Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001
Custode
16790
(C)
(D)
(A)
(B)
2) Anlage 101) Anlage 9
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16791
(C)
(D)
(A)
(B)
Albowitz, Ina F.D.P. 18.05.2001
Dr. Bergmann-Pohl, CDU/CSU 18.05.2001
Sabine
Dr. Blank, CDU/CSU 18.05.2001
Joseph-Theodor
Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 18.05.2001
Bodewig, Kurt SPD 18.05.2001
Bohl, Friedrich CDU/CSU 18.05.2001
Brüderle, Rainer F.D.P. 18.05.2001
Brunnhuber, Georg CDU/CSU 18.05.2001
Bulmahn, Edelgard SPD 18.05.2001
Carstens (Emstek), CDU/CSU 18.05.2001
Manfred
Catenhusen, SPD 18.05.2001
Wolf-Michael
Ehlert, Heidemarie PDS 18.05.2001
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 18.05.2001
DIE GRÜNEN
Elser, Marga SPD 18.05.2001
Eppelmann, Rainer CDU/CSU 18.05.2001
Erler, Gernot SPD 18.05.2001
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 18.05.2001
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 18.05.2001
Friedrich (Altenburg), SPD 18.05.2001
Peter
Goldmann, F.D.P. 18.05.2001
Hans-Michael
Gröhe, Hermann CDU/CSU 18.05.2001
Hauser (Bonn), Norbert CDU/CSU 18.05.2001
Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 18.05.2001
DIE GRÜNEN
Hoffmann (Chemnitz), SPD 18.05.2001*
Jelena
Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 18.05.2001
Klappert, Marianne SPD 18.05.2001
Kors, Eva-Maria CDU/CSU 18.05.2001
Dr. Küster, Uwe SPD 18.05.2001
Lamers, Karl CDU/CSU 18.05.2001
von Larcher, Detlev SPD 18.05.2001
Leidinger, Robert SPD 18.05.2001
Lengsfeld, Vera CDU/CSU 18.05.2001
Lennartz, Klaus SPD 18.05.2001
Leutheusser- F.D.P. 18.05.2001
Schnarrenberger, Sabine
Link (Diepholz), CDU/CSU 18.05.2001
Walter
Lippmann, Heidi PDS 18.05.2001
Lörcher, Christa SPD 18.05.2001*
Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 18.05.2001
Erich
Mogg, Ursula SPD 18.05.2001
Ost, Friedhelm CDU/CSU 18.05.2001
Ostertag, Adolf SPD 18.05.2001
Pieper, Cornelia F.D.P. 18.05.2001
Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 18.05.2001
Rübenkönig, Gerhard SPD 18.05.2001
Scharping, Rudolf SPD 18.05.2001
Dr. Scheer, Hermann SPD 18.05.2001
Schmidt (Fürth), CDU/CSU 18.05.2001
Christian
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 18.05.2001
Hans Peter
Schöler, Walter SPD 18.05.2001
Freiherr von CDU/CSU 18.05.2001
Schorlemer, Reinhard
Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 18.05.2001
Schultz (Everswinkel), SPD 18.05.2001
Reinhard
Schütz (Oldenburg), SPD 18.05.2001
Dietmar
Sebastian, CDU/CSU 18.05.2001
Wilhelm-Josef
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 18.05.2001
Sigrid
Dr. Spielmann, Margrit SPD 18.05.2001
Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 18.05.2001
Steinbach, Erika CDU/CSU 18.05.2001
Dr. Freiherr von CDU/CSU 18.05.2001
Stetten, Wolfgang
Störr-Ritter, Dorothea CDU/CSU 18.05.2001
Wieczorek-Zeul, SPD 18.05.2001
Heidemarie
Wiesehügel, Klaus SPD 18.05.2001
Wissmann, Matthias CDU/CSU 18.05.2001
Wistuba, Engelbert SPD 18.05.2001
Wohlleben, Verena SPD 18.05.2001
Zapf, Uta SPD 18.05.2001
Zierer, Benno CDU/CSU 18.05.2001**
Zöller, Wolfgang CDU/CSU 18.05.2001
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung
des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Sylvia Voß (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf
eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergän-
zung des Anspruchs- und Anwartschaftsüber-
führungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz –
2. AAÜG-ÄndG) (Tagesordnungspunkt 18 a)
Der vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich an den
Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundes-
sozialgerichts und berücksichtigt nicht die besonderen
Ansprüche, die aus der strukturellen Gestaltung der Al-
tersversorgung der DDR heraus einem großen Teil der
Bevölkerung der neuen Bundesländer zustehen.
Dies betrifft mithelfende Familienangehörige in der
Land- und Forstwirtschaft, Beschäftigte der Deutschen
Post und der Reichsbahn der DDR wie auch Behinderte
und Angehörige bestimmter Berufsgruppen – Gesund-
heitswesen der DDR – ebenso wie alle in die willkürlich
festgelegte Kategorie „staatsnah“-eingestuften Bürger.
Letztere sind meist Angehörige der Intelligenz der DDR
wie Theaterregisseure, Filmemacher, Direktoren, Ärzte,
Musiker etc.
Unserer Verantwortung als Abgeordnete haben wir für
die Bürger in Ost und West gleichermaßen gerecht zu wer-
den. An uns liegt es, Fehler der Vergangenheit nicht zu
wiederholen, sondern sie zu korrigieren.
Die heute zur Abstimmung stehende abschließende
Regelung der Rentenansprüche der Bürger der neuen
Bundesländer trägt diesem Anspruch nicht ausreichend
Rechnung; siehe oben genannte Beispiele. Aus diesem
Grund lehne ich diesen Gesetzesentwurf ab.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker (SPD)
zurAbstimmung über den Entwurf eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des An-
spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes
(2. AAÜG-Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG)
(Tagesordnungspunkt 18 a)
Mit dem heute zur Verabschiedung stehenden Zweiten
Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs-
und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-Än-
derungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG) werden die Reste po-
litisch motivierter Entgeltbegrenzungen – in der Öffent-
lichkeit kurz „Rentenstrafrecht“ genannt – leider nicht
beseitigt. Vielmehr wird nur eine halbherzige Korrektur
bisher geltender Regelungen vorgenommen.
Ich halte es für falsch, die Gesetzesnovellierung nur
auf die Umsetzung dessen zu beschränken, was sich aus
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf
diesem Gebiet unmittelbar zwingend ergibt, aber die dem
Gesetzgeber gegebenen Möglichkeiten für Verbesserun-
gen, die aus staatspolitischer Weitsicht im Interesse unse-
res Landes geboten sind, nicht wahrzunehmen.
Gerade darauf kommt es aber an, um den Menschen in
Deutschland den hohen Wert des Rechtsstaates zu ver-
deutlichen, der wegen der Wertneutralität des Renten-
rechts die bestehenden Ungleichbehandlungen nicht
zulässt.
Meine Kritikpunkte beziehen sich auf folgende Rege-
lungen, die mit der heutigen Novellierung des Renten-
rechts hätten beseitigt werden sollen:
Regelung in § 6 AAÜG in der Fassung des Renten-
überleitungs-Ergänzungsgesetzes für den Personenkreis,
der aufgrund der Wahrnehmung politischer Verantwor-
tung oder Mitverantwortung in der DDR ein besonders
hohes Einkommen hatte, bei der es auch nach der Geset-
zesnovellierung bleiben soll. Diese Regelung wurde vom
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung selbst
als „nicht unproblematisch“ bezeichnet, „da sich das Bun-
desverfassungsgericht bislang zwar nicht ausdrücklich
mit dieser Frage befasst hat, aber bereits Verfahren an-
hängig sind, die offensichtlich lediglich wegen der Akti-
vitäten des Gesetzgebers zum Ruhen gebracht wurden“.
Mit einer solchen Verfahrensweise wird aus meiner Sicht
der Vorwurf in der Öffentlichkeit genährt, dass politische
Verantwortung von Legislative und Exekutive auf das
Bundesverfassungsgericht abgeschoben wird.
Beibehaltung der generellen Entgeltbegrenzung bei
den Renten für ehemalige Angehörige des Ministeriums
für Staatssicherheit der DDR, das heißt lediglich Anhe-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116792
(C)
(D)
(A)
(B)
bung der Begrenzung von jetzt 70 Prozent des DDR-Ein-
kommensdurchschnitts auf 100 Prozent des DDR-Ein-
kommensdurchschnitts.
Ich habe mich, wie auch andere Mitglieder des Deut-
schen Bundestages, stets und insbesondere gegenüber den
Wählerinnen und Wählern in meinem Wahlkreis gegen
jegliche Ungleichbehandlung im Rentenrecht ausgespro-
chen und für den Fall meiner Wiederwahl 1998 meinen
aktiven Einsatz in diesem Sinne zugesagt. Zu diesem
Wort stehe ich und werde gegen die heute zur Abstim-
mung stehende Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgeset-
zes trotz der darin enthaltenen Verbesserungen – zum Bei-
spiel für die ehemaligen Mitarbeiter von Reichsbahn und
Post in der DDR – stimmen, da ich die Beibehaltung der
dargestellten Entgeltbegrenzungen nicht mittragen kann.
Dabei ist mir bewusst, dass diese meine Auffassung
nicht auf die ungeteilte Zustimmung der Öffentlichkeit
– insbesondere bei den Opfern des SED-Regimes, für de-
ren berechtigte Interessen ich mich immer eingesetzt
habe – stoßen wird. Trotzdem halte ich eine Instrumenta-
lisierung des Rentenrechts zur Auseinandersetzung mit
SED-Unrecht und dem DDR-Staat wegen des begrenzten
Erfolgs anderer Formen der Auseinandersetzung bzw.
Aufarbeitung prinzipiell für falsch und warne davor, die
politische Wertneutralität des Rentenrechts, die ein tragen-
der Grundsatz des Rechts der Bundesrepublik Deutsch-
land ist, weiter zu verletzen.
Meine Auffassung wird auch dadurch bestärkt, dass im
Zuge der Novellierung des AAÜG Rentenkappungen für
Funktionäre der SED und der Blockparteien – bis auf die
bereits erwähnte Gruppe, die aufgrund ihrer politischen
Verantwortung oder Mitverantwortung in der DDR ein
besonders hohes Einkommen hatte – aufgehoben wurden.
Somit realisieren frühere Funktionäre des SED-Partei-
und Staatsapparates, die nach dem Staatsverständnis der
DDR auch gegenüber dem MfS die „führende Rolle“ aus-
übten, ihre vollen Rentenansprüche, abgesehen von der
allgemeinen 1.8-Entgeltpunktebegrenzung.
Dazu kommt, dass die bestehenden und von mir kriti-
sierten Rentenkappungen in keiner Weise bei höheren und
hohen Funktionsträgern des NS-Staates und seinen „Son-
dergliederungen“ vorgenommen wurden, sondern Versor-
gungsansprüche von Personen, die am 8. Mai 1945 im öf-
fentlichen Dienst standen, nach meiner Kenntnis – gemäß
der Intention des Art. 131 GG – gleichwertig übergeleitet
wurden.
Die bestehenden kollektiven rentenrechtlichen Kap-
pungen für Dienstverhältnisse während der DDR-Zeit
ohne Prüfung der individuellen Anspruchsverwirkung er-
scheinen im Übrigen nicht nachvollziehbar, wenn man die
Dienst- und Rechtsverstöße von Verantwortungsträgern
aus Politik und öffentlicher Verwaltung der Bundesrepu-
blik Deutschland – nicht nur in der jüngsten Zeit – in Be-
tracht zieht, die keinerlei Auswirkungen auf bereits er-
worbene versorgungsrechtliche Anwartschaften hatten.
Besonders bedaure ich, dass es nicht gelungen ist, eine
Mehrheit dafür zu finden, eine Änderung des Regie-
rungsentwurfs zum 2. AAÜG-Änderungsgesetz im Sinne
von Vorschlägen aus dem Kreis der Betroffenen vorzu-
nehmen. Diese hatten bekanntlich als Kompromiss vor-
geschlagen, zusätzlich zum Durchschnitt (1.0-Entgelt-
punkte) lediglich die Hälfte des darüber hinausgehenden
Gehalts bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenbe-
rechnung zugrunde zu legen.
Aus allen diesen Gründen werde ich gegen das
2. AAÜG-Änderungsgesetz stimmen.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/
CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung: Zweite Verordnung zur Änderung der
Verpackungsverordnung (Tagesordnungspunkt
21 a)
Der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Verpackungs-
verordnung werde ich zustimmen.
Begründung: Die unter der CDU/CSU-geführten Bun-
desregierung erlassene Verpackungsverordnung vom
21. August 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 2379) sieht –
wie bereits die Verpackungsverordnung vom 12. Juni
1991 (Bundesgesetzblatt I Seite 1234) – einen besonderen
Schutz für ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackun-
gen, also regelmäßig Mehrwegverpackungen, vor. Als In-
strument dient eine Pfandpflicht für Einweg-Getränke-
verpackungen, die im Falle des Unterschreitens eine
Mehrwegmindestquote von bundesweit 72 Prozent in den
Getränkebereichen greift, bei denen der Anteil von Mehr-
wegverpackungen des Jahres 1991 unterschritten ist.
Nachdem in den letzten Jahren eine starke Beschleuni-
gung des Abwärtstrends des Anteils der umweltfreundli-
chen Mehrwegverpackungen festzustellen war, wäre nach
geltendem Recht noch im Jahre 2001 eine Pfandpflicht in
den Bereichen Bier und Mineralwasser einzuführen.
Mit der vom Bundeskabinett am 2. Mai 2001 be-
schlossenen Zweiten Verordnung zur Änderung der Ver-
packungsverordnung soll nunmehr ab 1. Januar 2002 ein
Pflichtpfand in Höhe von mindestens 0,25 Euro für alle
Getränkeverpackungen gelten, die keine ökologisch vor-
teilhaften Verpackungen sind; ab einem Füllvolumen von
mehr als 1,5 Liter beträgt dieses Pfand mindestens
0,50 Euro. Ausgenommen sind die Getränkebereiche
Wein, Sekt und Spirituosen.
Die vorgeschlagene Novellierung der Verpackungsver-
ordnung trägt dem Ziel, ökologisch vorteilhafte Geträn-
keverpackungen zu stabilisieren und zu fördern, um damit
Abfall zu vermeiden und Ressourcen zu schonen, Rech-
nung und führt zu einer Vereinfachung der bisherigen
Rechtslage. Sowohl wissenschaftliche Untersuchungen
als auch Erfahrungen im Ausland belegen, dass eine Pfand-
pflicht für Einweg-Getränkeverpackungen Lenkungswir-
kung pro Mehrweg entfaltet. Mit der Neuregelung wird
das Abstellen auf die Unterschreitung einer Mehrweg-
mindestquote von 72 Prozent entbehrlich. Auch werden
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16793
(C)
(D)
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(B)
alle Getränkebereiche, für die die Pfandpflicht gilt, gleich
behandelt, während nach der geltenden Rechtslage zum
gegenwärtigen Zeitpunkt beispielsweise Bierdosen mit
50 Pfennig Pfand belegt werden würden, wohingegen dies
für Erfrischungsgetränke wie Coca-Cola aber nicht der
Fall wäre.
Der Schutz der Abfall vermeidenden und umwelt-
freundlichen Getränkemehrwegsysteme hat besonders für
den Freistaat Bayern Bedeutung. Bayern hat neben Ba-
den-Württemberg bundesweit die höchsten Mehrwegquo-
ten und zeichnet sich durch eine funktionierende mittel-
ständische Getränkewirtschaft aus. Dies gilt vor allem für
die Brauwirtschaft, da 667 von insgesamt noch 1 270 deut-
schen Brauereien in Bayern beheimat sind. Gerade mein
Bundeswahlkreis Bayreuth zeichnet sich durch eine hohe
Dichte kleiner und mittelständischer Brauereien aus. Ge-
meinsam mit der Stadt und dem Landkreis Bayreuth ha-
ben diese Brauereien eine vorbildliche Aktion „Let’s go
Mehrweg“ ins Leben gerufen, die in der Bevölkerung
großen Zuspruch gefunden hat.
Brauereien, Getränkeabfüller sowie Getränkefach-
großhandel und Getränkeeinzelhandel befürworten das
Pflichtpfand auf ökologisch nachteilige Getränkever-
packungen und haben im Vertrauen auf die seit 1991 gel-
tende Verpackungsverordnung alleine in Bayern Hunderte
von Millionen DM in das Getränkemehrwegsystem inves-
tiert. Die Kosten für den Aufbau eines Einweg-Rücknah-
mesystems für Hersteller und Vertreiber sind vertretbar,
wobei sich Erlöse für das in die Verwertung eingebrachte
Sekundärmaterial, das darüber hinaus zu einer sortenrei-
nen Erfassung führt, kostenreduzierend auswirken.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Bernhard Brinkmann (Hil-
desheim), René Röspel, Willi Brase, Heino Wiese
(Hannover) und Andrea Nahles (alle SPD) zur
Abstimmung über die Beschlussempfehlung:
Zweite Verordnung zur Änderung der Ver-
packungsverordnung (Tagesordnungspunkt 21 a)
Wir stimmen der Änderung der Verpackungsverord-
nung zu, obwohl wir in einigen Bereichen grundsätzliche
umweltpolitische Bedenken haben, die wir nachfolgend
noch einmal deutlich benennen möchten. Die Ver-
packungsverordnung von 1991 und die Novellierung von
1998 sehen bei Unterschreiten einer Mehrwegquote die
Einführung eines Pfandes für Getränkeeinwegverpackun-
gen vor. Ohne hier auf die einzelnen Unzulänglichkeiten
der alten Verpackungsverordnung einzugehen, möchten
wir feststellen, dass für uns eine Abgabe auf Einwegver-
packungen die deutlich bessere Lösung darstellen würde.
Trotz intensiver Verhandlungen ist es der Bundesregie-
rung nicht gelungen, die Wirtschaftsverbände von der
Vorteilhaftigkeit einer Abgabe zu überzeugen. Der BDI
hat im Sommer des Jahres 2000 grundsätzliche ordnungs-
politische Bedenken geäußert. Daher wurde dieses Ziel
nicht mehr weiter verfolgt.
Ob die jetzt vom Bundestag zu verabschiedende Ver-
packungsverordnung wirklich die ökologischen Auswir-
kungen hat und zu einem Anstieg oder auch nur zu einer
Stabilisierung der Mehrwegquote führt, halten wir für
fraglich. Jedenfalls lassen die Erfahrungen aus Schweden
einen solchen Schluss nicht zwingend zu.
Allerdings sind die vorliegenden alternativen Überle-
gungen aus den Bundesländern und den Oppositionsfrak-
tionen nicht weiterführend, sondern würden einen um-
weltpolitischen Offenbarungseid bedeuten. Im Kern
zielen sie auf ein Moratorium, was zu einer weiteren Ab-
senkung der Mehrwegquote führen würde, die nach neu-
esten Erhebungen im Frühjahr des Jahres 2001 nur noch
bei 66 Prozent liegt.
Eine wirksame Erhöhung der Mehrwegquote kann nur
dann erreicht werden, wenn die Getränke in ökologisch
nachteiligen Einwegverpackungen deutlich verteuert
werden und somit auch durch Quersubventionierungen
kein Preisvorteil mehr erzielt werden kann. Statt einer
Abgabe hätte man hier auch an eine Verteuerung der Li-
zenzentgelte denken können, die den Verteuerungseffekt
gebracht hätten. Auch hierfür gab es leider keine Mehr-
heiten.
Wir stimmen somit der zweitbesten Lösung zu, da die
anderen zur Abstimmung stehenden Alternativkonzepte
ökologisch und ökonomisch keinen Sinn machen. Insbe-
sondere muss neben den umweltpolitischen Vorstellungen
auch wirtschaftspolitisch vernünftig gehandelt werden.
Hierbei geht es uns insbesondere um die Sicherung der
mittelständischen Brauereien und Mineralwasserbrun-
nen, die angesichts der Einwegflut erhebliche wirtschaft-
liche Probleme bekommen. Die Aufrechterhaltung mittel-
ständischer Strukturen in allen Wirtschaftsbereichen ist
ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Politik.
