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ID1416101600

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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Hubert Deittert und Dr. Jürgen Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 15651 A Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 a bis d, 5 sowie 16 a und b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15651 D Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 15652 A Jörg van Essen F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . . . 15653 A Alfred Hartenbach SPD (zur GO) . . . . . . . . . 15653 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU (zur GO) . . . . 15655 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS (zur GO) . . . . . 15656 A Tagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neugliede- rung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) (Drucksachen 14/4553, 14/5663) . . . . 15656 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Michael Goldmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verein- fachung des Mietrechts (Mietrechts- vereinfachungsgesetz) (Drucksachen 14/3896, 14/5663) . . . . 15656 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15657 A Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15659 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15662 A Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15663 C Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15665 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15667 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 15669 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15671 D Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15674 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . 15675 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 15677 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15679 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . 15681 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15682 C Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15683 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15685 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15688 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Sofor- tige Entlassung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15686 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15691 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15693 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15695 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15698 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15700 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 15700 C Plenarprotokoll 14/161 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 I n h a l t : Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15702 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15704 B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15707 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 15707 A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15707 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 15708 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15711 D Tagesordnungspunkt 20: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Sozialgesetzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teil- habe behinderter Menschen (Drucksachen 14/5531, 14/5639) . . . . 15708 D b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Staatsan- gehörigkeitsgesetzes (Drucksache 14/5654) . . . . . . . . . . . . . 15709 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Helmut Wilhelm (Am- berg), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Poten- ziale im Wasserstraßentransport um- welt- und naturverträglich nutzen – In- termodalität stärken (Drucksache 14/5667) . . . . . . . . . . . . . . . 15709 A Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 12. April 1999 zum Schutz des Rheins (Drucksachen 14/4674, 14/5282) . . . . 15709 B b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten bei Abfalllagern (Drucksachen 14/4926, 14/5633) . . . . 15709 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Neunundzwanzigs- ter Rahmenplan der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der regiona- len Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2000 bis 2003 (2004) (Drucksachen 14/4623, 14/3250, 14/5185) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15709 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Verantwortung der Bundesregierung für die Begleitumstände des ersten rot-grünen Castortransports 15710 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15710 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15714 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15715 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15716 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15718 C Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15719 B Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU . . . . 15720 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15721 D Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15723 B Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15724 B Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15725 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 15726 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15728 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 15729 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15731 A Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Tou- rismuspolitischer Bericht der Bundes- regierung (Drucksachen 14/2473, 14/5432 [neu]) . . . 15732 C Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15732 C Anita Schäfer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15734 A Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 15735 D Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15737 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001II Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15738 C Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15739 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15740 D Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15741 B Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15742 B Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15744 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 15745 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15746 D Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 15747 A Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Karin Rehbock- Zureich, Hans-Günter Bruckmann, wei- terer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Die Bahnreform fort- führen und die Zukunft der Schiene in Deutschland sichern (Drucksache 14/5665) . . . . . . . . . . . . 15747 B b) Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gewährleistung des Schie- nenpersonenfernverkehrs (Drucksache 14/5451) . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva Bulling-Schröter, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Gewährleistung des Schienen- personenfernverkehrs (Bundesschienen- personenfernverkehrsgesetz) (Drucksache 14/5662) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Eisenbahnpolitische Reformschritte zügig einleiten (Drucksache 14/5666) . . . . . . . . . . . . . . . 15747 D Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . 15747 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 15749 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15751 D Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15753 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15754 C Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15755 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15756 A Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15757 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15758 C Tagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Horst Friedrich, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Referenzstrecke für den Transrapid (Drucksachen 14/2734, 14/4025) . . . . . . . 15759 B Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 15759 C Reinhold Hiller (Lübeck) SPD . . . . . . . . . . . 15760 C Dr. Hermann Kues CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15762 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15764 B Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Künftige Gestaltung der Standortwer- bung zur Gewinnung ausländischer In- vestitionen für Deutschland (Drucksache 14/4240) . . . . . . . . . . . . . . . 15764 D Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15765 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15766 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15768 A Walter Hirche F.D.P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 A Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15769 D Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15770 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Christian Schmidt (Fürth), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Strukturpolitische Verantwortung für Bundeswehrstandorte übernehmen, die die Bundesregierung schließen oder ver- kleinern will (Drucksache 14/5550) . . . . . . . . . . . . . . . 15771 D in Verbindung mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 III Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Günther Nolting, Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Hilfe durch den Bund für die von Reduzierung und Schließung betroffenen Bundeswehr- standorte ist unverzichtbar (Drucksache 14/5467) . . . . . . . . . . . . . . . 15772 A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15772 B Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 15773 C Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15774 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 15775 C Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15776 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15778 A Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 15779 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 15780 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüber- führungsgesetzes (2. AAÜG-Änderungs- gesetz) (Drucksache 14/5640) . . . . . . . . . . . . . . . 15782 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 15782 C Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 15783 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 15785 C Monika Balt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15786 B Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15787 B Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung von Beschränkun- gen des Brief-, Post- und Fernmelde- geheimnisses (Drucksache 14/5655) . . . . . . . . . . . . . . . 15788 C Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Christina Schenk, Christine Ostrowski, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Drit- ten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz) (Drucksachen 14/3227, 14/5354) . . . . . . . 15788 C Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15788 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15789 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15791 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlas- sung des Bundesministers für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung und Ergänzung des Anspruchs- und An- wartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG- Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15791 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fern- meldegeheimnisses (Tagesordnungspunkt 12) 15793 A Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15793 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15794 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 15795 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15795 C Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 15796 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III- Änderungsgesetz – ... SGB III-ÄndG), (Tages- ordnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Renate Rennebach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15798 A Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15799 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15800 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15800 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 Christina Schenk 15789 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15791 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 29.03.2001** Behrendt, Wolfgang SPD 29.03.2001*** Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Bodewig, Kurt SPD 29.03.2001 Glos, Michael CDU/CSU 29.03.2001 Goldmann, F.D.P. 29.03.2001 Hans-Michael Heil, Hubertus SPD 29.03.2001 Hempelmann, Rolf SPD 29.03.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 29.03.2001*** Karl-Heinz Hörster, Joachim CDU/CSU 29.03.2001 Ibrügger, Lothar SPD 29.03.2001 Irber, Brunhilde SPD 29.03.2001 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 29.03.2001 Klappert, Marianne SPD 29.03.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 29.03.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.03.2001 Erich Neumann (Gotha), SPD 29.03.2001 Gerhard Robbe, Reinhold SPD 29.03.2001 Schloten, Dieter SPD 29.03.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 29.03.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 29.03.2001 Hans Peter Schröder, Gerhard SPD 29.03.2001 Dr. Schuster, SPD 29.03.2001 R. Werner Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 29.03.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 29.03.2001 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.03.2001 DIE GRÜNEN Wegener, Hedi SPD 29.03.2001 Wiefelspütz, Dieter SPD 29.03.2001 Wistuba, Engelbert SPD 29.03.2001 Wohlleben, Verena SPD 29.03.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 29.03.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 29.03.2001** ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ***** für die Teilnahe an der 105. Jahreskonferenz der Interparla- mentarischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer, Hans-Josef Fell, Oswald Metzger (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Sofortige Entlassung des Bundesmi- nisters für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit Jürgen Trittin (Drucksache 14/5573) Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab, weil wir nach unserem Parlamentsverständnis es weder der Opposition noch dem Kanzler überlassen wollen, die Auseinander- setzungen mit bündnisgrünen Mitgliedern des Kabinetts zu führen. Im Übrigen lehnen wir eine Stil der Auseinanderset- zungen ab, der politische Gegner in ihrer Person herab- würdigt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurf eines Zweiten Geset- zes zur Änderung und Ergänzung des An- spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgeset- zes (2.AAÜG-Änderungsgesetz – 2.AAÜG-ÄndG) (Tagesordnungspunkt 10) Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hier vorliegende 2. AAÜG-ÄndG wurde auf entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht ***** Grundlage der Urteile des Bundesverfassungsgerichts erarbeitet. Wir halten uns damit streng an die Vorgaben des Gerichturteils des Bundesverfassungsgerichts. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 28. April 1999 zur Verfassungsmäßigkeit der Über- führung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetz- liche Rentenversicherung vier Urteile verkündet. Das Leit- urteil setzt sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Sys- tementscheidung – Überführung in die gesetzliche Ren- tenversicherung –, die weiteren drei Urteile setzen sich mit der Zahlbetrags- und Entgeltbegrenzung des AAÜG sowie mit der Regelung des § 307b SGB VI auseinander. Um klar zu stellen: Die so genannte Systementschei- dung wurde vom Bundesverfassungsgericht gebilligt und wird auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht infrage gestellt. Denn nach den Vorgaben des Einigungs- vertrages wurden die in den Zusatz- und Sonderversor- gungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und An- wartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung überführt. Wir sehen es als folgerichtig und gerecht an, dass die in der Rentenversicherung geltenden Grundsätze, Renten auf Basis der versicherten Entgelte eines ganzen Lebens zu zahlen, auch auf Personen angewandt werden, die in der DDR in Zusatz oder Sonderversorgungssyste- men versichert waren. Was bedeutet dieses Gesetz und wem nützt dieses Ge- setz? Das Gesetz sieht, wie vom Bundesverfassungsge- richt vorgeschrieben, Leistungsverbesserungen bei den rentenrechtlichen Beschäftigungszeiten bei der Deut- schen Reichsbahn und der Deutschen Post vor. Künftig sollen für von März 1971 bis Dezember 1973 bei der Deutschen Reichsbahn oder der Deutschen Post zurück- gelegte Beschäftigungszeiten bis zu 1 250 DM monatlich anrechenbar sein. Für Personen, die am 1. Januar 1974 be- reits zehn Jahre in einem der beiden Bereiche beschäftigt waren, soll ein Arbeitsverdienst bis zu dieser Höhe sogar bis Juni 1990 anrechenbar sein. Das kostet natürlich auch Geld. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Leistungsverbesserungen führen bei Bund und bei den Ländern zu Mehrausgaben für Nachzahlungen bis zum 30. April 1999 in Höhe von rund 690 Millionen DM und zu laufenden, jährlichen Mehraufwendungen in Höhe von rund 325 Millionen DM. In Hunderten von Briefen, die wir in den letzten Mo- naten bekommen haben, wird uns vorgeworfen, wir be- trieben ein „Rentenstrafrecht“. Ich möchte die Gegen- frage stellen: Sollen wir wirklich gerade diejenigen, die in der ehemaliger DDR schon privilegiert waren, belohnen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der Grund, warum wir nicht, wie es hier von der PDS gefordert wird, über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hi- nausgehen und weitere Verbesserungen für ehemalig Pri- vilegierte beschließen. Wir haben in diesem Gesetz Ver- besserungen vorgesehen, die uns das Urteil zwingend vorgibt. Sie haben alle in den letzten Wochen die Schlagzeilen in der Bildzeitung gesehen, die genau ausgerechnet ha- ben, wie viel Rente Margot Honecker, Egon Krenz und Markus Wolf mehr bekommen. Ich darf Sie daran erin- nern, dass Margot Honecker 45 000 DM bzw. 400 DM und Markus Wolf 30 000 DM mehr Rente bekommen sol- len. Ich frage noch mal: Wollen wir hier noch eins drauf- setzen, wie es die PDS fordert? Steht nicht die Lösung viel drängenderer Probleme an, wie die Beseitigung der Ar- beitslosigkeit im Osten, die Bereitstellung einer intakten Infrastruktur und eine gute Aus- und Weiterbildung für die Jungen? Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, eine Besserstellung der Privilegierten ist nicht vertretbar, so- lange eine angemessene Entschädigung der Opfer des SED-Regimes noch aussteht. Liebe Kolleginnen und Kol- legen, der richtige Blickwinkel für diese Debatte ist der Blickwinkel der Opfer. Auch die Union hat sich für eine stärkere rentenrechtliche Aufwertung von Opfern ausge- sprochen. Wie ist Ihre kritische Haltung jetzt zu verste- hen? Der PDS ist das im Gesetz Enthaltene noch nicht ge- nug und vertritt diejenigen, denen das hier im Gesetz Ent- haltene noch nicht genug ist. Damit macht sie sich zum Vertreter der Interessen der vormals Privilegierten, zum Teil auch der Täter. Die PDS fordert ausdrücklich, dass die „Eigentumspositionen der Betroffenen im Verhältnis zu den übrigen Rentnern im Osten“ gehalten werden müs- sen und dass wir als der Gesetzgeber dafür Sorge zu tra- gen haben. Dafür ein Beispiel: Die PDS fordert die Dy- namisierung des besitzgeschützten Betrags also der Rente, die aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Grundlage des Rechts der DDR gezahlt wird – mit dem aktuellen Rentenwert Ost ab 1. Januar 1992 statt ab 1. Juli 1992. Dies würde zu einer deutlich stärkeren Stei- gerung führen als bei einer Dynamisierung gemäß dem Rentenwert West. Das BSG hat hierzu eine klare Ent- scheidung getroffen und die Dynamisierung mit dem Ren- tenwert West vorgeschlagen. Eine Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost kommt allein deshalb nicht in Be- tracht, weil der Zahlbetrag der Rente solange besitzge- schützt sein sollte, wie sich durch die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern auch höhere Renten nach dem SGB VI ergeben hätten. Nebenbei bemerkt: Die Dynamisierung der Renten ist kein Strukturmerkmal der Versicherung der DDR. Die Forderung nach der Dynamisierung mit dem Rentenwert Ost zeigt, dass die PDS will, dass das Rentenrecht der DDR dann zum Zuge kommen soll, wenn es für die Be- troffenen besser wäre. Wenn es höhere Renten verspricht, berufen Sie sich gerne auf das Rentenrecht der BRD. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich hier entscheiden und sich nicht aus den unterschiedlichen Ku- chen immer nur die Rosinen herauspicken wollen. Ich möchte im Folgenden auf einige andere Kern- punkte des Gesetzes eingehen: Ein Punkt, der heftig um- stritten ist, ist die Entgeltbegrenzung von MfSlern. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die berücksichtigungsfähi- gen Entgelte für ehemalige Mitarbeiter des MfS entspre- chend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 70 Prozent auf 100 Prozent des Durchschnittseinkom- mens angehoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Arbeitsentgelte beim Ministerium für Staatssi- cherheit schon dann überhöht waren, wenn sie 70 Prozent des Durchschnittsentgeltes betrugen. Die Bundesregie- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115792 (C) (D) (A) (B) rung folgt hier den Vorgaben des Gerichts. Die PDS schlägt vor, die Entgelte für Angehörige des MfS nicht in vorgesehener Weise zu begrenzen. Sie möchte die Hälfte des Entgelts, welches das Durchschnittseinkommen über- steigt, rentenwirksam werden lassen. Dies würde zu einer deutlichen rentenrechtlichen Besserstellung der An- gehörigen des MfS führen. Genau dieser Punkt, der die Besserstellung von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern bedeu- ten würde, ist für uns nicht nachvollziehbar. Auch bei der Entgeltbegrenzung bei Personen, die staatsnahe Funktionen ausgeübt haben, hat das Bundes- verfassungsgericht die geltende Entgeltbegrenzung nicht verworfen. An dieser Bestimmung wollen wir auch fest- halten, solange das Gericht hier eine eindeutige Festle- gung trifft. Hier muss genau differenziert werden. Eine Abgrenzung muss objektiv geschehen. Deshalb muss das Gericht hier eine Abgrenzung vornehmen. Ich sage hier noch einmal deutlich: Es ist nicht Ziel der Fraktion, die Einkommenssituation ehemaliger Staatsnaher zu verbes- sern. Wir betreiben nicht Lobbyarbeit für ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Wir setzen die Vorgaben des Bundes- verfassungsgerichts um. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetze zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Tagesord- nungspunkt 12) Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU): Der Gesetzent- wurf der Bundesregierung zur Neuregelung von Be- schränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis- ses liegt seit dem 26. März 2001, also seit drei Tagen vor. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 9. März 2001 zu dem Entwurf Stellung genommen und Empfehlungen ausgesprochen. In ihrer Gegenäußerung hat die Bundes- regierung praktisch alle Änderungsvorschläge des Bun- desrates abgelehnt. Auch wenn die vorgesehenen Änderungen des Geset- zes im Wesentlichen zu begrüßen sind, gibt es doch einige Punkte, die noch verbessert werden müssen. Mit dem vor- liegenden Gesetzentwurf sind Änderungen des G-10- BND-Gesetzes, der Fernmeldeverkehr- Überwachungs- Verordnung und weiterer Gesetze vorgesehen. Entschei- dend sind die Änderungen im G-10-Gesetz. Hier ist zu begrüßen, dass der Katalog von Straftaten in § 3 erweitert wird und Individualkontrollen ermöglicht werden, wenn tatsächlich Anhaltspunkte den Verdacht der Begehung begründen. Die Erweiterung reicht aber nicht aus. Zwar wurden der Tatbestand der Volksverhetzung und einige andere in § 129a StGB genannte Straftaten aufgenommen. Außerdem ist jetzt auch klargestellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Erkenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfah- ren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Es ist aber nicht nach- vollziehbar, warum die Überwachung bei schwersten Straftaten nicht möglich sein soll. Während bei Mord- und Totschlagsdelikten, erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme, Brandstiftung, beim Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, bei gefährlichen absichtlichen Ein- griffen in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, bei beson- ders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe und bei Angriffen auf den Luft- und Seeverkehr die Über- wachung möglich ist, soll bei den Straftaten Völkermord, Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel, Herbeiführung einer Explosion durch Kernenergie, gemeingefährliche Vergif- tung, gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr und den nicht besonders schweren Fällen der Störung öffentlicher Betriebe eine Überwachung nicht ge- rechtfertigt sein. In der Begründung des Gesetzentwurfs, warum § 315 Abs. 3 StGB – gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr – aufgenommen wurde, werden über 50 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr durch mili- tante Linksextremisten, die Hakenkrallen und Wurfanker zur Störung von Castortransporten eingesetzt haben, ge- nannt. Auch das Untergraben von Gleiskörpern – etwas, was gerade bei diesem Castortransport wieder geschehen ist – muss in der einfachen Begehungsform aufgenommen werden und nicht in der qualifizierten, die nur in Abs. 3 vorgesehen ist. Das muss insbesondere auch unter dem Aspekt gesagt werden, dass heutzutage praktisch jeder ein Handy hat. So können vielleicht die Saboteure des Cas- tortransports leichter gefasst werden. Die aktuellen Ereignisse um den Castortransport pas- sen auch gut, um auf § 4 – Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung – einzugehen. Es ist zu begrüßen, dass personenbezogene Daten aus G-10-Maßnahmen in Zukunft nach § 4 Abs. 2 insgesamt verwendet werden dürfen. Es ist aber nicht konsequent, die präventive Übermittlung personenbezo- gener Daten auf das Ziel der Verhinderung und Auf- klärung von bestimmten Straftaten zu begrenzen. Wir ha- ben bisher die Auffassung vertreten, dass der bisherige § 7 Abs. 3 G 10 lediglich ein teilweises Übermittlungs- verbot zu repressiven Zwecken beinhaltet, die Übermitt- lung zu präventiven Zwecken aber nach den allgemeinen Übermittlungsregeln der Verfassungsschutzgesetze er- folgt. § 4 Abs. 3 Nr. 3 erklärt nun die Übermittlung zur Vorbereitung und Durchführung von Partei- und Vereins- verboten ausdrücklich für zulässig. Das ist zu begrüßen. Bei der jetzt vorgesehenen Formulierung wäre jedoch die Übermittlung von Erkenntnissen, dass zum Beispiel an- lässlich einer geplanten Versammlung schwerer Landfrie- densbruch geplant wird, nicht zulässig. Es wäre demnach auch nicht zulässig, Erkenntnisse zu übermitteln, wonach ein bestimmter Skinhead eine bestimmte andere Person überfallen und körperlich misshandeln will. Die Begrenzung der Übermittlung von verfassungs- schutzrelevanten Informationen zwischen den Verfassungs- schutzbehörden auf bestimmte Straftatenkomplexe geht ebenso fehl. Das gilt auch für den Verweis auf § 7 Abs. 4, der dazu führt, dass die Befugnis zur Übermittlung zum Zwecke der Strafverfolgung zu sehr begrenzt ist. Zu- mindest die Möglichkeit der Datenübermittlung zur Straf- verfolgung nach §§ 234, 234a StGB – Menschenraub, Verschleppung –, § 310 StGB – Vorbereitung von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15793 (C) (D) (A) (B) Explosions- und Strahlenverbrechen – und § 92a AuslG – gewerbs- oder bandenmäßiges Einschleusen von Auslän- dern – muss zulässig bleiben. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Mit der Vor- lage dieses Gesetzentwurfs ist zum einen der Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 Rechnung getragen worden. Die Gewährleistung des Schutzes personenbezogener Daten ist insoweit ver- schärft worden. Allerdings ist der ganz große Wurf mit dieser Novelle noch nicht gelungen. In einigen Punkten besteht noch Änderungsbedarf. In den Ausschussberatun- gen wird dies sicherlich noch näher zu erörtern sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der vorliegende Änderungsentwurf zum so ge- nannten G 10 ist ein vertretbarer Kompromiss zwischen Sicherheits- und Datenschutzinteressen. Gegenüber dem geltenden Recht bringt die Novelle deutliche Verbesserungen, gestaltet die bestehenden Ab- hörbefugnisse der Dienste grundgesetzkonform und stärkt den Schutz des Grundrechts der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung erheblich. Die Ko- alition kommt damit einer Verpflichtung nach, die das Bundesverfassungsgericht dem Parlament aufgegeben hatte, weil die bisherigen gesetzlichen Regelungen ver- fassungswidrig sind. Die Gesetzesnovelle schafft in der Sache keine ent- scheidend neuen Abhörbefugnisse. Teilweise wurde jetzt kritisiert, der Entwurf ermögliche dem Verfassungsschutz eine Überwachung Einzelner nun auch anlässlich von Straftaten jenseits der Staatsschutzdelikte, insbesondere beim Verdacht der Volksverhetzung. Dies war jedoch – leider – ganz überwiegend bereits nach geltendem Recht möglich. So kann der Verfassungsschutz die Kommuni- kation Einzelner schon heute anlässlich des Verdachts so- gar irgendeines Delikts bei vermutetem Gemeinschafts- bezug überwachen, wenn durch die befürchteten Straftaten die demokratische Grundordnung oder die staatliche Existenz gefährdet sind. Nur unter dieser ein- schränkenden Voraussetzung einer konkreten Gefahr, die in der Praxis nur bei gemeinschaftlichem Handeln mehre- rer erfüllt sein wird, ermöglicht nun auch die Gesetzesno- velle Überwachungsmaßnahmen im Falle einiger Kapi- taldelikte und der Volksverhetzung: Diese muss aber schwerwiegend und geeignet sein, den öffentlichen Frie- den zu stören, was bloßes Kneipengeläster und Ähnliches als Anlass ausschließt. Die Datenschutzregelungen und die Kontrollbefug- nisse der G-10-Kommission sowie des Parlamentarischen Kontrollgremiums wurden über das vom Bundesverfas- sungsgericht geforderte Maß hinaus erheblich ausgewei- tet. Wir Grünen empfinden als sehr befriedigend, dass auch die Bundesländer ihre Kontrollregelungen diesem Standard anpassen müssen. Erstaunlich finden wir die aus der F.D.P. – unter ande- rem von der ehemaligen Bundesjustizministerin – nun geäußerte Kritik, die Grünen gäben mit ihrer Zustimmung zu der Novelle ihre rechtsstaatlichen Überzeugungen auf. Bei aller Hochachtung für den seinerzeitigen Rücktritt von Frau Leutheusser-Schnarrenberger als persönlichen Protest gegen den Großen Lauschangriff muss an Folgen- des erinnert werden: Es war ausgerechnet ihre F.D.P., die jenen Erweiterungen der G-10-Abhörbefugnisse 1994 im Bundestag zu der Mehrheit verhalf, welche das Bundes- verfassungsgericht fünf Jahre später als verfassungswid- rig aufgehoben hat. Die F.D.P. hat daher das in Teilen ver- fassungswidrige Gesetz zu verantworten, welches Rot-Grün nun verfassungskonform gestalten muss. In der F.D.P. wird offenbar auf ein sehr kurzes Gedächtnis der Öffentlichkeit gebaut. Soweit der Bundesrat nun auf den Entwurf draufsatteln will und die Überwachungsbefugnisse sowie Datenver- wertungsbefugnisse erheblich auszuweiten verlangte, haben wir diesen Angriff auf das informationelle Selbst- bestimmungsgrundrecht zurückweisen müssen. Die Be- schränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses muß die seltene Ausnahme bleiben und darf nicht zur Standardmaßnahme der Sicherheitsbehörden mutieren. Die Anwendung des überarbeiteten Gesetzes muss ge- nau beobachtet und kritisch begleitet werden. Eine Er- höhung von Zahl und Umfang der Telekommunikations- überwachung darf nicht sein. Die G-10-Kommission kann ihre Aufgabe, die Anlässe und die Ergebnisse der Über- wachung genau zu überprüfen, nun viel besser erfüllen. Sich daraus etwa ergebende Korrekturen müssen zeitnah erfolgen. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen den Vor- schlag des Bundesbeauftragten für Datenschutz, die neu- gefassten Befugnisse zunächst auf kurze Dauer befristet zu erproben. Dieser und weitere Verbesserungsforderungen insbe- sondere der Datenschutzbeauftragten von Bund und Län- dern werden in den Ausschussberatungen ernsthaft weiter zu prüfen sein. Dazu gehören die Vorschläge: die Be- nachrichtigungspflicht gegenüber Betroffenen noch strik- ter zu gestalten; dem Bundestagsplenum und dem Parla- mentarischen Kontrollgremium noch detaillierter über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der ange- ordneten Überwachungsmaßnahmen sowie über die Be- nachrichtigung der Betroffenen zu berichten; Überwa- chungen von mutmaßlichen Einzeltätern und losen Gruppierungen jenseits der Staatsschutzdelikte im enge- ren Sinne noch deutlicher auszuschließen; eine Übermitt- lung von G-10-Erkenntnissen nur dem erhebenden Ge- heimdienst selbst unter strikterer Zweckbindung zu gestatten und Ausnahmen der dabei vom Bundesverfas- sungsgericht geforderten Kennzeichnung der G-10-Er- kenntnisse zu streichen; die Voraussetzungen sowie Be- fristungen für die Überwachung in Geiselnahmefällen zu verengen und noch deutlicher von der Einhaltung zwi- schenstaatlicher Regelungen abhängig zu machen; die Obergrenze der strategischen Fernmeldeüberwachung von höchstens 20 Prozent der internationalen Fernmelde- beziehungen herabzusenken. Bei der Neugestaltung all dieser Detailregelung besteht die grüne Grundüberzeugung fort, dass generell Existenz und Tätigkeit der Geheimdienste laufend auf dem Prüf- stand bleiben muss, um die Freiheit der Bürger und Trans- parenz der Gesellschaft zu wahren. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115794 (C) (D) (A) (B) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Manche Ge- setzesvorhaben kommen so harmlos daher, dass man schon genau hinsehen muss, um zu erkennen, was sich wirklich dahinter verbirgt. So ist es auch hier. Wir lesen nämlich im Vorblatt unter „Problem und Ziel“, dass es bei dem Gesetzentwurf vorwiegend darum gehe, den Bean- standungen des Bundesverfassungsgerichts an der vom Bundesnachrichtendienst durchgeführten strategischen Fernmeldeüberwachung Rechnung zu tragen. Das mache eine Änderung des so genannten G-10-Gesetzes in der Tat zwingend notwendig. Weiter heißt es dann: „Zugleich sollen Änderungen im Hinblick auf die fortschreitende technische Entwicklung vorgenommen und Lücken des bisherigen Gesetzes ge- schlossen werden.“ Das klingt zunächst einleuchtend und vernünftig. Es ist aber – das wissen wir alle – in der Politik ein durchaus gängiges Muster: Zunächst wird das Vorhandensein einer Lücke behauptet und dann gesagt, dass die selbstver- ständlich der Schließung bedarf. Schaut man sich näher an, was die rot grünen „Lückenschließer“ vorgelegt haben, stellt sich nämlich heraus, dass es sich unter anderem um ganz erhebliche Er- weiterungen der nachrichtendienstlichen Überwachungs- möglichkeiten handelt und – was noch schwerer wiegt – um die Verkürzung der Rechte von Betroffenen. Dies er- staunt vor allem bei den Grünen. Wir sind ja im Laufe Ih- rer Regierungszeit einiges an politischen Verrenkungsü- bungen gewohnt; aber man wundert sich dennoch immer wieder. Die neue Parteivorsitzende Claudia Roth hat vor noch nicht allzu langer Zeit in einer Pressemitteilung vehement die Auflösung des Bundesnachrichtendienstes, einer „ebenso gefährlichen wie überflüssigen Behörde“ gefor- dert. Jetzt wollen sie und ihre grünen Freunde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dem BND zusätzliche Überwachungsmöglichkeiten einräumen. Einen solchen Sinneswandel erlebt man selbst bei den Grünen nicht alle Tage. Lassen Sie mich noch einige wenige grundsätzliche Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf machen, die mir wichtig erscheinen. Man erkennt zwar einen gewissen Fortschritt darin, dass einige datenschutzrechtliche Ver- besserungen vorgenommen werden und die Kontrolle durch die einschlägigen parlamentarischen Gremien auf- gewertet wird. Damit rechtfertigt die Bundesregierung auch die zusätzlichen Befugnisse der Dienste, etwa durch Ausweitung des Straftatenkatalogs oder das Abhören durch den BND bei Gefährdung von Personen im Aus- land. Es ist aber – ich sage das mit aller Vorsicht – mögli- cherweise ein Trugschluss zu glauben, dass man damit die Waage im Gleichgewicht hielte. Wir müssen uns doch wirklich fragen, wie effektiv die parlamentarische Kon- trolle tatsächlich ist und überhaupt sein kann. Das gilt ja auch für andere Eingriffe in den Kommunikationsverkehr, zum Beispiel die Telefonüberwachung. Wie realistisch ist es, dass ein Kontrolleur – sei es ein parlamentarisches Gremium, sei es aber auch ein Richter – eine Überwa- chungsmaßnahme ablehnt oder beendet, wenn er nur den Vortrag der Ämter hören kann? Die Frage ist also, ob die Rechnung „mehr Eingriffsbefugnisse gegen Verbesse- rung der Kontrolle“ tatsächlich aufgeht. Ein anderer wichtiger Punkt betrifft die Wiederein- führung der so genannten Fünfjahresfrist bei der Mittei- lung an Betroffene, die die alte Koalition insbesondere auf Drängen der F.D.P. 1994 aus dem Gesetz gestrichen hatte. Man muss diese Regelung im Zusammenhang mit dem Ausschluss des Rechtsweges in § 13 des Entwurfs lesen. Der Betroffene kann nämlich auch dann rechtlich nichts mehr unternehmen, wenn er zwar von den Abhörmaßnah- men nicht unterrichtet wurde, davon aber auf anderem Wege erfahren hat. Diese Kontrollbeschneidung ist für die F.D.P. nicht akzeptabel und hier kann ich meine Verwun- derung über die angebliche Rechtsstaatspartei Die Grü- nen nur noch verstärken. Insgesamt werden die beteiligten Ausschüsse noch viel Detailarbeit mit dem Gesetzentwurf haben. Aber wir müs- sen uns auch einmal sehr grundsätzlich mit dem Thema Überwachung der Kommunikation einschließlich der neuen Medien und des so genannten Lauschangriffs be- fassen. In Deutschland wird zuviel abgehört und die Kon- trollen sind durchaus verbesserungswürdig. Vielleicht gibt der vorliegende Entwurf Gelegenheit, dieser Frage intensiver nachzugehen. Ulla Jelpke (PDS): Das hier vorgelegte Gesetz ist ein großer Schritt in Richtung Überwachungsstaat und ein schlimmer Rückschlag für die Bürgerrechte. Die Regie- rung behauptet, sie korrigiere nur die Regelungen für Brief-, Post- und Fernmeldekontrolle, die das Verfas- sungsgericht 1999 beanstandet hatte, und ändere nur Re- gelungen, die durch die technologische Entwicklung überholt sind. Das ist eine glatte Täuschung der Öffent- lichkeit. Wenn das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft tritt, dann haben sie den Weg frei gemacht für eine Aus- spionierung und Überwachung der Bürgerinnen und Bür- ger durch die Geheimdienste, wie wir sie seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten. Dann wird in einem Ausmaß abgehört, werden Briefe und Pa- kete in einem Ausmaß geöffnet, Faxe und E-Mails mitge- schnitten wie vermutlich in keinem anderen Land der Welt. Erst Ende des letzten Jahres hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Jacob, einen – ich zitiere – „dramatischen Anstieg“ der Telefonüberwachungen fest- gestellt. 12 600 Telefonüberwachungen waren da für 1999 gemeldet worden. Um eine Vergleichszahl zu nennen: 1973 hatte es nur 104 Telefonüberwachungen gegeben. Mit anderen Worten: 1999 wurden schon nach dem alten Gesetz 120 mal so viele Telefone abgehört wie zur hohen Zeit der Verfolgung von RAF, Palästinensern und anderen Oppositionsgruppen Anfang der 70er-Jahre. Die Zahl die- ser Überwachungen steigt derzeit jährlich um 30 Prozent. Alle vier Jahre verdreifacht sich also schon jetzt die Zahl der Lauschangriffe. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15795 (C) (D) (A) (B) Diese Regierung ist angetreten mit der Ankündigung, sie wolle die staatliche Überwachung der Bürger ein- schränken und Grundrechte ausbauen. Die Grünen sind sogar einmal entstanden als eine Partei gegen den Über- wachungsstaat. Und jetzt? Jetzt wollen sie die Überwa- chung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs mindes- tens verdoppeln, vermutlich aber um ein Vielfaches erhöhen. Sie wollen das Trennungsgebot zwischen der Polizei, die dem Legalitätsprinzip unterliegt, und Geheimdiens- ten, die fast alles dürfen und von fast niemandem kon- trolliert werden, in einem Ausmaß außer Kraft setzen wie noch nie in dieser Geschichte. Die Durchbrechung dieses Trennungsgebots wird in Zukunft nicht mehr Ausnahme, sondern Regel sein. Bis 1994 durfte der Bundesnachrichtendienst Telefon- gespräche nur abhören bei Gefahr eines bewaffneten An- griffs oder einer vergleichbaren Bedrohung des demokra- tischen Rechtsstaates. Es war schon schlimm genug, dass 1994 das berüchtigte Verbrechensbekämpfungsgesetz des inzwischen ebenso berüchtigten Innenministers Kanther diese Beschränkung aufgehoben und für zahlreiche wei- tere Verdachtsgründe das Abhören erlaubt hat. Mit dem jetzigen Gesetz aber korrigieren SPD und Grüne diese falsche, obrigkeitsstaatliche Entwicklung nicht im Geringsten. Im Gegenteil, Sie treiben sie auf die Spitze. Jetzt sollen die Geheimdienste sogar beim einfachen Verdacht auf Verstöße gegen das Vereinsrecht, auf Ver- stöße gegen das Ausländergesetz und auf Volksverhet- zung private Briefe und Pakete aufmachen, Telefonate, Faxe und E-Mails abhören und belauschen dürfen. Bis heute darf der Bundesnachrichtendienst maximal 10 Pro- zent des gesamten Telefonverkehrs überwachen. Sie wol- len diesen Anteil auf 20 Prozent verdoppeln. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz und der Re- publikanische Anwältinnen- und Anwälteverein hat be- reits Mitte Februar zu ihrem Gesetzentwurf richtig fest- gestellt: „Nicht das Gesetz, sondern das Budget der Dienste beschreibt in Zukunft die Grenzen des heimlichen Abhörens. ... Die Novellierung des Artikel 10-Gesetzes ist damit aus Sicht der Bürgerinnenrechte keine Trendwende in der bundesrepublikanischen Sicherheitsgesetzgebung, wie sie nach der Kohl/Kanther-Ära notwendig gewesen wäre.“ Auch das ist leider wahr. Gegen das alte G-10-Gesetz ist noch eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig. Sie warten noch nicht einmal den Ausgang des Verfahrens ab, so eilig haben sie es mit dem Ausbau des Überwachungsstaats und dem Abbau von Bürgerrechten. Ein letzter Punkt: Ich habe im Vorfeld dieser Beratun- gen die Regierung nach dem Ausmaß der Eingriffe in das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis in den letzten zehn Jahren gefragt. Die Regierung hat mir die Antwort auf fast alle wichtigen Fragen verweigert mit dem Hinweis auf eine angeblich „notwendige Geheimhaltung“. Ich finde das eine Ungeheuerlichkeit. Sie wollen offensichtlich nicht nur die Quellen und die Arbeitsweise der Geheim- dienste geheim halten. Sie wollen geheim halten, in wel- chem Ausmaß die Bürgerinnen und Bürger schon jetzt von den Geheimdiensten ausgespäht und belauscht wer- den. Sie wollen geheim halten, in welchem Ausmaß die Geheimdienste schon jetzt Grundrechte einschränken und verletzen. Eine solche Geheimhaltung ist mit einer demokrati- schen Gesellschaft unvereinbar. Sie ist unvereinbar mit dem Transparenzgebot für alles staatliche Handeln und mit einer Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Wie sollen wir eigentlich über dieses neue Gesetz disku- tieren, das Ausmaß der dadurch ausgelösten Grundrechts- eingriffe bewerten und beurteilen, wenn uns solche Infor- mationen verweigert werden? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie viele private Briefe, Päckchen und Pakete von Polizei und Geheimdiensten aufgemacht werden, wie viele pri- vate Faxe von Beamten heimlich gelesen, wie viele Tele- fonate und E-Mails heimlich mitgeschnitten und mit- gehört werden. Wer solche Auskünfte verweigert, hat Dreck am Stecken, der hat etwas zu verbergen. Das aufzudecken und die Bürgerinnen und Bürger im Land über solche Dinge zu informieren gehört zu den Grundpflichten jeder Opposition und wir werden dieser Grundpflicht nach- kommen. Fritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Sie beraten heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Kernstück des Entwurfs ist die Neufassung des Artikel-10-Gesetzes. Anlass dieser Neufassung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999. Das Ge- richt hatte darin einige Bestimmungen des G-10-Gesetzes im Bereich der vom Bundesnachrichtendienst durchge- führten strategischen Fernmeldekontrollen beanstandet. Die Richter hatten dem Gesetzgeber zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes eine Frist bis zum 30. Juni 2001 gesetzt. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen Beanstan- dungen Rechnung. Mit der Neufassung des G 10-Geset- zes werden vor allem die Anforderungen an den Umgang der beteiligten Behörden mit personenbezogenen Daten verschärft. Für alle Übermittlungsvorgänge gilt nun eine Protokollierungspflicht. Zusätzlich haben erhebende und empfangende Stellen künftig unverzüglich und in Abstän- den von höchstens sechs Monaten zu prüfen, ob die Da- ten erforderlich sind; anderenfalls sind sie zu löschen. Das Bundesverfassungsgericht hatte nur den Bereich der strategischen Fernmeldekontrolle geprüft. Gleich- wohl sind in der Neufassung die Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten auch für den Be- reich der Individualanordnungen übernommen worden. Ich halte dies für eine richtungsweisende, datenschutz- freundliche Entscheidung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115796 (C) (D) (A) (B) Die bisherige Regelung, wonach der Bundesnachrich- tendienst innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten personenbezogene Daten ohne Mitteilung an den Betrof- fenen nutzen durfte, wurde gestrichen. Damit werden die Rechte der Betroffenen wesentlich gestärkt. Nach der Neufassung kann von einer Mitteilung nur abgesehen werden, wenn die Daten sogleich nach ihrer Erhebung un- verzüglich gelöscht wurden. Darüber hinaus werden die Vorschriften über die Kon- trolltätigkeit der G-10-Kommission erweitert, die alle Maßnahmen nach diesem Gesetz zu überwachen hat, von der Anordnung bis zur Erhebung, Verarbeitung und Nut- zung personenbezogener Daten durch Dienste des Bun- des. Damit wird eine umfängliche Kontrollbefugnis festgeschrieben, die eine restriktive Anwendung der Maß- nahmen nach dem G 10 gewährleistet; dadurch wird eben- falls der Schutz der Betroffenen gestärkt. Zugleich wird festgeschrieben, dass der Kommission die für die Erfül- lung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachaus- stattung zur Verfügung zu stellen ist. Das Gesetzesvorhaben soll aber zugleich zum Anlass genommen werden, zwischenzeitlich erkannte Lücken des bisherigen Gesetzes zu schließen. Eine wesentliche Änderung erfolgt im Hinblick auf die fortschreitende technologische Entwicklung im Bereich der leitungsgebundenen internationalen Telekommunika- tion. Nach dem Gesetzentwurf soll künftig die strategi- sche Fernmeldekontrolle bei durch Lichtwellenleiter ge- bündelt übertragener internationaler Telekommunikation zulässig sein. Weiterhin wird eine Regelung zu Aufklärungsmaßnah- men im Zusammenhang mit kriminellen, Leib oder Leben bedrohenden Geiselnahmen im Ausland eingefügt. Damit wird eine Lücke des bisherigen Gesetzes geschlossen. Bei der Beantragung einer Beschränkungsmaßnahme anläss- lich der Geiselnahme auf der Insel Jolo musste sehr rasch die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremi- ums eingeholt werden. Dieser Fall wird jetzt gesetzlich geregelt. Hierbei ist jedoch die Zustimmung des Gremi- ums wegen der Bedeutung des Grundrechtseingriffs von einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder ab- hängig; außerdem tritt die Entscheidung spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Ferner wird der Straftatenkatalog, der zwingende Vo- raussetzung im Bereich der. Individualkontrolle ist, ge- ringfügig erweitert. So wird der Tatbestand der Volksver- hetzung – § 130 StGB – aufgenommen; damit folgt die Bundesregierung auch einer Bitte der Innenministerkon- ferenz vom 11. Juni 1999. Weiterhin wird der Straftaten- katalog durch einige der in § 129 a StGB enthaltenen De- likte, beispielsweise Mord und Totschlag – §§ 211, 212 StGB –, erpresserischer Menschenraub – § 239 a StGB –, Geiselnahme – § 239 b StGB – oder das Herbeiführen ei- ner Sprengstoffexplosion – § 308 Abs. 1 und 3 StGB –, er- gänzt, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokra- tische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten. Dies ist erforderlich, um auch Straftaten gewaltbereiter, extremistischer Ein- zeltäter oder loser Gruppierungen erfassen zu können. Dies war nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, weil § 129 a StGB das Vorliegen einer fest gefügten ter- roristischen Vereinigung voraussetzt. In der Novelle wird weiterhin ausdrücklich klarge- stellt, dass die im Rahmen des G 10 gewonnenen Er- kenntnisse auch zur Vorbereitung und Durchführung von Verbotsverfahren bei verfassungswidrigen Parteien und extremistischen Vereinen genutzt werden können. Im letzteren Fall werden vor allem Erkenntnisse über Struk- turen zu verbietender Gruppierungen benötigt, die auf an- derem Wege häufig nicht oder erst im Zuge von vereins- rechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen bei Funktionären festgestellt werden können. Es entspricht ohnedies dem Gesetzeszweck, drohende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes abzuwehren. Im Verbotsverfahren gegen die NPD wird die Bundesregie- rung von dieser Regelung keinen Gebrauch machen. Die ohne Maßnahmen nach dem G-10-Gesetz gewonnenen Erkenntnisse über die NPD reichen aus, um den Verbots- antrag umfassend zu stützen. Schließlich enthält der Gesetzentwurf eine Änderung des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst. Damit wird erreicht, dass inländische Behörden den Bundes- nachrichtendienst auch von sich aus über einschlägige Gefahrenbereiche unterrichten können, ohne dass der Bundesnachrichtendienst hierum ersuchen muss. Insgesamt stellt der vorliegende Entwurf eine gelun- gene Weiterentwicklung des bisherigen G 10 dar, die den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts wie auch dem heutigen Datenschutzverständnis entspricht. In den vor uns liegenden Ausschussberatungen wird man sich mit den Vorstellungen des Bundesrates ausei- nandersetzen, der am 9. März 2001 eine Fülle von Ände- rungs- und Ergänzungsvorschlägen zu dem Regierungs- entwurf gemacht hat. Bei einer Reihe dieser Vorschläge handelt es sich um sinnvolle Ergänzungen, die die Bun- desregierung ohne weiteres übernehmen kann. In vielen anderen Fällen aber kann die Bundesregie- rung die Vorschläge der Länder nicht übernehmen. So kann zum Beispiel der Wunsch, alle in § 129 a StGB auf- geführten Straftaten in den Katalog der Überwachungs- tatbestände bei den Individualkontrollen aufzunehmen, nicht erfüllt werden. Eine derartige Erweiterung würde die Homogenität des Straftatenkataloges sprengen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Grundrecht- seingriffen missachten. Ebenso kann der Wunsch der Län- der, bei der Weitergabe gewonnener Erkenntnisse den weit gefassten Katalog des § 100 a StPO zugrunde zu le- gen, nicht akzeptiert werden. Das Bundesverfassungsge- richt hat eine strenge Neuordnung der bisher zulässigen Weiterleitungstatbestände gefordert. Die Aufnahme aller, schon im bisherigen G 10 nicht enthaltenen Tatbestände des § 100 a StPO, wäre nach Auffassung der Bundesre- gierung unverhältnismäßig. Ich bin sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, eine Neufassung des G 10 zu beschließen, die den Vor- stellungen aller Beteiligten Rechnung trägt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15797 (C) (D) (A) (B) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB III – Änderungsgesetz – ... SGB III- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 13) Renate Rennebach (SPD): Moderne Arbeitsmarkt- politik heißt, aktive Beschäftigungsförderung zu betrei- ben und zu finanzieren und nicht einfach nur Arbeitslo- sigkeit zu verwalten. Eine gute Konjunkturlage, wie sie zurzeit besteht – hier sind wir uns alle einig – reicht nicht aus, um das Hauptproblem Arbeitslosigkeit in unserer Ge- sellschaft zu bekämpfen. Vielmehr ist die konsequente Modernisierung der Arbeitsmarktförderung die Achilles- ferse einer nachhaltigen Bekämpfung der Erwerbslosig- keit und hat somit auch für die Bundesregierung oberste Priorität. Danach richtet sich auch die von der Regie- rungskoalition verfolgte Änderungspolitik des SGB III. Um eine Reform hin zu einer aktiven Beschäftigungs- politik vorzulegen, die ihren Namen auch verdient und dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit entspricht. Dafür brauchen wir eine gründliche und verantwortungs- volle Abwägung der Bedürfnisse aller Betroffenen. Das wird leider von vielen übersehen, denen die dringend an- stehende Reform des Arbeitsförderungsrechts nicht schnell genug geht. Eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ist aber vor allem auch mit einem radikalen Umdenken in der Arbeitsförderungspolitik verbunden: Die Philosophie der Beschäftigungspolitik muss geändert und an die Er- fordernisse einer modernen Industriegesellschaft ange- passt werden. Dazu gehört auch, über den Tellerrand un- serer Landesgrenzen – etwa zu unseren Nachbarstaaten Holland und Dänemark – zu schauen und von liebgewon- nenen Gewohnheiten Abschied zu nehmen, ein Gedanke mit dem sich vor allem die Opposition – Stichwort „Teil- zeitarbeit“ – noch nicht so recht vertraut machen kann. Unsere Nachbarn Holland und Dänemark führen uns schon seit einigen Jahren vor, dass so genannte problema- tische Zielgruppen wie Geringqualifizierte oder ältere Langzeitarbeitslose sehr wohl in den Arbeitsmarkt inte- griert werden können. Am Beispiel der von der Bundes- regierung übernommenen Jobrotation, die in Dänemark seit Jahren erfolgreich realisiert wird, zeigt sich, dass es sich lohnt, den Werkzeugkasten zu entrümpeln und den Mut zu haben, ausgetretene Pfade zu verlassen und zu neuen Mitteln zu greifen. So und nur so wird eine gerech- tere Verteilung vorhandener Arbeit in unserer Gesell- schaft erreicht. Die Bundesregierung ist hier mit der geplanten Reform im Sinne einer Überprüfung und Weiterentwicklung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums zur Bekämp- fung der Arbeitslosigkeit auf dem richtigen Weg. Schon mit dem SGB-III-Vorschaltgesetz ist die Ar- beitsmarktpolitik bereits zum 1. August 1999 praxisge- rechter gestaltet worden. Das zeigt sich in vielen Details wie etwa der eingangs erwähnten verbesserten Zielgrup- penförderung oder der Verwaltungsvereinfachung zuguns- ten der Vermeidung unnötiger Bürokratie für Arbeitsäm- ter und Betroffene zugleich. Die abschließende Reform der Arbeitsförderung wird zum 1. Januar 2002 nach gründlicher Vorbereitung und Einbeziehung aller gesell- schaftlich relevanten Gruppen erfolgen. Lassen Sie uns eine Reform auf den Weg bringen, die eher durch ihre innere Stringenz als durch das Tempo ih- res Zustandekommens besticht. Es gilt, endlich wieder Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die Träger und die Betroffenen der Arbeitsmarktpolitik zu schaffen und nicht nach der uns allen noch präsenten „Stop and Go-Me- thode“ der Kohl-Regierung zu verfahren, nach der bei- spielsweise Ausgaben für ABM kurz vor der Bundestags- wahl noch mal in die Höhe getrieben werden. Eine Reformierung der Arbeitsförderung zwingt uns zur Anhörung aller Betroffenen und gesellschaftlich rele- vanten Gruppen. Dazu zählen auch die Frauen und das Thema Vereinbarkeit von Kindererziehung, Beruf und so- zialer Absicherung – eine Herausforderung, die im Übri- gen nicht nur von der Arbeits- und Sozialpolitik, sondern auch von der Bildungs- und Steuerpolitik adäquate Ant- worten verlangt. Wir stellen uns dieser Herausforderung. Eine soziale Benachteiligung von Frauen – und Män- nern –, die vor ihrem Erziehungsgeldbezug und ihrer Er- ziehungszeit – Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen haben – da sind wir uns mit den Kolleginnen und Kollegen von der PDS einig –, ist nicht mehr hinnehmbar. Insofern geht Ihr Entwurf zumindest in die richtige Rich- tung. Aber Ihr hier vorliegender Beitrag zur Reform des SGB III – § 147 SGB III: Frist für das Erlöschen des An- spruchs auf Arbeitslosengeld und § 196 SGB III: Frist für das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe – hat einen ganz entscheidenden Haken: Ihre Änderungsvor- schläge berücksichtigen nicht die anderen gesellschaftlich relevanten Personengruppen. Was ist mit den Interessen von Personen, die ihre Angehörigen pflegen oder unseren Mitbürgern, die zeitweise erwerbsunfähig sind? Auch diese Personengruppen – das kann niemand bezweifeln – haben ein schützenswertes Interesse daran, ihren Leis- tungsanspruch nicht zu verlieren. Hier gilt ohne Wenn und Aber der Gleichheitsgrundsatz, wie ihn unser Grundgesetz gebietet. Sie sehen: Zu einer grundlegenden Reform unse- rer Beschäftigungspolitik reicht es nicht aus, an der einen oder anderen Schraube zu drehen. Vielmehr gilt es, das Problem in seiner Gesamtheit zu erkennen und nicht nur vorübergehende Kosmetik zur Verwaltung von Arbeitslo- sigkeit zu betreiben. Eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die nur darauf aus ist, schnellatmig Partikularinteressen zu bedienen, verliert schnell das Gemeinwohl aus dem Auge und im Übrigen auch seine Glaubwürdigkeit. Genau aus diesem Grund wird in der Koalitionsar- beitsgruppe SGB III zusammen mit dem BMA ausgiebig und unter Abwägung aller Interessen auch über die Pro- blematik des Arbeitslosenversicherungsschutzes nach der Kindererziehung diskutiert. Ein Eckpunktepapier der Bundesregierung, das auch diesen komplexen Bereich thematisiert, wird Anfang Mai diesen Jahres auf dem Tisch liegen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115798 (C) (D) (A) (B) Ich möchte daher noch mal eindringlichst an Sie ap- pellieren: Lassen Sie uns durch Abwägung der Interes- sen aller bedeutsamen Gruppen in unserer Gesellschaft – dazu zählt im Übrigen auch das von der PDS so viel geschmähte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wett- bewerbsfähigkeit – eine sozial gerechte Reform auf den Weg bringen, die ihren Namen auch verdient hat. Vor Schnellschüssen, die Anliegen wichtiger Betroffener un- ter den Tisch fallen lassen, sei an dieser Stelle ausdrück- lich gewarnt. Ansonsten droht die dringend anstehende Änderung des Arbeitsförderungsrechts zur einem Reför- mchen statt zu einer Reform zu werden. Aus diesem si- cher für alle verständlichen Grund lehnen wir den An- trag ab. Heinz Schemken (CDU/CSU): Der Entwurf des Ge- setzes zur Änderung des SGB III sieht vor, dass im Rah- men des § 147 SGB III sichergestellt werden soll, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld auch bei der Geburt von zwei und mehr Kindern und anschließendem Erziehungs- urlaub erhalten bleibt. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs erhalten blei- ben. Durch die gleichmäßige Berücksichtigung von Mutter- schutz und Kindererziehungszeiten sowie die einheitliche Verlängerung der Fristen, die zum Erlöschen von An- sprüchen auf Entgeltersatzleistungen – Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe – führen, werden bei der Bundes- anstalt für Arbeit Mehrkosten in nicht näher zu beziffern- dem Umfang entstehen. Gleichzeitig werden die Kom- munalhaushalte entlastet, da der Personenkreis, der nach dem SGB III anspruchsberechtigt ist, erweitert wird und ein Teil dieser Personen dadurch aus dem Leistungsbezug nach dem Bundessozialhilfegesetz fällt. Insgesamt geht es darum, die Fristen für das Erlöschen der Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe um die Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsgel- des zu verlängern. Für die Bundesanstalt für Arbeit entstehen nicht quan- tifizierbare Kosten. Allerdings würden die Kommunen entlastet, weil weniger Personen durch die Sozialhilfe ge- stützt werden müssen. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung wie auch der mitberatende Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben diesen Gesetzentwurf der PDS mehr- heitlich abgelehnt. Die Ausschussmehrheiten plädierten dafür, den Sachverhalt im Zuge der geplanten Reform des SGB III im Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Pro- blemen zu lösen. Wir mahnen hier nachdrücklich die Reform des Ar- beitsförderungsgesetzes an. Da sich im Arbeitsmarkt nichts Entscheidendes bewegt und die Arbeitslosigkeit weiter bei der Marke um 4 Millionen verharrt, muss die Koalition von SPD und Grünen hier endlich Farbe beken- nen. Wir brauchen hier Instrumente, die insbesondere bei der Langzeitarbeitslosigkeit wirksam ansetzen. Dabei geht es um die örtlichen Initiativen vom Arbeitsamt und Kommunen. Wir werden mit den Hemmnissen im Arbeitsmarkt, wie sie durch Rot-Grün mit der Rücknahme von Gesetzen, die gerade die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse för- derten, entstehen und mit den Belastungen, zum Beispiel durch den Rechtsanspruch auf Teilzeit gerade für mittel- ständische Betriebe, nicht weiterkommen. Wenn schon bei kräftigem Wachstum die Arbeitslosigkeit kaum abge- baut wird, wie soll das erst bei einer sich abschwächenden Konjunktur werden? Und wenn sich was bewegt, dann ist das nur von statistischer Größe. Deutschland kriegt den hohen Arbeitslosensockel einfach nicht weg. Gleichzeitig war der „Mismatch“ nie so groß wie heute: Dem Heer der Arbeitslosen steht eine wachsende Zahl von Betrieben gegenüber, die ihre offenen Stellen nicht besetzen können. Das Thema der Langzeitarbeitslosigkeit erhält in die- sem Zusammenhang seine dramatische Wirkung für den Betroffenen, vor allem für den mit Kindern. Über 1,4 Millionen Menschen sind immer noch länger als ein Jahr arbeitslos. 60 Prozent aller Langzeitarbeitslo- sen sind älter als 45 Jahre. 77 Prozent der Langzeitarbeits- losen in den jungen Bundesländern sind Frauen. Dabei han- delt es sich überwiegend sogar um qualifizierte Arbeitslose. Die Sozialpartner haben die Verlängerung des Bundes- programms zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen durch die ehemalige CDU-geführte Bundesregierung bis zum Jahre 2001 begrüßt. Mithilfe dieses Programms konnten von 1985 bis 1998 über 300 000 Menschen eine Beschäftigung finden. Seit April 1997 gibt es den Eingliederungsvertrag für Langzeitarbeitslose, denn Betriebe tun sich häufig schwer, Langzeitarbeitslose einzustellen. Sie fürchten, bei Krankheit oder bei Nichteignung diese nur schwer wieder entlassen zu können. Durch den neuartigen Eingliederungsvertrag, der der Zustimmung des Arbeitsamtes bedarf und bis zu sechs Monate zur Einarbeitung und Qualifizierung gelten kann, wird ein Sonderarbeitsverhältnis geschaffen, mit dem der Arbeitgeber von diesen Risiken entlastet wird. Das Ar- beitsamt erstattet die Aufwendungen für die Lohnfortzah- lung und kann zusätzlich Lohnkostenzuschüsse ge- währen. Die Arbeitgeber nutzen dieses Instrument allerdings nur im geringen Umfang. Trainingsmaßnahmen können notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verbesserung der Einstellungschan- cen vermitteln, aber auch zur Eignungsfeststellung und Prüfung der Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit ge- nutzt werden. Wir möchten deshalb mit Nachdruck darauf drängen, dass wir diese Ungereimtheiten recht bald aus- räumen. Daher sehen wir schon dieses Anliegen; aber es sollte in den Gesamtzusammenhang gestellt werden. Im Übrigen gibt es auch eine Initiative des Freistaates Sachsen in dieser Sache im Bundesrat. Diese zielt auf die Novellierung des AFG ab. Darauf drängen auch wir und deshalb können wir heute einer Zustimmung nicht folgen. Wir lehnen deshalb diese Gesetzesinitiative der PDS ab. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2001 15799 (C) (D) (A) (B) Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der An- trag der PDS greift ein wichtiges Problem auf: Nach be- stimmten Fristen, in denen die entsprechenden Leistun- gen nicht bezogen werden, erlöschen die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und auf Arbeitslosenhilfe. Wenn jemand also einen entsprechenden Anspruch hat, ihn aber vier Jahre lang nicht realisiert, erlischt dieser Anspruch. Das ist im Prinzip eine vernünftige Regelung und wenn je- mand drei Jahre Erziehungsurlaub hat, ist diese Regelung auch kein Problem. Schwierig wird es allerdings, wenn Eltern am Stück bei Gewährung von Arbeitslosengeld mehr als vier Jahre und bei Gewährung von der Arbeitslosenhilfe mehr als drei Jahre Erziehungsurlaub beziehungsweise Elternzeit in Anspruch nehmen und wenn sie im Anschluss an diese Er- ziehungszeit arbeitslos sind. Dann kann es – bei zwei und mehr Kindern – passieren, dass sie auf Sozialhilfe ange- wiesen sind, statt dass sie ihre vor der Geburt ihrer Kin- der erworbenen Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Ar- beitslosenhilfe realisieren. Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Kinder dürfen kein Sozialhilferisiko sein. Das wollen wir gewährleisten, indem wir den Familienleistungsaus- gleich weiter verbessern, das Kindergeld weiter erhöhen und die Kinderarmut gezielt bekämpfen. Das müssen wir aber auch gewährleisten, indem wir unsinnige Regelun- gen beseitigen, welche die gegenüber der Sozialhilfe vor- rangigen Ansprüche schwächen. Dies ist bei den hier mo- nierten Paragraphen eindeutig der Fall. Deshalb müssen diese Paragraphen entsprechend geändert werden. Wir haben in der Koalition eine gemeinsame Arbeits- gruppe zur SGB III-Reform eingerichtet, die sich mit die- sem und mit vielen anderen Problemen auseinander setzt – mit nach vorne weisenden, innovativen Ansätzen. Dabei haben wir festgestellt: Der in dem PDS-Antrag angespro- chene Sachverhalt ist nicht nur richtig erkannt, auch der vorgeschlagene Lösungsweg weist in die richtige Rich- tung. Wir müssen aber auch sehen: Weil wir eine Reihe von ähnlich gelagerten und widersprüchlichen Fällen ha- ben, weil wir zusätzlich grundsätzliche Veränderungen beim SGB III in Angriff nehmen, macht es mehr Sinn, eine Reform aus einem Guss zu machen, zumal die Ko- alition ihre Reformvorschläge zeitnah vorlegen wird. Wir lehnen den PDS-Antrag deshalb also nicht aus in- haltlichen Gründen ab, sondern weil wir eine Reform aus einem Guss und weil wir ein in sich stimmiges Projekt wollen, das keine neuen Widersprüche produziert und alle problematischen Fälle regelt. Dass dies Sinn macht, macht allein schon der Umstand klar, dass die PDS gleich zwei Lösungsvorschläge unterbreitet. Welcher der beste ist, wird sich im Zusammenhang mit anderen Fragen im Rahmen der SGB III-Reform erweisen. Deshalb sagen wir: Eine baldige SGB-Reform statt ein Stückwerk – das ist das, was den Menschen am meisten dient. Dirk Niebel (F.D.P.): Der hier vorliegende Antrag, Mutterschutz- und Elternzeit in die Anspruchszeiten für die Arbeitslosenversicherung aufzunehmen, hat sicher- lich seine Berechtigung. Es kann nicht sein, dass Frauen und Männer aufgrund von Eltern- und Erziehungszeiten ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosen- hilfe verlieren. Die PDS hat als Lösung vorgeschlagen, die Elternzeit in die Versicherungspflicht aufzunehmen. Dies wäre jetzt aber wieder nur die Gegenmaßnahme für einen Einzelfall und passt in das Flickwerk von Rot-Grün. Die zusätzlichen Beiträge würden darüber hinaus die Steuerzahler und die Bundesanstalt für Arbeit mit Kosten in ungeklärter Höhe belasten. Die F.D.P.-Fraktion kämpft seit Monaten für eine Senkung der Beiträge zur Arbeits- losenversicherung. Wir stimmen zusätzlichen Belastun- gen für die Beitragszahler und Mehrausgaben der Bun- desanstalt für Arbeit nicht zu. Das Argument, dass bei In-Kraft-Treten des Antrags die Kommunen bei der Sozialhilfe entlastet werden, zeigt wieder einmal den Verschiebebahnhof bei den beiden steuerfinanzierten Leistungen Arbeitslosenhilfe und So- zialhilfe auf. Die F.D.P. wird deshalb dem Deutschen Bundestag einen Antrag auf Zusammenfassung der steuerfinanzier- ten Leistung Arbeitslosenhilfe mit der ebenfalls steuerfi- nanzierten Sozialhilfe vorlegen. Dadurch wird nicht nur dieser Verschiebebahnhof beendet. Durch die Verschlan- kung von Behörden und den Abbau von bürokratischem Aufwand werden erhebliche Einsparungen ermöglicht. Bisher kostet der Verwaltungsapparat 15 Milliarden DM jährlich, davon rund 7 Milliarden DM allein die Verwal- tung der beiden Leistungen Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Kinder dürfen nicht zum Armutsrisiko werden. Die F.D.P. ist unter anderem deshalb die Partei der sozialen Verantwortung, weil wir Elternschaft und berufliche Tätigkeit in Einklang bringen wollen: Wir setzen daher große Hoffnung in die Reform des SGB III, die ja von der rot-grünen Regierung seit Beginn der Legislaturperiode angekündigt wird. Im Rahmen des Gesamtkonzeptes, das wir konstruktiv begleiten werden, muss auch das hier vor- liegende Thema zufriedenstellend gelöst werden. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion lehnt deshalb diesen Antrag als Einzelfalllösung ab. Wir fordern, dass die Bun- desregierung endlich ihre Versprechungen wahr macht und den Entwurf zur Reform des Arbeitsförderungsrechts vorlegt. Und bitte legen Sie uns nicht wieder Flickwerk vor, sondern endlich einmal handwerklich solide Arbeit. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 200115800 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christine Ostrowski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! Eines eint die Juristen aller Fraktio-
    nen auf jeden Fall: Sie sind allesamt begeisterte Redner.


    (Iris Gleicke [SPD]: Begeisternde!)

    Ich habe jetzt richtig Sorge, ob es mir gelingen wird, Ihre
    Aufmerksamkeit zu gewinnen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Liebe Frau Fuchs, in meinem Wahlkreisbüro geht es
    zu wie in einer Außenstelle des Mieterbundes. Dorthin
    kommen Alte, Junge, Gutverdienende, Schlechtver-
    dienende, Arbeitslose und solche, die Arbeit haben, mit
    ihrer Betriebskostenabrechnung oder ihrer Mieterhöhung
    und suchen Hilfe, weil sie nicht Mitglied des Mieterver-
    eins sind und ihnen daher dort nicht geholfen wird.


    (Iris Gleicke [SPD]: Sie werden doch wohl hoffentlich keine Rechtsberatung machen!)


    Ein Fall betrifft eine junge schwangere Frau, die ihre
    Wohnung kündigt, in der sie nur ein Dreivierteljahr ge-
    wohnt hat. Der Vermieter verlangt die Renovierung die-
    serWohnung. Das steht ihm nicht zu. Sie weigert sich. Es
    kommt zu einem monatelangen Streit. Der Vermieter behält
    zunächst die Kaution und zahlt sie erst nach monatelangem
    Streit scheibchenweise bis zur Hälfte aus. Auf die andere
    Hälfte wartet die junge Frau heute noch. Sie hat kein Geld,
    um sich einen Anwalt zu leisten und dies einzuklagen. Sie
    hat auch keine Nerven.


    (Alfred Hartenbach [SPD]: Prozesskostenhilfe! – Margot von Renesse [SPD]: Schlechte Rechtsberatung! Iris Gleicke [SPD]: Vielleicht sollte sie zum Mieterbund gehen!)


    Bei einer Postangestellten stellt sich erst bei der Ab-
    rechnung der Betriebskosten heraus, dass die Vorauszah-
    lungen deutlich zu niedrig angesetzt wurden. 800 DM
    muss sie auf einen Schlag nachzahlen, was sie nicht kann.
    Sie bittet den Vermieter um Ratenzahlung und fordert eine
    sofortige Erhöhung der Vorauszahlungen. Der Vermieter




    Rainer Funke

    15665


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    lehnt ab, verlangt von ihr eine Lohnabtretungserklärung,
    ansonsten will er kündigen. Dazu hat er kein Recht, aber
    er hat eine sichere Position.


    (Iris Gleicke [SPD]: Das ist doch keine sichere Position! Wo sind wir denn?)


    Ein anderer Fall spielt auf Sylt, also ganz weit weg: Der
    Bund ist der Vermieter der Wohnung. Er erhöht die Miete
    für diese Wohnung unter Bezug auf drei Vergleichswoh-
    nungen. Die Mieten für die der Mieterhöhung zugrunde
    liegenden Vergleichswohnungen betragen bei Müllers
    10,96 DM, bei Meiers 12,16 DM, bei Schulzes 13,41 DM
    pro Quadratmeter. Dabei handelt es sich um neu vermie-
    tete Wohnungen mit hohen Mieten. Sie liegen noch nicht
    einmal in derselben Gemeinde, obwohl das laut Bundes-
    verfassungsgerichtsurteil sein muss.


    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Das ist rechtswidrig!)


    Der Widerstand der Mieter – übrigens Angehörige der
    Bundeswehr ohne üppiges Einkommen – hat keinen Er-
    folg. Der Bund bleibt stur.

    Ich habe diese Fälle genannt, weil ich der Meinung bin,
    dass selbst beim mieterfreundlichsten Mietrecht – bei-
    spielsweise wenn unsere Anträge durchkämen –Mieter in
    einer schwächeren Position als Vermieter wären. Dies ist
    Ergebnis einer objektiven Betrachtung. Sie sind Einzel-
    kämpfer, Herr Funke, sie haben keine Rechtsabteilung an
    der Hand und müssen sich in der zuständigen Verwaltung
    notfalls bis zum Geschäftsführer durcharbeiten. Vielfach
    fehlt ihnen das Geld und sie haben keine Nerven für einen
    Rechtsstreit. Manchmal geben sie auch einfach klein bei,
    weil sie Angst haben.

    Da glauben Sie und manch andere, man brauche das
    Mietrecht nur zu liberalisieren und der Markt werde es
    schon richten. Herr Pofalla plustert sich hier auf und sagt,


    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Na, na!)


    das Mietrecht werde – was ganz grässlich sei – zuun-
    gunsten der Vermieter neu geregelt.


    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Wird es auch!)


    Ich sage Ihnen: Diese Mietrechtsreform stellt das
    Gleichgewicht annähernd wieder her.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Aber ich muss Ihnen auch sagen: nicht so richtig, sondern
    nur annähernd und lange nicht ausreichend.


    (Iris Gleicke [SPD]: Das sehen wir anders!)

    Dass für Mieter künftig nur noch eine dreimonatige

    Kündigungsfrist gilt, freut uns natürlich sehr, denn der
    Mieter muss flexibel, muss mobil sein. Das ist für uns
    überhaupt keine Frage. Dass künftig die Miete innerhalb
    von drei Jahren nicht mehr um 30 Prozent, sondern nur
    noch um 20 Prozent steigen darf, ist ebenfalls gut.


    (Alfred Hartenbach [SPD]: Warum stimmt ihr dann nicht zu? – Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Wo bleibt denn die Einschränkung?)


    Trotzdem darf man fragen, wo es sonst noch eine gesetz-
    lich sanktionierte Preiserhöhungsmöglichkeit in dieser
    Höhe für ein Produkt gibt, an dem kein Pinselstrich ge-
    macht werden muss. Jedes andere Produkt muss verbes-
    sert werden, wenn ein höherer Preis erzielt werden soll.
    Ausgerechnet bei Wohnungen soll das nicht gelten. Wir
    sagen deshalb: Mieten dürfen generell nur dann erhöht
    werden, wenn sich der Wohnwert der Wohnung verbes-
    sert hat, sonst nicht.


    (Beifall bei der PDS – Franziska EichstädtBohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Liebe Frau Kollegin, wollen Sie zurück zur sozialistischen Wohnungswirtschaft?)


    Will der Vermieter künftig die Miete erhöhen, kann er
    nach wie vor frei entscheiden, ob er den Mietspiegel, Ver-
    gleichswohnungen oder ein Gutachten zur Begründung
    heranzieht. Die neuen qualifizierten Mietspiegel sind
    letzten Endes für die Katz. Faule Tricks, wie sie der Bund
    auf Sylt – er sollte als Vermieter Vorbildfunktion haben –
    als Vermieter angewandt hat, sind auch weiterhin mög-
    lich. Solche Tricks würden nur unterbunden werden,
    wenn Mietspiegel wenigstens in Orten ab 50 000 Ein-
    wohnern verbindlich wären und wenn alle Mieten erfasst
    würden, also nicht nur die Neuvermietungen und die Ver-
    änderungen der letzten Jahre. Genau das schlagen wir vor.


    (Beifall bei der PDS – Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Sie haben ja Erfahrung mit dieser Politik!)


    Wie der Begriff schon sagt: Ein Mietspiegel müsste ei-
    gentlich alle Mieten widerspiegeln. Das tut er natürlich
    nicht. Ehrlicherweise müssten Sie ihn umbenennen in bei-
    spielsweise Neuvermietungs-Mietspiegel. Das wäre der
    korrekte Begriff.

    Ich komme zu dem leidigen Thema Betriebskosten:
    Kosten für Wasser, Hausmeister, Grundsteuer, Versiche-
    rung und Heizung. Wir erinnern uns an die Postange-
    stellte. Ihr Vermieter wollte die Vorauszahlungen nicht er-
    höhen. Sie kann dies aber künftig von sich aus tun. Das ist
    in Ordnung; sie muss sich in diesem Punkt nicht mehr mit
    ihrem Vermieter streiten.

    Ein anderes Beispiel. Der Vermieter hat die Wasserkos-
    ten bisher nach Quadratmetern abgerechnet. Bei gleicher
    Wohnungsgröße hat die allein stehende Oma letzten En-
    des mehr zu zahlen als die Familie nebenan. Sind Was-
    seruhren vorhanden, muss jetzt nach Verbrauch abgerech-
    net werden. Das ist zweifellos gerechter, wenn auch nicht
    gerecht.

    Es gibt keine einzige Kostenart, deren Höhe aus-
    schließlich vom Mieter beeinflusst wird. Wasserpreis,
    Grundsteuer und Straßenreinigungsgebühr bestimmt im-
    mer noch die Kommune allein. Kosten für Gartenpflege,
    Aufzug und Versicherung werden immer noch vom Ver-
    mieter bestimmt. Selbst dort, wo der Mieter Mitverant-
    wortung trägt – beispielsweise beim Müll und bei der




    Christine Ostrowski
    15666


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Heizung –, ist sein Einfluss letzten Endes kleiner als der
    der Gemeinde oder des Vermieters.

    Der Appell an den Vermieter, die Wirtschaftlichkeit
    zu beachten, reicht natürlich nicht aus; denn es ist eben
    nur ein Appell. Wir beantragen deshalb, nur die ver-
    brauchsabhängigen Kosten auf den Mieter umzulegen.
    Damit würde der Vermieter in seinem eigenen Interesse
    auf die Wirtschaftlichkeit achten. Im Moment jucken ihn
    die Kosten nur wenig.


    (Beifall bei der PDS)

    Wird die Wohnung modernisiert, können auch weiter-

    hin 11 Prozent der Kosten auf die Miete umgelegt werden.
    Neulich kam ein Student zu mir, bei dem die Mieterhöhung
    nach Modernisierung 5,78 DM pro Quadratmeter betrug.
    Alle Formalien waren in Ordnung; die Miete lag immer
    noch in der Spanne, wenn auch am oberen Ende, der
    ortsüblichen Vergleichsmiete. Man konnte diese Erhöhung
    also nicht anfechten. Der Student musste ausziehen, weil
    er die Miete einfach nicht mehr bezahlen konnte.

    Zur Abschaffung dieser Umlage haben Sie sich nicht
    durchgerungen,


    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Zum Glück!)


    ja nicht einmal zur Senkung der Modernisierungsumlage.
    Hinzu kommt, dass alle Investitionen zur Energieein-
    sparung künftig auch noch auf den Mieter umgelegt wer-
    den können. Mir wird schon ein bisschen schwummerig,
    wenn ich an die Energiesparverordnung denke: 2 Milli-
    onen alte Heizkessel müssen ausgetauscht werden. Das
    kostet und belastet die Mieter zusätzlich. Es darf bezwei-
    felt werden, ob die Einsparung die zusätzliche Belastung
    so ausgleicht, dass der Mieter einen Vorteil von dieser
    Modernisierung hat.


    (Beifall bei der PDS)

    Zurück zu der schwangeren Frau, von der der Vermie-

    ter die Renovierung der Wohnung verlangt hat. Das gehört
    zu dem Bereich der Schönheitsreparaturen, einem der
    größten Streitpunkte im Mietrecht überhaupt. Es kann ja
    wohl nicht wahr sein, dass man es versäumt hat, Regelun-
    gen zu schaffen, mit denen dieser große Streitpunkt aus
    dem Weg geräumt wird. Sie haben uns relativ hilflos er-
    klärt, eine Regelung sei zu schwierig und das Parlament
    solle Vorschläge machen. Bitte sehr, Sie können den Ball
    auffangen, den wir Ihnen jetzt zuwerfen. Wir schlagen vor:
    Ein Anspruch des Vermieters auf Schönheitsreparatur bei
    Ende des Mietverhältnisses besteht nur dann, wenn die
    Wohnung ehemals renoviert übergeben wurde.


    (Beifall bei der PDS)

    Kosten für Kleinreparaturen kann der Mieter überneh-
    men, allerdings nur bis zu einer festen Grenze, die sich an
    der Jahresmiete orientiert.

    Insgesamt gibt es für Mieter keine Verschlechterungen;
    es gibt etliche Verbesserungen. Trotzdem kann ich mir
    nicht helfen: Ihre Reform kümmert vor sich hin, so wie
    alle Ihre Reformen vor sich hinkümmern.


    (Beifall bei der PDS – Widerspruch bei der SPD)


    Sie verschenken Möglichkeiten, indem Sie nicht all das
    reformieren, was notwendig wäre. Deshalb werden wir
    uns bei der Abstimmung enthalten.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein entschlossenes Jein!)


    Ein Wort zu den Vermietern, die so sauer sind und die
    Herr Pofalla – aus Ihrer Sicht zu Recht – in Schutz ge-
    nommen hat. Die Frage ist: Warum sind die Vermieter so
    sauer? Das Mietrecht ist so etwas wie die Petersilie auf ei-
    nem Gericht.


    (Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist ein schöner Vergleich!)


    Ist das Essen verhunzt, nützt Ihnen auch die grünste Pe-
    tersilie nichts. Besonders für den Westen gilt: Eine aus-
    reichende Zahl von Wohnungen regelt die Miethöhe bes-
    ser als ein Gesetz und ist der beste Mieterschutz und
    Kündigungsschutz.

    Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktio-
    nen, da hilft nun alles nichts: Sie haben seit der Regie-
    rungsübernahme die Bedingungen für den Mietwoh-
    nungsbau schlicht und ergreifend stetig verschlechtert.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Sie haben sich aus der Finanzierung zurückgezogen, sie
    haben sich von der direkten sowie der steuerlichen För-
    derung nahezu verabschiedet. Die Zahl neu gebauter
    Wohnungen liegt mittlerweile unter der Ersatzrate.


    (Iris Gleicke [SPD]: So ein Unsinn!)

    Das, genau das ist es in erster Linie, Herr Pofalla, was den
    Investoren zu schaffen macht, und zwar den kommunalen,
    genossenschaftlichen und privaten, und nicht zuallererst
    das Mietrecht. Sie sind selber schuld, dass monatelang
    verbissen gestritten wurde, dass mal die Mieter- und mal
    die Vermieterseite an Ihnen herumzerrte


    (Iris Gleicke [SPD]: Das ist so, wenn man in Verantwortung ist! Wir haben das ganz gern!)


    und dass weder Mieter noch Vermieter mit dieser heute
    vorgelegten Reform glücklich sind.


    (Iris Gleicke [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)

    Was das verhunzte Essen anbelangt, kann ich Ihnen nur

    raten: Kochen Sie schnell ein neues, denn allein mit einem
    neuen Mietrecht schmeckt es nicht besser.


    (Beifall bei der PDS – Ronald Pofalla [CDU/ CSU]: Das war eine Petersilienrede!)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
Kollegin Margot von Renesse, SPD-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot von Renesse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! Es spricht zwar noch eine Juristin,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Aber eine gute!)


    aber ich hoffe, es wird mir glücken, mit meiner Rede die-
    ser interessanten Debatte einigermaßen gerecht zu wer-
    den.




    Christine Ostrowski

    15667


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ich habe allerdings in der Tat einiges zu juristischen
    Fragen zu sagen. Ich möchte mit einem Punkt anfangen,
    den wir alle gut finden, zumindest in den Berichterstatter-
    gesprächen wurde das von allen Fraktionen deutlich zum
    Ausdruck gebracht – auch Herr Kollege Wilhelm hat
    schon darauf hingewiesen –: die neu aufgenommene Bar-
    rierefreiheit im Mietrecht. Auch wenn ich mich darüber
    freue, dass jetzt alle nicken, möchte ich darauf hinweisen,
    dass es gar nicht so einfach war, diese umzusetzen,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    weil nämlich eine Formulierung gefunden werden
    musste, die die Vermieter- und Mieterseite nicht schlech-
    ter stellte, als es in der Entscheidung des Bundes-
    verfassungsgerichts festgeschrieben worden war. Ich
    finde, die Formulierung ist einigermaßen geglückt. Die
    Praxis wird zeigen, ob sie sich bewährt.

    Eigentlich hätten Sie, Herr Funke, diese Vorschrift
    auch zum sozialistischen Sumpf rechnen müssen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Rainer Funke [F.D.P.]: Tue ich nicht!)


    Sie ermächtigt nämlich aufgrund der Sozialpflichtigkeit
    des Eigentums zum Eingriff in die Substanz des Eigen-
    tums;


    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Wir sind eine Rechtsstaatpartei!)


    dieses geschieht, wie uns vom Verfassungsgericht be-
    stätigt wurde, zu Recht. Das heißt also, nicht alles, was so-
    zial ist, stammt aus dem sozialistischen Sumpf.


    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Rainer Funke [F.D.P.]: Habe ich nie behauptet!)


    Bei der Herstellung einer sozialen Ausgewogenheit in
    diesem Gesetz spielte weder eine Rolle, dass man den
    Vermieter für einen schlechten Kerl und für böse hält
    – das tun wir alle nicht –, noch, dass man den anderen für
    einen armen Schlucker hält, der verzweifelt darum barmt,
    dass ihm ein bezahlbares Dach über dem Kopf zuteil wird.
    Das trifft nicht zu, das stimmt nicht in allen Fällen. Das
    stimmt sogar in vielen Fällen nicht. Darüber sind wir uns
    durchaus im Klaren. Sozial bedeutet gemeinschafts-
    dienlich.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Unstreitig!)

    Sozial bedeutet, die Gesichtspunkte, die typischerweise
    für den einen oder den anderen von Bedeutung sind, zu
    berücksichtigen. So haben wir es bei den Behinderten
    mit Ihrer aller Einverständnis gemacht.

    Wie stellt sich denn die Situation beim Mieter und
    beim Vermieter dar? Es ist nicht grundsätzlich wahr, dass
    der eine arm und der andere reich ist. Ich kenne Fälle, in
    denen alt gewordene Frauen sich im ehemaligen Famili-
    enheim eine kleine Wohnung ausgebaut haben und den
    Rest des Hauses, weil sie ihre Rente aufbessern müssen,
    an ein kinderloses erwerbstätiges Paar vermieteten.


    (Ronald Pofalla [CDU/CSU] : Da kommt die Rentenreform richtig!)


    Die Fragestellung „reich oder arm“ spielt weiß Gott keine
    Rolle bei den von uns eingebrachten sozialen Gesichts-
    punkten. Eines ist aber klar: Der Mieter ist durch die von
    Ihnen vorgenommenen Änderungen im Arbeitsförde-
    rungsrecht auf viel mehr Flexibilität als der Vermieter an-
    gewiesen.


    (Beifall bei der SPD)

    Er hat in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt, den er
    jetzt, wenn gefordert, verlegen muss. Ich erinnere nur an
    unsere kurze Diskussion über die Vorstellungen der Op-
    position zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, die sie
    uns vor kurzem im Rechtsausschuss nahe bringen wollte.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Aus gutem Grund!)

    – Ja, aus gutem Grund, aber der Flexibilität im Arbeits-
    verhältnis muss die Flexibilität im Mietrecht durchaus
    entsprechen. Das eine kann nicht ohne das andere gehen,
    selbst die erreichte Flexibilität ist mit der nach wie vor be-
    stehenden Immobilität des Mieters nicht vereinbar.

    Das wird verfassungsrechtlich sicherlich geprüft wer-
    den. Ich sehe aber einer Entscheidung des Verfassungs-
    gerichtes außerordentlich gelassen entgegen, da ich
    glaube, dass es die Typisierung, dass erstens kürzere
    Kündigungsfristen für den Mieter notwendig sind und er
    zweitens besseren Schutz vor einer vorzeitigen Kündi-
    gung braucht, Herr Pofalla, bestätigen wird. Ihn kosten
    jede Kündigung, jeder Umzug nämlich sowohl Zeit, Ner-
    ven als auch Geld.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Denn er hat die Umzugskosten. Er muss möglicherweise
    Geld für den Kauf neuer Möbel und neuer Gardinen ein-
    setzen. Kein Mieter zieht gerne um; er tut es nur, wenn er
    es muss. Es kommt jedenfalls außerordentlich selten vor,
    dass er es gerne tut.

    Ich hätte mir in der Tat gewünscht, dass wir intensiver
    hätten über die Reform beraten können. Das Problem war
    nur, dass Sie von Anfang an klargemacht haben, dass Ih-
    nen an der Grundstruktur dieses Mietrechts nur Negatives
    auffiel.


    (Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)


    Sie wollten dieses Mietrecht von der ersten Lesung an
    nicht. Sie wollten sich gar nicht auf das einlassen, was
    nach unserer Auffassung mit Ihnen hätte diskutiert wer-
    den müssen, wie weit nämlich die Gemeinschaftsdien-
    lichkeit typisierend geht. Wohlgemerkt: nicht der Miethai
    gegen den armen Schlucker. Aber die klassischen Span-
    nungsverhältnisse zwischen Mieter und Vermieter sind
    eben andere als die in anderen Dauerschuldverhältnissen;
    denn hier geht es um Grundrechte und Existenzen.

    Ich denke, wir werden dem Verfassungsgerichtsurteil
    mit großer Ruhe entgegensehen können; denn nach der
    Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Barrierefrei-
    heit bzw. zum Mieterschutz bei Eintritt von Behinderun-
    gen habe ich keine Bedenken, dass die Frage der Ge-
    meinschaftsdienlichkeit beim Verfassungsgericht in den
    allerbesten Händen ist.




    Margot von Renesse
    15668


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wir hätten wirklich besser und länger beraten können.
    Aber, Herr Funke, Sie waren es, der in den Berichter-
    stattergesprächen gleich mit bohrenden Fragen festge-
    stellt hat, wo die Koalition lange verhandelt hat und wo
    sie sich entschieden hat. Wenn ich mich richtig erinnere,
    haben Sie fast wörtlich gesagt: Das kennen wir doch aus
    unserer Zeit, dass dann mehr oder minder alles fest-
    gefahren ist.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Nein! – Norbert Geis [CDU/CSU]: Es war überhaupt nie etwas festgefahren!)


    – Das waren Ihre Erfahrungen, die Sie damals zitierten.
    Damit fingen die Berichterstattergespräche gleich an.


    (Iris Gleicke [SPD]: Hört! Hört!)

    Wir hätten sicherlich das eine oder andere Interessante

    von Ihnen hören können. Gerade bei der Frage der Sprei-
    zung der Kündigungsfristen hätten Sie vielleicht einen
    Einwand bringen können,


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Haben wir ja gemacht!)


    den ich jetzt an Ihrer Stelle bringe. Dabei geht es nicht um
    die Grundsatzfrage; da gelten die Argumente von gerade.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Das ist Ihre Beweglichkeit!)


    Aber hätten Sie nicht vielleicht sagen können, dass das
    zum Beispiel für die Zweitwohnung oder für die Dritt-
    wohnung so nicht gelten müsste? Das wäre doch ein
    F.D.P.-Argument gewesen; aber das ist nicht gekommen.
    Ich bringe es, nachdem ich mir überlegt habe, was Sie
    heute vielleicht einwenden könnten.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Wir müssen die Arbeit der Opposition auch noch machen!)


    Darüber hätte man nachdenken können. Sicherlich
    wird das eine oder andere von der Rechtsprechung noch
    geglättet werden müssen. Ich glaube, dass die Rechtspre-
    chung damit klarkommt.

    Was die Schönheitsreparaturen angeht, Frau Kolle-
    gin Ostrowski: Kein Mensch – mein Kollege Manzewski
    hat darauf hingewiesen –, kein Praktiker und kein Jurist
    – wenn man die nicht unter die Praktiker rechnen muss –
    noch irgendjemand anders, ein Verband oder ein Kollege,
    hat eine handhabbare Vorstellung dazu gebracht, die nicht
    neue Probleme und vor allem neue rechtliche Auseinan-
    dersetzungen gebracht hätte. Ein soziales Mietrecht muss,
    jedenfalls in Grenzen, ein klares sein; sonst ist es nicht so-
    zial. Es gibt Leute, die Wohnungen vermieten könnten,
    dies aber nicht tun, weil sie Sorge haben, immer mit ei-
    nem Bein beim Anwalt zu stehen – vielleicht besser dort
    als bei manchen Bundestagsabgeordneten, die über Pro-
    zesskostenhilfe nicht Bescheid wissen.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Aber ich denke, auf diese Weise haben wir etwas mehr
    Klarheit gebracht. Mich erinnert die Debatte über die
    Schönheitsreparaturen an die Debatte über das Wohl des

    Kindes. Auch dabei ist ständig darüber diskutiert worden,
    wie man das fassen kann. Im Ergebnis schwankt man zwi-
    schen einer Generalklausel, die neue gerichtliche Pro-
    bleme aufwirft, und einer Kasuistik, die angesichts des
    Wandels der Wohngewohnheiten kaum die Zeit von ei-
    nem Jahr überleben kann. Deswegen haben wir davon ab-
    gesehen und es bei der Grundregel gelassen, dass für
    Schönheitsreparaturen im Prinzip der Vermieter zuständig
    ist, es sei denn, er vereinbart etwas anderes.

    Es gibt kein Recht, das dieses Parlament verabschieden
    wird, das in der Rechtsprechung nicht noch geschliffen und
    der Praxis angepasst werden müsste. Das ist sogar dem
    BGB widerfahren, das einen Vorlauf von 20 Jahren hatte
    und ein glänzendes Gesetz ist, aber dadurch gekennzeichnet
    war, dass sofort, als es erschien, die positive Forderungs-
    verletzung als eine der großen Lücken bekannt wurde.

    Ich denke, dass wir die Möglichkeit genutzt haben, ein
    besseres Mietrecht zu schaffen. Ob es ein gutes ist – wir
    hoffen es; die Praxis wird es zeigen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)