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ID1416211700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14162

  • date_rangeDatum: 30. März 2001

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    Tagesordnungspunkt 14: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS: Gegen Rechtsextremismus, Frem- denfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt – zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Nachhaltige Bekämp- fung von Extremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit – zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Vogt (Pforzheim), Ernst Bahr, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Cem Özdemir, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gegen Rechtsextremis- mus, Fremdenfeindlichkeit, Anti- semitismus und Gewalt – zu dem Antrag der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der F.D.P.: Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Handeln gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeind- lichkeit und daraus resultieren- der Gewalt (Drucksachen 14/5456, 14/4067, 14/3516, 14/3106, 14/4145, 4/5695) 15801 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Bekämpfung des politischen Extremismus (Drucksachen 14/295, 14/1556) . . . . . 15801 C Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15801 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 15804 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 15804 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15807 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15809 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15811 C Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 15812 C Christel Hanewinckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15813 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15814 A Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15815 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 15818 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 15819 A Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Ge- setz zur Neuordnung des Gerichtsvoll- zieherkostenrechts – GvKostRNeuOG (Drucksachen 14/3432, 14/4913, 14/5385, 14/5685) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15821 C Plenarprotokoll 14/162 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 162. Sitzung Berlin, Freitag, den 30. März 2001 I n h a l t : Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Verarbeitung und Nutzung der zur Durchführung derVerordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten (Drucksachen 14/4721, 14/5142, 14/5384, 14/5686) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15821 C Tagesordnungspunkt 15: Große Anfrage der Fraktion der PDS: Kriegsbilanz (Drucksachen 14/3047, 14/5677) . . . . . . . 15821 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15822 A Dr. Eberhard Brecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15823 A Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15824 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 15824 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15826 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . . 15828 C Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15830 A Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 15831 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 15833 A Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15835 B Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Sozialordnung – zu dem Antrag der Abgeordneten Franz Thönnes, Doris Barnett, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Ekin Deligöz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Jobrotation im Arbeitsförderungs- recht verankern – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Bessere Erwerbsaus- sichten für ältere Arbeitnehmer durch bessere Qualifizierung (Drucksachen 14/5245, 14/2909, 14/5608) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15837 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15837 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . . . . . 15838 B Gerd Andres SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15840 C Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . . . . . 15840 D Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15841 B Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15844 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15845 B Tagesordnungspunkt 17: a) Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Dr. Heinz Riesenhuber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Steuerliche Rahmenbe- dingungen für die Gewährung von Aktienoptionen an Mitarbeiter (stock options) verbessern Drucksache 14/5318) . . . . . . . . . . . . . 