern wir Anlauf- stellen für bürgerschaftliches Engagement, örtliche und überörtliche Kooperationsprojekte sowie Schulungen und Fortbildungsangebote. Erfolgreich sind wir dann, wenn wir auch die Genera- tion der Jugend erreichen. Das freiwillige soziale Jahr wie auch das vor zehn Jahren eingeführte freiwillige ökologi- sche Jahr sind für mich sozialpolitisch wichtige Instru- mente. Die Jugend erhält die Chance, hautnah zu erleben, dass das Leben weder im virtuellen Raum des Internets stattfindet noch sich auf rein ökonomische Größen wie Konsum, berufliche Karriere und globalen Wettbewerb reduzieren lässt. Ich kann mir kaum einen besseren Weg Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17493 (C) (D) (A) (B) vorstellen, die Werteordnung in unserer Gesellschaft zu vermitteln, weil sie so unmittelbar erlebbar wird. Jeder fünfte Teilnehmer am FSJ kommt aus Ba- den-Württemberg. Darauf sind wir stolz. Andererseits ist die Zahl von 2 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchaus noch ausbaufähig. Bei noch genauerer Be- trachtung stellen wir nicht nur fest, dass die Mehrzahl junge Frauen sind, sondern sich überwiegend Abiturien- tinnen um einen FSJ-Platz bewerben. Meine Ziele sind: Erstens noch mehr Jugendliche für ein FSJ/FÖJ zu be- geistern, zweitens die faktisch vorhandene Exklusivität des Programms für Abiturienten aufzubrechen und drit- tens das Angebot an FSJ-Stellen auszuweiten und zu ver- breitern. Die von der Baden-Württembergischen Landesregie- rung eingebrachte Bundesratsinitiative zielt darauf ab, die Zugangsvoraussetzungen zur Teilnahme am FSJ/FÖJ zu erleichtern. Jeder Jugendliche und junge Erwachsene, der dazu bereit ist, soll die Chance zur Teilnahme an diesem Programm bekommen. Kern der Ihnen vorliegenden Ge- setzesinitiative ist es daher, das Mindestalter für das FSJ und FÖJ de facto um ein Jahr herabzusetzen. Damit kön- nen auch Haupt- und Realschüler nach Ableistung ihrer Vollzeitschulpflicht verstärkt von dem Programm ange- sprochen werden. Gerade Hauptschüler – aber auch Realschüler – stecken mit 17 Jahren häufig mitten in der Ausbildung. Da wäre ein Abbruch für das freiwillige soziale Jahr unsinnig. FSJ und auch FÖJ setzen aber genau in der Phase zwi- schen Schulabschluss und Berufsausbildung an. Jugend- liche erhalten damit die Möglichkeit, die Zeit der Lehrstellen- oder Studienplatzsuche sinnvoll zu nutzen. Das FSJ kann einen wichtigen Beitrag in der für junge Menschen oft schwierigen Phase der beruflichen Orien- tierung leisten. Neben der praktischen Arbeit mit und für Menschen bietet das FSJ begleitende Bildungsseminare sowie eine pädagogische Betreuung. Das FSJ ermöglicht so in der Praxis soziales Lernen, stärkt die soziale Kom- petenz der Teilnehmer und verbessert dadurch auch die berufliche Zukunftsperspektive. In vielen Gesprächen mit Vertretern der Industrie höre ich, dass den jungen Men- schen, ob Auszubildende oder nach dem Studienab- schluss, das fehlende Fachwissen im Beruf vermittelt werden kann. Über Defizite wird dagegen im Bereich der sozialen Kompetenz und der Teamfähigkeit geklagt. Neben der Gesetzinitiative werden wir in Baden-Würt- temberg gemeinsam mit unseren Partnern nach Wegen su- chen, das freiwillige soziale Jahr noch attraktiver auszuge- stalten. Dazu gehört, die Einsatzbereiche zu überdenken und die mit dem Engagement verbundene Anerkennung zu steigern. So könnte ich mir beispielsweise vorstellen, dass die Absolvierung eines FSJ auch bei der Arbeitssuche zu einem Qualifikationsmerkmal wird. Darüber hinaus wird auch der Staat Israel als Einsatzort zugelassen, um auch auf diesem Weg zur Völkerverstän- digung beizutragen. Um es Einrichtungen und Verbänden noch schmackhafter zu machen, auch geeignete Stellen anzubieten, hatte ich außerdem vorgeschlagen, die jetzt noch sehr starren Regeln für die begleitenden Bildungs- seminare zu flexibilisieren. Leider ist der Bundesrat die- sem Vorschlag mehrheitlich nicht gefolgt. Trotzdem freue ich mich sehr, dass es im Bundesrat über die Parteigren- zen hinweg möglich war, diese Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen. Ich hoffe, dass auch der Deutsche Bun- destag in gleicher Weise dieser guten Sache seine Zu- stimmung erteilen kann. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes und ande- rer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 27) Rüdiger Veit (SPD): Zu der im PDS-Antrag ange- sprochenen Aufenthaltspflicht für Asylbewerber gäbe es vieles und auch Differenziertes zu sagen. Ich will nicht einmal ausschließen, dass eine differenzierte Betrach- tungsweise auch zu Gesetzesänderungen führen kann oder sollte. In der von der PDS vorgeschlagenen undiffe- renzierten Form wird jedoch eine Rechtsänderung des Asylverfahrensgesetzes von der SPD-Fraktion im Deut- schen Bundestag nicht mitgetragen werden. Richtigerweise wird in der Begründung des Antrages zwar kritisch allzu enges, um nicht zu sagen, gelegentlich möglicherweise sogar willkürliches Verwaltungshandeln angesprochen. Dass es auch anders und sinnvoll geht, so wie es im § 58 Abs. 6 Asyl VG vorgesehen ist, zeigt das al- les in allem praxisbezogene Verwaltungshandeln in einigen Bundesländern. Dort wird von der gesetzlichen Möglich- keit Gebrauch gemacht, die Aufenthaltsbeschränkungen für Asylbewerber eben nicht nur auf die jeweilige Kom- mune bzw. den jeweiligen Landkreis zu beschränken, son- dern auf größere Gebiete. Damit entfällt dann weitestgehend das in der Tat verwaltungsaufwendige Genehmigungs- verfahren, und die Gefahr, sich bei Verstößen gegen die Aufenthaltspflicht strafbar zu machen, ist demgemäß auch für die Asylbewerber gering. So hat beispielsweise Hessen den zulässigen Aufent- haltbereich auf den jeweiligen Regierungsbezirk ausge- dehnt, Rheinland-Pfalz erlaubt den Aufenthalt in einem Gebiet, das den früheren Regierungsbezirken entspricht, Nordrhein-Westfalen hat durch Runderlass ebenfalls die Regierungsbezirke als regionale Begrenzung gewählt und in Bremen ist der Aufenthalt auch in den angrenzenden Landkreisen Niedersachsens erlaubt. Das heißt im Übrigen: Diejenigen Bundesländer, die eine flexiblere und weniger verwaltungsaufwendige Lö- sung wollen, haben von dieser gesetzlichen Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht, und es steht keinesfalls zu er- warten, dass die anderen Bundesländer, die dies eben an- ders sehen, einer entsprechenden Rechtsänderung im Bundesrat zustimmen würden. Aus den genannten Gründen wird es wohl auch nach der heutigen zur Debatte stehenden Überweisung des PDS-Antrages und nach den Beratungen im Innenaus- schuss zu einem anderen Ergebnis nicht kommen können. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117494 (C) (D) (A) (B) Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU): Der von der PDS vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asyl- verfahrensgesetzes und anderer Vorschriften ist ein typi- scher PDS-Antrag. Er geht an der Realität vorbei und ist darauf angelegt, die Zuwanderung nach Deutschland zu erhöhen. Aber was will man von der PDS auch anderes er- warten als solche Anträge, die an die Substanz und das Selbstverständnis Deutschlands gehen? Es gibt natürlich sehr viel schlimmere Beispiele, aber dies hier ist ein wei- teres Mosaiksteinchen. Denn machen wir uns nichts vor: Würde dieser Gesetzentwurf umgesetzt, würde er gerade bei denen, die sich zu Unrecht auf politisches Asyl in Deutschland berufen wollen, ein völlig falsches Signal setzen. Weshalb kommen so viele Armuts- und Wirtschafts- flüchtlinge nach Deutschland? Weshalb haben 85 Prozent von denen, die nach Deutschland flüchten und sich auf po- litisches Asyl berufen, tatsächlich keinen Anspruch darauf? Es liegt daran, dass Deutschland mit seinem Sozialleis- tungssystem und seinen Aufenthaltsregelungen während des Asylverfahrens, auch wenn letztlich dann doch kein Anspruch auf Asyl besteht, eine Spitzenposition in Europa einnimmt. Die nach dem derzeitigen Asylverfahrensgesetz gel- tende räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgestattung für Asylsuchende während der Dauer des Asylverfahrens kommt schließlich nicht von ungefähr. Die Bestimmungen sind im Zuge der Asylrechtsreform, des Asylkompromis- ses des Jahres 1993, eingefügt worden. Sie gehörten zu ei- nem Gesamtkonzept von Regelungen mit restriktivem Charakter, die der Beschleunigung des Asylverfahrens die- nen, gleichzeitig aber auch abschreckend auf potenzielle Wirtschaftsflüchtlinge wirken sollen. Die gesetzlich ange- ordnete räumliche Beschränkung des Aufenthalts geht ur- sprünglich aber sogar noch weiter zurück. Ich weiß, jetzt kommt wieder der Vorhalt, dann sei es Zeit, das zu ändern. Aber Bewährtes ändert man nicht. Man ändert nur das, was der Änderung wirklich bedarf. Einer Änderung bedarf – und darüber sind sich ja wohl alle Parteien in diesem Hause einig – die Frage der Be- grenzung und der Steuerung der Zuwanderung. Wir müs- sen das Ausländerrecht völlig überarbeiten. CDU und CSU haben dazu bereits ein entsprechendes Gesamtkon- zept vorgelegt, das wir auch hier im Bundestag einbringen und diskutieren werden. Wir warten allerdings auch noch darauf, dass die Bundesregierung bzw. die Regierungsko- alition endlich ebenfalls ihre Vorstellungen für die Ge- staltung der Zuwanderung in den künftigen Jahren vorle- gen. Bisher haben wir leider noch nichts gesehen. Es ist deshalb müßig, über den PDS-Antrag, der heute auf dem Tisch liegt, zu sprechen. Zum einen geht er in die falsche Richtung, er dient nämlich in keiner Weise der Be- grenzung der Zuwanderung. Zum anderen gehören Ände- rungen in ein Gesamtkonzept, in ein gesetzliches Maß- nahmepaket, das alle Fragen des Ausländerrechts, des Asylrechts, der Zuwanderung nach Deutschland, auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, umfasst. In ein solches Konzept gehören zuallererst Maßnah- men, mit denen die ungeregelte Zuwanderung nach Deutschland eingedämmt und reduziert wird. Nach unse- ren Vorstellungen kann man das zunächst auch ohne eine Grundgesetzänderung versuchen. Ich gehe allerdings da- von aus, dass einfachgesetzliche Regelungen zur Verfah- rensbeschleunigung, zur schnelleren Beendigung des un- rechtmäßigen Aufenthalts und auch zur Ausgestaltung des Asylverfahrens im Ergebnis nicht viel bringen werden. Nur mit einer Umwandlung des Grundrechts auf Asyl in eine institutionelle Garantie und einer gleichzeitigen Än- derung der Rechtswegegarantie werden letztlich mess- bare Erfolge zu erzielen sein. Nur so wird es möglich sein, zu einer deutlichen Reduzierung des Asylmissbrauchs zu kommen. Dennoch bin ich bereit, den Versuch mitzutra- gen, mit Änderungen unterhalb des Grundgesetzes die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Die von der PDS beantragte Gesetzesänderung ist falsch und würde nur Nachteile bringen. Es ist deshalb nicht angezeigt, sich sehr intensiv damit auseinander zu setzen. Sehr notwen- dig ist es aber, sich mit einem umfassenden Konzept zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung auseinan- der zu setzen. Jedwede Diskussion um Teiländerungen ist deshalb momentan fehl am Platz. Änderungen müssen in ein Gesamtkonzept eingestellt werden, über das wir hier intensiv zu beraten haben werden. Gleichzeitig sage ich aber auch, dass bewährte Regelungen wie zum Beispiel die räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylbe- werbern in dem neuen, umfassenden Regelwerk auch wieder aufgenommen bzw. beibehalten werden müssen. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die sogenannte Residenzpflicht für Asylbewerbe- rinnen und Asylbewerber stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit dar. Diese Tatsache und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Flüchtlinge mahnt meine Fraktion bereits seit Jahren an. Lassen Sie mich kurz ausführen, wie sich die räumli- chen Beschränkungen im Alltag der Flüchtling auswir- ken. Der Aufenthalt der Asylantragsteller ist räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem die für die Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt, be- schränkt. Grundsätzlich erlaubt ist das Verlassen des Auf- enthaltsbereichs für Termine bei Behörden und Gerichten, wenn das persönliche Erscheinen erforderlich ist. Für Termine bei Rechtsanwälten, dem UNHCR der Betreu- ungsorganisationen soll die Erlaubnis erteilt werden. Das vorübergehende Verlassen des Aufenthaltsbereichs ist auch aus anderen Gründen möglich, bedarf aber einer ge- sonderten Erlaubnis. In der Regel ist die Ausländer- behörde zuständig. Sie kann Erlaubnisse erteilen, wenn ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe dies erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte darstellen würde. Wer wiederholt ge- gen eine Aufenthaltsbeschränkung verstößt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe be- straft. Da sich die meisten Asylverfahren Monate und Jahre hinziehen, bedeutet dies für die Flüchtlinge, dass jeder Besuch bei Verwandten, Freunden, selbst jeder Arztbe- such vorher von der zuständigen Ausländerbehörde ge- nehmigt werden muss, wenn der Landkreis oder Bezirk Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17495 (C) (D) (A) (B) verlassen werden muss. Um einen Antrag bei der Auslän- derbehörde zu stellen, müssen die Flüchtlinge in der Re- gel längere Wege zurücklegen, die sie oft nur mit öffent- lichen Verkehrsmitteln bewältigen können. Für diese Anreise entstehen Kosten, die die Flüchtlinge kaum noch aufbringen können, da sie lediglich über ein monatliches Taschengeld von 80 DM verfügen. Nicht unerwähnt blei- ben soll auch die unwürdige Praxis einzelner Ausländer- behörden, für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung Gebühren zu erheben. Die Residenzpflicht in der oben genannten Form schränkt das Recht auf Bewegungsfreiheit und das Recht auf politische Beteiligung unverhältnismäßig ein. Sie wird – auch vonseiten der Gerichte – gerechtfertigt mit der besseren Verteilung öffentlicher Lasten und der bes- seren Erreichbarkeit im Asylverfahren. Ein vorüberge- hender Eingriff in die Bewegungsfreiheit während der ersten Wochen des Aufenthalts, wenn die Mehrzahl der Behördentermine abzuwickeln sind, ist eventuell noch ge- rade zu rechtfertigen. Für die gesamte Dauer des Asylver- fahrens erscheint dies aber unverhältnismäßig. Eine ge- rechte Verteilung der Belastung der Kommunen und Länder durch die Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden ist keine hinreichende Begründung, um einen solchen Eingriff zu rechtfertigen. Hierfür sollte zunächst geprüft werden, andere Mittel, etwa finanzielle Ausgleichszahlungen, möglich sind. Unabhängig davon ist die Frage der strafrechtlichen Sanktionierung zu bewerten. Sie führt zur Straffälligkeit bei Taten, die nur Ausländer begehen können. Darüber hi- naus ist das Strafrecht kein angemessenes Mittel, um die Residenzpflicht durchzusetzen. Gegenbeispiel ist das Wohnortzuweisungsgesetz, dem Aussiedler unterliegen. Auch hier geht es darum, zwischen Ländern und Kom- munen einen Lastenausgleich bei den sozialen Kosten der Aussiedleraufnahme zu erreichen. Eine strafrechtliche Sanktionierung beinhaltet dieses Gesetz aber nicht. Zur Durchsetzung reicht es hier aus, dass die dem Gesetz un- terliegenden Aussiedler ihre Sozialhilfe nur an dem Ort erhalten können, dem sie zugewiesen sind. Der vorlie- gende Entwurf der PDS-Fraktion zur Gesetzesänderung bietet daher gute Anregungen für die weiteren parlamen- tarischen Beratungen. Dr. Max Stadler (F.D.P.): Am 4. Juli 2001 wird die Süssmuth-Kommission ihren Abschlußbericht der Öf- fentlichkeit vorstellen. Dies ist eine entscheidende Zäsur für die Neuordnung der deutschen Politik in den Berei- chen Zuwanderung, Ausländer- und Asylrecht. Die F.D.P. hält es daher für richtig, bis dahin keine Entscheidungen in Detailfragen mehr zu treffen, sondern diesen Politikbe- reich mit einem Gesamtkonzept neu zu gestalten. Dennoch liegen dem Bundestag in letzter Zeit ver- schiedene Initiativen zur Änderung etwa auch asylverfah- rensrechtlicher Vorschriften vor. Nach unserer Meinung sollten all diese Detailregelungen jetzt nicht abschließend behandelt werden. Dies gilt auch für den Gesetzentwurf der PDS, der die Aufhebung der räumlichen Aufenthalts- beschränkung zum Ziel hat. Jedoch gibt dieser Entwurf Anlass für die Feststellung, dass auch die FDP diese Auf- enthaltsbeschränkung zunehmend kritisch sieht. Sie ist im Jahr 1982 eingeführt worden. Damals wollte die sozial-liberale Koalition freilich nur vorübergehend für Asylbewerber eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde vornehmen; beabsichtigt war, den Aufenthalt für das gesamte Bundesland, in dem der Asylbewerber Aufnahme fand, zu gestatten. Hierzu ist es jedoch in einem Vermittlungsverfahren nicht gekom- men. Vielmehr wurde die heute noch gültige, engere Ge- setzesfassung beschlossen, die in der Folgezeit bei den je- weiligen Änderungen im Asylrecht nicht mehr angetastet worden ist. Es stellt sich aber die Frage, ob die Einschränkung der Freizügigkeit von Asylbewerbern noch zeitgemäß ist. Der Verwaltungs- und Kontrollaufwand ist groß. Demgegen- über wird der eigentliche Zweck der Vorschrift, nämlich für eine raschere Durchführung von Asylverfahren zu sor- gen, nicht sonderlich gefördert. Es könnte sehr wohl bei der Wohnortzuweisung blei- ben und dennoch gleichzeitig die Aufenthaltsbeschrän- kung gelockert werden. Denkbar wäre, nur die länger als eine Woche andauernde Entfernung vom Wohnort erlaub- nispflichtig zu machen. Damit wäre der Verwaltungsauf- wand, der jetzt bei kürzeren Reisen von Asylbewerbern erforderlich ist, vermieden. Organisationen wie UNHCR, Amnesty International, DRK und das Kommissariat der Katholischen Bischöfe haben sich daher schon in den 80er Jahren dafür ausge- sprochen, dass jedenfalls die kurzfristige Abwesenheit vom Aufenthaltsort straffrei bleiben sollte. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die F.D.P.- Fraktion dafür eintritt, Asylbewerbern sofort eine Arbeits- erlaubnis zu erteilen. In vielen Fällen erfordert die Auf- nahme einer Arbeit jedoch eine gewisse Mobilität. Damit lässt sich die derzeit geltende starre Aufenthaltsbeschrän- kung schwerlich vereinbaren. Ulla Jelpke (PDS): „Residenzpflicht“ ist ein Begriff aus dem alltäglichen Leben von Flüchtlingen in Deutsch- land. Asylsuchende werden für die Dauer des Anerken- nungsverfahrens einer Kommune zugewiesen. Den Be- reich der für sie zuständigen Ausländerbehörde dürfen sie in der Regel nur dann verlassen, wenn sie vorher eine ent- sprechende Genehmigung eingeholt haben. Jeder Besuch bei Familienangehörigen, Verwandten oder Freunden, jede Teilnahme an einer Veranstaltung oder Demonstra- tion, jeder Diskothekenbesuch und jeder Schulausflug oder jede Klassenfahrt muss, wenn dabei der Bezirk der Ausländerbehörde verlassen wird, vorher genehmigt wer- den. Dabei ist die Praxis der einzelnen Ausländerbehör- den sehr unterschiedlich: Was der eine Sachbearbeiter ge- nehmigt, wird vom anderen Sachbearbeiter abgelehnt. Wer sich ohne Genehmigung außerhalb des Bezirks „sei- ner“ Ausländerbehörde aufhält, verstößt damit gegen das Gesetz. Beim ersten Mal ist es „nur“ eine Ordnungswid- rigkeit, die allerdings mit einer Geldbuße bis zu 5 000 DM geahndet werden kann. Im Wiederholungsfall stellt der Verstoß gegen die „Residenzpflicht“ sogar eine Straftat Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117496 (C) (D) (A) (B) dar. Diese kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer entsprechenden Geldstrafe bestraft werden. Es handelt sich hierbei also um eine typische „Auslän- derstraftat“, nämlich um ein Vergehen, das ein Deutscher gar nicht begehen kann. Deutsche können sich im Bun- desgebiet frei bewegen, ihren Aufenthaltsort frei wählen. Ausländer, die nicht angeworbene Informatik-Spezialis- ten, sondern vor Verfolgung Schutz suchende Menschen sind, dürfen dies nicht. Auch dies bläht die Kriminalstatis- tik zulasten von Ausländerinnen und Ausländern auf. Allerdings war die Bundesregierung, wie sie in ihrer Antwort auf eine von mir initiierte Kleine Anfrage mit- teilte, nicht in der Lage, genaue Zahlen zu nennen. Aber einige Angaben lassen wenigstens die Größenordnung ah- nen: Nach der Statistik des Bundesgrenzschutzes über dessen grenz- und bahnpolizeiliche Tätigkeit wurden bei Aufgriffen, die nicht direkt an der Grenze, sondern im Landesinnern erfolgten, im Jahre 1999 insgesamt 7 100 Straftaten sowie 6 001 Ordnungswidrigkeiten gegen das Asylverfahrensgesetz registriert; im Jahre 2000 waren es 6 823 Straftaten und 7 648 Ordnungswidrigkeiten. Erfah- rungsgemäß dürfte ein erheblicher Teil davon Verstöße gegen die „Residenzpflicht“ betreffen. Da werden also Hunderte von Menschen kriminalisiert und mit Verfahren überzogen, weil sie ein ureigenes Menschenrecht ausüben wollten, nämlich sich innerhalb eines Landes frei zu be- wegen. Die „Residenzpflicht“ wird von den Betroffenen zu Recht als unverhältnismäßige Beschränkung ihrer Bewe- gungsfreiheit empfunden. Auch wenn die – rötlich- grüne! – Bundesregierung wie ihre Vorgängerin behaup- tet, die „räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylbewerbern dient der zügigen Durchführung des Ver- fahrens und stellt keine Diskriminierung der betroffenen Personen dar“, ist es doch richtig, dass kein Asylverfah- ren dadurch schneller abläuft, dass man den Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit raubt. Richtig ist doch auch, dass nur Ausländer dieser „Residenzpflicht“ unterliegen und nicht ein einziger Deutscher. Das ist eine geradezu klassi- sche Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit. Die PDS-Bundestagsfraktion hat die Forderungen der Flüchtlinge und der Hilfsorganisationen aufgenommen und einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der einschlägi- gen Bestimmungen eingebracht. Der Gesetzentwurf sieht vor allem die Streichung der §§ 56 bis 59 des Asylverfah- rensgesetzes wie auch der entsprechenden Straf- und Ord- nungswidrigkeitsregelungen vor. Damit beenden wir die grundlose Kriminalisierung von Menschen, das faktische „Wegsperren“ während des Asylverfahrens. Lassen Sie uns gemeinsam diese Relikte staatlichen Rassismus be- seitigen! In fantasievollen Aktionen haben Flüchtlinge und deut- sche Unterstützerinnen und Unterstützer gegen die rassis- tische Residenzpflicht protestiert. Den Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darf ich ins Gedächtnis rufen: Auch viele Mitglieder Ihrer Par- tei waren dabei. Ihr Landesverband Berlin hat gefordert: Bewegungsfreiheit für alle! Ich bin gespannt darauf, wie Sie sich hier im Deutschen Bundestag zu dieser Forde- rung verhalten werden. Lassen Sie mich gerade in diesem Zusammenhang noch kurz auf einen weiteren Gesetzentwurf eingehen: Ausgerechnet die beiden rot-grün regierten Bundesländer Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben im Bundesrat dafür gesorgt, dass die Länderkammer einen Gesetzent- wurf beschlossen hat, mit dem die „Residenzpflicht“ auf weitere Gruppen ausgeweitet werden soll. Die Bewe- gungsfreiheit soll nicht nur für Asylsuchende, sondern auch für all diejenigen Ausländerinnen und Ausländer eingeschränkt werden, die keine förmliche Aufenthalts- genehmigung besitzen. Gemeint sind vor allem Men- schen, die eine „Duldung“ haben, weil sie nicht abge- schoben werden können. Der Bundesrat begründet dies offiziell damit, dass die „Aufnahmelast“ gleichmäßig auf die Länder und Kom- munen verteilt werden solle. Verschwiegen wird: Das geht auch ohne Hin- und Her-Karren von Menschen. Die Kosten für Unterbringung und Versorgung könnten bun- desweit ausgeglichen werden. Dafür gibt es sogar schon ein Vorbild im Bundessozialhilfegesetz: In § 108 wird ein Lastenausgleich unter den Sozialhilfeträgern geregelt. Diese Bestimmung bräuchte man nur auf Ausländerinnen und Ausländer ohne Aufenthaltsstatus auszuweiten. Noch einmal: Lassen Sie uns für die Interessen der Flüchtlinge handeln und die „Residenzpflicht“ endlich abschaffen! Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektro- nischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Ge- schäftsverkehr-Gesetz – EGG) (Tagesordnungs- punkt 28) Hubertus Heil (SPD): Deutschland ist ein Land, das, für die Anforderungen des elektronischen Geschäftsver- kehrs im 21. Jahrhundert gut gerüstet ist. Die informati- onstechnischen Bedürfnisse der so genannten „New Eco- nomy“ und die der so genannten „Old Economy“ wachsen immer weiter zu einer „Whole Economy“ zusammen und laufen lange schon nicht mehr nur parallel oder gar ent- gegengesetzt. Die Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion sehen die veränderten Bedürfnisse, die durch das Internet Einzug in die Geschäftswelt halten, und reagieren darauf mit tief greifenden Reformen. Unter anderem mussten und müssen wir unser Zivil- und Prozessrecht sowie die Steuergesetzgebung weiterentwickeln. Wir schaffen also einen soliden und flexiblen neuen Ordnungsrahmen. Das uns heute vorliegende Gesetz ist dafür ein zentraler Re- formschritt. In punkto Internetwirtschaft können wir für Deutsch- land heute erfreulicherweise feststellen: Erstens. Die technische und die rechtliche Infrastruktur für die Wirt- schaft werden immer besser. Zweitens. Das Know-how und die Zahl der Fachleute wachsen ständig. Drittens. Die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17497 (C) (D) (A) (B) Zahl der Haushalte mit Internetzugang hat die höchsten Zuwachsraten und steigt ständig weiter. Immer mehr Menschen entdecken das Medium Inter- net und ihr Interesse dafür. Sowohl im Business-to-Busi- ness als auch im Business-to-Customer-Bereich wächst die Anzahl und die Bandbreite der Transaktionen ständig. Die Konsolidierungen am neuen Markt haben ein neues Zeitalter für das Internet als Marktplatz eingeleitet. Die Kindertage des neuen Mediums sind vorbei. Man könnte sagen: Der Ernst des Lebens im Internet hat be- gonnen. Das mag in vielerlei Hinsicht hart sein, aber es ist auch eine unvergleichliche Chance. Heute träumt nie- mand in der Branche mehr von Millionenbeträgen im Handumdrehen. Umso mehr werden die tatsächlichen und längerfristigen Wertschöpfungspotenziale der digitalen Ökonomie deutlich. Für den erwachsenen Marktplatz Internet passen wir nun die gesetzlichen Rahmenbedingungen an die speziel- len Anforderungen des Mediums an. Ein ganzer Katalog von Reformen und Veränderungen wurde in Angriff ge- nommen. Einige Neuerungen sind bereits erfolgreich um- gesetzt, andere werden zügig vorbereitet. Die E-Com- merce-Richtlinie der EU ist in dieser Reihe sicherlich einer der tragenden Bausteine. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie im Gesetz über rechtliche Rahmenbedin- gungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, EGG, in deutsches Recht, unternehmen die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag einen wichtigen Schritt nach vorn. Mit dieser Richtlinie werden die innereuropäischen Regelungen für Dienstleistungen, die auf elektronischem Wege angeboten werden, angeglichen. Damit werden die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des E-Commerce auf allen Ebenen für Anbieter und Ver- braucher gleichermaßen geschaffen, gesichert und verein- heitlicht.Von den Veränderungen durch die Umsetzung dieser EU-Richtlinie in deutsches Recht sind das Tele- dienstedatenschutzgesetz und die Zivilprozessordung be- troffen. Wichtigster Eckpfeiler der neuen Regelung ist das so genannte Herkunftslandprinzip. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass prinzipiell das deutsche Recht für deutsche Anbieter im E-Commerce zum Tragen kommt. Agieren deutsche Anbieter auf europäischen Märkten, kann im Einzelfall das ausländische Recht angewandt werden, so- fern es für den deutschen Anbieter günstiger ist. Auf jeden Fall gilt für alle Beteiligten, dass keine Bestimmung des internationalen Rechts zum Tragen kommt, die mehr for- dert als die entsprechende deutsche Bestimmung. Damit schaffen wir optimale Wettbewerbsbedingungen für un- sere Unternehmen durch verlässliche Rechtssicherheit, ohne dass die Beschränkung des Herkunftslandsprinzips in Kauf genommen werden müssen. Eine uneinge- schränkte Umsetzung dieses Prinzips könnte nämlich zur Folge haben, dass deutsche Anbieter im Ausland mehr Einschränkungen unterliegen, als ihre ausländischen Mit- bewerber auf dem gleichen Markt. Wenn unterschiedliche rechtliche Maßstäbe auf einem Markt angewendet wer- den, lassen sich Ungerechtigkeiten im Wettbewerb nicht vermeiden. Eine solche Benachteiligung kann nicht in deutschem Interesse sein, aber auch nicht in europä- ischem. Schließlich sollen rechtliche Rahmenbedingun- gen nicht zum Standort- und Konkurrenzfaktor innerhalb der EU werden. Gleichzeitig ist eine einfache Regelung wichtig. Schließlich ist nicht jedes Unternehmen, dass das Internet nutzt, automatisch auch international aktiv. Darüber hinaus wird ein weiterer, wichtiger Faktor des E-Commerce abgedeckt. Der Handel im Internet be- schränkt sich nicht auf materielle Güter und Versandhandel. Beim Stichwort E-Commerce denken viele noch immer ausschließlich an Online Buchläden und Großhandels- plattformen. Ein anderes Gut, das schon jetzt das Internet prägt und es zukünftig ökonomisch bestimmen wird, ist die Information. Das Internet ist eine multimediale Platt- form und ein Informationsmedium. Die Ware Information muss anderen Regelungen und Bestimmungen unterlie- gen als Konsumgüter und Handelswaren. Die Vermark- tung von redaktionell aufbereiteten Informationen im In- ternet hat eine große Zukunft. In diesem Jahr fand die erste Fachmesse für Streaming-Media statt und fernseh- verwandte Informationsdienste auf Basis des Internets sind nur eine Frage der Zeit. Der Entwurf des EGG geht auf diese zukünftigen An- forderungen ein und bereitet die rechtliche Basis dafür vor. Der Regierungsentwurf zum Elektronischer Geschäfts- verkehr-Gesetz basiert auf dem deutschen Teledienstege- setz, TDG, das prägender Faktor für die EU-Richtlinie des EGG war. Das TDG ist in Deutschland eng mit dem Me- diendienste-Staatsvertrag verbunden, der die Kompetenzen der Landesmedienanstalten regelt. Durch diese Verknüp- fung fallen mediale Angebote im Internet künftig klarer un- ter die Mediengesetzgebung. Durch die Zuständigkeit der Länder für den Rundfunk ist eine Änderung auf Länder- ebene des Mediendienste-Staatsvertrags notwendig. Die- ser Änderungs-Staatsvertrag ist wort- und inhaltsgleich mit den Änderungen zum Teledienstegesetz. Beides tritt zeitgleich in Kraft und stellt so eine einheitliche Umset- zung und Einhaltung bestehenden Rechts sicher. Es ist zu erwarten, dass der E-Commerce durch die verbesserten rechtlichen und gesetzlichen Bedingungen einen weiteren deutlichen Aufschwung erfährt. Besonders der Punkt der verbindlichen Rechtssicherheit ist entscheidend, um das geleistete Vorschussvertrauen in das neue Medium schnell und solide zu unterfüttern. Der Regierungsentwurf zum Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäfts- verkehr ist ein wichtiger Baustein im Programm der Bun- desregierung zur Schaffung optimaler Voraussetzungen für den E-Commerce. Zusammen mit anderen Baustei- nen, wie dem elektronischen Signaturgesetz und der Ab- schaffung des Rabattgesetzes, werden die Signale für die digitale Ökonomie im 21. Jahrhundert weiter auf Grün ge- stellt. Wir werden an einer Reihe von Details an diesem Gesetz im Zuge der Ausschussberatungen sicherlich noch zu arbeiten haben. Wir werden dabei von unserem parla- mentarischen Recht einer Anhörung Gebrauch machen, um im Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft den vor- liegenden Entwurf so zu qualifizieren, dass er optimal den Anforderungen an Flexibilität und Rechtssicherheit ent- spricht. Das ist gut für die wirtschaftliche Entwicklung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117498 (C) (D) (A) (B) und damit gut für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ich setzte dabei auf eine konstruktive Arbeit aller Frak- tionen in diesem Hause. Andrea Fischer (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem heute in erster Lesung zu beratenen Ge- setzentwurf über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr legt die Bundesregie- rung ein weiteres Kernstück ihres neuen Rechtsrahmens für die Internetökonomie vor. Der Gesetzentwurf zielt auf Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für die Inter- netwirtschaft im europäischen Binnenmarkt, auf effizi- ente Verbraucherschutzbestimmungen sowie auf einen modernen verbraucherorientierten Datenschutz bei den neuen Diensten. Wer mit den Unternehmern der Internetwirtschaft spricht, weiß, dass E-Commerce trotz der viel beschrie- benen Krise der New Economy eine große Zukunft hat. So hat gerade eine Studie von Forrester Research für Deutschland ein Marktvolumen von 360 Millionen DM in 2001 prognostiziert. Die Bundesregierung sieht dieses Potenzial und hat sich zum Ziel gesetzt, durch eine rasche Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie den Unterneh- men und den Verbrauchern in gleicher Weise Rechtssi- cherheit zu schaffen, um die erwartete Entwicklung auf eine solide Grundlage zu stellen. Dem dient der vorge- stellte Gesetzentwurf. Nun hat es aber auch punktuelle Kritik an dem Gesetz- entwurf gegeben: Sie dreht sich insbesondere um die Frage des Herkunftsprinzips und um seine etwaige Ein- schränkung durch internationales Privatrecht. Hierzu muss man sagen, dass dem Herkunftsprinzip gerade im E-Commerce eine sensible Bedeutung zukommt. Denn sowohl Anbieter wie auch die Nutzer, also die Konsu- menten, müssen Klarheit darüber haben, welche Rechts- lage denn nun beim Kauf bzw. Verkauf eines Produktes im Netz gilt. Kaufe ich übers Netz ein Produkt eines auslän- dischen Anbieters, muss ich als Verbraucher die Gewiss- heit haben, dass meine Verbraucherschutzinteressen ge- wahrt bleiben. Andererseits muss aber auch für den Anbieter ein vernünftiges Maß an Rechtssicherheit ge- währleistet werden. Deswegen sieht die Richtlinie der EU das Herkunfts- prinzip vor. Damit gelten die rechtlichen Bedingungen in dem Land, in dem das anbietende Unternehmen seinen Sitz hat. Um die Verbraucher jedoch ebenso zu schützen, sieht die hier eingebrachte Neuregelung vor, dass aufsei- ten des Verbraucherschutzes die Rechtslage gilt, in dem das Produkt erworben wird. Die Vorschriften zum Verbraucherschutz sind europa- weit schon deutlich harmonisiert. Die Fernabsatzrichtli- nie der EU, in Deutschland als Fernabsatzgesetz umge- setzt, legt die Mindestnormen fest. Allerdings gibt es in einzelnen Ländern auch Vorschriften, die darüber hinaus- gehen. So schreibt die EU-Regelung zum Beispiel ein Rückgaberecht von zehn Tagen vor. In Deutschland haben Verbraucher jedoch ein 14-tägiges Rückgaberecht. Daran müssen sich auch Anbieter aus anderen EU-Ländern hal- ten, wenn das Gesetz in Kraft tritt. Die Bundesregierung will in Zukunft stärker auf eine Harmonisierung gesetzli- cher Regelungen achten, um einheimische Anbieter nicht zu benachteiligen. Die vorgeschlagene Abschaffung des Rabattgesetzes steht hierfür als ein wichtiges Beispiel. An dieser Stelle gibt es somit weiterhin Harmonisie- rungsbedarf auf europäischer Ebene. Es wäre naiv anzu- nehmen, mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf wären alle Probleme aus der Welt geschafft. Nein, wir nehmen die vorgetragene Kritik ernst und werden uns im Interesse der Anbieter und Verbraucher im E-Commerce dafür stark machen, dass es auf EU-Ebene zu einer schnel- leren Harmonisierung kommt. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass es vor allem darum geht, hier eine gesetzliche Regelung zu finden, die die vorgetragenen Bedenken aufnimmt und auf breite Zu- stimmung und Akzeptanz stößt. In diesem Sinne werden wir über den weiteren parlamentarischen Weg in den Aus- schüssen zu beraten haben. Rainer Funke (F.D.P.): Den Gesetzentwurf der Bun- desregierung zum elektronischen Geschäftsverkehr könnte man auch unter die Überschrift setzen: Warum ein- fach, wenn es auch kompliziert geht? Einfach wäre es ge- wesen, die EG-Richtlinie über Electronic Commerce, ge- nauer gesagt, die Richtlinie 2000/31/EG eins zu eins umzusetzen. Das hätte bedeutet, dass das Herkunftslands- prinzip durchgängig umgesetzt würde. Dies tut der Ge- setzentwurf jedoch nicht. Denn § 4 des Telefondienstge- setzes relativiert durch den Soweitsatz das Herkunfts- landsprinzip. Insoweit meine ich, dass die eingeschränkte Umsetzung des Herkunftslandsprinzips gegen die Richt- linie und damit gegen Europarecht verstößt. Ziel der E-Commerce-Richtlinie ist es, den elektroni- schen Geschäftsverkehr für Anwender und Nutzer einfa- cher zu machen. Der jetzt eingeführte Günstigkeitsver- gleich relativiert aber das Herkunftslandsprinzip und macht die Anwendung kompliziert, weil kaum zu beurtei- len ist, was unter rechtlichen und tatsächlichen Verhält- nissen günstiger ist. Aus diesem Grunde hat der zustän- dige Kommissar Liikanen dem Bundesaußenminister Fischer am 5. Juni 2001 ausdrücklich mitgeteilt, dass die geplante Umsetzung ins nationale Recht europawidrig ist, und demgemäss droht unnötigerweise der Bundesrepu- blik Deutschland eine Klage vor dem Europäischen Ge- richtshof. Im Hinblick darauf, dass für deutsche Unternehmen er- hebliche Rechtsunsicherheiten und zusätzlicher Aufwand für Rechtsberatung entstehen, werden wir diesen Gesetz- entwurf ablehnen, wenn nicht § 4 grundlegend unter Weg- fall des Günstigkeitsprinzips verändert wird. Wir werden in den Beratungen des Rechtsausschusses und des Wirt- schaftsausschusses auf eine entsprechende Änderung hin- arbeiten und dafür Sorge tragen, dass eine richtlinienkon- forme Umsetzung des Herkunftslandsprinzips erfolgt. Solche Gesetze müssen gemeinsam mit der betroffe- nen Wirtschaft entwickelt werden und nicht gegen sie. Nur so kann der elektronische Geschäftsverkehr auch im Interesse des Verbrauchers gefördert werden. Der Wirt- schaftsminister bleibt aufgefordert, insoweit seine Haus- aufgaben zu machen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17499 (C) (D) (A) (B) Ursula Lötzer (PDS): Angesichts der deutlichen Kon- junkturschwäche und der Krise der Internetwirtschaft rechnet die Informations- und Telekommunikationsbran- che in diesem Jahr bestenfalls mit stagnierenden Erträgen. Auch die Zeiten des zweistelligen Umsatzwachstums werden 2001 bereits wieder der Vergangenheit angehören. Die Branche selbst rechnet nach Angaben der BITKOM nur noch mit einem „bescheidenen Zuwachs an neuen IuK-Jobs“. Keiner würde heute noch, wie der Bundeswirtschafts- minister vor wenigen Monaten, behaupten, dass die IuK- Technologien in den nächsten Jahren per Saldo 700 000 bis 800 000 zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland schaffen können. Die Illusionen, die noch im Wirtschafts- bericht 2000 verbreitet wurden, und die bereits zum Zeit- punkt der Veröffentlichung in einem unverkennbaren Wi- derspruch zu seriösen Studien zum Wachstums- und Beschäftigungsbeitrag der IuK-Technologien standen, entpuppen sich zunehmend als Wunschdenken der Bun- desregierung. Die Branche entwickelt sich weder, wie viele hofften, unabhängig vom Wachstum der Gesamtwirtschaft noch ist sie Schwungrad oder Motor des gesamtwirtschaftli- chen Wachstums. Vielmehr gilt, dass die bereits deutlich zurückgehenden Umsätze der Branche, die von einem Plus von circa 8,5 Prozent ausgeht, angesichts des ge- samtwirtschaftlichen Wachstumseinbruchs nicht zu hal- ten sein werden. Trotzdem, so meine ich, erleben wir gegenwärtig nicht den Anfang vom Ende, sondern das Ende vom Anfang des E-Commerce. Die Katerstimmung nach der New-Eco- nomy-Party sagt genauso wenig über das Potenzial der Technologien wie die zurückliegende Ekstase am Neuen Markt. Umso wichtiger wird es sein, dass die Politik die richtigen Rahmenbedingungen für den E-Commerce schafft, der die Interessen der Verbraucher klar einbezieht. Positiv am vorliegenden Gesetzentwurf ist die Ein- schränkung des Herkunftslandprinzips im B-to-C-Be- reich. Wir schlagen allerdings vor, dass Herkunftsland- prinzip nicht bloß durch ein Wohnortprinzip des Verbrauchers zu ersetzen, sondern im Sinne des Verbrau- cherschutzes den privaten Käufern ein generelles „Güns- tigkeitsprinzip“ einzuräumen. So könnte die Bundesrepu- blik als ein Land, das früher oder später zu den umsatzstärksten E-Commerce-Ländern gehören wird, ei- nen Wettbewerbsdruck für einen hohen Verbraucher- schutz in der Internetwelt auslösen, was dringend erfor- derlich wäre. Unsere Fraktion lehnt den Gesetzentwurf aber wegen der veränderten Datenschutzbestimmungen ab, die durch die` Änderung des Teledienstdatenschutzgesetzes veran- kert werden sollen. Die bisherigen Verpflichtungen des Anbieters, personenbezogene Daten über den Ablauf des Zugriffs und die Nutzung nach der Beendigung zu lö- schen, werden durch den Regierungsentwurf aufge- weicht. Unhaltbar ist auch der Umgang mit Nutzungsda- ten. Wenn ein Nutzer nach dem vorliegenden Gesetzentwurf der Erstellung von Nutzungsprofilen nicht widerspricht, dürfen solche erstellt werden. Eine Einwil- ligung des Nutzers muss also nicht vorliegen. Dies be- deutet einen Rückschritt im Datenschutz und ist mit dem Gebot der Datensparsamkeit unvereinbar. Solange die Bundesregierung nicht in Rechnung stellt, dass die Entwicklungen der IuK-Technologien und insbe- sondere des E-Commerce einen höheren Datenschutz und keine Einschränkungen des Datenschutzes benötigt, so lange werden die falschen Weichen für den E-Commerce gestellt, da sich ein elementares Erfordernis für den E- Commerce nicht einstellt, nämlich das Vertrauen der Ver- braucher. Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Wirtschaft und Technologie: Der heute zur Beratung anstehende Gesetzentwurf der Bundesre- gierung bedeutet eine wichtige Weichenstellung für die dynamische Entwicklung des elektronischen Geschäfts- verkehrs im europäischen Binnenmarkt und damit für mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Als eines der ersten Länder innerhalb der Europäischen Union bringt Deutschland die Umsetzung der Mitte vergange- nen Jahres in Brüssel verabschiedeten E-Commerce- Richtlinie auf den Weg der parlamentarischen Beratung. Es geht darum, den Ordnungsrahmen in Deutschland an die Anforderungen anzupassen, die sich aus der Ent- wicklung der Informations- und Wissensgesellschaft bei uns und im gemeinsamen Binnenmarkt, aber auch welt- weit ergeben. Wir brauchen ein innovationsförderndes Klima für die Wirtschaft und gleichzeitig gilt es, die Verbraucher zu schützen. Es handelt sich um wesentliche Ziele des Ak- tionsprogramms der Bundesregierung „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahr- hunderts“. Dazu bereiten wir jetzt einen umfassenden Fortschrittsbericht vor, der Anfang des kommenden Jah- res vom Kabinett verabschiedet und dann dem Bundestag zur Beratung vorgelegt werden soll. Der Bericht wird zei- gen, dass wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren sehr weit vorangekommen sind und Deutschland jetzt inner- halb der EU und darüber hinaus einen der Spitzenplätze bei der Internetökonomie erreicht hat, den wir zügig wei- ter ausbauen wollen: Die Zahlen, die die Wirtschaft vorlegt, belegen ein- drucksvoll eine Entwicklung von bisher nicht gekannter Dynamik. Das Internet nutzen bereits rund 40 Prozent der Bevölkerung über14 Jahre, im Vergleich dazu: 25 Prozent waren es 2000. Die Internetnutzung insgesamt hat sich bis zum Mai 2001 um mehr als 40 Prozent gegenüber Mai 2000 verbilligt. Auch beim E-Commerce sind die Wachs- tumsraten insbesondere im Verkehr der Unternehmen un- tereinander, dem so genannten B 2 B beträchtlich. Noch wichtiger ist die umfassende Digitalisierung auf allen Stu- fen der Wertschöpfungskette mit erheblichen Effizienzge- winnen. Eher noch verhalten ist die Entwicklung beim Handel mit den Verbrauchern. Gerade für diesen Bereich kommt es darauf an, die Ak- zeptanz des elektronischen Handels durch einen besseren Verbraucher- und Datenschutz zu stärken. Daher ist es wichtig, dass wir auch bei der Weiterentwicklung des Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117500 (C) (D) (A) (B) Rechtsrahmens für die Internetökonomie sehr gut voran- kommen. Das neue Signaturgesetz ist bereits am 22. Mai in Kraft getreten. Das Formanpassungsgesetz, das für das Zivil- recht die Gleichstellung von handschriftlicher und elek- tronischer Unterschrift festlegt, befindet sich in der End- phase der parlamentarischen Beratungen. Ich bin optimistisch, dass das Gesetz noch im Laufe des Sommers in Kraft treten kann. Schließlich will der Bundesinnenminister die entspre- chende Novelle zum Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes noch vor der Sommerpause – in Abstimmung mit den Ländern – vorlegen. Zu nennen sind außerdem die Vorschläge der Bundesregierung zur Abschaffung des Ra- battgesetzes und der Zugabeverordnung. Ich setze darauf, dass die parlamentarischen Beratungen auch dieser Ge- setzentwürfe zügig abgeschlossen werden. Ein weiterer wichtiger Baustein ist der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf zum elektronischen Geschäftsverkehr. Er ergänzt die Vorschriften des Teledienstegesetzes entspre- chend der E-Commerce-Richtlinie und modernisiert zu- gleich das Datenschutzrecht für die Teledienste. Bei der Anpassung des Teledienstegesetzes geht es vor allem um Rechtsklarheit für die Anbieter durch das Herkunftsland- prinzip: Die Anbieter unterliegen in Zukunft grundsätz- lich nur den Anforderungen des Landes, in dem sie nie- dergelassen sind, auch wenn sie ihre Dienste anderswo in Europa anbieten. Eine solche Regelung ist für Teledienste vernünftig, da für deren Anbieter künftig auf Basis der Richtlinie europaweit einheitliche Maßstäbe hinsichtlich der uneingeschränkten Zulassungsfreiheit und der Kenn- zeichnungspflichten Anwendung finden. Dies gilt auch für die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter bei der Übermittlung und Speicherung von fremden Informatio- nen. Über die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie hi- naus soll der Gesetzentwurf den Datenschutz in den Net- zen weiter verbessern und modernisieren. Ein wirksamer Datenschutz im Internet ist zu einem herausragenden Wettbewerbsfaktor und Qualitätsmerkmal für die Unter- nehmen geworden. Zugleich handelt es sich um eine es- senzielle Grundlage für das Vertrauen der Verbraucher in die neuen Dienste. Dabei geht es unter anderem darum, dass der Nutzer im Internet wie beim Bareinkauf im La- den anonym einkaufen und bezahlen kann. Dass dies auch tatsächlich mit vertretbarem Aufwand erreicht werden kann, hat soeben ein Pilotprojekt bestätigt, das vom Bun- desministerium fier Wirtschaft und Technologie gefördert worden ist. Im Übrigen möchte ich zum Datenschutz die folgenden Punkte besonders hervorheben: Der Teledienstedaten- schutz dient dem Schutz der persönlichen Daten der Ver- braucher und muss in seiner Zielrichtung auf sie ausge- richtet werden. Dies wollen wir im Gesetz durch entsprechende Klarstellung zum Geltungsbereich deut- lich machen. Besonders im Bereich der neuen Dienste spielen Kundendaten eine wichtige Rolle als Wirtschafts- gut. Dies ist in Ordnung, solange der Nutzer über das In- strument der Einwilligung die Kontrolle über die Verwer- tung dieser Daten behält. Im Bereich der elektronischen Dienste ist es wichtig, dass diese Einwilligung elektro- nisch erfolgen kann, und zwar über Verfahren, die für die Diensteanbieter praktikabel sind, zugleich aber für die Verbraucher die erforderliche Sicherheit gewährleisten. Weiterhin wollen wir mit der Einführung von Buß- geldbestimmungen die Beachtung der Datenschutzvor- schriften im elektronischen Geschäftsverkehr nachhaltig unterstützen. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist von Anfang an intensiv mit den Ländern beraten worden. Es besteht weit gehendes inhaltliches Einvernehmen, sodass die Bänder die Vorschriften für die Mediendienste im Mediendienst- Staatsvertrag entsprechend ändern werden. Damit errei- chen wir ein einheitliches Regelwerk für die Tele- und Mediendienste, was die stärkere Nutzung dieser Dienste weiter voranbringen wird. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus (Spätaus- siedlerstatusgesetz – SpStatG) (Zusatztagesord- nungspunkt 9) Günter Graf (Friesoythe) (SPD): Wenn wir uns heute in erster Lesung mit der Beratung des „Spätaussiedlersta- tusgesetzes“ befassen, darf der Hinweis nicht fehlen, dass heute vor 60 Jahren der Überfall auf die Sowjetunion er- folgte. Infolge dieser Ereignisse begann der schmerzliche Leidensweg Hunderttausender Russlanddeutscher durch die Verbringung nach Sibirien in Arbeitslager und die Trud- armee. Viele von ihnen haben die unmenschlichen Le- bens- und Arbeitsbedingungen nicht überlebt. Die Ge- schehnisse von vor 60 Jahren haben den Deutschen Bundestag seit seinem Bestehen immer wieder eingeholt und auch heute beschäftigt uns das Thema der Spätaus- siedler in diesem Hause. Wenn wir uns heute in erster Beratung mit dem „Spätaussiedlerstatusgesetz“ befassen, dann geht es ein- zig und allein darum, das geltende Recht, das Kriegsfol- genbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992, durch einige Klarstellungen in der Verwaltungspraxis uneinge- schränkt zur Geltung kommen zu lassen. Letzteres ist ins- besondere in einem Punkt nicht mehr gesichert, und zwar dem, der die Funktion der so genannten Bestätigungs- merkmale in § 6 Abs. 2, S. 21, Nr. 2 BVFG betrifft. Bei diesen Bestätigungsmerkmalen, nämlich der familiären Vermittlung von Deutschkenntnissen, deutscher Erzie- hung und Kultur hat sich im vergangenen Oktober durch eine, aus meiner Sicht doch sehr überraschende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Situation er- geben, die zu großer Verunsicherung nicht nur bei den zu- ständigen Verwaltungen, insbesondere beim Bundesver- waltungsamt, geführt hat. In der Sache selbst geht es darum, dass durch die geän- derte Rechtsprechung das besonders bedeutsame Bestäti- gungsmerkmal Sprache, welches unverändert auch für die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17501 (C) (D) (A) (B) Feststellung der alternativen Bestätigungsmerkmale Er- ziehung oder Kultur von entscheidender Bedeutung ist, im Grunde keine Bedeutung mehr für die Anerkennung hat. Aus dieser entscheidenden Veränderung ergibt sich aber letztlich die Konsequenz, dass es ausreicht, wenn ein Antragsteller darlegen und glaubhaft machen kann, ihm seien während der Zeit seiner familiären Prägung familiär Deutschkenntnisse vermittelt worden. Ob diese vermittel- ten Deutschkenntnisse bei einer Anhörung im Rahmen des Aufnahmeverfahrens, in der Praxis Sprachtest ge- nannt, noch festgestellt werden können, soll dann letztlich nur indikative Bedeutung dafür haben, ob eine derartige familiäre Vermittlung früher einmal stattgefunden hat. Dieses wird zwangsläufig im konkreten Verwaltungshan- deln dazu führen, dass, wenn bei der Anhörung keine Deutschkenntnisse feststellbar sind, der Betroffene Zeu- gen anbieten kann, die dann bestätigen, dass er früher in der Familie Deutsch gelernt und gesprochen hat. Dass diese Zeugen naturgemäß nur aus dem familiären Um- kreis oder dem unmittelbaren Freundes- bzw. Bekannten- kreis stammen werden, dürfte auf der Hand liegen. Ich denke, es gehört nicht viel Fantasie dazu sich aus- zumalen, wohin diese geänderte Auslegung des § 6 Abs. 2, S. 1, Nr. 2 des BVFG in der Verwaltungspraxis führen würde. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die gewiss nicht unerfüllbaren Anforderungen bei dem vom Bundesverwaltungsamt im Aussiedlungsgebiet durchgeführten Sprachtests von rund 50 Prozent der An- tragsteller gleichwohl nicht erfüllt werden – dies mit wei- ter steigender Tendenz. Es ist indessen auch mit Blick auf die Akzeptanz der Spätaussiedlerzuwanderung ganz sicher nicht vermittel- bar, dass jemand als deutscher Volkszugehöriger an- erkannt wird, obwohl er nicht in der Lage ist, auch nur ein wirklich einfaches Gespräch in deutscher Sprache, und sei es auch in der Form familiär gepflegten Dialekts, zu führen. Dieses war erklärtermaßen auch nicht die Absicht des Gesetzgebers. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundes- verwaltungsgerichtes vom Oktober 2000 sind bei den Be- troffenen hohe Erwartungen geweckt worden und die Empfehlungen von interessierter Seite bewirken, dass – langsam beginnend – unter anderem eine Teilnahme an dem Sprachtest von vornherein abgelehnt wird. Dieses kann aber auch zur Folge haben, dass nicht deutsche Fa- milienangehörige, die in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlerbewerbers einbezogen worden sind, im Be- scheinigungsverfahren nach § 15 BVFG, in dem endgül- tig über Erwerb oder Nichterwerb des Spätaussiedlersta- tus bzw. des Status entschieden wird, den Antrag stellen, selbst als Spätaussiedler anerkannt zu werden. Darüber hinaus – und das sollte auch bedacht werden – kommt es nunmehr verstärkt zu Anträgen auf Wiederaufgreifen be- reits bestandskräftig abgeschlossener Aufnahme- oder Bescheinigungsverfahren. Gerade deshalb meine ich, dass durch eine deutliche Reaktion des Gesetzgebers so schnell wie möglich Klar- heit geschaffen werden sollte. Die bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehende Verwal- tungspraxis sollte so schnell wie möglich wieder fortge- setzt werden können, bevor eine deutlich fühlbare Zäsur eintritt. Dies alles hat mit dem, was die Zuwanderungs- kommission generell zur künftigen Gestaltung des Zu- wanderungsrechts für Spätaussiedler empfehlen könnte, aus meiner Sicht nichts zu tun, und deshalb sollte auch in dieser Frage nicht versucht werden, einen nicht bestehen- den Sachzusammenhang zu konstruieren. Was diesen Bereich des „Spätaussiedlerstatusgesetzes“ angeht, denke ich, dürfte in diesem Hause eine große breite Mehrheit zu den gleichen Feststellungen gelangen. Ich darf auch daran erinnern, dass die Spätaussiedler- gesetzgebung immer von dem überwiegenden Teil dieses Hauses getragen worden ist. Was die sonstigen im Ge- setzentwurf aufgegriffenen Änderungspunkte betrifft, so haben diese lediglich Klarstellungen zum Inhalt, welche die Praxis von Auslegungszweifel befreien sollen, die vom Kriegsfolgenbereinigungsgesetz nicht beabsichtigt waren. Abschließend glaube ich, feststellen zu dürfen, dass die Dinge von den Ländern zumindest nicht grundsätzlich an- ders beurteilt werden. Jedenfalls entspricht dieses nicht dem Bild, welches ich mir aufgrund zahlreicher Ge- spräche habe machen können. Nicht unterlassen möchte ich den Hinweis, dass gerade in meinem Wahlkreis Cloppenburg/Vechta die Aussied- lersituation aufgrund der hohen Konzentration Mitte der 90er-Jahre zu erheblichen Problemen geführt hat, die nun doch mehr oder weniger nicht mehr vorhanden sind. Die- ses hat letztlich damit zu tun, dass das seinerzeit von der großen Mehrheit des Hauses getragene Wohnortzuwei- sungsgesetz Wirkung gezeigt hat und die Integrations- maßnahmen langsam anfangen zu wirken. Wenn wir dieses hier heute in erster Beratung zur De- batte stehende Spätaussiedlerstatusgesetz nicht be- schließen, ist damit zu rechnen, dass es erneut zu ver- stärkten Zuzügen kommt, die die gerade beginnende Wirkung der Integrationsmaßnahmen infrage stellen würde. Insoweit appelliere ich an Sie alle, insbesondere in den Beratungen im Innenausschuss in der nächsten Wo- che zu einem breiten Konsens zu gelangen. Wenn ich ein- gangs kurz auf den Leidensweg der Russlanddeutschen hingewiesen habe, möchte ich abschließend aber auch be- merken, dass wir uns den Veränderungen zu stellen haben. Wir müssen dafür Sorge tragen, einerseits die einheimi- sche Bevölkerung, andererseits die Spätaussiedler selbst nicht zu überfordern. Zu guter Letzt möchte ich persönlich aufgrund meiner vielfältigen Begegnungen mit Spätaussiedlern und deren Familien auch an dieser Stelle, wie auch schon in der Ver- gangenheit, darauf hinweisen, dass der Familienzusam- menführung ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Ich hoffe, dass wir auch die Gelegenheit haben werden, uns mit der besonderen Problematik in aller Ruhe und Sach- lichkeit zu unterhalten und zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen. Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung den eilig von den Koalitionsfraktionen ein- gebrachten Entwurf eines Spätaussiedlerstatusgesetzes. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117502 (C) (D) (A) (B) Ich will deshalb zunächst die Gelegenheit ergreifen, grundsätzlich die Haltung meiner Fraktion zur Frage der Aussiedleraufnahme zu skizzieren. Die Erfüllung von Integrationserfordernissen und Hil- fen für die Integration haben für uns Vorrang vor weiteren Restriktionen bei der Aufnahme. Die CDU/CSU befür- wortet auch weiterhin bei Vorliegen der gesetzlichen Vo- raussetzungen den ungehinderten Zuzug von deutschen Spätaussiedlern im Wege des geregelten Aufnahmever- fahrens. Wir drücken damit unsere Solidarität mit einer Schicksalsgruppe aus, deren Aufnahme in Deutschland einer historischen Verpflichtung entspricht. Wir wollen auch an der Annahme eines generellen Kriegsfolgen- schicksals der Russlanddeutschen festhalten. Die Parteien CDU und CSU haben sich in jeweils eigenen Zuwande- rungskommissionen auch mit der Frage der weiteren Auf- nahme von Spätaussiedlern in Deutschland befasst. We- der in den getrennten Ergebnispapieren der Parteien noch im gemeinsamen Positionspapier von CDU und CSU zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung werden mit Blick auf den Aussiedlerzuzug Vorschläge unterbreitet, die eine Verschlechterung gegenüber der gegenwärtigen gesetzlichen Lage bedeuten würden. Im gemeinsamen Positionspapier von CDU und CSU heißt es: „Die Auf- nahme von Spätaussiedlern entspricht einer historischen Verpflichtung.“ Allerdings bereiten uns zum Teil man- gelnde Deutschkenntnisse bei den häufig nicht deutschen Ehegatten, Abkömmlingen und weiteren Familienan- gehörigen Sorge. Denn die Deutsch-Sprachkenntnisse ha- ben eine hohe Bedeutung für eine möglichst rasche und konfliktfreie Integration hierzulande. Aus diesem Grunde müssen die Aussiedler und ihre Familienangehörigen be- reits in ihren Herkunftsländern Gelegenheit haben, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern bzw. – ich meine hier vor allem die Angehörigen – zu erwerben. Die Bundesregierung, die die Koalitionsfraktionen mit einem Gesetzentwurf eines Spätaussiedlerstatusgesetzes vorschickt, ist auch aufgefordert, diese Probleme zu lö- sen. Sorgen Sie für ein flächendeckendes Sprachkursnetz in den Herkunftsländern! Sorgen Sie genauso für eine ge- eignete Sprachförderung in Deutschland! Ob nämlich die beabsichtigte Neustrukturierung der Sprachförderung in Deutschland auf die bei den Aussiedlern und ihren Fami- lien bestehenden Bedürfnisse zugeschnitten ist, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf sieht lediglich weitere Verschärfungen des Aufnahmeverfahrens für Spätaussiedler vor. Zunächst gibt sich der Entwurf den Anschein, als solle lediglich auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom Oktober letzten Jahres zum Bestätigungsmerkmal Sprache bei den Antragstel- lern geantwortet werden. Hier wird die Wiederherstellung des Status quo ante beabsichtigt. Dieses Vorhaben dürfte sicherlich in den Ländern, auch in den unionsregierten Ländern, Unterstützung finden. Allerdings sieht der Ge- setzentwurf sozusagen im Geleitzug dieser Änderung weitere Restriktionen bei der Aussiedleraufnahme vor. Diese werden als „Klarstellungen“ qualifiziert. Ob es sich lediglich um Klarstellungen handelt oder tatsächlich um substanzielle Verschlechterungen, wird insbesondere die Beratung des Gesetzentwurfes in den Ausschüssen erge- ben. Was jedoch politisch bedenklich, erklärungsbedürftig und für die betroffenen Aussiedler verunsichernd sein dürfte, ist die Tatsache, dass dieser Gesetzentwurf noch vor der bevorstehenden Veröffentlichung der Empfehlun- gen der Zuwanderungskommission der Bundesregierung vorgelegt wird. Die Empfehlungen der Zuwanderungs- kommission werden nicht abgewartet. Die Bundesregie- rung hat in der Vergangenheit mehrfach erklärt, sie wolle erst darin konkrete Positionierungen in der Zuwanderungs- frage vornehmen und entsprechende Initiativen ergreifen, wenn die Zuwanderungskommission ihre Empfehlungen ausgesprochen habe. Jetzt schickt die Bundesregierung die Koalitionsfraktionen mit einem Gesetzentwurf vor. Dieses Verfahren entwertet die Arbeit der Zuwanderungskommis- sion und führt bei den betroffenen Spätaussiedlern und den deutschen Volksgruppen in den Aussiedlungsgebieten zu weiterer Verunsicherung. Sie müssen nämlich den Ein- druck gewinnen, der politischen Willkür in Deutschland ausgesetzt zu sein. Denn die Spätaussiedler und die deut- schen Volksgruppen in den Aussiedlungsgebieten dürfen wie andere Zuwanderer auch erwarten, dass sie sachge- recht in neuen Integrationskonzepten berücksichtigt wer- den. Lassen Sie mich die Frage stellen: Gibt es außer den Spätaussiedlern noch eine andere Gruppe von Zuwande- rern, die vor den Empfehlungen der Zuwanderungskom- mission Benachteiligungen durch in letzter Minute einge- brachte Einzelgesetze hinnehmen muss? Was Sie, die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung, den Spätaussiedlern hier zumuten, wird einen verheerenden Eindruck hinterlassen. Die Aussiedler werden ganz genau registrieren, dass die Fraktionen von SPD und Bünd- nis 90/Die Grünen hier einen Gesetzentwurf vorlegen, ohne eine schlüssige Begründung zu liefern, warum diese Änderungen zum jetzigen Zeitpunkt erfolgen müssen und warum nicht erst die Empfehlungen der Zuwanderungs- kommission abgewartet werden können. Hieraus kann man zwei Schlussfolgerungen ziehen: Entweder trauen die Koalitionsfraktionen den Empfeh- lungen der Zuwanderungskommission nicht oder aber hier soll ganz gezielt eine bestimmte Gruppe, nämlich die Aussiedler, Verschlechterungen erfahren im Windschat- ten einer Diskussion über Integrationserfordernisse. Diese Verschlechterungen sollen sozusagen durch die Hintertür eingeführt werden, nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit, weil verschiedene Punkte des Gesetzent- wurfes im Rahmen einer Integrationsdebatte wirklich nur schwer durchzusetzen sein dürften. Wir haben daher ge- nug Anlass, den Gesetzentwurf genau zu prüfen. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Klärung der Frage, wer deutscher Volkszugehöriger ist. Bislang hat die Verwaltungspraxis in Bund und Ländern in Über- einstimmung mit der Rechtsprechung Sprachtests in den Herkunftsländern derjenigen Menschen vorgenommen, die eine deutsche Volkzugehörigkeit für sich behaupteten. Damit sollte nachgewiesen werden, dass die Vermittlung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17503 (C) (D) (A) (B) deutscher Sprache in der Regel auch die Weitergabe deut- scher Kultur oder Erziehung beinhaltet. Durch die kürzlich geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann der Nachweis, zum deutschen Volkstum zu gehören, auch auf andere Weise, wie beispielsweise der Nennung von Zeugen, geführt werden. Dies kann dazu führen, dass zunehmend Perso- nen aufgrund von Zeugenaussagen als Spätaussiedler an- erkannt werden, die praktisch über keinerlei Deutsch- kenntnisse verfügen. Diese Praxis birgt zweierlei Gefahren: Zum einen wird die Akzeptanz für die Spätaus- siedleraufnahme in der Bevölkerung erheblich belastet, zum anderen ist die Integration der Spätaussiedler zusätz- lich erschwert. Der vorliegende Gesetzentwurf strebt daher an, das Bundesvertriebenengesetz dergestalt zu ändern, dass eine Fortsetzung der bisherigen Verwaltungspraxis möglich ist. So soll für ab dem Jahre 1924 geborene Personen gel- ten, dass diese deutsche Staatsangehörige sind, wenn sie mindestens von einem Elternteil mit deutscher Staatsan- gehörigkeit oder Volkszugehörigkeit abstammen. Das Be- kenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zu- ordnung zur deutschen Nationalität muss außerdem bestätigt werden durch die familiäre Vermittlung der deut- schen Sprache. Diese ist festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Aus- nahmeregelungen sind vorgesehen in Fällen, in denen aufgrund der Verhältnisse eine familiäre Sprachvermitt- lung nicht möglich war. Meine Fraktion unterstützt den vorliegenden Gesetzes- änderungsantrag, wobei ich eines sehr bedauere: Ange- sichts der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens, war es nicht möglich, notwendige Änderungen im Spätaussiedlerrecht vorzunehmen. Im Rahmen der Ge- samtreform dieses