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Für eine wirksame
und vernunftgeleitete Chemikaliengesetzgebung
(Tagesordnungspunkt 19)
Dr. Carola Reimann (SPD): Zum zweiten Mal inner-
halb von zwei Sitzungswochen steht heute die Chemiepo-
litik auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.
Daran können die Bürgerinnen und Bürger ablesen, dass
wir uns mit diesem Thema auseinander setzen. Und daran
lässt sich ablesen, dass wir uns derzeit intensiv mit diesem
Themenbereich beschäftigen.
Thema heute ist das vorliegende Weißbuch zur Che-
mikalienpolitik. Bislang besteht die unbefriedigende Si-
tuation, dass Stoffe, die seit 1981 auf den Markt kommen,
einem Zulassungsverfahren unterliegen, in dem die Ge-
fährdung für Mensch und Umwelt beurteilt wird. Alle
Stoffe, die jedoch vor 1981 bereits auf dem Markt waren –
und das ist die Mehrzahl aller verwendeten Chemika-
lien –, sind niemals einer systematischen Bewertung hin-
sichtlich ihrer Gefährlichkeit für Umwelt und Gesundheit
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116794
(C)
(D)
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(B)
von Verbrauchern und Verbraucherinnen unterzogen wor-
den.
Derzeit gibt es nur einzelne Regelungen zu einzelnen
Stoffen und Zubereitungen. Das ist der Grund, weshalb
wir uns letzte Woche mit den kurzkettigen Chlorparaffi-
nen auseinander setzen mussten. Aber es fehlt eine um-
fassende Regelung; sonst sitzen wir hier Woche für Wo-
che, um für jeden Stoff die Diskussion von vorne zu
beginnen. Einen Vorgeschmack boten die kurzkettigen
Chlorparaffine – die Kette der zu behandelnden Stoffe ist
dagegen lang. Die gegenwärtige Chemikalienpolitik der
EU ist dabei durch enorme Datenlücken, Bewertungs-
rückstände und Managementdefizite bei den Altstoffen
gekennzeichnet.
Das vorliegende Weißbuch sieht jetzt eine einheitliche,
systematische Beurteilung aller Chemikalien vor – nicht
nur der Neustoffe, sondern auch der Altstoffe. Dies
möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich begrüßen. Eine
nachhaltige, verbraucherschutzorientierte Chemikalien-
politik braucht eine systematische, seriöse Datengrund-
lage.
Herz des Weißbuches für eine zukünftige Chemikali-
enpolitik ist ein Verfahren zur Registrierung, Evaluierung
und Zulassung von Chemikalien, kurz REACh genannt.
Auch diesen Vorschlag des Weißbuches möchte ich aus-
drücklich begrüßen. Die darin von der Kommission vor-
gelegte Strategie ist ein richtiger, ein positiver Schritt hin
zu einem zukunftsorientierten und in sich schlüssigen Ri-
sikomanagement. Das vorgeschlagene REACh-System
bietet eine realistische Perspektive zur Beseitigung der
enormen Datenlücken und Bewertungsrückstände. Das
System basiert auf Kooperation der Behörden und der In-
dustrie, die ich ausdrücklich begrüße.
Dennoch bedarf es weiterer Konkretisierungen; wich-
tige Detailfragen für die Umsetzung sind noch zu klären.
Dabei berücksichtigen die Kollegen der F.D.P. mit den
von ihnen aufgeführten Punkten nur einzelne Bereiche.
Konkretisierungen im Sinne des Umwelt- und Verbrau-
cherschutzes kommen da zu kurz. Lassen sie mich exem-
plarisch drei nennen.
Wir müssen auch Stoffe in Produkten berücksichtigen.
Wer einen gefährlichen Stoff in einem der Mitgliedstaaten
der Europäischen Union herstellt und verarbeitet, darf
nicht anderen Bestimmungen unterliegen als jemand, der
ein Produkt einführt, das denselben gefährlichen Stoff
verarbeitet enthält. Das benachteiligt die Produzenten in-
nerhalb der Europäischen Union gegenüber den Impor-
teuren. Das benachteiligt die chemische Industrie in
Deutschland und bietet keinen wirksamen Schutz von
Umwelt und Gesundheit vor gefährlichen Stoffen.
Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher
brauchen wir eine Kennzeichnungspflicht. Wir wollen,
dass die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden kön-
nen, welche Inhaltsstoffe sie mit ihrem Kauf unterstützen.
Die Beweislast für die Unschädlichkeit eines Produk-
tes wird in Zukunft bei den Unternehmen liegen, die diese
Stoffe herstellen oder importieren. Bei der Erhebung der
Daten in Kooperation mit der Industrie müssen wir den
zügigen Informationstransfer sicherstellen. Das bedeutet
auch, dass wir Sanktionen brauchen, wenn Fristen nicht
eingehalten werden.
Sie sehen selbst: Der Antrag, den wir heute diskutieren,
ist in vielen Punkten unvollständig. Aber ich freue mich
besonders, dass Sie sich positiv auf die Bundesregierung
beziehen, wenn Sie ganz im Sinne der Antwort der Bun-
desregierung auf Ihre kleine Anfrage das weitere Handeln
fordern. Übereinstimmungen bestehen hier im Hause ge-
nug. Ich hoffe, dass wir über unsere unterschiedlichen An-
sichten konstruktiv streiten und uns auseinander setzen
können.
Unsere Ziele in der Chemiepolitik sind eindeutig: Wir
wollen den Schutz des Menschen und der Umwelt errei-
chen und wir wollen den für uns wichtigen Bereich der
chemischen Industrie international wettbewerbsfähig er-
halten. Wir wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher
über die Produkte, die sie benutzen, aufklären und Ge-
fahrstoffe aus dem Verkehr ziehen. Um diese Ziele zu er-
reichen, ist das vorliegende Weißbuch ein Schritt in die
richtige Richtung.
Die von mir genannten Punkte wollen wir in der Dis-
kussion ergänzen und dann gemeinsam politische Lösun-
gen auf EU-Ebene erreichen, die den Menschen sowie der
Umwelt nützen und mit der die chemische Industrie ar-
beiten kann.
Dr. Paul Laufs (CDU/CSU): Das Chemikalienrecht
ist stoff- und produktbezogen und wird deshalb weitge-
hend von der Europäischen Union gesetzt und ausgestal-
tet. Es ist in viele Einzelrichtlinien aufgesplittert und ist
inzwischen überkompliziert, unübersichtlich und im Voll-
zug unnötig bürokratisch und ineffizient geworden. Die
EU-Altstoff-Verordnung von 1993 ist gründlich fehlge-
schlagen.
Wir begrüßen deshalb, dass die Europäische Union die
systematische Reform und grundlegende Modernisierung
des Chemikalienrechts in Angriff genommen hat. Die
Kommission hat dazu ein Weißbuch mit Eckpunkten vor-
gelegt, das bis Mitte dieses Jahres im Europäischen Par-
lament und vom Ministerrat beraten wird. Danach wird
die Kommission einen Gesetzentwurf, vermutlich in
Form eines Richtlinienentwurfs, vorlegen. Es ist also jetzt
der richtige Zeitpunkt, um aus deutscher Sicht im Inte-
resse des Chemiestandorts Deutschland Stellung zu neh-
men. Es ist das Verdienst der F.P.D.-Fraktion, mit ihrer
Initiative dazu Gelegenheit zu geben.
Die im Weißbuch für eine zukünftige Chemikalienpo-
litik enthaltenen Zielsetzungen werden von uns ganz
überwiegend gutgeheißen, insbesondere auch das einheit-
liche Konzept für neue und alte Stoffe. Bei der Lektüre
des Weißbuches hat man allerdings den Eindruck, als
müsse der Prozess der Risikobewertung von Altstoffen
erst noch beginnen. In staatlicher Regie gemäß der EU-
Altstoff-Verordnung sind in der Tat erst ganz wenige der
über 100 000 Chemikalien, die schon vor September 1981
auf dem Markt waren, abschließend untersucht worden.
In Deutschland hat sich die Berufsgenossenschaft der
chemischen Industrie bereits seit dem Jahr 1977 mit der
Prüfung von Altstoffen befasst und für nunmehr 224
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16795
(C)
(D)
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(B)
Stoffe toxikologische Bewertungen ausgearbeitet. Wir be-
grüßen ausdrücklich, dass die Kommission in Anlehnung
an das deutsche Verfahren vorschlägt, die systematische
Überprüfung der etwa 1 000 in Deutschland produzierten
Großstoffe in die Hauptverantwortung der Industrie zu le-
gen. Wir merken aber kritisch an, dass es an einem einfa-
chen und transparenten Schutz der Eigentumsrechte an
Daten und Risikobewertungen der Hersteller, Weiterver-
arbeiter und Anwender gegenüber ihren Wettbewerbern
noch fehlt.
Die Kommission will den Verbrauchern Zugang zu In-
formationen über Chemikalien geben, damit sie selbst
entscheiden können, welche Chemikalien sie benutzen
wollen. In der jüngsten Ergänzungslieferung der Berufs-
genossenschaft finden wir Untersuchungsergebnisse für
17 Stoffe wie zum Beispiel Chlornitrobenzole, Triisobu-
tylphosphat, Vinylethylether oder Carbamidsäurebutyles-
ter. Wir finden Angaben unter anderem über akute und
subakute, chronische und subchronische Toxizitäten,
Gen-, Neuro- und Reproduktionstoxizitäten, Toxikokine-
tik und Metabolismus, parenterale und dermale Applika-
tionen und ich bezweifle, ob der normale Verbraucher ir-
gendetwas Vernünftiges damit anfangen kann.
Man hat Umfragen gemacht und Mütter befragt, ob sie
ihren Kindern Nahrungsmittel anbieten würden, die Dihy-
drogenoxid enthalten. Dieses Ansinnen wurde entrüstet
zurückgewiesen. Nur wenige erkannten, dass es sich da-
bei um H2O, also um Wasser handelt.
Auch die Europäische Kommission wird dem informa-
tionsbedürftigen Verbraucher nicht helfen können, wenn
sie nicht gemeinsam getragene Arbeitsregelungen und
Konventionen für allgemein verständliche Bewertungen
für die Öffentlichkeit vorschlägt. Wir fordern sie dazu auf.
Wir begrüßen im Weißbuch die Zielsetzung, unnötige
Tierversuche zu vermeiden. Wir kritisieren, dass ein sehr
starres bürokratisches, zeitaufwendiges Zulassungsver-
fahren für Chemikalien vorgesehen ist. Dazu gibt es in-
novationsfreundliche, effizientere Alternativen. In Japan
und den USA werden risikoabhängige Testsysteme ver-
wendet, bei denen die jeweils anfallenden Testergebnisse
dazu benutzt werden, über weitere Prüfanforderungen zu
entscheiden. Dadurch werden risikoreichere Substanzen
genauer analysiert, bei risikoärmeren Stoffen aber kann
der Testbedarf reduziert werden. Bei der Masse der risi-
koarmen Chemikalien können Zeit und Kosten gespart
werden.
Auch für kritische Verwendungen von Substanzen mit
bestimmten, besorgniserregenden Eigenschaften können
die Entscheidungen über erforderliche Schutzmaßnah-
men, Verwendungsbeschränkungen und -verbote effizien-
ter und schneller getroffen werden, als dies im vorgesehe-
nen so genannten REACh-System möglich ist. Für
persistente organische, krebserregende, frucht- und erb-
gutschädigende Stoffe hat der Verband der Chemischen
Industrie ein praktikables Entscheidungsverfahren vorge-
schlagen, das es zumindest verdient, sorgfältig geprüft zu
werden.
Die Kommission betont im Weißbuch, dass das Vor-
sorgeprinzip die Grundlage der chemikalienpolitischen
Neuausrichtung ist. Sie hat sich in einer Mitteilung vom
vergangenen Jahr ausführlich zur Anwendbarkeit des
Vorsorgeprinzips geäußert. Dort heißt es, dass die Ent-
scheidungsträger ständig mit der schwierigen Aufgabe
konfrontiert sind, die Freiheiten und Rechte von Einzel-
personen, Unternehmen und Verbänden einerseits und die
Notwendigkeit einer Verringerung der Gefahr negativer
Folgen für Umwelt und Gesundheit andererseits abzuwä-
gen. Alles, was im Vorsorgebereich getan wird, muss ver-
hältnismäßig sein, also daraufhin geprüft werden, welche
Kosten und welcher Nutzen damit verbunden sind. Eine
nachhaltige Chemiepolitik umfasst entsprechend dem
Dreisäulenkonzept neben den ökologischen auch ökono-
mische und soziale Aspekte. Das Weißbuch ist aber sehr
einseitig und beachtet den bereits erreichten hohen Stan-
dard des Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutzes
nicht. Neben der Erhaltung dieses hohen Schutzniveaus
müssen aber auch die Standortinteressen der Betriebe
und der Millionen Arbeitnehmer der chemischen Indu-
strie und der von ihr abhängigen Branchen nachdrück-
lich verteidigt werden. Der Ministerrat hat in seinen
Schlussfolgerungen zur EU-Chemikalienpolitik vom
24. Juni 1999 nicht nur gefordert, die chemikalienpoliti-
schen Rechtsakte effizient, integriert und leicht durch-
führbar auszugestalten, sondern auch die Kohärenz mit
anderen Rechtsbereichen herzustellen. Davon ist bisher
nichts zu sehen. Wir erwarten von der Bundesregierung,
dass sie sich bei den derzeit laufenden Beratungen nach
Kräften für ein in sich schlüssiges und ausgewogenes Ge-
samtkonzept des neuen Chemikalienrechts einsetzt.
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Der Titel des F.D.P.-Antrags gibt einem ja wahrlich zu
denken: „Für eine wirksame und vernunftgeleitete Che-
mikaliengesetzgebung“. Der sagt ja schon viel über den
Charakter des Antrags und die Denkweise der F.D.P. aus.
Wer würde schon für eine unwirksame und unvernünftige
Chemiepolitik sein? Da stellt sich einem doch sofort die
Frage: Ja, welche Vernunft meint die F.D.P. denn? Meint
sie die Vernunft der 16 Jahre Kohl-Regierung, in der das
chemische Dreigestirn Hoechst, BASF und Bayer mit
F.D.P.-Hilfe bis in das Chemikalien- und Gefahrstoffrecht
hineinregierte? Dann halte ich es mit Mephisto: „Vernunft
wird Unsinn, Wohltat Plage“. Oder meinen Sie die neue
Vernunft der ökologischen Modernisierung der Chemie-
politik – die neue Vernunft des Weißbuchs und damit auch
unsere Vernunft der nachhaltigen Entwicklung?
Diese lautet: Risikominimierung und Vorsorge vor
Schäden durch gefährliche Chemikalien, Beseitigung der
Informationsdefizite über Chemikalien – besonders über
die so genannten Altstoffe – als Voraussetzung für einen
wirkungsvollen Schutz, und Beweislastumkehr der che-
mischen Industrie, so wie sie im neuen EU-Weißbuch zur
Chemikalienpolitik als Produktverantwortung angelegt
ist – und das alles in einem straffen Zeitplan und unter
strenger behördlicher Überwachung, so wie es das Weiß-
buch vorsieht.
Man sollte nicht – wie die F.D.P. an einigen Stellen ih-
res Antrags – so tun, als sei das Weißbuch in seiner jetzi-
gen Fassung das Ende der chemischen Produktion in
Deutschland. Die ganzseitigen Anzeigen des deutschen
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116796
(C)
(D)
(A)
(B)
Chemieverbandes erwecken jedoch diesen Eindruck. Der
von der F.D.P. besonders hervorgehobene Mittelstand der
Recyclingwirtschaft jedenfalls – die Reyclingbranche
wird im Antrag explizit genannt – begrüßte ausdrücklich
das Weißbuch.
Summa summarum: Der Antrag der F.D.P. bedeutet
keine „konstruktive“ Stellungnahme zum Weißbuch, wie
diese von der Bundesregierung gefordert wird. Er ist nicht
nur inhaltsleer, schlimmer noch, er strotzt vor Phrasen.
Sehen wir einmal auf das Vokabular und die Zumutung,
die die F.D.P. dem Leser oder Zuhörer damit abverlangt:
Die Bundesregierung soll vernunftgeleitet, rational, ein-
fach und praktikabel, verantwortungsvoll, intensiv be-
gleitend und beeinflussend, dabei aber nicht unangemes-
sen und keinesfalls sachlich nicht begründbar, flexibel,
qualifiziert und konstruktiv, angemessen, ausgewogen,
aber wirksam die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit
der deutschen Chemiewirtschaft wie überhaupt der ge-
samten Industrie, insbesondere der kleinen und mittel-
ständischen Unternehmer und nicht ohne Beachtung der
gesamtwirtschaftlichen Bedeutung handeln und dafür das
Steuerungsinstrument der freiwilligen Selbstverpflich-
tung nutzen. Alle Achtung vor so viel erschöpfender Leer-
formel-Rhetorik! Um mit einem bedeutenden Automobil-
hersteller zu sprechen: „Wir haben verstanden!“ Wir
haben verstanden, dass die F.D.P. Chemiepolitik noch im-
mer vor allem ausschließlich marktwirtschaftlich betrach-
tet und Arbeits-, Umwelt-, Verbraucher- und Gesund-
heitsschutz als eher zweitrangig außer Acht lässt. Unsere
Vorstellungen einer vorsorgeorientierten, einer „wirksa-
men und vernunftgeleiteten Chemiekaliengesetzgebung“
werden wir Ihnen gern in der nächsten Sitzungswoche
präsentieren.
Birgit Homburger (F.D.P.): Mit ihrem Weißbuch hat
die EU-Kommission die Weichen für einen neuen Rah-
men der Chemikalienpolitik in Deutschland und in ganz
Europa gestellt. Die Vorschläge für ein gemeinschaftli-
ches Vorgehen im Bereich der Chemikalienpolitik werden
weitreichende Folgen für die gesamte Industrie sowie für
kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland
und Europa haben.
Die Konsequenzen müssen aus ökologischer und ge-
sundheitspolitischer sowie aus ökonomischer Sicht sorg-
fältig geprüft werden. Wichtigstes Ziel der Chemikalien-
politik ist es, für Mensch und Umwelt die Sicherheit im
Umgang mit Chemikalien zu gewährleisten. Wir nehmen
dieses Ziel ernst: Als erste Fraktion im Deutschen Bun-
destag legt die F.D.P. mit ihrem Antrag eine konkrete Be-
ratungsgrundlage für den künftigen Rahmen der Chemi-
kalienpolitik in Deutschland und auf europäischer Ebene
vor. Der F.D.P. geht es um eine wirksame und vernunft-
geleitete Chemikaliengesetzgebung. Die F.D.P. unter-
stützt das Ziel einer systematischen Überprüfung alter
und neuer Stoffe nach einem einheitlichen Konzept mit
klaren Fristsetzungen. Die Neuausrichtung der Chemika-
lienpolitik muss dafür genutzt werden, ein widerspruchs-
freies, transparentes und praktikables System zu schaffen.
Die Bundesregierung darf dabei auch die wirtschaftlichen
Folgen für den Chemiestandort Deutschland nicht aus
dem Blick verlieren. Umweltminister Trittin trägt hier be-
sondere Verantwortung.
Bei der Chemikaliensicherheit müssen alle Beteiligten
mit verantwortlichem Handeln angemessen in die Pflicht
genommen werden. Der Schutz von Mensch und Umwelt
vor gefährlichen Stoffen muss gewährleistet sein, ohne
die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Chemiewirtschaft unnötig zu beeinträchtigen. In ihrer
Antwort auf eine Kleine Anfrage der F.D.P. hat die Bun-
desregierung die bedeutenden Beiträge der deutschen
Chemiewirtschaft im Sinne von Selbstverpflichtungen
und freiwilligen Kooperationsleistungen ausdrücklich ge-
würdigt. Die F.D.P. fordert die Bundesregierung auf, die-
sen Worten auch Taten folgen zu lassen.