15846 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Keine Steuer beim Aktien- tausch (Drucksache 14/3009) . . . . . . . . . . . . . 15846 C Dr. Heinz Riesenhuber CDU/CSU . . . . . . . . . 15846 C Nina Hauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15848 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . . . . . . . . 15850 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15851 B Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 15852 C Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15854 B Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Sonderprogramm zur Sicherung und Erhöhung des Ni- veaus der Landes- und Hochschulbiblio- theken am Wissenschafts- und For- schungsstandort Deutschland (Drucksache 14/5105) . . . . . . . . . . . . . . . 15855 B Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15855 C Dr. Peter Eckardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15856 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 15857 A Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 15857 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15859 D Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15860 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15861 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15863 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15865 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001II Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zur Abstimmung über den Antrag: Gegen Rechtsextremismus, Fremden- feindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt (Drucksache 14/5456) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15866 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Steuerliche Rahmenbedingungen für die Gewährung von Aktienoptionen an Mitar- beiter (stock options) verbessern – Keine Steuer beim Aktientausch (Tagesordnungspunkt 17 a und b) . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15867 A Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15867 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001 III 15867 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001 Jörg Tauss 15863 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001 15865 (C) (D) (A) (B) Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 30.03.2001 Behrendt, Wolfgang SPD 30.03.2001** Dr. Blank, CDU/CSU 30.03.2001*** Joseph-Theodor Bodewig, Kurt SPD 30.03.2001 Bohl, Friedrich CDU/CSU 30.03.2001 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 30.03.2001 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 30.03.2001 Herta Friedhoff, Paul K. F.D.P. 30.03.2001 Griefahn, Monika SPD 30.03.2001 Hartnagel, Anke SPD 30.03.2001 Hempelmann, Rolf SPD 30.03.2001 Heubaum, Monika SPD 30.03.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 30.03.2001 DIE GRÜNEN Hofbauer, Klaus CDU/CSU 30.03.2001 Homburger, Birgit F.D.P. 30.03.2001 Hörster, Joachim CDU/CSU 30.03.2001 Ibrügger, Lothar SPD 30.03.2001 Irber, Brunhilde SPD 30.03.2001 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 30.03.2001 Kirschner, Klaus SPD 30.03.2001 Klappert, Marianne SPD 30.03.2001 Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 30.03.2001 Dr. Lamers CDU/CSU 30.03.2001 (Heidelberg), Karl A. Lengsfeld, Vera CDU/CSU 30.03.2001 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 30.03.2001 Klaus W. Louven, Julius CDU/CSU 30.03.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 30.03.2001 Erich Mascher, Ulrike SPD 30.03.2001 Mattischeck, Heide SPD 30.03.2001 Meckel, Markus SPD 30.03.2001*** Neumann (Gotha), SPD 30.03.2001 Gerhard Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ 30.03.2001 DIE GRÜNEN Poß, Joachim SPD 30.03.2001 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 30.03.2001 Rachel, Thomas CDU/CSU 30.03.2001 Robbe, Reinhold SPD 30.03.2001 Rönsch (Wiesbaden), CDU/CSU 30.03.2001 Hannelore Schloten, Dieter SPD 30.03.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 30.03.2001 Schmidt-Zadel, Regina SPD 30.03.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 30.03.2001 Hans Peter Schröder, Gerhard SPD 30.03.2001 Schuhmann (Delitzsch), SPD 30.03.2001 Richard Dr. Schuster, R. Werner SPD 30.03.2001 Singhammer, Johannes CDU/CSU 30.03.2001 Dr. Freiherr von CDU/CSU 30.03.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 30.03.2001 Thönnes, Franz SPD 30.03.2001 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 30.03.2001 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 30.03.2001 DIE GRÜNEN Dr. Westerwelle, Guido F.D.P. 30.03.2001 Wissmann, Matthias CDU/CSU 30.03.2001 Wistuba, Engelbert SPD 30.03.2001 Wohlleben, Verena SPD 30.03.