Rechtsgebietes müssen dringend Lö- sungen für zwei Punkte gefunden werden: Erstens. Es ist unerträglich, dass Spätaussiedler mit einem Aufnahmebe- scheid einreisen, sie im Vertrauen auf diesen Bescheid ihre Existenz im Herkunftsland aufgeben und sie dann – nach der Zuwanderung – erfahren, dass sie doch keine Spätaus- siedler sind. Konsequenz ist, dass sie trotz Aufnahmebe- scheid ins Herkunftsland zurückkehren müssen. Hier muss eine grundlegende Änderung im Verfahren her. Zweitens. Die bereits aufgrund der jetzigen katastropha- len Rechtslage entstanden Altfälle müssen mit einer großzügigen Altfallregelung gelöst werden. Dr. Max Stadler (F.D.P.): Die F.P.D. steht dem Ge- setzentwurf der Regierungsfraktionen äußerst skeptisch gegenüber. Auslöser für die Gesetzesinitiative war eine Änderung in der Rechtsprechung des Bundesverwal- tungsgerichts zu § 6 BVFG. Die neuere Rechtsprechung dürfte jedoch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung besser treffen als die bisherige Verwaltungspraxis, welche dem Merkmal „Deutsche Sprache“ für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit wohl zu hohes Gewicht beigemessen hatte. Von diesem Merkmal der Anerkennung als Spätaus- siedler zu unterscheiden ist die richtige Forderung, bei je- dem, der sich dauerhaft in der Bundesrepublik Deutsch- land niederlässt, auf eine ausreichende Beherrschung der deutschen Sprache hinzuwirken. Dies ist eine entschei- dende Voraussetzung für die Integration und wird von der F.D.P. nicht bestritten. Das hat jedoch mit dem vorliegen- den Gesetzentwurf nichts zu tun. Nach Auffassung der F.P.D. sollte sorgfältig überlegt werden, wie die Überprüfung der Voraussetzungen des Art. 116 Grundgesetz künftig gerechter und besser gestal- tet werden kann. Aus diesem Grund wird die F.D.P. im fe- derführenden Innenausschuss eine Sachverständigen- anhörung beantragen. Die Eile, mit der die rot-grüne Koalition ihren Gesetzentwurf offenbar innerhalb von zwei Wochen vor der Sommerpause noch durch den Bun- destag bringen will, ist der Bedeutung der Sache nicht an- gemessen. Schließlich gibt es noch einen weiteren maßgeblichen Grund für die ablehnende Haltung der F.D.P.: Am 4.Juli 2001 wird die Süssmuth-Kommission ihren Bericht der Öffentlichkeit vorstellen. Dieser Bericht stellt eine Zäsur in der deutschen Zuwanderungspolitik dar. Es muss sorg- fältig überlegt werden, welche Neuerungen im gesamten Komplex Zuwanderung, Asyl, Ausländerrecht vorgese- hen werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage zu stellen, ob die Aussiedlerpolitik unverändert – wie es die F.D.P. stets vertreten hat – fortgeführt wird. Demnach wäre dann der richtige Zeitpunkt, über einen Gesetzent- wurf zu debattieren, wie ihn SPD und Grüne schon jetzt vorgelegt haben. Es wäre besser, den Gesetzentwurf erst nach der Som- merpause weiter zu behandeln. Petra Pau (PDS): Erst seit kurzem liegt der Gesetz- entwurf der Regierungsparteien zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus vor. Die Eile der parlamentarischen Beratung erschließt sich mir nicht. Im Gesetzentwurf klagt die Bundesregierung über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2000. Die Bundesregierung beklagt vor al- lem, ich zitiere: „Durch diese Änderung der Rechtsspre- chung verlieren die in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG auf- geführten Merkmale – familiäre Vermittlung deutscher Sprache, Kultur oder Erziehung – weitgehend ihre Funk- tion bei der Steuerung der Zuwanderung von Spätaus- siedlern über den Tatbestandsmerkmal – deutsche Volks- zugehörigkeit“ –. Die Regierungsparteien bemängeln vor allem, dass durch das Urteil die Feststellung der „deut- schen Volkszugehörigkeit“ erleichtert werde; es wird da- rauf hingewiesen, dass es gelungen war, mit der bis dahin geltenden Auslegung des Rechts 50 Prozent der Aufnah- meanträge wegen fehlender Deutschkenntnisse abzuleh- nen. Die Regierungsparteien wollen mit dem vorgelegten Gesetzentwurf die alte Verwaltungspraxis wiederherstel- len. Ich muss schon sagen, dass ich dieses Vorgehen für äußerst fragwürdig halte. Allein wenn man sich den vom Bundesverwaltungsgericht am 19. Oktober 2000 behan- delten Fall ansieht: Einer 1940 geborenen Frau wird die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117504 (C) (D) (A) (B) Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung verwehrt, weil sie kein einfaches Gespräch in deutscher Sprache führen kann. Der Vater und die beiden Geschwister der Frau sind aber als Spätaussiedler anerkannt; sie kommt daher ganz offenbar und eindeutig aus einer Familie der deutschen Minderheit aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Frage ist nun: Will der Gesetzgeber ernsthaft, dass ganze Familien aufgeteilt werden, und zwar in einen Teil, der als Spätaussiedler anerkannt wird, und in einen Teil, der angeblich keine Tatbestandsmerkmale „deutscher Volkszugehörigkeit“ aufweist? Hier haben wir es mit einer Politik zu tun, die versucht, die Einwanderung von Spätaussiedlern über die Verwal- tungspraxis zu regulieren. Diese Praxis hat die alte Bun- desregierung unter Helmut Kohl begonnen. So ist ja bei- spielsweise seit 1996 die Feststellung des Sprachstandes durch Sprachtest ein zwingender Bestandteil des Verfah- rens. Dies ist aber nur ein Teil des Verfahrens. Wir haben ein Aufnahmeverfahren, an dessen Anfang die Abgabe ei- nes über 500 Fragen umfassenden Antrags in der Aus- landsvertretung der BRD im Herkunftsland steht, der in deutscher Sprache ausgefüllt werden muss, wo Nach- weise über deutsche Staatsangehörigkeit und deutsche Volkszugehörigkeit, erbracht werden müssen etc. Mit der Einführung dieser Verfahren konnte der Zuzug von Spätaussiedlern durch die alte und die neue Bundes- regierung drastisch gesenkt werden. Ich finde, dieses Ver- fahren verstößt gegen bestehende Gesetze und auch gegen das Grundgesetz. Überdies ist diese Politik unsozial, in- human und gegen die Familienzusammenführung gerich- tet. Und diese Politik ist für die Betroffenen nicht trans- parent und durchschaubar. Diese Politik wälzt die Folgen einer langjährigen deutsch-völkischen Politik gegenüber den osteuropäischen Ländern auf die Angehörigen der deutschen Minderheiten ab. Jene Regierungsvertreter, die jahrelang an einem kaiserlichen. Staatsangehörigkeits- recht festgehalten haben, die Illusionen innerhalb der deutschen Minderheiten in Bezug auf ihre Zugehörigkeit zum deutschen Staat geschaffen haben, versuchen nun, die Angehörigen dieser Minderheit mit verwaltungsrecht- lichen Tricks an der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen An- sprüche zu hindern. Mit der gleichen Kreativität; mit der man zu Zeiten des Kalten Krieges die Zahl der deutschen Minderheit in den osteuropäischen Ländern durch Neudefinitionen erweitert hatte, versucht man nun das Verwaltungsrecht gegen diese Menschen und auch gegen den Art. 116 GG in Stellung zu bringen. Es werden hier verschiedene Arten von deutschen Staatsangehörigen geschaffen. Innerhalb von Familien kann man den richtigen, ausgereiften Staatsbürger erken- nen, der alle Eigenschaften des Deutschseins nach Kultur, Erziehung und Sprache erfüllt; dann haben wir diejenigen Deutschen, die diesem Status nicht ganz gerecht werden, und dann wiederum haben wir Deutsche, die diesen Sta- tus gar nicht erfüllen. Wir können durchaus beispiels- weise russlanddeutsche Familien finden, in denen Men- schen völlig deutsch sind und andere nur noch ein wenig deutsch. Hier wird das Grundgesetz ausgehebelt. Bis heute weigert sich die Bundesregierung – auch die neue –, sich von denn alten kaiserlichen Staatsbürger- schaftsrecht vollständig zu verabschieden und seinen all- gemeinen Vertretungsanspruch für deutsche Minderhei- ten aufzugeben. Ich meine: Heute muss die bundes- deutsche Politik sich völlig vom alten, noch immer kai- serlich beeinflussten Staatsbürgerschaftsrecht und den Formulierungen des Art. 116 GG trennen. Heute muss man von politischen Vertretungsansprüchen deutscher Minderheiten in so genannten Siedlungsgebieten, wie sie nach 1945 in der bundesdeutschen Politik entwickelt wur- den, völlig offen und nachvollziehbar abrücken, ebenso von Definitionen wie „Bekenntnisse und Hinwendung zum deutschen Volkstum“ und so genannten Bestäti- gungsmerkmalen „deutscher Kultur und Erziehung“. Heute muss man hier einen klaren Strich machen und zu einer Politik kommen, die den Zuzug von Spätaussied- lerinnen und Spätaussiedlern als normale Einwanderung begreift und regelt. Die Einwanderungsdebatte und die zu erwartenden Regelungen würden in der Tat auch die Chance dazu bieten. Der Gesetzentwurf spricht ja auch explizit die Tätigkeit der Einwanderungskommission an. 66 Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges würde man die Chance haben, sich von dieser Art der deutsch- nationalen Kriegsfolgenbewältigung zu verabschieden. Man müsste aber – aus Vertrauensschutzgründen – lange Übergangfristen schaffen, damit die Betroffenen sich auf diese Situation einstellen können. Eine derartige Lösung wäre gerechter und nachvoll- ziehbar. Anlage 12 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 764. Sitzung am 1. Juni 2001 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 24. bis 28. Januar 2000 in Straßburg – Drucksachen 14/5007, 14/5499 Nr. 1 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 3. bis 7. April 2000 in Straßburg – Drucksachen 14/5008, 14/5499 Nr. 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 2001 17505 (C) (D) (A) (B) Rechtsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht der Bundesregierung über die Entwick- lung der urheberrechtlichen Vergütung gemäß §§ 54 ff. Urheberrechtsgesetz (2. Vergütungsbericht) – Drucksachen 14/3972, 14/4093 Nr. 1.6 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2001 Überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 98 000 000 DM bei Kapitel 60 04 Titel 634 01 – Zuschüsse an den Ausgleichs- fonds (Lastenausgleich) – – Drucksachen 14/5738, 14/5833 Nr. 1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2001 Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 02 Titel 687 04 zur Sicherung der Magnetschwebebahntechnik – Drucksachen 14/5742, 14/5833 Nr. 2 – Ausschuss fürWirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen und Entwicklungen bei den neuen Informations- und Kommu- nikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) – Drucksache 14/1191 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Künftige Gestaltung der Standortwerbung zur Gewin- nung ausländischer Investitionen für Deutschland – Drucksache 14/4240 – Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Erforschung von geeigneten Haltungssystemen für Legehennen – Drucksachen 14/3350, 14/3574 Nr. 1.2, 14/4234, 14/4308 Nr. 1.3 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Haushaltsausschuss Drucksache 14/5610 Nr. 2.1 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/5730 Nr. 2.21 Drucksache 14/5836 Nr. 1.1 Drucksache 14/5836 Nr. 1.2 Drucksache 14/5836 Nr. 1.5 Drucksache 14/5836 Nr. 1.7 Drucksache 14/5836 Nr. 2.2 Drucksache 14/5836 Nr. 2.8 Drucksache 14/5836 Nr. 2.16 Drucksache 14/5836 Nr. 2.18 Drucksache 14/5836 Nr. 2.19 Drucksache 14/5836 Nr. 2.20 Drucksache 14/5836 Nr. 2.21 Drucksache 14/5836 Nr. 2.22 Drucksache 14/5836 Nr. 2.23 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/6026 Nr. 2.14 Drucksache 14/6026 Nr. 2.16 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/5363 Nr. 2.8 Drucksache 14/5610 Nr. 1.1 Drucksache 14/5610 Nr. 2.17 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5172 Nr. 2.74 Drucksache 14/5363 Nr. 2.4 Drucksache 14/5610 Nr. 1.5 Drucksache 14/5610 Nr. 2.14 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hile Drucksache 14/5503 Nr. 2.24 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/4570 Nr. 2.20 Drucksache 14/5172 Nr. 2.46 Drucksache 14/5172 Nr. 2.47 Drucksache 14/5172 Nr. 2.48 Drucksache 14/5172 Nr. 2.49 Drucksache 14/5172 Nr. 2.50 Drucksache 14/5172 Nr. 2.51 Drucksache 14/5172 Nr. 2.52 Drucksache 14/5172 Nr. 2.53 Drucksache 14/5172 Nr. 2.54 Drucksache 14/5172 Nr. 2.55 Drucksache 14/5172 Nr. 2.56 Drucksache 14/5172 Nr. 2.57 Drucksache 14/5172 Nr. 2.58 Drucksache 14/5172 Nr. 2.59 Drucksache 14/5281 Nr. 2.16 Drucksache 14/5610 Nr. 2.29 Drucksache 14/5730 Nr. 2.30 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 22. Juni 200117506 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Fritz Schösser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr
    verehrten Damen und Herren! Gestern noch haben die
    Kollegen Seehofer und Lohmann öffentlich angekündigt,
    sie würden der Regierung in Sachen Gesundheitsreform
    ordentlich Feuer machen. Heute haben sie bis jetzt zwei
    feuchte Streichhölzer gezündet: Ulf Fink hat wider besse-
    res Wissen die Rezepte der Fraktion verteilen müssen und
    von Herrn Wolf wissen wir, was er in dieser Frage zu er-
    zählen hat.


