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ID1416104100

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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Hubert Deittert und Dr. Jürgen Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 15651 A Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 a bis d, 5 sowie 16 a und b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 D Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 15652 A Jörg van Essen F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . . . 15653 A Alfred Hartenbach SPD (zur GO) . . . . . . . . . 15653 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU (zur GO) . . . . 15655 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS (zur GO) . . . . . 15656 A Tagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neugliede- rung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) (Drucksachen 14/4553, 14/5663) . . . . 15656 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Michael Goldmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verein- fachung des Mietrechts (Mietrechts- vereinfachungsgesetz) (Drucksachen 14/3896, 14/5663) . . . . 15656 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15657 A Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15659 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15662 A Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15663 C Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15665 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15667 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 15669 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15671 D Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15674 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . 15675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 15677 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15679 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . 15681 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15682 C Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15683 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15685 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15688 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Sofor- tige Entlassung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15691 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15693 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15695 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15698 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15700 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 15700 C Plenarprotokoll 14/161 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 I n h a l t : Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15702 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15704 B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15707 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15707 A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15707 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15708 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15711 D Tagesordnungspunkt 20: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teil- habe behinderter Menschen (Drucksachen 14/5531, 14/5639) . . . . 15708 D b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Staatsan- gehörigkeitsgesetzes (Drucksache 14/5654) . . . . . . . . . . . . . 15709 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Helmut Wilhelm (Am- berg), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Poten- ziale im Wasserstraßentransport um- welt- und naturverträglich nutzen – In- termodalität stärken (Drucksache 14/5667) . . . . . . . . . . . . . . . 15709 A Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 12. April 1999 zum Schutz des Rheins (Drucksachen 14/4674, 14/5282) . . . . 15709 B b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten bei Abfalllagern (Drucksachen 14/4926, 14/5633) . . . . 15709 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Neunundzwanzigs- ter Rahmenplan der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der regiona- len Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2000 bis 2003 (2004) (Drucksachen 14/4623, 14/3250, 14/5185) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15709 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Verantwortung der Bundesregierung für die Begleitumstände des ersten rot-grünen Castortransports 15710 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15710 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15714 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15715 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15716 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15718 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15719 B Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU . . . . 15720 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15721 D Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15723 B Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15724 B Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15725 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 15726 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15728 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 15729 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15731 A Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Tou- rismuspolitischer Bericht der Bundes- regierung (Drucksachen 14/2473, 14/5432 [neu]) . . . 15732 C Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15732 C Anita Schäfer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15734 A Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 15735 D Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15737 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001II Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15738 C Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15739 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15740 D Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15741 B Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15742 B Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15744 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15745 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15746 D Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15747 A Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Karin Rehbock- Zureich, Hans-Günter Bruckmann, wei- terer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Die Bahnreform fort- führen und die Zukunft der Schiene in Deutschland sichern (Drucksache 14/5665) . . . . . . . . . . . . 15747 B b) Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gewährleistung des Schie- nenpersonenfernverkehrs (Drucksache 14/5451) . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Gewährleistung des Schienen- personenfernverkehrs (Bundesschienen- personenfernverkehrsgesetz) (Drucksache 14/5662) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Eisenbahnpolitische Reformschritte zügig einleiten (Drucksache 14/5666) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 D Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . 15747 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 15749 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15751 D Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15753 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15754 C Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15755 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15756 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15757 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15758 C Tagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Horst Friedrich, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Referenzstrecke für den Transrapid (Drucksachen 14/2734, 14/4025) . . . . . . . 15759 B Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15759 C Reinhold Hiller (Lübeck) SPD . . . . . . . . . . . 15760 C Dr. Hermann Kues CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15762 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 B Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Künftige Gestaltung der Standortwer- bung zur Gewinnung ausländischer In- vestitionen für Deutschland (Drucksache 14/4240) . . . . . . . . . . . . . . . 15764 D Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15765 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15766 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15768 A Walter Hirche F.D.P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 A Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 D Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15770 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Christian Schmidt (Fürth), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Strukturpolitische Verantwortung für Bundeswehrstandorte übernehmen, die die Bundesregierung schließen oder ver- kleinern will (Drucksache 14/5550) . . . . . . . . . . . . . . . 15771 D in Verbindung mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 III Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Günther Nolting, Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Hilfe durch den Bund für die von Reduzierung und Schließung betroffenen Bundeswehr- standorte ist unverzichtbar (Drucksache 14/5467) . . . . . . . . . . . . . . . 15772 A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15772 B Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15773 C Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15774 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 15775 C Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15776 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15778 A Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 15779 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 15780 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüber- führungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungs- gesetz) (Drucksache 14/5640) . . . . . . . . . . . . . . . 15782 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 15782 C Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15783 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 15785 C Monika Balt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15786 B Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15787 B Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung von Beschränkun- gen des Brief-, Post- und Fernmelde- geheimnisses (Drucksache 14/5655) . . . . . . . . . . . . . . . 15788 C Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Christina Schenk, Christine Ostrowski, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Drit- ten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz) (Drucksachen 14/3227, 14/5354) . . . . . . . 15788 C Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15788 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15789 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15791 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlas- sung des Bundesministers für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung und Ergänzung des Anspruchs- und An- wartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG- Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fern- meldegeheimnisses (Tagesordnungspunkt 12) 15793 A Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15793 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15794 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 15795 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15795 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 15796 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz – ... SGB III-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Renate Rennebach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15799 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15800 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15800 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 Christina Schenk 15789 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15791 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 29.03.2001** Behrendt, Wolfgang SPD 29.03.2001*** Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Bodewig, Kurt SPD 29.03.2001 Glos, Michael CDU/CSU 29.03.2001 Goldmann, F.D.P. 29.03.2001 Hans-Michael Heil, Hubertus SPD 29.03.2001 Hempelmann, Rolf SPD 29.03.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 29.03.2001*** Karl-Heinz Hörster, Joachim CDU/CSU 29.03.2001 Ibrügger, Lothar SPD 29.03.2001 Irber, Brunhilde SPD 29.03.2001 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 29.03.2001 Klappert, Marianne SPD 29.03.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 29.03.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.03.2001 Erich Neumann (Gotha), SPD 29.03.2001 Gerhard Robbe, Reinhold SPD 29.03.2001 Schloten, Dieter SPD 29.03.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 29.03.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 29.03.2001 Hans Peter Schröder, Gerhard SPD 29.03.2001 Dr. Schuster, SPD 29.03.2001 R. Werner Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 29.03.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Wegener, Hedi SPD 29.03.2001 Wiefelspütz, Dieter SPD 29.03.2001 Wistuba, Engelbert SPD 29.03.2001 Wohlleben, Verena SPD 29.03.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 29.03.