Gewährleistet werden muss eine sichere Anwendung
gefährlicher Stoffe. Problematisch ist jedoch eine be-
stimmte Grundlinie des Weißbuchs. Das mit Chemikalien
verbundene Risiko soll demnach vor allem aus den Ei-
genschaften bestimmter Stoffe abgeleitet werden. Ent-
scheidend für eine Risikobewertung ist neben diesen Ei-
genschaften aber vor allem die Art der Anwendung von
Chemikalien. Gefahren entstehen nämlich erst durch die
Anwendung: Ein Abflussreiniger ist nicht giftig und ge-
fährlich, weil er Natronlauge enthält oder freisetzt, son-
dern beispielsweise wenn man ihn verschluckt. Auch eine
noch so sorgfältige und vorsorgliche Stoffbewertung kann
Risiken also nicht völlig ausschließen.
Eine allein stoffbezogene Risikobewertung wird der
Sache nicht gerecht und kann bürokratische und kosten-
trächtige Folgen haben, ohne dass damit ein gesundheits-
oder umweltpolitischer Nutzen verbunden wäre. Der Ak-
zent im Weißbuch ist also falsch gesetzt. Entscheidend für
Umwelt und Gesundheit sind die konkreten Verarbei-
tungsbedingungen sowie die Anwendungen und sich da-
raus ergebende Expositionsszenarien. Die Verantwortung
für Chemikalien im Sinne eines vernünftigen Sicher-
heitsmanagements liegt damit in erster Linie bei den Her-
stellern, Weiterverarbeitern und Anwendern. Dabei darf
nicht vergessen werden, dass in Deutschland jetzt bereits
strenge Vorschriften für den umsichtigen Gebrauch von
Chemikalien gelten. Diese Standards müssen verpflich-
tend sein und bleiben; daran lässt die F.D.P. keinen Zwei-
fel.
Insbesondere für kleinere Unternehmen sind die im
Weißbuch vorgesehenen Regelungen nicht praxistaug-
lich. Ökologisch sinnlose Anforderungen bei der Regis-
trierung und Bewertung von Stoffen dürfen nicht dazu
führen, dass die Existenz und Wettbewerbsfähigkeit klei-
ner und mittelständischer Unternehmen gefährdet wird.
Wichtig ist dabei auch die Sicherung von Eigentumsrech-
ten an Stoffdaten. Das für bestimmte Stoffgruppen vor-
gesehene Zulassungsverfahren ist in der im Weißbuch
vorgeschlagenen Form jedenfalls zu bürokratisch; es
wirkt entscheidungsverzögernd und innovationshem-
mend, ohne dass für Umwelt und Gesundheit etwas Sinn-
volles erreicht würde.
Das geplante Zulassungsverfahren bedeutet massive,
ökologisch und gesundheitspolitisch nicht gerechtfer-
tigte Wettbewerbsnachteile für die deutsche chemische
Industrie und den Mittelstand. Erforderlich sind faire
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16797
(C)
(D)
(A)
(B)
Bestimmungen auch für importierte Erzeugnisse, die im
Nicht-EU-Ausland mit ungeprüften und nicht registrier-
ten – und somit billigeren – Chemikalien hergestellt wer-
den. Ansonsten drohen Wettbewerbsnachteile für die in
Europa produzierten Chemikalien und Produktionsverla-
gerungen ins außereuropäische Ausland. Wenn überzoge-
ner Dirigismus zu Standortverlagerungen führt, fügt dies
dem Gesundheits- und dem Umweltschutz letztlich Scha-
den zu.
Die F.D.P. fordert die Bundesregierung auf, unverzüg-
lich konkrete Vorschläge für eine wirksame und vernunft-
geleitete Chemikaliengesetzgebung in Deutschland und
Europa vorzulegen. Es geht um wichtige Entscheidungen.
Der erforderliche Schutz für Mensch und Umwelt beim
Umgang mit Chemikalien muss gewährleistet werden.
Dies ist jedoch auch mit weniger bürokratischen und teu-
ren Verfahren möglich. Die Bundesregierung muss recht-
zeitig, engagiert und kompetent handeln. Umweltminister
Trittin ist in der Pflicht. Er muss seiner besonderen Ver-
antwortung für den Chemiestandort Deutschland gerecht
werden.
Eva Bulling-Schröter (PDS): Wenn nächste Woche
in Stockholm die Zeichnungskonferenz zu der völker-
rechtlich bindenden POP-Konvention zu einigen der
schlimmsten Giftstoffe („Dreckiges Dutzend“) statt-
findet, dann kann man sicherlich einerseits von einem
Meilenstein der globalen Chemiepolitik sprechen. Doch
andererseits werden damit Stoffe weltweit verbannt, de-
ren Gefährlichkeit schon seit Jahrzehnten bekannt war,
die daher schon in den Industriestaaten verboten oder mit
scharfen Grenzwerten versehen waren.
Das Gros der gefährlichen Chemikalien bleibt jedoch
vorerst ohne Regelung und die Chemieindustrie sorgt
dafür, dass ihre Zahl nicht gerade abnimmt. Von daher er-
warten wir, dass die Bundesregierung die wesentlichen
Komponenten für die Erweiterung der Konvention schon
jetzt zu nutzen beginnt. Die erfreulicherweise gelungene
Implementation des Vorsorgeprinzips gerade bei der Neu-
aufnahme von Stoffen sowie die entfallende Ratifizie-
rungsnotwendigkeit gebietet dies geradezu.
Beispielhaft möchten wir nur das Pentachlorphenol
nennen, das auch heute noch Haupteintragspfad für die
unter die Konvention fallenden polychlorierten Dioxine
und Furane ist, ein Pfad, der endlich verstopft werden
muss. Es sei auch noch das teuflische Herbizid Paraquat
genannt, von dem man seit kurzem weiß, dass es Parkin-
son-typische Hirnschäden auslösen kann.
Auf dem nationalen Parkett könnte die Bundesregierung
wegweisende Schritte hin zu einer modernen Chemiepoli-
tik einleiten. Die von der Bundesregierung geforderte
Agrarwende wäre – würde sie denn jemals kommen unter
dieser Regierung – im Kern auch eine kleine Chemie-
wende. Denn viele Bauern hängen doch am Tropf der Che-
mie. Weniger Chemie in der Landwirtschaft müsste also
schnellstens das Motto dieser Bundesregierung sein.
Auch in einem speziellen Bereich könnte die Bundes-
regierung Modernität und konsequente Vorsorge walten
lassen. Es ist ein Skandal, wenn von einem Stoff wie dem
3,4-Benzpyren die Gefährlichkeit bestens bekannt ist,
wenn er bei der beruflichen Exposition strengsten Be-
schränkungen unterworfen ist und wenn dann die Bun-
desregierung für den privaten Bereich eine Übertragung
dieser strengsten Beschränkungen ablehnt – so geschehen
im Fall der mit 3,4-Benzpyren und anderen Giftstoffen
verseuchten Wohnungen aus der Hinterlassenschaft der
alliierten Streitkräfte. Die von der Bundesregierung her-
ausgegebenen so genannten PAK-Hinweise dokumentie-
ren somit, dass es ihr gar nicht um die Herstellung beden-
ken- und gefahrloser Wohnverhältnisse geht, sondern
allein um eine kostensparende Vorgehensweise. Wir for-
dern die Bundesregierung auf, auch in diesen Fällen eine
konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips zu prakti-
zieren oder durchzusetzen. Alles andere wäre eine Verlet-
zung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit.
Was die EU-Chemikalienpolitik Deutschlands angeht,
so stimmt bedenklich: Vor zwei Wochen hat Kanzler
Schröder vor der Industrie verkündet, die Umsetzung des
Ckemikalien-Weißbuches der EU-Kommission würde
„zur Vertreibung der Chemieindustrie aus Europa
führen“. Doch dieses Weißbuch will für die Zulassung be-
sonders gefährlicher Stoffe die Beweislast dafür umkeh-
ren, dass mit den betreffenden Produkten sicher umge-
gangen werden kann. Die Hersteller sollen hier in die
Pflicht genommen werden, nicht mehr die Behörden.
Was, so frage ich den Kanzler, soll daran schlecht sein?
Wollen die Deutschen in Brüssel wieder mal den
VCI-Vertreter geben?
In dieser Richtung liest sich letztlich auch der Antrag
der F.D.P., den wir darum auch ablehnen werden.
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Vorbereitung eines registergestützten Zensus
(Zensusvorbereitungsgesetz) (Tagesordnungs-
punkt 22)
Barbara Wittig (SPD): Volkszählungen liefern wich-
tige und unverzichtbare Daten über die Bevölkerung, die
Erwerbstätigkeit oder die Wohnsituation. Mit einer Volks-
zählung wird unter anderem die amtliche Einwohnerzahl
festgestellt. Diese ist die maßgebliche Bemessungsgrund-
lage für den Finanzausgleich zwischen dem Bund, den
Ländern und den Kommunen. Darüber hinaus werden
diese Daten für die Mittelausstattung der Strukturfonds
der Europäischen Union benötigt. Der derzeit gültige Fi-
nanzrahmen umfasst die Jahre 2000 bis 2006. Auch für
die Einteilung der Wahlkreise sind aktuelle und verlässli-
che Zahlen unabdingbar.
In den alten Bundesländern fand die letzte Volkszäh-
lung im Jahre 1987 statt. In den neuen Bundesländern
wurde 1995 nur eine Gebäude- und Wohnraumzählung
durchgeführt. Wünschenswert wäre es, etwa alle zehn
Jahre einen Zensus durchzuführen, damit für Bund, Län-
der und Gemeinden aktuelle Grundinformationen bereit-
gestellt werden können, die wiederum die Basis für die
Bevölkerungsfortschreibung darstellen.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116798
(C)
(D)
(A)
(B)
Da sowohl Fortschreibungs- als auch Stichproben-
ergebnisse mit der Zeit zunehmend ungenauer werden,
wird es höchste Zeit, dass wir in der Bundesrepublik
Deutschland unseren nächsten Zensus durchführen. Eine
primärstatistische Vollerhebung mit Befragungen aller
Einwohner nach dem Vorbild der Volkszählung 1987 ist
sowohl aus Kostengründen als auch aus Gründen der Ak-
zeptanz bei der Bevölkerung problematisch. Auch die alte
Bundesregierung sah dies bereits so. Dazu muss man wis-
sen, dass ein Zensus der herkömmlichen Art Kosten in
Höhe von circa 2 Milliarden DM verursachen würde.
Deshalb wurde eine Arbeitsgruppe mit Statistikexper-
ten aus Bund und Ländern eingesetzt, die alternativ zur
herkömmlichen Zählung brauchbare Konzepte für einen
registergestützten Zensus zu entwickeln hatte.
Diesen Experten sei an dieser Stelle Dank gesagt für
ihre mühevolle Kleinarbeit. Ihnen ist es letztlich zu ver-
danken, dass die amtliche Statistik mit dem Methoden-
wechsel hin zum registergestützten Zensus auch dem weit
vorangeschrittenen Einsatz moderner Informationstech-
nologien in den öffentlichen Verwaltungen Rechnung
trägt und dass eine enorme Einsparung von Kosten mög-
lich wird.
Mit dem Methodenwechsel von einer primärstatisti-
schen Vollerhebung zu einer hauptsächlich registerge-
stützten Datengewinnung kann von einer Befragung der
Bevölkerung weitestgehend abgesehen werden, denn der
registergestützte Zensus wird die Bevölkerung von Aus-
kunftspflichten entlasten. Der Methodenwechsel ist für
die amtliche Statistik eine große Herausforderung.
Zunächst müssen die Register und Verfahren getestet wer-
den, um beurteilen zu können, worauf bei einem künfti-
gen Zensus verzichtet werden kann bzw. wodurch die
Qualität der Zensusergebnisse noch verbessert werden
kann.
Wichtig ist mir im Zusammenhang mit allen Vorberei-
tungen und Durchführungen der Testerhebungen, dass der
Bundesbeauftragte für den Datenschutz keine Bedenken
und Einwände hinsichtlich des Datenschutzes geäußert
hat. Wir können also davon ausgehen, dass das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung voll gewährleistet ist.
Lassen Sie mich das an einigen Beispielen exemplarisch
darstellen:
Alle personenbezogenen Daten fallen unter die statisti-
sche Geheimhaltung. Sie werden nur in besonders abge-
schotteten Räumen der statistischen Landesämter bzw.
des Statistischen Bundesamtes bearbeitet und so bald wie
möglich anonymisiert. Rückmeldungen an die register-
führenden Verwaltungsbehörden sind nicht zulässig.
Ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
den statistischen Ämtern viel Erfolg bei ihrer verantwor-
tungsvollen Arbeit.
Beatrix Philipp (CDU/CSU): Viele von Ihnen werden
sich noch gut an die Begleitumstände erinnern, mit denen
im Jahr 1987 die Volkszählung durchgeführt wurde. Boy-
kottaufrufe, Demonstrationen ...
Insofern entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass
die, die damals zum Boykott auf- und das Bundesverfas-
sungsgericht anriefen, heute zu denen gehören, die unter
anderem aus „Kosten- und Akzeptanzgründen“ einen
Wechsel zu einem registergestützten Zensuskonzept
befürworten. Aber das nur nebenbei.
Schon 1998 hat die Konferenz der Innenminister und
-senatoren der Länder die Resultate einer Arbeitsgemein-
schaft, die Alternativen zur Vollerhebung, wie sie 1987
durchgeführt wurde, entwickeln sollte, positiv zur Kennt-
nis genommen. Das Ergebnis einer von der damaligen
Bundesregierung beauftragten Arbeitsgemeinschaft war
der Vorschlag eines Wechsels von einer so genannten
„Volkszählung“, der primärstatistischen Vollerhebung, zu
einer registergestützten Datengewinnung.
Hier liegt nun heute das Ergebnis vor, das im Zuge der
Planung der EU, im Jahr 2001 einen gemeinschaftsweiten
Zensus durchzuführen, entstanden ist. Die neue Methode
soll durch einen Test geprobt werden. Und dieser Gesetz-
entwurf ist nun die rechtliche Grundlage für diesen Test.
Der Gesetzentwurf sieht zur Vorbereitung des Zensus
Testerhebungen vor, die die Qualität der als Datenquellen
vorgesehenen Registerdaten und die statistischen Verfah-
ren bzw. methodischen Untersuchungen überprüfen. Als
Datenquellen sind die Melderegister und die Dateien der
Bundesanstalt für Arbeit, Gebäude- und Wohnungsstich-
proben und Befragung von Personen vorgesehen.
Zahlen zur amtlichen Einwohnerzahl werden dringend
benötigt. So bilden sie beispielsweise die Bemessungs-
grundlage für den Finanzausgleich von Bund und Län-
dern, sind aber auch Kriterium für die Einteilung der
Wahlkreise. Bevölkerungsdaten werden insbesondere
auch im Rahmen der EU-Politik benötigt – so sind diese
Zahlen nicht nur für die Regional- und Sozialpolitik von
Bedeutung, sondern sind auch entscheidende Bewer-
tungskriterien bei der Vergabe von Mitteln aus den
EU-Strukturfonds.
Nach persönlicher Rücksprache mit dem Bundesda-
tenschutzbeauftragten, Dr. Jacob, gibt es keine daten-
schutzrechtlichen Bedenken zu sehen. Auch Eingriffe in
die Persönlichkeitsrechte und die informationelle Selbst-
bestimmung der Bürgerinnen und Bürger sind bei einer
solchen Erhebung nicht zu befürchten.
Obwohl wir diesem Gesetzentwurf positiv gegenüber-
stehen, gibt es von unserer Seite Kritikpunkte bzw. Fra-
gen:
Erstens. Dass die Bundesregierung nun Zeitdruck bei
diesen Beratungen aufkommen lässt, ist nicht zu verste-
hen. Aus dem EU-Arbeitspapier geht hervor, dass der ge-
meinschaftsweite Zensus bis Mai 2001 durchgeführt wer-
den soll. Nun haben wir bereits Mai und debattieren im
Deutschen Bundestag noch über einen Gesetzentwurf
über ein Testverfahren. Wann beabsichtigt die Bundesre-
gierung denn nun dem europäischen Drängen Rechnung
zu tragen, das heißt mit der Durchführung zu beginnen?
Zweitens. Wer garantiert, dass die Daten dieser Erhe-
bung repräsentativ sind und wie wird dies kontrolliert?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16799
(C)
(D)
(A)
(B)
Drittens. Was passiert eigentlich, wenn der Test nega-
tiv verläuft oder gar fehlschlägt, das heißt, wie wird das
festgestellt?
Viertens. Die Kostenfrage ist unzureichend geklärt.
Die Hauptlast der Kosten tragen wieder einmal die Län-
der – 27,1 Millionen DM versus Bund mit 11,6 Millionen
DM. Insbesondere die Kommunen werden erneut mit ei-
nem beträchtlichen Teil der Kosten bei der Durchführung
dieser Zensusvorbereitung – 5,8 Millionen DM – belastet.
Hinzu kommt ein nicht kalkulierbarer Mehraufwand an
Personal für die Koordination zwischen den Meldebehör-
den und den statistischen Ämtern.
Der Bundesrat hat die Bundesregierung in seiner Stel-
lungnahme vom 9. März 2001 aufgefordert, die Beteili-
gung des Bundes in Höhe von mindestens 50 Prozent an
den Kosten der Länder und Gemeinden zu übernehmen.
Ich denke, dass es an dieser Stelle noch einmal ange-
bracht ist, an die Bundesregierung zu appellieren, die zur-
zeit sowieso schon stark belasteten Kommunen mit die-
sem Vorhaben nicht noch stärker in Anspruch zu nehmen.
Das heißt: „nachbessern“. Eine Vokabel, die – wie wir alle
wissen – zum Standardwortschatz dieser Bundesregie-
rung gehört.
Wie gesagt: Der heute beratene Gesetzesentwurf dient
lediglich zur Durchführung des Tests der registergestütz-
ten Zensusdurchführung. Trotz unserer eben vorgetra-
genen Fragen stimmen wir zu, auch wenn eine viel frühere
Befassung mit dieser Thematik vielleicht der Sache dien-
licher gewesen wäre.
Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liest
man den Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Vorberei-
tung eines registergestützten Zensus“, wird die eigentli-
che Bedeutung dieses Tages nicht recht deutlich. Wenn
ich hier meine große Zufriedenheit ausdrücke, hat dies ei-
nen ganz konkreten Anlass: Wir haben eine neue Volks-
zählung verhindert.
Eigentlich wäre dieses Jahr nach den Planungen der
EU ein erneutes Volkszählungsjahr. Den Bürgerinnen und
Bürgern kommen aber anders als 1987 keine Zähler ins
Haus. Die vielen bürgerrechtlichen Probleme im Zusam-
menhang mit diesen unwillkommenen Heimsuchungen
bleiben den Menschen erspart – die hohen Kosten und der
enorme Verwaltungsaufwand ebenfalls.
Die benötigten Daten werden nicht mehr im Wohn-
zimmer abgeholt, sondern – versuchsweise – den vorhan-
denen Verwaltungsdateien wie den Melderegistern ent-
nommen. Hier kommt die Koalition auch einer Forderung
des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Volkszäh-
lungsurteil nach. Das Gericht hatte schon 1983 die Ent-
wicklung neuer Methoden der Informationserhebung und
-verarbeitung verlangt.
In den kommenden beiden Jahren wird getestet, ob und
inwieweit die infrage kommenden Verwaltungsregister
brauchbar und aktuell sind. Es wird ebenfalls untersucht,
wie die Daten aus den unterschiedlichen Quellen zusam-
mengeführt werden können. Dies ist technisch ein durch-
aus anspruchsvolles Unterfangen. Getestet wird auch, wie
die Vielfalt der Daten gegen Verlust, Verfälschung und
Missbrauch geschützt werden kann.