    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, mit einer Großen Anfrage

    zur Zukunft des Gesundheitswesens stellt die CDU/CSU
    der Bundesregierung 124 Fragen. Offensichtlich sind Sie
    im Formulieren von Fragen geübter als im Lösen von Pro-
    blemen, wenn Sie selbst in der Regierungsverantwortung
    stehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Na, na, na!)


    Ich werde bei einem Großteil dieser Fragen den Eindruck
    nicht los, dass Sie jetzt von uns wissen wollen, was Sie
    über 16 Jahre hinweg falsch gemacht haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Nur wenige Ihrer Fragen basieren nämlich auf neuen Er-
    kenntnissen. Das merkt man schon an der ersten Frage.
    Sie lautet sinnigerweise:

    Hat sich der in der über 100-jährigen Entwicklung
    der GKV bis heute aufgebaute Leistungskatalog be-
    währt? Wenn nein: In welche Richtung will die Bun-
    desregierung den Leistungskatalog verändern?

    Warum eigentlich „wenn nein“? Warum fragen Sie nicht:
    „wenn ja“? Warum verbinden Sie diese Frage eigentlich
    nicht mit der Frage: Wie können wir gemeinsam den Leis-
    tungskatalog stabil halten und mit den vorhandenen Res-
    sourcen auch finanzieren? Das wäre eine Frage, die zu
    stellen ist.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie hätten gut daran getan, wenn Sie all diese Fragen
    zwischen 1993 und 1998, als der Gesundheitsminister
    Seehofer hieß, gestellt hätten. Aber damals, vor drei Jah-
    ren, gab es anscheinend nichts mehr zu regeln. Denn auf




    Detlef Parr

    17441


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    die Frage: „Werden Sie noch einmal für ein Ministeramt
    zur Verfügung stehen, falls die Koalition die nächste Bun-
    destagswahl gewinnt?“, antwortete Seehofer: Ja, aber als
    Gesundheitsminister sehe ich nicht mehr viele Betäti-
    gungsfelder; denn wir haben in den letzten fünf Jahren al-
    les erledigt, was wir uns vorgenommen haben.


    (Lachen bei der SPD)

    Das war im Juli 1997. Zur gleichen Zeit – Herr Wolf, daran
    wird deutlich, was uns Herr Seehofer hinterlassen hat –
    lauteten die Überschriften in den Zeitungen: „Seehofers
    Selbstdemontage“, „Seehofers chaotische Gesundheitsre-
    form“


    (Aribert Wolf [CDU/CSU]: Zwei Milliarden Plus!)


    oder „Vom Musterknaben zum Prügelknaben“. Unsere
    gemeinsame gute Bekannte, die „Süddeutsche Zeitung“,
    schrieb am 9. März 1998:

    Als Bettvorleger gelandet.
    Am 23. März schrieb sie:

    Seehofers Bananenrepublik.
    Am Ende war er amtsmüde. Dem Herrn Seehofer – er

    ist leider nicht mehr da – kann ich nur sagen: Ihnen konnte
    eigentlich nichts Besseres passieren, als die Wahl zu ver-
    lieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Er war am Ende der Don Quichotte, die traurige Gestalt
    des Gesundheitswesens. Dies ist das wahre Bild des Jah-
    res 1998.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In diese Situation – das sage ich klar und deutlich –
    wollen wir unsere Ministerin nicht bringen.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Habt ihr schon!)

    Wir werden nichts aussitzen. Wir werden sehen, welcher
    Handlungsbedarf vorhanden ist, und wir werden handeln.
    Wir werden erst einmal das tun, was schon jetzt getan
    werden muss und getan werden kann. Das ist nicht
    wenig.

    Neben dem Arzneimittelbudgetabschaffungsgesetz
    werden wir weitere Gesetzesvorhaben, auch die Neurege-
    lung der Krankenkassenwahlrechte, in Angriff nehmen,
    so die Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarver-
    einbarungen für Ärzte und Zahnärzte, die Anpassung über
    die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel, das
    Pflege-Leistungsgesetz im Hinblick auf Demenzkranke,
    das Medizinproduktegesetz, das Gesetz zum Risikostruk-
    turausgleich und die Einführung von Krankenhaus-Fall-
    pauschalen. Das Heimgesetz und das Pflege-Qualitätssi-
    cherungsgesetz haben wir bereits gelesen. Es ist also nicht
    so, dass wir nichts tun. Ganz im Gegenteil: Wir packen die
    Gesetze Punkt für Punkt an.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir sagen auch nicht wie Sie im Jahre 1997, dass es
    nichts mehr zu tun gäbe. Nein, wir werden mit den Betei-
    ligten an einem runden Tisch eine langfristige Sicherung
    der bewährten Strukturen erarbeiten


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Bis nach den Bundestagswahlen!)


    und das Gesundheitswesen modern, transparent, wirt-
    schaftlich, zukunftsfähig und patientenfreundlich machen.

    Dabei lassen wir uns nicht treiben. Wir stellen auch
    niemanden ruhig, wie Herr Seehofer das formuliert.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Natürlich tut ihr das!)


    Gestern erschien die Presseerklärung von Lohmann und
    Seehofer zum Thema „Gesundheitspolitik auf der ganzen
    Linie gescheitert“.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: So ist es!)