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 30.03.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 30.03.2001* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung der NATO **** für die Teilnahme an der 105. Jahreskonferenz der Interparlamen- tarischen Union entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht **** Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Antrag: Gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Anti- semitismus und Gewalt (Drucksache 14/5456) Ulla Jelpke (PDS):Die Entschließung ist ein wichti- ges Signal für den gemeinsamen Kampf gegen Rechtsex- tremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt. Sie ist deshalb hoffentlich auch eine Ermutigung für den zivilen, den gesellschaftlichen Widerstand gegen den menschenverachtenden Neofaschismus. Ich unter- stützte sie. Ich sage aber auch: Wenn es uns gemeinsam gelungen wäre, dafür zu sorgen, dass endlich auch die Opfer der NS-Zwangsarbeit etwas Geld bekommen, dann hätte unsere heutige Entschließung sicher eine größere Tragweite, wäre das Eintreten der deutschen Politik und Gesellschaft gegen Rechtsextremismus glaubwürdiger. Die Entschließung ist auch eine klare Absage an Ver- suche der CDU/CSU, den Kampf gegen Rechtsextremis- mus zu ersetzen durch eine scheinbar gleichgewichtige Bekämpfung gegen „Extremismus“ von links und rechts, durch schärfere Strafgesetze und durch eine Einschrän- kung des Versammlungsrechts. Die CDU/CSU will die PDS aus dem gemeinsamen Bündnis gegen rechts ausgrenzen und den Kampf gegen Neofaschismus für die Einschränkung von Bürgerrechten und den Ausbau von Polizei und Geheimdiensten instru- mentalisieren. Die Gleichsetzung von rechts und links ist ein demagogischer Trick der Konservativen, der zur Ba- gatellisierung des Rechtsextremismus führt, während die Sicherheitsorgane die angeblichen Gefahren von links aufbauschen und ihre Repression gegen Linke verstärken. Das war schon immer falsch und verwerflich. Fast einhundert Menschen sind in den letzten Jahren durch braune Gewalt gestorben. Wie viele dieser Men- schen könnten noch leben, wenn die Bagatellisierung der rechten Gewalt früher korrigiert worden wäre? Die Verantwortung für diese falsche Politik trifft aber nicht nur die alte Regierung aus CDU/CSU und F.D.P. Auch die neue Regierung und ihr Innenminister Schily setzen diese falsche Politik fort, bagatellisieren weiter rechte Gewalt, verbreiten weiter falsche Zahlen über die Todesopfer der Neonazis und diffamieren antifaschisti- sche Organisationen wie die VVN-BdAund den Bund der Antifaschisten. Auch zu einer Verschärfung der Strafgesetze gegen rechts besteht kein Grund – nicht nur, weil die bestehen- den Gesetze völlig ausreichen. Abbau von Bürgerrechten, um so angeblich Rechtsextremismus zu bekämpfen, ist wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Nötig sind nicht weniger, sondern mehr Bürgerrechte, vor allem für Flüchtlinge, für Migrantinnen und Migranten, die Hauptopfer rechter Gewalt waren und sind. Ich habe als Berichterstatterin meiner Fraktion im In- nenausschuss an der Formulierung der Entschließung mitgewirkt. Dabei ist es gelungen, wichtige Anliegen wie den Ausbau des Opferschutzes, ein Plädoyer für eine un- abhängige Beobachtungsstelle gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die zumindest verbale Unterstüt- zung von Bündnissen gegen rechts und andere Anliegen zu einem Votum aller Fraktionen zu machen, die diese Re- solution nun unterstützen. Aber es gibt auch weiter viele berechtigte Kritik. In vielen Bereichen ist die Entschlie- ßung noch immer von Eigenlob der Regierung durchzo- gen. Statt klarer Aufträge gibt es Bitten, Empfehlungen, Ratschläge. Für Basisinitiativen, Bündnisse gegen rechts, antifaschistische Initiativen, Einrichtungen zur Flücht- lingshilfe und demokratische Jugendprojekte gibt es gute Worte, aber viel zu wenig Geld. Ohne die gesellschaftlichen Initiativen und Organisatio- nen, ohne die Anstrengungen von vielen Menschen wird es keine Erfolge gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeind- lichkeit und Antisemitismus geben. Der Kampf gegen rechts darf nicht an Behörden, an Polizei und Geheimdiens- te delegiert werden. Bündnisse gegen rechts, antirassisti- sche und antifaschistische Initiativen, die vor Ort tätig sind, sind das A und O des Kampfes gegen rechts. Die Gering- schätzung, die die Bundesregierung diesen Initiativen noch immer entgegenbringt, indem sie ihnen kein Geld, keine Unterstützung gewährt, ist ein schwerer Fehler. Auch die Auffassung, Rechtsextremismus sei sozial begründet oder könne durch soziale Maßnahmen zurück- gedrängt werden, ist für mich falsch. Rechtsextremismus ist vor allem ideologisch und politisch begründet. Hier muss die Auseinandersetzung ansetzen und geführt wer- den. „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbre- chen“, „Nazis raus aus den Köpfen!