Ich habe meine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck
gebracht, dass wir keine Volkszählung bekommen wer-
den. Das heißt aber nicht, dass wir die realen daten-
schutzrechtlichen Probleme anderer Erhebungsverfahren
nicht zur Kenntnis nehmen würden. Das Gegenteil ist der
Fall.
Zunächst einmal verweise ich darauf, dass wir hier eine
Art Probegesetz verabschieden. Wir müssen erst Erfah-
rungen machen, auswerten und dann gesetzlich umsetzen.
Ich teile ausdrücklich die Auffassung des Bundesda-
tenschutzbeauftragten, dass der leichtere Zugang zu Ver-
waltungsdaten nicht zu einem größeren Informationshun-
ger der Statistiker führen darf. Es müssen hier – auch darin
stimme ich mit Herrn Jacob überein – Alternativen ge-
prüft werden. Er wirft hier die berechtigte Frage auf, ob
statistische Ergebnisse nicht auch ohne Qualitätseinbußen
aus Stichproben und Hochrechnungen anstelle von Total-
erhebungen gewonnen werden können.
Wir dürfen auch nicht die Augen vor den Gefahren ei-
nes Verbundes der Melderegister verschließen. Eine in-
stitutionalisierte Vernetzung von Melderegistern würde
erhebliche Datenschutzprobleme aufwerfen. Bei der Ab-
gleichung von Daten aus verschiedenen Registern könn-
ten letztlich zu umfangreiche Datensammlungen generiert
und bedenkliche Persönlichkeitsprofile erstellt werden.
Die Register sind keine Milchkühe, die nach Belieben
ausgemolken werden dürfen.
Es darf kein zentrales Melderegister entstehen, in dem
die Daten unterschiedlicher Register dauerhaft erfasst und
für beliebige Verwaltungszwecke verwendet werden. Ge-
nau so wenig darf es dazu kommen, dass über den Umweg
des Zensus eine personenbezogene Verknüpfung ver-
schiedenster in der öffentlichen Verwaltung geführter Re-
gister stattfindet.
Eine solche Entwicklung würden wir nicht mittragen.
Wir werden daher ein wachsames Auge auf die Vorberei-
tungen haben.
Ich möchte Sie bitten, dem Gesetzentwurf zuzustim-
men. Es handelt sich hier um ein Testgesetz. Spätestens ab
Januar 2004 werden sämtliche Daten gelöscht. Von daher
sind die datenschutzrechtlichen Probleme beherrschbar.
Angesichts des so erreichten Verzichts auf die Volkszäh-
lung sollte ein Ja daher nicht schwer fallen.
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Mit dem heute
abschließend zu beratenden Gesetzentwurf sollen die
rechtlichen Grundlagen für Tests geschaffen werden, um
zu prüfen, ob statistisch benötigte Basisdaten künftig
durch so genannte registergestützte Erhebungen gewon-
nen werden können. Spätestens seit den Erfahrungen mit
der letzten Volkszählung im Jahre 1987 wird nach alter-
nativen Methoden gesucht, um Bestands- und Strukturda-
ten der Bevölkerung zu ermitteln, die als Grundlage für
den politischen Planungsprozess unentbehrlich sind. Für
die F.D.P. steht die Notwendigkeit, diese Daten zu gewin-
nen, außer Frage. Die Suche nach Alternativen zu der so
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116800
(C)
(D)
(A)
(B)
genannten primärstatistischen Vollerhebung, also einer
Befragung aller Einwohner, ist dem Gesetzgeber durch
das so genannte Volkszählungsurteil des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 15. Dezember 1983 aufgegeben wor-
den. Das Gericht hat festgestellt, dass nach dem damali-
gen Erkenntnis- und Erfahrungsstand die möglichen
Alternativen zu einer Totalerhebung noch mit zu großen
Fehlerquellen behaftet seien. Vor künftigen Entscheidun-
gen für eine Erhebung werde sich der Gesetzgeber jedoch
erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendis-
kussion auseinander setzen müssen, um festzustellen, ob
und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden
der Informationserhebung und -verarbeitung beibehalten
werden können. Der Gesetzgeber dürfe die Weiterent-
wicklung der Methoden der amtlichen Statistik und der
Sozialforschung nicht unberücksichtigt lassen. Dies ge-
biete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insofern
kommt der Deutsche Bundestag heute also einer aus-
drücklichen Aufforderung des Bundesverfassungsge-
richts nach.
Bereits die frühere Bundesregierung hat sich aus Kos-
ten- und Akzeptanzgründen für die Zukunft gegen eine
herkömmliche Vollerhebung nach dem Vorbild der Volks-
zählung von 1987 ausgesprochen. Diese Entscheidung hat
der Deutsche Bundestag im Jahre 1998 unterstützt und die
Überlegungen der Bundesregierung begrüßt, eine stich-
tagsbezogene Auswertung der Melderegister vorzuneh-
men. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat in seinem
16. Tätigkeitsbericht auf die Vorteile einer Registerauswer-
tung als Alternative zur Volkszählung herkömmlicher Art
hingewiesen, gleichzeitig aber die berechtigte Frage aufge-
worfen, ob die Melderegister tatsächlich präzise genug
sind, um den statistischen Anforderungen gerecht zu wer-
den. Er hat deshalb folgerichtig die Untersuchung der Re-
gisterqualität – mit akzeptablen Ergebnissen – als unab-
dingbare Voraussetzung für das Ersetzen der Befragung
durch die Auswertung der Melderegister bezeichnet. Genau
dies soll durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschehen.
Es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse einer regis-
tergestützten Erhebung umso genauer sind, je mehr per-
sonenbezogene Informationen miteinander verknüpft
werden. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir nicht
zu weit gehen. Statistik geht nicht über Datenschutz. Das
Bundesverfassungsgericht hat deutlich festgestellt, dass
die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen
Dateien der Verwaltung keine zulässige Alternative zu ei-
ner Totalzählung ist. Ferner ist großer Wert auf die Trans-
parenz gegenüber den Bürgern zu legen. Eine Volkszäh-
lung hinter dem Rücken der Bürger darf es nicht geben!
Nur so erreichen wir die erforderliche Akzeptanz, die bei
der letzten Volkszählung vielfach gefehlt hat. Niedrigere
Kosten oder eine gegenüber einer Volkszählung geringere
Belästigung der Bürger durch Hausbesuche sind sicher
gute Gründe für eine registergestützte Erhebung. Aus-
schlaggebend dürfen sie, wenn es um das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung geht, nicht sein. Einen
gläsernen Bürger wollen wir nicht. Bei dem vorliegenden
Gesetzentwurf bestehen diese Befürchtungen jedoch
nicht. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat ausdrück-
lich bestätigt, dass durch den Testlauf die von den Verfas-
sungsrichtern aufgestellte Messlatte für Eingriffe in das
informationelle Selbstbestimmungsrecht unangetastet
bleibt. Er hält den Gesetzentwurf für ausgewogen und mit
dem Datenschutz vereinbar.
Die F.D.P. legt allerdings Wert darauf, dass durch die
Testerhebung noch keine Festlegung der Methodik für ei-
nen späteren Zensus erfolgt. Es handelt sich jetzt nur um
eine Sondierung, welche Daten und Verfahren tragfähig
sind und welche nicht. Erst nach Auswertung dieser Pro-
beerhebung wird bestimmt, wie eine zukünftige Volks-
zählung durchgeführt werden soll. Das hat auch der Bun-
desdatenschutzbeauftragte gefordert.
Dieser Gesichtspunkt wird in dem Gesetzentwurf nicht
deutlich genug herausgestellt. In der Begründung wird
vielmehr der Eindruck erweckt, als sei der Methoden-
wechsel zu einem registergestützten Zensus bereits vor-
genommen. Die F.D.P. sieht diese Entscheidung dagegen
noch als offen an.
Mit dieser Maßgabe stimmen wir dem Gesetzentwurf
zu.
Fritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekre-
tär beim Bundesminister des Innern: Mit dem vorliegen-
den Entwurf eines Gesetzes zur Vorbereitung eines regis-
tergestützten Zensus will die Bundesregierung einen
Methodenwechsel zu einem neuen Zensusverfahren ein-
leiten. Anstelle einer herkömmlichen Volkszählung durch
Befragung aller Einwohner sollen so weit wie möglich
Daten aus Verwaltungsregistern und -dateien genutzt wer-
den; dadurch können die Bürger entlastet und die Kosten
eines Zensus erheblich reduziert werden. Damit will die
Bundesregierung einen weiteren Beitrag zur Modernisie-
rung der Verwaltung leisten und der Forderung Rechnung
tragen, anstelle von Primärerhebungen verstärkt vorhan-
dene Verwaltungsdateien für Zwecke der amtlichen Sta-
tistik zu nutzen. Der Einsatz moderner Informationstech-
nologie in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung,
insbesondere die Automatisierung der Melderegister, ver-
anlasst die Bundesregierung, die sich daraus ergebenden
Möglichkeiten für einen Methodenwechsel zu einem re-
gistergestützten Zensus zu nutzen.
Volkszählungen sind in größeren Zeitabständen not-
wendig. Sie liefern Grunddaten über die Bevölkerung, de-
ren Erwerbstätigkeit und Wohnsituation. Die Ergebnisse
sind Grundlage für politische Planungen und Entschei-
dungen auch der Europäischen Union sowie wissen-
schaftliche Untersuchungen. Wesentliches Ziel eines Zen-
sus ist die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl des
Bundes, der Länder und Gemeinden. Sie ist eine vielfäl-
tig verwendete Bemessungsgrundlage, unter anderem für
den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich sowie
die Einteilung der Wahlkreise. Die amtliche Statistik
benötigt die Zensusergebnisse beispielsweise als Aus-
wahlgrundlage und Hochrechnungsrahmen für Stichpro-
benerhebungen, als neue Basis der Bevölkerungsfort-
schreibung.
Die Europäische Union hat ihren Mitgliedstaaten für
das Jahr 2001 einen gemeinschaftsweiten Zensus emp-
fohlen. Herkömmliche Volkszählungen verursachen er-
hebliche Kosten und werden von der Bevölkerung immer
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16801
(C)
(D)
(A)
(B)
wenig akzeptiert. So wurden für die letzte traditionelle
Zählung im Jahre 1987 im alten Bundesgebiet rund
500 000 Zähler gebraucht, sie kostete nahezu 1 Milli-
arde DM. Eine neue Zählung in dieser Form würde schät-
zungsweise 2 Milliarden DM kosten.
Deutschland hat aus den genannten Gründen die Auf-
forderung der Europäischen Union, im Jahr 2001 ge-
meinschaftsweit die Bevölkerung zu zählen, zum Anlass
genommen, ein Alternativkonzept zu entwickeln, bei dem
so weit wie möglich auf vorhandene Verwaltungsregister
zurückgegriffen werden soll. Die demographischen Daten
sollen aus den Melderegistern und erwerbsstatistische
Daten aus den Dateien der Bundesanstalt für Arbeit ge-
wonnen werden. Gebäude- und Wohnungsdaten müssen
bei den Gebäudeeigentümern erfragt werden, da es keine
Registerdaten gibt. Ein solcher Methodenwechsel bedarf
eingehender vorbereitender Verfahrenstests, einer Prü-
fung der Qualität der relevanten Register sowie der Vali-
dität der aus den verschiedenen Quellen gewonnenen Da-
ten. Diese Tests ordnet der vorliegende Gesetzentwurf an.
Dem Datenschutz der Bürger wird entsprechend den
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Ur-
teil zur Volkszählung 1983 in vollem Umfang Rechnung
getragen. Alle für die Testuntersuchungen erforderlichen
personenbezogenen Daten werden von den statistischen
Ämter der Länder und dem Statistischen Bundesamt er-
hoben und verarbeitet. Die Einzeldaten verbleiben in den
besonders geschützten Bereichen der statistischen Ämter
und fallen unter die strikte statistische Geheimhaltung.
Eine Rückübermittlung der Daten an die registerführen-
den Verwaltungsbehörden ist nicht zulässig.
Mit dem Gesetzentwurf, der das Informationsinteresse
der Länder umfassend berücksichtigt, wird der Grund-
stein zu einem Zensusverfahren gelegt, das die öffentli-
chen Haushalte spürbar entlasten wird. Diese entlastende
Wirkung wird meines Erachtens übersehen, wenn der
Bundesrat verlangt, der Bund solle neben seinen eigenen
Kosten mindestens 50 Prozent des Aufwandes der Länder
und Gemeinden für die Tests tragen. Der Hinweis, der
Bund habe sich bei früheren herkömmlichen Volkszäh-
lungen an den Belastungen der Länder und Gemeinden
beteiligt, geht fehl. Wir befinden uns noch in einer Vorbe-
reitungsphase; im Vergleich zum Aufwand für eine her-
kömmliche Zählung sind die Kosten der Testuntersu-
chungen eher niedrig. Bund, Länder und Kommunen
sollten deshalb gemeinsam das angestrebte Ziel finanzie-
ren, die Kosten eines Zensus nachhaltig zu reduzieren. Es
geht, wenn Sie es so sehen, um eine lohnende Investition
in die Zukunft.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Absicherung der verfassten Studierendenschaft
(Tagesordnungspunkt 10)
Dr. Peter Eckardt (SPD): Als ich vor einem Monat
den Gesetzentwurf der PDS zum ersten Mal gelesen habe,
fühlte ich mich in die Zeit meines Studiums an der FU in
Berlin in den 60er-Jahren zurückversetzt. Die damalige
Studentengeneration protestierte gegen die Beschränkun-
gen ihrer Rechte, als das Land Berlin für die FU und an-
dere Hochschulen 1969 die verfasste Studentenschaft für
zehn Jahre abschaffte. In den 70er-Jahren folgten die Län-
der Bayern und Baden-Württemberg und beendeten eben-
falls die verfasste Studentenschaft als selbstverwaltete
Körperschaft mit allgemeinen Rechten.
Nun sind die Zeiten weitergegangen und die Studen-
tengeneration des Jahres 2001 ist eine andere – mit ande-
ren Interessen, mit einem anderen Demokratieverständ-
nis, mit einer anderen Lebenswelt, in der die Hochschule
nicht mehr der zentrale Lebensmittelpunkt wie früher ist
und das Interesse an den studentischen Selbstverwaltun-
gen stark nachgelassen hat, was zwar zu bedauern, aber
Tatsache ist. Diese Veränderungen scheint die PDS nicht
wahrgenommen zu haben und sie ließe sich, wenn sie sie
wahrnähme, davon vermutlich auch nicht beeindrucken.
Sie ist auf dem Stand der 60er-Jahre in der alten Bundes-
republik stehen geblieben.
Gestern abend formuliert die Kollegin Maritta
Böttcher über die Presse der PDS, sie unterstütze vorbe-
haltlos die Aktion „Demokratie statt Zwang – Aufstehen
für freie Bildung und kritische Wissenschaft“ ihrer Klien-
tel an den Hochschulen; sie sehe die innerparlamentari-
sche Opposition der PDS gegen die Hochschulpolitik der
leeren Versprechungen der Bundesregierung bestätigt.
Offensichtlich soll das Thema Studierendenschaft als vor-
zeitiges Wahlkampfthema genutzt werden.
Aber zur realen Situation an deutschen Hochschulen.
Das Kampfbündnis der PDS am bundesweiten studenti-
schen Aktionstag am Mittwoch dieser Woche ist nach
meinen Kenntnissen an den Hochschulen nicht so recht in
Gang gekommen. An vielen Unis wurde noch nicht ein-
mal ein Infostand der PDS am Eingang zur Hauptmensa
gesichtet. Die PDS sollte sich deshalb im Jahre 2001 von
der Erkenntnis verabschieden – was schmerzlich ist, wie
ich selbst weiß – die Herbert Marcuse einst formuliert hat:
Die Universitäten und ihre Angehörigen allein seien die
Quelle gesellschaftlicher revolutionärer Umwälzungen
und die hochschulpolitischen Aktivitäten im Deutschen
Bundestag könnten diese Wünsche verstärken.
Die Frage, die heute hier ansteht, ist sehr viel pragma-
tischer: Sollen wir § 41 des Hochschulrahmengesetzes än-
dern und alle Länder verpflichten, in ihre Hochschulge-
setze die verfasste Studierendenschaft aufzunehmen? Die
Antwort auf diese Frage einer möglichen Veränderung des
§ 41 HRG muss nüchtern, ohne ideologischen Ballast und
unter Beachtung der vorherrschenden Realitäten gesehen
werden. Konkret heißt dies heute: Welche Rechte haben
gewählte Studentenvertreter im Rahmen der Körperschaft
„verfasste Studentenschaft“ oder außerhalb dieser Kör-
perschaft innerhalb der Hochschule und Öffentlichkeit?
Diese Frage hat in den letzten 20 Jahren bisher jeden
begleitet, der in dieser Zeit Kontakt mit engagierten und
politisch interessierten Studierenden hatte und sich für
dieses Thema interessierte. Die PDS kann also nicht für
sich in Anspruch nehmen, dass sie dieses Thema für sich
allein entdeckt hat. Auch ihre Behauptung, die Arbeit der
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116802
(C)
(D)
(A)
(B)
Studierendenvertreter sei zunehmend Verunsicherungen
ausgesetzt, stimmt nicht.
Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen, die allerdings
nicht zur Zierde unserer Hochschulpolitik in den letzten
Jahren zu zählen sind. 1994: OVG NRW gegen den AStA
Münster, es werde untersagt, politische Erklärungen ab-
zugeben. 1997: VGH Hessen gegen den AStA Gießen;
10 000 DM Ordnungsgeld wegen eines Antrages an das
StuPa. 2000: Verfassungsgerichtshof NRW entscheidet
gegen die CDU-Landtagsfraktion, die behauptet hatte,
§§ 3 und 71 des Hochschulgesetzes NRW verstießen ge-
gen die Verfassung. 1999: Staatsanwaltschaft Marburg
gegen Studenten wegen Veruntreuung von AStA-Geldern,
zum Beispiel für den Kauf von Büchern für ein „Feminis-
tisches Archiv Marburg“. 1997: OVG Bremen untersagt
dem AStAAktivitäten gegen die Castortransporte. 1999:
VerwG Berlin verhängt gegen den AStA der Humboldt-
Universität ein Ordnungsgeld wegen eines Verstoßes
gegen das Hochschulrecht: nicht spezifische und unmit-
telbar hochschulbezogene Äußerungen; Erklärungen,
Forderungen, Stellungnahmen.
Diese Liste könnte ich fortsetzen.
Es geht also politisch bei der Frage nach der verfassten
Studentenschaft um zwei Probleme: Erstens. Haben die
gewählten Studierendenvertreter ein politisches Mandat
zur Abgabe von allgemeinen Erklärungen und Stellung-
nahmen im Namen der Studierenden? Zweitens. Darf der
AStA oder Vertreter des AStA für die Aktivitäten Finanz-
mittel des AStA, die aus allgemeinen Gebühren der Stu-
dierenden stammen, einsetzen oder macht er sich dann der
Untreue schuldig und ist persönlich schadenersatzpflich-
tig? In NRW ist der Handlungsspielraum der Studieren-
denvertreter aufgrund der Formulierung im Hochschulge-
setz, sie hätten die Aufgabe, „die politische Bildung, das
staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein und die Be-
reitschaft zur aktiven Toleranz ihrer Mitglieder (zu) för-
dern“, hinreichend genau formuliert. Diese Formulierun-
gen sind in anderen Ländern nicht so präzise.
Das HRG formuliert bisher, dass der Landesgesetzge-
ber die Möglichkeit – nicht die Pflicht – hat, an den Hoch-
schulen Studentenschaften zu bilden. Diese sind dann
aber Zwangskörperschaften im Rahmen der Körperschaft
Hochschule und dürfen kein allgemeinpolitisches Mandat
wahrnehmen.