    Diese Erklärung, Herr Thomae, kommt leider drei Jahre
    zu spät.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Nein! Dann kennen Sie das Gesetz nicht!)


    Darin erklären sie unter anderem – ich will Ihnen das gern
    nachweisen –:

    Die Menschen erhalten immer weniger Leistungen
    und müssen dafür immer mehr bezahlen.

    Dazu kann ich nur sagen: Welch eine Realsatire! Sie ist ei-
    gentlich nicht mehr zu überbieten. Was haben Sie für ein
    Kurzzeitgedächtnis? Das ist ja schon krankhaft.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wer war es denn, der allein nach dem 1. Juli 1997

    – Herr Thomae, Sie stellen sich auch noch hin und sagen:
    Darauf sind wir stolz – bei Mütterkuren den Eigenbeitrag
    erhöht hat? Wer hat den Eigenbeitrag bei Rehabilitations-
    kuren angehoben?


    (Aribert Wolf [CDU/CSU]: Warum musste dann Frau Fischer gehen?)


    Wer war für die Zuzahlung in Höhe von 20 Prozent für
    Bandagen und andere Hilfsmittel? Wer hat die Kuren auf
    drei Wochen gekürzt? Wer hat das Krankengeld um
    10 Prozent gekürzt? Wer hat den Zuschuss für die Bril-
    lenfassungen gestrichen? Wer hat den nach 1978 gebore-
    nen Kindern den Zuschuss für Zahnersatz und Kronen ge-
    strichen? Sagen Sie uns das einmal!


    (Beifall bei der SPD – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Aber die Leute haben die Leistungen bekommen! Bei der Budgetierung bekommen die Leute die Leistungen nicht mehr! Sie betrügen doch die Bevölkerung!)


    – Das ist die Wahrheit, Herr Thomae.
    Zur Wahrheit gehört auch, dass wir eine Reihe dieser

    unsozialen Belastungsspitzen wieder abgeschafft haben.
    Heute gibt es für den Krankenversicherungsbeitrag nicht
    weniger Leistung, sondern mehr.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Nein! Lesen Sie einmal nach!)





    Fritz Schösser
    17442


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Wahrscheinlich sind Sie nicht gesetzlich krankenversi-
    chert, sonst würden Sie anders reden. Ich bin bei der AOK
    versichert und kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen,
    was da läuft. Herr Thomae, Sie reden immer nur über
    Dinge, die Sie nicht betreffen.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Dann fragen Sie einmal die chronisch Kranken, inwiefern sie davon betroffen sind!)


    Wir wissen, dass das Gesundheitswesen in Deutsch-
    land im Hinblick auf Mitteleinsatz und Nutzen, also in
    Bezug auf die Effizienz, nach einer Studie der Weltge-
    sundheitsorganisation in der Welt nur an 25. Stelle steht.
    Wir liegen auch bei der Lebenserwartung unserer Bevöl-
    kerung sowie bei weiteren Gesundheitsfaktoren wie
    Herz-Kreislauferkrankungen und Krebserkrankungen nur
    im Mittelfeld vergleichbarer Nationen. Defizite sind auch
    bei der Bekämpfung chronischer Erkrankungen wie zum
    Beispiel Diabetes und Asthma auszumachen. Wir zahlen
    also vergleichsweise mehr Geld als andere für Gesund-
    heitsgüter, erhalten dafür aber nur durchschnittliche, ja
    mittelmäßige Ergebnisse. Herr Wolf, unsere österreichi-
    schen Nachbarn beispielsweise erreichen einen vergleich-
    baren medizinischen Standard mit einem Aufwand, der
    – gemessen am Bruttosozialprodukt – um 25 Prozent nie-
    driger ist als bei uns.

    Welche logische Folge ergibt sich nun aus diesem Tat-
    bestand? Dem Gesundheitswesen steht nach wie vor
    genügend Geld zur Verfügung. Es wird aber alles andere
    als optimal eingesetzt. Ich fordere Sie auf: Verteilen Sie
    nicht weiterhin verbale Ruhekissen an die Schlafmützen
    unter den Leistungserbringern im Gesundheitswesen!

    Ihre Behauptung war zum Beispiel – ich zitiere noch
    einmal Horst Seehofer; er sagt das in „Klartext“ im Okto-
    ber 1999 –:

    In keinem anderen Politikfeld wurde so eisern ge-
    spart wie im deutschen Gesundheitswesen.

    Das ist schlichtweg falsch und ein fatales Signal für die
    Leistungserbringer. Sie haben nicht gespart; Sie haben
    Versicherte und Patienten einseitig belastet. Wer so dis-
    kutiert, der verteilt Freifahrtscheine für alle, die die Wirt-
    schaftlichkeit im Gesundheitswesen mit Füßen treten. Es
    darf nicht sein, dass weiterhin Geld teilweise in den
    falschen Kanälen versickert, wo es zwar verbraucht wird,
    aber entweder wenig oder gar keinen Nutzen hat.

    Die mit der Gesundheitsreform 2000 beschlossene
    Budgetierung war also vom Grundsatz her berechtigt.
    Die Budgetierung sollte alle am Gesundheitswesen Betei-
    ligten dazu anhalten, der Geldverschwendung endlich den
    Riegel vorzuschieben und Wirtschaftlichkeitsreserven zu
    mobilisieren.

    Dem niedergelassenen Arzt sollte dabei eine besondere
    Schlüsselrolle zukommen. Er verursacht zwar nur 17 Pro-
    zent der Kosten, macht aber direkt oder indirekt weitere
    28 Prozent als Auslöser geltend. Dafür sollten die nieder-
    gelassenen Ärzte auch in hohem Maße die finanzielle Ver-
    antwortung mittragen.

    Statt in dieser Maßnahme nun eine Chance zu erken-
    nen, haben Sie von der Opposition zur Rechten diesen

    richtigen Gedanken mit Ihrer Polemik politisch verun-
    glimpft und die Ärzteschaft geradezu ermuntert, gegen
    die Budgetierung Sturm zu laufen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Detlef Parr [F.D.P.]: Politisch verunglimpfend war Ihr Wahlkampf!)


    Soweit es sich dabei nur um politischen Protest han-
    delte, kann man eigentlich noch darüber hinwegsehen.
    Man darf aber nicht übersehen, meine Damen und Herren,
    dass sich damit Partikularinteressen in übler Weise und
    auf Kosten der Versichertengemeinschaft breit gemacht
    haben.

    Unverzeihbar ist das Verhalten einiger Ärzte, sich der
    Budgetierung trotzig zu verweigern oder sie ohne Not auf
    dem Rücken der Patienten auszutragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Sie kennen die Praxis nicht!)


    Die Chance, durch die Budgetierung zu mehr Wirtschaft-
    lichkeit und Effizienz zu kommen, ist vertan. Darauf kön-
    nen Sie stolz sein, meine Herren von der Union!


    (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Frauen auch!)


    – Im Wesentlichen rühren sich dabei ja die Herren, die
    Herren Wolf, Lohmann, Seehofer usw. Ich wollte die Da-
    men an der Stelle noch schonen. Sie kommen erst nach-
    her. Das werde ich dann mit Zwischenrufen machen.

    Es geht also darum, Einsparziele zur Geltung zu bringen.
    Jetzt aber gilt es, die Vertrauensbasis zu stärken, also

    den Schaden, den Sie mit Ihrer Polemik angerichtet ha-
    ben, einigermaßen wieder zu bereinigen. Deshalb wird es
    ein Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz geben. Dieses
    Gesetz wird sich von Ihrer Gesetzesinitiative unter ande-
    rem dadurch unterscheiden, dass wir den Vertragspartnern
    klar und eindeutig mit auf den Weg geben, auf KV-Ebene
    Prüfungen nach Richtgrößen vorzunehmen und abge-
    stufte Sanktionen bis hin zu einem Regress für die Ärzte
    festzulegen, die unwirtschaftlich verordnen. Das ist die
    Konsequenz.

    Großzügige Freigrenzen, wie Sie sie beispielsweise
    vorsehen, sind meines Erachtens geradezu lächerlich.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Warten wir ab!)

    Regressnotwendigkeiten festschreiben zu wollen, wenn
    die Richtgrößen um 25 Prozent überschritten sind, das
    öffnet Tür und Tor für die Verschwendung.

    Also: Die Ärzte bleiben auch nach dem Wegfall der
    Kollektivhaftung in der Verantwortung. Insbesondere die
    Ärzteschaft muss klar wissen, dass die Bundesgesund-
    heitsministerin ihnen ein neuerlich großes Vertrauen mit
    in die Zukunft gibt


    (Zuruf von der SPD: Genauso ist es!)

    und dass es jetzt darum geht, dass die Selbstverwaltung
    im Gesundheitswesen endlich reagiert und ihre Hausauf-
    gaben macht.




    Fritz Schösser

    17443


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    In diesem Sinne kommen wir, so glaube ich, ein gutes
    Stück vorwärts und kommen auch nach dem runden Tisch
    zu einer Reform, die sich sehen lassen kann und die das
    Leistungsprinzip, das Prinzip der gesetzlichen Kranken-
    kassen in der Bundesrepublik Deutschland auf einen si-
    cheren Zukunftspfad bringt.

    Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Letzte Rednerin in
dieser Debatte ist die Kollegin Annette Widmann-Mauz
für die CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Annette Widmann-Mauz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsi-
    dentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Das po-
    litische Kalkül Schröders, den Gesundheitsbereich bis
    zur Bundestagswahl ruhig zu stellen, geht, auch wenn
    Sie es heute wieder versucht haben, nicht auf. Der
    Dampf im Kessel einer gescheiterten Politik sucht sei-
    nen Ausweg. Die Beitragssätze steigen allein in diesem
    Jahr dramatisch: bis zu einem Beitragssatzpunkt mehr.
    Das ist kein Pappenstiel. Das ist die dramatischste
    Beitragserhöhung der gesetzlichen Krankenkassen, die
    die Menschen in unserem Land seit Jahren hinnehmen
    müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich muss schon sagen: All die Reden, die in dieser Debatte
    von den Vertretern der Koalitionsfraktionen gehalten wur-
    den, zeigen einmal mehr, wie weit Sie sich in so kurzer
    Zeit, in gerade einmal zweieinhalb Jahren, von der Rea-
    lität im Gesundheitswesen, aber vor allen Dingen von den
    Menschen und ihren Befindlichkeiten in unserem Land
    entfernt haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die AOK Bayern hat die Anhebung bereits vollzogen:

    plus 0,5 Prozent. Herr Schösser, ich hätte mich gefreut,
    wenn Sie heute erläutert hätten, wie Ihre Kollegen vom
    DGB Bayern bei dieser Beitragserhöhung die Begrün-
    dung formuliert haben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Sie waren ja mit dabei. Es wäre ganz interessant gewe-
    sen, zu hören, warum die AOK Bayern die Beiträge er-
    höht hat. Ich kann ja verstehen, dass Sie dazu nichts ge-
    sagt haben;


    (Fritz Schösser [SPD]: Das könnte ich Ihnen schon sagen!)


    denn wenn Sie es getan hätten, wäre allen Menschen in
    diesem Hause und in unserem Land deutlich geworden,
    dass der Versuch, den Sie heute machen wollen – zu sug-
    gerieren, dass unsere Regierungspolitik daran schuld sei –,
    nicht aufgegangen wäre. Die Verantwortlichkeiten werden
    klar Ihrer Regierung zugewiesen.


    (Fritz Schösser [SPD]: Was wollen Sie denn damit sagen?)


    – Dass Sie sich heute davor gedrückt haben, die Realitä-
    ten und die Wahrheiten, die zu diesen Beitragsbelastungen
    geführt haben, zu benennen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die AOK Hamburg: plus 4 Prozent.


    (Fritz Schösser [SPD]: 0,4 Prozent!)

    Die AOK Hessen hat ebenfalls Erhöhungen beschlossen.
    Ende nächster Woche heißt es dort: plus 1 Prozent. Wei-
    tere Kassen werden spätestens zum Jahreswechsel nach-
    legen und ebenfalls drastisch erhöhen müssen.


    (Zuruf des Abg. Fritz Schösser [SPD])

    – Wissen Sie, das ist ganz einfach: Die Bevölkerung – die
    Beitragszahler – wird Ihre Äußerungen und Ihre Zwi-
    schenrufe in wenigen Wochen und Monaten ganz klar an-
    hand der Abrechnungen vergleichen können.


    (Fritz Schösser [SPD]: Sie sagen ja auch, Hamburg erhöht um 4 Prozent!)


    Da geht eben nichts mehr mit Versprechungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Das Ganze ist die Fortsetzung einer unsäglichen Poli-
    tik im Gesundheitsbereich.