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ID1416120200

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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Hubert Deittert und Dr. Jürgen Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 15651 A Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 a bis d, 5 sowie 16 a und b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 D Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 15652 A Jörg van Essen F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . . . 15653 A Alfred Hartenbach SPD (zur GO) . . . . . . . . . 15653 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU (zur GO) . . . . 15655 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS (zur GO) . . . . . 15656 A Tagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neugliede- rung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) (Drucksachen 14/4553, 14/5663) . . . . 15656 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Michael Goldmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verein- fachung des Mietrechts (Mietrechts- vereinfachungsgesetz) (Drucksachen 14/3896, 14/5663) . . . . 15656 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15657 A Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15659 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15662 A Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15663 C Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15665 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15667 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 15669 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15671 D Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15674 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . 15675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 15677 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15679 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . 15681 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15682 C Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15683 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15685 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15688 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Sofor- tige Entlassung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15691 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15693 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15695 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15698 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15700 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 15700 C Plenarprotokoll 14/161 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 I n h a l t : Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15702 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15704 B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15707 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15707 A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15707 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15708 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15711 D Tagesordnungspunkt 20: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teil- habe behinderter Menschen (Drucksachen 14/5531, 14/5639) . . . . 15708 D b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Staatsan- gehörigkeitsgesetzes (Drucksache 14/5654) . . . . . . . . . . . . . 15709 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Helmut Wilhelm (Am- berg), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Poten- ziale im Wasserstraßentransport um- welt- und naturverträglich nutzen – In- termodalität stärken (Drucksache 14/5667) . . . . . . . . . . . . . . . 15709 A Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 12. April 1999 zum Schutz des Rheins (Drucksachen 14/4674, 14/5282) . . . . 15709 B b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten bei Abfalllagern (Drucksachen 14/4926, 14/5633) . . . . 15709 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Neunundzwanzigs- ter Rahmenplan der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der regiona- len Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2000 bis 2003 (2004) (Drucksachen 14/4623, 14/3250, 14/5185) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15709 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Verantwortung der Bundesregierung für die Begleitumstände des ersten rot-grünen Castortransports 15710 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15710 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15714 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15715 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15716 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15718 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15719 B Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU . . . . 15720 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15721 D Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15723 B Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15724 B Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15725 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 15726 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15728 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 15729 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15731 A Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Tou- rismuspolitischer Bericht der Bundes- regierung (Drucksachen 14/2473, 14/5432 [neu]) . . . 15732 C Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15732 C Anita Schäfer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15734 A Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 15735 D Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15737 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001II Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15738 C Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15739 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15740 D Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15741 B Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15742 B Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15744 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15745 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15746 D Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15747 A Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Karin Rehbock- Zureich, Hans-Günter Bruckmann, wei- terer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Die Bahnreform fort- führen und die Zukunft der Schiene in Deutschland sichern (Drucksache 14/5665) . . . . . . . . . . . . 15747 B b) Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gewährleistung des Schie- nenpersonenfernverkehrs (Drucksache 14/5451) . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Gewährleistung des Schienen- personenfernverkehrs (Bundesschienen- personenfernverkehrsgesetz) (Drucksache 14/5662) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Eisenbahnpolitische Reformschritte zügig einleiten (Drucksache 14/5666) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 D Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . 15747 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 15749 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15751 D Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15753 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15754 C Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15755 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15756 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15757 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15758 C Tagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Horst Friedrich, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Referenzstrecke für den Transrapid (Drucksachen 14/2734, 14/4025) . . . . . . . 15759 B Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15759 C Reinhold Hiller (Lübeck) SPD . . . . . . . . . . . 15760 C Dr. Hermann Kues CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15762 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 B Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Künftige Gestaltung der Standortwer- bung zur Gewinnung ausländischer In- vestitionen für Deutschland (Drucksache 14/4240) . . . . . . . . . . . . . . . 15764 D Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15765 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15766 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15768 A Walter Hirche F.D.P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 A Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 D Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15770 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Christian Schmidt (Fürth), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Strukturpolitische Verantwortung für Bundeswehrstandorte übernehmen, die die Bundesregierung schließen oder ver- kleinern will (Drucksache 14/5550) . . . . . . . . . . . . . . . 15771 D in Verbindung mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 III Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Günther Nolting, Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Hilfe durch den Bund für die von Reduzierung und Schließung betroffenen Bundeswehr- standorte ist unverzichtbar (Drucksache 14/5467) . . . . . . . . . . . . . . . 15772 A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15772 B Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15773 C Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15774 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 15775 C Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15776 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15778 A Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 15779 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 15780 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüber- führungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungs- gesetz) (Drucksache 14/5640) . . . . . . . . . . . . . . . 15782 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 15782 C Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15783 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 15785 C Monika Balt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15786 B Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15787 B Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung von Beschränkun- gen des Brief-, Post- und Fernmelde- geheimnisses (Drucksache 14/5655) . . . . . . . . . . . . . . . 15788 C Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Christina Schenk, Christine Ostrowski, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Drit- ten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz) (Drucksachen 14/3227, 14/5354) . . . . . . . 