Diese Bestimmung des § 41 zu ändern, so wie es die
PDS vorschlägt, greift tief in das föderale Verständnis
der Bundesländer ein und ist weder schnell noch etwa als
Ergänzung zur Novelle der Dienstrechtsreform zu leis-
ten. Die Länder haben kein eigenes Gestaltungsrecht der
Inhalte des § 41 HRG und werden ihre Interessen im
Bundesrat, dessen Zustimmung benötigt wird, vorbrin-
gen.
In § 41 Abs. 3 der Studierendenschaft das Recht zum
allgemeinen politischen Mandat zu geben und dazu die
Finanzmittel des ASta als Zwangsmitgliedschaft zu nut-
zen stößt nach der Rechtssprechung auf erhebliche Be-
denken. Es ist richtig, dass die Trennung von Wissen-
schaft, Forschung und allgemeiner Politik antiquiert ist
und nicht der Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft
entspricht. Insofern müssen wir über das Thema HRG
§ 41 nachdenken. Ich sage zu, dass es eine Koalitions-
initiative zum Thema geben wird, sobald die Dienst-
rechtsreform im Deutschen Bundestag und Bundesrat er-
folgreich verabschiedet worden ist.
Es bleibt der PDS aber unbenommen, über eine mögli-
che Bundesratsinitiative das Thema erneut aufzugreifen.
Wir sollten Ihren Gesetzentwurf heute erst einmal an
die Ausschüsse überweisen.
Thomas Rachel (CDU/CSU): Die PDS-Fraktion hat
der rot-grünen Bundesregierung heute ein besonderes Ei
ins Nest gelegt. So legt die PDS einen Gesetzentwurf zur
Absicherung der verfassten Studierendenschaften im
Hochschulrahmengesetz vor. Damit tut sie genau das, was
– übrigens leichtfertigerweise – SPD und Grüne in ihrer
eigenen Koalitionsvereinbarung zu Beginn dieser Legis-
laturperiode angekündigt haben.
Wie heißt es doch, Frau Ministerin Bulmahn, in der
von SPD und Grünen in Person von Gerhard Schröder und
Joschka Fischer unterzeichneten Koalitionsvereinba-
rung? Ich zitiere:
Wir werden das Hochschulrahmengesetz im Einver-
nehmen mit dem Bundesrat weiterentwickeln und
die verfasste Studierendenschaft absichern.
Dieses Koalitonsversprechen war nicht nur leichtfertig,
sondern es war von der Sache her falsch, weil es die Län-
derrechte nicht berücksichtigt. Aber eines wird durch den
vorliegenden Gesetzesantrag ganz klar: SPD und Grüne
haben ihr Versprechen aus dem Wahlkampf und ihre
schriftliche Zusage in der Koalitionsvereinbarung gebro-
chen; denn bis heute haben sie ihre Zusage nicht eingelöst
und Rot und Grün werden gegen den Antrag der PDS, der
ihr eigenes Vorhaben beinhaltet, stimmen. Anspruch und
Wirklichkeit klaffen himmelweit auseinander. Dies ist
Kennzeichen sozialdemokratischer und grüner Hoch-
schulpolitik.
Wie stellt sich denn eigentlich der Sachverhalt dar? Im
geltenden Hochschulrahmengesetz ist in § 41 geregelt:
Das Landesrecht kann vorsehen, dass an den Hoch-
schulen zur Wahrnehmung hochschulpolitischer,
sozialer und kultureller Belange der Studierenden,
zur Pflege der überregionalen und internationalen
Studentenbeziehungen sowie zur Wahrnehmung
studentischer Belange in Bezug auf die Aufgaben
der Hochschulen Studentenschaften gebildet wer-
den.
Dies zeigt: Das Hochschulrahmengesetz lässt sehr wohl
verfasste Studentenschaften zu. Die Regelung wird der
Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer überlassen.
Diese Regelung entspricht der Aufgabenverteilung des
Grundgesetzes und der besonderen Rolle der Bundeslän-
der. Die derzeit gültige Fassung des § 41 kam im Übrigen
nur nach einem langen Tauziehen zwischen Bundestag
und Bundesrat zustande. Die Bildung von Studenten-
schaften soll dem Ermessen und der Entscheidung der
Länder überlassen sein. Dies hat sich grundsätzlich be-
währt.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16803
(C)
(D)
(A)
(B)
Entscheidet sich der Landesgesetzgeber dafür, eine
Studentenschaft zu bilden, so fasst er die immatrikulierten
Studenten einer Hochschule in einer Zwangskörperschaft
im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft
Hochschule zusammen. Aus dieser Form der Zwangskör-
perschaft ergeben sich bestimmte Konsequenzen. Unter
anderem ergibt sich diejenige, dass die Studentenschaften
ein hochschulpolitisches Mandat haben, nicht aber ein all-
gemeinpolitisches Mandat.
Damit sind wir auch mitten beim Kernpunkt des An-
trags der PDS. Wer den Gesetzesantrag aufmerksam liest,
wird feststellen, dass es der PDS gar nicht um die Studie-
rendenschaft im eigentlichen Sinne geht, sondern darum,
ein so genanntes allgemeinpolitisches Mandat durchzu-
setzen. Heute haben die Studierendenschaften ein hoch-
schulpolitisches Mandat, das ihnen die Möglichkeit gibt,
zu allen hochschulrelevanten Themen und der spezifi-
schen Situation ihrer Ausbildung Stellung zu beziehen.
Dies hat sich als richtig herausgestellt, zumal so die Stu-
dienbedingungen kritisiert und Verbesserungen durchge-
setzt werden können.
Darum geht es der PDS aber nicht. Sie will ein allge-
meinpolitisches Mandat, das manche ASten in der Ver-
gangenheit schon rechtswidrig in Anspruch zu nehmen
versucht haben. Ich erinnere mich gut an Aktivitäten von
ASten, die, mit riesigen Steuergeldern finanziert, rechts-
widrig Kampagnen für Kuba und Nicaragua und gegen
den NATO-Doppelbeschluss veranstaltet haben. Dies
ging zulasten der Steuerzahler. Es nervte die Studieren-
den, die wollten, dass sich die ASten endlich um ihre
konkrete hochschulpolitische Situation kümmern und
nicht eine allgemeine Politik der Weltverbesserung be-
treiben.
Eine Veränderung, die die politische Linke bisher nicht
hat durchsetzen können und die die deutschen Gerichte
bis zum Bundesverwaltungsgerichtsurteil von 1969 eben-
falls untersagt hat, versucht die PDS nun in einem neuen
Aufgalopp mittels einer Gesetzesänderung durchzuset-
zen. Das allgemeinpolitische Mandat ist auch deshalb un-
zweckmäßig und ein Rechtsverstoß, weil es sich bei ein-
gerichteten Studentenschaften um Zwangskörperschaften
handelt. So hat auch das Oberverwaltungsgericht in Müns-
ter am 6. September 1994 entschieden, dass
eine nicht unmittelbar auf den Bereich der Hoch-
schule und die spezifischen Interessen von Studenten
begrenzte politische Betätigung der Studentenschaft
verfassungswidrig in den individuellen Freiheitsbe-
reich der Mitglieder eingreift.
Da sich die Studierenden unsinniger und ideologischer
Äußerungen oder allgemeinpolitischer Kampagnen von
ASten nicht durch Austritt aus der Studentenschaft als
Zwangskörperschaft entziehen können, stellt die Wahr-
nehmung des allgemeinpolitischen Mandats durch Stu-
dentenvertretungen einen verfassungswidrigen Eingriff in
den individuellen Freiheitsbereich der Studierenden dar.
Aus diesen Gründen lehnt die CDU/CSU-Bundestags-
fraktion ein allgemeinpolitisches Mandat für die Studie-
rendenschaften weiterhin nachdrücklich ab. Der Gesetz-
entwurf der PDS wird im Plenum und im Bildungs- und
Forschungsausschuss auf unsere Ablehnung stoßen. An-
gesichts der Identität zwischen dem Gesetzesantrag der
PDS zur Absicherung der verfassten Studierendenschaf-
ten im Hochschulrahmengesetz und derselben Ankündi-
gung im rot-grünen Koalitionsvertrag sollten SPD und
Bündnis 90/Die Grünen die Schamesröte nicht mehr aus
dem Gesicht weichen.
Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Bündnis 90/ DIE Grünen haben sich im Koalitionsvertrag
darauf festgelegt, die verfassten Studierendenschaften
bundesweit festzuschreiben. Dies war kein Lippenbe-
kenntnis, sondern steht weiterhin auf der Agenda. Im Dia-
log mit den Studierendenvertretern und -vertreterinnen
und in enger Abstimmung mit der Bundestagsfraktion der
SPD erarbeiten wir eine entsprechende Novellierung des
§ 41 HRG, die wir nach der Sommerpause in den parla-
mentarischen Prozess einbringen wollen. Insofern unter-
stützen wir das Anliegen der PDS, da es auch unseres ist,
die verfassten Studierendenschaften zu verankern.
Wir setzen uns über die rechtliche Festschreibung der
verfassten Studierendenschaften hinaus auch für gute Ar-
beitsbedingungen der Studierenden ein, weil wir der Mei-
nung sind, dass die verfassten Studierendenschaften ganz
wesentlich dazu beitragen, die demokratische Kultur an
den Hochschulen zu verbessern – nur dort, wo die Mit-
glieder einer Institution auch die Möglichkeit haben, ak-
tiv mitzugestalten und ihre Interessen einzubringen, ent-
stehen auch Anreize, sich mit der Institution zu
identifizieren –, dass verfasste Studierendenschaften die
Grundlage für eine demokratische Gestaltung an den
Hochschulen bieten und dass dann, wenn das Recht der
Studierendenschaften zur kritischen Reflexion über
gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die wiederum ei-
nen maßgeblichen Einfluss auf ihre Situation als Studie-
rende haben, fundamental eingeschränkt wird, eine aktive
Vertretung keinen Sinn mehr macht.
Positiv beurteilen wir die Regelung zu den verfassten
Studierendenschaften im neuen Hamburger Hochschulge-
setz. Hier hat die grüne Wissenschaftssenatorin Krista
Sager Maßstäbe gesetzt: zum einen mit dem moderierten
Verfahren, mit dem das Hamburger Hochschulgesetz in
Kooperation mit allen relevanten gesellschaftlichen
Gruppen erarbeitet wurde und zum anderen auch mit der
Einbeziehung der Studierenden.
In Bezug auf die verfassten Studierendenschaften
garantiert das Gesetz die Bildung von Fachschaften durch
die Studierenden in den Selbstverwaltungseinheiten. Die
Fachschaften können wiederum eigene Organe wählen.
Ebenfalls wurde das politische Mandat der Studieren-
den erweitert. Die Studierendenschaft nimmt demnach
die Belange der Studierenden wahr und kann sich in die-
sem Rahmen mit allen Fragen befassen, die die Grund-
rechte, die gesellschaftliche Aufgabenstellung der Hoch-
schulen und das Hochschulwesen berühren und die
erkennbar an hochschulpolitische Themen anknüpfen. Im
verfassungsrechtlichen Rahmen kann sie sich in der poli-
tischen Bildung der Studierenden engagieren und für die
Grund- und Menschenrechte eintreten.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116804
(C)
(D)
(A)
(B)
Da wir eine eigene, umfassende Gesetzesinitiative er-
greifen werden, lehnen wir den Antrag der PDS ab.
Ulrike Flach (F.D.P.): Über diesen PDS-Antrag kann
man wirklich nur staunen. – Sie versuchen, die alten
Schlachten der westdeutschen Hochschulgeschichte noch
einmal zu schlagen –, vor allem wenn man sieht, dass die
Personen, die den Antrag eingereicht haben, nicht im
Westen studiert haben, sondern in einem Hochschulsys-
tem, in dem es eine verfasste Studentenschaft überhaupt
nicht gab – von der Möglichkeit, zu allgemeinpolitischen
Themen Stellung zu nehmen, ganz zu schweigen.
Ich habe in den 70er-Jahren studiert und sage Ihnen:
Die Diskussion um das allgemeinpolitische Mandat ist ein
so alter Hut, der wird auch dadurch nicht neuer, dass ihn
sich jemand anders aufsetzt.
Die verfasste Studentenschaft ist die Vertretung der
Studierenden in ihrer Eigenschaft als Studierende. Es ist
nicht Aufgabe der ASten, zu allen politischen Themen
Stellung zu nehmen. Das ist geltende Rechtslage und das
soll so bleiben.
Im Übrigen ist das hochschulpolitische Mandat recht
weit gefasst: Man kann darunter schon einiges fassen,
wenn man es phantasievoll anstellt. Und dass es in den po-
litischen Hochschulgruppen einige Leute gibt, die sich
gern mit Unterlassungsklagen überziehen, werden Sie da-
mit auch nicht abstellen. Gehen Sie mal an eine Hoch-
schule und fragen nach: Die allermeisten Studierenden
haben für den Streit um das allgemeinpolitische Mandat
nur ein mitleidiges Lächeln übrig.
Wenn Sie sich die AStA- und StuPa-Wahlen der letzten
Jahre einmal ansehen, dann stellen Sie einen Trend fest:
Erfolgreich sind Gruppen, die Service für die Studie-
renden anbieten. Die Zeit der Ideologien ist vorbei; heute
geht es darum; die Studienbedingungen konkret zu ver-
bessern.
Der Antrag enthält noch zwei Forderungen, zu denen
ich kurz Stellung nehmen möchte. Sie wollen, dass die
verfasste Studierendenschaft in § 41 HRG festgeschrie-
ben wird. In einer Zeit, wo wir mehr Unterschiedlichkeit,
Autonomie und Eigenständigkeit an den Hochschulen
brauchen, wollen Sie den Bundesländern Regelungen auf-
zwingen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Studie-
renden in Bayern und Baden-Württemberg darunter lei-
den, dass es dort seit 1974 bzw. 1977 keine verfasste
Studentenschaft gibt. Alles alte Kamellen, die Sie hier
bringen!
Sie wollen den Hochschulen im § 2 Abs. 1 HRG eine
Forschungsfolgenabschätzung verordnen, die Sie Re-
flexionspflicht nennen. Gehen Sie doch mal an eine Uni-
versitätsklinik und sprechen mit dem Ethikrat, dann wer-
den Sie sehen, dass diese Reflexion bereits vielfach Praxis
ist. Natürlich sind Ihre Beispiele in der Begründung ver-
räterisch. Sie nennen angebliche „Risikotechnologien“
wie Atom- und Gentechnologie, bei denen die Reflexion
besonders notwendig wäre. Das sind die Technologien,
die Ihre Fraktion ablehnt.
Wir brauchen eine Entrümpelung des HRG von büro-
kratischen Vorschriften. Die Hochschulen sollen sich
selbst verwalten und selbst organisieren. Dazu kann auch
eine Verpflichtung zur Folgenabschätzung der eigenen
Forschungsergebnisse gehören, aber dann in einer von
den Hochschulen selbst erlassenen Satzung und nicht per
staatlicher Verordnung.
Ihr Antrag soll einigen Alt-68ern Balsam auf die wun-
de Seele schmieren. Mit der Wirklichkeit der heutigen
Hochschulen und der Lebenswelt der allermeisten Studie-
renden hat das wenig zu tun.
Lassen Sie uns über diesen Antrag schnell abstimmen
und uns wieder an die Arbeit machen für leistungsfähige
und moderne Hochschulen.
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung
– des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des
Hinterbliebenrechts
– des Antrags: Unzumutbare Belastungen in der Hin-
terbliebensicherung zurücknehmen
(Tagesordnungspunkt 24 und Zusatztagesordnungs-
punkt 11)
Erika Lotz (SPD): Die Frage, wie viel Rente Witwen
bekommen, hat in den letzten Monaten für viel Aufregung
gesorgt. Dabei ist eigentlich schon seit Jahren klar, dass
die Hinterbliebenenversorgung reformiert werden muss.
Wie junge Familien heute leben, das unterscheidet sich
erheblich davon, wie ihre Eltern gelebt haben. Den übli-
chen Alltag der 50er-Jahre – heiraten, Kinder bekommen,
Vater arbeitet und Mutter erzieht die Kinder – gibt es
heute nur noch in seltenen Fällen. Damals haben die
Trümmerfrauen ihre Arbeitsplätze für die Männer ge-
räumt, die aus Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrt
sind. Heute erobern sie mit jedem Jahr ein weiteres Stück
der Arbeitswelt.
Seit der Nachkriegszeit hat sich noch viel mehr verän-
dert: Die Zahl der Scheidungen und der Alleinerziehen-
den steigt an. Es wird immer selbstverständlicher, dass
Frauen schon kurz nach der Geburt wieder erwerbstätig
werden – entweder weil sie den Anschluss nicht verpas-
sen wollen oder weil es für die Familie existenziell not-
wendig ist, dass beide Partner Geld verdienen. Ebenso
steigt aber auch die Zahl der Frauen, die überhaupt keine
Kindern haben. Beruf und Familie miteinander zu verein-
baren ist auch heute noch sehr schwierig und bleibt meis-
tens an den Frauen hängen. Viele Frauen entscheiden,
keine Kinder haben zu wollen. Kurz und gut: Die Le-
bensentwürfe sind vielfältiger und bunter geworden, und
das nicht erst seit gestern.
Das alles wirkt sich im Alter aus. Unsere Hinterbliebe-
nenversorgung, wie wir sie heute haben, passt darauf nicht
mehr. Deshalb haben wir sie schon mit der Rentenstruk-
turreform den neuen Lebensentwürfen angepasst. Jetzt
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16805
(C)
(D)
(A)
(B)
– nach den Verhandlungen und Beschlüssen im Vermitt-
lungsausschuss – nehmen wir noch einmal ein paar Än-
derungen vor.
Damit holen wir ein Versäumnis unserer Vorgängerre-
gierung nach. Warum Sie, meine Damen und Herren von
der CDU/CSU, sich so gegen diese Reform gesträubt ha-
ben, das war und ist für mich unverständlich. Dass die jet-
zige Hinterbliebensicherung für die jungen Frauen, die in
25 Jahren in Rente gehen, nicht mehr zeitgemäß ist, das
ist schon lange bekannt. In 16 Jahren Kohl-Regierung ist
trotzdem nichts passiert. Es ist nichts passiert, weil die
Union will, dass Familien nach ihrem Leitbild leben: Va-
ter bei der Arbeit und Mutter zu Hause bei den Kindern.
Aber so leben Familien schon lange nicht mehr, und sie
haben so auch nicht gelebt, als Sie ihnen das noch
schmackhaft machen konnten.
Was wir jetzt tun, ist schon lange überfällig: Wir voll-
ziehen mit der Reform der Hinterbliebenenrente Ände-
rungen in der Gesellschaft nach. Wir tun das ganz frei-
willig. Bis zum Regierungswechsel mussten Frauen sich
die Verbesserungen des Systems, die ihnen zugute kamen,
regelmäßig vor dem Bundesverfassungsgericht erstreiten.
Ich erinnere da nur an die Anerkennung von Erziehungs-
zeiten oder die gleichzeitige Anerkennung von Erziehung
und Erwerbstätigkeit. Beides wurde erst nach Urteilen des
Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Beides waren
damals schon alte Forderungen der SPD. Mit dieser Ren-
tenreform setzen wir jetzt noch weitere Verbesserungen
für Frauen um.
Wir haben die Hinterbliebenensicherung zielgenau re-
formiert: für Frauen und Männer, die unter 40 sind, und
für die Ehen, die in Zukunft geschlossen werden.
Wir verändern nichts an den Renten, die jetzt schon ge-
zahlt werden. Auch die Renten der Frauen, die erst in den
nächsten Jahren Witwen werden, werden weiterhin nach
jetzt geltendem Recht gezahlt. Erst die Frauen, die in
25 Jahren in Rente gehen, werden die Veränderungen er-
leben, die wir mit dem Altersvermögensgesetz beschlos-
sen haben und heute auf den Weg bringen.