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 29.03.2001** ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ***** für die Teilnahe an der 105. Jahreskonferenz der Interparla- mentarischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlassung des Bundesmi- nisters für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab, weil wir nach unserem Parlamentsverständnis es weder der Opposition noch dem Kanzler überlassen wollen, die Auseinander- setzungen mit bündnisgrünen Mitgliedern des Kabinetts zu führen. Im Übrigen lehnen wir eine Stil der Auseinanderset- zungen ab, der politische Gegner in ihrer Person herab- würdigt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurf eines Zweiten Geset- zes zur Änderung und Ergänzung des An- spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgeset- zes (2.AAÜG-Änderungsgesetz – 2.AAÜG-ÄndG) (Tagesordnungspunkt 10) Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hier vorliegende 2. AAÜG-ÄndG wurde auf entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht ***** Grundlage der Urteile des Bundesverfassungsgerichts erarbeitet. Wir halten uns damit streng an die Vorgaben des Gerichturteils des Bundesverfassungsgerichts. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 28. April 1999 zur Verfassungsmäßigkeit der Über- führung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetz- liche Rentenversicherung vier Urteile verkündet. Das Leit- urteil setzt sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Sys- tementscheidung – Überführung in die gesetzliche Ren- tenversicherung –, die weiteren drei Urteile setzen sich mit der Zahlbetrags- und Entgeltbegrenzung des AAÜG sowie mit der Regelung des § 307b SGB VI auseinander. Um klar zu stellen: Die so genannte Systementschei- dung wurde vom Bundesverfassungsgericht gebilligt und wird auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht infrage gestellt. Denn nach den Vorgaben des Einigungs- vertrages wurden die in den Zusatz- und Sonderversor- gungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und An- wartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung überführt. Wir sehen es als folgerichtig und gerecht an, dass die in der Rentenversicherung geltenden Grundsätze, Renten auf Basis der versicherten Entgelte eines ganzen Lebens zu zahlen, auch auf Personen angewandt werden, die in der DDR in Zusatz oder Sonderversorgungssyste- men versichert waren. Was bedeutet dieses Gesetz und wem nützt dieses Ge- setz? Das Gesetz sieht, wie vom Bundesverfassungsge- richt vorgeschrieben, Leistungsverbesserungen bei den rentenrechtlichen Beschäftigungszeiten bei der Deut- schen Reichsbahn und der Deutschen Post vor. Künftig sollen für von März 1971 bis Dezember 1973 bei der Deutschen Reichsbahn oder der Deutschen Post zurück- gelegte Beschäftigungszeiten bis zu 1 250 DM monatlich anrechenbar sein. Für Personen, die am 1. Januar 1974 be- reits zehn Jahre in einem der beiden Bereiche beschäftigt waren, soll ein Arbeitsverdienst bis zu dieser Höhe sogar bis Juni 1990 anrechenbar sein. Das kostet natürlich auch Geld. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Leistungsverbesserungen führen bei Bund und bei den Ländern zu Mehrausgaben für Nachzahlungen bis zum 30. April 1999 in Höhe von rund 690 Millionen DM und zu laufenden, jährlichen Mehraufwendungen in Höhe von rund 325 Millionen DM. In Hunderten von Briefen, die wir in den letzten Mo- naten bekommen haben, wird uns vorgeworfen, wir be- trieben ein „Rentenstrafrecht“. Ich möchte die Gegen- frage stellen: Sollen wir wirklich gerade diejenigen, die in der ehemaliger DDR schon privilegiert waren, belohnen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der Grund, warum wir nicht, wie es hier von der PDS gefordert wird, über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hi- nausgehen und weitere Verbesserungen für ehemalig Pri- vilegierte beschließen. Wir haben in diesem Gesetz Ver- besserungen vorgesehen, die uns das Urteil zwingend vorgibt. Sie haben alle in den letzten Wochen die Schlagzeilen in der Bildzeitung gesehen, die genau ausgerechnet ha- ben, wie viel Rente Margot Honecker, Egon Krenz und Markus Wolf mehr bekommen. Ich darf Sie daran erin- nern, dass Margot Honecker 45 000 DM bzw. 400 DM und Markus Wolf 30 000 DM mehr Rente bekommen sol- len. Ich frage noch mal: Wollen wir hier noch eins drauf- setzen, wie es die PDS fordert? Steht nicht die Lösung viel drängenderer Probleme an, wie die Beseitigung der Ar- beitslosigkeit im Osten, die Bereitstellung einer intakten Infrastruktur und eine gute Aus- und Weiterbildung für die Jungen? Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, eine Besserstellung der Privilegierten ist nicht vertretbar, so- lange eine angemessene Entschädigung der Opfer des SED-Regimes noch aussteht. Liebe Kolleginnen und Kol- legen, der richtige Blickwinkel für diese Debatte ist der Blickwinkel der Opfer. Auch die Union hat sich für eine stärkere rentenrechtliche Aufwertung von Opfern ausge- sprochen. Wie ist Ihre kritische Haltung jetzt zu verste- hen? Der PDS ist das im Gesetz Enthaltene noch nicht ge- nug und vertritt diejenigen, denen das hier im Gesetz Ent- haltene noch nicht genug ist. Damit macht sie sich zum Vertreter der Interessen der vormals Privilegierten, zum Teil auch der Täter. Die PDS fordert ausdrücklich, dass die „Eigentumspositionen der Betroffenen im Verhältnis zu den übrigen Rentnern im Osten“ gehalten werden müs- sen und dass wir als der Gesetzgeber dafür Sorge zu tra- gen haben. Dafür ein Beispiel: Die PDS fordert die Dy- namisierung des besitzgeschützten Betrags also der Rente, die aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Grundlage des Rechts der DDR gezahlt wird – mit dem aktuellen Rentenwert Ost ab 1. Januar 1992 statt ab 1. Juli 1992. Dies würde zu einer deutlich stärkeren Stei- gerung führen als bei einer Dynamisierung gemäß dem Rentenwert West. Das BSG hat hierzu eine klare Ent- scheidung getroffen und die Dynamisierung mit dem Ren- tenwert West vorgeschlagen. Eine Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost kommt allein deshalb nicht in Be- tracht, weil der Zahlbetrag der Rente solange besitzge- schützt sein sollte, wie sich durch die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern auch höhere Renten nach dem SGB VI ergeben hätten. Nebenbei bemerkt: Die Dynamisierung der Renten ist kein Strukturmerkmal der Versicherung der DDR. Die Forderung nach der Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost zeigt, dass die PDS will, dass das Rentenrecht der DDR dann zum Zuge kommen soll, wenn es für die Be- troffenen besser wäre. Wenn es höhere Renten verspricht, berufen Sie sich gerne auf das Rentenrecht der BRD. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich hier entscheiden und sich nicht aus den unterschiedlichen Ku- chen immer nur die Rosinen herauspicken wollen. Ich möchte im Folgenden auf einige andere Kern- punkte des Gesetzes eingehen: Ein Punkt, der heftig um- stritten ist, ist die Entgeltbegrenzung von MfSlern. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die berücksichtigungsfähi- gen Entgelte für ehemalige Mitarbeiter des MfS entspre- chend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 70 Prozent auf 100 Prozent des Durchschnittseinkom- mens angehoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Arbeitsentgelte beim Ministerium für Staatssi- cherheit schon dann überhöht waren, wenn sie 70 Prozent des Durchschnittsentgeltes betrugen. Die Bundesregie- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115792 (C) (D) (A) (B) rung folgt hier den Vorgaben des Gerichts. Die PDS schlägt vor, die Entgelte für Angehörige des MfS nicht in vorgesehener Weise zu begrenzen. Sie möchte die Hälfte des Entgelts, welches das Durchschnittseinkommen über- steigt, rentenwirksam werden lassen. Dies würde zu einer deutlichen rentenrechtlichen Besserstellung der An- gehörigen des MfS führen. Genau dieser Punkt, der die Besserstellung von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern bedeu- ten würde, ist für uns nicht nachvollziehbar. Auch bei der Entgeltbegrenzung bei Personen, die staatsnahe Funktionen ausgeübt haben, hat das Bundes- verfassungsgericht die geltende Entgeltbegrenzung nicht verworfen. An dieser Bestimmung wollen wir auch fest- halten, solange das Gericht hier eine eindeutige Festle- gung trifft. Hier muss genau differenziert werden. Eine Abgrenzung muss objektiv geschehen. Deshalb muss das Gericht hier eine Abgrenzung vornehmen. Ich sage hier noch einmal deutlich: Es ist nicht Ziel der Fraktion, die Einkommenssituation ehemaliger Staatsnaher zu verbes- sern. Wir betreiben nicht Lobbyarbeit für ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Wir setzen die Vorgaben des Bundes- verfassungsgerichts um. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetze zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Tagesord- nungspunkt 12) Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU): Der Gesetzent- wurf der Bundesregierung zur Neuregelung von Be- schränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis- ses liegt seit dem 26. März 2001, also seit drei Tagen vor. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 9. März 2001 zu dem Entwurf Stellung genommen und Empfehlungen ausgesprochen. In ihrer Gegenäußerung hat die Bundes- regierung praktisch alle Änderungsvorschläge des Bun- desrates abgelehnt. Auch wenn die vorgesehenen Änderungen des Geset- zes im Wesentlichen zu begrüßen sind, gibt es doch einige Punkte, die noch verbessert werden müssen. Mit dem vor- liegenden Gesetzentwurf sind Änderungen des G-10- BND-Gesetzes, der Fernmeldeverkehr- Überwachungs- Verordnung und weiterer Gesetze vorgesehen. Entschei- dend sind die Änderungen im G-10-Gesetz. Hier ist zu begrüßen, dass der Katalog von Straftaten in § 3 erweitert wird und Individualkontrollen ermöglicht werden, wenn tatsächlich Anhaltspunkte den Verdacht der Begehung begründen. Die Erweiterung reicht aber nicht aus. Zwar wurden der Tatbestand der Volksverhetzung und einige andere in § 129a StGB genannte Straftaten aufgenommen. Außerdem ist jetzt auch klargestellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Erkenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfah- ren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Es ist aber nicht nach- vollziehbar, warum die Überwachung bei schwersten Straftaten nicht möglich sein soll. Während bei Mord- und Totschlagsdelikten, erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme, Brandstiftung, beim Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, bei gefährlichen absichtlichen Ein- griffen in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, bei beson- ders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe und bei Angriffen auf den Luft- und Seeverkehr die Über- wachung möglich ist, soll bei den Straftaten Völkermord, Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel, Herbeiführung einer Explosion durch Kernenergie, gemeingefährliche Vergif- tung, gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr und den nicht besonders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe eine Überwachung nicht ge- rechtfertigt sein. In der Begründung des Gesetzentwurfs, warum § 315 Abs. 3 StGB – gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr – aufgenommen wurde, werden über 50 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr durch mili- tante Linksextremisten, die Hakenkrallen und Wurfanker zur Störung von Castortransporten eingesetzt haben, ge- nannt. Auch das Untergraben von Gleiskörpern – etwas, was gerade bei diesem Castortransport wieder geschehen ist – muss in der einfachen Begehungsform aufgenommen werden und nicht in der qualifizierten, die nur in Abs. 3 vorgesehen ist. Das muss insbesondere auch unter dem Aspekt gesagt werden, dass heutzutage praktisch jeder ein Handy hat. So können vielleicht die Saboteure des Cas- tortransports leichter gefasst werden. Die aktuellen Ereignisse um den Castortransport pas- sen auch gut, um auf § 4 – Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung – einzugehen. Es ist zu begrüßen, dass personenbezogene Daten aus G-10-Maßnahmen in Zukunft nach § 4 Abs. 2 insgesamt verwendet werden dürfen. Es ist aber nicht konsequent, die präventive Übermittlung personenbezo- gener Daten auf das Ziel der Verhinderung und Auf- klärung von bestimmten Straftaten zu begrenzen. Wir ha- ben bisher die Auffassung vertreten, dass der bisherige § 7 Abs. 3 G 10 lediglich ein teilweises Übermittlungs- verbot zu repressiven Zwecken beinhaltet, die Übermitt- lung zu präventiven Zwecken aber nach den allgemeinen Übermittlungsregeln der Verfassungsschutzgesetze er- folgt. § 4 Abs. 3 Nr. 3 erklärt nun die Übermittlung zur Vorbereitung und Durchführung von Partei- und Vereins- verboten ausdrücklich für zulässig. Das ist zu begrüßen. Bei der jetzt vorgesehenen Formulierung wäre jedoch die Übermittlung von Erkenntnissen, dass zum Beispiel an- lässlich einer geplanten Versammlung schwerer Landfrie- densbruch geplant wird, nicht zulässig. Es wäre demnach auch nicht zulässig, Erkenntnisse zu übermitteln, wonach ein bestimmter Skinhead eine bestimmte andere Person überfallen und körperlich misshandeln will. Die Begrenzung der Übermittlung von verfassungs- schutzrelevanten Informationen zwischen den Verfassungs- schutzbehörden auf bestimmte Straftatenkomplexe geht ebenso fehl. Das gilt auch für den Verweis auf § 7 Abs. 4, der dazu führt, dass die Befugnis zur Übermittlung zum Zwecke der Strafverfolgung zu sehr begrenzt ist. Zu- mindest die Möglichkeit der Datenübermittlung zur Straf- verfolgung nach §§ 234, 234a StGB – Menschenraub, Verschleppung –, § 310 StGB – Vorbereitung von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15793 (C) (D) (A) (B) Explosions- und Strahlenverbrechen – und § 92a AuslG – gewerbs- oder bandenmäßiges Einschleusen von Auslän- dern – muss zulässig bleiben. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Mit der Vor- lage dieses Gesetzentwurfs ist zum einen der Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 Rechnung getragen worden. Die Gewährleistung des Schutzes personenbezogener Daten ist insoweit ver- schärft worden. Allerdings ist der ganz große Wurf mit dieser Novelle noch nicht gelungen. In einigen Punkten besteht noch Änderungsbedarf. In den Ausschussberatun- gen wird dies sicherlich noch näher zu erörtern sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der vorliegende Änderungsentwurf zum so ge- nannten G 10 ist ein vertretbarer Kompromiss zwischen Sicherheits- und Datenschutzinteressen. Gegenüber dem geltenden Recht bringt die Novelle deutliche Verbesserungen, gestaltet die bestehenden Ab- hörbefugnisse der Dienste grundgesetzkonform und stärkt den Schutz des Grundrechts der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung erheblich. Die Ko- alition kommt damit einer Verpflichtung nach, die das Bundesverfassungsgericht dem Parlament aufgegeben hatte, weil die bisherigen gesetzlichen Regelungen ver- fassungswidrig sind. Die Gesetzesnovelle schafft in der Sache keine ent- scheidend neuen Abhörbefugnisse. Teilweise wurde jetzt kritisiert, der Entwurf ermögliche dem Verfassungsschutz eine Überwachung Einzelner nun auch anlässlich von Straftaten jenseits der Staatsschutzdelikte, insbesondere beim Verdacht der Volksverhetzung. Dies war jedoch – leider – ganz überwiegend bereits nach geltendem Recht möglich. So kann der Verfassungsschutz die Kommuni- kation Einzelner schon heute anlässlich des Verdachts so- gar irgendeines Delikts bei vermutetem Gemeinschafts- bezug überwachen, wenn durch die befürchteten Straftaten die demokratische Grundordnung oder die staatliche Existenz gefährdet sind. Nur unter dieser ein- schränkenden Voraussetzung einer konkreten Gefahr, die in der Praxis nur bei gemeinschaftlichem Handeln mehre- rer erfüllt sein wird, ermöglicht nun auch die Gesetzesno- velle Überwachungsmaßnahmen im Falle einiger Kapi- taldelikte und der Volksverhetzung: Diese muss aber schwerwiegend und geeignet sein, den öffentlichen Frie- den zu stören, was bloßes Kneipengeläster und Ähnliches als Anlass ausschließt. Die Datenschutzregelungen und die Kontrollbefug- nisse der G-10-Kommission sowie des Parlamentarischen Kontrollgremiums wurden über das vom Bundesverfas- sungsgericht geforderte Maß hinaus erheblich ausgewei- tet. Wir Grünen empfinden als sehr befriedigend, dass auch die Bundesländer ihre Kontrollregelungen diesem Standard anpassen müssen. Erstaunlich finden wir die aus der F.D.P. – unter ande- rem von der ehemaligen Bundesjustizministerin – nun geäußerte Kritik, die Grünen gäben mit ihrer Zustimmung zu der Novelle ihre rechtsstaatlichen Überzeugungen auf. Bei aller Hochachtung für den seinerzeitigen Rücktritt von Frau Leutheusser-Schnarrenberger als persönlichen Protest gegen den Großen Lauschangriff muss an Folgen- des erinnert werden: Es war ausgerechnet ihre F.D.P., die jenen Erweiterungen der G-10-Abhörbefugnisse 1994 im Bundestag zu der Mehrheit verhalf, welche das Bundes- verfassungsgericht fünf Jahre später als verfassungswid- rig aufgehoben hat. Die F.D.P. hat daher das in Teilen ver- fassungswidrige Gesetz zu verantworten, welches Rot-Grün nun verfassungskonform gestalten muss. In der F.D.P. wird offenbar auf ein sehr kurzes Gedächtnis der Öffentlichkeit gebaut. Soweit der Bundesrat nun auf den Entwurf draufsatteln will und die Überwachungsbefugnisse sowie Datenver- wertungsbefugnisse erheblich auszuweiten verlangte, haben wir diesen Angriff auf das informationelle Selbst- bestimmungsgrundrecht zurückweisen müssen. Die Be- schränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses muß die seltene Ausnahme bleiben und darf nicht zur Standardmaßnahme der Sicherheitsbehörden mutieren. Die Anwendung des überarbeiteten Gesetzes muss ge- nau beobachtet und kritisch begleitet werden. Eine Er- höhung von Zahl und Umfang der Telekommunikations- überwachung darf nicht sein. Die G-10-Kommission kann ihre Aufgabe, die Anlässe und die Ergebnisse der Über- wachung genau zu überprüfen, nun viel besser erfüllen. Sich daraus etwa ergebende Korrekturen müssen zeitnah erfolgen. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen den Vor- schlag des Bundesbeauftragten für Datenschutz, die neu- gefassten Befugnisse zunächst auf kurze Dauer befristet zu erproben. Dieser und weitere Verbesserungsforderungen insbe- sondere der Datenschutzbeauftragten von Bund und Län- dern werden in den Ausschussberatungen ernsthaft weiter zu prüfen sein. Dazu gehören die Vorschläge: die Be- nachrichtigungspflicht gegenüber Betroffenen noch strik- ter zu gestalten; dem Bundestagsplenum und dem Parla- mentarischen Kontrollgremium noch detaillierter über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der ange- ordneten Überwachungsmaßnahmen sowie über die Be- nachrichtigung der Betroffenen zu berichten; Überwa- chungen von mutmaßlichen Einzeltätern und losen Gruppierungen jenseits der Staatsschutzdelikte im enge- ren Sinne noch deutlicher auszuschließen; eine Übermitt- lung von G-10-Erkenntnissen nur dem erhebenden Ge- heimdienst selbst unter strikterer Zweckbindung zu gestatten und Ausnahmen der dabei vom Bundesverfas- sungsgericht geforderten Kennzeichnung der G-10-Er- kenntnisse zu streichen; die Voraussetzungen sowie Be- fristungen für die Überwachung in Geiselnahmefällen zu verengen und noch deutlicher von der Einhaltung zwi- schenstaatlicher Regelungen abhängig zu machen; die Obergrenze der strategischen Fernmeldeüberwachung von höchstens 20 Prozent der internationalen Fernmelde- beziehungen herabzusenken. Bei der Neugestaltung all dieser Detailregelung besteht die grüne Grundüberzeugung fort, dass generell Existenz und Tätigkeit der Geheimdienste laufend auf dem Prüf- stand bleiben muss, um die Freiheit der Bürger und Trans- parenz der Gesellschaft zu wahren. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115794 (C) (D) (A) (B) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Manche Ge- setzesvorhaben kommen so harmlos daher, dass man schon genau hinsehen muss, um zu erkennen, was sich wirklich dahinter verbirgt. So ist es auch hier. Wir lesen nämlich im Vorblatt unter „Problem und Ziel“, dass es bei dem Gesetzentwurf vorwiegend darum gehe, den Bean- standungen des Bundesverfassungsgerichts an der vom Bundesnachrichtendienst durchgeführten strategischen Fernmeldeüberwachung Rechnung zu tragen. Das mache eine Änderung des so genannten G-10-Gesetzes in der Tat zwingend notwendig. Weiter heißt es dann: „Zugleich sollen Änderungen im Hinblick auf die fortschreitende technische Entwicklung vorgenommen und Lücken des bisherigen Gesetzes ge- schlossen werden.“ Das klingt zunächst einleuchtend und vernünftig. Es ist aber – das wissen wir alle – in der Politik ein durchaus gängiges Muster: Zunächst wird das Vorhandensein einer Lücke behauptet und dann gesagt, dass die selbstver- ständlich der Schließung bedarf. Schaut man sich näher an, was die rot grünen „Lückenschließer“ vorgelegt haben, stellt sich nämlich heraus, dass es sich unter anderem um ganz erhebliche Er- weiterungen der nachrichtendienstlichen Überwachungs- möglichkeiten handelt und – was noch schwerer wiegt – um die Verkürzung der Rechte von Betroffenen. Dies er- staunt vor allem bei den Grünen. Wir sind ja im Laufe Ih- rer Regierungszeit einiges an politischen Verrenkungsü- bungen gewohnt; aber man wundert sich dennoch immer wieder. Die neue Parteivorsitzende Claudia Roth hat vor noch nicht allzu langer Zeit in einer Pressemitteilung vehement die Auflösung des Bundesnachrichtendienstes, einer „ebenso gefährlichen wie überflüssigen Behörde“ gefor- dert. Jetzt wollen sie und ihre grünen Freunde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dem BND zusätzliche Überwachungsmöglichkeiten einräumen. Einen solchen Sinneswandel erlebt man selbst bei den Grünen nicht alle Tage. Lassen Sie mich noch einige wenige grundsätzliche Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf machen, die mir wichtig erscheinen. Man erkennt zwar einen gewissen Fortschritt darin, dass einige datenschutzrechtliche Ver- besserungen vorgenommen werden und die Kontrolle durch die einschlägigen parlamentarischen Gremien auf- gewertet wird. Damit rechtfertigt die Bundesregierung auch die zusätzlichen Befugnisse der Dienste, etwa durch Ausweitung des Straftatenkatalogs oder das Abhören durch den BND bei Gefährdung von Personen im Aus- land. Es ist aber – ich sage das mit aller Vorsicht – mögli- cherweise ein Trugschluss zu glauben, dass man damit die Waage im Gleichgewicht hielte. Wir müssen uns doch wirklich fragen, wie effektiv die parlamentarische Kon- trolle tatsächlich ist und überhaupt sein kann. Das gilt ja auch für andere Eingriffe in den Kommunikationsverkehr, zum Beispiel die Telefonüberwachung. Wie realistisch ist es, dass ein Kontrolleur – sei es ein parlamentarisches Gremium, sei es aber auch ein Richter – eine Überwa- chungsmaßnahme ablehnt oder beendet, wenn er nur den Vortrag der Ämter hören kann? Die Frage ist also, ob die Rechnung „mehr Eingriffsbefugnisse gegen Verbesse- rung der Kontrolle“ tatsächlich aufgeht. Ein anderer wichtiger Punkt betrifft die Wiederein- führung der so genannten Fünfjahresfrist bei der Mittei- lung an Betroffene, die die alte Koalition insbesondere auf Drängen der F.D.P. 1994 aus dem Gesetz gestrichen hatte. Man muss diese Regelung im Zusammenhang mit dem Ausschluss des Rechtsweges in § 13 des Entwurfs lesen. Der Betroffene kann nämlich auch dann rechtlich nichts mehr unternehmen, wenn er zwar von den Abhörmaßnah- men nicht unterrichtet wurde, davon aber auf anderem Wege erfahren hat. Diese Kontrollbeschneidung ist für die F.D.P. nicht akzeptabel und hier kann ich meine Verwun- derung über die angebliche Rechtsstaatspartei Die Grü- nen nur noch verstärken. Insgesamt werden die beteiligten Ausschüsse noch viel Detailarbeit mit dem Gesetzentwurf haben. Aber wir müs- sen uns auch einmal sehr grundsätzlich mit dem Thema Überwachung der Kommunikation einschließlich der neuen Medien und des so genannten Lauschangriffs be- fassen. In Deutschland wird zuviel abgehört und die Kon- trollen sind durchaus verbesserungswürdig. Vielleicht gibt der vorliegende Entwurf Gelegenheit, dieser Frage intensiver nachzugehen. Ulla Jelpke (PDS): Das hier vorgelegte Gesetz ist ein großer Schritt in Richtung Überwachungsstaat und ein schlimmer Rückschlag für die Bürgerrechte. Die Regie- rung behauptet, sie korrigiere nur die Regelungen für Brief-, Post- und Fernmeldekontrolle, die das Verfas- sungsgericht 1999 beanstandet hatte, und ändere nur Re- gelungen, die durch die technologische Entwicklung überholt sind. Das ist eine glatte Täuschung der Öffent- lichkeit. Wenn das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft tritt, dann haben sie den Weg frei gemacht für eine Aus- spionierung und Überwachung der Bürgerinnen und Bür- ger durch die Geheimdienste, wie wir sie seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten. Dann wird in einem Ausmaß abgehört, werden Briefe und Pa- kete in einem Ausmaß geöffnet, Faxe und E-Mails mitge- schnitten wie vermutlich in keinem anderen Land der Welt. Erst Ende des letzten Jahres hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Jacob, einen – ich zitiere – „dramatischen Anstieg“ der Telefonüberwachungen fest- gestellt. 12 600 Telefonüberwachungen waren da für 1999 gemeldet worden. Um eine Vergleichszahl zu nennen: 1973 hatte es nur 104 Telefonüberwachungen gegeben. Mit anderen Worten: 1999 wurden schon nach dem alten Gesetz 120 mal so viele Telefone abgehört wie zur hohen Zeit der Verfolgung von RAF, Palästinensern und anderen Oppositionsgruppen Anfang der 70er-Jahre. Die Zahl die- ser Überwachungen steigt derzeit jährlich um 30 Prozent. Alle vier Jahre verdreifacht sich also schon jetzt die Zahl der Lauschangriffe. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15795 (C) (D) (A) (B) Diese Regierung ist angetreten mit der Ankündigung, sie wolle die staatliche Überwachung der Bürger ein- schränken und Grundrechte ausbauen. Die Grünen sind sogar einmal entstanden als eine Partei gegen den Über- wachungsstaat. Und jetzt? Jetzt wollen sie die Überwa- chung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs mindes- tens verdoppeln, vermutlich aber um ein Vielfaches erhöhen. Sie wollen das Trennungsgebot zwischen der Polizei, die dem Legalitätsprinzip unterliegt, und Geheimdiens- ten, die fast alles dürfen und von fast niemandem kon- trolliert werden, in einem Ausmaß außer Kraft setzen wie noch nie in dieser Geschichte. Die Durchbrechung dieses Trennungsgebots wird in Zukunft nicht mehr Ausnahme, sondern Regel sein. Bis 1994 durfte der Bundesnachrichtendienst Telefon- gespräche nur abhören bei Gefahr eines bewaffneten An- griffs oder einer vergleichbaren Bedrohung des demokra- tischen Rechtsstaates. Es war schon schlimm genug, dass 1994 das berüchtigte Verbrechensbekämpfungsgesetz des inzwischen ebenso berüchtigten Innenministers Kanther diese Beschränkung aufgehoben und für zahlreiche wei- tere Verdachtsgründe das Abhören erlaubt hat. Mit dem jetzigen Gesetz aber korrigieren SPD und Grüne diese falsche, obrigkeitsstaatliche Entwicklung nicht im Geringsten. Im Gegenteil, Sie treiben sie auf die Spitze. Jetzt sollen die Geheimdienste sogar beim einfachen Verdacht auf Verstöße gegen das Vereinsrecht, auf Ver- stöße gegen das Ausländergesetz und auf Volksverhet- zung private Briefe und Pakete aufmachen, Telefonate, Faxe und E-Mails abhören und belauschen dürfen. Bis heute darf der Bundesnachrichtendienst maximal 10 Pro- zent des gesamten Telefonverkehrs überwachen. Sie wol- len diesen Anteil auf 20 Prozent verdoppeln. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz und der Re- publikanische Anwältinnen- und Anwälteverein hat be- reits Mitte Februar zu ihrem Gesetzentwurf richtig fest- gestellt: „Nicht das Gesetz, sondern das Budget der Dienste beschreibt in Zukunft die Grenzen des heimlichen Abhörens. ... Die Novellierung des Artikel 10-Gesetzes ist damit aus Sicht der Bürgerinnenrechte keine Trendwende in der bundesrepublikanischen Sicherheitsgesetzgebung, wie sie nach der Kohl/Kanther-Ära notwendig gewesen wäre.“ Auch das ist leider wahr. Gegen das alte G-10-Gesetz ist noch eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig. Sie warten noch nicht einmal den Ausgang des Verfahrens ab, so eilig haben sie es mit dem Ausbau des Überwachungsstaats und dem Abbau von Bürgerrechten. Ein letzter Punkt: Ich habe im Vorfeld dieser Beratun- gen die Regierung nach dem Ausmaß der Eingriffe in das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis in den letzten zehn Jahren gefragt. Die Regierung hat mir die Antwort auf fast alle wichtigen Fragen verweigert mit dem Hinweis auf eine angeblich „notwendige Geheimhaltung“. Ich finde das eine Ungeheuerlichkeit. Sie wollen offensichtlich nicht nur die Quellen und die Arbeitsweise der Geheim- dienste geheim halten. Sie wollen geheim halten, in wel- chem Ausmaß die Bürgerinnen und Bürger schon jetzt von den Geheimdiensten ausgespäht und belauscht wer- den. Sie wollen geheim halten, in welchem Ausmaß die Geheimdienste schon jetzt Grundrechte einschränken und verletzen. Eine solche Geheimhaltung ist mit einer demokrati- schen Gesellschaft unvereinbar. Sie ist unvereinbar mit dem Transparenzgebot für alles staatliche Handeln und mit einer Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Wie sollen wir eigentlich über dieses neue Gesetz disku- tieren, das Ausmaß der dadurch ausgelösten Grundrechts- eingriffe bewerten und beurteilen, wenn uns solche Infor- mationen verweigert werden? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie viele private Briefe, Päckchen und Pakete von Polizei und Geheimdiensten aufgemacht werden, wie viele pri- vate Faxe von Beamten heimlich gelesen, wie viele Tele- fonate und E-Mails heimlich mitgeschnitten und mit- gehört werden. Wer solche Auskünfte verweigert, hat Dreck am Stecken, der hat etwas zu verbergen. Das aufzudecken und die Bürgerinnen und Bürger im Land über solche Dinge zu informieren gehört zu den Grundpflichten jeder Opposition und wir werden dieser Grundpflicht nach- kommen. Fritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Sie beraten heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Kernstück des Entwurfs ist die Neufassung des Artikel-10-Gesetzes. Anlass dieser Neufassung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999. Das Ge- richt hatte darin einige Bestimmungen des G-10-Gesetzes im Bereich der vom Bundesnachrichtendienst durchge- führten strategischen Fernmeldekontrollen beanstandet. Die Richter hatten dem Gesetzgeber zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes eine Frist bis zum 30. Juni 2001 gesetzt. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen Beanstan- dungen Rechnung. Mit der Neufassung des G 10-Geset- zes werden vor allem die Anforderungen an den Umgang der beteiligten Behörden mit personenbezogenen Daten verschärft. Für alle Übermittlungsvorgänge gilt nun eine Protokollierungspflicht. Zusätzlich haben erhebende und empfangende Stellen künftig unverzüglich und in Abstän- den von höchstens sechs Monaten zu prüfen, ob die Da- ten erforderlich sind; anderenfalls sind sie zu löschen. Das Bundesverfassungsgericht hatte nur den Bereich der strategischen Fernmeldekontrolle geprüft. Gleich- wohl sind in der Neufassung die Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten auch für den Be- reich der Individualanordnungen übernommen worden. Ich halte dies für eine richtungsweisende, datenschutz- freundliche Entscheidung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115796 (C) (D) (A) (B) Die bisherige Regelung, wonach der Bundesnachrich- tendienst innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten personenbezogene Daten ohne Mitteilung an den Betrof- fenen nutzen durfte, wurde gestrichen. Damit werden die Rechte der Betroffenen wesentlich gestärkt. Nach der Neufassung kann von einer Mitteilung nur abgesehen werden, wenn die Daten sogleich nach ihrer Erhebung un- verzüglich gelöscht wurden. Darüber hinaus werden die Vorschriften über die Kon- trolltätigkeit der G-10-Kommission erweitert, die alle Maßnahmen nach diesem Gesetz zu überwachen hat, von der Anordnung bis zur Erhebung, Verarbeitung und Nut- zung personenbezogener Daten durch Dienste des Bun- des. Damit wird eine umfängliche Kontrollbefugnis festgeschrieben, die eine restriktive Anwendung der Maß- nahmen nach dem G 10 gewährleistet; dadurch wird eben- falls der Schutz der Betroffenen gestärkt. Zugleich wird festgeschrieben, dass der Kommission die für die Erfül- lung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachaus- stattung zur Verfügung zu stellen ist. Das Gesetzesvorhaben soll aber zugleich zum Anlass genommen werden, zwischenzeitlich erkannte Lücken des bisherigen Gesetzes zu schließen. Eine wesentliche Änderung erfolgt im Hinblick auf die fortschreitende technologische Entwicklung im Bereich der leitungsgebundenen internationalen Telekommunika- tion. Nach dem Gesetzentwurf soll künftig die strategi- sche Fernmeldekontrolle bei durch Lichtwellenleiter ge- bündelt übertragener internationaler Telekommunikation zulässig sein. Weiterhin wird eine Regelung zu Aufklärungsmaßnah- men im Zusammenhang mit kriminellen, Leib oder Leben bedrohenden Geiselnahmen im Ausland eingefügt. Damit wird eine Lücke des bisherigen Gesetzes geschlossen. Bei der Beantragung einer Beschränkungsmaßnahme anläss- lich der Geiselnahme auf der Insel Jolo musste sehr rasch die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremi- ums eingeholt werden. Dieser Fall wird jetzt gesetzlich geregelt. Hierbei ist jedoch die Zustimmung des Gremi- ums wegen der Bedeutung des Grundrechtseingriffs von einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder ab- hängig; außerdem tritt die Entscheidung spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Ferner wird der Straftatenkatalog, der zwingende Vo- raussetzung im Bereich der. Individualkontrolle ist, ge- ringfügig erweitert. So wird der Tatbestand der Volksver- hetzung – § 130 StGB – aufgenommen; damit folgt die Bundesregierung auch einer Bitte der Innenministerkon- ferenz vom 11. Juni 1999. Weiterhin wird der Straftaten- katalog durch einige der in § 129 a StGB enthaltenen De- likte, beispielsweise Mord und Totschlag – §§ 211, 212 StGB –, erpresserischer Menschenraub – § 239 a StGB –, Geiselnahme – § 239 b StGB – oder das Herbeiführen ei- ner Sprengstoffexplosion – § 308 Abs. 1 und 3 StGB –, er- gänzt, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokra- tische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten. Dies ist erforderlich, um auch Straftaten gewaltbereiter, extremistischer Ein- zeltäter oder loser Gruppierungen erfassen zu können. Dies war nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, weil § 129 a StGB das Vorliegen einer fest gefügten ter- roristischen Vereinigung voraussetzt. In der Novelle wird weiterhin ausdrücklich klarge- stellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Er- kenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfahren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Im letzteren Fall werden vor allem Erkenntnisse über Struk- turen zu verbietender Gruppierungen benötigt, die auf an- derem Wege häufig nicht oder erst im Zuge von vereins- rechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen bei Funktionären festgestellt werden können. Es entspricht ohnedies dem Gesetzeszweck, drohende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes abzuwehren. Im Verbotsverfahren gegen die NPD wird die Bundesregie- rung von dieser Regelung keinen Gebrauch machen. Die ohne Maßnahmen nach dem G-10-Gesetz gewonnenen Erkenntnisse über die NPD reichen aus, um den Verbots- antrag umfassend zu stützen. Schließlich enthält der Gesetzentwurf eine Änderung des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst. Damit wird erreicht, dass inländische Behörden den Bundes- nachrichtendienst auch von sich aus über einschlägige Gefahrenbereiche unterrichten können, ohne dass der Bundesnachrichtendienst hierum ersuchen muss. Insgesamt stellt der vorliegende Entwurf eine gelun- gene Weiterentwicklung des bisherigen G 10 dar, die den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts wie auch dem heutigen Datenschutzverständnis entspricht. In den vor uns liegenden Ausschussberatungen wird man sich mit den Vorstellungen des Bundesrates ausei- nandersetzen, der am 9. März 2001 eine Fülle von Ände- rungs- und Ergänzungsvorschlägen zu dem Regierungs- entwurf gemacht hat. Bei einer Reihe dieser Vorschläge handelt es sich um sinnvolle Ergänzungen, die die Bun- desregierung ohne weiteres übernehmen kann. In vielen anderen Fällen aber kann die Bundesregie- rung die Vorschläge der Länder nicht übernehmen. So kann zum Beispiel der Wunsch, alle in § 129 a StGB auf- geführten Straftaten in den Katalog der Überwachungs- tatbestände bei den Individualkontrollen aufzunehmen, nicht erfüllt werden. Eine derartige Erweiterung würde die Homogenität des Straftatenkataloges sprengen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Grundrecht- seingriffen missachten. Ebenso kann der Wunsch der Län- der, bei der Weitergabe gewonnener Erkenntnisse den weit gefassten Katalog des § 100 a StPO zugrunde zu le- gen, nicht akzeptiert werden. Das Bundesverfassungsge- richt hat eine strenge Neuordnung der bisher zulässigen Weiterleitungstatbestände gefordert. Die Aufnahme aller, schon im bisherigen G 10 nicht enthaltenen Tatbestände des § 100 a StPO, wäre nach Auffassung der Bundesre- gierung unverhältnismäßig. Ich bin sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, eine Neufassung des G 10 zu beschließen, die den Vor- stellungen aller Beteiligten Rechnung trägt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15797 (C) (D) (A) (B) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III – Änderungsgesetz – ... SGB III- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 13) Renate Rennebach (SPD): Moderne Arbeitsmarkt- politik heißt, aktive Beschäftigungsförderung zu betrei- ben und zu finanzieren und nicht einfach nur Arbeitslo- sigkeit zu verwalten. Eine gute Konjunkturlage, wie sie zurzeit besteht – hier sind wir uns alle einig – reicht nicht aus, um das Hauptproblem Arbeitslosigkeit in unserer Ge- sellschaft zu bekämpfen. Vielmehr ist die konsequente Modernisierung der Arbeitsmarktförderung die Achilles- ferse einer nachhaltigen Bekämpfung der Erwerbslosig- keit und hat somit auch für die Bundesregierung oberste Priorität. Danach richtet sich auch die von der Regie- rungskoalition verfolgte Änderungspolitik des SGB III. Um eine Reform hin zu einer aktiven Beschäftigungs- politik vorzulegen, die ihren Namen auch verdient und dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit entspricht. Dafür brauchen wir eine gründliche und verantwortungs- volle Abwägung der Bedürfnisse aller Betroffenen. Das wird leider von vielen übersehen, denen die dringend an- stehende Reform des Arbeitsförderungsrechts nicht schnell genug geht. Eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ist aber vor allem auch mit einem radikalen Umdenken in der Arbeitsförderungspolitik verbunden: Die Philosophie der Beschäftigungspolitik muss geändert und an die Er- fordernisse einer modernen Industriegesellschaft ange- passt werden. Dazu gehört auch, über den Tellerrand un- serer Landesgrenzen – etwa zu unseren Nachbarstaaten Holland und Dänemark – zu schauen und von liebgewon- nenen Gewohnheiten Abschied zu nehmen, ein Gedanke mit dem sich vor allem die Opposition – Stichwort „Teil- zeitarbeit“ – noch nicht so recht vertraut machen kann. Unsere Nachbarn Holland und Dänemark führen uns schon seit einigen Jahren vor, dass so genannte problema- tische Zielgruppen wie Geringqualifizierte oder ältere Langzeitarbeitslose sehr wohl in den Arbeitsmarkt inte- griert werden können. Am Beispiel der von der Bundes- regierung übernommenen Jobrotation, die in Dänemark seit Jahren erfolgreich realisiert wird, zeigt sich, dass es sich lohnt, den Werkzeugkasten zu entrümpeln und den Mut zu haben, ausgetretene Pfade zu verlassen und zu neuen Mitteln zu greifen. So und nur so wird eine gerech- tere Verteilung vorhandener Arbeit in unserer Gesell- schaft erreicht. Die Bundesregierung ist hier mit der geplanten Reform im Sinne einer Überprüfung und Weiterentwicklung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums zur Bekämp- fung der Arbeitslosigkeit auf dem richtigen Weg. Schon mit dem SGB-III-Vorschaltgesetz ist die Ar- beitsmarktpolitik bereits zum 1. August 1999 praxisge- rechter gestaltet worden. Das zeigt sich in vielen Details wie etwa der eingangs erwähnten verbesserten Zielgrup- penförderung oder der Verwaltungsvereinfachung zuguns- ten der Vermeidung unnötiger Bürokratie für Arbeitsäm- ter und Betroffene zugleich. Die abschließende Reform der Arbeitsförderung wird zum 1. Januar 2002 nach gründlicher Vorbereitung und Einbeziehung aller gesell- schaftlich relevanten Gruppen erfolgen. Lassen Sie uns eine Reform auf den Weg bringen, die eher durch ihre innere Stringenz als durch das Tempo ih- res Zustandekommens besticht. Es gilt, endlich wieder Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die Träger und die Betroffenen der Arbeitsmarktpolitik zu schaffen und nicht nach der uns allen noch präsenten „Stop and Go-Me- thode“ der Kohl-Regierung zu verfahren, nach der bei- spielsweise Ausgaben für ABM kurz vor der Bundestags- wahl noch mal in die Höhe getrieben werden. Eine Reformierung der Arbeitsförderung zwingt uns zur Anhörung aller Betroffenen und gesellschaftlich rele- vanten Gruppen. Dazu zählen auch die Frauen und das Thema Vereinbarkeit von Kindererziehung, Beruf und so- zialer Absicherung – eine Herausforderung, die im Übri- gen nicht nur von der Arbeits- und Sozialpolitik, sondern auch von der Bildungs- und Steuerpolitik adäquate Ant- worten verlangt. Wir stellen uns dieser Herausforderung. Eine soziale Benachteiligung von Frauen – und Män- nern –, die vor ihrem Erziehungsgeldbezug und ihrer Er- ziehungszeit – Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen haben – da sind wir uns mit den Kolleginnen und Kollegen von der PDS einig –, ist nicht mehr hinnehmbar. Insofern geht Ihr Entwurf zumindest in die richtige Rich- tung. Aber Ihr hier vorliegender Beitrag zur Reform des SGB III – § 147 SGB III: Frist für das Erlöschen des An- spruchs auf Arbeitslosengeld und § 196 SGB III: Frist für das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe – hat einen ganz entscheidenden Haken: Ihre Änderungsvor- schläge berücksichtigen nicht die anderen gesellschaftlich relevanten Personengruppen. Was ist mit den Interessen von Personen, die ihre Angehörigen pflegen oder unseren Mitbürgern, die zeitweise erwerbsunfähig sind? Auch diese Personengruppen – das kann niemand bezweifeln – haben ein schützenswertes Interesse daran, ihren Leis- tungsanspruch nicht zu verlieren. Hier gilt ohne Wenn und Aber der Gleichheitsgrundsatz, wie ihn unser Grundgesetz gebietet. Sie sehen: Zu einer grundlegenden Reform unse- rer Beschäftigungspolitik reicht es nicht aus, an der einen oder anderen Schraube zu drehen. Vielmehr gilt es, das Problem in seiner Gesamtheit zu erkennen und nicht nur vorübergehende Kosmetik zur Verwaltung von Arbeitslo- sigkeit zu betreiben. Eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die nur darauf aus ist, schnellatmig Partikularinteressen zu bedienen, verliert schnell das Gemeinwohl aus dem Auge und im Übrigen auch seine Glaubwürdigkeit. Genau aus diesem Grund wird in der Koalitionsar- beitsgruppe SGB III zusammen mit dem BMA ausgiebig und unter Abwägung aller Interessen auch über die Pro- blematik des Arbeitslosenversicherungsschutzes nach der Kindererziehung diskutiert. Ein Eckpunktepapier der Bundesregierung, das auch diesen komplexen Bereich thematisiert, wird Anfang Mai diesen Jahres auf dem Tisch liegen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115798 (C) (D) (A) (B) Ich möchte daher noch mal eindringlichst an Sie ap- pellieren: Lassen Sie uns durch Abwägung der Interes- sen aller bedeutsamen Gruppen in unserer Gesellschaft – dazu zählt im Übrigen auch das von der PDS so viel geschmähte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wett- bewerbsfähigkeit – eine sozial gerechte Reform auf den Weg bringen, die ihren Namen auch verdient hat. Vor Schnellschüssen, die Anliegen wichtiger Betroffener un- ter den Tisch fallen lassen, sei an dieser Stelle ausdrück- lich gewarnt. Ansonsten droht die dringend anstehende Änderung des Arbeitsförderungsrechts zur einem Reför- mchen statt zu einer Reform zu werden. Aus diesem si- cher für alle verständlichen Grund lehnen wir den An- trag ab. Heinz Schemken (CDU/CSU): Der Entwurf des Ge- setzes zur Änderung des SGB III sieht vor, dass im Rah- men des § 147 SGB III sichergestellt werden soll, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld auch bei der Geburt von zwei und mehr Kindern und anschließendem Erziehungs- urlaub erhalten bleibt. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs erhalten blei- ben. Durch die gleichmäßige Berücksichtigung von Mutter- schutz und Kindererziehungszeiten sowie die einheitliche Verlängerung der Fristen, die zum Erlöschen von An- sprüchen auf Entgeltersatzleistungen – Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe – führen, werden bei der Bundes- anstalt für Arbeit Mehrkosten in nicht näher zu beziffern- dem Umfang entstehen. Gleichzeitig werden die Kom- munalhaushalte entlastet, da der Personenkreis, der nach dem SGB III anspruchsberechtigt ist, erweitert wird und ein Teil dieser Personen dadurch aus dem Leistungsbezug nach dem Bundessozialhilfegesetz fällt. Insgesamt geht es darum, die Fristen für das Erlöschen der Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe um die Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsgel- des zu verlängern. Für die Bundesanstalt für Arbeit entstehen nicht quan- tifizierbare Kosten. Allerdings würden die Kommunen entlastet, weil weniger Personen durch die Sozialhilfe ge- stützt werden müssen. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung wie auch der mitberatende Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben diesen Gesetzentwurf der PDS mehr- heitlich abgelehnt. Die Ausschussmehrheiten plädierten dafür, den Sachverhalt im Zuge der geplanten Reform des SGB III im Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Pro- blemen zu lösen. Wir mahnen hier nachdrücklich die Reform des Ar- beitsförderungsgesetzes an. Da sich im Arbeitsmarkt nichts Entscheidendes bewegt und die Arbeitslosigkeit weiter bei der Marke um 4 Millionen verharrt, muss die Koalition von SPD und Grünen hier endlich Farbe beken- nen. Wir brauchen hier Instrumente, die insbesondere bei der Langzeitarbeitslosigkeit wirksam ansetzen. Dabei geht es um die örtlichen Initiativen vom Arbeitsamt und Kommunen. Wir werden mit den Hemmnissen im Arbeitsmarkt, wie sie durch Rot-Grün mit der Rücknahme von Gesetzen, die gerade die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse för- derten, entstehen und mit den Belastungen, zum Beispiel durch den Rechtsanspruch auf Teilzeit gerade für mittel- ständische Betriebe, nicht weiterkommen. Wenn schon bei kräftigem Wachstum die Arbeitslosigkeit kaum abge- baut wird, wie soll das erst bei einer sich abschwächenden Konjunktur werden? Und wenn sich was bewegt, dann ist das nur von statistischer Größe. Deutschland kriegt den hohen Arbeitslosensockel einfach nicht weg. Gleichzeitig war der „Mismatch“ nie so groß wie heute: Dem Heer der Arbeitslosen steht eine wachsende Zahl von Betrieben gegenüber, die ihre offenen Stellen nicht besetzen können. Das Thema der Langzeitarbeitslosigkeit erhält in die- sem Zusammenhang seine dramatische Wirkung für den Betroffenen, vor allem für den mit Kindern. Über 1,4 Millionen Menschen sind immer noch länger als ein Jahr arbeitslos. 60 Prozent aller Langzeitarbeitslo- sen sind älter als 45 Jahre. 77 Prozent der Langzeitarbeits- losen in den jungen Bundesländern sind Frauen. Dabei han- delt es sich überwiegend sogar um qualifizierte Arbeitslose. Die Sozialpartner haben die Verlängerung des Bundes- programms zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen durch die ehemalige CDU-geführte Bundesregierung bis zum Jahre 2001 begrüßt. Mithilfe dieses Programms konnten von 1985 bis 1998 über 300 000 Menschen eine Beschäftigung finden. Seit April 1997 gibt es den Eingliederungsvertrag für Langzeitarbeitslose, denn Betriebe tun sich häufig schwer, Langzeitarbeitslose einzustellen. Sie fürchten, bei Krankheit oder bei Nichteignung diese nur schwer wieder entlassen zu können. Durch den neuartigen Eingliederungsvertrag, der der Zustimmung des Arbeitsamtes bedarf und bis zu sechs Monate zur Einarbeitung und Qualifizierung gelten kann, wird ein Sonderarbeitsverhältnis geschaffen, mit dem der Arbeitgeber von diesen Risiken entlastet wird. Das Ar- beitsamt erstattet die Aufwendungen für die Lohnfortzah- lung und kann zusätzlich Lohnkostenzuschüsse ge- währen. Die Arbeitgeber nutzen dieses Instrument allerdings nur im geringen Umfang. Trainingsmaßnahmen können notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verbesserung der Einstellungschan- cen vermitteln, aber auch zur Eignungsfeststellung und Prüfung der Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit ge- nutzt werden. Wir möchten deshalb mit Nachdruck darauf drängen, dass wir diese Ungereimtheiten recht bald aus- räumen. Daher sehen wir schon dieses Anliegen; aber es sollte in den Gesamtzusammenhang gestellt werden. Im Übrigen gibt es auch eine Initiative des Freistaates Sachsen in dieser Sache im Bundesrat. Diese zielt auf die Novellierung des AFG ab. Darauf drängen auch wir und deshalb können wir heute einer Zustimmung nicht folgen. Wir lehnen deshalb diese Gesetzesinitiative der PDS ab. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15799 (C) (D) (A) (B) Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der An- trag der PDS greift ein wichtiges Problem auf: Nach be- stimmten Fristen, in denen die entsprechenden Leistun- gen nicht bezogen werden, erlöschen die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und auf Arbeitslosenhilfe. Wenn jemand also einen entsprechenden Anspruch hat, ihn aber vier Jahre lang nicht realisiert, erlischt dieser Anspruch. Das ist im Prinzip eine vernünftige Regelung und wenn je- mand drei Jahre Erziehungsurlaub hat, ist diese Regelung auch kein Problem. Schwierig wird es allerdings, wenn Eltern am Stück bei Gewährung von Arbeitslosengeld mehr als vier Jahre und bei Gewährung von der Arbeitslosenhilfe mehr als drei Jahre Erziehungsurlaub beziehungsweise Elternzeit in Anspruch nehmen und wenn sie im Anschluss an diese Er- ziehungszeit arbeitslos sind. Dann kann es – bei zwei und mehr Kindern – passieren, dass sie auf Sozialhilfe ange- wiesen sind, statt dass sie ihre vor der Geburt ihrer Kin- der erworbenen Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Ar- beitslosenhilfe realisieren. Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Kinder dürfen kein Sozialhilferisiko sein. Das wollen wir gewährleisten, indem wir den Familienleistungsaus- gleich weiter verbessern, das Kindergeld weiter erhöhen und die Kinderarmut gezielt bekämpfen. Das müssen wir aber auch gewährleisten, indem wir unsinnige Regelun- gen beseitigen, welche die gegenüber der Sozialhilfe vor- rangigen Ansprüche schwächen. Dies ist bei den hier mo- nierten Paragraphen eindeutig der Fall. Deshalb müssen diese Paragraphen entsprechend geändert werden. Wir haben in der Koalition eine gemeinsame Arbeits- gruppe zur SGB III-Reform eingerichtet, die sich mit die- sem und mit vielen anderen Problemen auseinander setzt – mit nach vorne weisenden, innovativen Ansätzen. Dabei haben wir festgestellt: Der in dem PDS-Antrag angespro- chene Sachverhalt ist nicht nur richtig erkannt, auch der vorgeschlagene Lösungsweg weist in die richtige Rich- tung. Wir müssen aber auch sehen: Weil wir eine Reihe von ähnlich gelagerten und widersprüchlichen Fällen ha- ben, weil wir zusätzlich grundsätzliche Veränderungen beim SGB III in Angriff nehmen, macht es mehr Sinn, eine Reform aus einem Guss zu machen, zumal die Ko- alition ihre Reformvorschläge zeitnah vorlegen wird. Wir lehnen den PDS-Antrag deshalb also nicht aus in- haltlichen Gründen ab, sondern weil wir eine Reform aus einem Guss und weil wir ein in sich stimmiges Projekt wollen, das keine neuen Widersprüche produziert und alle problematischen Fälle regelt. Dass dies Sinn macht, macht allein schon der Umstand klar, dass die PDS gleich zwei Lösungsvorschläge unterbreitet. Welcher der beste ist, wird sich im Zusammenhang mit anderen Fragen im Rahmen der SGB III-Reform erweisen. Deshalb sagen wir: Eine baldige SGB-Reform statt ein Stückwerk – das ist das, was den Menschen am meisten dient. Dirk Niebel (F.D.P.): Der hier vorliegende Antrag, Mutterschutz- und Elternzeit in die Anspruchszeiten für die Arbeitslosenversicherung aufzunehmen, hat sicher- lich seine Berechtigung. Es kann nicht sein, dass Frauen und Männer aufgrund von Eltern- und Erziehungszeiten ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosen- hilfe verlieren. Die PDS hat als Lösung vorgeschlagen, die Elternzeit in die Versicherungspflicht aufzunehmen. Dies wäre jetzt aber wieder nur die Gegenmaßnahme für einen Einzelfall und passt in das Flickwerk von Rot-Grün. Die zusätzlichen Beiträge würden darüber hinaus die Steuerzahler und die Bundesanstalt für Arbeit mit Kosten in ungeklärter Höhe belasten. Die F.D.P.-Fraktion kämpft seit Monaten für eine Senkung der Beiträge zur Arbeits- losenversicherung. Wir stimmen zusätzlichen Belastun- gen für die Beitragszahler und Mehrausgaben der Bun- desanstalt für Arbeit nicht zu. Das Argument, dass bei In-Kraft-Treten des Antrags die Kommunen bei der Sozialhilfe entlastet werden, zeigt wieder einmal den Verschiebebahnhof bei den beiden steuerfinanzierten Leistungen Arbeitslosenhilfe und So- zialhilfe auf. Die F.D.P. wird deshalb dem Deutschen Bundestag einen Antrag auf Zusammenfassung der steuerfinanzier- ten Leistung Arbeitslosenhilfe mit der ebenfalls steuerfi- nanzierten Sozialhilfe vorlegen. Dadurch wird nicht nur dieser Verschiebebahnhof beendet. Durch die Verschlan- kung von Behörden und den Abbau von bürokratischem Aufwand werden erhebliche Einsparungen ermöglicht. Bisher kostet der Verwaltungsapparat 15 Milliarden DM jährlich, davon rund 7 Milliarden DM allein die Verwal- tung der beiden Leistungen Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Kinder dürfen nicht zum Armutsrisiko werden. Die F.D.P. ist unter anderem deshalb die Partei der sozialen Verantwortung, weil wir Elternschaft und berufliche Tätigkeit in Einklang bringen wollen: Wir setzen daher große Hoffnung in die Reform des SGB III, die ja von der rot-grünen Regierung seit Beginn der Legislaturperiode angekündigt wird. Im Rahmen des Gesamtkonzeptes, das wir konstruktiv begleiten werden, muss auch das hier vor- liegende Thema zufriedenstellend gelöst werden. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion lehnt deshalb diesen Antrag als Einzelfalllösung ab. Wir fordern, dass die Bun- desregierung endlich ihre Versprechungen wahr macht und den Entwurf zur Reform des Arbeitsförderungsrechts vorlegt. Und bitte legen Sie uns nicht wieder Flickwerk vor, sondern endlich einmal handwerklich solide Arbeit. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115800 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Antje Vollmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Bevor wir in der
    Debatte fortfahren, komme ich auf Tagesordnungs-
    punkt 3 zurück und gebe Ihnen das Ergebnis der na-
    mentlichen Abstimmung über den Entwurf des Miet-
    rechtsreformgesetzes bekannt: Es wurden 590 Stimmen
    abgegeben, mit Ja haben 309 Abgeordnete und mit Nein
    247 Abgeordnete gestimmt. Es gab 34 Enthaltungen. Der
    Gesetzentwurf ist damit angenommen.




    Friedrich Merz
    15688


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Endgültiges Ergebnis
    Abgegebene Stimmen: 590;
    davon

    ja: 309
    nein: 247
    enthalten: 34

    Ja
    SPD
    Brigitte Adler
    Gerd Andres
    Ingrid Arndt-Brauer
    Rainer Arnold

    Hermann Bachmaier
    Ernst Bahr
    Doris Barnett
    Dr. Hans Peter Bartels
    Eckhardt Barthel (Berlin)

    Klaus Barthel (Starnberg)

    Ingrid Becker-Inglau
    Dr. Axel Berg

    Hans-Werner Bertl
    Petra Bierwirth
    Rudolf Bindig
    Lothar Binding (Heidelberg)

    Klaus Brandner
    Anni Brandt-Elsweier
    Willi Brase
    Dr. Eberhard Brecht






    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Rainer Brinkmann (Detmold)

    Bernhard Brinkmann

    (Hildesheim)


    Hans-Günter Bruckmann
    Edelgard Bulmahn
    Ursula Burchardt
    Dr. Michael Bürsch
    Hans Martin Bury
    Hans Büttner (Ingolstadt)

    Marion Caspers-Merk
    Wolf-Michael Catenhusen
    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    Christel Deichmann
    Karl Diller
    Peter Dreßen
    Detlef Dzembritzki
    Dieter Dzewas
    Sebastian Edathy
    Ludwig Eich
    Marga Elser
    Peter Enders
    Gernot Erler
    Petra Ernstberger
    Annette Faße
    Lothar Fischer (Homburg)

    Iris Follak
    Norbert Formanski
    Rainer Fornahl
    Hans Forster
    Peter Friedrich (Altenburg)

    Lilo Friedrich (Mettmann)

    Harald Friese
    Anke Fuchs (Köln)

    Arne Fuhrmann
    Monika Ganseforth
    Konrad Gilges
    Iris Gleicke
    Günter Gloser
    Uwe Göllner
    Renate Gradistanac
    Günter Graf (Friesoythe)

    Angelika Graf (Rosenheim)

    Dieter Grasedieck
    Monika Griefahn
    Kerstin Griese
    Achim Großmann
    Wolfgang Grotthaus

    (Extertal)


    Hans-Joachim Hacker
    Klaus Hagemann
    Manfred Hampel
    Christel Hanewinckel
    Alfred Hartenbach
    Anke Hartnagel
    Klaus Hasenfratz
    Nina Hauer
    Reinhold Hemker
    Frank Hempel
    Dr. Barbara Hendricks
    Gustav Herzog
    Monika Heubaum
    Reinhold Hiller (Lübeck)

    Stephan Hilsberg
    Jelena Hoffmann (Chemnitz)


    (Darmstadt)


    Iris Hoffmann (Wismar)

    Ingrid Holzhüter
    Eike Hovermann
    Christel Humme
    Barbara Imhof
    Gabriele Iwersen
    Renate Jäger
    Jann-Peter Janssen
    Ilse Janz
    Dr. Uwe Jens
    Volker Jung (Düsseldorf)

    Johannes Kahrs
    Ulrich Kasparick
    Sabine Kaspereit
    Susanne Kastner
    Ulrich Kelber
    Hans-Peter Kemper
    Klaus Kirschner
    Siegrun Klemmer
    Hans-Ulrich Klose
    Walter Kolbow
    Fritz Rudolf Körper
    Karin Kortmann
    Anette Kramme
    Nicolette Kressl
    Angelika Krüger-Leißner
    Horst Kubatschka
    Ernst Küchler
    Ute Kumpf
    Konrad Kunick
    Dr. Uwe Küster
    Werner Labsch
    Christine Lambrecht
    Brigitte Lange
    Christian Lange (Backnang)

    Detlev von Larcher
    Christine Lehder
    Waltraud Lehn
    Robert Leidinger
    Klaus Lennartz
    Dr. Elke Leonhard
    Eckhart Lewering
    Götz-Peter Lohmann

    (Neubrandenburg)


    Christa Lörcher
    Erika Lotz
    Dieter Maaß (Herne)

    Winfried Mante
    Dirk Manzewski
    Tobias Marhold
    Lothar Mark
    Ulrike Mascher
    Christoph Matschie
    Heide Mattischeck
    Markus Meckel
    Ulrike Mehl
    Ulrike Merten
    Angelika Mertens
    Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

    Ursula Mogg
    Christoph Moosbauer
    Siegmar Mosdorf
    Michael Müller (Düsseldorf)

    Jutta Müller (Völklingen)

    Christian Müller (Zittau)

    Franz Müntefering
    Andrea Nahles

    Dr. Edith Niehuis
    Dr. Rolf Niese
    Dietmar Nietan
    Günter Oesinghaus
    Leyla Onur
    Manfred Opel
    Holger Ortel
    Adolf Ostertag
    Kurt Palis
    Albrecht Papenroth
    Dr. Martin Pfaff
    Georg Pfannenstein
    Johannes Pflug
    Dr. Eckhart Pick
    Joachim Poß
    Karin Rehbock-Zureich
    Dr. Carola Reimann
    Margot von Renesse
    Renate Rennebach
    Bernd Reuter
    Dr. Edelbert Richter
    Gudrun Roos
    René Röspel
    Michael Roth (Heringen)

    Birgit Roth (Speyer)

    Gerhard Rübenkönig
    Marlene Rupprecht
    Thomas Sauer
    Dr. Hansjörg Schäfer
    Gudrun Schaich-Walch
    Rudolf Scharping
    Bernd Scheelen
    Dr. Hermann Scheer
    Siegfried Scheffler
    Horst Schild
    Otto Schily

    (Nürnberg)


    Ulla Schmidt (Aachen)

    Silvia Schmidt (Eisleben)

    Dagmar Schmidt (Meschede)

    Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

    Regina Schmidt-Zadel
    Heinz Schmitt (Berg)

    Carsten Schneider
    Dr. Emil Schnell
    Walter Schöler
    Olaf Scholz
    Karsten Schönfeld
    Fritz Schösser
    Ottmar Schreiner
    Gisela Schröter
    Dr. Mathias Schubert
    Richard Schuhmann

    (Delitzsch)


    Brigitte Schulte (Hameln)


    (Everswinkel)


    Volkmar Schultz (Köln)

    Ewald Schurer
    Dr. R. Werner Schuster
    Dietmar Schütz (Oldenburg)

    Dr. Angelica Schwall-Düren
    Rolf Schwanitz
    Bodo Seidenthal
    Erika Simm
    Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk

    Dr. Cornelie Sonntag-
    Wolgast

    Wieland Sorge
    Wolfgang Spanier
    Dr. Margrit Spielmann
    Jörg-Otto Spiller
    Dr. Ditmar Staffelt
    Antje-Marie Steen
    Ludwig Stiegler
    Rolf Stöckel
    Rita Streb-Hesse
    Reinhold Strobl (Amberg)

    Dr. Peter Struck
    Joachim Tappe
    Jörg Tauss
    Jella Teuchner
    Dr. Gerald Thalheim
    Wolfgang Thierse
    Franz Thönnes
    Uta Titze-Stecher
    Adelheid Tröscher
    Hans-Eberhard Urbaniak
    Rüdiger Veit
    Simone Violka
    Ute Vogt (Pforzheim)

    Hans Georg Wagner
    Dr. Konstanze Wegner
    Wolfgang Weiermann
    Reinhard Weis (Stendal)

    Matthias Weisheit
    Gunter Weißgerber
    Dr. Ernst Ulrich von
    Weizsäcker

    Jochen Welt
    Hildegard Wester
    Lydia Westrich
    Inge Wettig-Danielmeier
    Dr. Margrit Wetzel
    Dr. Norbert Wieczorek
    Jürgen Wieczorek (Böhlen)

    Heidemarie Wieczorek-Zeul
    Heino Wiese (Hannover)

    Klaus Wiesehügel
    Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

    Barbara Wittig
    Dr. Wolfgang Wodarg
    Hanna Wolf (München)


    (Wolmirstedt)


    Heidemarie Wright
    Uta Zapf
    Dr. Christoph Zöpel
    Peter Zumkley
    CDU/CSU
    Herbert Frankenhauser
    BÜNDNIS 90/
    DIE GRÜNEN
    Gila Altmann (Aurich)

    Marieluise Beck (Bremen)

    Volker Beck (Köln)

    Angelika Beer
    Matthias Berninger
    Grietje Bettin






    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Annelie Buntenbach
    Ekin Deligöz
    Dr. Thea Dückert
    Franziska Eichstädt-Bohlig
    Dr. Uschi Eid
    Hans-Josef Fell
    Andrea Fischer (Berlin)

    Joseph Fischer (Frankfurt)

    Katrin Göring-Eckardt
    Rita Grießhaber
    Winfried Hermann
    Antje Hermenau
    Ulrike Höfken
    Michaele Hustedt
    Monika Knoche
    Dr. Angelika Köster-Loßack
    Steffi Lemke
    Dr. Helmut Lippelt
    Dr. Reinhard Loske
    Oswald Metzger
    Kerstin Müller (Köln)

    Winfried Nachtwei
    Christa Nickels
    Cem Özdemir
    Simone Probst
    Claudia Roth (Augsburg)

    Christine Scheel
    Irmingard Schewe-Gerigk
    Rezzo Schlauch
    Albert Schmidt (Hitzhofen)

    Werner Schulz (Leipzig)

    Christian Simmert
    Christian Sterzing
    Jürgen Trittin
    Dr. Antje Vollmer
    Sylvia Voß
    Helmut Wilhelm (Amberg)

    Margareta Wolf (Frankfurt)


    Nein
    CDU/CSU
    Ulrich Adam
    Ilse Aigner
    Dietrich Austermann
    Norbert Barthle
    Dr. Wolf Bauer
    Günter Baumann
    Brigitte Baumeister
    Meinrad Belle
    Dr. Sabine Bergmann-Pohl
    Otto Bernhardt
    Hans-Dirk Bierling
    Renate Blank
    Dr. Heribert Blens
    Peter Bleser
    Dr. Maria Böhmer
    Sylvia Bonitz
    Jochen Borchert

    (Bönstrup)


    Wolfgang Bosbach
    Klaus Brähmig
    Dr. Ralf Brauksiepe
    Paul Breuer

    Monika Brudlewsky
    Klaus Bühler (Bruchsal)

    Hartmut Büttner

    (Schönebeck)


    Dankward Buwitt
    Cajus Caesar
    Manfred Carstens (Emstek)


    (Nordstrand)


    Leo Dautzenberg
    Wolfgang Dehnel
    Hubert Deittert
    Albert Deß
    Renate Diemers
    Thomas Dörflinger
    Hansjürgen Doss
    Marie-Luise Dött
    Maria Eichhorn
    Rainer Eppelmann
    Anke Eymer (Lübeck)

    Ilse Falk
    Dr. Hans Georg Faust
    Albrecht Feibel
    Ulf Fink
    Ingrid Fischbach
    Dirk Fischer (Hamburg)


    (KarlsruheLand)



    (Erlangen)


    Erich G. Fritz
    Jochen-Konrad Fromme
    Hans-Joachim Fuchtel
    Dr. Jürgen Gehb
    Norbert Geis
    Dr. Heiner Geißler
    Georg Girisch
    Dr. Reinhard Göhner
    Peter Götz
    Dr. Wolfgang Götzer
    Kurt-Dieter Grill
    Hermann Gröhe
    Manfred Grund
    Horst Günther (Duisburg)

    Carl-Detlev Freiherr von
    Hammerstein


    (Großhennersdorf )


    Gerda Hasselfeldt

    (Rednitzhembach)


    Klaus-Jürgen Hedrich
    Helmut Heiderich
    Ursula Heinen
    Manfred Heise
    Siegfried Helias
    Hans Jochen Henke
    Ernst Hinsken
    Peter Hintze
    Klaus Hofbauer
    Martin Hohmann
    Siegfried Hornung
    Hubert Hüppe
    Susanne Jaffke
    Georg Janovsky
    Dr. Harald Kahl
    Bartholomäus Kalb

    Steffen Kampeter
    Dr.-Ing. Dietmar Kansy
    Irmgard Karwatzki
    Volker Kauder
    Eckart von Klaeden
    Ulrich Klinkert
    Dr. Helmut Kohl
    Norbert Königshofen
    Eva-Maria Kors
    Hartmut Koschyk
    Thomas Kossendey
    Rudolf Kraus
    Dr. Paul Krüger
    Dr. Hermann Kues

    (Heidelberg)


    Dr. Norbert Lammert
    Helmut Lamp
    Dr. Paul Laufs
    Karl-Josef Laumann
    Vera Lengsfeld
    Peter Letzgus
    Ursula Lietz
    Walter Link (Diepholz)

    Eduard Lintner

    (Offenbach)


    Dr. Manfred Lischewski

    (Lüdenscheid)


    Julius Louven
    Dr. Michael Luther

    (Recklinghausen)



    (Siegertsbrunn)


    Wolfgang Meckelburg
    Dr. Michael Meister
    Dr. Angela Merkel
    Friedrich Merz
    Hans Michelbach
    Meinolf Michels
    Dr. Gerd Müller
    Bernward Müller (Jena)

    Elmar Müller (Kirchheim)

    Bernd Neumann (Bremen)

    Claudia Nolte
    Günter Nooke
    Franz Obermeier
    Friedhelm Ost
    Eduard Oswald
    Norbert Otto (Erfurt)

    Dr. Peter Paziorek
    Anton Pfeifer
    Dr. Friedbert Pflüger
    Beatrix Philipp
    Ronald Pofalla
    Ruprecht Polenz
    Marlies Pretzlaff
    Dr. Bernd Protzner
    Thomas Rachel
    Hans Raidel
    Dr. Peter Ramsauer
    Helmut Rauber
    Peter Rauen
    Christa Reichard (Dresden)

    Katherina Reiche

    Erika Reinhardt
    Hans-Peter Repnik
    Klaus Riegert
    Dr. Heinz Riesenhuber
    Franz Romer

    (Wiesbaden)


    Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
    Dr. Klaus Rose
    Adolf Roth (Gießen)

    Dr. Norbert Röttgen
    Dr. Christian Ruck
    Volker Rühe
    Anita Schäfer
    Dr. Wolfgang Schäuble
    Hartmut Schauerte
    Heinz Schemken
    Karl-Heinz Scherhag
    Dr. Gerhard Scheu
    Norbert Schindler
    Christian Schmidt (Fürth)

    Dr.-Ing. Joachim Schmidt

    (Halsbrücke)


    Michael von Schmude
    Birgit Schnieber-Jastram
    Dr. Andreas Schockenhoff
    Dr. Rupert Scholz
    Reinhard Freiherr von
    Schorlemer

    Dr. Erika Schuchardt
    Wolfgang Schulhoff
    Gerhard Schulz
    Diethard Schütze (Berlin)

    Clemens Schwalbe
    Dr. Christian Schwarz-
    Schilling

    Wilhelm-Josef Sebastian
    Horst Seehofer
    Heinz Seiffert
    Dr. h. c. Rudolf Seiters
    Werner Siemann
    Bärbel Sothmann
    Margarete Späte
    Carl-Dieter Spranger
    Wolfgang Steiger
    Dr. Wolfgang Freiherr von
    Stetten

    Andreas Storm
    Max Straubinger
    Matthäus Strebl
    Thomas Strobl (Heilbronn)

    Dr. Rita Süssmuth
    Edeltraut Töpfer
    Gunnar Uldall
    Arnold Vaatz
    Angelika Volquartz
    Dr. Theodor Waigel
    Peter Weiß (Emmendingen)

    Gerald Weiß (Groß-Gerau)

    Annette Widmann-Mauz
    Heinz Wiese (Ehingen)

    Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

    Klaus-Peter Willsch
    Bernd Wilz
    Willy Wimmer (Neuss)

    Matthias Wissmann
    Werner Wittlich


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir setzen nun die Debatte fort. Das Wort hat der Frak-
    tionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Peter
    Struck.

    Dr. Peter Struck (SPD) (von der SPD und dem
    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Beifall begrüßt): Frau
    Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
    Der Bundesumweltminister hat in einem Live-Interview
    eine spontane Äußerung getan, die nicht akzeptabel war.


    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Er ist dafür öffentlich kritisiert worden, und zwar in der
    Sache zu Recht. Auch wir haben ihn kritisiert und gesagt,
    dass diese Äußerung nicht in Ordnung war. Jürgen Trittin
    hat sich dann entschuldigt und die Äußerung zurück-
    genommen. Das war richtig so.

    Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der
    Opposition, sollten das respektieren, zumal Frau Merkel
    und Herr Meyer bis heute nicht die Kraft hatten, sich ge-
    genüber dem Bundeskanzler für das „Verbrecherplakat“
    zu entschuldigen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Es geht der Union auch überhaupt nicht um die Äuße-
    rung des Ministers, sondern in Wahrheit um eine Deu-
    tungshoheit über Begriffe wie Nation, Staat, Geschichte,
    Leitkultur, Vaterland. Die CDU/CSU will in diesen Fra-
    gen einen Alleinvertretungsanspruch geltend machen.
    Das ist anmaßend und das werden wir ihr nicht durchge-
    hen lassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Die Union glaubt, allein definieren zu können – mein Vor-
    redner hat das gerade deutlich gemacht –, was gut und was
    schlecht für unser Land ist, was richtig und was falsch ist.
    Die Union grenzt aus, anstatt zu integrieren.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn Sie sich hier hinstellen und – wie in der letzten

    Debatte – Willy Brandt scheinheilig als Kronzeuge ge-
    gen die Sozialdemokratie missbrauchen, dann darf ich da-
    ran erinnern, wie unverfroren und gehässig Ihre Vorgän-
    ger, Herr Kollege Merz, mit Willy Brandt, ebenso wie mit
    Herbert Wehner, umgegangen sind. Das dürfen Sie nicht
    tun!


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Dies war schon immer Ihre Strategie und es hat sich
    in den 16 Jahren der Kanzlerschaft von Helmut Kohl




    Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

    15691


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Dagmar Wöhrl
    Elke Wülfing
    Peter Kurt Würzbach
    Wolfgang Zeitlmann
    Wolfgang Zöller
    F.D.P.
    Ina Albowitz

    (Augsburg)


    Rainer Brüderle
    Ernst Burgbacher
    Jörg van Essen
    Ulrike Flach
    Gisela Frick
    Paul K. Friedhoff
    Horst Friedrich (Bayreuth)

    Rainer Funke
    Dr. Wolfgang Gerhardt
    Joachim Günther (Plauen)

    Dr. Karlheinz Guttmacher

    Klaus Haupt
    Dr. Helmut Haussmann
    Ulrich Heinrich
    Walter Hirche
    Dr. Werner Hoyer
    Ulrich Irmer
    Dr. Klaus Kinkel
    Dr. Heinrich L. Kolb
    Gudrun Kopp
    Jürgen Koppelin
    Ina Lenke
    Sabine Leutheusser-

    Schnarrenberger
    Dirk Niebel
    Günther Friedrich Nolting

    (Frankfurt)


    Detlef Parr
    Cornelia Pieper
    Dr. Günter Rexrodt
    Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
    Marita Sehn

    Dr. Hermann Otto Solms
    Carl-Ludwig Thiele
    Dr. Guido Westerwelle

    Enthalten
    CDU/CSU
    Johannes Singhammer
    PDS
    Monika Balt
    Dr. Dietmar Bartsch
    Petra Bläss
    Maritta Böttcher
    Eva Bulling-Schröter
    Roland Claus
    Heidemarie Ehlert
    Dr. Heinrich Fink
    Dr. Ruth Fuchs
    Wolfgang Gehrcke
    Dr. Klaus Grehn

    Dr. Gregor Gysi
    Uwe Hiksch
    Ulla Jelpke
    Sabine Jünger
    Gerhard Jüttemann
    Dr. Heidi Knake-Werner
    Rolf Kutzmutz
    Ursula Lötzer
    Dr. Christa Luft
    Heidemarie Lüth
    Pia Maier
    Angela Marquardt
    Manfred Müller (Berlin)

    Kersten Naumann
    Rosel Neuhäuser
    Christine Ostrowski
    Petra Pau
    Dr. Uwe-Jens Rössel
    Christina Schenk
    Gustav-Adolf Schur
    Dr. Ilja Seifert
    Dr. Winfried Wolf

    Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Ver-
    sammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU
    Abgeordnete(r)
    Behrendt, Wolfgang Hornhues, Dr. Karl-Heinz Schloten, Dieter Zierer, Benno

    SPD CDU/CSU SPD CDU/CSU

    verstärkt. Der große alte Herr der Politikwissenschaft,
    Wilhelm Hennis, hat das treffend als die „Deformation der
    politischen Kultur“ in diesem Land durch das System
    Kohl bezeichnet.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dieses Schwarz-Weiss-Malen, dieses Freund-Feind-Den-
    ken hat sich tief in Ihr Bewusstsein eingebrannt. Wie ver-
    ächtlich hat Kohl über die, wie er sie nannte, „Sozen“ ge-
    sprochen. Mehr als einmal hat er in diesem Hohen Haus
    die SPD als verkommen beschimpft und ihr Verrat vorge-
    worfen. Das ist eine Sprache, die sich selbst richtet – und
    Sie setzen diese Sprache fort,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    und zwar nach dem Motto: Wer nicht mein Freund ist, ist
    mein Feind.

    Ausgerechnet dieser Mann – der Kollege Kohl –, der
    sich unverändert über Recht und Gesetz hinwegsetzt und
    die angeblichen Spender der Schwarzgeldmillionen der
    CDU nicht nennt,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)


    hat in der letzten Woche versucht, dem Bundespräsiden-
    ten Vorschriften darüber zu machen, welches Verhältnis
    dieser zu seinem Amt und zu diesem Staat haben soll. –
    Eine Unverfrorenheit ohne Beispiel!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Unser Herr Bundespräsident braucht keine Belehrungen,
    nicht von einem Gesetzesbrecher, nicht von Ihnen, Herr
    Merz, und auch nicht von solchen Leuten wie Herrn
    Goppel und Herrn Westerwelle. Herr Westerwelle, neh-
    men Sie das Wort von dem „Parteipräsident“ zurück!
    Damit täten Sie sich und unserer Demokratie einen Ge-
    fallen!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Ich wiederhole das, was ich schon in der letzten Woche
    gesagt habe: Johannes Rau vorzuwerfen, er sei kein Pa-
    triot, ist genauso absurd wie die Behauptung, der Papst sei
    kein Katholik.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Im Übrigen ist solchen Leuten wie Kohl, Merz, Goppel
    und wie sie sonst noch alle heißen mögen entgangen, dass
    das von ihnen kritisierte Zitat von Johannes Rau ein Zitat
    war, das Johannes Rau von seinem Amtsvorgänger
    Roman Herzog wörtlich übernommen hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Unser Staatsoberhaupt war immer außerhalb der poli-
    tischen Auseinandersetzung.


    (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Nein, diesmal nicht!)


    Wir haben das immer respektiert. Sie, meine Damen und
    Herren von der Opposition, verletzten diesen Grundsatz
    in eklatanter und infamer Weise.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Arbeit, die Johannes Rau für dieses Land in fünf Jahr-
    zehnten in den verschiedensten Ämtern und Funktionen
    geleistet hat,


    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    sowie seine Worte und Taten sind so eindeutig, dass es
    sich verbietet, auf die Absurditäten aus der Union einzu-
    gehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Lassen Sie mich aber etwas zu dem Geist sagen, der
    hinter diesen Absurditäten steckt. Die Union betrachtet
    den Staat als Beute.


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Staatsämter sind für sie Parteiämter, die ihr wie selbst-
    verständlich zustehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sobald andere, die nicht ihrer Partei angehören, Staats-
    ämter innehaben, sind diese zur Kritik freigegeben. So ge-
    hen Sie mit dem Bundespräsidenten um, so gehen Sie mit
    dem Bundestagspräsidenten um. Das lassen wir Ihnen
    nicht durchgehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Staatsämter werden im Gegensatz zu Ihren Vorstellungen
    noch immer von den Wählern vergeben. Um deren Votum
    geht es in einem fairen Wettbewerb der Konzepte. Genau
    das ist Ihr Problem: Sie haben keine Konzepte als Alter-
    native zu unserer Regierungspolitik und versuchen des-
    halb, diesen Mangel durch lächerliche Schauveranstal-
    tungen wie diese zu ersetzen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Mit der Art, wie Sie mit Staatsämtern umgehen, verun-
    glimpfen Sie Personen. Das ist schon schlimm genug.
    Aber noch viel schlimmer für das Gemeinwesen ist: Sie
    schaden der Autorität der höchsten Staatsämter. Das ist
    das genaue Gegenteil von Patriotismus.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir keine Polarisierung,
    wenn es um unser Land geht.


    (Lachen bei der CDU/CSU)





    Dr. Peter Struck
    15692


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wir wollen, wie Willy Brandt es einmal gesagt hat, ein
    Volk von guten Nachbarn sein, im Innern wie nach außen,
    – nicht eine zweigeteilte Gesellschaft: hier die ver-
    meintlichen Patrioten mit dem Unbedenklichkeitssiegel,
    ausgestellt von der Union und neuerdings auch von Herrn
    Westerwelle, dort alle anderen. Das machen wir nicht mit.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das ist „Krampf um Deutschland“, hat selbst die der
    Union wohlgesonnene „Rheinische Post“ getitelt. Sie hat
    völlig Recht.


    (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas Positives zu Trittin!)


    Auf dem Fundament unseres Grundgesetzes und unse-
    rer Rechtsordnung lassen wir jedem Bürger die Freiheit,
    sein Verhältnis zu Heimat, Vaterland und Nation selbst zu
    bestimmen. Wir sind nicht für Bevormundung in dieser
    Frage oder gar für einen Gesinnungs- und Befindlich-
    keits-TÜV.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sind für ein politisches Klima, das von Respekt vor
    dem Andersdenkenden geprägt ist,


    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Respekt vor jedem, der unsere freiheitlich-demokratische
    Grundordnung akzeptiert.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Damit werden wir den Erwartungen eines übergroßen
    Teils unserer Bevölkerung gerecht. Das haben wir gese-
    hen, als wir alle zusammen am 9. November in Berlin zu
    einem Aufstand der Anständigen gegen Rechtsradikalis-
    mus und Intoleranz aufgerufen haben.


    (Zurufe von der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    – Dass Sie dagegen protestieren, dass Sie jetzt lachen, das
    zeigt Ihre wahre Gesinnungshaltung, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Müller [Berlin] [PDS])


    Das Echo war überwältigend: Nicht nur hier in Berlin,
    sondern überall im Lande – in vielen Städten und Ge-
    meinden – sind die Bürgerinnen und Bürger aufgestanden
    und haben für ein tolerantes Deutschland demonstriert.
    Dank der Initiativen der Kirchen, der Wirtschaft, der Ge-
    werkschaften und vieler anderer gesellschaftlicher Grup-
    pen hat sich das Bewusstsein verstärkt, dass Rechtsradi-
    kalismus und dumpfe rechte Töne Deutschland im Innern
    wie nach Außen schaden und uns keinesfalls nutzen. Im
    Übrigen sehe ich darin den Grund, dass Rechtsradikale
    bei den Landtagswahlen am letzten Sonntag keine Chance
    hatten. Der Aufstand der Anständigen hat Früchte ge-
    tragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Menschen haben verstanden, dass dem Land mit
    dumpfen Sprüchen überhaupt nicht gedient ist.

    Das Gleiche gilt – und Sie sollten sich sehr genau über-
    lagen, was Sie so alles sagen – für Auseinandersetzungen
    über Sprüche, die sich eine ganz bestimmte Klientel auf
    die Arme tätowieren lässt. Überlegen Sie also, was Sie an-
    richten!


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Hier im Parlament haben alle Fraktionen die Möglich-

    keit, zu beweisen, wie ernst es ihnen mit der Bekämpfung
    von Intoleranz ist. Gerade morgen könnte auch die Union
    beweisen, wie ernst sie es mit der gemeinsamen Be-
    kämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlich-
    keit, Antisemitismus und Gewalt meint.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Aber Sie sind ja aus dem gemeinsamen, interfraktionellen
    Antrag ausgeschert. Sie machen bei der Beschlussfassung
    gegen Rechtsextremismus ja nicht mit. Das ist bezeich-
    nend.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Ich will Ihnen noch Folgendes ganz deutlich sagen:
    Wer wie die Union den Antrag auf Verbot der NPD nicht
    mitträgt, hat nicht das Recht, uns den Vorwurf der man-
    gelnden Bekämpfung von Rechtsextremen zu machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Nun möchte ich noch auf die Landtagswahl in Rhein-
    land-Pfalz eingehen. Wie viele von Ihnen bin ich in die-
    sem Land unterwegs gewesen. Wenn man sieht, wie CDU
    und NPD Seite an Seite eine Kampagne gefahren haben,
    dann muss man befürchten, dass die CDU die Gefahren
    durch diese Nationalisten billigend in Kauf nimmt oder
    zumindest unterschätzt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Wir unterschätzen diese Gefahren nicht. Wir wollen, dass
    Deutschland ein tolerantes Land bleibt, in dem sich jeder
    nach eigener Fasson wohl fühlen kann.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der PDS)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Guido Westerwelle.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Guido, si tacuisses!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter
    Herr Kollege Struck, Sie haben sich in weiten Teilen Ih-
    rer Rede mit Äußerungen und Gegenäußerungen des




    Dr. Peter Struck

    15693


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Herrn Bundespräsidenten befasst. Wenn Sie sich den An-
    trag, den wir Freie Demokraten unterstützen, noch einmal
    anschauen, dann werden Sie erkennen, dass nicht der
    Bundespräsident kritisiert wird, sondern dass es um Herrn
    Trittin geht. Herr Trittin soll entlassen werden.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch nur das, was Sie öffentlich machen!)


    Es ist kein Zufall, dass Sie hier regelmäßig die Kurve
    kriegen. In Wahrheit haben Sie gar nicht die Absicht – das
    ist nachvollziehbar –, sich vor Herrn Trittin zu stellen. Sie
    sind in Ihrem Herzen über diese Äußerungen genauso ent-
    setzt wie nahezu alle Kolleginnen und Kollegen hier. Es
    gibt in Wahrheit sieben Gründe, warum Herr Trittin noch
    im Amt ist: Das sind die sieben Minister, die vor ihm ge-
    gangen sind.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Originalzitat einer Aussage von Herrn Müntefering in

    einer großen deutschen Talkshow: „Der Trittin war be-
    kloppt, als er das gesagt hat.“ Heute lesen wir im „Stern“
    ein informatives Interview des Grünen-Sprechers Fritz
    Kuhn. Frage: „Ist Trittin ein grüner Wählermagnet?“ Ant-
    wort: „Er ist ein guter Umweltminister.“ Frage: „Die SPD
    sagt: Er ist ein bekloppter Idiot.“ Antwort: „Das habe ich
    in der Kombination noch nicht gehört.“


    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Ich war mehrere Jahre Mitglied einer Koalitionsfrak-
    tion. Ich sage Ihnen eines: Der einzige Grund, warum die
    Sozialdemokraten Herrn Trittin nicht mit Freude aus dem
    Kabinett verabschieden, ist, dass der grüne Koalitions-
    partner sonst noch ein Stückchen mehr bröckelt und brö-
    selt. Es sind allein Gründe der politischen Stabilität der
    Koalition, die Sie dazu bewegen, an Herrn Trittin auf der
    Regierungsbank festzuhalten. Aber Herr Trittin hat seine
    Aufgabe so wahrgenommen, dass er auf diesem Minister-
    sessel nicht bleiben darf. Er muss entlassen werden!


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie erwecken den Eindruck, als handele es sich dabei

    um eine einzige spontane Entgleisung. Das war es aber
    nicht. Am Tag nach dieser Äußerung wurde diese Ent-
    gleisung in einem Brief von Herrn Trittin an den Kollegen
    Meyer – dieser Brief wurde unterzeichnet und abge-
    schickt – schriftlich bestätigt. Der eigentliche Punkt ist
    doch nicht, dass Herr Trittin kein Verhältnis zum Beneh-
    men hat und dass er eine Verrohung der deutschen Politik
    bewirkt. Das große Problem ist in Wahrheit das Denken,
    das hinter diesen Äußerungen steht. Das ist es, was wir
    Freie Demokraten kritisieren.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Selbstgerecht!)


    Wenn der deutsche Bundeskanzler in diesem Zusam-
    menhang – er kann heute verständlicherweise nicht hier
    sein – wörtlich von einer „Menschenjagd“ spricht, dann
    muss ich bei allem Respekt vor dem Herrn Bundeskanz-
    ler sagen: Das ist eine weitere Entgleisung. Es ist das

    Recht der Opposition, die Entlassung eines Ministers zu
    beantragen, der aus unserer Sicht nicht mehr anständig ar-
    beitet.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wer, wie Herr Trittin, ein Leben lang Bäume gefällt hat,
    der kann nicht erwarten, dass man um ihn herum einen
    Naturschutzpark anlegt.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Das wird nicht passieren.
    Ich will mich etwas mit dem Geist auseinander setzen,

    der hinter Herrn Trittins Äußerungen steht. Es gibt ei-
    gentlich zwei, drei Gesichtspunkte, die mir wesentlich er-
    scheinen.

    Als Erstes möchte ich den Herrn Bundespräsidenten
    Theodor Heuss – ein großer Liberaler und zweifelsohne
    ein ganz großer Staatsmann unserer Republik – zitieren.
    Er sagte in seiner Antrittsrede am 12. September 1949:

    Wir stehen vor der großen Aufgabe, ein neues Natio-
    nalgefühl zu bilden.

    Eigentlich geht es bei dieser Debatte genau um diese
    Frage. Ich habe bei dem Satz „Ich bin stolz, ein Deutscher
    zu sein“ den Eindruck, dass manche weniger das Wort
    „stolz“ als vielmehr das Wort „Deutscher“ stört.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Peter Struck [SPD]: Was soll das heißen? Erklären Sie das mal! – Annette Faße [SPD]: So ein dummes Zeug!)


    Ich glaube, dass es ein Fehler ist, den Eindruck zu er-
    wecken, man könne nur auf das stolz sein, was man sel-
    ber geleistet habe; man dürfe nur auf das stolz sein, was
    man selber gemacht habe. Genau diese semantische Ver-
    wirrung wird kaum verstanden und kann auch nicht ver-
    standen werden. Ich bin zum Beispiel stolz auf meine El-
    tern, obwohl ich sie nicht gemacht habe.


    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Ich bin zum Beispiel stolz, wenn ein Sportverein, dem ich
    angehöre, erfolgreich ist. Kann man denn nur als Mit-
    spieler stolz sein oder darf man nicht auch als Fan stolz
    sein?

    Wenn man auf sein Elternhaus stolz ist, erhebt man sich
    nicht über andere. Wenn man auf sein Land stolz ist, er-
    hebt man sich auch nicht über andere Länder.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich bin unverändert der Auffassung: Wer den Men-

    schen das Recht abspricht – das sage ich gerade als ein
    überzeugter Europäer –,


    (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Ach!)

    stolz auf das eigene Land zu sein, der entwurzelt sie.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Wer macht denn das?)


    Ich glaube, es wäre ein riesengroßer Fehler, wenn man die
    jungen Menschen, die 18-, 19- oder 22-Jährigen, die an




    Dr. Guido Westerwelle
    15694


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    diese Debatte viel unbefangener, natürlicher und unver-
    krampfter herangehen, diesen rechtsradikalen Stichwort-
    gebern überlassen würde. Nur weil Rechtsradikale die
    Nationalhymne singen, werde ich nicht künftig darauf
    verzichten.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer will das denn?)


    Ich glaube auch, dass das Wort vom Verfassungspa-
    triotismus nicht ausreicht. Ich bin ein Verfassungspatriot
    und ich glaube, dass der Verfassungspatriotismus ein sehr
    gesunder Patriotismus ist.


    (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Unmöglich!)


    Aber er ist letzten Endes ein rationaler Patriotismus. Es
    geht um das rationale Verhältnis zum Grundgesetz, aber
    auch zu den Ideen, zu den Erfolgen und Institutionen un-
    seres Landes. Aber ein rationaler Patriotismus reicht nicht
    aus, wenn nicht auch persönliche Leidenschaft für das
    Gemeinwesen und für seine Menschen hinzukommt.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Was sind das alles für Sprechblasen? Alles Floskeln! Hohles Gerede!)


    Deswegen möchte ich mit daran arbeiten – vielleicht
    mit Ihrer Hilfe – und an Sie appellieren, dass wir diesen
    gesunden Patriotismus,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nationaler Patriotismus!)


    ein Stück der nationalen Identität, eben nicht den falschen
    Deutschen überlassen. Das ist unsere eigentliche Auf-
    gabe.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich bin auch auf Dinge in unserem Lande stolz, an de-

    nen ich selber wenig Anteil hatte. Ich bin zum Beispiel
    stolz auf die Deutschen, die mit der Kerze in der Hand
    Herrn Honecker das Fürchten gelehrt haben. Ich bin stolz
    darauf, wenn beispielsweise in dieser Zeit deutsche Sol-
    daten im Ausland Friedenseinsätze haben. Ich bin stolz
    auf diese Deutschen und ich finde, man muss sich dafür
    nicht entschuldigen oder genieren. Das ist der eigentliche
    Generationenpunkt, die politische „correctness“, die aus
    Ihren Worten spricht. Ihr habt heute nicht mehr die Mehr-
    heit. Die Mehrheit der Deutschen lässt sich nicht mehr in
    die rechte Ecke schieben, nur weil sie sagt: Ich bin stolz
    auf unser Land und auf die eigene Nation.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die lassen sich auch keine Stolz-Debatte verordnen!)


    Dies ist der große Widerspruch, ich glaube, auch der al-
    ten politischen Linken. Sie meint nämlich, dass sich Stolz
    auf das eigene Land und Weltoffenheit gegenseitig aus-
    schließen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn! Sie müssen uns wirklich nicht interpretieren!)


    Meine Gegenthese lautet: Dies ist genau das, was sich ge-
    genseitig bedingt. Wer zu seinem eigenen Land keine

    emotionale, herzliche Bindung empfindet, der wird mei-
    ner Einschätzung nach in der Regel nicht in der Lage sein,
    andere Nationen und Gesellschaften ausreichend zu res-
    pektieren.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Deswegen sage ich Ihnen: Das Denken, das hinter den

    Ausführungen von Herrn Trittin steht, hat sich überholt.
    Es ist nicht mehr das Mehrheitsdenken. Jahrelang ist diese
    Diskussion durch die politische „correctness“ erdrückt
    worden. Das ist vorbei.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Gut, dass Sie nicht bestimmen, was die Mehrheit ist!)


    Das ist das einzig Gute, das ich dieser Diskussion nach
    diesen Äußerungen abgewinnen kann. Herr Trittin sollte
    entlassen werden. Aber die Diskussion muss weitergehen,
    und zwar ganz in dem Sinne, wie es Theodor Heuss ein-
    mal angeregt hat.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber nicht mit Ihnen! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wenn Heuss Ihre Rede hören würde, würde er sich im Grabe umdrehen!)