15788 C Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15788 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15789 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15791 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlas- sung des Bundesministers für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung und Ergänzung des Anspruchs- und An- wartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG- Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fern- meldegeheimnisses (Tagesordnungspunkt 12) 15793 A Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15793 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15794 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 15795 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15795 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 15796 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz – ... SGB III-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Renate Rennebach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15799 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15800 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15800 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 Christina Schenk 15789 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15791 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 29.03.2001** Behrendt, Wolfgang SPD 29.03.2001*** Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Bodewig, Kurt SPD 29.03.2001 Glos, Michael CDU/CSU 29.03.2001 Goldmann, F.D.P. 29.03.2001 Hans-Michael Heil, Hubertus SPD 29.03.2001 Hempelmann, Rolf SPD 29.03.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 29.03.2001*** Karl-Heinz Hörster, Joachim CDU/CSU 29.03.2001 Ibrügger, Lothar SPD 29.03.2001 Irber, Brunhilde SPD 29.03.2001 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 29.03.2001 Klappert, Marianne SPD 29.03.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 29.03.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.03.2001 Erich Neumann (Gotha), SPD 29.03.2001 Gerhard Robbe, Reinhold SPD 29.03.2001 Schloten, Dieter SPD 29.03.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 29.03.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 29.03.2001 Hans Peter Schröder, Gerhard SPD 29.03.2001 Dr. Schuster, SPD 29.03.2001 R. Werner Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 29.03.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Wegener, Hedi SPD 29.03.2001 Wiefelspütz, Dieter SPD 29.03.2001 Wistuba, Engelbert SPD 29.03.2001 Wohlleben, Verena SPD 29.03.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 29.03.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 29.03.2001** ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ***** für die Teilnahe an der 105. Jahreskonferenz der Interparla- mentarischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlassung des Bundesmi- nisters für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab, weil wir nach unserem Parlamentsverständnis es weder der Opposition noch dem Kanzler überlassen wollen, die Auseinander- setzungen mit bündnisgrünen Mitgliedern des Kabinetts zu führen. Im Übrigen lehnen wir eine Stil der Auseinanderset- zungen ab, der politische Gegner in ihrer Person herab- würdigt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurf eines Zweiten Geset- zes zur Änderung und Ergänzung des An- spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgeset- zes (2.AAÜG-Änderungsgesetz – 2.AAÜG-ÄndG) (Tagesordnungspunkt 10) Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hier vorliegende 2. AAÜG-ÄndG wurde auf entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht ***** Grundlage der Urteile des Bundesverfassungsgerichts erarbeitet. Wir halten uns damit streng an die Vorgaben des Gerichturteils des Bundesverfassungsgerichts. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 28. April 1999 zur Verfassungsmäßigkeit der Über- führung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetz- liche Rentenversicherung vier Urteile verkündet. Das Leit- urteil setzt sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Sys- tementscheidung – Überführung in die gesetzliche Ren- tenversicherung –, die weiteren drei Urteile setzen sich mit der Zahlbetrags- und Entgeltbegrenzung des AAÜG sowie mit der Regelung des § 307b SGB VI auseinander. Um klar zu stellen: Die so genannte Systementschei- dung wurde vom Bundesverfassungsgericht gebilligt und wird auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht infrage gestellt. Denn nach den Vorgaben des Einigungs- vertrages wurden die in den Zusatz- und Sonderversor- gungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und An- wartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung überführt. Wir sehen es als folgerichtig und gerecht an, dass die in der Rentenversicherung geltenden Grundsätze, Renten auf Basis der versicherten Entgelte eines ganzen Lebens zu zahlen, auch auf Personen angewandt werden, die in der DDR in Zusatz oder Sonderversorgungssyste- men versichert waren. Was bedeutet dieses Gesetz und wem nützt dieses Ge- setz? Das Gesetz sieht, wie vom Bundesverfassungsge- richt vorgeschrieben, Leistungsverbesserungen bei den rentenrechtlichen Beschäftigungszeiten bei der Deut- schen Reichsbahn und der Deutschen Post vor. Künftig sollen für von März 1971 bis Dezember 1973 bei der Deutschen Reichsbahn oder der Deutschen Post zurück- gelegte Beschäftigungszeiten bis zu 1 250 DM monatlich anrechenbar sein. Für Personen, die am 1. Januar 1974 be- reits zehn Jahre in einem der beiden Bereiche beschäftigt waren, soll ein Arbeitsverdienst bis zu dieser Höhe sogar bis Juni 1990 anrechenbar sein. Das kostet natürlich auch Geld. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Leistungsverbesserungen führen bei Bund und bei den Ländern zu Mehrausgaben für Nachzahlungen bis zum 30. April 1999 in Höhe von rund 690 Millionen DM und zu laufenden, jährlichen Mehraufwendungen in Höhe von rund 325 Millionen DM. In Hunderten von Briefen, die wir in den letzten Mo- naten bekommen haben, wird uns vorgeworfen, wir be- trieben ein „Rentenstrafrecht“. Ich möchte die Gegen- frage stellen: Sollen wir wirklich gerade diejenigen, die in der ehemaliger DDR schon privilegiert waren, belohnen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der Grund, warum wir nicht, wie es hier von der PDS gefordert wird, über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hi- nausgehen und weitere Verbesserungen für ehemalig Pri- vilegierte beschließen. Wir haben in diesem Gesetz Ver- besserungen vorgesehen, die uns das Urteil zwingend vorgibt. Sie haben alle in den letzten Wochen die Schlagzeilen in der Bildzeitung gesehen, die genau ausgerechnet ha- ben, wie viel Rente Margot Honecker, Egon Krenz und Markus Wolf mehr bekommen. Ich darf Sie daran erin- nern, dass Margot Honecker 45 000 DM bzw. 400 DM und Markus Wolf 30 000 DM mehr Rente bekommen sol- len. Ich frage noch mal: Wollen wir hier noch eins drauf- setzen, wie es die PDS fordert? Steht nicht die Lösung viel drängenderer Probleme an, wie die Beseitigung der Ar- beitslosigkeit im Osten, die Bereitstellung einer intakten Infrastruktur und eine gute Aus- und Weiterbildung für die Jungen? Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, eine Besserstellung der Privilegierten ist nicht vertretbar, so- lange eine angemessene Entschädigung der Opfer des SED-Regimes noch aussteht. Liebe Kolleginnen und Kol- legen, der richtige Blickwinkel für diese Debatte ist der Blickwinkel der Opfer. Auch die Union hat sich für eine stärkere rentenrechtliche Aufwertung von Opfern ausge- sprochen. Wie ist Ihre kritische Haltung jetzt zu verste- hen? Der PDS ist das im Gesetz Enthaltene noch nicht ge- nug und vertritt diejenigen, denen das hier im Gesetz Ent- haltene noch nicht genug ist. Damit macht sie sich zum Vertreter der Interessen der vormals Privilegierten, zum Teil auch der Täter. Die PDS fordert ausdrücklich, dass die „Eigentumspositionen der Betroffenen im Verhältnis zu den übrigen Rentnern im Osten“ gehalten werden müs- sen und dass wir als der Gesetzgeber dafür Sorge zu tra- gen haben. Dafür ein Beispiel: Die PDS fordert die Dy- namisierung des besitzgeschützten Betrags also der Rente, die aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Grundlage des Rechts der DDR gezahlt wird – mit dem aktuellen Rentenwert Ost ab 1. Januar 1992 statt ab 1. Juli 1992. Dies würde zu einer deutlich stärkeren Stei- gerung führen als bei einer Dynamisierung gemäß dem Rentenwert West. Das BSG hat hierzu eine klare Ent- scheidung getroffen und die Dynamisierung mit dem Ren- tenwert West vorgeschlagen. Eine Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost kommt allein deshalb nicht in Be- tracht, weil der Zahlbetrag der Rente solange besitzge- schützt sein sollte, wie sich durch die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern auch höhere Renten nach dem SGB VI ergeben hätten. Nebenbei bemerkt: Die Dynamisierung der Renten ist kein Strukturmerkmal der Versicherung der DDR. Die Forderung nach der Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost zeigt, dass die PDS will, dass das Rentenrecht der DDR dann zum Zuge kommen soll, wenn es für die Be- troffenen besser wäre. Wenn es höhere Renten verspricht, berufen Sie sich gerne auf das Rentenrecht der BRD. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich hier entscheiden und sich nicht aus den unterschiedlichen Ku- chen immer nur die Rosinen herauspicken wollen. Ich möchte im Folgenden auf einige andere Kern- punkte des Gesetzes eingehen: Ein Punkt, der heftig um- stritten ist, ist die Entgeltbegrenzung von MfSlern. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die berücksichtigungsfähi- gen Entgelte für ehemalige Mitarbeiter des MfS entspre- chend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 70 Prozent auf 100 Prozent des Durchschnittseinkom- mens angehoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Arbeitsentgelte beim Ministerium für Staatssi- cherheit schon dann überhöht waren, wenn sie 70 Prozent des Durchschnittsentgeltes betrugen. Die Bundesregie- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115792 (C) (D) (A) (B) rung folgt hier den Vorgaben des Gerichts. Die PDS schlägt vor, die Entgelte für Angehörige des MfS nicht in vorgesehener Weise zu begrenzen. Sie möchte die Hälfte des Entgelts, welches das Durchschnittseinkommen über- steigt, rentenwirksam werden lassen. Dies würde zu einer deutlichen rentenrechtlichen Besserstellung der An- gehörigen des MfS führen. Genau dieser Punkt, der die Besserstellung von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern bedeu- ten würde, ist für uns nicht nachvollziehbar. Auch bei der Entgeltbegrenzung bei Personen, die staatsnahe Funktionen ausgeübt haben, hat das Bundes- verfassungsgericht die geltende Entgeltbegrenzung nicht verworfen. An dieser Bestimmung wollen wir auch fest- halten, solange das Gericht hier eine eindeutige Festle- gung trifft. Hier muss genau differenziert werden. Eine Abgrenzung muss objektiv geschehen. Deshalb muss das Gericht hier eine Abgrenzung vornehmen. Ich sage hier noch einmal deutlich: Es ist nicht Ziel der Fraktion, die Einkommenssituation ehemaliger Staatsnaher zu verbes- sern. Wir betreiben nicht Lobbyarbeit für ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Wir setzen die Vorgaben des Bundes- verfassungsgerichts um. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetze zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Tagesord- nungspunkt 12) Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU): Der Gesetzent- wurf der Bundesregierung zur Neuregelung von Be- schränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis- ses liegt seit dem 26. März 2001, also seit drei Tagen vor. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 9. März 2001 zu dem Entwurf Stellung genommen und Empfehlungen ausgesprochen. In ihrer Gegenäußerung hat die Bundes- regierung praktisch alle Änderungsvorschläge des Bun- desrates abgelehnt. Auch wenn die vorgesehenen Änderungen des Geset- zes im Wesentlichen zu begrüßen sind, gibt es doch einige Punkte, die noch verbessert werden müssen. Mit dem vor- liegenden Gesetzentwurf sind Änderungen des G-10- BND-Gesetzes, der Fernmeldeverkehr- Überwachungs- Verordnung und weiterer Gesetze vorgesehen. Entschei- dend sind die Änderungen im G-10-Gesetz. Hier ist zu begrüßen, dass der Katalog von Straftaten in § 3 erweitert wird und Individualkontrollen ermöglicht werden, wenn tatsächlich Anhaltspunkte den Verdacht der Begehung begründen. Die Erweiterung reicht aber nicht aus. Zwar wurden der Tatbestand der Volksverhetzung und einige andere in § 129a StGB genannte Straftaten aufgenommen. Außerdem ist jetzt auch klargestellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Erkenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfah- ren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Es ist aber nicht nach- vollziehbar, warum die Überwachung bei schwersten Straftaten nicht möglich sein soll. Während bei Mord- und Totschlagsdelikten, erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme, Brandstiftung, beim Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, bei gefährlichen absichtlichen Ein- griffen in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, bei beson- ders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe und bei Angriffen auf den Luft- und Seeverkehr die Über- wachung möglich ist, soll bei den Straftaten Völkermord, Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel, Herbeiführung einer Explosion durch Kernenergie, gemeingefährliche Vergif- tung, gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr und den nicht besonders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe eine Überwachung nicht ge- rechtfertigt sein. In der Begründung des Gesetzentwurfs, warum § 315 Abs. 3 StGB – gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr – aufgenommen wurde, werden über 50 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr durch mili- tante Linksextremisten, die Hakenkrallen und Wurfanker zur Störung von Castortransporten eingesetzt haben, ge- nannt. Auch das Untergraben von Gleiskörpern – etwas, was gerade bei diesem Castortransport wieder geschehen ist – muss in der einfachen Begehungsform aufgenommen werden und nicht in der qualifizierten, die nur in Abs. 3 vorgesehen ist. Das muss insbesondere auch unter dem Aspekt gesagt werden, dass heutzutage praktisch jeder ein Handy hat. So können vielleicht die Saboteure des Cas- tortransports leichter gefasst werden. Die aktuellen Ereignisse um den Castortransport pas- sen auch gut, um auf § 4 – Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung – einzugehen. Es ist zu begrüßen, dass personenbezogene Daten aus G-10-Maßnahmen in Zukunft nach § 4 Abs. 2 insgesamt verwendet werden dürfen. Es ist aber nicht konsequent, die präventive Übermittlung personenbezo- gener Daten auf das Ziel der Verhinderung und Auf- klärung von bestimmten Straftaten zu begrenzen. Wir ha- ben bisher die Auffassung vertreten, dass der bisherige § 7 Abs. 3 G 10 lediglich ein teilweises Übermittlungs- verbot zu repressiven Zwecken beinhaltet, die Übermitt- lung zu präventiven Zwecken aber nach den allgemeinen Übermittlungsregeln der Verfassungsschutzgesetze er- folgt. § 4 Abs. 3 Nr. 3 erklärt nun die Übermittlung zur Vorbereitung und Durchführung von Partei- und Vereins- verboten ausdrücklich für zulässig. Das ist zu begrüßen. Bei der jetzt vorgesehenen Formulierung wäre jedoch die Übermittlung von Erkenntnissen, dass zum Beispiel an- lässlich einer geplanten Versammlung schwerer Landfrie- densbruch geplant wird, nicht zulässig. Es wäre demnach auch nicht zulässig, Erkenntnisse zu übermitteln, wonach ein bestimmter Skinhead eine bestimmte andere Person überfallen und körperlich misshandeln will. Die Begrenzung der Übermittlung von verfassungs- schutzrelevanten Informationen zwischen den Verfassungs- schutzbehörden auf bestimmte Straftatenkomplexe geht ebenso fehl. Das gilt auch für den Verweis auf § 7 Abs. 4, der dazu führt, dass die Befugnis zur Übermittlung zum Zwecke der Strafverfolgung zu sehr begrenzt ist. Zu- mindest die Möglichkeit der Datenübermittlung zur Straf- verfolgung nach §§ 234, 234a StGB – Menschenraub, Verschleppung –, § 310 StGB – Vorbereitung von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15793 (C) (D) (A) (B) Explosions- und Strahlenverbrechen – und § 92a AuslG – gewerbs- oder bandenmäßiges Einschleusen von Auslän- dern – muss zulässig bleiben. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Mit der Vor- lage dieses Gesetzentwurfs ist zum einen der Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 Rechnung getragen worden. Die Gewährleistung des Schutzes personenbezogener Daten ist insoweit ver- schärft worden. Allerdings ist der ganz große Wurf mit dieser Novelle noch nicht gelungen. In einigen Punkten besteht noch Änderungsbedarf. In den Ausschussberatun- gen wird dies sicherlich noch näher zu erörtern sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der vorliegende Änderungsentwurf zum so ge- nannten G 10 ist ein vertretbarer Kompromiss zwischen Sicherheits- und Datenschutzinteressen. Gegenüber dem geltenden Recht bringt die Novelle deutliche Verbesserungen, gestaltet die bestehenden Ab- hörbefugnisse der Dienste grundgesetzkonform und stärkt den Schutz des Grundrechts der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung erheblich. Die Ko- alition kommt damit einer Verpflichtung nach, die das Bundesverfassungsgericht dem Parlament aufgegeben hatte, weil die bisherigen gesetzlichen Regelungen ver- fassungswidrig sind. Die Gesetzesnovelle schafft in der Sache keine ent- scheidend neuen Abhörbefugnisse. Teilweise wurde jetzt kritisiert, der Entwurf ermögliche dem Verfassungsschutz eine Überwachung Einzelner nun auch anlässlich von Straftaten jenseits der Staatsschutzdelikte, insbesondere beim Verdacht der Volksverhetzung. Dies war jedoch – leider – ganz überwiegend bereits nach geltendem Recht möglich. So kann der Verfassungsschutz die Kommuni- kation Einzelner schon heute anlässlich des Verdachts so- gar irgendeines Delikts bei vermutetem Gemeinschafts- bezug überwachen, wenn durch die befürchteten Straftaten die demokratische Grundordnung oder die staatliche Existenz gefährdet sind. Nur unter dieser ein- schränkenden Voraussetzung einer konkreten Gefahr, die in der Praxis nur bei gemeinschaftlichem Handeln mehre- rer erfüllt sein wird, ermöglicht nun auch die Gesetzesno- velle Überwachungsmaßnahmen im Falle einiger Kapi- taldelikte und der Volksverhetzung: Diese muss aber schwerwiegend und geeignet sein, den öffentlichen Frie- den zu stören, was bloßes Kneipengeläster und Ähnliches als Anlass ausschließt. Die Datenschutzregelungen und die Kontrollbefug- nisse der G-10-Kommission sowie des Parlamentarischen Kontrollgremiums wurden über das vom Bundesverfas- sungsgericht geforderte Maß hinaus erheblich ausgewei- tet. Wir Grünen empfinden als sehr befriedigend, dass auch die Bundesländer ihre Kontrollregelungen diesem Standard anpassen müssen. Erstaunlich finden wir die aus der F.D.P. – unter ande- rem von der ehemaligen Bundesjustizministerin – nun geäußerte Kritik, die Grünen gäben mit ihrer Zustimmung zu der Novelle ihre rechtsstaatlichen Überzeugungen auf. Bei aller Hochachtung für den seinerzeitigen Rücktritt von Frau Leutheusser-Schnarrenberger als persönlichen Protest gegen den Großen Lauschangriff muss an Folgen- des erinnert werden: Es war ausgerechnet ihre F.D.P., die jenen Erweiterungen der G-10-Abhörbefugnisse 1994 im Bundestag zu der Mehrheit verhalf, welche das Bundes- verfassungsgericht fünf Jahre später als verfassungswid- rig aufgehoben hat. Die F.D.P. hat daher das in Teilen ver- fassungswidrige Gesetz zu verantworten, welches Rot-Grün nun verfassungskonform gestalten muss. In der F.D.P. wird offenbar auf ein sehr kurzes Gedächtnis der Öffentlichkeit gebaut. Soweit der Bundesrat nun auf den Entwurf draufsatteln will und die Überwachungsbefugnisse sowie Datenver- wertungsbefugnisse erheblich auszuweiten verlangte, haben wir diesen Angriff auf das informationelle Selbst- bestimmungsgrundrecht zurückweisen müssen. Die Be- schränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses muß die seltene Ausnahme bleiben und darf nicht zur Standardmaßnahme der Sicherheitsbehörden mutieren. Die Anwendung des überarbeiteten Gesetzes muss ge- nau beobachtet und kritisch begleitet werden. Eine Er- höhung von Zahl und Umfang der Telekommunikations- überwachung darf nicht sein. Die G-10-Kommission kann ihre Aufgabe, die Anlässe und die Ergebnisse der Über- wachung genau zu überprüfen, nun viel besser erfüllen. Sich daraus etwa ergebende Korrekturen müssen zeitnah erfolgen. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen den Vor- schlag des Bundesbeauftragten für Datenschutz, die neu- gefassten Befugnisse zunächst auf kurze Dauer befristet zu erproben. Dieser und weitere Verbesserungsforderungen insbe- sondere der Datenschutzbeauftragten von Bund und Län- dern werden in den Ausschussberatungen ernsthaft weiter zu prüfen sein. Dazu gehören die Vorschläge: die Be- nachrichtigungspflicht gegenüber Betroffenen noch strik- ter zu gestalten; dem Bundestagsplenum und dem Parla- mentarischen Kontrollgremium noch detaillierter über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der ange- ordneten Überwachungsmaßnahmen sowie über die Be- nachrichtigung der Betroffenen zu berichten; Überwa- chungen von mutmaßlichen Einzeltätern und losen Gruppierungen jenseits der Staatsschutzdelikte im enge- ren Sinne noch deutlicher auszuschließen; eine Übermitt- lung von G-10-Erkenntnissen nur dem erhebenden Ge- heimdienst selbst unter strikterer Zweckbindung zu gestatten und Ausnahmen der dabei vom Bundesverfas- sungsgericht geforderten Kennzeichnung der G-10-Er- kenntnisse zu streichen; die Voraussetzungen sowie Be- fristungen für die Überwachung in Geiselnahmefällen zu verengen und noch deutlicher von der Einhaltung zwi- schenstaatlicher Regelungen abhängig zu machen; die Obergrenze der strategischen Fernmeldeüberwachung von höchstens 20 Prozent der internationalen Fernmelde- beziehungen herabzusenken. Bei der Neugestaltung all dieser Detailregelung besteht die grüne Grundüberzeugung fort, dass generell Existenz und Tätigkeit der Geheimdienste laufend auf dem Prüf- stand bleiben muss, um die Freiheit der Bürger und Trans- parenz der Gesellschaft zu wahren. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115794 (C) (D) (A) (B) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Manche Ge- setzesvorhaben kommen so harmlos daher, dass man schon genau hinsehen muss, um zu erkennen, was sich wirklich dahinter verbirgt. So ist es auch hier. Wir lesen nämlich im Vorblatt unter „Problem und Ziel“, dass es bei dem Gesetzentwurf vorwiegend darum gehe, den Bean- standungen des Bundesverfassungsgerichts an der vom Bundesnachrichtendienst durchgeführten strategischen Fernmeldeüberwachung Rechnung zu tragen. Das mache eine Änderung des so genannten G-10-Gesetzes in der Tat zwingend notwendig. Weiter heißt es dann: „Zugleich sollen Änderungen im Hinblick auf die fortschreitende technische Entwicklung vorgenommen und Lücken des bisherigen Gesetzes ge- schlossen werden.