“ sind dazu richtige Forderungen. Ein entscheidender Schritt für den Kampf gegen rechts steht weiter aus. Wer Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in dieser Gesellschaft wirklich bekämpfen will, der muss auch die staatliche Flüchtlings- und Migrationspolitik end- lich grundlegend korrigieren. Denn diese Politik ist selbst rassistisch und fremdenfeindlich. Die Reform des Staats- bürgerschaftsrechts ist ein Flop. Die Hoffnungen vieler Migrantinnen und Migranten, nicht mehr Menschen zwei- ter Klasse zu sein, sind enttäuscht worden. Die ausländer- feindlichen Kampagnen gehen weiter. Selbst in der EU steht diese Regierung bei allen Reformversuchen, die mehr Menschenrechte für Flüchtlinge und Migranten er- reichen wollen, weiter auf der Bremse. Ich nenne nur die Blockade der Reform des Familiennachzugs, ich nenne die Weigerung der Bundesregierung, die Konvention des Eu- roparats zur Staatsbürgerschaft mit ihrer Anerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft zu unterzeichnen, ich nenne weiter die UN-Konvention über die Rechte der Wander- arbeiter, die die Regierung nicht ratifizieren will. Solange Flüchtlinge weiter an den Grenzen abgewehrt oder in Abschiebehaft gesteckt und gewaltsam abgescho- ben werden, das Asylbewerberleistungsgesetz und andere rassistische Gesetze weiter in Kraft sind, so lange werden braune Gewalttäter weiter behaupten, sie vollstreckten mit ihren Gewalttaten nur den stillschweigenden Willen der Mehrheit der Menschen in diesem Land. Auf diesem wichtigen Feld bringt die heutige Entschließung keine Verbesserung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 200115866 (C) (D) (A) (B) Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Steuerliche Rahmenbedingungen für die Gewäh- rung von Aktienoptionen an Mitarbeiter (stock op- tions) verbessern – Keine Steuer beim Aktientausch (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Dr. Barbara Höll (PDS): Wenn man den CDU/ CSU-Antrag liest, möchte man meinen, die Entlohnung über Aktienoptionen solle steuerlich begünstigt werden. Das ist nicht ganz korrekt. Denn die CDU/CSU möchte nicht nur schlechthin eine Begünstigung von Aktienoptio- nen, sondern sie möchte diese noch mehr begünstigen. In Ihrem Antrag unterschlagen Sie nämlich, dass schon jetzt Aktienoptionen steuerlich subventioniert werden. Die Hauptursache liegt in der gerade verabschiedeten Un- ternehmensteuerreform, nach der Unternehmensgewinne deutlich niedriger besteuert werden als Löhne und Gehäl- ter. Aber das reicht der CDU/CSU noch nicht. Sie möchte gern noch draufsatteln. Vielleicht einigen Sie sich doch einmal auf eine Linie in Ihrer Steuerpolitik. Wenn ich mich richtig erinnere, hatten Sie gerade den Vorschlag für eine große Steuerreform im Parlament eingebracht, die mit allen Steuerprivilegien und steuerlichen Subventio- nen aufräumen wollte. Aber schauen wir uns etwas näher an, was Ihnen so am Herzen liegt. Aktienoptionen sind besonders risikoanfäl- lig – da die Bewertung von Aktien durch die Börse erfolgt. Wie die jüngste Entwicklung zeigt, reflektiert der Bör- senwert in den seltensten Fällen den wirklichen Wert und die Erfolgsaussichten eines Unternehmens. Hier fließen subjektive Erwartungen, spekulative Überhöhungen bzw. Untertreibungen ein, die oft mit der wirklichen Wirt- schaftssituation des jeweiligen Unternehmens kaum et- was zu tun haben. Und dies gilt in besonderen Maße für die viel gerühm- ten Unternehmen der New Economy. Ein Bruchteil der Unternehmen des Neuen Marktes erwirtschaftete in den vergangenen Jahren Gewinn. Trotzdem stiegen die Kurse ins Unermessliche. Diesem rasanten Anstieg folgte – wie nicht anders zu erwarten – ein rasanter Fall. Hinzu kommt bei diesen Unternehmen, dass ihre Pflichten zur Offenle- gung der wirtschaftlichen Situation unzureichend ausge- staltet sind. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf die betrügerischen Aktivitäten von Geschäftsführungen ge- rade von Unternehmen des Neuen Marktes. Die Zeitun- gen der letzten Wochen sind voll von Meldungen, wonach die „Bosse“ von so genannten New Economy-Unterneh- men rechtzeitig vor dem Sinken der Börsenkurse große Ak- tienpakete verkauft haben. So verkaufte der EM.TV- Boss Anteile für 20 Millionen Euro, der Intertainment-Boss Aktien im Wert von über 2 Millionen Euro. Während die Mitarbeiter dann in aller Regel auf ihren Optionen festsitzen und sich nicht einfach aus dem Un- ternehmensrisiko zurückziehen können, haben das ihre Bosse schon längst getan. Und damit nicht genug: Mit dem massenhaften Verkauf eigener Anteile wird weiter Druck auf die Börsenkurse ausgeübt und der Lohnraub dadurch noch erhöht. Angesichts dieser Situation ist es nicht verwunderlich, dass selbst im gelobten Land der New Economy – nach kurzer Euphorie – die Entlohnung über Aktienoptionen die Beschäftigten kaum noch wirklich beeindruckt. Die Beschäftigten wollen sich auch in der New Economy nicht mehr auf imaginäre Zukunftsaussichten vertrösten lassen – sie wollen für ihre Arbeit zum Zeitpunkt ihrer Ar- beit das Geld sehen, dass ihnen zusteht. Ganz im Zeichen der verrufenen Old Economy fordern sie Betriebsräte ein, bilden zur Durchsetzung ihrer Forderungen gewerk- schaftliche Vertretungen. Es ist ganz in der Tradition der CDU/CSU, dass Sie diesen Lohnraub mit steuerlichen Instrumenten auch noch fördern wollen, dass Sie nun auch die Löhne der Speku- lation und Betrug aussetzen wollen. Dies lehnen wir aber ab. Ähnlich verhält es sich mit dem F.D.P.-Antrag zur Steuerfreiheit des Aktientauschs. Es reicht der F.D.P. nicht, dass Spekulationsgewinne nur zur Hälfte besteuert werden. Nein, sie möchte – zumindest, wenn Aktien ge- gen Aktien verkauft werden – diese gänzlich von der Ein- kommensteuer befreien. Sie ignoriert dabei gänzlich, dass diese Aktien oftmals gerade in Hinblick auf eine zu er- wartende Fusion und die damit einhergehenden Kursstei- gerungen erworben wurden. Das Bild, das die F.D.P. uns hier von dem armen Aktionär zeichnen will, der sich völ- lig überraschend und hilflos einer Fusion ausgesetzt sieht, ist doch etwas ergänzungsbedürftig. Begründet wird das alles mit der Ungleichbesteuerung von privaten Spekulationsgewinnen und Gewinnen der Kapitalanlagegesellschaften. Mit der Unternehmensteu- erreform des Herrn Minister Eichel sind Gewinne von Ka- pitalgesellschaften aus der Veräußerung von Untenehmen steuerfrei gestellt, während kurzfristige Spekulationsge- winne des Privatanlegers besteuert werden – wenn auch nur zur Hälfte Die F.D.P. sollte, wenn ihr die Gleichbesteuerung wirk- lich so sehr am Herzen liegt, mit der Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne von großen Konzernen, Banken und Versicherungen aufräumen. Das wäre wirklich ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit und Besteuerungs- gleichheit! Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 2001 15867 (C) (D) (A) (B) Finanzausschuss Drucksache 14/4309 Nr. 1.39 Drucksache 14/5172 Nr. 2.14 Drucksache 14/5172 Nr. 2.87 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/671 Nr. 1.5 Drucksache 14/4441 Nr. 1.26 Drucksache 14/4570 Nr. 1.5 Drucksache 14/5172 Nr. 2.61 Drucksache 14/5172 Nr. 2.99 Drucksache 14/5281 Nr. 2.13 Drucksache 14/5281 Nr. 2.14 Drucksache 14/5281 Nr. 2.15 Drucksache 14/5363 Nr. 2.16 Drucksache 14/5363 Nr. 2.17 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 14/5172 Nr. 2.80Drucksache 14/5281 Nr. 2.11Drucksache 14/5281 Nr. 2.19 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 14/1617 Nr. 2.30 Drucksache 14/3428 Nr. 1.8 Drucksache 14/4170 Nr. 2.3 Drucksache 14/4170 Nr. 2.4 Drucksache 14/4170 Nr. 2.5 Drucksache 14/4170 Nr. 2.6 Drucksache 14/4170 Nr. 2.7 Drucksache 14/4170 Nr. 2.8 Drucksache 14/4170 Nr. 2.9 Drucksache 14/4170 Nr. 2.10 Drucksache 14/4170 Nr. 2.11 Drucksache 14/4170 Nr. 2.12 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/5281 Nr. 2.2 Drucksache 14/5281 Nr. 2.4 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/4865 Nr. 2.1 Drucksache 14/5363 Nr. 2.9 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/5114 Nr. 2.6 Drucksache 14/5281 Nr. 3.2 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/4945 Nr. 2.21 Drucksache 14/4945 Nr. 2.22 Drucksache 14/5172 Nr. 2.40 Drucksache 14/5172 Nr. 2.27 Drucksache 14/5172 Nr. 2.28 Drucksache 14/5172 Nr. 2.43 Drucksache 14/5172 Nr. 2.75 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4309 Nr. 1.13 Drucksache 14/5172 Nr. 2.42 Drucksache 14/5172 Nr. 2.72 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/5114 Nr. 1.2 Drucksache 14/5114 Nr. 1.3 Drucksache 14/5114 Nr. 1.5 Drucksache 14/5172 Nr. 1.3 Drucksache 14/5363 Nr. 1.1 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 14/4570 Nr. 1.4 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. März 200115868 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Maritta Böttcher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Sehr ge-
    ehrte Damen und Herren! Die CeBIT und die Leipziger
    Buchmesse waren gleichermaßen erfolgreich und machen
    eines deutlich: Auch im Zeitalter von PC und Internet hat
    das Buch eine große Zukunft vor sich.