Ich sage das alles deshalb so deutlich, weil es genau an
diesem Punkt die größten Unsicherheiten und Ängste
gibt. Angst haben dabei vor allem diejenigen, die gar
keine Änderung zu erwarten haben: 80-jährige Männer
zum Beispiel, die fürchten, dass ihre Frauen nach ihrem
Tod von der Witwenrente nicht mehr leben können. Sie
fürchten sich, weil Sie, meine Damen und Herren von der
Union, versuchen, mit den Ängsten älterer Leute Stim-
mung zu machen. Sie versuchen, ihnen einzureden, sie
müssten um ihre wohlverdiente Rente fürchten. Sie
schüren diese Ängste, obwohl Sie genau wissen, dass sie
völlig unbegründet sind.
Das ist nicht einfach nur der unsportliche Versuch, uns
schlecht aussehen zu lassen. Darüber könnten wir milde
lächeln und weiter tun, was richtig ist. Was mich wirklich
zornig macht, das ist die gemeine und unredliche Art, sich
der Angst von jemand anderem zu bedienen. Das werden
wir nicht vergessen, und daran werden sich im nächsten
Jahr ganz sicher auch die Rentnerinnen und Rentner in
diesem Land erinnern.
Deshalb ist es auch besonders wichtig, gerade an die-
sem Punkt – bei der Hinterbliebenensicherung – die Än-
derungen genau zu erklären. Das tue ich jetzt. Vorher
muss ich aber wie jedes Mal betonen: Die beste Alterssi-
cherung ist es, erwerbstätig zu sein und Beiträge in die
Rentenversicherung einzuzahlen. Das wissen die Frauen
auch und verhalten sich entsprechend. Sie bleiben er-
werbstätig, auch wenn sie Kinder bekommen, verheiratet
oder nicht. Sie verlassen sich heute nicht mehr darauf,
dass ein Ehemann sie versorgt, weder aktuell noch fürs
Alter. Frauen wollen heute arbeiten – um unabhängig zu
sein, weil sie das Geld brauchen, weil es Spaß macht.
Uns geht es darum, dass im Alter die Leistungen dieser
Frauen und Männer anerkannt werden: die Leistungen
derjenigen, die Kinder erzogen haben und damit dazu bei-
getragen haben, dass diese Gesellschaft und unser Ren-
tensystem Bestand haben.
In Zukunft werden Rentenanwartschaften von Frauen,
die in den ersten zehn Lebensjahren ihres Kindes nur we-
nig verdienen, um die Hälfte erhöht. Davon profitieren
alle Mütter, vor allem auch die Alleinerziehenden, die ge-
zwungen sind, erwerbstätig zu bleiben, und oft schlecht
bezahlte Jobs annehmen müssen.
Diejenigen, die nicht erwerbstätig sein können – weil
sie mehr als ein Kind oder ein pflegebedürftiges Kind ha-
ben –, werden ebenfalls gefördert: mit einem Drittel Ent-
geltpunkt während der zehn Jahre Kinderberücksichti-
gungszeit. Das erhöht die Renten von Frauen, die Kinder
erzogen haben – unabhängig davon, ob sie verheiratet wa-
ren oder nicht. Darauf legen wir Wert.
Auch bei der Hinterbliebenenrente selbst bekommt die
Kindererziehung ein stärkeres Gewicht. In Zukunft wird
es immer weniger Frauen geben, die im Alter ausschließ-
lich darauf angewiesen sind, und es wird fast keine Frauen
mehr geben, die nur von Witwenrente leben, obwohl sie
keine Kinder haben.
Die maßvolle Absenkung der Hinterbliebenenrente in
25 Jahren ist also geboten. Bei Müttern wird diese Ab-
senkung vom ersten erzogenen Kind an durch die Kin-
derkomponente ausgeglichen. Sie bekommen für das
erste Kind zusätzlich zur Hinterbliebenenrente zwei Ent-
geltpunkte. Bei einer durchschnittlichen Rente macht das
in Mark und Pfennig im alten und neuen System dasselbe –
rund 1 200 Mark im Monat bei aktueller Berechnung.
Diejenigen, die eine unterdurchschnittliche Rente be-
kommen, stehen sich nach der Rentenreform besser. Auch
die Situation der Mütter, die mehrere Kinder erzogen ha-
ben, verbessert sich. Für jedes weitere Kind gibt es einen
weiteren Entgeltpunkt und damit nach heutigem Stand
rund 50 DM pro Monat. Das alles gilt für Ehen, die heute
noch nicht geschlossen sind oder bei denen beide Partner
unter 40 sind; ich wiederhole das ganz bewusst.
Wie wir alle wissen, ist Altersarmut vorwiegend weib-
lich. Ich weise deshalb auch noch darauf hin, dass es in
Zukunft für alle diejenigen, die sich keine existenzsi-
chernde Rente erarbeiten konnten, die bedarfsorientierte
Grundsicherung geben wird, und die wird es nicht erst in
25 Jahren geben, sondern sobald die Rentenreform in
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Kraft getreten ist, also zu Beginn des nächsten Jahres. Da-
mit helfen wir vor allem den derzeitigen Rentnerinnen.
Da das Altersvermögensgesetz bereits verabschiedet
ist, geht es heute um ein weiteres, ergänzendes Gesetz, das
Gesetz zur Verbesserung des Hinterbliebenenrechts. Dazu
gehören zwei der Verbesserungen, die ich schon erwähnt
habe: ein weiterer Entgeltpunkt für das erste erzogene
Kind, und der Grundfreibetrag bei der Einkommensan-
rechnung wird auf Dauer dynamisch bleiben.
Diese Regelungen werden auch in der Alterssicherung
der Landwirte und in der gesetzlichen Unfallversicherung
nachvollzogen. Darüber hinaus wird die Zuständigkeit
der Bundesknappschaft auf alle Versicherten mit mindes-
tens einem Monat Beitragszeit in der knappschaftlichen
Rentenversicherung ausgedehnt.
Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Frauen erhalten
in Deutschland eine wesentlich geringere Rente als Män-
ner. Die durchschnittliche Rente der Männer liegt bei fast
2 000 DM, die der Frauen bei nur 950 DM. Deshalb wären
Verbesserungen für die Frauen bei der Rente dringend er-
forderlich.
Herr Riester brüstet sich damit, dass die Frauen in der
Rentenversicherung mit Ihrer Reform jetzt besser gestellt
werden. Das ist aber nicht wahr. Genau das Gegenteil ist
der Fall. Frauen sind eindeutig die großen Verliererinnen
Ihrer Rentenreform. Wir haben daher unseren Antrag in
den Bundestag eingebracht und fordern die Bundesregie-
rung auf, unzumutbare Belastungen in der Hinterbliebe-
nensicherung zurückzunehmen.
Mit Ihrem Nachbesserungsgesetz, über das wir heute
beraten, nehmen Sie lediglich einen Teil der drastischen
Benachteiligungen von Frauen zurück; und das sind Be-
nachteiligungen, die Sie selbst eingeführt haben. Deshalb
ist auch der Titel Ihres Gesetzes „Entwurf eines Gesetzes
zur Verbesserung des Hinterbliebenenrechts“ ein Witz.
Auch ist Ihr Nachbesserungsgesetz typisch für die Entste-
hungsgeschichte Ihrer Rentenreform, die von Durchei-
nander und Chaos geprägt war. Bevor das Gesetz in Kraft
tritt, müssen wir bereits über die ersten Änderungen Ihrer
Rentenreform beschließen.
Wir haben gegen die von Ihnen beschlossenen massi-
ven Einschnitte in der Hinterbliebenensicherung
gekämpft. Wir haben immer wieder gefordert, dass die
Witwenrente erhalten bleiben muss. Dass Sie jetzt dieses
Nachbesserungsgesetz vorlegen, ist unser Verdienst. Nur
weil wir im Vermittlungsausschuss hart geblieben sind,
haben Sie sich in letzter Sekunde doch noch bewegt. Al-
lerdings geben Sie den Frauen damit nur zurück, was Sie
ihnen vorher genommen haben.
Die SPD ist mit dem Versprechen angetreten, die ei-
genständige Alterssicherung für Frauen zu verbessern.
Aber die rot-grüne Rentenreform bewirkt genau das Ge-
genteil: Sie bringt massive Verschlechterungen für die
Frauen.
Die willkürliche Kürzung des staatlich garantierten
Rentenniveaus auf 64 Prozent trifft Frauen doppelt. Ei-
nerseits wird ihre eigene Rente gesenkt, andererseits zu-
sätzlich auch die Witwenrente. Da Frauen durchschnitt-
lich erheblich weniger Beitragsjahre aufweisen als Män-
ner, wird das tatsächliche Rentenniveau vieler Frauen da-
her im Jahr 2030 unter 50 Prozent sinken.
Hinzu kommt, dass jetzt auch Vermögenswerte wie
Miete oder Kapitaleinkünfte und nicht nur wie bisher Er-
werbseinkommen und Sozialleistungen auf die Hin-
terbliebenenrenten angerechnet werden. Dadurch werden
die Menschen diskriminiert, die sich neben ihrer Rente
noch selber etwas angespart haben, um sich den Lebens-
standard im Alter etwas aufzubessern.
Darüber hinaus kürzen Sie die Witwenrente von 60 auf
55 Prozent. Trotz der geplanten Kinderzuschläge werden
Witwen schon bald deutlich weniger Witwenrente erhal-
ten. Ihre Rentenpolitik ist eine Rentenpolitik mit der Pla-
nierraupe – ohne Rücksicht auf Verluste. Im Gegenteil,
Verluste sind sogar eingeplant.
Auch die Ausgestaltung der zusätzlichen privaten Al-
terssicherung richtet sich gegen die Frauen. Gleiche Ta-
rife für Männer und Frauen – Unisex – bei der geförder-
ten zusätzlichen Alterssicherung sind nicht vorgesehen.
Frauen bekommen bei gleicher Sparleistung um bis zu
15 Prozent geringere Erträge. Auch das ist nicht akzepta-
bel.
Rentnerinnen in den neuen Bundesländern, die arbeits-
los geworden sind, sind durch eine weitere Maßnahme
hart getroffen, und zwar durch die von Ihnen durchge-
setzte Herabsetzung der Beitragszahlungen für die Bezie-
her von Arbeitslosenhilfe. Das entspricht einer Kürzung
der Rentenversicherungsbeiträge und infolge der Renten
um mehr .als die Hälfte.
Die Union hat dagegen während ihrer Regierungszeit
eine ausgewogene und sozial gerechte Rentenpolitik be-
trieben, die Frauen und Familien mit Kindern bei der
Rente besser gestellt hat. 1986 haben wir die Kinderer-
ziehungszeiten eingeführt. 1992 haben wir dann die An-
rechnung der Kindererziehungszeiten auf drei Jahre für
Geburten nach 1991 verlängert und erstmals Rentenan-
sprüche für häusliche Pflegezeiten anerkannt. Mit dem
Rentenreformgesetz 1999 haben wir eine höhere Bewer-
tung der Kindererziehungszeiten und die additive An-
rechnung von Kindererziehungszeiten erreicht. Wir haben
also etwas für Frauen und Familien mit Kindern getan. Sie
machen das jetzt wieder kaputt.
Die Union hatte während ihrer Regierungszeit von ei-
ner Änderung der Witwenrente Abstand genommen, so-
lange keine verlässlichen Daten vorlagen. Seit Vorliegen
der von Norbert Blüm in Auftrag gegebenen AVID-Studie
ist die Union der Auffassung, dass auf absehbare Zeit auf
die Witwenrente als wichtiges Element der Altersversor-
gung von Frauen nicht verzichtet werden kann. Denn nach
diesen Expertenberechnungen werden Frauen auch in
30 Jahren im Durchschnitt nur halb so viel eigene Rente
haben wie Männer.
Ein weiterer Punkt: Sie tricksen bei der Hinterbliebe-
nensicherung herum, wie es Ihnen gerade gefällt. Ein
Beispiel: Bei den Gesprächen im Vermittlungsausschuss
zum Altersvermögensgesetz haben Sie uns immer vorge-
worfen, wir würden unbezahlbare Forderungen bei der
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Hinterbliebenensicherung stellen. Sie präsentierten uns
verschiedene Berechnungen mit astronomischen Zahlen.
Nach Ihren Berechnungen im Vermittlungsausschuss
sollte etwa ein Kinderzuschuss von einem Entgeltpunkt
pro Kind 1,4 Milliarden DM kosten. Jetzt haben Sie in
diesem Gesetz selber den Kinderzuschuss um einen Ent-
geltpunkt erhöht. Und plötzlich kostet ein Entgeltpunkt
nur noch 800 Millionen DM, also eine halbe Milliarde
weniger. Wenn wir etwas fordern, rechnen Sie es teuer,
wenn Sie es selber machen, kostet es plötzlich nur noch
die Hälfte. Das ist unredlich.
Ein weiteres Beispiel: Sie dynamisieren den Freibetrag
bei der Einkommensanrechnung bei Witwen- und Wit-
werrenten wieder. Das ist zu begrüßen. Aber eigentlich
müsste der Beitragssatz durch diese Maßnahme steigen,
nach Ihren Berechnungen um 2,5 Milliarden DM im Jahr
2030. Bei Ihnen sinkt der Beitragssatz aber von 22,0 auf
21,8 Prozent, und zwar nur deshalb, weil Sie wieder trick-
sen. Sie erhöhen einfach die Zuwanderungsquote von
150 000 auf 200 000. Das ist keine seriöse Rentenpolitik.
Das ist mit uns nicht zu machen.
Auch ist das von Ihnen vorgesehene Rentensplitting
ein unzumutbares Rentenroulette. Die Wahlmöglichkeit
zwischen Splitting der Anwartschaften und der bisherigen
abgeleiteten Hinterbliebenenrente ist unzumutbar. Die
Höhe der Rente ist davon abhängig, ob das Rentensplit-
ting oder die traditionelle Hinterbliebenenrente gewählt
wird. Die Wahl führt zu unterschiedlichen Ergebnissen, je
nachdem, welcher Ehegatte zuerst stirbt. Die Ehegatten
können also die für sie günstigere Wahl nur treffen, wenn
Sie wissen, wer von ihnen überleben wird. Eine solche
Entscheidung darf den Eheleuten aber nicht zugemutet
werden.
Die Union schlägt dagegen ein Konzept vor, das zur
besseren sozialen Absicherung von Familien und zum
Ausbau der eigenständigen Alterssicherung der Frau
führt. Frauen müssen insbesondere durch eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf günstigere Chancen
zum Erwerb eigenständiger Anwartschaften haben.
Familienarbeit muss deshalb in der Rentenversiche-
rung stärker honoriert werden. Deshalb sollen Zeiten der
Kindererziehung besser als bisher in der Alterssicherung
berücksichtigt werden. Auch soll die Witwen-/Witwer-
rente den Charakter einer eigenständigen Sicherung er-
halten. Folglich soll neben der selbst erworbenen Rente
ein angemessener Teil der Rentenanwartschaften aus der
Hinterbliebenenrente in eine neue Ehe mitgenommen
werden können.
Wir fordern Sie auf: Nehmen Sie die unsozialen Ren-
tenkürzungen in der Hinterbliebenensicherung zurück.
Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Katrin Göring-Eckhardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):Wenn ich die Verhandlungen um die Rentenreform
noch einmal in Erinnerung rufe, dann fällt auf, dass Sie,
verehrte Damen und Herren von der Opposition, an Kon-
zepten nur unrealistische Blütenträume vorgelegt oder
sich in trotziger und unentschlossener Manier der Moder-
nisierung der Rentenversicherung bis zum Schluss ver-
weigert haben.
Was haben wir gemacht? Wir haben eine Rentenreform
beschlossen, die die Generationengerechtigkeit in den
Mittelpunkt stellt. Gerecht heißt für uns: Die Beitrags-
sätze bleiben langfristig stabil. Das schafft eine verlässli-
che Grundlage für die heute jungen und die zukünftigen
Generationen.
Die Beitragssatzstabilität ist und bleibt ein vorrangiges
Ziel dieser Regierung. Und das ganz im Gegensatz zu Po-
litik der Opposition, die die Beitragssätze jahrelang in
horrende Höhen getrieben hat, ohne dass die Menschen
dafür eine adäquate Gegenleistung bekommen hätten. Wir
wollen mit den niedrigen Beiträgen erreichen, dass junge
und ältere Menschen bessere Chancen auf dem Arbeits-
markt haben.
Wir wollen der jungen Generation eine eigenständige
Altersvorsorge an die Hand geben. Mit einer staatlichen
Förderung, die sich für sie lohnt, selbst vorzusorgen. Mit
der Förderung werden gerade Familien bevorzugt. Wir
haben innerhalb der Rentenreform wegweisende Schritte
unternommen, Kindererziehung als eigenständige Leis-
tung, ähnlich der einer „normalen Arbeit“, anzuerkennen.
Denn nach der Rentenreform erhalten Eltern, welche in
den ersten zehn Lebensjahren eines Kindes lediglich un-
terdurchschnittliche Beiträge zur Rentenversicherung
zahlen konnten, zudem eine Höherbewertung ihrer einge-
zahlten Beiträge. Ihre Beiträge werden um 50 Prozent auf-
gewertet. Konnten sie wegen der Erziehung von zwei und
mehr Kindern keine Beiträge zur Rentenversicherung
leisten, erhalten sie eine pauschale Gutschrift. Für Eltern
von pflegebedürftigen Kindern gilt dies sogar bis zum
18. Lebensjahr des Kindes. Das Argument, die Rentenre-
form benachteilige die Frauen, ist also schlicht falsch.
Dieses Argument ist auch aus dem Grund falsch, weil
wir durch die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss
die Versorgung von Hinterbliebenen deutlich verbessert
haben. Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zur Um-
setzung des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses
wird die Kinderkomponente für das erste Kind von einem
Entgeltpunkt auf zwei Entgeltpunkte erhöht. Außerdem
wird der Grundfreibetrag für andere Einkünfte bei der
Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten wei-
terhin dynamisiert. Das bedeutet, wir lassen diesen Grund-
freibetrag auch weiterhin steigen.
Wir haben die Hinterbliebenenrenten modern und zu-
kunftsfähig gemacht. Der Versorgungssatz wird lediglich
für die kinderlosen Hinterbliebenen verringert. Dies ist
annehmbar, denn angesichts der zunehmenden Berufs-
tätigkeit von Frauen werden diese Frauen eigene Renten-
ansprüche aufgebaut haben und sind nicht, wie viele heu-
tige Witwen, auf die Hinterbliebenrente des Mannes
angewiesen. Für die heutigen Witwen ändert sich nichts,
denn die neuen Regelungen gelten erst für die unter
40-Jährigen. Diese Frauen haben meist ihren Beruf auf-
gegeben, um sich um die Erziehung ihrer Kinder zu küm-
mern. Diese Erziehungsleistung erkennen wir an. Für die
Zukunft wollen wir aber eine eigenständige Alterssiche-
rung der Frauen – auch damit sie im Falle einer Scheidung
besser abgesichert sind.
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Wir wollen bei der Rentenreform keine sozialen Här-
ten. Für die meisten ist das Häuschen die Altersvorsorge
schlechthin. Deshalb bin ich erfreut, dass uns die Einbe-
ziehung des Wohneigentums als nahezu gleichrangige
Form der privaten Alterssicherung gelungen ist. Familien
müssen die Chance haben, beides zu tun: für das Alter
vorzusorgen und die eigenen vier Wände zu finanzieren.
Verehrte Damen und Herren der Union, das müssen Sie
den Menschen erst einmal erklären: Warum sie nicht wol-
len, dass sich die Menschen eine eigenständige, zweite
Altersvorsorge aufbauen können, mit der sie auch ihr
Häuschen zwischenfinanzieren können.
Dr. Irmgard Schwaetzer (F.D.P.): Die F.D.P. be-
grüßt, dass jetzt doch noch Veränderungen am bereits ver-
abschiedeten Rentenreformgesetz gemacht werden. Da-
durch wird die Tatsache nicht aus der Welt geschafft, dass
diese Reform insgesamt zu kurz gegriffen hat. Aber we-
nigstens wird die Verunsicherung der Frauen abgebaut,
die sich besorgt gefragt haben, wie ihre Hinterbliebenen-
versorgung aussieht. Die gute Botschaft des heutigen Ta-
ges lautet: Auch für die jüngeren Frauen ist sichergestellt,
dass sie mit ihrer Gesamtversorgung im Alter an der all-
gemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen.
