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    Eintritt des Abgeordneten Dr. Frank Schmidt (Weilburg) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16555 A Wahl des Abgeordneten Jörg van Essen als or- dentliches Mitglied in den Vermittlungsaus- schuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16555 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 16555 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 7 b, 14, 20 a und b, 23 a und b sowie 26 b und c . . . . 16556 B Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 16556 B Alfred Hartenbach SPD (zur GO) . . . . . . . . . 16556 D Jörg van Essen F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . . . 16558 C Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung: Ver- trauen und Solidarität – die Chancen der Zukunft nutzen . . . . . . . . . . . . . . 16559 C b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Regelun- gen überdie Festsetzung von Festbeträ- gen fürArzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (Festbetrags- Anpassungsgesetz – FBAG) (Drucksache 14/6041) . . . . . . . . . . . . . 16559 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Versorgungsangleichung in der gesetzli- chen Krankenversicherung (Versorgungs- angleichungsgesetz) (Drucksache 14/6054) . . . . . . . . . . . . . . . 16559 C Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . 16559 D Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 16564 B Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16568 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16569 A Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 16570 C Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16571 D Regina Schmidt-Zadel SPD . . . . . . . . . . . . . . 16572 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 16574 D Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16577 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16579 B Hildegard Wester SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16580 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16581 D Eike Maria Hovermann SPD . . . . . . . . . . . . . 16582 C Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 16585 A Tagesordnungspunkt 4: a) Große Anfrage der Abgeordneten Günter Nooke, Ulrich Adam, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Konzertierte Förderpoli- tiken für Ostdeutschland (Drucksachen 14/3546, 14/4125) . . . . 16586 B b) Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Friedrich Merz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Plenarprotokoll 14/170 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 170. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 I n h a l t : Deutschland 2015 – Aufbau Ost als Leitbild für ein modernes Deutsch- land (Drucksache 14/6038) . . . . . . . . . . . . . 16586 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbe- richt 2000 der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit (Drucksachen 14/4129, 14/4694) . . . . 16586 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Offensive für Zu- kunftsinvestitionen in neuen Bundeslän- dern starten – Abwanderung stoppen – 10-Punkte-Programm für den Aufbau Ost (Drucksache 14/6066) . . . . . . . . . . . . . . . 16586 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 16586 D Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 16588 C Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 16590 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 16593 A Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 16593 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16594 A Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 16594 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16595 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16597 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16600 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 16601 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16601 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16602 B Siegfried Scheffler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 16604 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 16605 D Dr. Peter Eckardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16607 B Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 16608 C Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 16609 B Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 16611 A Tagesordnungspunkt 26: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer „Stif- tung Jüdisches Museum Berlin“ (Drucksache 14/6028) . . . . . . . . . . . . . 16612 C d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (Drucksache 14/5943) . . . . . . . . . . . . . 16612 C e) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung gemein- schaftsrechtlicher Vorschriften über die Zustellung gerichtlicher und außerge- richtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Zustellungsdurchführungsgesetz – ZustDG) (Drucksache 14/5910) . . . . . . . . . . . . . 16612 C f) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Haager Überein- kommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusam- menarbeit auf dem Gebiet der inter- nationalen Adoption (Drucksache 14/5437) . . . . . . . . . . . . . 16612 D g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts (Drucksache 14/6011) . . . . . . . . . . . . . 16612 D h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Europäischen Überein- kommen vom 25. Januar 1996 über die Ausübung von Kinderrechten (Drucksache 14/5438) . . . . . . . . . . . . . 16612 D i) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Wohnungs- baurechts (Drucksache 14/5911) . . . . . . . . . . . . . 16613 A j) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Statis- tik im Handel und Gastgewerbe (Drucksache 14/5813) . . . . . . . . . . . . . 16613 A k) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Änderungen von 1995 und 1998 des Basler Übereinkommens vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001II gefährlicher Abfälle und ihrer Entsor- gung (Gesetz zu Änderungen des Basler Übereinkommens) (Drucksache 14/5854) . . . . . . . . . . . . 16613 A l) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung rei- serechtlicher Vorschriften (Drucksache 14/5944) . . . . . . . . . . . . 16613 B m) Antrag der Abgeordneten Gerhard Jüttemann, Monika Balt, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der PDS: Rechtsanspruch auf Sozialtarif für Sprachtelefondienst (Drucksache 14/5831) . . . . . . . . . . . . 16613 B n) Antrag des Bundesministeriums der Fi- nanzen: Entlastung der Bundesregie- rung für das Haushaltsjahr 2000 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 2000) – (Drucksache 14/5858) . . . . . . . . . . . . 16613 B o) Antrag der Präsidentin des Bundes- rechnungshofes: Rechnung des Bun- desrechnungshofes für das Haus- haltsjahr 2000 – Einzelplan 20 – (Drucksache 14/5888) . . . . . . . . . . . . 16613 C p) Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät- zung gemäß § 56 a der Geschäftsord- nung: Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt „Brennstoffzellen-Techno- logie“ (Drucksache 14/5054) . . . . . . . . . . . . 16613 C Tagesordnungspunkt 27: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinar- rechts und zur Änderung anderer Vorschriften (2. WehrDiszNOG) (Drucksachen 14/4660, 14/6026) . . . . 16613 D b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umstellung auf Euro-Beträge im Lastenausgleich und zur Anpassung der LAG-Vorschrif- ten (LAG-Euro-Umstellungs- und Anpassungsgesetz – LAG-EUAnpG) (Drucksachen 14/5440, 145850) . . . . 16614 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Vor- schlag für eine Empfehlung des Euro- päischen Parlaments und des Rates zur Umsetzung des integrierten Küs- tenzonenmanagements in Europa (Drucksachen 14/5172 Nr. 2.73, 14/5632) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16614 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gerhardt, Hildebrecht Braun (Augs- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Änderung derAn- lagen 1 und 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksachen 14/2365, 14/5791) . . . . 16614 C e) Zweite Beschlussempfehlung und zweiter Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu den Un- terrichtungen durch die Bundesregie- rung – Vorschlag für einen Beschluss des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämp- fung von Diskriminierungen für den Zeitraum 2001 bis 2006 – Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung eines allge- meinen Rahmens für die Ver- wirklichung der Gleichbehand- lung in Beschäftigung und Beruf (Drucksachen 14/2952 Nr. 2.9, 14/4146 Nr. 2.19, 14/3738, 14/5837) . . . . . . . . 16614 D f) – i) Beschlussempfehlung des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 266, 267, 268, 269 zu Petitionen (Drucksachen 14/5977, 14/5978, 14/5979, 14/5980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16615 A Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.: Initiative des Europäischen Parlaments zur Buchpreisbindung in Europa unter- stützen (Drucksache 14/6056) . . . . . . . . . . . . 16615 B Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16615 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 III b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvQ 23/01 (Drucksache 14/6070) . . . . . . . . . . . . . 16615 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung derBundes- regierung zur Reform der Erbschafts- besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16616 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16616 A Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16617 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 16617 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16618 B Gerhard Schüßler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 16619 C Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 16620 C Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16621 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16622 D Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16624 A Simone Violka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16624 D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16626 A Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16627 A Klaus-Peter Willsch CDU/CSU . . . . . . . . . . . 16628 A Ingrid Arndt-Brauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 16629 B Zusatztagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung der von der Bundesregierung und von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses (Drucksachen 14/4733, 14/3750, 14/6036) 16630 A Hermann Bachmaier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 16630 B Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 16631 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16634 D Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16636 D Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 16638 C Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16640 A Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 16642 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16644 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 16646 D Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 16647 D Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16648 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16648 D Tagesordnungspunkt 5: Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Jürgen Rüttgers, Erwin Marschewski (Reckling- hausen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Islam in Deutsch- land (Drucksachen 14/2301, 14/4530) . . . . . . . 16650 A Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 16650 A Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 16652 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 16654 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16656 A Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 16657 A Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16658 C Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . . 16659 D Beatrix Philipp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 16662 C Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Dietmar Nietan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Winfried Hermann, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nach- haltigkeitsstrategie der Europäischen Union (Drucksache 14/6057) . . . . . . . . . . . . . . . 16665 B Ursula Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16665 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 16666 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16668 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 16670 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 16671 D Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 16672 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 16673 C Dietmar Nietan SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16674 D Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt, Hildebrecht Braun (Augsburg), weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des deutschen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001IV Rabattrechts an die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (RabattrechtsanpassungsG) (Drucksachen 14/4423, 14/6060) . . . . 16676 A Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16676 B Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16677 C Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 16678 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 16679 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16681 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16682 A Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 16683 A Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Weißbuch zur Umwelthaftung (Drucksachen 14/3341 Nr. 2.17, 14/4115) 16683 D Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Konzept der regionalen und sektoralen Schwerpunktsetzung in derdeutschen Entwicklungszusam- menarbeit umgehend korrigieren (Drucksache 14/4928) . . . . . . . . . . . . 16684 A b) Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Perus Rückkehr zur De- mokratie unterstützen (Drucksache 14/4527) . . . . . . . . . . . . 16684 B Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes überArbeitnehmererfindungen (Drucksache 14/5975) . . . . . . . . . . . . 16684 C b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen (Drucksache 14/5939) . . . . . . . . . . . . 16684 C Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Frak- tion der CDU/CSU: Importverbot für qualgezüchtete Tiere (Drucksachen 14/3505, 14/6058) . . . . . . . 16684 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Marianne Klappert, Heino Wiese, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD, der Abge- ordneten Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Albert Deß, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Haltungs- und Ausstellungsverbot für qualgezüchtete Tiere (Drucksache 14/6052) . . . . . . . . . . . . . . . 16684 D Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.: Für die demo- kratische Erneuerung Pakistans (Drucksache 14/5684) . . . . . . . . . . . . . . . 16685 B Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 16685 B Johannes Pflug SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16686 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 16687 B Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16688 A Tagesordnungspunkt 13: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Christine Ostrowski, Heidemarie Ehlert, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion der PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eigenheimzulagenge- setzes (EigZulG) (Drucksachen 14/4351, 14/5349) . . . . 16689 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: UMTS- Milliarden für Entlastung von Alt- schulden auf dauerhaft leer stehen- den Wohnraum (Drucksachen 14/4350, 14/4693) . . . . 16689 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 V c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abge- ordneten Christine Ostrowski, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Sofortmaßnah- men zur Sicherung der Existenz von Wohnungsgenossenschaften aus Treu- handliegenschaftsbeständen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 14/4011, 14/5556) . . . . 16689 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Heidemarie Ehlert, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: Herab- setzung der Grundsteuer bei struktu- rellem Mietwohnungsleerstand (Drucksachen 14/4010, 14/5347) . . . . 16689 B e) Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Sabine Jünger, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der PDS: Dranske retten – der Gemeinde eine Perspektive geben (Drucksache 14/5806) . . . . . . . . . . . . . 16689 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Maßnahme-Programm zum wohnungs- wirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Ländern vorlegen (Drucksache 14/6051) . . . . . . . . . . . . . . . 16689 C Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 16689 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16692 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16692 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 16693 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Weißbuch zur Umwelthaftung (Tagesordnungspunkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16693 D Petra Bierwirth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16693 D Marie-Luise Dött CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 16694 D Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16696 A Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16696 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 16697 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Konzept der regionalen und sektoralen Schwerpunktsetzung in der deutschen Ent- wicklungszusammenarbeit umgehend kor- rigieren – Perus Rückkehr zur Demokratie unterstüt- zen (Tagesordnungspunkt 9 a und b) . . . . . . . . . . . 16698 A Adelheid Tröscher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 16698 A Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16698 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 16699 B Joachim Günther (Plauen) F.D.P. . . . . . . . . . 16701 A Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16701 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ 16702 B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe: – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen – Gesetz zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen (Tagesordnungspunkt 10 a und b) . . . . . . . . . . 16702 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16703 A Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 16704 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16705 D Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16706 C Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16706 D Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 16708 B Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Importverbot für qualge- züchtete Tiere – des Antrages: Haltungs- und Ausstellungs- verbot für qualgezüchtete Tiere (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16709 A Heino Wiese (Hannover) SPD . . . . . . . . . . . . 16709 B Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . . 16709 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001VI Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16710 D Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16711 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 16711 D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Für die demokratische Erneue- rung Pakistans (Tagesordnungspunkt 12) . . . . 16712 B Johannes Pflug SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16712 B Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 16713 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: UMTS-Milliarden für Ent- lastung von Altschulden auf dauerhaft leer stehenden Wohnraum – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Sofortmaßnahmen zur Si- cherung der Existenz von Wohnungsgenos- senschaften aus Treuhandliegenschaftsbe- ständen in den neuen Bundesländern – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Herabsetzung der Grund- steuer bei strukturellem Mietwohnungs- leerstand – des Antrages: Dranske retten – der Ge- meinde eine Perspektive geben – des Antrages: Maßnahme-Programm zum wohnungswirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Ländern vorlegen (Tagesordnungspunkt 13 a bis e und Zusatz- tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16714 C Dr. Peter Danckert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 16714 D Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . . . . . . . . . . 16716 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16717 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . . . . . . 16718 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 VII Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001
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    (C)(A) Berichtigung 169. Sitzung, Seite 16517 (D), zweiter Absatz, der dritte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich glaube, was wir getan haben, nämlich bei allen Gelegenheiten dafür zu werben, dass die Sicherheitsbedenken berechtigt sind, – gerade was die Aus- fälle im Turbinenbereich und bei den druckführenden Leitungen betrifft –, ist dem Ernst der Sache ebenso angemessen wie die Verhandlungen, die die Bun- desregierung geführt hat.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16693 (C) (D) (A) (B) Behrendt, Wolfgang SPD 17.05.2001** Bodewig, Kurt SPD 17.05.2001 Bohl, Friedrich CDU/CSU 17.05.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.05.2001 Catenhusen, SPD 17.05.2001 Wolf-Michael Friedhoff, Paul K. F.D.P. 17.05.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 17.05.2001 Peter Goldmann, F.D.P. 17.05.2001 Hans-Michael Graf (Rosenheim), SPD 17.05.2001 Angelika Haupt, Klaus F.D.P. 17.05.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 17.05.2001** Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 17.05.2001 Klappert, Marianne SPD 17.05.2001 von Larcher, Detlev SPD 17.05.2001 Leutheusser- F.D.P. 17.05.2001 Schnarrenberger, Sabine Lintner, Eduard CDU/CSU 17.05.2001** Lippmann, Heidi PDS 17.05.2001 Lörcher, Christa SPD 17.05.2001* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 17.05.2001 Erich Mogg, Ursula SPD 17.05.2001 Müller (Berlin), PDS 17.05.2001** Manfred Neumann (Gotha), SPD 17.05.2001** Gerhard Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 17.05.2001 DIE GRÜNEN Ostertag, Adolf SPD 17.05.2001 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 17.05.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 17.05.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17.05.2001 Hans Peter Schultz (Everswinkel), SPD 17.05.2001 Reinhard Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 17.05.2001 Christian Dr. Spielmann, Margrit SPD 17.05.2001 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 17.05.2001 Dr. Freiherr von CDU/CSU 17.05.2001 Stetten, Wolfgang Wiefelspütz, Dieter SPD 17.05.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 17.05.2001 Wilz, Bernd CDU/CSU 17.05.2001 Wistuba, Engelbert SPD 17.05.2001 Wohlleben, Verena SPD 17.05.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 17.05.2001** Zöller, Wolfgang CDU/CSU 17.05.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Weißbuch zur Umwelthaftung (Tagesordnungspunkt 8) Petra Bierwirth (SPD): Erinnern wir uns an die Bil- der, die immer wieder durch die Medien gehen, wenn Tan- ker wie kürzlich in der Ostsee zerbrechen. Wie können Verantwortungslosigkeit und Hilflosigkeit besser doku- mentiert werden? Wie kann deutlicher werden, dass ge- genwärtig die Umweltschädigung zulasten aller geht, Ge- winnstreben aber Privatsache ist, wenn engagierte und verantwortungsbewusste Bürger mit der Mistforke in der Hand die Küsten von den Ölplacken befreien und die dem Tod geweihten Vögel reinigen oder diese per Gnaden- schuss von ihrem Leiden erlösen? Ich finde, dass es an der Zeit ist, die Praxis zu beenden, die Beseitigung der Schäden am Allgemeingut Umwelt auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Wir müssen hier zu entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht umfassenden Regelungen kommen. Deshalb bin ich für die Initiative der EU-Kommission auf diesem Gebiet dankbar. Nach einer siebenjährigen Vorlaufzeit hat im Fe- bruar des vergangenen Jahres die EU-Kommission das Weißbuch zur Umwelthaftung vorgelegt. Die Mitglied- staaten der Union waren aufgefordert, bis zum Juli eine Stellungnahme abzugeben. Der federführende Umweltausschuss begrüßt das mit dem Weißbuch verfolgte Ziel, die Verursacher von Um- weltschäden durch einheitliche, gemeinschaftsweit gel- tende Regelungen zur Verantwortung zu ziehen. Die mit- beratenden Ausschüsse des Deutschen Bundestages haben die Kenntnisnahme der Vorlage empfohlen. Zum Weißbuch hat der Umweltausschuss am 5. Juli des ver- gangenen Jahres einen Entschließungsantrag vorgelegt. Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union empfiehlt die Annahme der Entschließung. Ich möchte gern die Entschließung und den Zusam- menhang erläutern. Die EU-Kommission vertritt die An- sicht, dass das gemeinschaftliche Umweltrecht zum bes- seren Schutz der Umwelt durch Haftungsregeln ergänzt werden muss. Mit dem Weißbuch zur Umwelthaftung werden verschiedene Möglichkeiten für Gemeinschafts- maßnahmen analysiert. Das Weißbuch kommt zu dem Schluss, dass die geeignetste Lösung eine Rahmenrichtli- nie der Gemeinschaft wäre. Bei einheitlichen Wettbe- werbsbedingungen würden so die Möglichkeiten geschaf- fen, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu stärken. Dieser Ansicht hat sich der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages mehrheitlich angeschlossen. Wir sind mit den Autoren des Weißbuches der Überzeugung, dass ein EU-weites Umwelthaftungssystem das richtige Instrument ist, zur notwendigen Aufwertung des Verursa- cher- und des Vorsorgeprinzips zu gelangen. Bislang exis- tiert ein solches Bewusstsein in Fragen der menschlichen Gesundheit und in Fragen des Eigentums. Ich halte es für höchste Zeit, das Verursacher- und das Vorsorgeprinzip auch hinsichtlich der Umwelt im Bewusstsein zu veran- kern. Denn mit der Haftung für eine Schädigung der Um- welt werden wir einen maßgeblichen Beitrag leisten, dass die Akteure der Wirtschaft mögliche nachteilige Auswir- kungen ihrer Aktivitäten auf die Umwelt erkennen und sich verantwortlich fühlen. Es geht letztlich darum, das Prinzip der Eigenverant- wortung auch beim Schutz der Umwelt in das Bewusst- sein der Wirtschaftsakteure zu rücken. Gegenwärtig wird lediglich die Haftung der Wirtschaftsakteure geregelt, wenn eine persönliche Betroffenheit vorliegt. Gibt es kei- nen individuell Geschädigten, wird also „nur“ das Allge- meingut Umwelt geschädigt, wird der Schaden auf die Allgemeinheit abgewälzt und im Übrigen auf die Selbst- heilungskraft der Natur vertraut. In Teilbereichen wie bei der Anlagen-Gefährdungshaf- tung gelten bei uns in Deutschland bereits hohe Standards. Darüber freue ich mich, denn bekanntermaßen ist Deutschland als Folge einer verfehlten Umweltpolitik der Vorgängerregierung nicht mehr europäische Spitze bei Maßnahmen zum Schutz der Umwelt. Dorthin wollen wir erst wieder zurück. Wir wollen selbstverständlich vermei- den, dass eine EG-Richtlinie hinter erreichte Standards zurückfällt. Deshalb enthält unsere Entschließung aus- drücklich die Aufforderung, bei der Erarbeitung einer Richtlinie die deutschen Standards zu berücksichtigen. Angesichts bestehender Regelungen muss sich die Richt- linie an den Anforderungen des Subsidiaritätsprinzips orientieren. Das Weißbuch ist eine gute Diskussionsgrundlage, um verbindliche Vorgaben für ein gemeinschaftliches Haf- tungsregime zu entwickeln. In dieser Diskussion sind Prä- zisierungen und Definitionen notwendig. In unserer Ent- schließung haben wir die entscheidenden Punkte benannt: Gemäß Weißbuch soll sich die Haftung auf Natura-2000- Gebiete beschränken. Regelungsbedarf besteht daher da- hin gehend, was bei entsprechenden Schäden außerhalb solcher Gebiete passieren soll. Zudem müssen der Begriff der biologischen Vielfalt und die Frage der monetären Be- wertung der biologischen Vielfalt definiert werden. Schließlich haben wir die Bundesregierung gebeten, uns über ihre Stellungnahme zum Weißbuch und den Fortgang der Verhandlungen zu berichten. Ich möchte die Bundesregierung daran erinnern, dem Parlament die ent- sprechenden Berichte zuzuleiten. Auch im Interesse des Wirtschaftsstandortes Deutsch- land muss eine gemeinschaftliche Regelung zur Haftung bei Schädigung der Umwelt kommen. Denn die Verein- heitlichung wird zu gleichen Wettbewerbsbedingungen führen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der teilweise schärferen, nationalen Regelungen unterliegenden deut- schen Unternehmen verbessern. Wir warten daher mit In- teresse auf die von der Umweltkommissarin für Ende dieses Jahres angekündigte Vorlage eines Richtlinienent- wurfes. Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Derjenige, der Um- weltschäden verursacht, soll diese auch wieder gutma- chen! Das ist, in einfachen Worten ausgedrückt, das umweltrechtliche Verursacherprinzip. Dahinter steht der Gedanke, dass nicht der Steuerzahler für entstandene Schäden aufkommen soll, sondern der Umweltver- schmutzer selbst. In der christdemokratischen Regie- rungszeit wurde dementsprechend auf nationaler Ebene das Umwelthaftungsgesetz – UmweltHG – verabschiedet. Nun werden durch das von der Kommission vorgelegte Weißbuch verschiedene Möglichkeiten unterbreitet, euro- paweit ein homogenes Umwelthaftungsrecht zu schaffen. Schon zu Beginn der 90er-Jahre hat sich in Brüssel die Auffassung durchgesetzt, dass Handlungsbedarf für ein EU-einheitliches Umwelthaftungsrecht besteht. Den An- stoß zur Umsetzung gab dann der Sandoz-Störfall von 1986, der sich auf einen Schaden von insgesamt circa 70 Millionen Mark belief. Mit der Vorlage des „Grünbuchs über die Sanierung von Umweltschäden“ begann 1993 die entscheidende Ini- tiative der Kommission in diese Richtung. Das Grünbuch sollte als Diskussionsgrundlage für eine künftige umfas- sende Regelung des gemeinschaftlichen Haftungsrechts dienen. Es stellte insbesondere die aktuelle Situation in Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116694 (C) (D) (A) (B) den Mitgliedstaaten sowie die Schwächen der einzelnen Haftungssysteme dar. Im Anschluss daran hat die EU-Kommission im Fe- bruar 2000 das „Weißbuch zur Umwelthaftung“ heraus- gegeben, welches heute hier diskutiert wird. Das Weiß- buch untersucht die möglichen Ausgestaltungen eines einheitlichen Umwelthaftungssystems in Europa. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung ei- ner Rahmenrichtlinie den praktikabelsten Weg darstellt. Durch sie soll eine verschuldensunabhängige Haftung manifestiert werden, die in den einzelnen Mitgliedstaaten subsidiär umgesetzt wird. Dadurch soll das Hauptziel erreicht werden, Umwelt- schäden zu vermeiden. Positiv bewerte ich das Bestreben des Weißbuches, eine Harmonisierung des europäischen Rechts herbeizu- führen. Schließlich ist das Umwelthaftungsrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach wie vor sehr unterschiedlich entwickelt und eine homogene Rege- lung würde einheitliche Wettbewerbsbedingungen her- stellen. Das Ziel der Angleichung europäischer Wettbe- werbsbedingungen wird durch die CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßt. Die Bundesregierung hat hier ein- mal die Möglichkeit, ganz entgegen ihrer sonstigen Ge- wohnheit eine Regelung zu unterstützen, die Wettbe- werbsverzerrungen entgegenwirkt. Bisher hat die Bundesregierung Benachteiligungen deutscher Unternehmen auf dem europäischen und inter- nationalen Markt durch nationale Alleingänge ja nicht nur hingenommen, sondern regelrecht gefördert. Gerade im Umweltbereich hat die „Politik des deutschen Sonder- weges“ von Herrn Trittin dazu geführt, dass sich deutsche Betriebe Belastungen ausgesetzt sehen, die wirtschafts- politisch nicht mehr tragbar sind. Die Umsetzung europä- ischer Richtlinien, welche eine Harmonisierung des Rechts der Mitgliedstaaten bewirken sollte, wurde dazu genutzt, Reglementierungen und bürokratischen Auf- wand für die Unternehmen zu erhöhen. Der vor 1998 eingeschlagene positive Weg der Dere- gulierung wurde durch die Bundesregierung zunehmend verlassen. Substitutionsfördernde Instrumente, wie der Erlass einer Privilegierungsverordnung für solche Unter- nehmen, die sich aktiv im Umweltschutz engagieren, wurden verschleppt und vernachlässigt. Durch diese Poli- tik wird die Verlagerung von Investitionen ins Ausland riskiert und der Wirtschaftsstandort Deutschland gefähr- det. Die durch das Weißbuch verfolgte Angleichung der Bestimmungen der Mitgliedstaaten wird von mir daher ausdrücklich begrüßt. Das Weißbuch ist sicher als Diskussionsgrundlage zur Vereinheitlichung des europäischen Rechts geeignet. Um verbindliche Richtlinien vorzugeben, lässt es allerdings zu viele Fragen offen: Das im Weißbuch vorgesehene Umwelthaftungssystem kollidiert in mehreren Punkten mit unserem nationalen Schadenersatzrecht. Zum einen sollen – im Gegensatz zum deutschen Um- welthaftungsgesetz – auch Schädigungen natürlicher Res- sourcen eingeschlossen werden. Dies soll aber nur be- stimmte geschützte Gebiete umfassen. Die daraus resultierende territoriale Aufspaltung ist dem herkömmli- chen Schadensersatzrecht fremd und darüber hinaus nicht vermittelbar. Zum anderen sollen die Mitgliedstaaten nach dem Willen des Weißbuches eine gewährleistende Funktion in der Schadensregulierung übernehmen. Auch dies steht mit dem nationalen Schadensersatzrecht nicht im Einklang, nach welchem der Schädiger an den Ge- schädigten ohne den Umweg über eine staatliche Instanz zu leisten hat. Soll nun aber der Staat als Garant einbezo- gen werden, so überschreitet dies die Grenzen der zivil- rechtlichen Regelungsmöglichkeiten. Denkbare Lösun- gen mit öffentlich-rechtlichen Mitteln werden durch das Weißbuch aber nicht vorgestellt. Hier besteht also noch erheblicher Diskussionsbedarf. Das Weißbuch begegnet daneben auch anderen Beden- ken: Der Ansatz der europäischen Kommission, eine Haf- tung für Schädigungen der biologischen Vielfalt in Schutzgebieten – namentlich: NATURA-2000-Gebie- ten – nur bei erheblichen Schäden zu begründen, ist zwar grundsätzlich richtig; die Voraussetzungen einer solchen Haftung müssen jedoch noch konkretisiert werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass potenzielle Verursacher von Schäden an der biologischen Vielfalt vor allem Betriebe sind, die in unmittelbarer Nähe der Schutz- gebiete angesiedelt sind. Wie die Kostenbelastung für jene Betriebe aussieht, bleibt ein Geheimnis des Weiß- buches. Über die Auswirkungen auf die Wettbewerbs- und Existenzfähigkeit jener Unternehmen schweigt sich das Weißbuch ebenso aus. Auf Seite 31 stellt die Kommission selbst fest, dass die neuen Haftungsrichtlinien erhebliche Auswirkungen auf kleinere und mittlere Unternehmen ha- ben werden. Solange diese Auswirkungen aber noch nicht geklärt sind, halte ich die Einbeziehung von Schäden, die in NATURA-2000-Gebieten entstehen, aber außerhalb dieser Gebiete ihren Ursprung haben, für nicht vertretbar. Einen weiteren kritischen Punkt sehe ich in den Über- legungen zur Beweislast. Im Falle der Schädigung der biologischen Vielfalt wird die Beweislast im Schadensfall dem Beklagten aufgezwungen und nötigt diesen damit, die Beweispflicht für eine „Nichtschädigung“ zu erbrin- gen. Ich befürchte, dass aufgrund der noch offenen Fragen zur Umwelthaftung viele Gutachten, Gegengutachten und aufwendige Gerichtsverfahren stattfinden werden. Von diesen Kosten werden hauptsächlich Forst- und Land- wirtschaft betroffen sein. Derzeit entsprechen die im Weißbuch genannten An- sätze zur Schadensermittlung in Bezug auf die Rechtssi- cherheit und die Bestimmtheit nicht den rechtsstaatlichen Maßstäben. Ich fordere die Bundesregierung daher auf, die rechtlichen Lücken im Weißbuch zu schließen, bevor sie dem Weißbuch als Grundlage für eine europäische Rahmenrichtlinie ihre Zustimmung gibt. Neben den genannten rechtlichen Bedenken drängt sich mir aber auch ein praktisches Problem auf: Die fi- nanzielle Absicherung der Umwelthaftung durch eine Deckungsvorsorge ist praktisch schwierig und mit den be- treffenden Wirtschaftszweigen noch gar nicht diskutiert oder besprochen worden. Das liegt auch daran, dass Umweltrisiken besonders schwer zu kalkulieren sind. Den vielen unterschiedlichen Einzelfällen wird man mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16695 (C) (D) (A) (B) pauschalen Festsetzungen zwangsläufig nicht gerecht. Ich gebe zu bedenken, dass es bislang noch nicht einmal in Deutschland gelungen ist, ein Haftpflichtversicherungs- system für Umweltschäden zu entwickeln und einzuset- zen! Eine Antwort auf die Frage, wie Ökoschäden zu ver- sichern sind, ist bislang noch nicht gefunden worden. Es ist daher nicht vertretbar, den Unternehmen Haftungsrisi- ken aufzubürden, die unkalkulierbar und unvorhersehbar sind. Es liegt doch auf der Hand, dass ein Versicherungs- schutz zu angemessenen Bedingungen gerade für kleinere und mittelständische Betriebe nicht zu finanzieren ist. Im Ergebnis muss ich also festhalten, dass insgesamt – aufgrund der noch offenen Fragen und Probleme im Be- reich der Umwelthaftung – ein erheblicher Klärungs- und Beratungsbedarf besteht, bevor ein konkreter Richtlinien- vorschlag vorgelegt werden kann. Als Grundlage für eine europäische Rahmenrichtlinie sind die Ansätze des Weiß- buches daher noch nicht geeignet. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn es um den heutigen Einfluss Brüsseler Politik in Deutschland geht, dann fühlt man sich leicht an Goethes „Fischer“ erinnert: „Halb zog sie ihn, halb sank er hin“ – die EU-Politik den deutschen Michel. Fast alle wichtigen, umweltpolitischen Bereiche wer- den inzwischen auf EU-Ebene geregelt. Nicht immer be- grüßen wir die Initiativen. Häufig sind anspruchsvollere, nationale Standards zu verteidigen, damit es für den deut- schen Michel nicht wie weiter bei Goethe heißt: „und ward nicht mehr geseh’n“. Das Weißbuch Umwelthaftung ist anders. Wir be- grüßen es als eine echte Chance, Verursacherprinzip und Vorsorgeprinzip EU-weit zu stärken. Wir stimmen mit der Umweltkommissarin der EU, Frau Margot Wallström, ab- solut überein: Das Weißbuch wird EU-weit zu gesetz- lichen Regelungen führen, die endlich sicherstellen, dass Umweltverschmutzer tatsächlich und effektiv für die von ihnen verursachten Umweltschäden verantwortlich ge- macht werden können. Das wird den Umwelt- und Gesundheitsschutz in Europa stärken und zwar auch in denjenigen Schadensfällen, in denen die menschliche Ge- sundheit oder persönliches Eigentum nicht direkt betrof- fen sind, zum Beispiel bei der bedrohten biologischen Ar- tenvielfalt. Bisher bestand in solchen Fällen für die Bürgerinnen und Bürger keine Klagemöglichkeit. Seit der Beschlussempfehlung des Umweltausschusses hat sich die Beratung des Weißbuchs weiterentwickelt. 150 überwiegend positive Stellungnahmen sind bei der Kommission eingereicht worden – von EU-Institutionen, Regierungen, NGOs, Wirtschaftsverbänden, Versicherun- gen und anderen –, darunter auch viele aus Deutschland. Die Kommission wird nun voraussichtlich schon bald nach der Sommerpause einen Richtlinienvorschlag prä- sentieren. Umso wichtiger ist es, dass sich die Bundesregierung intensiv für notwendige Verbesserungen einsetzt. Der Koalition ist wichtig, dass die künftigen Standards nicht hinter dem seit 1990 geltenden deutschen Recht der Um- welthaftung zurückfallen. Die dort verankerte Gefähr- dungshaftung für Industrieanlagen muss mindestens ge- wahrt bleiben, besser noch weiterentwickelt werden. Ein Großteil der EU-Umweltminister hatte sich zuletzt dafür eingesetzt, dass auch Schäden durch gentechnische Pro- dukte oder Gefahrstofftransporte von der Richtlinie er- fasst werden sollten. Das unterstützen wir ausdrücklich. Besonders bei der Haftung für Schäden an der biologischen Vielfalt kann sich aber unserer Meinung nach die Richtlinie nicht auf „Natura-2000“-Gebiete beschränken. Das kann allenfalls ein erster Schritt sein. Wir müssen erkennen und anerken- nen, dass im ethischen Sinne die technologische Zivilisa- tion für ihre Schäden haftbar ist. Das Prinzip Verantwor- tung nach Hans Jonas galt noch nie so sehr wie heute, wo Schäden häufig nicht sofort sichtbar sind: zum Beispiel Gentechnik, zum Beispiel schleichende Freisetzung von Allergenen, zum Beispiel das grassierende Artensterben in Europa. Unsere Vertreter im Europäischen Parlament haben be- reits früh klargemacht: Wir treten für strenge Haftungs- prinzipien wie die verschuldensunabhängige Haftung oder die Beweislastumkehr ein. Es darf doch nicht sein, dass die Haftungsfrage bei Unfällen nach Jahren noch im- mer ungeklärt ist, wie zum Beispiel beim Minenunglück im spanischen Naturschutzgebiet Donana vor drei Jahren. Ähnliches gilt für viele Tankerunfälle im letzten Jahr- zehnt: Wir mussten feststellen, dass der internationale Entschädigungsfonds für Ölverschmutzung bei der Hava- rie des Tankers „Erika“ bei weitem nicht ausreichte. Da- mals verendeten Hunderttausende von Seevögeln. Wir wollen nicht erst Schiffseigentümer, Charterer und Frachtbesitzer zur Anerkennung der Umwelthaftung auf- fordern müssen. Solche Fälle wollen wir künftig klar ge- regelt haben. Endlich, nach einem verlorenen Jahrzehnt in Sachen Umwelthaftung, ist nun Bewegung in die Sache gekom- men. Die vormals ablehnende Haltung vieler Staaten wurde durch die neuen Mitte-Links-Regierungen aufge- löst. Die französische Ratspräsidentschaft hatte das Weiß- buch damals zur Priorität erhoben. Die Schweden hatten die Debatte flott vorangetrieben. Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung müssen nun Einfluss darauf nehmen, dass die Umwelthaftung auch unter belgischer Ratspräsidentschaft höchsten Stellenwert einnimmt. Wir setzen uns dafür ein, dass noch in diesem Jahr eine Richtlinie vorgestellt und noch in dieser Legislaturperi- ode des Bundestages verabschiedet werden kann. Marita Sehn (F.D.P.): Mit dem EU-Weißbuch zur Umwelthaftung hat die Europäische Kommission einen Bauplan zu einem einheitlichen Gesetzentwurf zur Um- welthaftung vorgelegt. Und die ersten Konturen, die sich erkennen lassen, sind viel versprechend. Die Vorschriften zur Umwelthaftung sollen vereinheitlicht werden, das Vorsorge- und Verursacherprinzip soll gestärkt werden. Die F.D.P. begrüßt diese Absichten und vor allem auch, dass die Europäische Kommission dieses wichtige Pro- blem erkannt hat und initiativ tätig geworden ist. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116696 (C) (D) (A) (B) Da es sich aber zunächst nur um einen Bauplan handelt und noch nicht einmal der Rohbau fertig ist, sind natürlich auch noch viele Fragen offen. Wer die Diskussion um das Kanzleramt verfolgt hat, wird mir Recht geben. Die bes- ten Absichten und Interpretationen des Architekten nüt- zen nichts, wenn der Bau sie nicht entsprechend transpor- tiert. So sind auch in dem EU-Weißbuch noch viele Dinge diskussions- und klärungsbedürftig. Ein ehrgeiziges Ziel des Weißbuches ist es, Schäden an der biologischen Vielfalt zu erfassen. Dies ist ein neuer und innovativer Ansatz. Wenn man nur wüsste, wie dies vor sich gehen soll. Bislang gibt es keine genauen Vor- stellungen, wie die Schadensbewertung in Bezug auf Bio- diversität erfolgen soll. Ich halte es für fragwürdig, ob Be- stimmungen, die noch nicht in der Praxis erprobt sind, bereits in ein Gesetz gegossen werden sollen. Dies wäre im wahrsten Sinne des Wortes „auf Sand bauen“. Wer ein stabiles Gebäude bauen will, der darf auch das Fundament nicht vernachlässigen. Wenn dieses nicht trag- fähig ist, dann ist das ganze Gebäude gefährdet. In dem Weißbuch stehen etliche Punkte, die ein solides Funda- ment vermissen lassen. Für die zukünftige Umwelthaftung verweist das Weiß- buch auf eine noch zu schaffende Art „Umwelthaft- pflichtversicherung“. Wie diese aussehen soll, welche Deckungssummen gefordert sein werden – alle diese An- gaben bleiben im Dunkeln. Die Kommission meint dazu lapidar, dass sich ein Versicherungsschutz in diesem Be- reich allmählich durchsetzen könnte. Es ist ein schmaler Grat zwischen Vision und Halluzination. Die propheti- schen Gaben der Kommission in Ehren, aber als Grund- lage für die Planung von Unternehmen, die einer langfris- tigen und sicheren Basis bedürfen, erscheinen mir solche Statements als ungeeignet. Die grün-rote Koalition hat in ihrem Entschließungs- antrag die Unklarheiten konsequent weitergeführt So ist es nebulös, was die Koalition unter einer „Weiterentwick- lung des deutschen Umwelthaftungsgesetzes für die An- lagen-Gefährdungshaftung“ versteht. Für die F.D.P. sind solche orakelhaften Formulierungen kein seriöses Ele- ment der Umweltpolitik. Prinzipiell ist die Initiative der Kommission be- grüßenswert, werden doch viele wichtige Themen aufge- griffen. Andererseits ist noch nicht so richtig klar, was für ein Gebäude die Kommission auf dem Grundstein auf- bauen will. In Anbetracht der vielen ungenauen Vorgaben habe ich auch meine Zweifel, dass die Kommission ihr Ziel, nämlich eine Harmonisierung der Umwelthaftungs- vorschriften in Europa, erreichen wird. Je ungenauer die Vorgaben, umso unterschiedlicher werden die nationalen Umsetzungen ausfallen, was letztendlich zu einem Mehr an Wettbewerbsverzerrungen führen wird. Die Kommission hat mit dem Weißbuch den Bauplan vorgelegt. Dieser lässt zwar schon Konturen erkennen, aber man kann noch keine definitiven Aussagen über den Innenausbau machen. Ein Plan, dem aber keine soliden Eckdaten und Informationen zugrunde liegen, taugt bes- tenfalls für Luftschlösser. Deshalb fordere ich die Bun- desregierung auf, sich konstruktiv und kritisch an der konzeptionellen und inhaltlichen Weiterentwicklung des Weißbuches zu beteiligen und ihrer Verantwortung ge- genüber den Verbrauchern, der Wirtschaft, vor allem aber auch der Umwelt gerecht zu werden. Eva Bulling-Schröter (PDS): Das Weißbuch der Kommission hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Auf der einen Seite schafft es Grundlagen, Löcher in den nationalen Gesetzgebungen zu stopfen. Beispielsweise reguliert das deutsche Umwelthaftungsgesetz nur Ge- sundheits- und Sachschäden, aber keine Schäden an Na- tur und Umwelt, wie es begrüßenswerterweise das Weiß- buch fordert. Auf der anderen Seite lassen die zahlreichen Schlupflöcher des Weißbuches erwarten, dass – wenn ich mal die Grünen-Europaabgeordnete Hiltrud Breyer zitie- ren darf – „die Umwelthaftung auch künftig ein Papierti- ger bleibt“. Beispielsweise wäre nach dem Weißbuch außerhalb von ausgewiesenen Naturschutzgebieten nicht grundsätzlich jeder Schaden haftungspflichtig. Und im Unterschied zur deutschen Umwelthaftung liegt die Be- weislast einseitig auf den Schultern der Geschädigten. Dies wäre ein Rückschritt gegenüber unserer nationalen Gesetzgebung. Auch Schäden an Gesundheit und Sachen werden im Weißbuch ausgeklammert; also das, was Inhalt des deutschen Umwelthaftungsrechtes ist. Allerdings werden in Deutschland keine isolierten Ver- mögensschäden oder gar Schmerzensgeldansprüche regu- liert. Lediglich die unmittelbaren Kosten für Gesundheits- und Sachschäden aus Umweltunfällen unterliegen diesem Gesetz. In Deutschland besteht damit zwar eine verschul- densunabhängige Gefährdungshaftung. Diese ist letztlich aber extrem eingeschränkt. Betroffene, unter anderem Opfer von Unfällen in Atom- oder Chemieanlagen kön- nen ein Lied davon singen, ganz zu schweigen von der völlig unzureichenden Deckungsvorsorge für Atomun- fälle im Atomgesetz. Was das Weißbuch angeht, so wird durch fehlende De- finitionen und durch die genannten Einschränkungen des Anwendungsbereiches die Vorsorgewirkung marginal sein. Letztlich geht es aber – da sind wir uns wohl einig – um Vorsorge und nicht allein um Schadensregulierung. Dies ist um so betrüblicher, als auch das Umweltstrafrecht in Europa ein Witz ist. Denn letztlich lässt sich gerichts- fest kaum ein Schuldiger in den Unternehmen ermitteln. Und ein Umweltstrafrecht für Unternehmen als Ganzes existiert nicht. Umweltstraftaten steigen rasant, aber nur bei unter 10 Prozent dieser Delikte werden Verurteilungen ausgesprochen, 95 Prozent davon sind wiederum ledig- lich Geldstrafen. Dieses Dilemma wird übrigens hierzulande durch das neue UVPIVU-Artikelgesetz noch verschärft, da ja im Rahmen der Privilegierung ökoauditierter Unternehmen zahlreiche Berichtspflichten sowie behördliche Überprü- fungen – und damit Beweismittel – wegfallen werden. Zur Umwelthaftung möchte ich abschließend unterstreichen, dass nicht nur das Weißbuch der Kommission, sondern auch die entsprechende deutsche Gesetzgebung refor- miert werden muss. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16697 (C) (D) (A) (B) Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Konzept der regionalen und sektoralen Schwer- punktsetzung in der deutschen Entwicklungszu- sammenarbeit umgehend korrigieren – Perus Rückkehr zur Demokratie unterstützen (Tagesordnungspunkt 9 a und b) Adelheid Tröscher (SPD): Die bilaterale Entwick- lungszusammenarbeit ist ein zentrales Instrument unserer Politik, mit dem wir unseren Anspruch, globale Struktur- politik mitzugestalten, auf Länderebene konkret verwirk- lichen wollen. Dabei ist Geld wichtig, aber es ist nicht alles. Wichtiger ist es, den Einsatz der Mittel effektiver zu gestalten und dabei mit anderen nach den gleichen Krite- rien zusammenzuarbeiten und eine bessere Arbeitsteilung zu vereinbaren. Gleichwohl gilt, dass die knappen finanziellen und per- sonellen Ressourcen auf Bereiche konzentriert werden müssen, in denen ein Engagement aufgrund unserer Ziele und Interessen besonders erforderlich ist und gleichzeitig die Erfolgsaussichten günstig sind. Deshalb müssen in der Entwicklungspolitik eindeutigere Prioritäten gesetzt wer- den als bisher. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der ab- soluten Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierungspo- litik der Bundesregierung. Unser Ziel ist es, die Signifikanz und Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit durch eine bessere Verzah- nung der bilateralen, multilateralen und der EU-Entwick- lungspolitik zu steigern. Ein ganzheitlicher Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit, der koordinierte Einsatz aller Instrumente, gebietet die Verringerung der Anzahl der Kooperationsländer. Kriterien für die Auswahl der 70 Kooperationsländer waren die Erforderlichkeit der Zusammenarbeit im Hin- blick auf die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Gestaltungsziele, unsere Möglichkeiten, einen relevanten Beitrag zu strukturellen Verbesserungen zu leisten; die Leistungen der anderen bilateralen und multi- lateralen Geber sowie die internen Rahmenbedingungen im Partnerland, wie sie in den fünf BMZ-Kriterien Beachtung der Menschenrechte, Beteiligung der Bevöl- kerung am politischen Prozess, Gewährleistung von Rechtssicherheit, sozial und ökologisch ausgerichtete marktfreundliche Wirtschaftsordnung und Entwicklungs- orientierung des staatlichen Handelns definiert sind. Die nun vorliegende Länderliste ist daher auch nicht als starr zu begreifen, sondern kann im Laufe der Zeit an neuere Entwicklungen angepasst werden. Und deshalb ist auch für eine falsche Aufgeregtheit der Opposition hier kein Platz. Denn: Eine Konzentration der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit hat es auch schon unter einer CDU/CSU-geführten Bundes- regierung in den 90er-Jahren gegeben. Was damals rich- tig war, kann ja heute nicht falsch sein. Derzeit gibt es nach der Definition der OECD 146 Ent- wicklungsländer. In den vergangenen Jahren hat Deutsch- land 118 dieser Länder durch bilaterale öffentliche Ent- wicklungszusammenarbeit gefördert. Diese Länder wurden einer Analyse und Bewertung unterzogen mit dem Ergebnis einer Konzentration auf 70 Schwerpunkt- partnerländer und Partnerländer. In den 38 Schwerpunktländern, wie etwa Ägypten, Palästina, Südafrika, Tansania; Vietnam, Peru oder Boli- vien, soll das gesamte entwicklungspolitische Instrumen- tarium, in ausgewählten, möglichst drei Schwerpunkten, in nennenswertem Umfang zum Einsatz kommen. Für die meisten dieser Länder liegen aufgrund der intensiven Zu- sammenarbeit Länderkonzepte vor, für einige wenige sind sie noch zu erstellen. Für die Schwerpunktpartnerländer werden aber nicht nur Länderkonzepte, sondern auch Schwerpunktstrategiepapiere erstellt. Sie dienen insbe- sondere der konzeptionellen Ausgestaltung der Förder- schwerpunkte, aber auch der stärkeren Bündelung von Projekten zu Programmen. In den 32 Partnerländern, wie Jordanien, Costa Rica oder Kolumbien, soll sich die Arbeit möglichst auf einen Schwerpunkt konzentrieren. Dies kann realistischerweise nur langfristig und in Abstimmung mit den Kooperations- ländern und anderen Gebern geschehen. Wichtig bei der Unterscheidung eines Landes in Schwerpunktland und Partnerland ist aber auch, dass dies keine Aussage über die Höhe der künftigen Fördermittel macht. Der Unterschied liegt ausschließlich im program- matischen Bereich und in der Intensität der Arbeit. Ferner wurde eine Liste von potenziellen Kooperati- onsländern aufgestellt, mit der Länder auf der Agenda ge- halten werden sollen, mit denen zurzeit keine nennens- werte entwicklungspolitische Zusammenarbeit möglich ist, wo diese jedoch grundsätzlich – bei veränderten Rah- menbedingungen – sinnvoll scheint. Insgesamt dient die vorliegende Schwerpunktbildung der qualitativen Verbesserung der Arbeit des BMZ. Sie erhöht die Wirksamkeit unserer Entwicklungszusammen- arbeit und fördert einen ganzheitlichen Ansatz der Regio- nal- und Länderpolitik. Karin Kortmann (SPD): Mit Verlaub, dem Deutschen Bundestag einen Antrag zu Peru vorzulegen, der bereits bei Drucklegung in seiner politischen Analyse und erst recht in seinem Forderungskatalog überholt ist, das grenzt schon an eine neue Form der „Beschäftigungspolitik für Abgeordnete“. Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, wollen keinen Sta- tus quo für Peru, sondern wir wollen das Land, die Men- schen, das neu gewählte Parlament und den zukünftigen noch zu wählenden Präsidenten auf dem Weg zu einer De- mokratie aktiv unterstützen. Wir gratulieren der Übergangsregierung von Peru un- ter Valentin Paniagua zu ihrem umsichtigen und transpa- renten Handeln, zu der Ermöglichung von demokrati- schen Wahlen. Seit dem 17. November 2000 befindet sich Peru in einem Umwälzungsprozess, der durch den Rück- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116698 (C) (D) (A) (B) tritt von Alberto Fujimori eingeleitet wurde. Das vergan- gene halbe Jahr hat den Machtmissbrauch, die Korrup- tion, die illegalen Waffen- und Drogengeschäfte des ehe- maligen Präsidenten und seines Helfers Montesinos ans Tageslicht gebracht. Es sind Ausmaße, die sich selbst die größten Kritiker des Fujimorismus nicht hätten träumen lassen. Und so ist es für die demokratische Entwicklung in Peru auch befriedigend zu sehen, dass bei den Parla- mentswahlen am 8. April nicht viel vom politischen Sys- tem Fujimoris übrig geblieben ist: Von den ehemals 52 Abgeordneten der vergangenen Wahl bleiben gerade noch sechs übrig, die sich auf „Solucion Popular“ und „Cambio 90/Nueva Mayoria“ aufteilen. Diesem politi- schen Willen der Wählerinnen und Wähler muss nun wei- ter Rechnung getragen werden. Das tut die deutsche Bundesregierung, indem sie nicht nur Wahlbeobachter für den 8. April entsandt hat und auch bei der Präsidentenwahl im Juni beobachtend da sein wird, sondern auch durch einen breiten Unterstützungs- ansatz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung. Peru ist Schwerpunkt- land der Entwicklungszusammenarbeit. Die Bundesregierung hat sich stets, sowohl bilateral als auch auf multilateraler Ebene, für die Wiederherstellung und Respektierung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse eingesetzt. Für die Respektierung der vom ehemaligen Präsidenten Fujimori 1993 geänderten Ver- fassung hat sie sich allerdings nicht eingesetzt; diese ent- spricht nicht unseren Rechtsstaatlichkeitsprinzipien. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- menarbeit unterstützt seit langem diejenigen Kräfte der Zivilgesellschaft, deren Tätigkeit auf die Redemokratisie- rung Perus in Staat und Gesellschaft ausgerichtet sind. Und seit den Regierungsverhandlungen 1999 bildet der Bereich „Modernisierung des Staates“ einen der drei Schwerpunkte der künftigen Entwicklungszusammen- arbeit mit Peru. Bei diesen Regierungsverhandlungen wurde die Einhaltung der verfassungsmäßig garantierten Gewaltenteilung immer wieder eingefordert, ebenso die Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsorgane. Dazu gehörte unter anderem die Unterstützung des Defensor del Pueblo, des Ombudsmanns. Ganz wichtig ist auch die Situation der Menschenrechte. Gemeinsam mit allen EU-Regierungen hat die Bundesregierung die peruani- sche Regierung mehrfach aufgefordert, ihre Mitarbeit im lateinamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte wieder aufzunehmen. Eine kurze Anfrage bei der Bundesregierung hätte also Auskunft darüber geben können, welch vielfältige An- sätze der Demokratieentwicklung in Peru durch die deut- sche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden. Das hätte das Schreiben dieses Antrags, den wir hier ab- lehnen, erspart. Peru braucht unsere volle Unterstützung. Wir wollen unseren Beitrag zur Demokratisierung gerne fortsetzen. Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU): In üblicher Vollmundigkeit preist die Bundesregierung ihre letztes Jahr eingeführte entwicklungspolitische Schwerpunktset- zung als bahnbrechende Neuerfindung: Durch eine auf circa 70 reduzierte Zahl der Kooperationsländer, eine Fo- kussierung der Zusammenarbeit auf wenige Schwer- punkte und eine noch bessere Verzahnung mit der multi- lateralen und der EU-Entwicklungspolitik könne die Wirksamkeit der Arbeit des BMZ erhöht werden. Ver- schwiegen wurde dabei, dass sich die BMZ-Leitung zu dieser Schwerpunktsetzung wegen der fortlaufenden drastischen Kürzungen des Entwicklungshaushalts ge- zwungen sah. Gleichzeitig veröffentlichte das BMZ ein Informati- onspapier, das neben allgemeinen Ausführungen zur Schwerpunktsetzung ein Länderraster mit einer Untertei- lung der mit Deutschland kooperierenden Entwicklungs- länder in drei Kategorien enthielt. Zweck dieser Raster- kategorisierung sei die Abstufung des Grads der Entwicklungszusammenarbeit von einer Kooperation mit einem „Schwerpunktpartnerland“ mittels des gesamten entwicklungspolitischen Instrumentariums in ausgewähl- ten, möglichst nur drei Schwerpunkten, über eine Koope- ration mit einem „Partnerland“ in möglichst nur einem Schwerpunkt bis hin zu den „potenziellen Partnerlän- dern“, mit denen eine Kooperation grundsätzlich zwar sinnvoll, gegenwärtig aber nicht möglich sei. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist sich bewusst, dass eine sachgerechte und außenpolitisch sensibel und flexibel umgesetzte Schwerpunktsetzung eine erhebliche Effizienzsteigerung in der Entwicklungszusammenarbeit mit sich bringen kann. Sie erinnert daran, dass das BMZ bereits in der ersten Hälfte der 90er-Jahre mit der Reali- sierung einer derartigen Schwerpunktsetzung begonnen hatte. So konzentrierte sich 1994 die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands auf nur noch 40 Schwerpunktländer, das heißt dorthin flossen 86 Pro- zent aller Zusagen. Dieses geschah jedoch nicht in Form eines starren Rasterkorsetts, sondern berücksichtigte die sich stetig verändernden Realitäten in den einzelnen Ent- wicklungsregionen und bewahrte auf diese Weise die Fle- xibilität, Angemessenheit und Glaubwürdigkeit deutscher Entwicklungs- und Außenpolitik. Zudem trug man so dem auch heute noch gültigen Umstand Rechnung, dass Na- turkatastrophen sowie ökonomische und politische Not- situationen erfahrungsgemäß in fast allen Entwicklungs- regionen Ad-hoc-Maßnahmen erforderlich machen und schließlich Deutschland als Außenhandels- und Außen- investitionsnation ein vitales wirtschaftspolitisches Inte- resse an Kontakten zu möglichst vielen Ländern und Re- gionen dieser Erde hat. In scharfem Kontrast hierzu stehen Inhalt und Wirkung der aktuellen Schwerpunktsetzung des BMZ. Sie weist schwere inhaltliche Mängel auf. Die starre Kategorisie- rung legt der deutschen Entwicklungspolitik zu enge re- gionale und sektorale Fesseln an. Die Kriterien sind un- scharf und ihre Anwendung bleibt widersprüchlich. Während mit demokratisch instabilen Entwicklungslän- dern wie zum Beispiel Simbabwe unter Präsident Mu- gabe – immerhin Jahrzehnte lang ein Schwerpunktland deutscher Entwicklungskooperation – die staatliche bila- terale Entwicklungszusammenarbeit zumindest partiell ausgesetzt wurde, stufte das BMZ das kommunistisch-to- talitäre Kuba in den Rang eines Partnerlandes hoch. Völ- lig verwirrend ist, dass die Bundesregierung gleichzeitig Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16699 (C) (D) (A) (B) für eine weitere Suspendierung und Aufrechterhaltung von Sanktionen hinsichtlich des mit dem antidemokrati- schen Regierungssystem in Kuba gleichzusetzenden Re- gimes in dem noch ärmeren Myanmar plädiert und paral- lel dazu – wie gerade bekannt wurde – gegen von der gesamten EU beschlossene Sanktionen verstößt, indem sie offensichtlich einem Mitglied der dortigen Militär- junta ein Besuchsvisum für Deutschland ausgestellt hat – ein weiterer Beweis dafür, dass Willkür und Beliebigkeit die rot-grüne Außen- und Entwicklungspolitik beherr- schen. Schließlich wurden wichtige Kooperationsländer wie Nigeria, Burundi oder Paraguay erst auf Intervention der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nachträglich wieder in den Katalog der Partnerländer aufgenommen, nachdem sie vorher nicht nachvollziehbar zu potenziellen Partner- ländern degradiert worden waren. Die Kategorisierung als solche wie auch die Aufteilung der Länder in die einzel- nen Sparten wurde weder mit dem Auswärtigen Amt noch anderen betroffenen Ressorts abgestimmt. Sie hat zu er- heblicher Kritik, Irritation und Verstimmung auf nationa- ler wie auch internationaler Ebene geführt und schadet unseren außen-, entwicklungs- und wirtschaftspolitischen Interessen. Die Beschränkung der Zusammenarbeit auf eine limi- tierte Zahl von Schwerpunktsektoren hat fatale Konse- quenzen: Nach dem Fehlschlagen des Weltklimagipfels in Den Haag registriert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Besorgnis, dass dem Sektor Umwelt- und Ressour- censchutz auch im Rahmen der mit der regionalen Kon- zentration verknüpften sektoralen Schwerpunktsetzung offensichtlich eine immer geringere Priorität eingeräumt wird. Indiz hierfür mag nicht zuletzt sein, dass die Bun- desregierung in ihrem Haushalt für das Jahr 2001 die ent- wicklungspolitischen Finanzmittel für diesen wichtigen Sektor beträchtlich zurückgefahren hat. Hiermit steuert sie auf einen deutlichen Widerspruch zu den Vorgaben der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 sowie ihren eigenen politischen Ankündigungen hinsicht- lich Umwelt- und Ressourcenschutz zu und trägt zur Ver- schärfung der nach dem Fehlschlagen des Den Haager Weltklimagipfels eingetretenen Krise des Post-Rio-Pro- zesses bei. Kürzlich abgeschlossene Regierungsverhandlungen mit einer Reihe von Nehmerländern lassen weiterhin be- fürchten, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit den für eine nachhaltige Entwicklung essenziellen Grund- bildungssektor zu vernachlässigen beginnt. Ich bedaure dies zutiefst, zumal dieser Sektor zu Recht unter Minister Spranger eine der drei sektoriellen Säulen unser Entwick- lungskooperation dargestellt hat. Und überhaupt nimmt die der deutschen Entwicklungskooperation überge- stülpte Selbstbeschränkung auf höchstens drei Schwer- punktsektoren in der Zusammenarbeit mit einem Neh- merland teilweise geradezu groteske Züge an: Gelingt es auf Biegen und Brechen nicht, alle Projekte in einem Part- nerland unter drei Sektoren zu subsumieren, erfindet das BMZ kunstvolle Neuschöpfungen entwicklungspoliti- scher Kooperationssektoren, um ja nicht gegen „das hei- lige Gesetz der drei Sektoren“ verstoßen zu müssen. Und wenn selbst das nicht mehr gelingt, muss eben der allge- mein stark strapazierte Begriff bzw. Sektor der Armuts- bekämpfung herhalten, unter den sich bekanntermaßen ja so gut wie jede entwicklungspolitische Aktivität mit mehr oder weniger Quietschen hineinpressen lässt. Und damit verkommt die hoch gepriesene rot-grüne Schwerpunkt- setzung vollends zur peinlichen Selbsttäuschungsinsze- nierung. Eine sinnvolle regionale und sektorale Schwerpunkt- setzung setzt darüber hinaus eine intensive vorherige Ab- stimmung mit anderen bi- und multilateralen Gebern voraus, um zu verhindern, dass wichtige Entwicklungsre- gionen und Sektoren nach Vollzug der Schwerpunktset- zung und Rückzug der deutschen Entwicklungszusam- menarbeit entwicklungspolitisch vernachlässigt werden. Aber die angekündigte bessere Verzahnung mit der mul- tilateralen und EU-Entwicklungszusammenarbeit be- schränkt sich offensichtlich auf ein simples Abschreiben der jeweiligen Länderprogramme der anderen Geber, ohne mit diesen in einen intensiveren Koordinierungs- und Kooperationsdialog getreten zu sein. Angesichts der kontinuierlich das BMZ treffenden massiven Personal- kürzungen, der gleichzeitig stetig wachsenden Aufgaben- bereiche und einer sogar von Gewerkschaftsseite monier- ten chaotischen Personal- und Amtsführung dürfte das BMZ damit gegenwärtig auch überfordert sein. Auch vonseiten des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen VENRO hat das BMZ-Konzept heftige Kritik geerntet. VENRO stellte zum Beispiel einen Widerspruch zwischen einerseits der immer wieder öffentlich vom BMZ propagierten Orien- tierung an der Armut und der Ernährungssicherheit und andererseits der Tatsache fest, dass 26 der ärmsten Staa- ten bzw. 18 der hoch verschuldeten Länder im Konzept nicht mehr berücksichtigt würden. Es sei auch VENRO nicht bekannt, dass eine intensivere Abstimmung zumin- dest auf europäischer Geberebene stattgefunden habe. Zu- dem befürchtet VENRO unter Bezugnahme auf das Bei- spiel des Zivilen Friedensdienstes, dass das Länderraster auch für die Nichtregierungsorganisationen eine ver- pflichtende Wirkung annehmen könnte. Dies war bis dato im Sinne einer pluralistischen Durchführungsstruktur der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit den zwei voneinander grundsätzlich unabhängigen Strängen der staatlichen und nichtstaatlichen Entwicklungszusammen- arbeit sorgfältig vermieden worden. Nachdem in meinen Ausführungen unser Antrag zu Pe- rus Rückkehr zur Demokratie etwas zu kurz gekommen ist, möchte ich mit einem Appell an die Bundesregierung im Hinblick auf Peru schließen. Peru befindet sich in einer tiefen Krise. Nach dem Sturz von Präsident Fujimori ist die Lage im Land immer noch instabil, zumal der Ausgang der bevorstehenden Stichwahlen ungewiss ist. Peru braucht dringend eine Phase politischer Stabilität, um sich wieder politisch, wirtschaftlich und sozial regenerieren zu können. Ich rufe daher die Bundesregierung dazu auf, mit der symboli- schen Geste der Entsendung eines deutschen Vertreters auf Kabinettsebene die Amtseinführung des neuen perua- nischen Präsidenten Ende Juli in Lima zu begleiten und so das hohe Interesse unseres Landes an der Zukunft von Pe- rus Demokratie zu dokumentieren. Ich rufe die Bundesre- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116700 (C) (D) (A) (B) gierung aber auch dazu auf, unsere zukünftige entwick- lungspolitische Kooperation mit einem Land wie Peru, das nicht nur ein wichtiger lateinamerikanischer Partner ist, sondern auch auf unsere Unterstützung zählt, nicht durch ein hinderliches entwicklungspolitisches Konzen- trationskorsett einzuengen, sondern sich mit vollem En- gagement allen für eine nachhaltige Entwicklung Perus wesentlichen Kooperationssektoren zu widmen. Joachim Günther (Plauen) (F.D.P.): Nachdem sich die rot-grüne Koalition in den ersten zwei Jahren von ihrem ideologischen Ballast befreit hat, zeigt sich nun auch in der Entwicklungspolitik, dass es zu liberalen Konzepten keine vernünftige Alternative gibt. Schon An- fang der 90er-Jahre hatten wir eine sektorale und regio- nale Schwerpunktbildung in der Entwicklungspolitik ge- fordert und waren von der damaligen Opposition bezichtigt worden, uns aus der weltweiten Verantwortung für die Entwicklungsländer zurückziehen zu wollen. Immerhin ist es während unserer Regierungszeit ge- lungen, den ganz überwiegenden Anteil der finanziellen und technischen Zusammenarbeit auf vierzig Schwer- punktländer zu bündeln. Hierauf weist der vorliegende Antrag zu Recht hin. Bedauerlich ist nur, dass dieser er- neute Sinneswandel der Bundesregierung nicht einer bes- seren Erkenntnis, sondern in erster Linie dem Rotstift des Finanzministers zu verdanken ist. Doch wer sich, wie die Bundesministerin, gern als Weltinnenpolitikerin darstellt und den Anspruch erhebt, globale Strukturpolitik betrei- ben zu wollen, den muss es besonders schmerzen, wenn die eigene Rolle aus profanen Haushaltszwängen zusam- mengestutzt wird. Eine effiziente deutsche Entwicklungspolitik kann nicht den Anspruch erheben, globale Strukturpolitik zu betreiben und gleichzeitig in allen entwicklungsrelevan- ten Bereichen der Welt aktiv zu sein. Sie muss vielmehr in enger Koordinierung mit anderen Akteuren regionale und sektorale Schwerpunkte setzen, die dem unterschied- lichen Entwicklungsstand der Partner gerecht werden. Dies gilt auch für Peru. Auf den heute hier ebenfalls vorliegenden Antrag kann ich jetzt nicht im Einzelnen eingehen. Zwar ist Peru mit den jüngst abgehaltenen Wahlen formal zur Demokratie zurückgekehrt und ist das Hauptanliegen des Antrages erfüllt worden. Doch die nach der Flucht von Fujimori erhoffte Rückkehr zu poli- tischer Stabilität wird noch bis zu den Stichwahlen im Juni auf sich warten lassen. BMZ-Staatssekretär Erich Stather hat versichert, das Sparen sei nicht Hauptmotiv für die Reform. Sie diene auch der qualitativen Verbesserung der Zusammenarbeit und es gehe darum, die knappen Mittel wirksamer einzu- setzen. Das ist ein löbliches Ziel, es muss nur umgesetzt werden. Deshalb appellieren wir an Sie: Bleiben Sie nicht auf halber Strecke stehen und machen Sie aus dem Re- förmchen eine Reform! Hierzu sind aus unserer Sicht noch drei weitere wich- tige Schritte nötig: Erstens. Es darf nicht sein, dass bei einer neuen Schwerpunktbildung 26 der ärmsten Länder der Welt aus dem Raster fallen, während relativ weit fortgeschrittene Schwellenländer mit einem stabilen politischen Umfeld weiterhin Empfänger groß angelegter Projekte bleiben. Schwerpunktbildung heißt aus unserer Sicht daher auch Konzentration der knappen Mittel auf die wirklich Be- dürftigen. Gerade vor dem Hintergrund der in diesen Ta- gen in Genf stattfindenden UNO-Konferenz der ärmsten Länder der Welt sollte jetzt ein Zeichen gesetzt werden. Zweitens. Die vom BMZ so oft angekündigte bessere Verzahnung der bilateralen, der multilateralen und der EU-Entwicklungszusammenarbeit muss endlich in An- griff genommen werden. Der vorliegende Antrag geht zwar einleitend darauf ein, doch auch die CDU/CSU- Fraktion scheint sich noch nicht zu einer konsequenten Arbeitsteilung auf europäischer Ebene durchgerungen zu haben. Im operativen Teil des Antrages fehlt jedenfalls je- der Bezug hierzu. Drittens. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union nachdrücklich für die Verab- schiedung einer gemeinsamen entwicklungspolitischen Strategie einzusetzen, die durch komplementäre Arbeits- teilung zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten den spezifischen Erfahrungen, Traditionen und geschicht- lichen Verantwortlichkeiten der EU-Geberländer gegen- über den Entwicklungspartnern gerecht wird. Carsten Hübner (PDS): Eine kurze Debatte ist sicher nicht hinreichend, diese zwei wichtigen Komplexe, zu de- nen uns hier Anträge vorliegen, umfassend zu erörtern. Ich beschränke mich zunächst auf einige Anmerkungen. Für die weiteren Beratungen in den Ausschüssen und dann im Plenum wird hoffentlich mehr Zeit zur Verfügung stehen. Zunächst zum entwicklungspolitischen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, in dem die regionale und sektorale Schwerpunktsetzung des BMZ für die kommenden Jahre kritisiert wird. Dazu ist zunächst zu sagen: Auch wir hal- ten die angelegten Maßstäbe für nebulös und sind mit der hinter verschlossenen Türen abgewickelten Erarbeitung unzufrieden. Solche Weichenstellungen müssen aus unse- rer Sicht parlamentarisch begleitet und beraten werden. Das gilt insbesondere, weil ein nicht unerheblicher Teil der ärmsten und höchst verschuldeten Länder in der Schwerpunktsetzung nicht mehr vorkommen. Der Ver- band entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisa- tionen, VENRO, hat das Vorgehen der Bundesregierung dementsprechend deutlich kritisiert und überdies ange- zweifelt, dass die neue Weichenstellung auf ihre Kohärenz mit anderen internationalen Gebern, etwa Eu- ropas bzw. der EU, abgeglichen worden ist, um das völ- lige Herausfallen einzelner Länder aus der internationalen wie bilateralen Entwicklungszusammenarbeit auszu- schließen. Aber allein schon die rein ideologisch motivierten mehrfachen Ausfälle der CDU/CSU-Fraktion gegen die längst überfällige Aufnahme der Entwicklungszusam- menarbeit mit Kuba offenbaren, dass es nicht um eine fachpolitische Korrektur geht, sondern um ganz etwas an- deres, nämlich um eine an den Kategorien des Kalten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16701 (C) (D) (A) (B) Krieges ausgerichtete Konzeption von Entwicklungszu- sammenarbeit, wie wir sie sonst nur noch bei den Hardli- nern in den USAvorfinden. Die CDU/CSU muss sich hier ernsthaft den Vorwurf gefallen lassen, wie eine Art politi- scher Dinosaurier zu agieren. Die haben bekanntlich die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind dann ausgestor- ben. Darüber hinaus aber diskreditiert sie damit natürlich auch die durchaus richtigen Ansätze ihres Antrages. Das muss man hier so deutlich sagen – insbesondere weil die CDU/CSU selbst es war, die über viele Jahre zum Beispiel eine intensive Entwicklungspolitik mit der Suharto-Dik- tatur in Indonesien gepflegt hat, bis hin zur Männer- freundschaft Suharto/Kohl. Nun noch kurz zu Peru: Die Lage dort hat sich, anders als es noch im Antrag beschrieben wird, inzwischen poli- tisch stark verändert. Es besteht eine reale Chance für ei- nen demokratischen Neuanfang, die Bevölkerung drängt darauf. Umso wichtiger ist es, und hier teile ich die For- derungen von CDU/CSU weitgehend, auch von interna- tionaler Seite und auf verschiedensten Wegen die Demo- kratisierung massiv zu befördern. Dazu gehört sowohl die Demokratisierung von Staat, Polizei und Militär als auch die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen und eine Verbesserung der ökonomischen und sozialen Situation der Bevölkerung. Straflosigkeit muss ebenso verhindert werden wie eine Restrukturierung der reaktionären Kräfte. In diesem Sinne ist die Bundesregierung dringend gehalten, ihre Möglichkeiten intensiv zu nutzen, damit ein wirklich demokratischer Neuanfang gelingen kann. Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin bei der Bundes- ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung: Die rot-grüne Bundesregierung hat in der Ent- wicklungspolitik entschlossen Reformen in die Wege geleitet. Ein wichtiger Baustein der Reform ist die regio- nale und sektorale Schwerpunktsetzung, denn sie bedeu- tet eine Steigerung der Effizienz und eine Erhöhung der Wirksamkeit und der Signifikanz der bilateralen Ent- wicklungszusammenarbeit. In einem transparenten Pro- zess und durch Offenlegung der Kriterien haben wir regionale Schwerpunkte gesetzt und die Kooperations- länder ausgewählt. Die Auswahlkriterien sind: die Erforderlichkeit der Zu- sammenarbeit im Hinblick auf unsere wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Gestaltungsziele, unsere Möglichkeiten, einen relevanten Beitrag zu leis- ten, die Leistungen der anderen bilateralen und multilate- ralen Geber sowie die internen Rahmenbedingungen beim Partner, so wie sie in den fünf BMZ-Kriterien for- muliert sind. Die Vorteile dieser Schwerpunktsetzung sind: höhere Verlässlichkeit in der Kooperation, gezielterer Einsatz der Instrumente, bessere Abstimmung mit anderen Gebern, konzentriertere Einbringung der komparativen Vorteile eines jeden Geberlandes und der multilateralen Institu- tionen. Der zweite wichtige Baustein dieser Reform ist die konsequente Verknüpfung der bilateralen Entwicklungs- zusammenarbeit mit den internationalen Entwicklungs- zielen und der globalen Strukturpolitik. Nehmen Sie das Ziel, bis zum Jahr 2015 die Anzahl der Menschen, die in absoluter Armut leben, zu halbieren. Dieses Ziel wurde 1996 von den OECD-Mitgliedsländern beschlossen und im September 2000 auf dem Millenni- umsgipfel von den Vereinten Nationen bekräftigt. Es ist der rot-grünen Bundesregierung zu verdanken, dass es endlich ein deutsches Aktionsprogramm zur Armuts- bekämpfung gibt, das diesem Ziel verpflichtet ist. Das Kabinett beschloss am 4. April das folgende 10-Punkte-Programm: Erstens, wirtschaftliche Dynamik und aktive Teilhabe der Armen erhöhen, zweitens, das Recht auf Nahrung verwirklichen und Agrarreformen durchführen, drittens, faire Handelschancen für die Ent- wicklungsländer schaffen, viertens, Verschuldung ab- bauen – Entwicklung finanzieren, fünftens, soziale Grunddienste gewährleisten – soziale Sicherung stärken, sechstens, Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen si- chern – eine intakte Umwelt fördern, siebtens, Men- schenrechte verwirklichen – Kernarbeitsnormen respek- tieren, achtens, Gleichberechtigung der Geschlechter fördern, neuntens, Beteiligung der Armen sichern – ver- antwortungsvolle Regierungsführung stärken und zehn- tens, Konflikte friedlich austragen – menschliche Sicher- heit und Abrüstung fördern. Nehmen sie das Ziel, bis zum Jahr 2015 die Anzahl der Menschen zu halbieren, die Hunger leiden: Auf dem Welt- ernährungsgipfel in Rom 1996 wurde im Aktionsplan festgelegt, dass zur Erreichung dieses Zieles in vielen Ländern Agrarreformen angepackt werden müssen. Es ist diese Regierung, die dieses schwierige und hochsensible Thema in ihrer Entwicklungszusammenarbeit anpackt. Die Bundesregierung ist sich der zentralen Rolle der Landfrage für die Bekämpfung von Armut und Hunger sehr bewusst. In der Umsetzung von Agrarreformen sehen wir eine unmittelbare Voraussetzung für die Verwirkli- chung des Menschenrechts auf Nahrung. Agrarreformen und die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung haben da- mit für die Bundesregierung einen ähnlichen Stellenwert wie die Schaffung fairer Handelschancen für die Ent- wicklungsländer oder der Abbau ihrer Verschuldung. Maßnahmen, die wir unterstützen, sind zum Beispiel: erstens, direkte Politikberatung für eine Agrarreformpoli- tik, zweitens, Unterstützung bei lokalen Landnutzungs- vereinbarungen und beim Erstellen von Katastern zur rechtlichen Klärung von Eigentumsverhältnissen und drittens, Unterstützung von runden Tischen für die unter- schiedlichen Akteure, wie zum Beispiel Bauern, Land- lose, Vertreterinnen von indigenen Völkern. Sie sehen, reformorientierte Entwicklungspolitik ist auch in schwierigen Zeiten der Haushaltskonsolidierung möglich. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe: – Gesetz zur Änderung des Gesetzes überArbeitneh- mererfindungen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116702 (C) (D) (A) (B) – Gesetz zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen (Tagesordnungspunkt 10 a und b) Jörg Tauss (SPD): Ziel des heute von den Koalitions- fraktionen vorgelegten Gesetzentwurfes ist es, die bishe- rige Regelung der Rechte an den Erfindungen von Hochschullehrern – das so genannte „Hochschullehrer- Privileg“ des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetzes – an die sich gravierend veränderten Rahmenbedingungen der Hochschulforschung anzupassen. Diese Änderung ist eine längst überfällige Anpassung und somit ein wichtiger Be- standteil der zukunftsweisenden Innovationspolitik der rot-grünen Bundesregierung. Bei der angestrebten Verbes- serung der Verwertung von Hochschulerfindungen sind vor allem vier Schwerpunkte das erklärte Ziel der Novelle: Zum einen soll das derzeit brachliegende Innovations- potenzial an den Hochschulen auch für die Hochschulen in einem deutlich höheren Maße genutzt werden. Daneben geht es um die nachhaltige Stärkung der Hochschulen in ihrer Verantwortung für den Technologietransfer. Eng da- mit verbunden ist die dringend gebotene Verbesserung des Technologietransfers zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Schließlich geht es natürlich um die Stärkung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutsch- land in einem immer schwieriger werdenden globalen Wettbewerb. Angesichts dieser wichtigen Zielsetzungen sehe ich die Tatsache, dass es eine von Bund und Ländern gemeinsam gestartete Initiative war, die den Anstoß für die heute zu diskutierende Gesetzesänderung gab, mit großer Freude. Die beabsichtigte Novellierung des § 42 des Arbeitneh- mererfindungsgesetzes war Gegenstand einer Bund-Län- der-Arbeitsgruppe und einer umfassenden Anhörung von Fachkreisen und allen Betroffenen im August 2000, die im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungs- planung und Forschungsförderung – BLK – durchgeführt wurde. Die zuständigen Fachminister für Wissenschaft und Forschung haben am 30. Oktober desselben Jahres einstimmig diese Novellierung des § 42 ArbNErfG mit eben dieser Zielsetzung beschlossen und haben konkrete Eckpunkte hierfür formuliert. Auf der Basis dieses Beschlusses und auf der Basis die- ser Eckwerte haben die Koalitionsfraktionen mit den auf Bundesebene federführenden Ressorts – das Bundesminis- terium für Justiz und das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in enger Abstimmung mit dem Bun- desministerium für Bildung und Forschung – den nun vor- liegenden Gesetzesentwurf erarbeitet, der heute zur ersten Beratung ansteht. Schaut man sich nun die Entwürfe der BLK und den Entwurf der Koalitionsfraktionen an, so unterscheiden sich diese in der Zielsetzung nicht. Die Ansätze, mit de- nen diese wichtigen und sicherlich unstrittigen Ziele ver- wirklicht werden sollen, unterscheiden sich dagegen – zu- gegebenermaßen – schon an einigen Stellen. Dies ist vor allem darin begründet, dass bei der Novellierung des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetz folgende Aufgaben sei- tens der Koalitionsfraktionen und der zuständigen Bun- desministerien erledigt werden mussten: So musste die neue Regelung in die komplexe Geset- zessystematik und die Terminologie eingepasst werden. Daneben stellt natürlich das zwingend zu beachtende Verfassungsrecht, nämlich die Freiheit von Forschung und Lehre gemäß Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes, enge Grenzen an die Novellierung des § 42 ArbNErfG. Schließlich galt es, die Novellierungsvorschläge hin- sichtlich ihrer Vollständigkeit und Stimmigkeit zu über- prüfen. Dies führte zwangsläufig auch zu Änderungen des BLK-Beschlusses. Im Ergebnis wurden meines Erachtens die Eckdaten jedoch konsequent umgesetzt und in recht- lich haltbare Formen gegossen, wobei die Zielsetzung und die zentralen Grundlinien des BLK-Beschlusses natürlich außer Frage standen. Somit sind alle Eckpunkte des BLK-Beschlusses umgesetzt, nämlich die Sicherstellung des Rechtes der Hochschulen zur Inanspruchnahme aller dort gemachten Erfindungen, um so auch die Hochschu- len in ihrer Bedeutung innerhalb des deutschen Innovati- onssystems gerade auch im Wettbewerb mit den privaten Forschungseinrichtungen zu stärken; die Sicherung des Rechtes auf positive und auf negative Publikationsfrei- heit; die Verwirklichung einer deutlich höheren Erfinder- vergütung für Hochschulerfinder, die einen Beitrag zur besseren Motivation für Innovationen an den Hochschu- len bieten wird und gemeinsam mit der anstehenden Dienstrechtsreform grundsätzliche Bedeutung für die Si- cherung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland im globalen Wettbewerb hat sowie natürlich das Nutzungsrecht des Hochschulerfinders selbst an des- sen Erfindungen für seine wissenschaftliche Tätigkeit. Natürlich gibt es – es wäre auch ein Wunder, wenn es die bei derart komplexen und zudem auch verfassungs- rechtlich relevanten Fragestellungen nicht gäbe – auch kritische Einwände, die aber oft die nicht immer ganz ein- fachen aber eben dringend gebotenen Abstimmungspro- zesse zwischen den federführenden Ressorts und dem Fachressort unterschätzen und zum Teil in ihrer tatsächli- chen Berechtigung zumindest angezweifelt werden dür- fen. Aber eben dies ist ja auch Sinn einer solchen ersten Beratung: Dieser folgt die ausführliche Debatte in den Ausschüssen und auch im Bundesrat, der mit seinem heute vorgelegten Gesetzentwurf zwar ebenfalls auf der Basis des BLK-Beschlusses basiert, jedoch den gemein- sam formulierten Zielen eben nicht Rechnung tragen kann. Gestatten Sie mir hierzu in aller Kürze einige An- merkungen zu machen: Der zur Rede stehende § 42 des Arbeitnehmererfin- dungsgesetzes ist eine Sondervorschrift zu § 40, bei dem es sich selbst wiederum um eine Sondervorschrift zu den gesamten vorangegangenen Bestimmungen des Arbeit- nehmererfindungsgesetzes handelt. Dies hat natürlich zur Folge, dass eine Reihe von Forderungen des BLK-Be- schlusses aus gesetzestechnischen Gründen unberück- sichtig bleiben konnte, weil diese Regelungen dann eben kraft Gesetz bereits gelten, ohne dass dies noch einmal ausdrücklich im Gesetz formuliert werden müsste. Eine Änderung der Zielsetzung geht damit natürlich nicht einher. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16703 (C) (D) (A) (B) Daneben gab es – im Unterschied zum Bundesratsent- wurf – einige sachliche Änderungen, die ich jedoch nach den intensiven Diskussionen und Überprüfungen seitens der beteiligten Häuser durchaus als sachlich gerechtfertigt ansehe. Dazu zählt der Anwendungsbereich, die Siche- rung des positiven und negativen Publikationsrechtes, die Höhe der Endvergütung, den Ausschluss von abweichen- den Vereinbarungen zulasten der Hochschulangehörigen und die Aufnahme von Übergangsregelungen. Wären wir dem BLK-Beschluss hinsichtlich des An- wendungsbereiches gefolgt, hätten wir in Zukunft zwei- erlei Recht für Arbeitnehmererfindungen. Für nicht-wis- senschaftliches Personal an Hochschulen gälte der § 40 ArbNErfG, für Wissenschaftler und ihre Erfindungen da- gegen § 42. Abgesehen davon, dass eine derartige Grenz- ziehung sicher nicht immer ganz einfach sein dürfte, wäre sie – man denke nur an Forschungsgruppen – nicht nur un- praktisch, sondern vor allem auch extrem konfliktträch- tig. Diese Konsequenzen werden mit dem von den Koali- tionsfraktionen vorgelegten Entwurf vermieden. Die Sicherstellung des positiven und negativen Publi- kationsrechtes der Wissenschaftler ist zum einen Ergebnis einer umfangreichen verfassungsrechtlichen Prüfung und dient auf der anderen Seite der Verfahrensvereinfachung für die Hochschule. Bei der Sicherung des Rechtes zu pu- blizieren und bei der Sicherung des Rechtes, dies zu un- terlassen, zeigt sich, wie schwierig manchmal die unter- schiedlichen und durchaus berechtigten Interessen aller Beteiligten unter einen Hut zu bringen sind. Die Rechts- ordnung zwingt eben auch dazu, die negative Publikati- onsfreiheit zu beachten. Nach meiner Meinung ist dies mit dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Entwurf deutlich besser gelungen als dies der Entwurf des Bun- desrates, der auf dem BLK-Beschluss basiert, zu leisten vermag. Eine Vereinfachung der Berechnung der Erfinderver- gütung war ebenfalls das Ziel bei der Abweichung des BLK-Beschlusses. Während der BLK-Beschluss ein Drit- tel der Nettoverwertungseinnahmen vorsah und so den Streit vorprogrammiert hätte, welche Ausgabe denn nun von den Bruttoeinnahmen seitens der Hochschule abge- zogen werden dürfte, haben wir uns für einen anderen Weg entschieden: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass den Erfindern als Vergütung 30 Prozent der Bruttoverwer- tungseinnahmen zustehen. Den Patentierungsaufwand kann die Hochschule aus den ihr verbleibenden 70 Pro- zent decken. Sie sehen, auch hier verfolgen wir im Grund- satz das gleiche Ziel wie der BLK-Beschluss, versuchen nur zu sachgerechteren und auch vergleichbaren Lösun- gen zu kommen. Bei der Ausschließung von abweichenden Vereinba- rungen zulasten der Hochschulangehörigen wollen wir si- cherstellen, dass im Zusammenhang mit Einstellungen gegenüber dem Hochschulangehörigen schlechtere Be- dingungen, als gesetzlich vorgesehen sind, vermieden werden. Der BLK-Beschluss sah derartiges Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen dagegen explizit vor. Hier sahen wir jedoch aufgrund der nicht unberech- tigten Ängste und Befürchtungen den besseren Weg im expliziten Ausschluss von abweichenden Vereinbarungen zulasten der Hochschulangehörigen. Ich denke, auch hier werden die weiteren Beratungen in den Fachausschüssen und auch im Bundesrat dahingehend Klarheit bringen, dass dies die bessere Umsetzung der gleichen Zielset- zung ist. Bleibt schließlich noch die Frage der Übergangsrege- lungen: Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen gibt ein Jahr lang die Gelegenheit, bestehende Lehrstuhlver- träge und Forschungsaufträge abzuwickeln oder an das neue Recht anzupassen. Dies dient der Erleichterung und auch der Planungssicherheit bei der Einführung des neuen Rechtes für alle Beteiligten. Gestatten Sie mir am Schluss meiner Ausführungen Dank zu sagen: Danken möchte ich den Fachpolitikern in den Arbeitsgruppen der Koalitionsfraktionen und den Fachabteilungen in den beteiligten Bundesministerien. Als Forschungspolitiker freue ich mich vor allem des- halb, weil es mit der Vorlage dieses Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen gelin- gen kann, die Rahmenbedingen für Wissenschaft und Forschung in Deutschland weiter zu verbessern. Auch dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer Baustein einer mo- dernen und zukunftsweisenden Wissenschafts- und For- schungspolitik, um den überfälligen Reformstau gerade in diesem für künftige Generationen wichtigen Bereich abzubauen. Dieser weitere Baustein wird seinen Beitrag dazu leisten, diesen Standort zu sichern und auszubauen. Diesen Dank betone ich umso mehr, als es bei den Aus- einandersetzungen zwischen Forschungs-, Rechts- und auch Sozialpolitikern oft genug eben darauf ankommt, die unterschiedlichsten Interessen zu verbinden. Und Aufgabe einer verantwortungsvollen Wissenschafts- und Forschungspolitik ist es eben auch, nicht nur die Frage der Verwertung zu thematisieren, sondern auch die Wis- senschaftsrechte und die Wissenschaftlerrechte zu be- achten und zu schützen. Dies ist meines Erachtens mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktio- nen gelungen und liefert den soliden Grundstein für die nun folgende Debatte. Noch offen gebliebene Fragen können wir nun den Ausschüssen und in den Beratungen des Bundesrates diskutieren. Ich lade Sie hierzu herzlich zur Mitarbeit ein und sehe Ihren Vorschlägen mit großem Interesse entgegen. Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Beide Gesetzent- würfe verfolgen das Ziel, das bislang unbefriedigende Pa- tentaufkommen an den deutschen Hochschulen zu steigern und den Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft zu fördern. Zu diesem Zweck soll das Hochschullehrerprivileg des § 42 Arbeitnehmer- erfindungsgesetz stark eingeschränkt werden. Dieses Son- derrecht macht die von bestimmten Beschäftigten an den Hochschulen im Rahmen ihrer Diensttätigkeit gemachten Erfindungen in Abweichung von dem allgemeinen Arbeit- nehmererfindungsrecht derzeit grundsätzlich zu freien Er- findungen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt diese Zielsetzung und ist bereit, an deren Umsetzung kon- struktiv mitzuwirken. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt auch, dass die entsprechenden Änderungen zügig erfolgen sollen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116704 (C) (D) (A) (B) und die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Zweck einen eigenen Gesetzentwurf einge- bracht haben, nachdem das Bundeskabinett offenbar nicht in der Lage war, einen gleich lautenden Referenten- entwurf von BMJ und BMA zügig zu beschließen. Die- ser soll erst am 13. Juni dem Bundeskabinett zugeleitet werden. Die Regierungsfraktionen müssen sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum sie zum jetzigen Zeitpunkt lediglich einen einzelnen Paragraphen des Arbeitnehmer- erfindungsgesetzes ändern wollen, obwohl bereits seit Beginn dieser Legislaturperiode unbestreitbar feststeht, dass dieses Gesetz als Ganzes dringend reformbedürftig ist. So erfreulich es ist, dass nun zumindest im Hoch- schulbereich die längst fällige Reform angegangen wird, so wenig ist es verständlich, warum die Bundesregierung bislang nicht in der Lage war, einen umfassenden Re- formentwurf zu erarbeiten. Offenbar ist dieses Projekt – wie auch einige andere – mangels ausreichender Pres- tigeträchtigkeit ein Opfer des durch die so genannte Jus- tizreform verursachten Reformstaus in der Rechtspolitik geworden. Bereits im Jahre 1999 haben sich zahlreiche Arbeitge- berverbände mit diesem Reformanliegen an Frau Däubler-Gmelin gewandt, die sich offiziell auch reform- willig gezeigt hat. Nun sind fast zwei Jahre vergangen und nichts ist passiert. Dabei gehört die Stärkung der Wirt- schaftskraft durch Innovationsförderung zu den in der Koalitionsvereinbarung erklärten Zielen dieser Bundesre- gierung. Wie sich der Begründung Ihres Gesetzentwurfes entnehmen lässt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wissen Sie um die dringende Reformbedürftigkeit des Arbeitnehmererfin- dungsgesetzes. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion for- dert Sie daher auf: Lassen Sie es nicht bei dieser kleinen Änderung bewenden. Reformieren Sie endlich das ganze Arbeitnehmererfindungsgesetz. Befreien Sie dieses Ge- setz von Investitionshemmnissen und bürokratischem Ballast! Reagieren Sie auf die Herausforderungen der Globalisierung und der mit dieser verbundenen Interna- tionalisierung der Forschung. Wir sind bereit, hieran mit- zuwirken. Lassen Sie mich zu den Einzelregelungen der beiden Gesetzentwürfe Folgendes sagen: Ein Manko des Frakti- onsentwurfes ist zweifellos der fehlende Hinweis auf die Geltung der allgemeinen Vorschriften des Arbeitnehmer- erfindungsgesetzes, wie dies der Bundesratsentwurf zu- treffend vorsieht. Nur ein solcher Hinweis macht die nachfolgenden Regelungen verständlich. Beide Entwürfe sehen Regelungen vor, die der aus der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG resultierenden positiven und negativen Publikations- freiheit Rechnung tragen sollen. Die Regelungen zur positiven Publikationsfreiheit sind im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die im Fraktionsent- wurf vorgesehene Monatsfrist zwischen Anzeige und Of- fenbarung der Erfindung – § 42 Abs. 1 Nr. 1 – dürfte al- lerdings zu kurz greifen, da die Schutzrechtsanmeldung in diesem Zeitraum in aller Regel nicht zu bewerkstelligen ist. Nach der Offenbarung wird die Erfindung aber zum Stand der Technik und ist damit der Patentierbarkeit ent- zogen. Mit Blick auf die negative Publikationsfreiheit, also das Recht des Wissenschaftlers, die Erfindung der Öf- fentlichkeit nicht mitzuteilen, will der Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Meldepflicht der Erfin- dung ganz entfallen lassen, wenn der Hochschullehrer seine Erfindung nicht veröffentlichen will, § 42 Abs. 1 Nr. 2. Der Bundesratsentwurf sieht demgegenüber in § 42 Abs. 1 Nr. 3 E in Verbindung mit § 5 AfbNErfG ein bloßes Widerspruchsrecht bei einer generellen Meldepflicht vor. Ich bin der Auffassung, dass die Bundesratslösung im Hinblick auf die Zielrichtung des Entwurfs, das Paten- taufkommen an den deutschen Hochschulen zu erhöhen, deutlich mehr überzeugt. Hier werden wir gemeinsam überlegen müssen, welche Lösung der Wissenschaftsfrei- heit eher gerecht wird. Auch nach der Inanspruchnahme durch die Hoch- schule soll der Erfinder nach beiden Gesetzentwürfen ein nicht ausschließliches Benutzungsrecht der Erfindung im Rahmen seiner wissenschaftlichen Lehr- und Forschungs- tätigkeit haben. Diese Regelungen – Bundesrat: § 42 Abs. 1 Nr. 4; Fraktionen: Nr. 3 – sind zu begrüßen. In der Frage der Vergütung für den Erfinder bei Ver- wertung der Erfindung durch den Dienstherrn ist aus mei- ner Sicht die in dem Fraktionsentwurf unter § 42 Abs. 1 Nr. 4 vorgeschlagene Lösung – 30 Prozent des Bruttover- wertungserlöses – vorzuziehen. Diese orientiert sich zwar an der ohnehin bislang im Rahmen – von vertraglichen Vereinbarungen praktizierten Drittellösung – ein Drittel des Nettoerlöses erhält die Hochschule, ein Drittel das Institut, dem der Erfinder angehört, und ein Drittel der Er- finder selbst –, hängt aber in der Höhe nicht von den im Einzelfall schwer ermittelbaren Patentierungskosten ab. Dies sieht jedoch der Bundesratsentwurf vor. Über andere Details der Entwürfe – wie beispielweise den Kreis der einzubeziehenden Beschäftigten der Hochschule – werden wir sicher ebenfalls noch sprechen müssen. Ich fordere Sie nochmals auf: Arbeiten Sie gemeinsam mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an einer praxisge- rechten Lösung im Sinne aller Beteiligten. Dieser kommt der Gesetzentwurf des Bundesrates derzeit allerdings näher als Ihr Entwurf. Vielen Dank. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erstens. Ausgangslage – brachliegende Innovations- potenziale. In der bisherigen Gesetzesstruktur gibt es weder für Wissenschaftler noch für die Hochschulen Anreize, um Erfindungen in Patente umzusetzen und damit wirtschaft- lich zu verwerten. Auf der einen Seite verzichten die For- scher oft auf die Anmeldung zum Patent, da die Beantra- gung mühselig und die Finanzierung ungewiss ist. Statt sich mit bürokratischen Hürden auseinander zu setzen, konzentrieren sie sich lieber auf ihre eigene Stärke: das Forschen. Auf der anderen Seite profitieren Hochschulen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16705 (C) (D) (A) (B) im Gegensatz zu allen anderen Arbeitgebern und außer- universitären Forschungseinrichtungen bisher nicht von den Patenterlösen ihrer Arbeitnehmer. Demnach haben sie auch kein gehobenes Eigeninteresse an der Anmeldung und anschließenden Verwertung von Erfindungen. In der Konsequenz stehen wir vor dem Dilemma, dass das Innovationspotenzial an den deutschen Universitäten brachliegt. Statt gute Ideen in Erfindungen umzusetzen und somit ökonomisch zu nutzen, bleiben sie im Getriebe der bürokratischen Universitätsstrukturen hängen. Zweitens. Ziel des Gesetzes – Stärkung des Patent- rechts der Universitäten. Mit der Reform des Hochschullehrerprivilegs werden wir diese verkrusteten Strukturen aufbrechen und das bis- her brachliegende Innovationspotenzial an den Hoch- schulen nutzen. Mit dem neuen Gesetz werden die Hoch- schulen zukünftig das Recht haben, die Erfindungen ihres Personals zu verwerten – innerhalb eines Monats erhalten sie das Exklusivzugriffsrecht. Die Forscher werden im Gegenzug an den Patenterlösen mit einem Drittel beteiligt und brauchen sich nicht um finanzielle und bürokratische Fragen der Patentanmeldung und -verwertung kümmern. Entscheidende Verbesserungen stellen sich in drei Fel- dern ein: Zukünftig werden wieder mehr Patente ange- meldet und verwertet. Gute Ideen bleiben nicht in Schub- laden liegen. Den Hochschulen wird die Möglichkeit gegeben, aus ihren eigenen Investitionen auch Kapital zu schlagen – wenn sie anfangen selbst aktiv zu werden. Zwischen Wirtschaft und Universität wird ein intensive- rer Wissens- und Technologietransfer stattfinden. Der Diffusionsgrad von Forschungsergebnissen aus den Unis in die Wirtschaft hinein wird erhöht. Drittens. Flankierende Maßnahme – Aufbau einer brei- ten Patent- und Verwertungsinfrastruktur. Bei der Reform des ArbNErfG geht es allerdings nicht darum, Inseln der Patentverwertung innerhalb der Hoch- schulen zu schaffen. Vielmehr sollen diese eng mit wirt- schaftlichen Interessen verzahnt werden und an den Be- dürfnissen gerade der kleinen und mittleren Unternehmen orientiert sein. Die universitären Patentverwertungsstruk- turen müssen in ein wirtschaftliches Netzwerk eingebun- den sein. Daher wird die rot-grüne Regierung parallel eine Ver- wertungsoffensive starten und den Aufbau einer breiten Patent- und Verwertungsstruktur an den deutschen Hoch- schulen unterstützen. Hier gilt es, Kosten von Patentan- meldungen in der Anfangsphase zu bezuschussen, Mitar- beiter in einer Qualifizierungsoffensive für die Patentverwertungsstrukturen auszubilden und die Ver- wertungslandschaft in Deutschland zu vernetzen und Kommunikations- und Kooperationsplattformen aufzu- bauen. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen explizit da- rauf gedrängt hat, die Reform des Hochschullehrerprivi- legs einer allgemeinen Novelle des ArbNErfG vorzuzie- hen. Andernfalls hätte die Gefahr einer zeitlichen Verzögerung bestanden. In unseren Augen ist diese Re- form ein erster Schritt zu einer umfassenden Reform der Hochschulen, die auf mehreren Ebenen stattfinden muss. Die Verbesserung der Patentverwertung war überfällig und zwingend notwendig, ihr müssen jedoch weitere Re- formen folgen. Rainer Funke (F.D.P.): Seit mindestens sechs Jahren wird mit den Wirtschaftsverbänden über eine Novellie- rung des Arbeitnehmererfindergesetzes diskutiert. Ange- strebt wurde eine allgemeine Reform des Arbeitnehmer- erfinderrechts; dabei ging es vor allen um den Abbau unnötiger Verwaltungsstrukturen und eine Vereinfachung des Vergütungssystems. Diese Forderung ist dem Grunde nach auch berechtigt. Zusätzlich zu der allgemeinen Re- form des Arbeitnehmererfinderrechts stand die Änderung des Hochschullehrerprivilegs zur Debatte. Nach der der- zeitigen Regelung gehört die Erfindung den Hochschul- lehrern und kann, anders als in der freien Wirtschaft, nicht vom Arbeitgeber oder seinem Dienstherrn zur Verwertung in Anspruch genommen werden. Nachdem viele Jahre unstreitig war, dass das Arbeit- nehmererfindergesetz einer generellen Überarbeitung be- darf, einschließlich des Hochschullehrerprivilegs, ist in den letzten Monaten Hektik dadurch entstanden, dass das Bundesforschungsministerium, das für diese Gesetze noch nicht einmal zuständig ist, eine neue Regelung des § 42 des Arbeitnehmererfindergesetzes fordert. Diese Hektik ist sicherlich auch entstanden durch den parallel eingebrachten Entwurf des Bundesrates, der für Erfin- dungen des wissenschaftlichen Personals aus dienstlicher Tätigkeit eine modifizierte Beteiligung der Hochschul- lehrer an den Erträgen der Diensterfindungen vorsieht. Es ist offensichtlich, dass hier wirtschaftliche Interes- sen in ganz erheblichem Umfang im Spiel sind und durch die Vorabbehandlung des Hochschullehrerprivilegs Fak- ten geschaffen werden sollen, die dann in der allgemeinen Form des Arbeitnehmererfindergesetzes präjudiziell wir- ken sollen. Wir werden beim Durchpeitschen des Hoch- schullehrerprivilegs nicht mitwirken, sondern eine um- fassende Beratung verlangen, auch durch Anhörung. Dies ist auch erforderlich, weil die gesamte Drittmittelfrage der Hochschulen zur Debatte steht, aber auch Fragen von Verwertungsgesellschaften, an denen wiederum die Hochschullehrer beteiligt sind. Dabei muss auch unter- sucht werden, ob nicht eine schlichte Streichung des Hochschullehrerprivilegs zweckmäßig ist und im Hin- blick des Grundrechts auf Forschungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes gesonderte Bestimmungen notwendig sind. Insgesamt sind wir der Auffassung, dass alle Fragen des Arbeitnehmererfinderrechts, wie von der Bundesre- gierung beabsichtigt, im Herbst diesen Jahres durch eine Novellierung insgesamt zu regeln sind. Ich vermag einen Unterschied zwischen Ingenieuren in der Privatwirtschaft und Professoren an Hochschulen nicht zu erkennen. Maritta Böttcher (PDS): Grundsätzlich ist zu be- grüßen, dass die Koalition nach jahrelangen Ankündigun- gen eine Überarbeitung des so genannten Hochschulleh- rerprivilegs im Arbeitnehmererfindungsgesetz aus dem Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116706 (C) (D) (A) (B) Jahre 1957 in Angriff nimmt. Ich darf in diesem Zusam- menhang darauf aufmerksam machen, dass die PDS-Fraktion als erste Bundestagsfraktion bereits in ihrem Antrag zur Personalstruktur- und Dienstrechtsre- form an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vom Juli 2000 einen Reformbedarf von § 42 des Arbeitneh- mererfindungsgesetzes festgestellt und die Bundesregie- rung zur Aufhebung des Hochschullehrerprivilegs zuguns- ten einer Gleichbehandlung aller an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Beschäftigten aufgefordert hat. Offensichtlich hat es aber für eine Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen des zusätzlichen Anstoßes der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und For- schungsförderung bedurft, die im Oktober 2000 nach ei- ner Anhörung mit Beteiligten und Betroffenen einen No- vellierungsvorschlag vorgelegt hat. An diesem Vorschlag orientiert sich der heute ebenfalls zur Debatte stehende Gesetzentwurf des Bundesrats. Es ist das Verdienst des PDS-Antrags zur Personalstruktur- und Dienstrechtsre- form und des Gesetzentwurfs des Bundesrats zur Förde- rung des Patentwesens an Hochschulen, dass wir bereits heute und nicht erst im Herbst oder Winter – man denke an die immer noch ausstehenden Gesetzentwürfe der Re- gierung zur Reform des Hochschuldienstrechts – eine erste Lesung der Novellierung des Arbeitnehmererfin- dungsgesetzes durchführen können. Die PDS befürwortet eine Novellierung des so ge- nannten Hochschullehrerprivilegs im Arbeitnehmererfin- dungsgesetz aus zwei Gründen. Erstens haben wir es mit einem Privileg der Hochschullehrerinnen und Hochschul- lehrer, das heißt konkret nach Maßgabe des geltenden Rechts der Professorinnen und Professoren, Dozentinnen und Dozenten sowie wissenschaftlichen Assistentinnen und Assistenten an wissenschaftlichen Hochschulen zu tun. Die PDS ist grundsätzlich gegen Privilegien von Per- sonengruppen, die andere, nicht privilegierte Gruppen ohne sachliche Gründe, also willkürlich, benachteiligen. So sehr besondere, wissenschaftsadäquate Regelungen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufgrund der Geltung des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit gerechtfertigt sein mögen, so wenig ist die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe von Trägern dieses Grundrechts legitim. Nicht nur Hochschullehrerinnen und Hochschul- lehrer, sondern das gesamte wissenschaftliche Personal einer Hochschule, ja sogar die Studierendenschaft, kann das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit in Anspruch nehmen. Und: Nicht nur so genannte wissenschaftliche Hochschulen, also Universitäten, sondern alle Hochschu- len, das heißt ausdrücklich auch Fachhochschulen, liegen im Anwendungsbereich des Grundrechts der Wissen- schaftsfreiheit. Grundsätzlich nichts anderes gilt für die außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Wenn es also im Arbeitnehmererfindungsgesetz Bedarf an be- sonderen, wissenschaftsadäquaten Regelungen gibt, so müssen sich diese Ausnahmeregelungen auf alle Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen und alle dort täti- gen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erstrecken. Die Gesetzentwürfe sowohl der Koalitionsfraktionen als auch des Bundesrats bleiben hinter diesen Anforderungen zurück. Zweitens befürwortet die PDS eine Novellierung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes, weil wir stärker dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass Erfindungen im hochschulisch verfassten Wissenschaftsprozess in der Re- gel nicht nur dank der intellektuellen Kapazitäten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern auch unter Nutzung der von der öffentlichen Hand bereit- gestellten wissenschaftlichen Infrastruktur – von der Schreibkraft über die Fachbibliothek bis hin zu Groß- geräten in natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Labo- ren – zustande kommen. Es ist daher legitim, dass nicht nur Aufwand und Investitionen, die zu wissenschaftlichen Erkenntnissen führen, sondern auch Erträge und Erlöse, die sich daraus möglicherweise ergeben, sozialisiert wer- den – und nicht, wie es all zu häufig üblich ist, die Unkos- ten sozialisiert, die Gewinne aber privatisiert werden. Das geltende Recht trägt diesem Erfordernis nur unzulänglich Rechnung, da die Hochschulen gemäß § 42 Abs. 2 des Ar- beitnehmererfindergesetzes nur dann eine angemessene Beteiligung am Ertrage der Erfindung beanspruchen kön- nen, wenn sie „besondere“ Mittel hierfür aufgewandt ha- ben. Die in den vorliegenden Gesetzentwürfen vorge- schlagene Regelung – ein Drittel für die Erfinderin oder den Erfinder, zwei Drittel für die Hochschule – scheint mir eine brauchbare Grundlage für eine Novellierung zu sein. Ich habe eingangs begrüßt, dass die Koalitionsfraktio- nen endlich überhaupt einen Gesetzentwurf vorgelegt ha- ben. Was die Inhalte und Zielsetzungen dieses Gesetzent- wurfs betrifft, muss ich leider weiter Essig in den Wein gießen. Der Forderung der PDS nach einer Gleichstellung des gesamten Personales kommt der Gesetzentwurf zwar grundsätzlich nach, macht aber zwei wesentliche Ein- schränkungen. Zum einen ist die Ausnahmeregelung des § 42 weiterhin nur auf Hochschulen beschränkt: zwar er- freulicherweise nicht nur auf wissenschaftliche Hoch- schulen, aber an außerhochschulischen Forschungsein- richtungen hat die Regelung keine Geltung, auch nicht an staatlichen oder staatlich finanzierten Forschungseinrich- tungen. Zum anderen möchten SPD und Bündnis 90/Die Grünen zentrale Norminhalte von § 42 auf das wissen- schaftliche Personal, womöglich sogar wie bisher auf Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, beschränkt wissen. Dies ergibt sich aus der Begründung des Gesetz- entwurfs zu Art. 1 Nr. 2, wo es heißt, dass die besonderen Schutzbestimmungen von § 42 „für nicht wissenschaft- lich Tätige ohne Auswirkung“ bleiben sollen. Beides kann ich nicht akzeptieren. Ich kann aber vor allem eine weitere zentrale Zielset- zung des Gesetzentwurfs nicht akzeptieren. Ich halte es zwar grundsätzlich für ein legitimes und unterstützens- wertes Anliegen, den Beitrag der Hochschulen zu techno- logischen Innovationen auch im wirtschaftlichen Bereich zu stärken und in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Hochschulen und ihrer Mitglieder, selbst Patente an- zumelden und zu verwerten, zu optimieren. Es wäre näm- lich falsch, wenn Erfindungen, die in öffentlich finanzier- ten Einrichtungen gemacht werden, nur außerhalb dieser Einrichtungen, – in der privatwirtschaftlichen Industrie, verwertet werden könnten. Allerdings wäre es ebenso Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16707 (C) (D) (A) (B) falsch, die öffentlich finanzierten Wissenschaftseinrich- tungen, an vorderer Stelle die Hochschulen, und das dort tätige Personal zur patentrechtlichen Verwertung ihrer Er- findungen zu zwingen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen trägt diesen Bedenken zunächst dadurch Rechnung, dass Erfinderinnen und Erfindern – mit der erwähnten Einschränkung für nicht wissen- schaftlich Tätige – das Recht haben sollen, ihre Erfindung geheim zu halten. Was den Erfinderinnen und Erfindern aber nicht zugestanden wird, ist ein Recht, die Erfindung weder geheim zu halten noch sie von der Hochschule pa- tentieren und verwerten zu lassen, sondern sie durch eine Veröffentlichung der kommerziellen Nutzung ein für alle Mal zu entziehen. Die Erfinderinnen und Erfinder müssen vor Veröffentlichung ihrer Erfindungen vielmehr ihren Dienstherren Gelegenheit geben, ein Patent anmelden zu können. Zwar soll den Erfinderinnen und Erfindern das „nicht ausschließliche Recht“ zugestanden werden, ihre Erfindungen im Rahmen ihrer Forschungs- und Lehr- tätigkeit zu nutzen, aber eben nur, wenn eine gleichzeitige kommerzielle Nutzung ermöglicht wird. Hierin sehe ich einen eklatanten, verfassungsrechtlich nicht zu rechtferti- genden Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Das Prinzip der Öffentlichkeit ist geradezu konstitutiv für den – ins- besondere hochschulisch organisierten und öffentlich finanzierten – Wissenschaftsprozess, bei dem es sich ent- sprechend des neuzeitlichen aufklärerischen Wissen- schaftsverständnisses um eine res publica handelt. Wir sollten daher die große Bedeutung der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen respektieren und nicht leicht- fertigen ökonomischen Gewinninteressen oder dem inter- nationalen Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte opfern. Da die Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrem Aktionsprogramm „Wissen schafft Märkte“ eine regel- rechte „Verwertungsoffensive“ an den Hochschulen aus- gerufen hat, möchte ich abschließend die Frage aufwer- fen, ob Sie die damit verbundenen Gefahren für die Hochschulentwicklung ausreichend reflektiert haben. Die Hochschulen sollen demnach durch die vorgeschlagene Gesetzesnovellierung ja erklärtermaßen systematisch er- muntert werden, solche Forschungsschwerpunkte einzu- richten und jene Hochschullehrerinnen und Hochschul- lehrer zu berufen, die besonders hohe Patentierungs- und Verwertungserlöse für die Hochschulen versprechen. Die absehbare Folge wäre eine einseitige Anpassung der Hochschulentwicklung an das Kriterium der ökonomi- schen Verwertbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse, zumindest solange die Hochschulen aufgrund einer struk- turellen Unterfinanzierung zwingend auf zusätzliche Ein- nahmen angewiesen sind. Wir brauchen sehr wohl eine stärkere Öffnung der Hochschulen in die Gesellschaft, aber die Hochschulen dürfen nicht zu verlängerten Werk- bänken und Labors der Industrie degradiert werden. Dr. Eckart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin der Justiz: Heute liegt uns ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vor. Parallel hierzu haben wir über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Pa- tentwesens an den Hochschulen zu beraten, der vom Bun- desrat in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Bevor wir uns diesen beiden Gesetzentwürfen im De- tail widmen, lassen Sie mich ein paar allgemeine Aus- führungen machen: Das Gesetz über Arbeitnehmererfin- dungen ist eine der für die Wirtschaft bedeutendsten Regelungen auf dem Gebiet des Patentrechts. Seine Auf- gabe ist es, festzulegen, wem eine Erfindung zusteht und wer sie nutzen darf. Das Gesetz über Arbeitnehmererfin- dungen ist nach einer außergewöhnlich intensiven Dis- kussion, die bis in das 19. Jahrhundert zurückreicht, im Jahre 1957 in Kraft getreten. Es wurde – und dies ist be- merkenswert für ein Gesetz mit arbeitsrechtlichem Ein- schlag – einstimmig beschlossen und gilt bis heute weit- gehend unverändert fort. Obwohl der Verwaltungs- aufwand für die Arbeitgeber und der Eingriff in die be- triebliche Patentpolitik durch den gesetzlich normierten Anmeldezwang erkannt wurde, wurde der Vorteil des Ar- beitnehmererfindungsgesetzes in der grundsätzlichen rechtssystematischen Geschlossenheit, der sozialen Aus- gewogenheit und der Rechtssicherheit gesehen. Auch das gesetzlich normierte so genannte Hochschullehrerprivileg galt als gesicherter und notwendiger Bestandteil des Ar- beitnehmererfindergesetzes. Nach nunmehr über 40 Jahren hat sich die Bundesre- gierung daran gemacht zu untersuchen, welche Bestim- mungen des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen nicht mehr zeitgemäß sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und das Bundesministerium der Justiz, die gemeinsam für das Arbeitnehmererfinder- recht federführend sind, haben zu diesem Zweck am 23. März 2000 eine Anhörung zu einem möglichen Re- formbedarf beim Gesetz über Arbeitnehmererfindungen durchgeführt. Die Anhörung hat ergeben: Das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen bedarf einer Reform. Beide Ressorts arbeiten deshalb an einem Referentenentwurf für eine Gesamtreform des Arbeitnehmererfinderrechts, der bis zum Sommer diesen Jahres vorliegen soll. Als Teil die- ser Gesamtreform war ursprünglich auch eine Änderung des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetz vorgesehen. Das vorrangige Ziel, den Aufbau von Patentinfrastruktur an Hochschulen mit Bundesmitteln zu unterstützen, erfor- dert allerdings eine vorrangige Behandlung des Pa- tentwesens an Hochschulen. Auch die Bundesregierung hat deshalb einen Gesetzentwurf erarbeitet, der in Kürze dem Kabinett vorgelegt wird. Ziel aller Regelungen ist die Förderung des Wissens- und Technologietransfers zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Erreicht werden soll dieses Ziel durch eine Anpassung der Rechte an Erfindungen von Hochschul- lehrern an die veränderten Rahmenbedingungen der Hochschulforschung. Nach dem geltenden § 42 Arbeit- nehmererfindungsgesetz sind die von Professoren, Do- zenten und wissenschaftlichen Assistenten gemachten Er- findungen freie Erfindungen. Den betreffenden Personen steht es also frei, ihre Erfindungen durch ein Patent- oder Gebrauchsmusterrecht schützen zu lassen. Anders sieht es hingegen bei den Arbeitnehmern im privaten oder öffent- lichen Dienst aus. Diese sind verpflichtet, ihrem Arbeit- geber ihre Erfindungen zu melden, der dann das Recht hat, diese in Anspruch zu nehmen. Durch die vorliegen- den Gesetzentwürfe sollen Professoren, Dozenten und wissenschaftliche Assistenten den Arbeitnehmern im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116708 (C) (D) (A) (B) privaten und öffentlichen Dienst grundsätzlich gleichge- stellt werden, was zu begrüßen ist. Bei Regelungen mit Auswirkung auf die Wissenschaft müssen wir aber die in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes garantierte Wissenschaftsfreiheit beachten. Das individu- elle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung muss soweit als möglich unangetastet bleiben. Die posi- tive und negative Publikationsfreiheit muss gewahrt wer- den. Diesem Erfordernis wird der von den Koalitions- fraktionen vorgelegte Gesetzentwurf besser gerecht als der Gesetzentwurf des Bundesrates, so dass dieser aus Sicht des BMJ als der vorzugswürdigere erscheint. Der vom Bundesrat vorgelegte Entwurf hat hier ein- deutig Schwächen. Demgegenüber trägt der Entwurf der Koalitionsfraktionen dem Ziel, Technologietransfer zwi- schen den Hochschulen und der Wirtschaft zu fördern, besser Rechnung. Und er beachtet Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes in stärkerem Maße. Ich unterstütze des- halb den Koalitionsentwurf! Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Importverbot für qualgezüchtete Tiere – des Antrages: Haltungs- und Ausstellungsverbot für qualgezüchtete Tiere (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesordnungs- punkt 6) Heino Wiese (SPD):Mit großer Verwunderung konn- ten wir in den letzten Tagen feststellen, dass die CDU sich in ihrer Haltung zum Tierschutz neu orientiert. Das Im- portverbot für qualgezüchtete Tiere hat die CDU noch in der letzten Legislaturperiode verhindert. Jetzt wollte die CDU dieses Importverbot für qualgezüchtete Tiere selbst in das Gesetzbuch bringen. Und noch mehr: Die CDU, de- ren Verhinderungstaktiken bezüglich des Tierschutzes in den vergangenen Jahren die Debatten bestimmte, stimmt heute sogar einem Haltungsverbot für qualgezüchtete Tiere zu. Was verstehen wir unter Qualzüchtungen? Im Tier- schutzgesetz heißt es in § 11, dass man züchtungsbedingte Veränderungen, die Schmerzen, Leiden oder Schäden ver- ursachen, diesem Tatbestand zuordnet. Lassen sie mich ein paar Beispiele nennen: Da gibt es die Bulldogge, die wegen ihrer angezüchteten Platt- schnauze kaum noch Luft bekommt und an heißen Tagen nur noch in der kühlen Nachtluft Gassi gehen darf. Ein an- deres Beispiel ist die Warzentaube, bei der der Schnabel unter einer tumorähnlichen Wucherung verschwindet. Diese Tiere sind stark sehbehindert und können nur durch ihren offenen Schnabel atmen, da die Nasenlöcher zuge- wuchert sind. Im Internet habe ich das Angebot einer Züchterin aus Amerika gesehen, die Katzen anbietet, deren Vorderläufe verkürzt sind und die als Känguru-Katzen angeboten wer- den, da sie nur noch auf den Hinterbeinen stehen können. Was muss es für eine Qual für ein Tier sein, für den so ge- nannten Tierfreund ein Ausstellungsstück oder ein putzi- ger Begleiter zu sein. Dem Tier können wir es oft nicht an- sehen – oder manchmal eben doch –, dass sein putziges oder schönes Aussehen nur durch eine Qualzüchtung zu- stande gekommen ist. Solche Qualzüchtungen sind schon seit dem In-Kraft- Treten des neuen Tierschutzgesetzes in Deutschland ver- boten. Wir wollen und müssen verhindern, dass Hunde im Handtaschenformat produziert und Tiere zu Krüppeln ge- züchtet werden, damit Wettkämpfe, Kampforgien und an- dere perverse Spiele betrieben werden können. Wir haben die Aufgabe, unsere Mitgeschöpfe zu schüt- zen und lebenswert zu erhalten und nicht zu quälen und ihnen zu schaden. Deswegen begrüße ich auch den vor- liegenden fraktionsübergreifenden Antrag zu einem Hal- tungs- und Ausstellungsverbot für qualgezüchtete Tiere. Denn dadurch schließen wir die Lücke im Tierschutzge- setz, die es noch erlaubt, solche Züchtungen aus dem Aus- land nach Deutschland einzuführen. Es kommt ja nicht oft vor, aber heute verfolgen alle Fraktionen dieses Hauses das gleiche Ziel: Wir fordern gemeinsam die Bundesregierung auf, umgehend eine Ver- ordnung zu erlassen, die ein nationales Haltungs- und Ausstellungsverbot auf alle Wirbeltiere aus Qualzüchtun- gen nach § 11 des Tierschutzgesetzes ausdehnt. Ich hoffe, die CDU meint mit ihrer Zustimmung zu dem Gesetz nicht nur die qualgezüchteten Heim- und Ausstellungstiere, sondern auch Nutztiere, wie den Trut- hahn, der aufgrund der besonders schweren Brust nicht mehr laufen kann. Tierschutz gilt für die SPD vor allem auch für die Tiere, die der Mensch aus Wirtschaftlich- keitsgründen und Gründen der so genannten Leistungs- steigerung deformiert und quält. Wenn wir uns auch in diesem Sinne mit Herrn Ronsöhr einigen können, wird sich die CDU ja vielleicht irgendwann nicht mehr als ein- zige Partei unserem Hauptwunsch „Tierschutz ins Grund- gesetz“ verschließen. Ich fände es jedenfalls sehr be- grüßenswert, wenn die Parteien mit dem „C“ im Sinne der Schöpfung handeln würden und die Tiere vor Gewinn- streben und menschlicher Geltungssucht in Schutz neh- men würden. Die SPD, die anderen Fraktionen und alle echten Tierfreunde würden es ihnen danken. Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (CDU/CSU): Unser Ziel, das Leiden qualgezüchteter Tiere zu beenden, ist uns wichtig, weniger der Weg dahin. Im Sommer des letzten Jahres haben wir an dieser Stelle unseren Antrag „Import- verbot für qualgezüchtete Tiere“ behandelt. Von Regie- rungsseite wurde dieser Antrag damals mit der Begrün- dung abgelehnt, ein Importverbot für qualgezüchtete Tiere könne nach deutschem Recht nicht erlassen werden, da das Tierschutzgesetz dafür keine Ermächtigungs- grundlage vorsehe. Außerdem wurde gegen den Antrag ins Feld geführt, er verstoße gegen die Vorschriften der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16709 (C) (D) (A) (B) Europäischen Gemeinschaft über den freien Warenver- kehr, darüber hinaus gegen das WTO-Übereinkommen. Insofern wurde unser Antrag abschlägig beschieden. Wir haben die Diskussion aber weiter hochgehalten und es hat sich gezeigt, dass es auch einen anderen Weg gibt, die Qualzucht zu verbieten. Ich finde es deshalb gut, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag der Regie- rungskoalitionen und von CDU/CSU vorlegen können, der auf ein Haltungs- und Ausstellungsverbot abzielt. Ich möchte allerdings dabei noch einmal festhalten, dass wir diesen Antrag heute nur deshalb vorliegen haben, weil wir bei diesem Thema nicht locker gelassen haben. Ich erlebe immer wieder, dass ich gefragt werde, was denn Qualzucht überhaupt ist. Deshalb ist es angebracht, sich einmal etwas eingehender mit diesem Begriff aus- einander zusetzen. Schon immer hat der Mensch durch Auslese und Zucht versucht, Tiere speziellen Anforderun- gen anzupassen; denken wir nur an die Jagdhunde: Hier den Dackel, dort den Vorstehhund. Durch Auslese und Züchtung sind auch die sehr unterschiedlichen Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Pferderassen entstanden. Der Mensch war früher bei der Tierhaltung viel abhängiger von Standortbedingungen als heute. Nicht von ungefähr tragen viele alte Rassen den Namen der jeweiligen Land- schaft, in der sie heimisch waren. Heute kann man zu- mindest teilweise durch entsprechenden Stallbau die Außenbedingungen weitgehend egalisieren; das höhere Leistungspotenzial der dort gehaltenen Tiere hat die alten Rassen verdrängt, die wir heute durch Sonderprogramme zu erhalten versuchen. Sicher hat man in der Vergangenheit auch in der Zucht unserer Nutztiere Fehler gemacht, indem man in be- stimmten Fällen zuviel Gewicht auf das Merkmal Leis- tung gelegt hat. Insgesamt kann man aber feststellen: Hätten wir es nur mit der Züchtung unserer landwirt- schaftlichen Nutztiere zu tun, so bräuchten wir uns über das heutige Thema der Qualzüchtungen nicht zu unter- halten. Diese in dem Gutachten zur Auslegung von § 11 b des Tierschutzgesetzes ausführlich beschriebenen Ver- irrungen bei den Zuchtzielen sind sämtlich auf die Be- strebungen zurückzuführen, den Tieren eine selbst defi- nierte Art der Schönheit angedeihen zu lassen. Das Ergebnis dieser Bemühungen äußert sich dann in Minder- leistung der Sinnesorgane, Deformation des Skelettes, ge- minderter Fortpflanzungsfähigkeit oder auch Verhaltens- störungen, weil die Zucht auf Schönheitsmerkmale oder auch auf bestimmte Größenvorstellungen mit Schäden der Tiere gekoppelt ist, die bei diesen Leiden auslösen. Dieses Problem ist schon seit längerem bekannt und man hat bei der Tierschutzgesetzgebung darauf reagiert. Nach § 11 b des Tierschutzgesetzes ist es verboten, Wir- beltieren Schmerzen, Leiden oder Schäden durch Zucht zuzufügen. Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass man Auflagen und Verbote nur aussprechen kann, wenn man dafür nachvollziehbare Kriterien hat. Das Gutachten zur Auslegung von § 11 b des Tierschutzgesetzes ist dafür eine wertvolle Hilfe. Es ist mir klar, dass die Bewertung einer Qualzucht aus Sicht des Tierschutzes und aus Sicht der betreffenden Züchter unterschiedlich vorgenommen wird. Sicher gibt es dabei auch fließende Übergänge, wel- che die konkrete Entscheidung schwierig machen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch genügend eindeutige Fälle, wie das Gutachten ausweist. Nach § 11 des Tier- schutzgesetzes ist das Bundesministerium ermächtigt, die erblich bedingten Veränderungen, Verhaltensstörungen und Aggressionssteigerungen näher zu bestimmen und dabei insbesondere bestimmte Zuchtformen und Rasse- merkmale zu verbieten oder zu beschränken. Wir haben für ein Stopp der Qualzucht das so genannte milde Mittel des Haltungs- und Ausstellungsverbotes für Wirbeltiere aus Qualzüchtungen gewählt. Mit diesem An- trag ist nun der erste Schritt getan. Es kommt aber nun da- rauf an, möglichst schnell den Sack zuzubinden und die notwendigen rechtlichen Regelungen in Kraft zu setzen. Es ist richtig und rechtlich auch nicht anders machbar, dass die qualgezüchteten Tiere, die im Augenblick bereits in Deutschland gehalten werden, von dem Haltungsverbot ausgeschlossen sind. Ich möchte in diesem Zusammen- hang auch dafür plädieren, dass mit der Ermächtigung nach § 11 des Tierschutzgesetzes sensibel vorgegangen wird. Welche Zuchtformen bzw. Rassemerkmale als Qualzüchtungen einzustufen sind, sollte soweit wie mög- lich in Zusammenarbeit mit den Hobbyzüchtern festge- legt werden. Ich weiß, dass dies zum Teil schwierig sein wird, aber für das Erreichen des gemeinsamen Zieles ist es besser, wenn die entsprechenden Vereine mit ins Boot geholt werden können. Je weniger die Hobbyzüchter von Tierschutzanliegen überzeugt sind, desto mehr wird diese Art von Zucht dann in die Grauzone abwandern. Die Tat- sache, dass an dem Gutachten zur Qualzucht auch die Züchter und die Zuchtverbände mitgearbeitet haben, gibt Anlass zur Hoffnung. Ich möchte möglichst bald keine Qualzüchtungen mehr in Deutschland sehen, aber ebenso, dass dieses Tier- schutzanliegen europaweit verwirklicht wird. Wie in dem Antrag steht, ist dazu das europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren das entsprechende Instru- ment. Die Bundesregierung weist in ihrem Tierschutzbe- richt 2001 darauf hin, dass die Qualzuchtproblematik ein Schwerpunktthema der multilateralen Konsultation der Vertragsparteien im März 1995 war. Somit ist die Diskus- sion über das Thema Qualzucht auch auf europäischer Ebene angestoßen. Ich fordere die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass diese Diskussion auch zu einer Ent- scheidung für mehr Tierschutz in ganz Europa führt. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unser Anliegen ist es bereits seit sehr langer Zeit, tierquälerische Züchtungen ganz zu verbieten. Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung im letzten Jahr das Tierschutzgesetz weiter in diese Richtung verbessert hat. Leider gab es immer noch eine Gesetzeslücke, weil EU- und internationales Recht verhindern, dass wir wirk- same Importverbote verhängen können. Mit dem vorliegenden Antrag zum Verbot von Haltung und Ausstellung von qualgezüchteten Tieren schließen wir diese Lücke und stärken damit den Tierschutz weiter. Wir gehen über das bereits bestehende Verbot der Qual- zucht hinaus und richten eine wirksame Barriere gegen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116710 (C) (D) (A) (B) die Haltung qualgezüchteter Tiere auf. Damit wird auch den Importen qualgezüchteter Tiere, die aufgrund ihrer Züchtung gesundheitliche Schäden haben, endlich ein Riegel vorschoben. Was sind eigentlich Qualzüchtungen? Man spricht von Qualzüchtungen, wenn Tiere erblich bedingte körperliche Defekte, Verhaltensstörungen oder Aggressionssteigerungen aufweisen. Sie finden zu unter- schiedlichen Zwecken statt. Zum einen gibt es Qualzüchtungen an Nutztieren – diese richten sich auf die leistungssteigernden Merkmale. Beispielsweise gibt es bestimmte Geflügelrassen, die der- artig auf Leistung und Gewicht getrimmt sind, dass sie kaum noch stehen können, sondern nur noch sitzen, sich so häufige Entzündungen zuziehen und nur noch mit An- tibiotika am Leben gehalten werden können. Das Bun- desverfassungsgericht hat klare Kriterien für eine tierge- rechte Haltung gesetzt. Die rot-grüne Bundesregierung wird daher auch die entsprechenden Tierhaltungsverord- nungen im Sinne des Tierschutzes verbessern. Zum anderen gibt es Qualzüchtungen an Haustieren, beispielsweise an Hunden und Katzen. So haben einige Hunde- und Katzenrassen sehr kurze Nasen, wodurch ihre Atmung stark beeinträchtigt wird, oder es gibt Kaninchen, die so lange Ohren haben, dass sie darüber stolpern. In die Kategorie der Qualzüchtungen gehören aber auch so ge- nannte Kampfhunde, denen eine Aggressionssteigerung angezüchtet wurde. Für uns geht Tierschutz vor Modeerscheinungen, die dazu führen, dass geschädigte und verstümmelte Tiere ge- züchtet und auf den Markt geworfen werden. Das gilt für Wirtschaftsinteressen zum Beispiel in der gewerblichen Geflügelfleischproduktion ebenso wie für Schönheitskri- terien bei Haustieren. Die Tiere, die aufgrund ihrer Züchtung an Schmerzen, Leiden oder gesundheitlichen Schäden leiden oder, im Falle von Kampfhunden, eine Gefährdung von Menschen darstellen, sollen künftig verboten werden. Damit erfüllen wir ein wichtiges Ziel des Tierschutzes und kommen auch dem Gutachten des früheren Bundeslandwirtschafts- ministeriums nach, das ein Verbot dieser Züchtungen empfiehlt. Ausgenommen werden zunächst die derzeit noch in Deutschland lebenden Tiere. Wir wollen selbstverständ- lich keine bereits lebenden Tiere beeinträchtigen. Ich freue mich besonders, dass wir hier ein Tierschutz- anliegen fraktionsübergreifend einbringen und, ich denke wohl einstimmig, beschließen werden. Ich würde mir von der CDU/CSU auch endlich dieses gemeinsame Vorgehen für den wichtigen Punkt Tierschutz in die Verfassung wünschen. Gudrun Kopp (F.D.P.): Um es gleich vorweg zu sa- gen: Die F.D.P. lehnt jede Form von Qualzüchtungen strikt ab! Wir Liberalen haben dem Tierschutzgesetz zu- gestimmt und starten in Kürze einen dritten Versuch, für unseren Gesetzentwurf auf Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grundgesetz endlich die nötige Zwei- drittelmehrheit zu bekommen. SPD und Grüne sowie die CDU/CSU wollen mit ihrem Antrag ein EU-rechtswidriges nationales Importverbot für Wirbeltiere/Hunde durchsetzen. Sie begründen dieses Anliegen damit, Qualzüchtungen bekämpfen zu wollen. Wie genau aber werden Qualzüchtungen definiert? Im Gutachten zur Auslegung von § 11 b des Tierschutzgeset- zes – Verbot von Qualzüchtungen – wird eine Rasseliste von Hunden wie Bullterrier, American Staffordshire Ter- rier und Pitbull Terrier genannt, und zwar im Zusammen- hang mit vermeintlich übersteigertem Angriffs- und Kampfverhalten, das angeblich als angezüchtete Verhal- tensstörung gilt. Welch ein völliger Unsinn. Es gibt kein wissenschaftliches Gutachten, das diese Vermutung un- termauert. Die Gefährlichkeit von Hunden lässt sich eben nicht an bestimmten Rassen festmachen. Das bestätigen alle Fachleute. Und genau dies scheint das eigentliche An- liegen der Antragsteller zu sein. Die EU-Kommission hat wissenschaftliche Beweise für die Rechtfertigung von Rasselisten und damit von Be- schränkungen des Imports nach Deutschland gefordert. Denn genau die erwähnten Hunderassen und eine weitere sind als Rasseliste Bestandteil des „Gesetzes zur Bekämp- fung gefährlicher Hunde“. Die F.D.P. hat diesem unsinnigen Gesetz, das zudem fundamentale Bürgerrechte aushöhlt, nicht zugestimmt. Wissenschaftlich fundierte Beweise für eine Zuordnung von Aggressivität von Hunden zu bestimmten Rassen gibt es nicht. Also droht der Bundesregierung ein Vertragsver- letzungsverfahren wegen des eingeschränkten Warenver- kehrs innerhalb der EU-Staaten. Wieder einmal fehlt es vielen Fraktionen im Deutschen Bundestag an Sachkunde. Gegen Qualzüchtungen hilft ein Heimtierzuchtgesetz und keine noch so fein verpackte rechtliche Hilfskonstruktion. Ein solches nationales Heimtierzuchtgesetz muss auch auf EU-Ebene durchge- führt werden. Dafür setzt sich die F.D.P. massiv ein. Wir, die Liberalen, schlagen deshalb vor, dass sich der Deutsche Bundestag nicht länger einer Expertenanhörung verweigert, die viele Erkenntnisse rund um das Thema Kampfhunde, Qualzüchtungen und wirksame Maßnah- men gegen gefährliche Hunde und ihre Halter bringen wird. Diesem scheinheiligen Antrag stimmt die F.D.P. nicht zu. Eva Bulling-Schröter (PDS):Haustiere sind die Part- ner der Menschen. Wir leiden, wenn das Tier leidet, pfle- gen es, wenn es krank ist und trauern, wenn es dann stirbt. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere sind Aus- stellungen, auf denen Qualzuchten prämiert werden und der Hund umso wertvoller geschätzt wird, je mehr er ei- nem menschlichen Schönheitsideal entspricht. Ich be- tone: einem menschlichen Ideal und nicht seiner Ur- sprungsart entsprechend. Die Nase muss immer kürzer sein, sodass der Hund dann nicht mehr richtig atmen kann, oder der Rücken, be- sonders bei Schäferhunden, so gerade, dass er zwangsläu- fig ab einem bestimmten Alter an Hüftschäden erkrankt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16711 (C) (D) (A) (B) Es werden Hunde gezüchtet, die ohne Kaiserschnitt keine Jungen gebären können, und solche, die mit übergroßer Sicherheit an Bandscheibenvorfall erkranken. Und warum das alles? Im Namen der Schönheit wird die Gesundheit von Haustieren dem Markt geopfert, weil es unverantwortliche Züchter gibt und weil es Menschen gibt, denen beim Kauf eines Rassehundes nicht bewusst ist, welche Schäden durch die Zucht erzeugt wurden. Lei- der fehlt an dieser Stelle oft die Einsicht und wieder ein- mal muss dann der Gesetzgeber Regelungen beschließen. Ich möchte nicht alle Halter und Züchter in Bausch und Bogen verurteilen. Vieles ist besser geworden, auch auf Ausstellungen. Notwendig wäre sicher ein Gespräch des zuständigen Ministeriums mit den Züchterverbänden, um auch hier noch einmal mit Nachdruck auf Veränderungen zu drängen. Wir warten noch immer auf das ausstehende Heimtier- zuchtgesetz. Es soll die Haltung von Hunden, die Auf- zucht, den Handel und einen Befähigungsnachweis des Züchters regeln. Einen Schritt in die richtige Richtung geht der vorgelegte Antrag: Mit einem Ausstellungsverbot für qualgezüchtete Tiere werden Weichen gestellt und so- mit Züchtern eindeutig klargemacht, dass es sich für sie nicht mehr so lohnt, solche Züchtungen weiterzubetrei- ben. Im Übrigen eine Forderung, die die Tierschutzver- bände schon seit langem erhoben haben: Mit einem Im- portverbot werden hier auch dem Tierhandel Schranken gesetzt. Ich halte das für sinnvoll und hoffe, dass dann auch eine Überwachung an den Grenzen stattfindet. Ob- wohl die PDS bei diesem Antrag wieder einmal ausge- grenzt wurde, werden wir dem Antrag zustimmen. Ich halte es schon für bemerkenswert, wie wichtig den Koali- tionsparteien die Unterschrift der CDU/CSU ist, gerade bei einem solchen Thema. Ich möchte die CDU/CSU da- ran erinnern: Vor noch nicht allzu langer Zeit haben Sie einen Antrag auf Verankerung des Tierschutzes im Grund- gesetz abgelehnt. Wie glaubwürdig Ihr Engagement in dieser Sache ist, müssen die Wählerinnen und Wähler ent- scheiden. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Für die demokrati- sche Erneuerung Pakistans (Tagesordnungs- punkt 12) Johannes Pflug (SPD):19 Monate ist es her, seit am 12. Oktober 1999 der damalige Generalstabschef des pa- kistanischen Militärs General Pervez Musharraf in einem Militärputsch die Regierungsmacht in der Islamischen Republik Pakistan übernahm. Der Sturz des damaligen Premierministers Nawaz Sharif durch das Militär erfolgte in einer Zeit, in der Pakistan sich seit Jahren in einem öko- nomischen, ökologischen und sozialen Niedergang be- fand und allgegenwärtige Korruption, Kriminalität, Ar- mut und Bildungsnotstand das Land völlig lähmten und politisch handlungsunfähig machten. Das so genannte Kargil-Abenteuer im Sommer dessel- ben Jahres, nämlich der Überfall von bewaffneten Grup- pen auf indische Armee-Einheiten im Kaschmir-Tal mit beabsichtigter zunehmender Eskalation, hatte zudem Pa- kistan in die internationale Isolation geführt. Insbeson- dere die Vereinigten Staaten, die während der Zeit der Aufteilung der Welt in Westblock und Ostblock und des Kalten Krieges unverbrüchlich auf pakistanischer Seite gegen den Intimgegner Indien standen, wendeten sich nach Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Staaten den Indern zu. Übrigens kam es erst nach massivem Druck der Vereinigten Staaten und Chinas vor allem auf Pakistan zur Einstellung der be- waffneten Feindseligkeiten. Pakistan ist ein Schlüsselland für die Stabilität in Asien. Obwohl Pakistan arm ist, hat es doch genügend höchst qualifizierte Wissenschaftler und Ingenieure, um Raketen und die Atomwaffe zu bauen. Pakistan gehört zu den vier Ländern, die bis heute dem Nichtverbreitungs- vertrag nicht beigetreten sind. Deswegen hat Pakistan mit dem Bau und dem Test von Atomwaffen auch keinen in- ternationalen Vertrag gebrochen. Dennoch ist die sicher- heitspolitische Entwicklung in diesem Land ein Anlass zur Sorge und ein Grund für politisches Handeln. Seit einiger Zeit sprechen die Amerikaner, die Eu- ropäer, die Russen und die Chinesen über die Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen. Für den Westen ste- hen Länder wie Nordkorea, Iran und Irak als Beleg dafür, dass die Proliferationsrisiken global gestiegen sind. In der Wirklichkeit sind es nicht diese drei, die nuklear gewor- den sind; in der Wirklichkeit handelt es sich ausschließ- lich um zwei Staaten, die in der Diskussion so gut wie gar nicht vorkommen: Pakistan und Indien. Anders sieht es aus, wenn nicht von der Weiterverbreitung von Atomwaf- fen, sondern von der Weiterverbreitung von Raketentech- nologie gesprochen wird. Hier sind Nordkorea und Iran zutreffend benannt. Aber die wirklichen Weiterverbreiter von Raketentechnologie waren früher Russland und China und ist heute Pakistan. Unser Interesse ist es, dass Pakistan mit der Macht, die es in Händen hält, verantwortungsbewusst umgeht. Dies lässt sich nicht durch Boykotte und Sanktionen erreichen; dies erfordert vielmehr die internationale Einbindung des Landes. Daran kann und sollte auch die Bundesrepublik Deutschland teilhaben, auch wenn die Gefahr, die heute von Pakistan ausgehen könnte, Deutschland noch nicht unmittelbar, sondern nur indirekt berührt. Obwohl Pakistans Innenpolitik unübersichtlich und komplex ist, darf uns dies aus sicherheitspolitischen Gründen nicht daran hindern, die Zusammenarbeit mit diesem Land zu fördern und uns an der Einbindung dieses Landes in internationale Institutionen und Vertragswerke zu beteiligen. Asien insgesamt – und der Teil Asiens, in dem Pakistan liegt, insbesondere – braucht eine Sicherheitsarchitektur mit rüstungskontrollpolitischen Regimen, mit Abrüs- tungsvereinbarungen und militärischen vertrauensbilden- den Maßnahmen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116712 (C) (D) (A) (B) Auch wenn für das damalige Kargil-Abenteuer der heutige Chief Executive und damalige Generalstabschef General Pervez Musharraf die Mitverantwortung trägt, ist trotzdem richtig, dass die vor dem Putsch von 1999 de- mokratisch gewählten Regierungsparteien, nämlich so- wohl die Pakistan People Party (PPP) von Benazir Bhutto als auch die Pakistan Muslem League-Nawaz (PML) von Nawaz Sharif, reformunfähig und reformunwillig waren. Die Militärregierung hatte angekündigt, einen Trans- formationsprozess zurück zu demokratischen Verhältnis- sen bis Oktober 2002 durchzuführen. Das von Chief Exe- cutive Musharraf gegebene Versprechen, in diesem Jahr Kommunalwahlen durchzuführen, wird konsequent um- gesetzt. In vier Phasen finden bzw. fanden die Wahlen zu den kommunalen Vertretungskörperschaften statt. Abge- schlossen sind die beiden ersten Phasen mit Wahlen am 31. Dezember 2000 und am 21. März dieses Jahres. Die nächsten Wahlen finden am 31. Mai und voraussichtlich im Juli dieses Jahres statt, weil die Militärregierung die Kommunalwahlen bis zum pakistanischen Unabhängig- keitstag am 14. August abgeschlossen haben will. Natürlich müssen sich die derzeitigen Machthaber in Islamabad beurteilen lassen an echten Fortschritten im de- mokratischen Transformationsprozess und an tatsächlich eingeleiteten und verifizierbaren ökonomischen und so- zialen Reformen. In den letzten Monaten gab es zunehmende Zweifel an der Reformfähigkeit und -willigkeit des pakistanischen Militärregimes, die auch heute noch längst nicht ausgeräumt sind. Jedoch lassen mich Gespräche mit Pakistanexperten, die gerade das Land mehrere Wochen besucht haben, zu einer freundlicheren Beurteilung kommen. Nach wie vor gilt die Militärregierung für die meisten Menschen, gesellschaftlichen Gruppen, ausländischen Politiker und die Wirtschaft in Pakistan als Hoffnungsträ- ger – allerdings mit mittlerweile stark reduzierten Erwar- tungen. Ich sagte es bereits: Die Kommunalwahlen werden Ende Juli dieses Jahres abgeschlossen sein. Was fehlt, sind gesetzliche Regelungen, die den Gemeinden die Fi- nanzeinnahmen garantieren, die sie zur Bewältigung ihrer Aufgaben benötigen. Was fehlt, sind gesetzliche Rege- lungen, die eine klare Aufgaben- und Kompetenzvertei- lung zwischen Zentralstaat, den Provinzen und den Ge- meinden treffen. Bei meinem Besuch vor einem Jahr war es erklärter Wille der Militärregierung, den demokrati- schen Transformationsprozess vom „Grass-root-level“ an aufzubauen. Das mag so für die kommunale Ebene ohne die organisierte Beteiligung der Parteien funktionieren, weil es Tradition in Pakistan hat. Es wird aber für die Pro- vinzebene ohne die Beteiligung der Parteien nach Mei- nung der Experten nicht funktionieren. Deshalb müssen die Parteien, insbesondere die PML und die PPP, endlich die längst überfälligen personellen und inhaltlichen Er- neuerungen an Haupt und Gliedern vornehmen. Sie dür- fen sich auch im Vorfeld zur Übergabe der Macht an eine demokratisch gewählte Regierung nicht der Mitarbeit an der Lösung der wichtigsten Probleme verweigern. Dazu gehören sowohl die Installation eines funktionierenden Steuersystems als auch die Durchsetzung der Steuerzah- lungen. Dazu gehört auch die von der Regierung einge- leitete „Documentation of Economy“, die den Händlern und Wirtschaftseinrichtungen eine nachprüfbare Doku- mentation ihrer Wirtschaftstätigkeit auferlegt. Die Bekämpfung der Korruption und der Kriminalität war ein erklärtes Hauptziel nach dem Putsch von Musharraf. Die Abschiebung seines Amtsvorgängers Nawaz Sharif nach Saudi-Arabien sowie das Fehlen weiterer Anklagen und Prozesse gegen der Korruption Verdächtige lassen an dem Durchsetzungswillen der Regierung in diesem Punkte zweifeln. Die auch von der Weltbank anerkannte Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Pakistan darf nicht dazu führen, die Bestrebungen um die Sanierung des Staats- haushaltes zu verringern. Vor allem müssten die enormen Militärausgaben verringert werden – und nicht die Bil- dungsausgaben und Sozialausgaben, die gerade um rund 10 Prozent gekürzt wurden. Chief Executive Musharraf sollte nicht dem Einfluss feudaler Clans oder zentralistisch denkender Militärs er- liegen und die Stellung der Provinzen schwächen. Ein de- mokratischer Staat wird durch dezentrale Strukturen eher gestärkt. Dazu bedarf es einer gesetzlichen Nachfolgere- gelung für die in der Verfassung von 1973 auf die Dauer von 20 Jahren festgelegte „Concurrent list“, die keine klare Aufgaben- und Kompetenzenteilung zwischen Zen- tralstaat und Provinzen beinhaltet. Die Regierung sollte den Mut besitzen, der Forderung der „Human Right Com- mission“ zu entsprechen und die Verfassung von 1973 re- aktivieren. Pakistan braucht ausländische Unterstützung beim wirtschaftlichen Aufbau und für die Herstellung eines besseren Lebensstandards der Menschen. Und es braucht Unterstützung bei der Herstellung von Rechtsstaatlichkeit und einer vergrößerten Teilhabe der Menschen an den po- litischen und gesellschaftlichen Entscheidungen des Lan- des. Dafür muss die Isolation Pakistans aufgehoben wer- den. Es ist richtig, diesem Land für eine Beteiligung des Westens an seiner Entwicklung eigene Leistungen abzu- fordern. Aber wir dürfen auch nicht die Geschichte und das Umfeld Pakistans außer Acht lassen und unangemes- sene Maßstäbe anlegen. Der Antrag versucht, hier die Ba- lance zu wahren. Er will die Bundesregierung ermutigen, gemeinsam mit unseren Partnern Pakistan eine Perspek- tive im Rahmen der internationalen Gemeinschaft zu bieten. Dr. Werner Hoyer (F.D.P.): Dass wir hier in einer überaus kurzen Debatte über die Haltung des Bundestages zu der Militärregierung in Pakistan diskutieren, wird der Brisanz des Themas nur bedingt gerecht. Denn wenn wir über Maßnahmen zur Förderung der politischen Stabilität in Pakistan sprechen, dann reden wir nicht über eine x-be- liebige entwicklungspolitische Maßnahme. Wir alle wis- sen, dass von der Stabilität Pakistans letztendlich die Sta- bilität des gesamten Subkontinents mit abhängt. Dass sich der Kaschmir-Konflikt zwischen Pakistan und Indien auf einem Fundament aus politischer Instabi- lität und religiösem Fanatismus abspielt und dass die Proliferationsrisiken für höchstbrisante Massenvernich- tungswaffen wohl nirgendwo auf der Welt so besorgniser- regend sind wie in dieser Region inhärenter Instabilität, macht diesen Teil der Welt zu einem Pulverfass. Aus die- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16713 (C) (D) (A) (B) sem Grunde kann unsere eigene Aufmerksamkeit und die Aufmerksamkeit der Bundesregierung für die dortigen Entwicklungen meines Erachtens nicht groß genug sein. Die seit 1999 von General Musharraf geführte Militär- regierung in Pakistan unterschied sich ja zunächst einmal durchaus von dem, was wir gemeinhin von Militärregie- rungen her kennen und erwarten. Die von General Musharraf signalisierte Bereitschaft, bis 2002 die Macht an eine gewählte Regierung zurückzugeben, die angekün- digten Programme zur Wiederbelebung der Wirtschaft, Aufdeckung und Ahndung der Korruption, Demokratisie- rung und Dezentralisierung von Staats- und Verwaltungs- strukturen sowie die Förderung von Sozial- und Bil- dungsprogrammen gaben ja auch Anlass zu ein wenig Hoffnung. Die mehr als 900 vom pakistanischen Fernse- hen und Rundfunk im letzten Jahr ausgestrahlten Men- schenrechtssendungen und die Durchführung erster Men- schenrechtsseminare für Lehrerinnen und Lehrer waren positive Signale, dass es sich bei den Ankündigungen Musharrafs nicht nur um Lippenbekenntnisse handeln könnte. Aber der Blick auf den Stand der Umsetzung dieser Vorhaben zeigt, dass Pakistan trotz dieser ermutigenden Ansätze noch ganz am Anfang eines langen Weges steht. Wir alle wissen, dass Pakistan alles andere als ein Men- schenrechtsparadies ist. Die Situation der mehr als 2 Mil- lionen afghanischer Flüchtlinge, die weitere Verfolgung religiöser Minderheiten aufgrund eines überaus proble- matischen Blasphemieparagraphen und die weiterhin be- drückende Situation der Frauen in Pakistan sprechen eine deutliche Sprache. Die Gefahr, nach den ersten Schritten auf dem eingeschlagenen Weg stehen zu bleiben, ist über- aus groß und darf von uns nicht übersehen werden. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Machtübernahme durch das Militär zunächst von weiten Teilen der Bevölkerung als ein willkommener Versuch ge- wertet wurde, den Verfall von Recht und Ordnung zu stop- pen und die dringendsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes zu lösen. Anderthalb Jahre nach dem Militärputsch zeigt sich jedoch, dass die von Musharraf angekündigten Reformen für die Wiederbele- bung der Wirtschaft, die Beendigung der Korruption und für die Demokratisierung und Dezentralisierung von Staat und Verwaltung bisher nur schleppend in Angriff genom- men wurden. Daneben mehren sich die Anzeichen, dass die von ihm durchgeführten Kommunalwahlen in erster Linie darauf abzielten, die traditionellen politischen Eliten aus den Machtstrukturen zu verdrängen und eigene Gefolgsleute zu mobilisieren. Die Festnahme von mehr als 1 600 Op- positionellen in den letzten Wochen hat unter anderem das Europaparlament in Straßburg veranlasst, die sofortige Freilassung aller politischen Häftlinge zu fordern. Dieser Forderung sollte sich der Deutsche Bundestag anschlie- ßen. Zu Recht fordert Musharraf, die fundamentalistischen Parteien besser zu kontrollieren. Auch in diesem Punkt verdient er Unterstützung. Den Taliban in Afghanistan, die außer Rauschgift auch ihre Ideologien nach Pakistan exportieren, will er freilich die Freundschaft nicht kündi- gen. Im Gegenteil: Gegenüber der Weltöffentlichkeit tritt Pakistan zunehmend als Anwalt der Taliban auf, die sich über die pakistanische Grenze mit Waffen und Nachschub versorgen. Es ist daher richtig, dass mit dem Antrag die Einstellung der militärischen und logistischen Unterstüt- zung der Taliban gefordert wird. Dies und die vollständige Umsetzung der Resolution 1333 des UN-Sicherheitsrats, die jede militärische und logistische Unterstützung der Taliban in Afghanistan untersagt, sollte ebenso zur Vo- raussetzung für die Durchführung entwicklungspoliti- scher Hilfsmaßnahmen gemacht werden wie die Verhin- derung der Infiltration von Militanten über die „Line of Control“ in Kaschmir. Der vorliegende interfraktionelle Antrag ist das Ergeb- nis langer Beratungen, in deren Verlauf die F.D.P.-Bun- destagsfraktion darauf gedrängt hat, das Musharraf-Re- gime nicht mit Vorschusslorbeeren auszustatten, sondern die zügige und vollständige Wiederherstellung eines funktionsfähigen demokratischen Staatswesens in Pakis- tan zu fördern. Bis zur an sich dringend erforderlichen und wünschenswerten Vertiefung der Beziehungen zu Pakis- tan ist es aber noch ein weiter und schwieriger Weg. Es ist zu hoffen, dass es mit diesem interfraktionellen Antrag gelingen kann, einen kleinen internationalen Beitrag zum Fortschritt zu leisten. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ei- genheimzulagengesetzes (EigZulG) – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: UMTS-Milliarden für Entlastung von Alt- schulden auf dauerhaft leer stehenden Wohnraum – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Existenz von Wohnungsgenossenschaften aus Treuhandliegenschaftsbeständen in den neuen Bundesländern – der Beschlssempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Herabsetzung der Grundsteuer bei struk- turellem Mietwohnungsleerstand – des Antrages: Dranske retten – der Gemeinde eine Perspektive geben – des Antrages: Maßnahme-Programm zum woh- nungswirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Ländern (Tagesordnungspunkt 13 a bis e und Zusatztagesord- nungspunkt 7) Dr. Peter Danckert (SPD): Die hier zu beratenden Gesetzentwürfe und Anträge der PDS sind alle dem The- menkreis der Wohnungs- und Bauwirtschaft in den neuen Ländern zuzuordnen: Damit sprechen wir heute erneut über den Wohnungsleerstand Ost, wobei meiner Ansicht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116714 (C) (D) (A) (B) nach über dieses Thema gar nicht oft und intensiv genug gesprochen werden kann. Trotz zahlreicher und erfolgrei- cher Ansätze der neuen Bundesregierung ist deutlich ge- worden, dass es für das Problem des Wohnungsleerstan- des Ost keine Generallösung gibt. Auch die PDS bietet keine finanzierbaren Lösungsvorschläge. Anlässlich der ersten Beratung am 27. Oktober 2000 hat Frau Kollegin Ostrowski die Defizite ihrer Vorschläge bereits einge- räumt. Zu den verschiedenen Anträgen: Erstens. Mit Ihrem Entwurf zur Änderung des Eigen- heimzulagengesetzes widersprechen Sie Sinn und Zweck des Gesetzes, mit dem eine verstärkte Förderung der so genannten Schwellenhaushalte und dabei vorrangig der Familien mit Kindern beabsichtigt ist. Über das Eigen- heimzulagengesetz wird dabei die Herstellung, die An- schaffung oder Ausbauten und Erweiterungen an einer Ei- gentumswohnung bzw. an einer Wohnung im eigenen Haus gefördert, sofern der Anspruchsberechtigte die Woh- nung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Werden Genossen- schaftsanteile erworben, bestimmt § 17 EigZulG, dass die Mitglieder Anteile in Höhe von mindestens 10 000 DM an einer eigentumsorientierten Genossenschaft zeichnen müssen. Die Förderung bezieht sich demnach nur auf selbstgenutztes Wohneigentum und auf Anteile an eigen- tumsorientierten Wohnungsgenossenschaften. Die PDS möchte sich von diesem Grundsatz lösen und mit der Aufnahme eines neuen § 17 a EigZu1G die För- derung auch auf den Anteilserwerb für bestehende, nicht eigentumsorientierte Wohnungsgenossenschaften erwei- tern sowie die Mindesthöhe des Genossenschaftsanteils als Bedingung für die Gewährung der Zulage entfallen lassen. Nach dem Willen der PDS würde es den beste- henden Genossenschaften leichter fallen, neue Mitglieder und finanzielle Mittel für Investitionen in den Bestand zu gewinnen. Breitere Bevölkerungsschichten würden sich an genossenschaftlichem Wohnungseigentum beteiligen und die Genossenschaften könnten ihre Bestände einfa- cher halten. Aber dieser erweiterte Fördertatbestand wäre system- widrig, denn Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, was in § 2 EigZulG auch deutlich zum Ausdruck kommt, dass nur Eigentum und damit auch nur Anteile an eigen- tumsorientierten Wohnungsgenossenschaften gefördert werden. Auch die Fraktion der CDU/CSU hat im feder- führenden Finanzausschuss erkannt, dass das Ziel des Ei- genheimzulagengesetzes die Schaffung von Wohneigen- tum sei. Diese Gedankenleistung der CDU/CSU wird nur dadurch getrübt, dass dem zusätzlich erhobenen Vorwurf der fehlenden Eigenheimorientierung nicht zugestimmt werden kann. Denn, wie gerade gezeigt, das Eigen- heimzulagengesetz fördert nicht nur Eigenheime, sondern eben über § 17 EigZulG auch Anteile an eigentumsorien- tierten Wohnungsgenossenschaften. Natürlich sollen in der Sache nicht nur die eigentums- orientierten, sondern auch die nicht eingentumsorientier- ten Genossenschaften gestärkt und unterstützt werden, nur bitte nicht regelwidrig über das Eigenheimzulagenge- setz, sondern über die Altschuldenhilfe, womit wir beim nächsten Punkt wären: Zweitens. Am 1. September 2000 ist die Novelle zum Altschuldenhilfegesetz in Kraft getreten. Auf Initiative der SPD-Fraktion wurde in die Novelle eine „Härtefallre- gelung“ in Form des § 6 a AHG aufgenommen. Danach erhalten diejenigen Wohnungsunternehmen, die infolge erheblichen dauerhaften Leerstandes in ihrer wirtschaftli- chen Existenz gefährdet sind, zusätzliche Entlastungen, und zwar unabhängig, ob sie Zinsbeihilfe oder Teilentlas- tung in Anspruch genommen haben. Dass mit der Härtefallregelung das Problem des struk- turellen Wohnungsleerstandes nicht umfassend gelöst werden kann, liegt an den vielseitigen Ursachen: Rück- gang der Geburtenrate, hohe Arbeitslosigkeit und Wegzug in wirtschaftsstärkere Regionen führen zu sinkender Wohnraumnachfrage in den ohnehin strukturschwachen Gebieten. Mit dem einseitigen Antrag der PDS, aus den Erlösen der Versteigerung der Mobilfunklizenzen einen Betrag von 3 Milliarden DM für die Entlastung von Alt- schulden auf dauerhaft leer stehenden Wohnraum in strukturschwachen Gebieten zu verwenden, kann dieses vielschichtiges Problem jedenfalls nicht gelöst werden, und zwar aus einem einfachen Grund: Die Erlöse in Höhe von 99,4 Milliarden DM aus der Versteigerung sind bereits komplett in die Schuldentil- gung des Staatshaushaltes geflossen, um den Haushalt nachhaltig zu konsolidieren und den Sparkurs der Bun- desregierung mit entschlossenem, konkreten Handeln zu verfestigen. Die Mittel sind also schon ausgegeben wor- den, eine mehrfache Verwendung ist nicht möglich; des- halb hat der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen gegen die Stimmen der PDS zu Recht beschlossen, den Antrag abzulehnen. Neue oder gar bessere Argumente hat die PDS nicht vorgetragen. Drittens. Diese direkten Finanzierungskompetenzen über das Altschuldenhilfegesetz stehen dem Bund hin- sichtlich der TLG-Genossenschaften nicht zu, wobei wir schon beim dritten PDS-Antrag wären. Eine Analogie zu den Bestandsunternehmen im Sinne des Altschuldenhilfe- gesetzes verbietet sich, denn bei den TLG-Genossenschaf- ten handelt es sich nicht um so genannte Bestandsunter- nehmen, sondern um neu gegründete Unternehmen, die Kaufpreise auf Grundlage abgestimmter Bewertungen ak- zeptiert haben. Entlastungen nach dem Altschuldenhilfe- gesetz müssen deshalb ausscheiden. Zudem hat die TLG bereits verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung ergriffen. Nach einer einberufenen Ge- sprächsrunde im Bundeskanzleramt hat die TLG den zehn Genossenschaften angeboten, durch die Firma „bonkon- sult“ eine einzelfallbezogene und kostenlose betriebswirt- schaftliche Beratung durchführen zu lassen. Dieses Ange- bot haben – und ich weiß nicht warum – nur fünf TLG-Genossenschaften angenommen, denen allen gutes Management bescheinigt wurde. Ferner empfiehlt die Kommission den TLG-Genossen- schaften einzelfallbezogene Vertragsnachverhandlungen mit der TLG, um so eine Verbesserung der wirtschaftli- chen Situation zu erreichen. Nach meinen Kenntnissen ist die TLG bereit, wie bisher über offene Forderungen Stun- dungsvereinbarungen zu treffen oder über Zinszahlungen Nachverhandlungen zu führen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16715 (C) (D) (A) (B) Der Antrag der PDS mit den angedeuteten Soforthilfen schießt somit weit über das Ziel hinaus. Bevor die von der Lehmann-Grube-Kommission vorgeschlagenen Instru- mentarien umgesetzt werden und möglicherweise auch auf TLG-Genossenschaften Anwendung finden, müssen Gespräche stattfinden. Diese Gespräche müssen nicht zwingend unter der Leitung des Beauftragten der Bun- desregierung für die Angelegenheiten der neuen Länder, Staatsminister Rolf Schwanitz, stattfinden, wie es die PDS in ihrem Antrag fordert. An diesen Gesprächen müs- sen die Kommunen, die Wohnungsgenossenschaften und vor allem die Bundesländer teilnehmen! Meiner Meinung nach stehen hier auch die Länder in der Pflicht und in der Verantwortung. Viertens. Mit ihrem nächsten Antrag, die Grundsteuer bei strukturellem Mietwohnungsleerstand herabzusetzen, bemüht sich die PDS erneut und anerkennenswerterweise, für die Fälle des strukturellen Mietwohnleerstandes eine Lösung zu finden. Leider in alter Manier: systemfremd und regelwidrig! Bisher kann nach § 33 Grundsteuerge- setz die Grundsteuer auf Antrag bei der zuständigen Ge- meinde in Höhe des Prozentsatzes erlassen werden, der vier Fünftel des Prozentsatzes der vom Steuerschuldner nicht zu vertretenden Minderung des Mietertrages ent- spricht. Ein Fünftel entfällt dabei bei bebauten Grund- stücken auf Grund und Boden. So hat zum Beispiel bei Wohnungen der Vermieter eine Minderung des normalen Rohertrages grundsätzlich nicht zu vertreten, wenn er sich in ortsüblicher Weise um deren Vermietung bemüht und keine höhere als die marktübliche Miete vereinbart hat. Die von der PDS geforderte volle prozentuale Minderung der Grundsteuer wäre insoweit systemwidrig, da auch Grund und Boden nicht mehr anteilig besteuert werden würden. Der ähnlich lautende Vorschlag der Lehmann- Grube-Kommission muss erst genauer untersucht wer- den, denn die damit einhergehenden Grundsteuerminder- einnahmen würden die Gemeinden treffen, denen ohnehin aufgrund der Leerstandsproblematik besondere finanzi- elle Belastungen aufgebürdet sind. Fünftens. Mit dem fünften Antrag verfolgt die PDS das Ziel, die Gemeinde Dranske auf Rügen finanziell zu un- terstützen. Ohne an dieser Stelle auf Einzelheiten einge- hen zu wollen, möchte ich vorab nur sagen, dass es mir zweifelhaft erscheint, dem Bund eine umfassende Verant- wortung für das wirtschaftliche Schicksal hinsichtlich der an die Gemeinde Dranske verkauften Plattenbauten zu übertragen, die sich allein aus seiner Verkäuferstellung begründet. Aber ich denke, dass wir im Sinne von Frau Kollegin Ostrowski diesen Antrag zunächst ausführlich im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen be- raten sollten, um dann zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam die Verantwor- tung für eine notwendige Veränderung und Verbesserung der äußerst problematischen Situation tragen. Es gilt, Ab- wanderung zu stoppen, strukturelle Wohnungsleerstände zu beseitigen und einen innovativen Stadtumbau einzulei- ten. Deswegen müssen wir auch gemeinsam tragfähige und stabile Strukturen im Bereich der Wohnungsbau- und Städtebaupolitik entwickeln, denn diesen Bereichen kommt eine ganz zentrale Rolle bei der persönlichen Le- bensgestaltung eines jeden von uns zu. Neben dem finanziellen Engagement der Länder ist auch seitens des Bundes weitere Unterstützung dringend notwendig. Deshalb begrüße ich es besonders, dass im Rahmen der Gespräche um die Weiterführung des Soli- darpaktes II sowie der Roundtablegespräche des Kanzlers mit den Ministerpräsidenten das Thema struktureller Wohnungsleerstand aktiver diskutiert und bereits nach weiteren finanziellen Lösungen gesucht wird. Denn es geht nicht nur um eine positive Zukunft der Städte und Wohngebiete, sondern um eine lebenswerte Zukunft der hier lebenden Menschen! Norbert Otto (Erfurt) (CDU/CSU): Die von der PDS angesprochene Problematik wird von meiner Fraktion grundsätzlich erkannt. Rund eine Million leer stehende Wohnungen – im Übrigen zu erheblichen Teilen eine Alt- last von vierzig Jahren verfehlter Wohnungsbaupolitik der DDR – sind ein großes Problem in den neuen Ländern. Ihre Vorschläge, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, bringen uns an dieser Stelle aber sicherlich nicht weiter. Wir können das getrost als Schaufensterantrag ver- buchen. Ich kann hier aber nicht verschweigen, dass die heutige Situation auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt die Folge von nicht eingehaltenen Versprechungen der Bundesregierung ist. Schröder und damals noch Herr Lafontaine sind ja bekanntlich 1998 mit dem Ziel ange- treten, gerade in den neuen Ländern Arbeitsplätze in er- heblichen Größenordnungen zu schaffen. Leider lässt der große Wurf noch auf sich warten. Die Chefsache Ost kann ich hier beim besten Willen nicht erkennen. Die Kanzler- versprechungen scheinen mir so leer zu sein wie die Plat- tenbauten in Dranske, mit denen wir uns heute ja auch be- schäftigen. Der Verbleib der Menschen in Mecklenburg oder in Thüringen oder in einem anderen östlichen Bun- desland – und damit natürlich auch der Bedarf an Wohn- raum – kann nur mit der Schaffung von mehr Arbeit schmackhaft gemacht werden. Die zunehmende Abwan- derung von Ost nach West muss ein Ende haben. Nun zum Eigenheimzulagengesetz: Ich kann ja verste- hen, dass die Kolleginnen und Kollegen von der PDS ihre Klientel in Wohnungsbaugenossenschaften bedienen wol- len, doch ihr Vorschlag geht nun völlig an der Sache vor- bei, denn eine Förderung von nicht eigentumsorientierten Anteilen widerspricht der grundsätzlichen Intention der Eigenheimzulage. Wie Sie sicher wissen, hat sich der Deutsche Städtetag mit dem Thema Eigenheimzulage beschäftigt und fordert die Einfügung einer Regionalisierungskomponente. Wir warnen in diesem Zusammenhang vor solchen Bestre- bungen. Eine Ungleichbehandlung von Stadt und Land oder Ost und West kann nicht in unserem Sinne sein! Ge- rade in Ostdeutschland besteht ein erheblicher Nachhol- bedarf im Eigenheimbereich. Diesem müssen wir nach- kommen, wollen wir Alternativen zur Abwanderung bieten. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Häusle- bauer von der Stadt aufs Land ziehen, nicht zuletzt um den hohen Bauauflagen und den durch die Städte künstlich Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116716 (C) (D) (A) (B) hochgeschraubten Grundstückspreisen zu entkommen. Unser Vorschlag: vereinfachte Bedingungen für städti- sches Bauen und mehr Ausweisung von Bauland in den Städten anstatt Regionalisierung der Eigenheimzulage, die verständlicherweise auch vom Landkreistag abgelehnt wird. Das beliebte Spiel mit den UMTS-Milliarden an dieser Stelle noch einmal mitzuspielen ist müßig und ist nur ein Symbol für den Populismus, den wir von der PDS zur Genüge kennen. Für den Bereich der Altschuldenhilfe se- hen wir die klare Notwendigkeit für weitere Entlastungen der ostdeutschen Wohnungsunternehmen. Über die 15- Prozent-Klausel muss dringend gesprochen werden. Was die Sofortmaßnahmen für existenzbedrohte Woh- nungsbaugenossenschaften aus TLG-Beständen betrifft, so sind wir uns mit der Bundesregierung einig, dass hier nur im Einklang mit Ländern und Kommunen weiterge- holfen werden kann. Es handelt sich in diesem Falle nicht um den klassischen Altschuldenhilfebereich oder den Erblastentilgungsfonds betreffende Fälle, sondern um pri- vatrechtliche Geschäfte, die nach Vollendung der deut- schen Einheit abgeschlossen wurden. Im Sinne der An- teilseigner ist die Bund-Länder-Arbeitsgruppe aber aufgefordert, zu schnellen Lösungen zu kommen. Aller- dings warne ich vor einer generellen Änderung, denn in diesem Falle stehen demnächst möglicherweise eine Vielzahl von Zwischenerwerbern vor der Tür, die sich aus heutiger Sicht bei der Kaufpreisbildung verkalkuliert haben. Zum Thema der Herabsetzung der Grundsteuer bei Leerstand: Es wäre zu einfach, von Bundesseite etwas zu fordern und die Zeche von den Ländern und den Kom- munen zahlen zu lassen, die die Grundsteuer einnehmen. Ich empfehle Ihnen, dies doch einmal mit Kommunalpo- litikern in Ihren Wahlkreisen zu besprechen. Viel Spaß da- bei! Natürlich ist auch fraglich, ob durch solche Maßnah- men überhaupt Anreize zum Rückbau geschaffen werden. In Zusammenhang mit der Grundsteuerdebatte sollten vom Bund angesichts der Reformbestrebungen in den Ländern keine vorgreifenden Entscheidungen getroffen werden. Abschließend zu Dranske: Meine Damen und Herren, man muss sich schon wundern, was den Kollegen von der PDS manchmal einfällt. Da sind sie nun schon einmal – oder soll man sagen, noch? – in einem Bundesland an der Macht und dann rufen sie den Bund um Hilfe. Da könnte doch der Kanzler nach Holzmann-Art eingreifen! Den sollten Sie mal fragen! Im Ernst: Es kann doch nicht angehen, den Bund bei jedem Einzelfall zu Hilfe zu rufen und auch noch auf zusätzliches Geld zu hoffen. Dieses Problem sollten die Genossen in Schwerin lieber unter sich klären. Wir sind gespannt! Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die PDS gibt dem Deutschen Bundestag heute anhand zahlreicher Anträge Gelegenheit, ein weite- res Mal über die wachsenden Leerstandsprobleme in Ost- deutschland zu debattieren, und ich will mich in meinem Redebeitrag auf eben diese Anträge konzentrieren. In der Drucksache 14/6051 fordert die PDS die Bun- desregierung auf, unverzüglich ein Maßnahmeprogramm zur Umsetzung der Vorschläge der Expertenkommission „Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in den neuen Ländern“ vorzulegen. Mit der Einsetzung eben dieser Expertenkommission hat die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag in der Analyse geleistet und hat beden- kenswerte Vorschläge zur Problemlösung entgegenge- nommen, die nun in einer Arbeitsgruppe intensiv und sorgfältig geprüft werden. Mit der Novellierung des Alt- schuldenhilfegesetzes und der Härtefallregelung in § 6 hat die rot-grüne Bundesregierung einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der besonders von Leerstand betroffenen Wohnungsunternehmen geleistet. Jetzt ist es an der Zeit, dass die betroffenen Kommunen mit neuen städtebauli- chen und raumordnerischen Leitbildern ihren Beitrag leisten, um den Strukturwandel zu meistern. Dazu gehö- ren auch Bedarfsentwicklungspläne, damit nicht wie in der Vergangenheit am Bedarf vorbei investiert wird. Es wäre schön zu sehen, dass insbesondere PDS-regierte Kommunen hier eine Vorreiterrolle übernehmen würden. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass ich von der Bun- desregierung erwarte, dass sie die vom Bundeskanzler angekündigte weitere Hilfestelle bald zur Verfügung stellt. Die PDS fordert in der Drucksache 14/4350, 3 Milli- arden DM aus den Erlösen der Versteigerung der Mobilfunklizenzen für die Entlastung von Wohnungsun- ternehmen einzusetzen. Tatsächlich sind Wohnungsunter- nehmen, die über größere Leerstände verfügen und gleichzeitig mit Altschulden belastet sind, in einer äußerst schwierigen Situation. Dass wir diese Probleme ernst neh- men, haben wir mit der Novellierung des Altschuldenhil- fegesetzes und insbesondere mit der Verordnung § 6 a AHG unter Beweis gestellt. Mit dieser Härtefallregel sol- len Zuschüsse zur Tilgung der Altschulden gewährt wer- den, wenn das Wohnungsunternehmen durch dauerhaften Leerstand in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet ist. Dafür stellt die Bundesregierung 700 Millionen DM per Verpflichtungsrahmen zur Verfügung. Bevor wir also wieder nach mehr Geld rufen, sollten wir zunächst einmal die Erfahrungen mit dem novellierten Altschuldenhilfe- gesetz abwarten. Wir erwarten aber auch von der Bundes- regierung, dass der Verpflichtungsrahmen nunmehr fest in den Haushalt eingestellt wird und die mit der Abwicklung beauftragte KfW endlich die versprochenen Vordrucke ausgibt, die tatsächlich eine effektive Bearbeitung ermög- lichen sollen. In der Drucksache 14/4011 fordert die PDS Sofort- maßnahmen zur Existenzsicherung von Wohnungsgenos- senschaften aus Treuhandliegenschaftsbeständen in den neuen Bundesländern. Es handelt sich um zehn zwischen 1993 und 1996 gegründete TLG-Genossenschaften, deren wirtschaftliche Situation ohne Zweifel sehr schwierig ist. Sie wurden zur Privatisierung von Werkswohnungsbe- ständen ehemals volkseigener Betriebe überwiegend in den Regionen gegründet, die heute am stärksten mit Be- völkerungsrückgang und Leerständen zu kämpfen haben. Wenn Sie aber die Bundesregierung wieder zu finanziel- len Leistungen auffordern, richtet sich Ihre Forderung an den falschen Adressaten. Eventuelle Hilfsmaßnahmen sind zunächst mal Sache der TLG, die ja auch bereits Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 2001 16717 (C) (D) (A) (B) verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung ergriffen hat. Beispielsweise stundet die TLG offene Forderungen und verzichtet teilweise auf Nutzungs- oder Verzugszin- sen. In der Drucksache 14/4010 fordert die PDS schließlich die Herabsetzung der Grundsteuer bei strukturellem Woh- nungsleerstand. Ich bedaure an dieser Stelle, dass die PDS offensichtlich nicht bereit ist, die Wirkungen des refor- mierten Altschuldenhilfegesetzes und damit der weit rei- chenden finanziellen Entlastung der betroffenen Woh- nungsunternehmen abzuwarten und auf dieser Grundlage über weiter reichende Forderungen nachzudenken. Statt- dessen formulieren Sie einseitig Anforderungen an den Bund. Die Gemeinden sollten aber erst einmal die gel- tende Regelung zur Grundsteuerminderung nutzen. Erst dann sollte geprüft werden, ob und welchen weiteren Handlungsbedarf es gibt. Zu guter Letzt fordern Sie auch noch Bundesregierung und Parlament auf, die Gemeinde Dranske vor dem Un- tergang zu retten. Ich will gar nicht die strukturellen Pro- bleme dieser Gemeinde bagatellisieren, frage mich aber doch, ob nicht zuerst das von der PDS mitregierte Meck- lenburg-Vorpommern hier bei der Problemlösung gefor- dert ist oder doch eher überfordert? Ich glaube nicht, dass eine Parlamentsberatung der Gemeinde Dranske wirklich weiter hilft. Ich möchte anregen, dass Ihr Minister Holter sich der Sache annimmt und die Initiative zu Nachver- handlungen mit der Oberfinanzdirektion ergreift. Damit könnte die PDS auch beweisen, dass sie nicht nur an der Darstellung von Problemen interessiert ist, sondern auch einen Beitrag zur Lösung leistet. Dr. Karlheinz Guttmacher (F.D.P.): In der Beurtei- lung der Wohnungspolitik für die neuen Bundesländer stimmt die F.D.P. der PDS in zwei Punkten zu: Erstens. Die unternehmerische Wohnungswirtschaft befindet sich in einer existenzbedrohenden strukturellen Krise. Zwei- tens. Die Maßnahmen der Bundesregierung reichen zur Bewältigung dieser Krise nicht aus. In der heutigen De- batte fällt der Bundesregierung erneut zu Recht auf die Füße, dass sie ihre Wohnungspolitik in Bezug auf die neuen Bundesländer ganz einseitig auf ein Teilsegment ausgerichtet hat. Das sind die kommunalen Wohnungsbe- stände und die Genossenschaften, die von den geplanten zusätzlichen Entlastungen nach der Altschuldenhilfever- ordnung profitieren. Die Wohnungsgesellschaften aus Treuhandliegenschaftsbeständen – TLG – bilden eine be- sondere Spezies am Wohnungsmarkt der neuen Bundes- länder. Unverschuldet besteht bei diesen Wohnungsunterneh- men ein struktureller Leerstand, der bei über 10 Prozent des Wohnungsbestandes liegt. Wie im Beispiel „Dranske“ muss die Kommune mit 53 Prozent strukturellem Leer- stand der Wohnungen umgehen. Da für jede leer stehende Wohnung aber die anstehenden Nebenkosten gezahlt wer- den müssen, ist der Bankrott der Kommune „Dranske“ vorprogrammiert. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion fordert die Bundesre- gierung auf, aus der einseitigen Ausrichtung ihrer Woh- nungspolitik Konsequenzen zu ziehen und endlich ein wohnungspolitisches Konzept für den Wohnungsmarkt in den neuen Bundesländern vorzulegen, das alle am Woh- nungsmarkt Beteiligten gleichermaßen berücksichtigt. Die unternehmerische Wohnungswirtschaft und die privaten Haus- und Grundeigentümer müssen in die Lage versetzt werden, differenzierte und auf den jeweiligen lo- kalen Markt abgestellte Entscheidungen zur Bewältigung des Strukturwandels sowie zur Beseitigung der Leer- stände zu treffen. Die Wohnungswirtschaft Ost braucht eine Strukturhilfe. Die Altschulden für dauerhaft leer ste- hende Wohnungen oberhalb von 5 Prozent des Bestandes müssen bei Vorlage eines wohnungswirtschaftlichen Konzeptes in Abstimmung mit der Kommune zulasten des Erblastentilgungsfonds gestrichen werden, wenn das Unternehmen den Leerstand nicht zu vertreten hat. Zur Strukturbereinigung in der Wohnungswirtschaft muss ein Strukturprogramm über drei Jahre aufgelegt werden, das mit 1 Milliarde DM aus dem Erblastentilgungsfonds do- tiert wird und auch die Finanzierung des Abrisses ein- schließt. Das Wohnungsmodernisierungsprogramm der KfW wird für strukturverbessernde Maßnahmen im Wohn- umfeld im Zusammenhang mit einem städtebaulichen Konzept der Kommune geöffnet. Die Städtebaufördermittel des Bundes und der Länder sowie das Programm „Die soziale Stadt“ werden mit ei- nem Schwerpunkt zur Wohnumweltverbesserung und -gestaltung versehen. In der Fiskalpolitik müssen Sonder- regelungen zur Erleichterung des Strukturwandels geprüft werden, wie zum Beispiel die befristete Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Verkäufen, die der Strukturberei- nigung dienen. Wir benötigen endlich von der Bundesregierung ein in sich schlüssiges Konzept. Anträge der PDS, die sich auf Strukturhilfen in Bezug auf Einzelfälle in der Wohnungs- wirtschaft beziehen, machen keinen Sinn. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 170. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Mai 200116718 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Arndt-Brauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrte Frau Präsi-
    dentin! Meine Damen und Herren! All denjenigen, die
    später zu uns gestoßen sind, möchte ich sagen: Hier fin-
    det zurzeit eine Aktuelle Stunde statt. Aktuell könnte man
    natürlich über viele Themen reden. Ich denke zum Bei-
    spiel an Leuna und an Biedenkopf. Es gibt unheimlich
    viele Dinge, die die Leute im Moment interessieren. Statt-
    dessen reden wir über ein Thema, über das wir traditionell
    eigentlich jährlich diskutieren. Wir reden ungefähr jedes
    Jahr im Mai über die Erbschaftsteuer.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Es zwingt Sie niemand!)