“ Das klingt zunächst einleuchtend und vernünftig. Es ist aber – das wissen wir alle – in der Politik ein durchaus gängiges Muster: Zunächst wird das Vorhandensein einer Lücke behauptet und dann gesagt, dass die selbstver- ständlich der Schließung bedarf. Schaut man sich näher an, was die rot grünen „Lückenschließer“ vorgelegt haben, stellt sich nämlich heraus, dass es sich unter anderem um ganz erhebliche Er- weiterungen der nachrichtendienstlichen Überwachungs- möglichkeiten handelt und – was noch schwerer wiegt – um die Verkürzung der Rechte von Betroffenen. Dies er- staunt vor allem bei den Grünen. Wir sind ja im Laufe Ih- rer Regierungszeit einiges an politischen Verrenkungsü- bungen gewohnt; aber man wundert sich dennoch immer wieder. Die neue Parteivorsitzende Claudia Roth hat vor noch nicht allzu langer Zeit in einer Pressemitteilung vehement die Auflösung des Bundesnachrichtendienstes, einer „ebenso gefährlichen wie überflüssigen Behörde“ gefor- dert. Jetzt wollen sie und ihre grünen Freunde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dem BND zusätzliche Überwachungsmöglichkeiten einräumen. Einen solchen Sinneswandel erlebt man selbst bei den Grünen nicht alle Tage. Lassen Sie mich noch einige wenige grundsätzliche Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf machen, die mir wichtig erscheinen. Man erkennt zwar einen gewissen Fortschritt darin, dass einige datenschutzrechtliche Ver- besserungen vorgenommen werden und die Kontrolle durch die einschlägigen parlamentarischen Gremien auf- gewertet wird. Damit rechtfertigt die Bundesregierung auch die zusätzlichen Befugnisse der Dienste, etwa durch Ausweitung des Straftatenkatalogs oder das Abhören durch den BND bei Gefährdung von Personen im Aus- land. Es ist aber – ich sage das mit aller Vorsicht – mögli- cherweise ein Trugschluss zu glauben, dass man damit die Waage im Gleichgewicht hielte. Wir müssen uns doch wirklich fragen, wie effektiv die parlamentarische Kon- trolle tatsächlich ist und überhaupt sein kann. Das gilt ja auch für andere Eingriffe in den Kommunikationsverkehr, zum Beispiel die Telefonüberwachung. Wie realistisch ist es, dass ein Kontrolleur – sei es ein parlamentarisches Gremium, sei es aber auch ein Richter – eine Überwa- chungsmaßnahme ablehnt oder beendet, wenn er nur den Vortrag der Ämter hören kann? Die Frage ist also, ob die Rechnung „mehr Eingriffsbefugnisse gegen Verbesse- rung der Kontrolle“ tatsächlich aufgeht. Ein anderer wichtiger Punkt betrifft die Wiederein- führung der so genannten Fünfjahresfrist bei der Mittei- lung an Betroffene, die die alte Koalition insbesondere auf Drängen der F.D.P. 1994 aus dem Gesetz gestrichen hatte. Man muss diese Regelung im Zusammenhang mit dem Ausschluss des Rechtsweges in § 13 des Entwurfs lesen. Der Betroffene kann nämlich auch dann rechtlich nichts mehr unternehmen, wenn er zwar von den Abhörmaßnah- men nicht unterrichtet wurde, davon aber auf anderem Wege erfahren hat. Diese Kontrollbeschneidung ist für die F.D.P. nicht akzeptabel und hier kann ich meine Verwun- derung über die angebliche Rechtsstaatspartei Die Grü- nen nur noch verstärken. Insgesamt werden die beteiligten Ausschüsse noch viel Detailarbeit mit dem Gesetzentwurf haben. Aber wir müs- sen uns auch einmal sehr grundsätzlich mit dem Thema Überwachung der Kommunikation einschließlich der neuen Medien und des so genannten Lauschangriffs be- fassen. In Deutschland wird zuviel abgehört und die Kon- trollen sind durchaus verbesserungswürdig. Vielleicht gibt der vorliegende Entwurf Gelegenheit, dieser Frage intensiver nachzugehen. Ulla Jelpke (PDS): Das hier vorgelegte Gesetz ist ein großer Schritt in Richtung Überwachungsstaat und ein schlimmer Rückschlag für die Bürgerrechte. Die Regie- rung behauptet, sie korrigiere nur die Regelungen für Brief-, Post- und Fernmeldekontrolle, die das Verfas- sungsgericht 1999 beanstandet hatte, und ändere nur Re- gelungen, die durch die technologische Entwicklung überholt sind. Das ist eine glatte Täuschung der Öffent- lichkeit. Wenn das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft tritt, dann haben sie den Weg frei gemacht für eine Aus- spionierung und Überwachung der Bürgerinnen und Bür- ger durch die Geheimdienste, wie wir sie seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten. Dann wird in einem Ausmaß abgehört, werden Briefe und Pa- kete in einem Ausmaß geöffnet, Faxe und E-Mails mitge- schnitten wie vermutlich in keinem anderen Land der Welt. Erst Ende des letzten Jahres hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Jacob, einen – ich zitiere – „dramatischen Anstieg“ der Telefonüberwachungen fest- gestellt. 12 600 Telefonüberwachungen waren da für 1999 gemeldet worden. Um eine Vergleichszahl zu nennen: 1973 hatte es nur 104 Telefonüberwachungen gegeben. Mit anderen Worten: 1999 wurden schon nach dem alten Gesetz 120 mal so viele Telefone abgehört wie zur hohen Zeit der Verfolgung von RAF, Palästinensern und anderen Oppositionsgruppen Anfang der 70er-Jahre. Die Zahl die- ser Überwachungen steigt derzeit jährlich um 30 Prozent. Alle vier Jahre verdreifacht sich also schon jetzt die Zahl der Lauschangriffe. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15795 (C) (D) (A) (B) Diese Regierung ist angetreten mit der Ankündigung, sie wolle die staatliche Überwachung der Bürger ein- schränken und Grundrechte ausbauen. Die Grünen sind sogar einmal entstanden als eine Partei gegen den Über- wachungsstaat. Und jetzt? Jetzt wollen sie die Überwa- chung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs mindes- tens verdoppeln, vermutlich aber um ein Vielfaches erhöhen. Sie wollen das Trennungsgebot zwischen der Polizei, die dem Legalitätsprinzip unterliegt, und Geheimdiens- ten, die fast alles dürfen und von fast niemandem kon- trolliert werden, in einem Ausmaß außer Kraft setzen wie noch nie in dieser Geschichte. Die Durchbrechung dieses Trennungsgebots wird in Zukunft nicht mehr Ausnahme, sondern Regel sein. Bis 1994 durfte der Bundesnachrichtendienst Telefon- gespräche nur abhören bei Gefahr eines bewaffneten An- griffs oder einer vergleichbaren Bedrohung des demokra- tischen Rechtsstaates. Es war schon schlimm genug, dass 1994 das berüchtigte Verbrechensbekämpfungsgesetz des inzwischen ebenso berüchtigten Innenministers Kanther diese Beschränkung aufgehoben und für zahlreiche wei- tere Verdachtsgründe das Abhören erlaubt hat. Mit dem jetzigen Gesetz aber korrigieren SPD und Grüne diese falsche, obrigkeitsstaatliche Entwicklung nicht im Geringsten. Im Gegenteil, Sie treiben sie auf die Spitze. Jetzt sollen die Geheimdienste sogar beim einfachen Verdacht auf Verstöße gegen das Vereinsrecht, auf Ver- stöße gegen das Ausländergesetz und auf Volksverhet- zung private Briefe und Pakete aufmachen, Telefonate, Faxe und E-Mails abhören und belauschen dürfen. Bis heute darf der Bundesnachrichtendienst maximal 10 Pro- zent des gesamten Telefonverkehrs überwachen. Sie wol- len diesen Anteil auf 20 Prozent verdoppeln. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz und der Re- publikanische Anwältinnen- und Anwälteverein hat be- reits Mitte Februar zu ihrem Gesetzentwurf richtig fest- gestellt: „Nicht das Gesetz, sondern das Budget der Dienste beschreibt in Zukunft die Grenzen des heimlichen Abhörens. ... Die Novellierung des Artikel 10-Gesetzes ist damit aus Sicht der Bürgerinnenrechte keine Trendwende in der bundesrepublikanischen Sicherheitsgesetzgebung, wie sie nach der Kohl/Kanther-Ära notwendig gewesen wäre.“ Auch das ist leider wahr. Gegen das alte G-10-Gesetz ist noch eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig. Sie warten noch nicht einmal den Ausgang des Verfahrens ab, so eilig haben sie es mit dem Ausbau des Überwachungsstaats und dem Abbau von Bürgerrechten. Ein letzter Punkt: Ich habe im Vorfeld dieser Beratun- gen die Regierung nach dem Ausmaß der Eingriffe in das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis in den letzten zehn Jahren gefragt. Die Regierung hat mir die Antwort auf fast alle wichtigen Fragen verweigert mit dem Hinweis auf eine angeblich „notwendige Geheimhaltung“. Ich finde das eine Ungeheuerlichkeit. Sie wollen offensichtlich nicht nur die Quellen und die Arbeitsweise der Geheim- dienste geheim halten. Sie wollen geheim halten, in wel- chem Ausmaß die Bürgerinnen und Bürger schon jetzt von den Geheimdiensten ausgespäht und belauscht wer- den. Sie wollen geheim halten, in welchem Ausmaß die Geheimdienste schon jetzt Grundrechte einschränken und verletzen. Eine solche Geheimhaltung ist mit einer demokrati- schen Gesellschaft unvereinbar. Sie ist unvereinbar mit dem Transparenzgebot für alles staatliche Handeln und mit einer Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Wie sollen wir eigentlich über dieses neue Gesetz disku- tieren, das Ausmaß der dadurch ausgelösten Grundrechts- eingriffe bewerten und beurteilen, wenn uns solche Infor- mationen verweigert werden? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie viele private Briefe, Päckchen und Pakete von Polizei und Geheimdiensten aufgemacht werden, wie viele pri- vate Faxe von Beamten heimlich gelesen, wie viele Tele- fonate und E-Mails heimlich mitgeschnitten und mit- gehört werden. Wer solche Auskünfte verweigert, hat Dreck am Stecken, der hat etwas zu verbergen. Das aufzudecken und die Bürgerinnen und Bürger im Land über solche Dinge zu informieren gehört zu den Grundpflichten jeder Opposition und wir werden dieser Grundpflicht nach- kommen. Fritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Sie beraten heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Kernstück des Entwurfs ist die Neufassung des Artikel-10-Gesetzes. Anlass dieser Neufassung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999. Das Ge- richt hatte darin einige Bestimmungen des G-10-Gesetzes im Bereich der vom Bundesnachrichtendienst durchge- führten strategischen Fernmeldekontrollen beanstandet. Die Richter hatten dem Gesetzgeber zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes eine Frist bis zum 30. Juni 2001 gesetzt. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen Beanstan- dungen Rechnung. Mit der Neufassung des G 10-Geset- zes werden vor allem die Anforderungen an den Umgang der beteiligten Behörden mit personenbezogenen Daten verschärft. Für alle Übermittlungsvorgänge gilt nun eine Protokollierungspflicht. Zusätzlich haben erhebende und empfangende Stellen künftig unverzüglich und in Abstän- den von höchstens sechs Monaten zu prüfen, ob die Da- ten erforderlich sind; anderenfalls sind sie zu löschen. Das Bundesverfassungsgericht hatte nur den Bereich der strategischen Fernmeldekontrolle geprüft. Gleich- wohl sind in der Neufassung die Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten auch für den Be- reich der Individualanordnungen übernommen worden. Ich halte dies für eine richtungsweisende, datenschutz- freundliche Entscheidung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115796 (C) (D) (A) (B) Die bisherige Regelung, wonach der Bundesnachrich- tendienst innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten personenbezogene Daten ohne Mitteilung an den Betrof- fenen nutzen durfte, wurde gestrichen. Damit werden die Rechte der Betroffenen wesentlich gestärkt. Nach der Neufassung kann von einer Mitteilung nur abgesehen werden, wenn die Daten sogleich nach ihrer Erhebung un- verzüglich gelöscht wurden. Darüber hinaus werden die Vorschriften über die Kon- trolltätigkeit der G-10-Kommission erweitert, die alle Maßnahmen nach diesem Gesetz zu überwachen hat, von der Anordnung bis zur Erhebung, Verarbeitung und Nut- zung personenbezogener Daten durch Dienste des Bun- des. Damit wird eine umfängliche Kontrollbefugnis festgeschrieben, die eine restriktive Anwendung der Maß- nahmen nach dem G 10 gewährleistet; dadurch wird eben- falls der Schutz der Betroffenen gestärkt. Zugleich wird festgeschrieben, dass der Kommission die für die Erfül- lung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachaus- stattung zur Verfügung zu stellen ist. Das Gesetzesvorhaben soll aber zugleich zum Anlass genommen werden, zwischenzeitlich erkannte Lücken des bisherigen Gesetzes zu schließen. Eine wesentliche Änderung erfolgt im Hinblick auf die