    (Beifall bei der PDS sowie der Abg. Cornelia Pieper [F.D.P.])


    Ein kulturelles Leben ohne Bücher ist und bleibt schlicht
    unvorstellbar. „Big Brother“ und Co. wie auch Guildo
    Horn können diese Lücke nicht schließen. Wichtig ist,
    dass alle Menschen einen breiten Zugang zur Literatur ha-
    ben. Darin ist die Forderung nach einem ausreichend fi-
    nanzierten öffentlichen Bibliothekswesen begründet.

    Das gilt analog für Wissenschaft und Forschung. Die
    Lektüre von Fachbüchern und Fachzeitschriften bestimmt
    auch im 21. Jahrhundert den Alltag von Wissenschaftle-
    rinnen und Wissenschaftlern, von Studentinnen und
    Studenten. Zur aufgabengerechten Infrastruktur eines
    modernen Wissenschaftssystems gehört daher die bedarfs-
    gerechte Bereitstellung von Fachliteratur.




    Dr. Reinhard Loske
    15860


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Diese Infrastruktur – da gibt es nichts zu beschöni-
    gen – ist substanziell gefährdet. Darauf hat jetzt auch der
    Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskul-
    turverbände, in einer Resolution aufmerksam gemacht.
    Die Forderung des Deutschen Kulturrats nach einer So-
    forthilfe des Bundes für die Hochschul- und Landesbi-
    bliotheken ist als dringender Hilferuf zu verstehen, den
    wir nicht überhören dürfen.

    Die Lage der Hochschulbibliotheken ist katastro-
    phal: Buch- und Zeitschriftenpreise schießen in die Höhe;
    die öffentlichen Wissenschaftsetats stagnieren. Die Folge
    sind Verzicht auf wichtige Neuanschaffungen und
    Abbestellungen von Fachzeitschriften. Auf diese Weise
    entstehen Lücken in Bibliotheksbeständen, die auch
    nachträglich nicht oder nur unter erschwerten Umständen
    geschlossen werden können.

    Universitäten, Fach- und Kunsthochschulen suchen
    heute händeringend Mäzene und Sponsoren, um die Schä-
    den wenigstens zu begrenzen. So hat mich beispielsweise
    ein Spendenaufruf der Universitätsgesellschaft Potsdam
    erreicht, in dem allein für die Universität Potsdam im Jahr
    2001 über fehlende Mittel in Höhe von 6 bis 7 Millionen
    DM geklagt wird. So hilfreich privates Engagement im
    Einzelfall sein mag, so klar ist doch auch, dass sich das
    Problem der chronischen Unterfinanzierung der Hoch-
    schulen auf diese Weise nicht lösen lässt.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir können und dürfen den Staat nicht aus einer Ver-

    antwortung entlassen und wir fordern, dass sich auch der
    Bund dieser Verantwortung stellt.


    (Beifall bei der PDS)

    Der Bund ist mit seiner Steuer- und Finanzpolitik dafür
    mitverantwortlich, dass viele Länder ihren Bildungs- und
    Wissenschaftsetats den Hahn abdrehen. Der Bund hat da-
    her die Pflicht, dort Soforthilfe zu leisten, wo irreversible
    Schäden der wissenschaftlichen Infrastruktur drohen. Die
    PDS unterstützt daher die Initiative des Deutschen Kul-
    turrates und den heute hier behandelten Antrag der F.D.P.-
    Fraktion.


    (Beifall bei der PDS)

    Ein Umdenken ist auch zur Sicherung der Chancen-

    gleichheit im Studium dringend geboten. Es ist doch be-
    reits heute so, dass Studierende, die jeden Pfennig umdre-
    hen müssen, viel stärker unter dem katastrophalen
    Zustand der Hochschulbibliotheken leiden als jene, die
    sich fehlende Literatur mal eben im Buchhandel beschaf-
    fen können. Wenn die neuesten Auflagen von Lehr- und
    Fachbüchern nicht im Bibliotheksregal stehen und Zeit-
    schriftenaufsätze mühsam und mit ungewissem Erfolg
    per Fernleihe bestellt werden müssen, schlägt sich dies in
    den Studienleistungen und auch in der Studiendauer nie-
    der. Darauf hat Kollegin Pieper schon aufmerksam ge-
    macht.


    (Beifall bei der PDS)

    Studiengebühren – ich füge ausdrücklich hinzu: auch Be-
    nutzungsgebühren für Bibliotheksleistungen – verschär-

    fen das Problem der Chancenungleichheit im Studium zu-
    sätzlich. Ein Ausbau der Finanzierung von Hochschul-
    und Landesbibliotheken durch Gebühren wäre also der
    falsche Weg.


    (Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fink [PDS])

    Meine Damen und Herren, Buchrestauratoren kämpfen

    erfolgreich dagegen, dass jahrhundertealte Schätze in un-
    seren Bibliotheken zu Staub zerfallen. Die eigentliche Ge-
    fahr für den Literaturbestand unserer Bibliotheken geht
    allerdings von den Rotstiften der Sparkommissare in
    Bund und Ländern aus. Damit ist die PDS nicht einver-
    standen. Wir unterstützen daher die Forderung des Deut-
    schen Kulturrates nach einem Sonderprogramm für die
    Hochschul- und Landesbibliotheken.


    (Beifall bei der PDS)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Letzter Redner in die-
ser Debatte ist der Kollege Jörg Tauss für die SPD-Frak-
tion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jörg Tauss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegin-
    nen! Liebe Kollegen! Wir diskutieren heute Nachmittag
    in der Tat ein wichtiges Thema an. Ich habe allerdings,
    Frau Kollegin Pieper, erhebliche Zweifel, ob der F.D.P.-
    Antrag dem Thema insgesamt gerecht wird. Es ist doch
    keineswegs geklärt, dass die Bibliotheksprobleme nur mit
    Geld zu lösen sind, wie die F.D.P. es hier behauptet. Es ist
    ja interessant, wie sich die Zeiten ändern. Nun sagt sie:
    Wenn ein Problem besteht, soll der Staat dafür Steuermit-
    tel aufwenden. Bezüglich der Frage der Finanzierung ha-
    ben Sie nur einen Hinweis im Zusammenhang mit den
    Gewinnmöglichkeiten beim Glücksrad gegeben; das habe
    ich mir aufgeschrieben. Diese müsste aber auf andere
    Füße gestellt werden.