    Das macht eigentlich wenig Sinn, weil wir aktuell gar
    nicht vorhaben, in diesem Bereich etwas zu verändern.


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn während der ganzen Debatte?)


    Ein wenig aktueller ist die Ökosteuer, über die wir mo-
    natlich reden. Dieses Thema spielte in die heutige Debatte
    ein bisschen mit hinein. Das war sozusagen halbaktuell.
    Aber wir reden, wie gesagt, eigentlich über die Erb-
    schaftsteuer.

    Ich möchte kurz auf das eingehen, was meine Vorred-
    ner gesagt haben. Es ist inhaltlich immer das Beste, wenn
    man als letzte Rednerin spricht; denn dann ist das meiste
    schon zum Thema gesagt worden. Ich finde es sehr ehren-
    wert, dass die PDS für eine angemessene Besteuerung
    sorgen möchte. Etwas anderes wollen auch wir nicht


    (Zurufe von der CDU/CSU: Na bitte! – Jetzt kommt´s raus! – Die Katze aus dem Sack!)


    und werden wir in Zukunft auch nicht tun. Die Frau
    Staatssekretärin hat darauf hingewiesen, dass es sich um
    eine Länderinitiative handelt und dass dies auch so blei-
    ben wird. Wir sind sehr gespannt, wie sich diese Initiative
    in den nächsten Jahren entwickeln wird.

    Was mich sehr freut, ist, dass vor allem die CDU/CSU
    unsere Parteitagsbeschlüsse ausgiebig liest.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir sagen es ja den Menschen!)


    Das ist wichtig für Sie. Sie können nur davon lernen. Ich
    lese Ihre leider nicht.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das würde Ihnen aber sehr gut tun!)


    Deshalb wäre es gut, wenn Sie ab und zu auch einmal hier
    vortragen würden, was Sie perspektivisch machen möch-
    ten.


    (Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Die haben keine Perspektive!)


    Was ich persönlich immer wieder schade finde, ist,
    dass hier über „linke“ Sozialdemokraten so geredet wird,
    als ob das ein Schimpfwort wäre. Ich kann Sie beruhigen:
    Bei uns in der Partei werden die Leute nicht abgestempelt.
    Damit haben wir kein Problem.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Die sind doch abgetaucht!)


    Sie fordern immer wieder: Sagen Sie doch den Leuten
    vor der Wahl die Wahrheit; dann merken sie es nicht erst
    hinterher. Sie gehen also ganz automatisch – wie wir
    natürlich auch – davon aus, dass wir die Wahl gewinnen.


    (Beifall bei der SPD)

    Das freut mich sehr und das macht mich zufrieden.

    Schwierig wird es in Zukunft, so denke ich, mit der
    F.D.P. Wir wissen, dass Sie nächstes Mal mitregieren
    möchten. Das wird schwierig; denn Sie müssen Ihre Mei-
    nung dann komplett ändern. Aber das F steht wohl für
    „flexibel“ oder „Fallschirmspringen“. Da werden Sie die
    Kurve schon kriegen.


    (Beifall bei der SPD – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Dummes Zeug!)


    Zu Herrn Götz möchte ich noch kurz anmerken: Auch
    wir stehen natürlich zum Wohneigentum. Wir möchten
    auch, dass die heutigen Erben sich ein Haus bauen kön-
    nen. Ich bin zuversichtlich, dass sie mit all unseren Steu-
    erreformen dazu auch in der Lage sein werden. Die Apo-
    kalypse, die Sie an die Wand gemalt haben, werden wir
    also erst einmal für zwei Jahre verschieben, und dann wird
    sie auch nicht so dramatisch werden, wie Sie das be-
    fürchten.

    Herrn Hauser wollte ich noch fragen, woher er den Be-
    griff „leistungsloses Vermögen“ hat. Den kannte ich bis-
    her nicht. Wenn Sie keine Nutzungsrechte daran haben,
    würden wir den in Zukunft gern verwenden.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist die linke Sparweise!)





    Klaus-PeterWillsch

    16629


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ich finde den ganz gelungen. Bei uns habe ich das noch
    nicht gehört.


    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/ CSU]: Natürlich! Das kann ich Ihnen nachweisen!)


    Aber Sie können mich ja gern aufklären.
    Zu Herrn Willsch noch: Ich sehe das Ganze nicht so

    dramatisch. Wenn Sie neidisch darauf sind, dass wir ge-
    stalten können und dass wir vielleicht auch ein bisschen
    verhandeln, wenn wir Reformen machen, dann tut mir das
    Leid. Aber Sie werden sich damit arrangieren müssen.
    Das wird auch in Zukunft so bleiben.


    (Zuruf von der SPD: In den nächsten 20 Jahren!)


    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Aktuelle Stunde
ist beendet.

Ich rufe den heute Morgen aufgesetzten Zusatzpunkt
12 auf:

Zweite und dritte Beratung der von der Bundes-
regierung und von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwürfe eines Gesetzes zur Reform des Zivil-
prozesses
– Drucksachen 14/4733, 14/3750, 14/6036 –

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P.
vor. Die Fraktion der CDU/CSU hat ihren Gesetzentwurf
zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens,
Drucksache 14/163, zurückgezogen.

Wie heute Morgen beschlossen, beträgt die Dauer der
Aussprache eineinhalb Stunden.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Hermann Bachmaier für die SPD-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Bachmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin!
    Meine Damen und Herren!

    Auf Dauer wird die bürgerliche Rechtspflege nicht in
    der Lage sein, ohne weitergehende Maßnahmen die-
    sen Geschäftsanfall und – erst recht nicht – die vom
    Gesetzgeber übertragenen neuen Aufgaben zu be-
    wältigen und dem rechtsuchenden Bürger in ange-
    messener Zeit Rechtsschutz zu gewähren.

    So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs der
    CDU/CSU-Fraktion vom Anfang dieser Legislaturperi-
    ode.

    In diesem Antrag ist neben dem verstärkten Einsatz
    von Einzelrichtern eine „Einschränkung des Angebots der
    Rechtsmittel“, wie es so schön heißt, sprich: eine recht ri-
    gorose Befugnis zur Zurückweisung von Berufungen bis
    zu einem Streitwert von sage und schreibe 60 000 DM
    vorgesehen.

    Dieser Gesetzentwurf, über den wir, wie gesagt, heute
    mit zu beraten und auch mit zu entscheiden haben, liegt in
    der unseligen Tradition der vielen so genannten Rechts-
    pflegeentlastungsgesetze, mit denen wir in den zurück-
    liegenden Legislaturperioden immer dann befasst,
    manchmal fast traktiert wurden, wenn die Justiz mit an-
    steigenden Fallzahlen in Schwierigkeiten geriet.

    Dann wurde an der Streitwertschraube mit der Folge
    gedreht, dass wir inzwischen fast eine Art Zweiklassen-
    justiz haben: Hohe Streitwerte genießen komfortabelsten
    Rechtsschutz bis hin zum Bundesgerichtshof; Verfahren
    mit niedrigeren Streitwerten müssen sich unabhängig da-
    von, wie existenziell ihre Bedeutung für die Beteiligten
    ist, mit begrenzten Rechtsmittelmöglichkeiten begnügen.
    Die Folge ist auch, dass die Amtsgerichte, die den größ-
    ten Teil aller Zivilrechtsverfahren zu schultern haben,
    zum Teil rettungslos überlastet sind. Richterinnen und
    Richter, die jährlich über 700 Fälle zu bearbeiten haben,
    können auch bei noch so gutem Willen dem Einzelfall
    nicht die Zuwendung zukommen lassen, die Recht-
    suchende von der Justiz zu Recht erwarten können.

    Die von der Regierung und den Koalitionsfraktionen
    heute zur Abstimmung gestellte Zivilprozessreform führt
    zu deutlichen Verbesserungen. Zivilrechtliche Auseinan-
    dersetzungen sollen künftig wieder so von den Gerichten
    bewältigt werden können, dass die Rechtssuchenden
    möglichst schon in erster Instanz mit einem ab-
    schließenden Ergebnis rechnen können, und zwar in ei-
    nem Verfahren, das ihren Gerechtigkeitsvorstellungen
    entspricht. Verstärkte Aufklärungspflichten des Gerichtes
    sollen schon in einem frühen Stadium den Rechtssuchen-
    den die Chancen und Risiken des Verfahrens offen legen.
    Dem Ziel, bereits in diesem Stadium zu einem fairen Aus-
    gleich zu kommen, dient auch die Verpflichtung des Ge-
    richts, vor der streitigen Verhandlung im Rahmen einer
    Güteverhandlung eine vergleichsweise Regelung anzu-
    streben. Erhöhte Aufklärungspflichten schaffen nicht nur
    Transparenz und verhindern Fehleinschätzungen durch
    die Prozessparteien, sondern verstärken gleichzeitig die
    Bereitschaft, im Vergleichswege eine Lösung zu suchen.
    Wir brauchen diese Stärkung der ersten Instanz dringend;
    denn allein die Zahl der durchlaufenen Instanzen ist noch
    kein zwingender Beleg dafür, dass bessere Ergebnisse er-
    zielt werden.

    Eine gründliche Befassung und ein transparentes Ver-
    fahren in der ersten Instanz rechtfertigen es auch, aus-
    sichtslose Berufungen durch einstimmigen Beschluss
    der Berufungskammer bzw. des Berufungssenates zu-
    rückzuweisen. Anders als dies noch der CDU/CSU-
    Antrag vorsieht, sollen auch in diesem Falle die Prozess-
    parteien nicht plötzlich mit einer solchen Entscheidung
    konfrontiert werden. Das Berufungsgericht hat vielmehr
    seine Absicht, die Berufung zurückzuweisen, unter Nen-
    nung der Gründe mitzuteilen und dem Berufungsführer
    Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dadurch wer-
    den zur Verbitterung Anlass gebende überfallartige Ent-
    scheidungen vermieden und dem Gebot des rechtlichen
    Gehörs Rechnung getragen.

    Durch die Reform des Berufungsverfahrens wird die
    Durchführung erkennbar aussichtsloser Berufungen ver-




    Ingrid Arndt-Brauer
    16630


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    mieden und bereits nach Abschluss der ersten Instanz
    Rechtssicherheit hergestellt. Dem von manchen so her-
    vorragend beherrschten Spiel, durch eine exzessive Aus-
    nutzung des Instanzenzuges sich möglichst lange Zah-
    lungs- und Leistungspflichten zu entziehen, wird mit
    diesen prozessualen Möglichkeiten Einhalt geboten.
    Rechtlich und tatsächlich zweifelhafte Entscheidungen
    der ersten Instanz können aber nach wie vor, wie die ein-
    schlägigen Vorschriften zeigen, in der Berufungsinstanz
    gründlich überprüft werden.

    Gerade auch die einschlägigen Vorschriften zur Beru-
    fung zeigen, dass der Reform die intensive Beratung im
    Parlament und in der Fachöffentlichkeit sowie im Kreis
    ausgewiesener Experten gut getan hat. Ich glaube, wir
    können mit Fug und Recht behaupten, dass kaum ein
    rechtspolitisches Reformvorhaben eine so umfassende Be-
    ratung im Parlament und in der Öffentlichkeit erfahren hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Dazu hat die sicherlich streitbare, aber immer offene Dia-
    logbereitschaft des Justizministeriums entscheidend bei-
    getragen.

    Auch bei der immer heftig umstrittenen Frage der Ab-
    grenzung von Kammer- und Senatszuständigkeit ge-
    genüber einem verstärkten Einsatz von Einzelrichtern
    wurde letztlich ein, wie ich meine, recht vernünftiges und
    ausgewogenes Ergebnis erzielt. Schließlich wissen wir
    aus der täglichen Praxis, dass auch bei komplizierten und
    bedeutenden Verfahren die Akzeptanz einzelrichterlicher
    Entscheidungen letztlich nicht hinter Kammer- und Se-
    natsentscheidungen zurücksteht. Aus vielerlei Gründen,
    wie zum Beispiel der Heranführung junger Richterinnen
    und Richter an die gerichtliche Praxis und für höchst dif-
    fizile und umfangreiche Prozessmaterien in erster und vor
    allem in zweiter Instanz, benötigen wir jedoch auch in Zu-
    kunft Kammern und Senate.

    Gerade auch die Neuregelung des Revisionsrechtes
    zeigt, dass wir bei der Zivilprozessrechtsreform Ernst ma-
    chen mit unserem Anliegen, Rechtsmittel nicht nach der
    jeweiligen Höhe des Streitwertes zur Verfügung zu stel-
    len oder zu verweigern. In Zukunft ist die Revision gegen
    alle Berufungsurteile unabhängig vom Streitwert dann
    möglich, wenn sie durch das Berufungsgericht zugelassen
    oder über eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundes-
    gerichtshof erstritten wird, wenn auch erst nach einer
    Übergangsregelung von fünf Jahren. Die in einem sozia-
    len Rechtsstaat höchst ungerechte und willkürliche Streit-
    wertgrenze von 60 000 DM wird endlich abgeschafft.

    Insgesamt konnten die meisten der angestrebten Re-
    formziele erreicht werden. In Zukunft wird es bei der Lö-
    sung zivilrechtlicher Konflikte wieder stärker darauf an-
    kommen, welche prozessualen Instrumente jeweils ge-
    boten sind, um einen Rechtsstreit einer vernünftigen Lö-
    sung zuzuführen, und weniger darauf, welcher Streitwert
    dem Verfahren zugrunde liegt. Zwar wurde im Zuge der
    parlamentarischen Beratung, wobei die Bundesländer
    frühzeitig einbezogen wurden, letztlich eine Konzentra-
    tion aller Berufungsverfahren bei den Oberlandesge-
    richten noch nicht realisiert. Dies ändert aber nichts daran,

    dass mit diesem Gesetz eine innere Reform des Zivilpro-
    zesses in die Wege geleitet wird. Es schadet nicht, die
    Konzentration der Berufungsverfahren bei den Ober-
    landesgerichten zunächst einmal in der Praxis zu erproben
    und aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen dann
    die notwendigen und gebotenen Schlussfolgerungen zu
    ziehen.

    In Anbetracht der außerordentlich guten Erfahrungen,
    die wir in unserem Gerichtswesen mit eindeutigen Zu-
    weisungen von Funktionen an die jeweiligen Instanzen
    gemacht haben, wäre es sicherlich sinnvoll gewesen, auch
    diesen Schritt bereits jetzt zu vollziehen. Zur praktischen
    Realisierung einer Reform des Zivilprozessrechtes ist
    aber eine breite Akzeptanz erforderlich. Erst wenn diese
    Akzeptanz gegeben ist, wird der damit beabsichtigte Er-
    folg auch eintreten.

    Zusammenfassend, meine Damen und Herren, kann
    ich feststellen, dass mit dieser Reform die Justiz gut für
    ihre zukünftigen Aufgaben gerüstet ist.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)