fortschreitende technologische Entwicklung im Bereich der leitungsgebundenen internationalen Telekommunika- tion. Nach dem Gesetzentwurf soll künftig die strategi- sche Fernmeldekontrolle bei durch Lichtwellenleiter ge- bündelt übertragener internationaler Telekommunikation zulässig sein. Weiterhin wird eine Regelung zu Aufklärungsmaßnah- men im Zusammenhang mit kriminellen, Leib oder Leben bedrohenden Geiselnahmen im Ausland eingefügt. Damit wird eine Lücke des bisherigen Gesetzes geschlossen. Bei der Beantragung einer Beschränkungsmaßnahme anläss- lich der Geiselnahme auf der Insel Jolo musste sehr rasch die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremi- ums eingeholt werden. Dieser Fall wird jetzt gesetzlich geregelt. Hierbei ist jedoch die Zustimmung des Gremi- ums wegen der Bedeutung des Grundrechtseingriffs von einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder ab- hängig; außerdem tritt die Entscheidung spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Ferner wird der Straftatenkatalog, der zwingende Vo- raussetzung im Bereich der. Individualkontrolle ist, ge- ringfügig erweitert. So wird der Tatbestand der Volksver- hetzung – § 130 StGB – aufgenommen; damit folgt die Bundesregierung auch einer Bitte der Innenministerkon- ferenz vom 11. Juni 1999. Weiterhin wird der Straftaten- katalog durch einige der in § 129 a StGB enthaltenen De- likte, beispielsweise Mord und Totschlag – §§ 211, 212 StGB –, erpresserischer Menschenraub – § 239 a StGB –, Geiselnahme – § 239 b StGB – oder das Herbeiführen ei- ner Sprengstoffexplosion – § 308 Abs. 1 und 3 StGB –, er- gänzt, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokra- tische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten. Dies ist erforderlich, um auch Straftaten gewaltbereiter, extremistischer Ein- zeltäter oder loser Gruppierungen erfassen zu können. Dies war nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, weil § 129 a StGB das Vorliegen einer fest gefügten ter- roristischen Vereinigung voraussetzt. In der Novelle wird weiterhin ausdrücklich klarge- stellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Er- kenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfahren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Im letzteren Fall werden vor allem Erkenntnisse über Struk- turen zu verbietender Gruppierungen benötigt, die auf an- derem Wege häufig nicht oder erst im Zuge von vereins- rechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen bei Funktionären festgestellt werden können. Es entspricht ohnedies dem Gesetzeszweck, drohende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes abzuwehren. Im Verbotsverfahren gegen die NPD wird die Bundesregie- rung von dieser Regelung keinen Gebrauch machen. Die ohne Maßnahmen nach dem G-10-Gesetz gewonnenen Erkenntnisse über die NPD reichen aus, um den Verbots- antrag umfassend zu stützen. Schließlich enthält der Gesetzentwurf eine Änderung des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst. Damit wird erreicht, dass inländische Behörden den Bundes- nachrichtendienst auch von sich aus über einschlägige Gefahrenbereiche unterrichten können, ohne dass der Bundesnachrichtendienst hierum ersuchen muss. Insgesamt stellt der vorliegende Entwurf eine gelun- gene Weiterentwicklung des bisherigen G 10 dar, die den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts wie auch dem heutigen Datenschutzverständnis entspricht. In den vor uns liegenden Ausschussberatungen wird man sich mit den Vorstellungen des Bundesrates ausei- nandersetzen, der am 9. März 2001 eine Fülle von Ände- rungs- und Ergänzungsvorschlägen zu dem Regierungs- entwurf gemacht hat. Bei einer Reihe dieser Vorschläge handelt es sich um sinnvolle Ergänzungen, die die Bun- desregierung ohne weiteres übernehmen kann. In vielen anderen Fällen aber kann die Bundesregie- rung die Vorschläge der Länder nicht übernehmen. So kann zum Beispiel der Wunsch, alle in § 129 a StGB auf- geführten Straftaten in den Katalog der Überwachungs- tatbestände bei den Individualkontrollen aufzunehmen, nicht erfüllt werden. Eine derartige Erweiterung würde die Homogenität des Straftatenkataloges sprengen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Grundrecht- seingriffen missachten. Ebenso kann der Wunsch der Län- der, bei der Weitergabe gewonnener Erkenntnisse den weit gefassten Katalog des § 100 a StPO zugrunde zu le- gen, nicht akzeptiert werden. Das Bundesverfassungsge- richt hat eine strenge Neuordnung der bisher zulässigen Weiterleitungstatbestände gefordert. Die Aufnahme aller, schon im bisherigen G 10 nicht enthaltenen Tatbestände des § 100 a StPO, wäre nach Auffassung der Bundesre- gierung unverhältnismäßig. Ich bin sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, eine Neufassung des G 10 zu beschließen, die den Vor- stellungen aller Beteiligten Rechnung trägt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15797 (C) (D) (A) (B) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III – Änderungsgesetz – ... SGB III- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 13) Renate Rennebach (SPD): Moderne Arbeitsmarkt- politik heißt, aktive Beschäftigungsförderung zu betrei- ben und zu finanzieren und nicht einfach nur Arbeitslo- sigkeit zu verwalten. Eine gute Konjunkturlage, wie sie zurzeit besteht – hier sind wir uns alle einig – reicht nicht aus, um das Hauptproblem Arbeitslosigkeit in unserer Ge- sellschaft zu bekämpfen. Vielmehr ist die konsequente Modernisierung der Arbeitsmarktförderung die Achilles- ferse einer nachhaltigen Bekämpfung der Erwerbslosig- keit und hat somit auch für die Bundesregierung oberste Priorität. Danach richtet sich auch die von der Regie- rungskoalition verfolgte Änderungspolitik des SGB III. Um eine Reform hin zu einer aktiven Beschäftigungs- politik vorzulegen, die ihren Namen auch verdient und dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit entspricht. Dafür brauchen wir eine gründliche und verantwortungs- volle Abwägung der Bedürfnisse aller Betroffenen. Das wird leider von vielen übersehen, denen die dringend an- stehende Reform des Arbeitsförderungsrechts nicht schnell genug geht. Eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ist aber vor allem auch mit einem radikalen Umdenken in der Arbeitsförderungspolitik verbunden: Die Philosophie der Beschäftigungspolitik muss geändert und an die Er- fordernisse einer modernen Industriegesellschaft ange- passt werden. Dazu gehört auch, über den Tellerrand un- serer Landesgrenzen – etwa zu unseren Nachbarstaaten Holland und Dänemark – zu schauen und von liebgewon- nenen Gewohnheiten Abschied zu nehmen, ein Gedanke mit dem sich vor allem die Opposition – Stichwort „Teil- zeitarbeit“ – noch nicht so recht vertraut machen kann. Unsere Nachbarn Holland und Dänemark führen uns schon seit einigen Jahren vor, dass so genannte problema- tische Zielgruppen wie Geringqualifizierte oder ältere Langzeitarbeitslose sehr wohl in den Arbeitsmarkt inte- griert werden können. Am Beispiel der von der Bundes- regierung übernommenen Jobrotation, die in Dänemark seit Jahren erfolgreich realisiert wird, zeigt sich, dass es sich lohnt, den Werkzeugkasten zu entrümpeln und den Mut zu haben, ausgetretene Pfade zu verlassen und zu neuen Mitteln zu greifen. So und nur so wird eine gerech- tere Verteilung vorhandener Arbeit in unserer Gesell- schaft erreicht. Die Bundesregierung ist hier mit der geplanten Reform im Sinne einer Überprüfung und Weiterentwicklung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums zur Bekämp- fung der Arbeitslosigkeit auf dem richtigen Weg. Schon mit dem SGB-III-Vorschaltgesetz ist die Ar- beitsmarktpolitik bereits zum 1. August 1999 praxisge- rechter gestaltet worden. Das zeigt sich in vielen Details wie etwa der eingangs erwähnten verbesserten Zielgrup- penförderung oder der Verwaltungsvereinfachung zuguns- ten der Vermeidung unnötiger Bürokratie für Arbeitsäm- ter und Betroffene zugleich. Die abschließende Reform der Arbeitsförderung wird zum 1. Januar 2002 nach gründlicher Vorbereitung und Einbeziehung aller gesell- schaftlich relevanten Gruppen erfolgen. Lassen Sie uns eine Reform auf den Weg bringen, die eher durch ihre innere Stringenz als durch das Tempo ih- res Zustandekommens besticht. Es gilt, endlich wieder Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die Träger und die Betroffenen der Arbeitsmarktpolitik zu schaffen und nicht nach der uns allen noch präsenten „Stop and Go-Me- thode“ der Kohl-Regierung zu verfahren, nach der bei- spielsweise Ausgaben für ABM kurz vor der Bundestags- wahl noch mal in die Höhe getrieben werden. Eine Reformierung der Arbeitsförderung zwingt uns zur Anhörung aller Betroffenen und gesellschaftlich rele- vanten Gruppen. Dazu zählen auch die Frauen und das Thema Vereinbarkeit von Kindererziehung, Beruf und so- zialer Absicherung – eine Herausforderung, die im Übri- gen nicht nur von der Arbeits- und Sozialpolitik, sondern auch von der Bildungs- und Steuerpolitik adäquate Ant- worten verlangt. Wir stellen uns dieser Herausforderung. Eine soziale Benachteiligung von Frauen – und Män- nern –, die vor ihrem Erziehungsgeldbezug und ihrer Er- ziehungszeit – Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen haben – da sind wir uns mit den Kolleginnen und Kollegen von der PDS einig –, ist nicht mehr hinnehmbar. Insofern geht Ihr Entwurf zumindest in die richtige Rich- tung. Aber Ihr hier vorliegender Beitrag zur Reform des SGB III – § 147 SGB III: Frist für das Erlöschen des An- spruchs auf Arbeitslosengeld und § 196 SGB III: Frist für das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe – hat einen ganz entscheidenden Haken: Ihre Änderungsvor- schläge berücksichtigen nicht die anderen gesellschaftlich relevanten Personengruppen. Was ist mit den Interessen von Personen, die ihre Angehörigen pflegen oder unseren Mitbürgern, die zeitweise erwerbsunfähig sind? Auch diese Personengruppen – das kann niemand bezweifeln – haben ein schützenswertes Interesse daran, ihren Leis- tungsanspruch nicht zu verlieren. Hier gilt ohne Wenn und Aber der Gleichheitsgrundsatz, wie ihn unser Grundgesetz gebietet. Sie sehen: Zu einer grundlegenden Reform unse- rer Beschäftigungspolitik reicht es nicht aus, an der einen oder anderen Schraube zu drehen. Vielmehr gilt es, das Problem in seiner Gesamtheit zu erkennen und nicht nur vorübergehende Kosmetik zur Verwaltung von Arbeitslo- sigkeit zu betreiben. Eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die nur darauf aus ist, schnellatmig Partikularinteressen zu bedienen, verliert schnell das Gemeinwohl aus dem Auge und im Übrigen auch seine Glaubwürdigkeit. Genau aus diesem Grund wird in der Koalitionsar- beitsgruppe SGB III zusammen mit dem BMA ausgiebig und unter Abwägung aller Interessen auch über die Pro- blematik des Arbeitslosenversicherungsschutzes nach der Kindererziehung diskutiert. Ein Eckpunktepapier der Bundesregierung, das auch diesen komplexen Bereich thematisiert, wird Anfang Mai diesen Jahres auf dem Tisch liegen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115798 (C) (D) (A) (B) Ich möchte daher noch mal eindringlichst an Sie ap- pellieren: Lassen Sie uns durch Abwägung der Interes- sen aller bedeutsamen Gruppen in unserer Gesellschaft – dazu zählt im Übrigen auch das von der PDS so viel geschmähte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wett- bewerbsfähigkeit – eine sozial gerechte Reform auf den Weg bringen, die ihren Namen auch verdient hat. Vor Schnellschüssen, die Anliegen wichtiger Betroffener un- ter den Tisch fallen lassen, sei an dieser Stelle ausdrück- lich gewarnt. Ansonsten droht die dringend anstehende Änderung des Arbeitsförderungsrechts zur einem Reför- mchen statt zu einer Reform zu werden. Aus diesem si- cher für alle verständlichen Grund lehnen wir den An- trag ab. Heinz Schemken (CDU/CSU): Der Entwurf des Ge- setzes zur Änderung des SGB III sieht vor, dass im Rah- men des § 147 SGB III sichergestellt werden soll, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld auch bei der Geburt von zwei und mehr Kindern und anschließendem Erziehungs- urlaub erhalten bleibt. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs erhalten blei- ben. Durch die gleichmäßige Berücksichtigung von Mutter- schutz und Kindererziehungszeiten sowie die einheitliche Verlängerung der Fristen, die zum Erlöschen von An- sprüchen auf Entgeltersatzleistungen – Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe – führen, werden bei der Bundes- anstalt für Arbeit Mehrkosten in nicht näher zu beziffern- dem Umfang entstehen. Gleichzeitig werden die Kom- munalhaushalte entlastet, da der Personenkreis, der nach dem SGB III anspruchsberechtigt ist, erweitert wird und ein Teil dieser Personen dadurch aus dem Leistungsbezug nach dem Bundessozialhilfegesetz fällt. Insgesamt geht es darum, die Fristen für das Erlöschen der Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe um die Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsgel- des zu verlängern. Für die Bundesanstalt für Arbeit entstehen nicht quan- tifizierbare Kosten. Allerdings würden die Kommunen entlastet, weil weniger Personen durch die Sozialhilfe ge- stützt werden müssen. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung wie auch der mitberatende Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben diesen Gesetzentwurf der PDS mehr- heitlich abgelehnt. Die Ausschussmehrheiten plädierten dafür, den Sachverhalt im Zuge der geplanten Reform des SGB III im Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Pro- blemen zu lösen. Wir mahnen hier nachdrücklich die Reform des Ar- beitsförderungsgesetzes an. Da sich im Arbeitsmarkt nichts Entscheidendes bewegt und die Arbeitslosigkeit weiter bei der Marke um 4 Millionen verharrt, muss die Koalition von SPD und Grünen hier endlich Farbe beken- nen. Wir brauchen hier Instrumente, die insbesondere bei der Langzeitarbeitslosigkeit wirksam ansetzen. Dabei geht es um die örtlichen Initiativen vom Arbeitsamt und Kommunen. Wir werden mit den Hemmnissen im Arbeitsmarkt, wie sie durch Rot-Grün mit der Rücknahme von Gesetzen, die gerade die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse för- derten, entstehen und mit den Belastungen, zum Beispiel durch den Rechtsanspruch auf Teilzeit gerade für mittel- ständische Betriebe, nicht weiterkommen. Wenn schon bei kräftigem Wachstum die Arbeitslosigkeit kaum abge- baut wird, wie soll das erst bei einer sich abschwächenden Konjunktur werden? Und wenn sich was bewegt, dann ist das nur von statistischer Größe. Deutschland kriegt den hohen Arbeitslosensockel einfach nicht weg. Gleichzeitig war der „Mismatch“ nie so groß wie heute: Dem Heer der Arbeitslosen steht eine wachsende Zahl von Betrieben gegenüber, die ihre offenen Stellen nicht besetzen können. Das Thema der Langzeitarbeitslosigkeit erhält in die- sem Zusammenhang seine dramatische Wirkung für den Betroffenen, vor allem für den mit Kindern. Über 1,4 Millionen Menschen sind immer noch länger als ein Jahr arbeitslos. 60 Prozent aller Langzeitarbeitslo- sen sind älter als 45 Jahre. 77 Prozent der Langzeitarbeits- losen in den jungen Bundesländern sind Frauen. Dabei han- delt es sich überwiegend sogar um qualifizierte Arbeitslose. Die Sozialpartner haben die Verlängerung des Bundes- programms zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen durch die ehemalige CDU-geführte Bundesregierung bis zum Jahre 2001 begrüßt. Mithilfe dieses Programms konnten von 1985 bis 1998 über 300 000 Menschen eine Beschäftigung finden. Seit April 1997 gibt es den Eingliederungsvertrag für Langzeitarbeitslose, denn Betriebe tun sich häufig schwer, Langzeitarbeitslose einzustellen. Sie fürchten, bei Krankheit oder bei Nichteignung diese nur schwer wieder entlassen zu können. Durch den neuartigen Eingliederungsvertrag, der der Zustimmung des Arbeitsamtes bedarf und bis zu sechs Monate zur Einarbeitung und Qualifizierung gelten kann, wird ein Sonderarbeitsverhältnis geschaffen, mit dem der Arbeitgeber von diesen Risiken entlastet wird. Das Ar- beitsamt erstattet die Aufwendungen für die Lohnfortzah- lung und kann zusätzlich Lohnkostenzuschüsse ge- währen. Die Arbeitgeber nutzen dieses Instrument allerdings nur im geringen Umfang. Trainingsmaßnahmen können notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verbesserung der Einstellungschan- cen vermitteln, aber auch zur Eignungsfeststellung und Prüfung der Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit ge- nutzt werden. Wir möchten deshalb mit Nachdruck darauf drängen, dass wir diese Ungereimtheiten recht bald aus- räumen. Daher sehen wir schon dieses Anliegen; aber es sollte in den Gesamtzusammenhang gestellt werden. Im Übrigen gibt es auch eine Initiative des Freistaates Sachsen in dieser Sache im Bundesrat. Diese zielt auf die Novellierung des AFG ab. Darauf drängen auch wir und deshalb können wir heute einer Zustimmung nicht folgen. Wir lehnen deshalb diese Gesetzesinitiative der PDS ab. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15799 (C) (D) (A) (B) Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der An- trag der PDS greift ein wichtiges Problem auf: Nach be- stimmten Fristen, in denen die entsprechenden Leistun- gen nicht bezogen werden, erlöschen die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und auf Arbeitslosenhilfe. Wenn jemand also einen entsprechenden Anspruch hat, ihn aber vier Jahre lang nicht realisiert, erlischt dieser Anspruch. Das ist im Prinzip eine vernünftige Regelung und wenn je- mand drei Jahre Erziehungsurlaub hat, ist diese Regelung auch kein Problem. Schwierig wird es allerdings, wenn Eltern am Stück bei Gewährung von Arbeitslosengeld mehr als vier Jahre und bei Gewährung von der Arbeitslosenhilfe mehr als drei Jahre Erziehungsurlaub beziehungsweise Elternzeit in Anspruch nehmen und wenn sie im Anschluss an diese Er- ziehungszeit arbeitslos sind. Dann kann es – bei zwei und mehr Kindern – passieren, dass sie auf Sozialhilfe ange- wiesen sind, statt dass sie ihre vor der Geburt ihrer Kin- der erworbenen Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Ar- beitslosenhilfe realisieren. Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Kinder dürfen kein Sozialhilferisiko sein. Das wollen wir gewährleisten, indem wir den Familienleistungsaus- gleich weiter verbessern, das Kindergeld weiter erhöhen und die Kinderarmut gezielt bekämpfen. Das müssen wir aber auch gewährleisten, indem wir unsinnige Regelun- gen beseitigen, welche die gegenüber der Sozialhilfe vor- rangigen Ansprüche schwächen. Dies ist bei den hier mo- nierten Paragraphen eindeutig der Fall. Deshalb müssen diese Paragraphen entsprechend geändert werden. Wir haben in der Koalition eine gemeinsame Arbeits- gruppe zur SGB III-Reform eingerichtet, die sich mit die- sem und mit vielen anderen Problemen auseinander setzt – mit nach vorne weisenden, innovativen Ansätzen. Dabei haben wir festgestellt: Der in dem PDS-Antrag angespro- chene Sachverhalt ist nicht nur richtig erkannt, auch der vorgeschlagene Lösungsweg weist in die richtige Rich- tung. Wir müssen aber auch sehen: Weil wir eine Reihe von ähnlich gelagerten und widersprüchlichen Fällen ha- ben, weil wir zusätzlich grundsätzliche Veränderungen beim SGB III in Angriff nehmen, macht es mehr Sinn, eine Reform aus einem Guss zu machen, zumal die Ko- alition ihre Reformvorschläge zeitnah vorlegen wird. Wir lehnen den PDS-Antrag deshalb also nicht aus in- haltlichen Gründen ab, sondern weil wir eine Reform aus einem Guss und weil wir ein in sich stimmiges Projekt wollen, das keine neuen Widersprüche produziert und alle problematischen Fälle regelt. Dass dies Sinn macht, macht allein schon der Umstand klar, dass die PDS gleich zwei Lösungsvorschläge unterbreitet. Welcher der beste ist, wird sich im Zusammenhang mit anderen Fragen im Rahmen der SGB III-Reform erweisen. Deshalb sagen wir: Eine baldige SGB-Reform statt ein Stückwerk – das ist das, was den Menschen am meisten dient. Dirk Niebel (F.D.P.): Der hier vorliegende Antrag, Mutterschutz- und Elternzeit in die Anspruchszeiten für die Arbeitslosenversicherung aufzunehmen, hat sicher- lich seine Berechtigung. Es kann nicht sein, dass Frauen und Männer aufgrund von Eltern- und Erziehungszeiten ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosen- hilfe verlieren. Die PDS hat als Lösung vorgeschlagen, die Elternzeit in die Versicherungspflicht aufzunehmen. Dies wäre jetzt aber wieder nur die Gegenmaßnahme für einen Einzelfall und passt in das Flickwerk von Rot-Grün. Die zusätzlichen Beiträge würden darüber hinaus die Steuerzahler und die Bundesanstalt für Arbeit mit Kosten in ungeklärter Höhe belasten. Die F.D.P.-Fraktion kämpft seit Monaten für eine Senkung der Beiträge zur Arbeits- losenversicherung. Wir stimmen zusätzlichen Belastun- gen für die Beitragszahler und Mehrausgaben der Bun- desanstalt für Arbeit nicht zu. Das Argument, dass bei In-Kraft-Treten des Antrags die Kommunen bei der Sozialhilfe entlastet werden, zeigt wieder einmal den Verschiebebahnhof bei den beiden steuerfinanzierten Leistungen Arbeitslosenhilfe und So- zialhilfe auf. Die F.D.P. wird deshalb dem Deutschen Bundestag einen Antrag auf Zusammenfassung der steuerfinanzier- ten Leistung Arbeitslosenhilfe mit der ebenfalls steuerfi- nanzierten Sozialhilfe vorlegen. Dadurch wird nicht nur dieser Verschiebebahnhof beendet. Durch die Verschlan- kung von Behörden und den Abbau von bürokratischem Aufwand werden erhebliche Einsparungen ermöglicht. Bisher kostet der Verwaltungsapparat 15 Milliarden DM jährlich, davon rund 7 Milliarden DM allein die Verwal- tung der beiden Leistungen Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Kinder dürfen nicht zum Armutsrisiko werden. Die F.D.P. ist unter anderem deshalb die Partei der sozialen Verantwortung, weil wir Elternschaft und berufliche Tätigkeit in Einklang bringen wollen: Wir setzen daher große Hoffnung in die Reform des SGB III, die ja von der rot-grünen Regierung seit Beginn der Legislaturperiode angekündigt wird. Im Rahmen des Gesamtkonzeptes, das wir konstruktiv begleiten werden, muss auch das hier vor- liegende Thema zufriedenstellend gelöst werden. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion lehnt deshalb diesen Antrag als Einzelfalllösung ab. Wir fordern, dass die Bun- desregierung endlich ihre Versprechungen wahr macht und den Entwurf zur Reform des Arbeitsförderungsrechts vorlegt. Und bitte legen Sie uns nicht wieder Flickwerk vor, sondern endlich einmal handwerklich solide Arbeit. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115800 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Josef Fell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
    Ich denke, wir sind uns alle einig: Eine Bundeswehrreform
    ist ein notwendiger Schritt hin zu einer modernisierten
    Bundeswehr. Aber, meine Damen und Herren von der
    Union und der F.D.P., eine Modernisierung im Rahmen der
    angestrebten Haushaltskonsolidierung kann nur mit einer
    Verkleinerung der Bundeswehr erfolgen. Wie wollen Sie
    denn sonst die Finanzmittel für die Modernisierung zum
    Beispiel in der Ausrüstung beschaffen?