Festhalten darf ich allerdings, dass der Titel des Regie-
rungsentwurfs – höflich formuliert – eine staunenswerte
Frechheit ist. In Wirklichkeit geht es nicht um eine Ver-
besserung, sondern um die Rücknahme der im kürzlich
verabschiedeten Altersvermögensergänzungsgesetz von
der rot-grünen Mehrheit beschlossenen Verschlechterung
der Hinterbliebenenversorgung. Dass wir hier darüber de-
battieren, dürfte ein wesentlicher Erfolg des Vermitt-
lungsverfahrens sein.
Wir begrüßen, dass bei der Rentenberechnung die bis-
her auf einen Entgeltpunkt je Kind festgesetzte Kinder-
komponente für das erste Kind auf zwei Entgeltpunkte
erhöht wird. Wir begrüßen gleichermaßen, dass der
Grundfreibetrag bei der Einkommensanrechnung auf
Witwen- und Witwerrenten, der durch das Altersvermö-
gensergänzungsgesetz eingefroren wurde, auf Dauer dy-
namisiert bleibt. Wir bezweifeln die Sinnhaftigkeit der
geforderten Ausdehnung der Zuständigkeit der Bundes-
knappschaft im Leistungsfall auf alle Versicherten mit
mindestens einem Monat Beitragszeit in der knapp-
schaftlichen Rentenversicherung. Es ist sicher richtig, zu
sagen, dass hier eine Behörde, die offensichtlich nach
neuen Aufgabengebieten sucht, bedacht und der Minis-
terpräsident eines großen Bundeslandes besänftigt wer-
den soll.
Einen wichtigen Punkt monieren wir nach wie vor:
Leider fehlt in dem Entwurf der Bundesregierung die For-
derung, dass die Anrechnung von Vermögenseinkünften
in der Hinterbliebenensicherung auf Dauer unterbleibt.
Eine vollständige Anrechnung aller Einkommensarten
hat die F.D.P. abgelehnt, da dies mit dem Anreiz zur pri-
vaten Eigenvorsorge nicht vereinbar ist. Wenn Vermö-
genseinkommen wie Miete und Kapitaleinkünfte und
nicht nur wie bisher Erwerbseinkommen auf die Hin-
terbliebenenrenten angerechnet werden, werden die Men-
schen diskriminiert, die sich neben ihrer Rente noch sel-
ber etwas angespart haben, um sich den Lebensstandard
im Alter aufzubessern! Nicht angerechnet wird Einkom-
men, wenn bei In-Kraft-Treten der Reform in einer Ehe
einer der Partner das 40. Lebensjahr erreicht hat. Wir wer-
den dies in den Ausschussberatungen nochmals themati-
sieren.
Dr. Heidi Knake-Werner (PDS): Nach der Wahl ist
vor der Wahl. Wir alle kennen diesen schönen Spruch. Er
lässt sich auch auf die Rentenreform anwenden. Nach der
Rentenreform ist vor der Rentenreform. Dagegen wäre ja
auch wenig zu sagen, wenn nicht gerade die Regierung
immer von einem Jahrhundertwerk gesprochen hätte, das
nun in einem Guss auf Jahrzehnte Bestand hat.
Warum nicht ein bisschen bescheidener, liebe Kollegen
und Kolleginnen von der Regierungskoalition. Die Pro-
bleme der Alterssicherung sind doch nicht in einem Wurf,
schon gar nicht in einem Jahrhundertwurf zu lösen, son-
dern verlangen Reformschritte, die als Prozess begriffen
werden. Die Prognose, dass die heutige Debatte im Zu-
sammenhang mit Nachbesserungen, die aufgrund des Er-
gebnisses der Sitzungen des Vermittlungsausschusses
notwendig sind, nur die erste von einer Reihe weiterer
Debatten zur Veränderung der jetzt beschlossenen Re-
form ist, kommt nicht nur von der PDS. Expertinnen und
Experten aus der Wissenschaft und den Rentenversiche-
rungsträgern gehen davon aus, dass Ihre Annahmen zu
optimistisch sind, die Finanzierungsgrundlage nicht ab-
gesichert ist und schon in kurzer Zeit die Diskussion er-
neut begonnen werden muss.
Heute geht es neben Regelungen zur knappschaftli-
chen Rentenversicherung um Verbesserungen der Hin-
terbliebenenrente. Kindererziehungszeiten sollen aufge-
wertet werden, um die Absenkung der Witwenrente von
60 Prozent auf 55 Prozent zu kompensieren. Eine Besser-
stellung sicher – aber kinderlose Witwen müssen weiter
mit der Kürzung ihrer Hinterbliebenrente rechnen.
Auch der Grundfreibetrag für die Einkommensanrech-
nung soll dynamisiert werden – auch ein wichtiger Schritt
zur Absicherung der Lebenssituationen von Hinterbliebe-
nen.
Die Regierung muss sich allerdings fragen lassen,
warum solche wichtigen sozialen Weichenstellungen erst
unter dem Druck der notwendigen Mehrheitsbeschaffung
für das Jahrhundertwerk Rente zustande kommen.
Es stellt sich auch die Frage, wie die offensichtlichen
sozialen Besserstellungen der Witwen und Witwer nun
plötzlich trotz stabiler Beiträge finanziert werden können.
Aber zurück zur Hinterbliebenenrente und der dort zu-
sätzlich vorgesehenen Aufwertung der Kindererziehung.
Die PDS ist der Auffassung, wenn diese Debatte schon
wieder neu aufgemacht wird, sollte gleichzeitig eine ge-
rechte Lösung im Interesse der erziehenden erwerbstäti-
gen Frauen angepackt werden. Die mit der Rentenreform
beschlossene Ungleichbehandlung von Kindererziehung
ist nicht verfassungskonform, wie bereits 1992 vom Bun-
desverfassungsgericht festgestellt wurde. Schon hier
wurde der Grundsatz, dass die Erziehung eines Kindes un-
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abhängig vom Einkommen der Erziehenden einheitlich
zu bewerten ist, aufgestellt. Genau dies aber leistet die
Rentenreform nicht.
Die PDS hatte bereits während der Beratung der Ren-
tenreform einen Antrag eingebracht, der die hier einkom-
mensunabhängige lineare Aufwertung von Kindererzie-
hungszeiten für erwerbstätige Mütter und Väter regelt.
Wir werden in der weiteren Beratung einen Vorstoß in
diese Richtung machen.
Anlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Eindämmung illegaler Betätigung im Bauge-
werbe (Tagesordnungspunkt 25)
Dieter Grasedieck (SPD): 500000 Arbeitsplätze ge-
hen durch die Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung
verloren. 125 Milliarden DM Steuern fehlen dadurch den
Kommunen, den Ländern und dem Bund. Schwarzarbeit
vernichtet aber auch 110 Milliarden DM Sozialversiche-
rungsbeiträge. 10 Prozent der Arbeitsplätze am Bau sind
nachweislich illegale Arbeitsplätze. Legal handelnde Be-
triebe werden vom Markt gedrängt. Sie haben keine
Chance gegen Subunternehmen, die keine Steuern und
keine Versicherungen zahlen. Sie können gegen einen
Stundenlohn von 5 DM bis 8 DM nicht konkurrieren. Le-
gale Arbeitsplätze fallen weg, weil die illegale Beschäfti-
gung mehr und mehr professionell betrieben wird. Es ent-
steht ein Geflecht von vielen unüberschaubaren Ketten
von Subunternehmern. Viele Menschen aus dem Ausland
suchen einen Arbeitsplatz auf dem deutschen Schwarz-
markt, weil das Gefälle beim Arbeitslohn zu groß ist.
100 000 verhinderte illegale Beschäftigungen können zu
mehr als 60 000 legalen Beschäftigungsverhältnissen füh-
ren. Deshalb muss die illegale Beschäftigung mit allen
Mitteln bekämpft werden. Wir müssen unsere Anstren-
gungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erhöhen. Wie
können wir das erreichen?
An der Bundesgrenze darf die Ermittlung gegen Steu-
erkriminalität nicht enden. Unsere Finanzämter an den
Grenzen zu den Niederlanden, zu Belgien und Frankreich
und zu den osteuropäischen Ländern müssen direkt mit
den ausländischen Finanzämtern kooperieren können.
Der heutige Umweg über die Bundeszentralen führt zu
unnötigen Zeitverzögerungen. Wechselseitige Informa-
tionen sind dringend erforderlich.
Das neue Gesetz will die Lücke in der Bekämpfung der
illegalen Arbeit schließen. Alle Organisationen begrüßen
diesen Gesetzesvorschlag des Bundesrates. Das Hearing
im Finanzausschuss zeigte das sehr deutlich. Der Arbeit-
geber unterstützte den Gesetzentwurf genauso wie die
Gewerkschaft. Das Gesetz berücksichtigt das EU-Recht.
Vereinfachungen bei der Ausstellung der Freistellungsbe-
scheinigung sind ebenso vorgesehen wie eine zügige Er-
stattung des Abzugsbeitrages. Der Steuerabzug von
15 Prozent der Gesamtkosten wird an der Quelle beim
Auftraggeber – Bauherr – vorgenommen. Inländische und
ausländische Unternehmen müssen vor Beginn der Arbeit
eine Anzeige beim Finanzamt abgeben. Nur so kann die
Steuerhinterziehung effektiv bekämpft werden. Natürlich
kann der Steuerabzug unterbleiben, falls der Unternehmer
eine Freistellung vorlegt. Selbstverständlich kann der Leis-
tungsempfänger die Kosten als Betriebsausgaben abzie-
hen, wenn 15 Prozent der Gesamtkosten dem Finanzamt
überwiesen wurden.
Kritisch hinterfragt wurde bei dem Hearing: Welches
Finanzamt überprüft den Auftrag? – Ich meine, es spricht
vieles für eine zentrale Zuständigkeit durch das Finanz-
amt am Unternehmenssitz. Nur durch diese gebündelten
Informationen über die Aufträge der Firma können Steu-
erkriminalität und Missbrauch bekämpft werden.
Selten ist ein Gesetz so einheitlich positiv beurteilt
worden. Unsere Unternehmen und unsere Bauarbeiter
warten auf das Gesetz. Ehrliche Unternehmen dürfen
nicht auf der Strecke bleiben. Steuerkriminalität, Steuer-
missbrauch und Steuerflucht dürfen keine Zukunft haben.
Elke Wülfing (CDU/CSU): Anfang dieser Woche ha-
ben Münchener Steuerfahnder einen millionenschweren
Steuerbetrug im Baugewerbe aufgedeckt. Der Schaden
durch Hinterziehung von Lohnsteuer und Sozialabgaben
beträgt mindestens 34 Millionen DM. Es scheint so zu
sein, dass ein unübersichtliches Netz von Scheinfirmen
und Nachfolgefirmen gegründet worden ist, zwischen de-
nen Verträge und illegale Arbeitskräfte hin und her ge-
schoben wurden. Auf diese Weise wurden sowohl die
Lohnsteuer, die Umsatzsteuer als auch Sozialabgaben in
Deutschland hinterzogen. Leidtragende dieser Praktiken
sind vor allem ausländische Arbeitnehmer, die oft zu Hun-
gerlöhnen arbeiten müssen. Leidtragende sind aber auch
die deutschen arbeitslosen Bauarbeiter, die durch die Be-
schäftigung illegaler Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz
finden können. Leidtragende sind vor allem aber die
große Zahl deutscher Baufirmen, die gesetzestreu Steuern
und Sozialversicherungsabgaben entrichten. Sie gehen in
Konkurs, weil Steuern und Lohnnebenkosten in Deutsch-
land zu hoch sind und weil sie deswegen im Wettbewerb
mit der illegalen Konkurrenz im Preis hoffnungslos un-
terlegen sind.
Diese Art illegaler Betätigung im Baugewerbe gibt es
in ganz Europa, aber leider sind alle Bemühungen um eine
einheitliche EU-weite Regelung gescheitert. Die rot-
grüne Bundesregierung ist mit ihrem 25-prozentigen
Pflichtsteuerabzug für ausländische Werksvertragsunter-
nehmen im Steuerentlastungsgesetz 1999 allerdings an
dem von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsver-
letzungsverfahren ebenfalls gescheitert. Inzwischen ha-
ben die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Irland
nationale Regelungen zur Eindämmung illegaler Betäti-
gung auf dem Bausektor geschaffen. Sie schreiben zum
Beispiel einen pauschalen Vorausabzug von einem Teil
der Steuern und Sozialabgaben von der Rechnung vor.
Trotz der immer rascher ansteigenden illegalen Betäti-
gung im Bausektor hat die rot-grüne Bundesregierung
zwei Jahre untätig zugesehen, wie die deutsche Bauwirt-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116810
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schaft aufgrund der illegalen und unfairen Wettbewerbs-
situation den Bach herunterging.
Das CDU/F.D.P. regierte Hessen hat auf diese Situation
reagiert und Ende letzten Jahres mit Unterstützung der
Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg im Bun-
desrat einen EU-konformen Gesetzentwurf eingebracht,
der einen 15-prozentigen Pflichtabzug für Steuern aus in-
ländischen wie ausländischen Subunternehmerverträgen
einführt.
Die deutsche Bauindustrie, der Zentralverband des
Deutschen Baugewerbes und die Industriegewerkschaft
Bauen-Agrar-Umwelt haben sich vehement für diese ge-
setzliche Regelung zum Schutz vor illegaler Konkurrenz
ausgesprochen. In der öffentlichen Anhörung des Finan-
zausschusses zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates ist
gerade von den Vertretern des mittelständischen Bauge-
werbes geäußert worden, dass die Konjunkturlage in der
Bauwirtschaft stark angegriffen sei, die Tendenzen Null-
wachstum zeigen und es noch weiter bergab gehe. Durch
die Dumpingpreise, die illegale Firmen auf den deut-
schen Markt einschleusen und ihn damit weiter belasten,
sei zu befürchten, dass sich der Mittelstand selbst bei
anziehender Konjunkturlage nicht erholen könne. Dar-
um befürwortet die Baubranche diesen Gesetzentwurf
sehr.
Bei illegaler Betätigung sind drei Gruppen zu unter-
scheiden: erstens Besteuerung des ausländischen Bauun-
ternehmens einschließlich der Lohnsteuer der von ihm im
Inland eingesetzten Arbeitnehmer, zweitens Besteuerung
der im Inland eingesetzten Arbeitnehmer des ausländi-
schen Bauunternehmens, und drittens Erfassung der grenz-
überschreitenden Arbeitnehmerüberlassung.
Aus denAnregungen der Experten bei der öffentlichen
Anhörung des Finanzausschusses hat das Bundesfinanz-
ministerium in Zusammenarbeit mit den Ländern Bayern,
Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen
Gesetzesänderungen erarbeitet, die sowohl den Begriff
der Bauleistung, den Unternehmensbegriff, die Erlan-
gung einer Freistellungsbescheinigung, die Haftung des
Leistungsempfängers und den Betriebsausgabenabzug
präziser regeln. Damit hat der Finanzausschuss Kri-
tikpunkte des Deutschen Industrie- und Handelstages und
des Zentralverbands des Deutschen Handwerks aufge-
griffen, die sich zum Beispiel darauf bezogen, dass jeder
private Vermieter, der sein Haus renoviert, der Abzug-
steuer unterliegt. Wir haben den Begriff des Unterneh-
mers präzisiert und die Bagatellgrenze für private Ver-
mieter auf 30 000 DM angehoben. Auch die Kritik an der
Haftung des Leistungsempfängers haben wir aufgegriffen
und formuliert, dass die Haftung nur bei grober Fahrläs-
sigkeit eintritt. Des Weiteren war die Regelung zum Be-
triebsausgabenabzug in der Anhörung kritisiert worden.
Deswegen haben wir beschlossen, dass der Betriebsaus-
gabenabzug nach Vorlage der Freistellungsbescheinigung
bzw. nach Durchführung des Steuerabzugs für den deut-
schen Auftraggeber in voller Höhe gesichert ist.
Die Frage nach einer zusätzlichen Abzugsregelung der
Sozialversicherungsbeiträge wird im Zusammenhang mit
illegaler Beschäftigung im Baubereich auch immer wie-
der gestellt. Der Finanzausschuss hat diesen Bereich nicht
neu geregelt, da die Einbeziehung der Sozialversiche-
rungsbeiträge in ein Steuergesetz sachfremd wäre. Ganz
abgesehen davon gibt es ein solches Abzugsverfahren im
Baubereich. Ein ausländischer Bauunternehmer muss
14,5 Prozent der Lohnsumme in die Urlaubs- und Aus-
gleichskasse zahlen. Die Anwendung und vernünftige
Durchführung dieses schon vorhandenen Abzugsverfah-
rens ist, glaube ich, eher das Problem.
Den in weiten Bereichen in krimineller Absicht began-
genen Verstößen gegen die Abgabenordnung, das Ein-
kommensteuergesetz sowie das Umsatzsteuergesetz wer-
den wir hoffentlich mit diesem Gesetzentwurf besser
begegnen können. Die ausgeklügelte Einschaltung von
unseriös operierenden Subunternehmen oder Scheinfir-
men, die zu Wettbewerbsverzerrung führt und die seriöse
Anbieter vom Markt verdrängt, kostet nach Angaben des
Bundesfinanzministeriums jährlich 500 000 deutsche
Arbeitsplätze, 125 Milliarden DM Steuerausfälle und
110 Milliarden DM Sozialversicherungsbeiträge. Diese
Zahlen machen deutlich, dass offensichtlich immer weiter
verfeinerte Verschleierungs- und Umgehungsmethoden
zum Schaden der gesetzestreuen Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer und zum Schaden des Gemeinwohls in kriminel-
ler Absicht entwickelt wurden. Daher war dringender
Handlungsbedarf gegeben.
Ich bin deshalb den Bundesländern Hessen, Baden-
Württemberg und Bayern für diese Bundesratsinitiative
außerordentlich dankbar und bin auch froh darüber, dass
sich die Bundesregierung wie auch die sie tragenden
Koalitionsfraktionen dazu durchringen konnten, diesen
Gesetzentwurf mit den Oppositionsfraktionen im Bun-
destag gemeinsam zu beschließen. Möge die Übung ge-
lingen.
Trotzdem kann ich mir zum Schluss die Bemerkung
nicht verkneifen: Das Grundübel in Deutschland ist die zu
hohe Steuer- und Sozialabgabenbelastung. Sie verteuert
die Produkte und Dienstleistungen und führt direkt in die
Schwarzarbeit. Deshalb: Ceterum censeo: Runter mit den
Steuern und den Lohnnebenkosten.
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir wollen die illegale Betätigung im Baugewerbe
zurückdrängen. Schwarzarbeit ist zu einem volkswirt-
schaftlichen Problem geworden, dem in der Zukunft noch
mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die IG
Bauen-Agrar-Umwelt hat uns auf der Anhörung einen
Umfang der Schwarzarbeit von jährlich ca. 640 Milliar-
den DM genannt. Sie geht davon aus, dass die illegale
Bestätigung und Schwarzarbeit in den letzten 4 Jahren
170 000 Arbeitsplätze allein im Baugewerbe gekostet hat.
Auch wenn diese Mittel zum Teil wieder in den normalen
Wirtschaftskreislauf zurückfließen, sie fehlen den Sozial-
versicherungen und dem Fiskus. Wir müssen hier Abhilfe
schaffen, auch deshalb, weil man es dem, der ehrlich und
pünktlich seine Steuern und Abgaben bezahlt, nicht zu-
muten kann, mit schwarz arbeitenden Firmen um Auf-
träge konkurrieren zu müssen. Grundsätzlich können wir
Schwarzarbeit vor allem dadurch reduzieren, dass wir die
Steuersätze und die Lohnnebenkosten senken. Eine nied-
rige Belastung senkt den Anreiz zur Schwarzarbeit
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16811
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erheblich. Diesen Weg haben wir seit 1998 konsequent
verfolgt. Innerhalb weniger Jahre haben wir bei der
Einkommensteuer den Eingangssteuersatz um knapp
11 Prozentpunkte und den Spitzensteuersatz um genau
11 Punkte gesenkt. Gleichzeitig haben wir bei der Ren-
tenversicherung den Beitragssatz von 20,3 Prozent auf
19,1 Prozent dieses Jahr gesenkt und er wird weiter sin-
ken – dank Ökosteuer und Rentenreform.