    Der Antrag ist zwar in den Punkten, die direkt auf Vor-
    schläge des Kulturrates zurückgehen, richtig,


    (Zuruf der Abg. Cornelia Pieper [F.D.P.])

    – seien Sie doch nicht gleich wieder eingeschnappt –, er
    beinhaltet aber darüber hinaus auch noch den einen oder
    anderen Fehler. In der Begründung steht zum Beispiel,
    dass die Belastung durch eine Mehrwertsteuer in Höhe
    von 16 Prozent ein Problem darstelle.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Habe ich gar nicht gesagt!)


    Das ist in diesem Bereich kein Problem; denn für Print-
    medien gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz. Diese Un-
    korrektheiten nehmen dem Antrag leider etwas von seiner
    Ernsthaftigkeit.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Nein!)

    Ich habe zwar gesagt, dass Geld nicht alles ist; trotz-

    dem möchte ich noch einmal auf die Strukturprobleme
    zu sprechen kommen. Die finanziellen Faktoren bis hin
    zum gestiegenen Dollarkurs sind hier hinreichend be-
    schrieben worden. Wenn wir aber eine Debatte über
    das gesamte Bibliothekswesen führen wollen, müssen wir
    tiefer gehen.




    Maritta Böttcher

    15861


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ihre Behauptung, Frau Pieper, das Internet führe in
    den Etats der Bibliotheken nicht zu Spareffekten, ist in
    dieser Einseitigkeit übrigens auch nicht richtig.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Doch!)

    – Nein, sie ist natürlich nicht richtig. – Selbstverständ-
    lich führt dies auch zu Spareffekten, aber um diese zu er-
    reichen, sind vorher Investitionen nötig. Das muss an
    dieser Stelle ganz klar gesagt werden. Aus diesem Grund
    unterstützt die Bundesregierung mit sehr viel Geld und
    verschiedenen Programmen einen Ausbau der Möglich-
    keiten von Bibliotheken, eine Internetpräsenz herzu-
    stellen.


    (Walter Hirche [F.D.P.]: Sie hätten mal besser zuhören sollen! Da hätten Sie was lernen können!)


    – Stellen Sie doch eine Frage, wenn Sie etwas wissen wol-
    len! Der Kollege Dr. Eckardt hat hier beispielsweise die
    Deutsche Forschungsgemeinschaft angesprochen, die mit
    sehr viel Geld virtuelle Fachbibliotheken fördert. Wir
    können uns doch darüber freuen, dass sich in diesem Be-
    reich etwas tut.

    Mit der digitalen Bibliothek entstehen natürlich auch
    ganz neue, vernetzte Informationssysteme. Wir kümmern
    uns deshalb um Ansätze für künftige derartig vernetzte In-
    formationssysteme und für die wissenschaftliche Fachin-
    formation.

    Frau Kollegin Pieper, Sie wollten, wenn ich das recht
    in Erinnerung habe, das alles in der Amtszeit des Kolle-
    gen Rüttgers, der hier mehrmals zitiert worden ist, Herr
    Hauser, privatisieren. Damals haben Sie auch die elektro-
    nische Information als gesellschaftliche Aufgabe ausglie-
    dern wollen. Sie wollten sie an die Verlage verscherbeln.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Ich wollte das nicht!)


    – Entschuldigen Sie bitte, genau das waren die Pläne, die
    wir vorgefunden haben. – Das hätte, wie bei den Fach-
    zeitschriften, möglicherweise dazu geführt, dass die elek-
    tronische Fachinformation unbezahlbar geworden wäre.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Das ist doch Quatsch!)


    Deshalb haben wir gesagt, wir bremsen das jetzt erst
    einmal, wir machen ein Moratorium, privatisieren nicht
    und holen die Verleger mit ins Boot; denn es ist notwen-
    dig, dass die Verlegerinnen und Verleger mit im Boot sit-
    zen. Aber eines machen wir nicht, Frau Pieper – darauf
    liefe Ihr Antrag hinaus –: Wir machen kein Verlagssub-
    ventionsprogramm, finanziert durch Steuermittel. Das
    will ich hier in aller Klarheit sagen.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Wer hat das denn gefordert? – Weiterer Zuruf von der F.D.P.)


    – Das ist eine Aufgeregtheit heute Nachmittag! Entspan-
    nen Sie sich doch, es ist gleich Wochenende!

    Die Hochschulen und die Universitäten müssen – der
    Kollege Loske hat darauf hingewiesen – gegenüber den

    Verlagen verstärkt Marktmacht entwickeln. Sie müssen
    zusehen, dass gemeinsam bestellt wird. Die Länder kön-
    nen das durchsetzen und sie tun es auch. Schauen Sie sich
    einmal die Zusammenarbeit benachbarter Univer-
    sitätsbibliotheken an, zum Beispiel in Bonn und Köln.
    Dort wird sie allerdings vom Kollegen Hauser kritisiert.
    Auch in Bochum und Dortmund haben wir ein hervorra-
    gendes Beispiel einer intelligenten Zusammenarbeit der
    Bibliotheken.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Sie haben Darmstadt vergessen!)


    Das sind gute Beispiele. Herr Kollege Loske hat in diesem
    Punkt völlig Recht: Das ist ein Weg, der weiter beschrit-
    ten werden muss.

    Die Universitäten und Hochschullehrer sollten sich im
    Übrigen selbst stärker in diese Debatte einbringen. Es ist
    gut und wichtig, wenn das der Kulturrat tut,


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Ich habe die Hochschulrektorenkonferenz zitiert, Herr Tauss!)


    dies sollten aber auch die Universitäten, die Hochschul-
    lehrer und die Bibliotheksverbände selbst stärker tun.

    In diesen Tagen zum Beispiel, Frau Pieper, fordern
    12 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus
    120 Ländern in einem offenen Brief an die Verleger, und
    zwar ausgehend von den neuen Erkenntnissen im Bereich
    der Biotechnologie, dass wissenschaftliche Artikel nach
    geraumer Zeit über das Internet frei verfügbar sein müs-
    sen. Das halte ich für eine extrem wichtige Debatte. Da-
    bei geht es nämlich um die Frage: Werden wissenschaft-
    liche Erkenntnisse frei zur Verfügung gestellt oder
    kommen wir in die Situation, dass die mit sehr viel öf-
    fentlichem Geld, auch öffentlichem Forschungsgeld, er-
    rungenen Erkenntnisse von Verlagen mit wiederum knap-
    pen öffentlichen Mitteln zurückgekauft werden müssen?

    Das ist eine ernsthafte Frage, die wir uns stellen müs-
    sen, die aber natürlich bei den Verlagen gelegentlich zu
    Aufregung führt. Deswegen sage ich ganz deutlich:
    Niemand will den Verlagen etwas Böses. Aber die
    Frage, wie wir in einer Informationsgesellschaft zu fai-
    ren Preisen und fairen Bedingungen an den Rohstoff In-
    formation kommen, ist eine zentrale Frage, die über die
    Ausstattung der Bibliotheken natürlich weit hinaus-
    reicht.

    Kommen wir zurück auf eine Debatte, die wir hier
    schon einmal geführt haben, Herr von Klaeden. Als ich
    damals gesagt habe, der freie, ungefilterte Zugang zu In-
    formation zu fairen Bedingungen sei eine zentrale
    Frage, haben Sie noch gerufen, das sei Sozialismus. Das
    habe ich Ihnen nicht übel genommen, weil Sie sich mit
    dem Thema noch nicht sehr intensiv beschäftigt hatten.
    Aber ich glaube, heute sind wir zumindest in diesem
    Punkt weiter: Der freie Zugang zu dem Rohstoff Infor-
    mation ist eine zentrale, strategische Aufgabe, die aller-
    dings allein über das, was Sie mit Ihrem Antrag vorgelegt
    haben, nicht bewältigt werden kann.

    Ich freue mich allerdings sehr auf die Debatte, die wir
    in den Ausschüssen miteinander führen können. Da wer-




    Jörg Tauss
    15862


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    den wir interessante Diskussionen haben. Dann wird die
    spannende Frage sein: Mit welchen neuen Mitteln
    gewährleisten wir diesen Zugang? Sagen Sie dann aber
    bitte nicht: über Glücksrad und Steuermittel. Lassen Sie
    uns versuchen, wieder Geld in ein System zu pumpen, das
    an einigen Stellen große strukturelle Defizite aufweist, die
    zunächst einmal beseitigt werden müssen.

    Ich wünsche Ihnen trotz Ihrer Aufregung ein schönes
    Wochenende.

    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Cornelia Pieper [F.D.P.]: Sie waren aufgeregt, Herr Tauss! Wir waren ganz ruhig!)