    Verkleinerung heißt in der letzten Konsequenz aber
    auch, dass es Standortschließungen geben wird. Für die
    betroffenen Kommunen gilt es Hilfe zu schaffen. Sie dür-
    fen nicht alleine gelassen werden.


    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Wo ist denn Ihr Konversionsprogramm?)


    Deshalb lassen Sie uns nun gemeinsam die Chancen einer
    zivilen Nutzung der zu schließenden Standorte heraus-
    stellen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ohne Moos läuft nichts!)


    In diesen Zielen, denke ich, stimmen wir alle in diesem
    Hohen Haus überein.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Dafür hat der Bund auch Mitverantwortung zu tragen; so
    haben wir es in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Bringen Sie doch Ihre Zahlen!)


    – Herr Rossmanith, vergessen Sie doch bitte nicht die Ver-
    gangenheit. 58 Standortschließungen heute entsprechen
    von der Größenordnung her nicht der Schließung von vie-
    len hundert Liegenschaften, die unter Ihrer Regierungs-
    verantwortung beschlossen wurde.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Mit einem Sonderprogramm von 7 Milliarden DM!)


    Eine Reduzierung des Militär- und Zivilpersonals um
    rund 90 000 Stellen entspricht nicht dem Abzug von
    700 000 Soldaten unter Ihrer Regierungsverantwortung.
    So nämlich sahen die Konsequenzen der Streitkräftere-
    duzierungen der 90er-Jahre aus. Die Regionen hatten




    Günther Friedrich Nolting
    15776


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    damals mit viel weitreichenderen wirtschafts- und auch
    umweltpolitischen Problemen zu kämpfen als heute.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Dafür haben die auch 7 Milliarden DM bekommen!)


    Damit will ich nicht die heutigen Schwierigkeiten
    kleinreden. Die betroffenen Kommunen haben sie zu be-
    wältigen. Aber unter Ihrer Regierung waren die Reduk-
    tionen, mit denen die Kommunen damals zu kämpfen hat-
    ten, wesentlich größer als heute. Was soll also die ganze
    Aufregung von heute? Ich muss mich schon fragen: Wel-
    che Konzepte zur Abfederung dieser strukturpolitischen
    Schwierigkeiten haben Sie denn damals entwickelt? Herr
    Nolting, der Skandal, von dem Sie vorhin sprachen, fällt
    natürlich ein ganzes Stück weit auf Sie zurück; denn trotz
    des umfangreichen Truppenabbaus hat es keinen eigenen
    Konversionsfonds des Bundes gegeben. Bündnis 90/Die
    Grünen forderten ihn damals – vergeblich.

    Trotz harter Konsequenzen für die Regionen brachte
    die alte Bundesregierung keine gesetzliche Regelung zur
    Bewältigung des Konversionsprozesses zustande. Bünd-
    nis 90/Die Grünen brachten 1994 ein Bundeskonversi-
    onsgesetz ein, welches Sie ablehnten.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wir brauchen kein Gesetz, sondern Geld!)


    Meinte die alte Bundesregierung damals mit aktiver
    Strukturpolitik und Unterstützung der Regionen vielleicht
    die pauschalierte Überlassung von 2 Prozent mehr Um-
    satzsteuer für die Länder? Wohl kaum. Zwar standen den
    Ländern frei verfügbare Mittel in erheblichem Umfang
    zur Verfügung;


    (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: 7 Milliarden!)


    aber die Umsatzsteuermehreinnahmen verteilten sich
    nach Einwohnerzahl und nicht nach Betroffenheit von
    Truppenabbau und nach Strukturschwäche der Region.
    Bayern beispielsweise war mit einem unterproportionalen
    Anteil von Standortschließungen überproportional von
    den Mehrwertsteuereinnahmen begünstigt. Aber was ge-
    schah damals mit den Mitteln in Bayern? Fragen Sie ein-
    mal bei den Kommunen nach. Ich komme aus einer Kom-
    mune, die damals hart betroffen war. Ich weiß als Stadtrat,
    dass dort nichts ankam.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Da haben Sie in der Stadtratssitzung gefehlt!)


    Nordrhein-Westfalen und Brandenburg – das sind übri-
    gens rot-grün regierte Länder – entwickelten Landeskon-
    versionsprogramme. Sie waren sehr erfolgreich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Lassen Sie uns das jetzt gemeinsam besser machen.

    Wir halten die Vorschläge, die Sie in Ihren Anträgen ge-
    macht haben, für teilweise sehr interessant und auch kor-
    rekt.


    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Dann zustimmen! Wir werden Sie daran erinnern!)


    Stellen wir den Regionen dem Ausmaß der Betroffenheit
    entsprechende Hilfen zur Seite. Wir von Bündnis 90/Die
    Grünen halten es jedenfalls für sinnvoll, dass beispiels-
    weise ein Bundeskonversionsbeauftragter als Vermitt-
    ler und Koordinator zwischen Bund, Ländern, Kommu-
    nen und Investoren berufen wird.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Ein neuer Posten für Trittin!)


    Wir meinen, dass der bestehende Gebäudebestand für
    Bildungseinrichtungen, sozialen Wohnungsbedarf und
    Gewerbebedarf genutzt werden kann, dass die Konversi-
    onsflächen für den Städtebau verwendet werden können
    und dass die betroffenen Regionen zielgerichtet Förder-
    mittel aus Regionalstrukturprogrammen benötigen. Dies
    muss keine Aufstockung der Haushaltsmittel bedeuten,
    sondern kann auch durch Umschichtungen erfolgen.


    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Woher denn?)


    Der Bund hat aus grüner Sicht auch Verantwortung für
    die Altlastenbefreiung zu tragen, sodass eine zivile und
    umweltgerechte Nachnutzung kontaminierter Liegen-
    schaften möglich ist. Ermöglichen wir doch die Einrich-
    tung von Naturschutz- oder Landschaftsparks auf ehema-
    ligen militärischen Übungsflächen. Besonders dort haben
    sich einzigartige Biotopverbundsysteme herausgebildet,
    da das Gelände über Jahrzehnte nicht bebaut und nur par-
    tiell genutzt worden ist.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das schafft Frösche, aber keine Arbeitsplätze!)


    Nutzen wir bestehende Bundesförderprogramme, um
    Investitionen in Konversionsflächen und Gebäude zusätz-
    lich zu erleichtern. Dies soll besonders wachstumsinten-
    sive Investitionen begünstigen, die nicht nur eine
    arbeitsplatzschaffende, sondern auch eine ökologische
    Zielsetzung verfolgen, zum Beispiel Investitionen zur
    Energieeinsparung, zur Erzeugung von erneuerbaren
    Energien und für den ökologischen Landbau. Die ent-
    sprechenden Rahmenbedingungen haben wir bereits ge-
    schaffen. Wir fordern natürlich auch die Länder und
    besonders die Kommunen auf, eigene kreative Nachnut-
    zungskonzepte zu entwickeln; denn nur die Regionen
    selbst wissen am besten, wofür ein geschlossener Stand-
    ort zivil genutzt werden kann.


    (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ohne Mittel läuft nichts!)


    Mit solchen Maßnahmen können wir den Regionen im
    aktuellen Konversionsprozess mehr und effektivere Hilfe
    zur Seite stellen, als es die alte Bundesregierung in ihrer
    ersten umfangreichen Konversionsetappe getan hat. Nut-
    zen wir die Chancen, die uns die zivile Nachnutzung mi-
    litärischer Liegenschaften bietet. Auf der einen Seite kön-
    nen Arbeitsplätze in neu angesiedelten Unternehmen
    entstehen. Arbeitsplätze können aber auch durch das Her-
    richten der Liegenschaften, zum Beispiel für Bauunter-
    nehmen, entstehen. Damit können die betroffenen Regio-
    nen ihre Wirtschaftskraft nachhaltig stärken. Auf der
    anderen Seite können unsere Umweltbedingungen durch
    die Beseitigung militärischer Altlasten und durch die




    Hans-Josef Fell

    15777


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    künftige Vermeidung von militärisch bedingten Umwelt-
    belastungen wie Flug- und Schießlärm verbessert werden,
    aber auch durch die Rückgabe von Liegenschaften zur
    Schaffung von Natur und Parkflächen.

    Lassen Sie uns die gemeinsamen Chancen der Stand-
    ortschließungen nutzen. Lassen Sie uns dabei im Sinne
    der ökologischen Modernisierung nicht nur zum Schutze
    unserer natürlichen Lebensgrundlagen beitragen, sondern
    auch gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen und die Regionen
    wirtschaftlich stärken.


    (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Mehr Frösche, weniger Soldaten!)


    Bündnis 90/Die Grünen wollen die betroffenen Kommu-
    nen nicht alleine lassen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Dann müssen Sie unserem Antrag ja zustimmen!)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Der Kollege
Kutzmutz ist schon im Anmarsch. Sie haben das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rolf Kutzmutz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Es ist – Ihnen
    fällt das wahrscheinlich gar nicht mehr auf – schon ein ei-
    genartiges Schauspiel eines Rollenwechsels, das hier
    stattfindet. In ihren Anträgen fordern CDU/CSU und
    F.D.P. ein Bundeskonversionsprogramm. Genau das ha-
    ben Sie als Regierungskoalition immer abgelehnt: Die
    Länder hätten schließlich bei dem Steuerkompromiss An-
    fang der 90er-Jahre von der Mehrwertsteuererhöhung
    2 Prozentpunkte abbekommen und daraus seien die Mehr-
    belastungen durch den Truppenabbau zu finanzieren.

    SPD und Grüne haben in ihren Oppositionstagen
    – lang, lang ist es her – die Verantwortung des Bundes bei
    der Abfederung der Folgen von Rüstungsminderung im-
    mer vehement eingefordert. Rudolf Scharping und Frak-
    tion verlangten am 6. November 1996 ein Konversions-
    programm des Bundes.


    (Zuruf von der PDS: Hört! Hört!)

    Heute verlangt Rudolf Scharping kein Konversionspro-
    gramm mehr, sondern beispielsweise 500 Millionen DM
    für den Ausbau des früheren sowjetischen Übungsplatzes
    in der Kyritz-Ruppiner Heide. Dabei klagen die meisten
    Anliegergemeinden nicht nur gegen eine erneute militäri-
    sche Nutzung, sie haben auch Konversionskonzepte er-
    arbeitet, die jedoch durch den Wiedereinzug des Militärs
    im wahrsten Sinne des Wortes bombardiert werden. Es
    liegt eine absurde politische Gefechtslage vor, die aber
    eine mögliche Finanzierungsquelle des unverzichtbaren
    Bundesprogramms aufzeigt.

    In der Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
    CDU/CSU, ist Ihr Antrag insoweit zu unterstützen, als es
    nicht angehen kann, dass die Bundesregierung eine Ver-
    kleinerung der Bundeswehr verordnet, die Städte, Ge-
    meinden, Kreise und Länder mit deren Folgen aber im Re-
    gen stehen lässt.


    (Beifall bei der PDS)


    Herr Fell hat eben gesagt, wir dürften die Betroffenen
    nicht alleine lassen. Wir fordern, frei werdende Mittel
    dafür zu nutzen, die Abrüstung sozial- und umweltver-
    träglich zu gestalten.


    (Beifall bei der PDS)

    AuchKreativität, Herr Fell, kostet Geld. Mit Kreativität

    allein hat es noch nicht einmal ein Modeschöpfer weit ge-
    bracht. Auch bei der Bundeswehr lösen sich die Probleme
    nicht von alleine. Deshalb fordern wir ein Abrüstungs- und
    Konversionskonzept, das den Abbau der Streitkräfte mit
    gezielter regionaler Wirtschaftsförderung verbindet.
    Die für die Wirtschaftsförderung vor Ort zuständigen Stel-
    len brauchen ganz schnell belastbare Daten darüber, wann
    ein Objekt in welchem infrastrukturellen Zustand von der
    Bundeswehr geräumt wird. Es geht um Personal, Qualifi-
    kation und vieles andere mehr.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir brauchen einen Konversionsfonds des Bundes, und

    zwar nicht zuletzt deshalb, weil die EU-Förderung der
    Konversion gerade ausläuft. Niedersachsen hat eine Bun-
    desratsinitiative gestartet, die von Mecklenburg-Vorpom-
    mern unterstützt wird. Wer hindert die Bundesregierung da-
    ran, entsprechende Mittel für diesen Zweck einzustellen?
    Bei dem Umfang der Förderung muss nach meiner Auffas-
    sung die tatsächliche Strukturschwäche der Region und
    nicht nur der militärische Verlust einkalkuliert werden.

    Ich habe das Ressortkonzept Stationierung einmal
    nach Ländern aufgeschlüsselt und den Anteil der einzel-
    nen Länder an den vorgesehenen Dienstposten mit ihrem
    Anteil an der Bevölkerung und der Bruttowertschöpfung
    verglichen. Das Ergebnis war, dass auch nach der neuen
    Bundeswehrstruktur alle westdeutschen Flächenländer
    – mit Ausnahme von Hessen und Baden-Württemberg,
    die ja vergleichsweise kräftige Regionen sind – nach wie
    vor überproportional viel vom Wirtschaftsfaktor Militär
    profitieren werden. Diese Feststellung bedeutet keines-
    wegs einen Appell, mehr Bundeswehr in den Osten zu
    bringen. Es braucht also kein Bayer zu fürchten, er müsse
    nach Eggesin.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt „fürchten“?)


    – Sie kennen Eggesin nicht.
    Konversion und die Herausforderungen der Regional-

    und Strukturpolitik sind zwei Seiten einer Medaille. Was
    spricht eigentlich dagegen, zu versuchen, die Probleme
    des Bundeswehrabzuges im Zusammenhang mit den Pro-
    blemen aus der EU-Osterweiterung zu lösen, bei der eine
    Sonderförderung für die an den bisherigen EU-Außen-
    grenzen liegenden Regionen unverzichtbar ist?


    (Beifall bei der PDS)

    Wie die Programme heißen, ist letztendlich egal. Ent-
    scheidend bleibt allein, dass den von einem Strukturwan-
    del betroffenen Menschen und Regionen tragfähige Per-
    spektiven geboten werden müssen.

    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)





    Hans-Josef Fell
    15778


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)