Wir haben einiges erreicht! Aber: Null-Mark-Belas-
tung kann man nicht weiter unterbieten. Es wäre naiv zu
glauben, dass man allein durch Steuer- und Abgaben-
senkung der Schwarzarbeit den Hahn abdreht. Wir bauen
deshalb auch die Kontrollmöglichkeiten aus. Die Zolläm-
ter haben schon im letzten Jahr 700 zusätzliche Stellen be-
kommen und in diesem Jahr werden noch einmal 700
Stellen eingerichtet. Zoll und Arbeitsämter organisieren
sich effektiver und haben ihre Zusammenarbeit verbes-
sert. Auch die Steuerfahndung hat ihre Ergebnisse ver-
bessert. 1999 holten die Steuerfahnder 2,9 Milliarden DM
zusätzliche Steuereinnahmen herein, das sind 30 Prozent
mehr als im Vorjahr. Aber bei allen diesen Bemühungen
ist es mir wichtig festzuhalten: wir können und wir wol-
len nicht hinter jedes kleine Bauunternehmen einen Be-
amten stellen, der es überwacht. Wir wollen aber den
steuerehrlichen und abgabenehrlichen Firmen die
Chance geben zu überleben, denn die starken Wettbe-
werbsverzerrungen durch Schwarzarbeit führen zuneh-
mend zur Verdrängung von seriösen Anbietern. Wir
haben deshalb den Vorschlag des Bundesrates, eine
15-prozentige Abzugssteuer im Baugewerbe einzu-
führen, genau geprüft. Besonders auch, weil wir ja 1999
schon einmal eine solche Abzugssteuer eingeführt hatten
und wir diese aber wegen EU-rechtlicher Bedenken
gleich wieder abschaffen mussten. Wir hatten vor allem
drei Fragen: Ist eine solche Regelung wirksam? Ist sie
EU-Recht konform? Ist die Neuregelung verwaltungssei-
tig angemessen und umsetzbar? Die Experten in der
Anhörung, auch die Bauwirtschaft selbst, haben uns be-
stätigt, dass eine Abzugsbesteuerung ein erfolgverspre-
chender Weg ist, Schwarzarbeit einzudämmen. Die Neu-
regelung bedeutet zunächst einmal mehr Bürokratie für
die Unternehmen und für die Finanzverwaltung – darüber
muss man sich klar sein. Aber: Mittel- bis langfristig wird
sich eine solche Regelung auszahlen. Gerade für die be-
troffenen Unternehmen. Denn bisher bestand ja zum Bei-
spiel immer das Risiko, dass das Finanzamt im nachhi-
nein Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt
und den Vorsteuerabzug verweigert hat, weil sich heraus-
gestellt hat, dass der Auftragnehmer illegal tätig war.
Darüber hinaus haben wir viele Anregungen der Sachver-
ständigen zu Verwaltungsvereinfachung und zu EU-recht-
lichen Bedenken in die Ausschussempfehlung aufgenom-
men und insbesondere die kleinen Vermieter sind jetzt
durch eine hohe Freigrenze von 15 000 Euro in diesem
Bereich im wesentlichen nicht mehr betroffen. Wir kön-
nen also heute die drei Kernfragen mit Ja beantworten.
Der Gesetzentwurf ist wirksam, er entspricht dem EU-
Recht und der entstehende Verwaltungsaufwand ist ange-
messen und zu bewältigen. Ich stimme dem Gesetzent-
wurf deshalb zu.
Carl-Ludwig Thiele (F.D.P.): Der Anlass zur Bera-
tung dieses Gesetzes muss uns allen Grund zu Sorge ge-
ben: Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates, der maß-
geblich von den Bundesländern Baden-Württemberg und
Hessen betrieben wurde, nimmt die illegale Beschäfti-
gung in allen Bereichen zu. Nach den Berechnungen des
Bundesministeriums der Finanzen gehen durch Schwarz-
arbeit circa 500 000 Arbeitsplätze und jährlich etwa
125 Milliarden DM Steuereinnahmen und rund 110 Mil-
liarden DM Sozialversicherungsbeiträge verloren. Des-
halb hat die F.D.P. immer wieder darauf gedrängt, dass die
Steuer- und Abgabenquote gesenkt wird. Nur wenn es uns
gelingt, die Differenz zwischen Brutto und Netto für je-
den einzelnen Arbeitnehmer zu verringern, werden wir
Anreize für illegale Beschäftigung unterbinden können.
An dieser Stelle versagt die rot-grüne Bundesregie-
rung. Durch die Ökosteuer, durch eine auf fast 3 Prozent
gestiegene Inflation, durch die Verschlechterungen der
Abschreibungsbedingungen – um nur einige wenige Bei-
spiele zu nennen – werden die Bürger, die Selbstständigen
und die Unternehmer in unserem Land Jahr für Jahr stär-
ker belastet. Die Entlastung durch die Steuerreform droht
zu verpuffen. Es ist deshalb im Interesse des Mittelstan-
des, der Selbstständigen und der Unternehmer erforder-
lich, die weiteren Stufen der Steuerreform vorzuziehen,
damit hier eine echte Entlastung für alle erfolgt. Dem Bür-
ger muss endlich mehr von dem verbleiben, was er selbst
erarbeitet hat. Die Differenz zwischen Brutto und Netto
muss sinken. Wenn dieses geschieht, sinkt auch automa-
tisch der Anreiz für Schwarzarbeit.
Den heute hier zu debattierenden Gesetzentwurf hat
deshalb die F.D.P. immer wieder als „second best“, also
als die zweitbeste Lösung, bezeichnet. Die F.D.P. hofft,
dass mit dieser Regelung die illegale Betätigung im Bau-
gewerbe maßgeblich eingeschränkt werden kann.
Auch auf Betreiben der F.D.P. hat es zu diesem Ge-
setzentwurf eine öffentliche Anhörung gegeben. Durch
nachfolgende Beratungen konnten maßgebliche Verbes-
serungen am Gesetzentwurf erreicht werden.
Für die F.D.P. stand von vornherein im Vordergrund,
unnötige zusätzliche Bürokratie auf ein notwendiges Mi-
nimum zu reduzieren. Deshalb begrüßen wir es, dass
schon direkt nach Beschlussfassung dieses Gesetzes die
Unternehmen die Möglichkeit erhalten, eine Freistel-
lungsbescheinigung bei den zuständigen Behörden anzu-
fordern. Zudem ging es der F.D.P. darum, dass die Auf-
traggeber von Bauleistungen nicht einer zu starken
unnötigen Bürokratie ausgesetzt sind. Deshalb begrüßen
wir, dass die Haftung des Leistungsempfängers auf Fälle
grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beschränkt wird.
Die F.D.P. bedauert es natürlich, dass unser Antrag, die
Bagatellgrenze für den Steuerabzug bei der umsatzsteuer-
freien Vermietung von 15 000 Euro auf 25 000 anzuheben,
bei Enthaltung der Union mit den Stimmen von Rot-Grün
abgelehnt wurde. Gerade im Bereich der privaten Bau-
herren ist eine Akzeptanz dieser Regelung dringend er-
forderlich. Diese Akzeptanz kann gefährdet sein, wenn
die Bagatellgrenze zu niedrig angesetzt ist. Die F.D.P.
setzt sich ferner dafür ein, dass das Steuerabzugsverfah-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116812
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ren nach entsprechender Erfahrung mit seiner Anwen-
dung überprüft wird.
Trotz dieser Bedenken stimmt die F.D.P. dem heutigen
Gesetzentwurf zu und hofft, dass dieses Gesetz die Hand-
habe dafür bietet, illegale Betätigung im Baugewerbe ein-
zudämmen.
Heidemarie Ehlert (PDS): Die Problematik, um die
es im vorliegenden Gesetzentwurf geht, ist nicht neu, um
nicht zu sagen, wir haben es doch schon immer gewusst.
Zumindest haben wir schon im November 1999 im Zu-
sammenhang mit der Diskussion um das Steuerbereini-
gungsgesetz 1999 in einem Änderungsantrag darauf ver-
wiesen, dass der Steuerabzug von Vergütungen an
ausländische Werkunternehmer – § 50 a Abs. 7, § 52
Abs. 58 des Einkommensteuergesetzes – bis zu einer
grund-sätzlichen Neuregelung zumindest für das Bauge-
werbe als branchenspezifische Sonderregelung beibehal-
ten werden sollte. Die bis dahin übliche Form der Rege-
lung des Steuerabzugs hatte sich gerade in der
Bauwirtschaft, wo das Problem der illegalen Tätigkeit am
größten war, bewährt. Es gab nachweisbare erste Erfolge
im Kampf gegen illegale Scheinfirmen, die durch die Auf-
hebung der damals gültigen Regelung des Steuerabzugs
von Vergütungen an ausländische Werkunternehmer im
Zuge des Steuerbereinigungsgesetzes zunichte gemacht
wurden. Unser Antrag wurde damals einhellig von den
Koalitionsparteien wie auch von den anderen Oppositi-
onsparteien abgelehnt. Aber so unrecht hatten wir wohl
damals doch nicht – nur mussten jetzt die Länder die In-
itiative ergreifen. Zunehmende Pleiten und steigende Ar-
beitslosenzahlen haben die Situation im Baugewerbe zu-
gespitzt. Betriebe, die nach Tarif zahlen, geraten mehr und
mehr ins Abseits. Die illegale Betätigung im Baugewerbe
gehört zu den drückendsten Problemen. Der Bundesrat
ging deshalb mit einem Gesetzentwurf in die Offensive.
Das ist zu begrüßen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist nun ein ernst-
hafter Anfang gemacht, Lösungen, die auch mit den Vor-
stellungen der EU konform gehen, anzubieten. Die PDS-
Fraktion unterstützt die Gesetzesinitiative, auch wenn wir
sie uns an manchen Stellen noch konkreter und fassbarer
gewünscht hätten. Die ursprünglichen Überlegungen zur
Änderung der Abgabenordnung – im Entwurf § 138 a –
hätten an ausländische Bauunternehmer hohe Anforde-
rungen gestellt, aber zumindest Voraussetzungen geschaf-
fen, um illegale Betätigung besser erfassen zu können.
Aber abgesehen davon, dass diese Fassung nicht EU-kon-
form gewesen wäre, wären damit nicht die illegal Be-
schäftigten bei deutschen Unternehmen erfasst worden,
denn auch so etwas soll es geben. Diese illegal Beschäf-
tigten sind auch nach dem vorliegenden Gesetzentwurf
nicht viel besser dran. Sollte ihr Unternehmen auffliegen,
stehen sie nicht nur ohne die paar Pfennige da, die sie
mühsam verdient haben, sondern auch ohne jeden An-
spruch auf Versicherungsleistungen. Eine Einbeziehung
auch der Sozialversicherungsbeiträge in das Abzugsver-
fahren halte ich deshalb für notwendig. Die Meldepflicht
kann nach wie vor umgangen werden, da man die ur-
sprüngliche Erweiterung der Meldepflicht nach § 3 Ar-
beitnehmerentsendegesetz zurückgenommen hat, um
nicht in die gemeinschaftsrechtlich garantierte Dienstleis-
tungsfreiheit im Ausland ansässiger Unternehmen einzu-
greifen. Diese Meldepflicht hätte doch auch auf die inlän-
dischen Unternehmen ausgedehnt werden können, denn,
wie gesagt, schwarze Schafe gibt es auch hier.
In der Hoffnung, dass durch diese gesetzliche Neure-
gelung Arbeitsplätze geschaffen werden, Steuermehrein-
nahmen und Sozialversicherungsbeiträge erzielt werden,
stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu.
Anlage 11
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 763. Sitzung am 11. Mai
2001 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-
stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2
Grundgesetz nicht zu stellen:
– Gesetz zur Umstellung von Vorschriften im land- und
forstwirtschaftlichen Bereich auf Euro (Fünftes Euro-
Einführungsgesetz)
– Zweites Gesetz zur Änderung des Künstlersozial-
versicherungsgesetzes und anderer Gesetze
– Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgeset-
zes und anderer Gesetze
– Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungs-
ausschüsse des Deutschen Bundestages (Untersu-
chungsausschussgesetz)
– Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform
des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz)
– Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im
gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz –
ZustRG)
– Gesetz zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten
bei Abfalllagern
– Gesetz zur Umstellung soldatenversorgungsrechtli-
cher und anderer Vorschriften auf Euro (Elftes
Euro-Einführungsgesetz)
– Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Februar 2000 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und der
Tschechischen Republik über die Ergänzung des
Europäischen Übereinkommens über die Rechts-
hilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Er-
leichterung seiner Anwendung
– Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Februar 2000 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und der
Tschechischen Republik über die Ergänzung des
Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom
13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner
Anwendung
– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 12. April 1999
zum Schutz des Rheins
– Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung
und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsor-
gevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG)
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16813
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Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
ßung gefasst:
Nach Zustimmung zum Altersvermögensgesetz erwar-
tet der Bundesrat, dass die Bundesregierung dem Gesetz-
geber folgende Vorschläge unterbreitet:
1. Zur Verbesserung der im Gesetz zur Ergänzung
des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Renten-
versicherung und zur Förderung eines kapitalge-
deckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermö-
gensergänzungsgesetz – AVmEG) geregelten
Hinterbliebenenversorgung:
– Die nach dem Altersvermögensergänzungsge-
setz auf einen Entgeltpunkt je Kind festgesetzte
Kinderkomponente wird für das erste Kind auf
zwei Entgeltpunkte erhöht. Damit soll für Wit-
wen und Witwer, die Kinder erzogen haben, die
Absenkung des Versorgungssatzes bei der gro-
ßen Witwenrente von 60 auf 55 Prozent ange-
messen ausgeglichen werden.
– Der Grundfreibetrag bei der Einkommens-
anrechnung auf Witwen- und Witwerrenten, der
durch das Altersvermögensergänzungsgesetz
eingefroren worden ist, bleibt auf Dauer dyna-
misiert.
– Beide Änderungen werden auch in der gesetzli-
chen Unfallversicherung und in der Alterssi-
cherung der Landwirte nachvollzogen.
2. Zur Neuregelung der Zuständigkeit der Bundes-
knappschaft:
Die Zuständigkeit der Bundesknappschaft wird im
Leistungsfall auf alle Versicherten mit mindestens
einem Monat Beitragszeit in der knappschaftli-
chen Rentenversicherung ausgedehnt. Dies führt
zu Effizienzgewinnen in der Rentenversicherung
insgesamt und zu einer entsprechenden Kostenre-
duktion. Angesichts des Ziels der Beitragssatzsta-
bilisierung müssen auch innerhalb der Verwaltung
der Rentenversicherung alle Einsparmöglichkei-
ten genutzt werden.
Die Änderungen sollten zeitgleich mit dem Altersver-
mögensgesetz in Kraft treten.
– Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) Reha-
bilitation und Teilhabe behinderter Menschen
Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
ßung gefasst:
Die Drucksache 278/01 weicht gegenüber der Ent-
wurfsfassung des SGB IX, die den Beratungen des Bun-
desrates im Februar/März dieses Jahres zugrunde lag, in
einer Reihe von finanzwirksamen Regelungen für Teilha-
beleistungen ab. Dies betrifft vor allem Leistungen, die
seitens der Sozial- und Jugendhilfeträger zu finanzieren
sind. Die von der Bundesregierung ursprünglich vorge-
legten Kostenschätzungen sind daher nicht mehr aktuell.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, in dem
laut § 66 SGB IX zu erstattenden „Bericht über die Lage
behinderter Menschen und die Entwicklung der Teilhabe“
die tatsächlichen und finanziellen Folgewirkungen für die
Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe, unter besonderer
Berücksichtigung der erst im Laufe des Beratungsverfah-
rens aufgenommenen Teilhaberegelungen, ausführlich zu
berichten und die Erhebungsvariablen sowie die Kosten-
Refinanzierungsrechnung für die Jugend- und Sozialhil-
feträger im Vorfeld mit den Vertretern der Länder im Bei-
rat für die Teilhabe behinderter Menschen abzustimmen.
Ergeben sich nach den Ergebnissen der Evaluation in-
folge der gesetzlichen Neuregelungen nicht kompensierte
finanzielle Mehraufwendungen für die Träger der Sozial-
und Jugendhilfe, sind diese zwischen Bund und Ländern
mit dem Ziel des Ausgleichs zu verhandeln.
Der Bundesrat hat in seiner 763. Sitzung am 11. Mai
2001 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz gemäß Ar-
tikel 84 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen:
– Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsge-
setzes
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 15. Mai
2001 den Antrag der Koalitionsfraktionen „Initiative des
Europäischen Parlaments zur Buchpreisbindung in
Europa unterstützen“ – Drucksache 14/5976 – zurück-
gezogen.
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
nachstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Ver-
sammlung der Westeuropäischen Union
über die Tagungen der Versammlung vom 14. bis 17. Juni
und vom 29. November bis 2. Dezember 1999 in Paris –
45. Sitzungsperiode
– Drucksachen 14/3932, 14/4093 Nr. 1.5 –
– Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentari-
schen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland
über die 103. Interparlamentarische Konferenz vom
30. April bis 6. Mai 2000 in Amman/Jordanien
– Drucksachen 14/5073, 14/5729 Nr. 1 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu-
roparates für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember
2001
– Drucksachen 14/5063, 14/5275 Nr. 1 –
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
derAgrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeit-
raum 2000 bis 2003
– Drucksache 14/3498 –
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 200116814
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(D)
(A)
(B)
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung
derGemeinschaftsaufgabe „Verbesserung derAgrarstruk-
tur und des Küstenschutzes“ (GAK)hier: Rahmenplan 2001 bis 2004
– Drucksache 14/4472 –
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit
und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Be-
rufskrankheitengeschehen in der Bundesregierung Deutsch-
land 1997
– Unfallverhütungsbericht Arbeit 1997 –
– Drucksache 14/156 –
Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips
im Jahr 1999 (Subsidiaritäsbericht 1999)
– Drucksache 14/4017 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-
gen bzw. Unterrichtungen durch das europäische Parla-
ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung
abgesehen hat.
Finanzausschuss
Drucksache 14/5730 Nr. 2.44
Haushaltsausschuss
Drucksache 14/5503 Nr. 2.2
Drucksache 14/5503 Nr. 2.5
Ausschuss fürWirtschaft und
Technologie
Drucksache 14/5281 Nr. 2.1
Drucksache 14/5281 Nr. 2.3
Drucksache 14/5281 Nr. 2.17
Drucksache 14/5281 Nr. 2.21
Drucksache 14/5281 Nr. 2.22
Drucksache 14/5610 Nr. 2.6
Drucksache 14/5610 Nr. 2.41
Drucksache 14/5610 Nr. 2.42
Drucksache 14/5610 Nr. 2.43
Drucksache 14/5610 Nr. 2.48
Drucksache 14/5610 Nr. 2.50
Drucksache 14/5610 Nr. 2.55
Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
Drucksache 14/5281 Nr. 2.18
Drucksache 14/5503 Nr. 1.1
Drucksache 14/5503 Nr. 2.4
Drucksache 14/5503 Nr. 2.10
Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
Drucksache 14/5503 Nr. 2.22
Drucksache 14/5610 Nr. 2.20
Drucksache 14/5836 Nr. 1.3
Drucksache 14/5836 Nr. 1.4
Ausschuss für Angelegenheiten
der Europäischen Union
Drucksache 14/3341 Nr. 2.16
Drucksache 14/4665 Nr. 3.2
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 171. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Mai 2001 16815
(C)(A)
Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin