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    Bestimmung der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer als ordentliches Mitglied im Ver- mittlungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14977 A Begrüßung der Präsidentin der Hamburgi- schen Bürgerschaft, Frau Dr. Dorothee Stapelfeldt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14989 A Tagesordnungspunkt 14: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförde- rung – Ausbildungsförderungsreform- gesetz (AföRG) (Drucksachen 14/4731, 14/5276, 14/5277) 14977 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Jürgen W. Möllemann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Bundesausbildungs- förderungsgesetzes (BAföG) (Drucksachen 14/2253, 14/5276, 14/5278) 14977 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMB 14977 D Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU 14980 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14982 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14985 B Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14987 B Brigitte Wimmer (Karlsruhe) SPD . . . . . . . . 14989 B Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 14990 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14991 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . 14994 D Tagesordnungspunkt 15: a) Große Anfrage der Abgeordneten Kurt- Dieter Grill, Dr. Klaus W. Lippold (Of- fenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Zukunft der friedlichen Nutzung der Kernener- gie – Zukunft der Entsorgung (Drucksachen 14/1365, 14/5162) . . . . 14996 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion CDU/CSU: Die Folgen des Ausstiegs aus der Kern- energie für den Standort Deutschland (Drucksachen 14/3667, 14/4569) . . . . 14996 D Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14997 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14999 A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15002 A Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15004 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 15007 A Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15008 C Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15009 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15011 A Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15012 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15013 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15016 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 15018 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15019 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 15019 C Plenarprotokoll 14/153 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 153. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Organisationsreform in der land- wirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVOrgG) (Drucksache 14/5314) . . . . . . . . . . . . . 15021 B b) Antrag der Fraktion CDU/CSU: Land- wirtschaftliche Sozialversicherung zu- kunftsorientiert gestalten (Drucksache 14/3774) . . . . . . . . . . . . . 15021 C Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15021 C Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15022 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15024 A Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15025 A Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15026 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 15026 D Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Monika Balt, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Grundgesetzes (Art. 26 Abs. 1, Antifaschistische Klausel) (Drucksache 14/5127) . . . . . . . . . . . . . . . 15028 A Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15028 B Erika Simm SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15029 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15030 A Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 15030 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15032 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 15032 C Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15033 C Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15034 B Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschaftspolitischer Zuständigkeiten (Drucksachen 14/2707, 14/3988) . . . . . . . 15035 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung derBundes- regierung zu aktuellen Berichten über die Gründe zum Eintritt in den Kosovo- Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15035 C Dr. Barbara Höll PDS (zur GO) . . . . . . . . . . 15035 C Jürgen Koppelin F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . 15035 D Susanne Kastner SPD (zur GO) . . . . . . . . . . 15036 A Manfred Grund CDU/CSU (zur GO) . . . . . . 15036 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15036 C Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15037 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 15038 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15039 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . 15041 A Dr. Eberhard Brecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15042 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15043 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15044 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 15045 D Dieter Schloten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15047 A Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 15048 A Gerhard Neumann (Gotha) SPD . . . . . . . . . . 15049 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15050 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15051 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts: Für eine sachgerechte Aufteilung wirt- schaftspolitischer Zuständigkeiten (Tagesord- nungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15052 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15052 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15053 C Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15054 D Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15055 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15056 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15056 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 Vizepräsidentin Petra Bläss 15050 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15051 (C) (D) (A) (B) Andres, Gerd SPD 16.02.2001 Austermann, Dietrich CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 16.02.2001 Behrendt, Wolfgang SPD 16.02.2001* Dr. Blens, Heribert CDU/CSU 16.02.2001 Brüderle, Rainer F.D.P. 16.02.2001 Dr. Bürsch, Michael SPD 16.02.2001 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 16.02.2001 Herta Friedhoff, Paul K. F.D.P. 16.02.2001 Dr. Fuchs, Ruth PDS 16.02.2001 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 16.02.2001 Glos, Michael CDU/CSU 16.02.2001 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Götz, Peter CDU/CSU 16.02.2001 Heinrich, Ulrich F.D.P. 16.02.2001 Hemker, Reinhold SPD 16.02.2001 Hempel, Frank SPD 16.02.2001 Henke, Hans Jochen CDU/CSU 16.02.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Hilsberg, Stephan SPD 16.02.2001 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Hollerith, Josef CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 16.02.2001 Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 16.02.2001* Klappert, Marianne SPD 16.02.2001 Dr. Knake-Werner, PDS 16.02.2001 Heidi Kossendey, Thomas CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 16.02.2001 Dr. Lamers, (Heidelberg) CDU/CSU 16.02.2001 Karl A. Lippmann, Heidi PDS 16.02.2001 Lohmann (Neubranden- SPD 16.02.2001 burg), Götz-Peter Mattischeck, Heide SPD 16.02.2001 Müller (Berlin), PDS 16.02.2001* Manfred Dr. Niese, Rolf SPD 16.02.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 16.02.2001 Otto (Frankfurt), F.D.P. 16.02.2001 Hans-Joachim Reinhardt, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Schemken, Heinz CDU/CSU 16.02.2001 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Schlee, Dietmar CDU/CSU 16.02.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 16.02.2001 Schmitt (Berg), Heinz SPD 16.02.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 16.02.2001 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 16.02.2001 Schröder, Gerhard SPD 16.02.2001 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 16.02.2001 Reinhard Schurer, Ewald SPD 16.02.2001 Sebastian, CDU/CSU 16.02.2001 Wilhelm-Josef Seidenthal, Bodo SPD 16.02.2001 Dr. Stadler, Max F.D.P. 16.02.2001 Steinbach, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 16.02.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 16.02.2001 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115052 (C) (D) (A) (B) Vogt (Pforzheim), Ute SPD 16.02.2001 Voß, Sylvia BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 16.02.2001 Wegener, Hedi SPD 16.02.2001 Willsch, Klaus-Peter CDU/CSU 16.02.2001 Wohlleben, Verena SPD 16.02.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Wolf, Winfried PDS 16.02.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 16.02.2001* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zurBeratung des Berichts: Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschaftspolitischer Zuständigkei- ten (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Ditmar Staffelt (SPD): Es ist schon erstaunlich, auf welche Ideen die Opposition kommt und dass sie auch noch meint, diese hier im Plenum diskutieren zu müssen. Heute geht es also um formale Zuständigkeiten zwischen Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium. Noch erstaunlicher sind die Forderungen in dem Antrag. In dem Antrag „Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschafts- politischer Zuständigkeiten“ fordern die F.D.P. unter an- derem die Rückverlagerung der Abteilung VII Geld und Kredit aus dem Bundesministerium der Finanzen in das Bundeswirtschaftsministerium. Diese Abteilung war ja seinerzeit von Helmut Schmidt in das Bundesfinanzmi- nisterium übertragen worden. Das heißt, diese Abteilung ist nicht erst seit unserer Regierungsübernahme im Fi- nanzministerium angesiedelt und macht dort hervorra- gende Arbeit, sondern seit über 20 Jahren. Wenn der F.D.P. wirklich so viel an der Rückverlage- rung liegt, dann frage ich mich allen Ernstes: Warum ha- ben Sie dem die 16 Jahre nicht genutzt, diesen Wunsch umzusetzen? Ich meine jetzt nicht Herrn Brüderle per- sönlich – er war ja nie Bundeswirtschaftsminister –, son- dern seine Kollegen von der F.D.P., von Graf Lambsdorff bis hin zu Herrn Rexrodt. Keiner dieser Bundeswirtschaftsminister von der F.D.P. hat auch nur Anzeichen gemacht, die Abteilung Geld und Kredit ins Bundeswirtschaftsministerium zu- rückzuholen. Aber in der Opposition sieht man mitunter einiges anders. entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Nun zu dem nächsten Punkt, der Verlagerung zentra- ler allgemeiner wirtschaftspolitischer Kompetenz aus dem BMWi in das BMF. Für diese Frage lohnt sich durchaus einmal ein Blick über den nationalen Tellerrand hinaus. Die jetzige Aufteilung zwischen Wirtschafts- und Finanzressorts ist ja keine Erfindung der SPD oder von Bündnis 90/Die Grünen. In einer Vielzahl bedeutender Länder sind die Zustän- digkeiten von Finanzpolitik und gesamtwirtschaftlichen Fragen in einer Hand konzentriert. Ich will nur einige we- nige nennen: Frankreich, das Vereinigte Königreich, Ita- lien, Kanada und nicht zuletzt die USA. Und dass der Res- sortzuschnitt in diesen Ländern zu einer schlechten Wirtschafts- und Finanzpolitik geführt hat, kann man wohl nicht behaupten. Wir haben mit dem neuen Zuschnitt einen großen Wurf geschafft, nämlich beide Ministerien mit der Regierungs- übernahme zu stärken. Wir haben ein schlagkräftiges und auch in den internationalen Verhandlungen starkes Bun- desfinanzministerium geschaffen, dessen Reputation deutlich gestiegen ist. Darüber hinaus haben wir auch das Bundeswirt- schaftsministerium gestärkt, und zwar durch die neue Ab- teilung für Post und Telekommunikation, durch neue Technologiekompetenz und nicht zuletzt durch die He- reinnahme der Sherpa-Funktion im Bundesministerium für Wirtschaft. Damit ist insbesondere der internationale Aufgabenbereich kräftig angewachsen. Natürlich kann man immer wieder überlegen, ob nicht auch andere Be- reiche besser im Bundesministerium für Wirtschaft ange- siedelt werden können. Ich hätte ja auch nichts dagegen, wenn wir auf Bundesebene die Weinfragen im Wirt- schaftsministerium ansiedeln würden, wie in der schönen Heimat von Herrn Brüderle, der Pfalz. Damit komme ich zum nächsten Argument der F.D.P. Sie betonen, dass in dem Neuzuschnitt eine völlig neue ordnungspolitische Ausrichtung liegt. Das mag ja sein und wir haben uns dabei auch durchaus etwas gedacht. Aber ich kann beim besten Willen hierin keinen ord- nungspolitischen Verstoß in dem Neuzuschnitt erkennen. Nur weil die zwei Referate der kurz- und mittelfristigen Konjunkturprognose in das Finanzministerium verlagert worden sind, muss ja nicht die Ordnungspolitik schlech- ter werden – und auch nicht in der Tatsache, dass nun der Jahreswirtschaftsbericht im Bundesfinanzministerium fe- derführend behandelt wird. Auch schon zu Ihrer Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbericht traditionell zwischen allen Ressorts abgestimmt. Um dieses Argument zu stärken, werden Sie in Ihrem Antrag besonders „tricky“: Sie zählen den Anteil von steuer- und finanzpolitischen Themen im letzten Jahres- wirtschaftsbericht – und was stellen Sie fest? Höre und staune ein ganzes Viertel des Jahreswirtschaftsberichtes ist steuer- und finanzpolitischen Fragen gewidmet. Da kann ich nur sagen: Das ist ja allerhand. Ich frage mich allen Ernstes: Was will uns der Verfas- ser des Antrages, Herr Brüderle, mit diesen Zahlen sagen? Sicherlich, dass dies ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass wirtschaftspolitisch relevante Fragen nur noch stief- mütterlich behandelt werden. Es ist schon erstaunlich, welche mechanischen Vorstellungen Sie für gesamtwirt- schaftliche Zusammenhänge haben. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Jahresgutachtens des Sachverständigenrates oder den „Wold Economic Outlook“ des Internationalen Währungsfonds. Ob Sie nationale oder internationale wirtschafts- und finanzpoli- tische Empfehlungen studieren, die von Ihnen hochgehal- tene Trennung finden Sie nirgendwo. Im Gegenteil, steuer- und finanzpolitische Vorschläge stehen überall an erster Stelle für eine dynamische Wachstumspolitik für mehr Beschäftigung. Und im Übrigen: Gestatten Sie der Bundesregierung auch einmal, dass sie ihre Erfolge in der Steuer- und Fi- nanzpolitik besonders hervorhebt. Wir haben hervorra- gende Arbeit geleistet, was uns von Wirtschaft und inter- nationalen Finanzmärkten voll attestiert wird, und wir schreiben diese auch gern in aller Bescheidenheit in den Jahreswirtschaftsbericht. Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, wenn ich die heutige Debatte auch dazu nutze, um auf die Er- folge dieser Bundesregierung hinzuweisen, und zwar nicht trotz des neuen Zuschnitts, sondern wegen der Ressorts- zuständigkeiten: Wir hatten im Jahr 2000 ein Wachstum von 3,1 Prozent, eine Zahl, von der Sie während Ihrer Re- gierungszeit nur geträumt haben. Und auch in diesem Jahr werden wir, trotz abgeschwächter Dynamik der Weltwirt- schaft, ein stabiles Wachstum von real 2,75 Prozent in Deutschland erreichen. Der Abbau der Arbeitslosigkeit wird auch im Jahr 2001 anhalten, und zwar nicht aus de- mographischen Gründen, wie die Opposition immer wie- der behauptet. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir mit ei- nem Anstieg der Erwerbstätigenzahl um fast eine halbe Million; die Arbeitslosigkeit wird damit im Jahr 2001 auf 9 Prozent oder auf 3,6 Millionen Menschen sinken. Dies ist das Ergebnis einer mutigen Reformpolitik, die unserer Wirtschaft den notwendigen stabilen Rahmen vorgibt und ihr gleichzeitig die richtigen Impulse verleiht. Was haben denn die von Ihnen so gebeutelten Ressorts gemeinsam – ich sage noch einmal: gemeinsam; denn Kenn- zeichen unserer Politik ist das gemeinsame Vorgehen – auf den Weg gebracht? Wir haben mit einer mutigen Steuerre- form die Wirtschaft wirksam entlastet. Wir haben mit un- serem Zukunftsprogramm eine konsequente Konsolidie- rungspolitik eingeleitet, zu der Sie in 16 Jahren nicht in der Lage waren. Wir haben eine Rentenreform auf den Weg gebracht, die für stabile Renten sorgt und erstmalig die pri- vate Beteiligung und Eigenverantwortung einführt. Wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Deutschland wieder einen Spitzenplatz in der Informati- onstechnologie erreicht hat. Wir haben die Innovations- kraft in diesem Land wieder angeregt und damit die Mo- dernisierung und den Strukturwandel beschleunigt. Ich will an dieser Stelle nicht weiter all die Erfolge der Bundesregierung aufzählen. Vielen von Ihnen ist dies ja be- kannt und die positiven Zahlen sprechen eine klare Sprache. Dies alles zeigt für die heutige Debatte jedoch eines in aller Klarheit: Der Erfolg von Wirtschafts- und Finanzpolitik ist keine Frage des Ressortszuschnitts, sondern eine Frage der Zusammenarbeit aller und der praktischen Politik. Das Team Eichel/Müller und ihre Mannschaften haben den Standort Deutschland in enger und kooperativer Zu- sammenarbeit auch im internationalen Wettbewerb kräf- tig aufgewertet. Dass Sie von der Opposition das möglicherweise an- ders sehen, kann mich nicht beunruhigen. Sie hatten im- merhin 16 Jahre Zeit, um uns eines Besseren zu belehren. Wenn Sie mit dem alten Zuschnitt eine bessere Politik ge- macht hätten, wäre dies sicherlich vom Wähler honoriert worden. Es stimmt mich schon sehr bedenklich, wenn die Op- position ihre Kritik an formalen und institutionellen Zu- ständigkeiten festmacht. Für uns stehen jedenfalls mehr die Inhalte im Mittelpunkt, nicht die formalen Zuständig- keiten. Darauf sollten wir uns auch in den Diskussionen hier im Plenum konzentrieren – und nicht auf die Frage, ob nun eine Abteilung besser in diesem oder jenem Res- sort untergebracht ist. Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Der organisatori- sche und strukturelle Rahmen für Wirtschafts- und Ord- nungspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist in kei- nem vernünftigen Verhältnis mehr. Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, dass zwar allgemein und in allen Par- teien immer wieder über die besondere Bedeutung der Wirtschaftspolitik zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und zur Sicherung von Wohlstand gesprochen wird, dass jedoch zeitgleich die Rolle und Aufgabenstellung des Wirtschaftsministeriums, das zentral zur Erledigung die- ser Aufgabenstellung zuständig sein müsste, an allen Ecken und Kanten beschnitten und eingeschränkt wird. Der Antrag der F.D.P. zielt darum uneingeschränkt in die richtige Richtung. Die Liste der Beschneidungen von Zu- ständigkeiten des Wirtschaftsministeriums ist lang. Der Redlichkeit halber muss man sagen, dass die Verkleine- rung der Zuständigkeiten dieses Hauses nicht erst mit der rot-grünen Koalition begonnen hat. Dieser Erosionspro- zess hat leider auch in der CDU/F.D.P.-Koalition begon- nen. Allerdings ist er mit den Entscheidungen unter Bun- deskanzler Schröder in einer sachwidrigen und schädlichen Weise fortgesetzt und beschleunigt worden, wie ich mir das nicht habe vorstellen können. Wir fordern darum alle Beteiligten auf, sich diesem Sachverhalt mit der notwendigen Aufmerksamkeit zu nähern und einmal gemeinsam zu überlegen, nicht ob die- ser Prozess umgekehrt werden muss, sondern in welcher Weise dies vernünftigerweise geschehen kann. Für die CDU/CSU steht fest, dass eine sachgerechte Aufgabenzuordnung zum Wirtschaftsministerium eine we- sentliche Voraussetzung für die Wiedergewinnung von wirtschaftlichem Wachstum und zur nachhaltigen Bekämp- fung von Arbeitslosigkeit ist. Es ist richtig, geboten und sinnvoll, dass das Bun- desministerium für Finanzen den Finanzbericht nach § 31 der Bundeshaushaltsordnung erstellt. Nicht nach- vollziehbar ist jedoch, dass der Bundesfinanzminister den Jahreswirtschaftsbericht nach § 2 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes vorlegt und auch nach § 3 Sta- bilitäts- und Wachstumsgesetz gesamtwirtschaftliche Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15053 (C) (D) (A) (B) Orientierungsdaten vorlegt. Dies ist und bleibt eine Kern- aufgabe des Wirtschaftsministeriums. Es ist sachwidrig, wenn im gleichen Haus, in dem die Belastung der Wirt- schaft geplant wird, nämlich in der Steuerbehörde, auch der Jahreswirtschaftsbericht erarbeitet und bearbeitet wird. Wann sollen denn die notwendigen besonderen Interessen der Wirtschaft auch und gerade gegenüber der Steuer- behörde in der nötigen Freiheit und Eigenständigkeit ent- wickelt werden? Gerade an diesem Beispiel wird deutlich, dass durch die falsche Zuordnung auch eine Schwächung der ordnungspolitischen Ansätze zu erwarten ist. Es wäre Herrn Eichel ohne weiteres zuzumuten gewesen, diese damals aus machtpolitischen Gründen durchgesetzte Ent- wicklung, die Herr Lafontaine eingeleitet hat, aus ord- nungspolitischen Gründen wieder an das Wirtschaftsminis- terium zurückzugeben. Ein bisschen vernünftiger Druck des Bundeskanzlers wäre in dieser Situation ausgespro- chen sinnvoll und nötig. Der durch diese Fehlentschei- dung eingetretene Mangel wird auch nicht dadurch beho- ben, dass nun ein Konkurrenzprodukt, nämlich der Wirtschaftsbericht, im Wirtschaftsministerium aufgestellt wird. Durch diesen zweiten Bericht wird der Jahreswirt- schaftsbericht nicht besser, sondern eher etwas unwichti- ger, weil dann zwei Berichte zur Begutachtung vorliegen. Eine größere Klarheit in den Perspektiven ergibt sich da- durch unter keinem Gesichtspunkt. Es ist auch sachwidrig und nicht zu verstehen, dass die Zuständigkeit in außenwirtschaftspolitischen Fragen bei der OECD im Wesentlichen beim Bundesfinanzminister liegt. Auch hier war nicht die Sachpolitik entscheidend, sonder die Machtpolitik zwischen den beiden Häusern. In der Außenwirtschaft geht es aber nicht um den möglichen Export des Deutschen Steuerrechts, das wäre sicherlich ein Flop. In der Außenwirtschaft geht es um den Export von deutschen Waren- und Dienstleistungen, um die Wett- bewerbsgleichheit im Bereich des Im- und Exports und um die Fragen, die sich aus der Globalisierung der Welt- wirtschaft ergeben. Diese Fragen müssten richtigerweise von dem Haus behandelt und beantwortet werden, das hierfür auch die nationale Zuständigkeit hat. Die Überge- wichtung der finanzwirtschaftlichen Aspekte in diesem Zusammenhang ist der Sache nicht dienlich und damit schädlich. Die allgemeine Lebensregel, dass der Schuster bei seinen Leisten zu bleiben hat, und dass das für die Sa- che hilfreich ist, muss auch hier wieder gelten. Der Bun- desfinanzminister soll seinen Finanzbericht vorlegen und der Wirtschaftsminister soll seinen Jahreswirtschaftsbe- richt vorlegen. Was denn sonst! Unabhängig von diesen angesprochenen Fragenkom- plexen müssten wir uns darüber hinaus gemeinsam Ge- danken machen, wie wir die Rolle des Wirtschaftsministe- riums stärken und damit der Stimme der Ordnungspolitik neues Gewicht verleihen können. Unter dem Gesichts- punkt der Ordnungspolitik ist eine der ganz wesentlichen Aufgaben eines Wirtschaftsministeriums, das den Namen Ministerium für die Wirtschaft verdient, auch die Frage des Wettbewerbs. Gerade in der Wettbewerbspolitik wer- den die für die soziale Marktwirtschaft unverzichtbaren und wesentlichen Rahmenbedingungen gelegt. Deswegen ist es vernünftig und sachlich geboten, dass alle Behörden, die den Wettbewerb regulieren sollen – und zwar auch die Regulierungsbehörden – ihrer Natur nach dem Kartellamt und dem Wirtschaftsministerium unterstellt werden. Dies gilt für die bestehenden Regulierungsbehörden bei der Post genauso, wie für die geplante Regulierungsbehörde beim Eisenbahnvermögen und sollte auch gelten für even- tuell durch europäische Entwicklungen notwendige Regu- lierungsbehörden im Bereich von Strom, Gas und Wasser. Vielleicht wäre es sogar vernünftig, das Wirtschaftsminis- terium umzubenennen in Ministerium für Wirtschaft, Wettbewerb und Technologie. Auch bei den jüngsten Entscheidungen im Rahmen der BSE-Krise ist wieder einmal zulasten des Wirtschaftsminis- terium über das Ziel hinausgeschossen worden. Es ist ja richtig, dass der Verbraucherschutz, insbesondere im Ernährungs- und Lebensmittelbereich sehr eng mit den Aufgabenstellungen des Landwirtschaftsministeriums zu- sammen zu sehen ist. Absolut unverständlich ist es jedoch, dass der gesamte übrige Verbraucherschutz im Bereich der gesamten Technologieentwicklung nun ebenfalls dem Mi- nisterium für Landwirtschaft angegliedert wird. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass der Verbraucherschutz im Bereich der Automobilproduktion, der Telekommunikation, der Medizintechnik und aller sonstiger technischer Waren nun ausgerechnet im Landwirtschaftsministerium beheimatet sein soll. Auch hier haben wir wieder einen wehrlosen Wirt- schaftsminister Müller erlebt, der ohne Gegenwehr und ohne Hausmacht nicht nur die inhaltlichen Schlachten um die Mitbestimmung verliert, sondern auch sein Haus aus- plündern lässt. Als Trostpflaster für all die Belastungen seines Hauses und der Zuständigkeiten dieses einst glän- zenden Wirtschaftministeriums hat er dann endlich eine grüne parlamentarische Staatssekretärin bekommen. Herr Minister Müller, wenn Sie so weitermachen, dann sind Sie nicht nur parteilos, sondern irgendwann auch hauslos. Was wollen Sie sich eigentlich noch alles gefallen lassen, zulasten der Kompetenz Ihres Hauses und der Durchset- zungskraft von vernünftiger Ordnungspolitik? Wenn Sie so weitermachen bzw. weiter so untätig bleiben, wird das einst stolze Wirtschaftsministerium im Prinzip nur noch ein Subventionsministerium sein und Sie dürfen dann die Reste der Kohlesubvention verwalten. Das ist sicherlich ein Thema, bei dem Sie sich auskennen, aber das ist kein Thema, mit dem wir den Aufbruch zu neuen Ufern einer globalisierten Welt erfolgreich steuern können. Sie haben die Unterstützung der Opposition im Ansatz der Stärkung des Wirtschaftsministeriums. Jetzt müssen Sie sich nur noch in Ihrer eigenen Koalition durchsetzen. Viel Glück, versuchen Sie es einmal. Werner Schulz (Leipzig)(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die rot-grüne Bundesregierung hat durch Organi- sationserlass zu Beginn der Wahlperiode einige Verände- rungen der Zuständigkeiten einzelner Ministerien vorgenommen. Im vorliegenden Falle geht es dabei um eine Verlagerung grundsätzlicher wirtschaftspolitischer Zuständigkeiten aus dem Wirtschaftsministerium ins Fi- nanzministerium. Dies ist ein ganz normaler Vorgang. Es ist auch nichts Unübliches; Veränderungen wurden aus aktuellem Anlass kürzlich bei den Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz vorgenommen. Die heutige F.D.P. handelt nach dem bekannten Motto: „Es war immer so und so wird es auch immer bleiben“. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115054 (C) (D) (A) (B) Man muss sich vor Augen führen, wo die früheren Libe- ralen heute gelandet sind. Die Partei, die im Wahlkampf 1969 mit dem Anspruch angetreten ist, alte Zöpfe abzu- schneiden, beklagt sich in ihrem Antrag nun bitterlich da- rüber, dass die – man höre und staune – „von Ludwig Erhard konzipierte Trennung der wirtschaftspolitischen Fachfragen“ aufgegeben wurde! Mir scheint, das Gedächtnis ist kurz. Die vormaligen Liberalen wollten seinerzeit nicht nur Zöpfe abschneiden und mit drei Punkten Eindruck schinden. Während der so- zialliberalen Regierung – genauer: von Mai 1971 bis De- zember 1972 – wurde ein „Superministerium“ gebildet, welches zunächst von Karl Schiller und dann von Helmut Schmidt als Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen geleitet wurde. Da wurden also nicht nur einzelne Zu- ständigkeiten verlagert, da wurden die beiden Ministerien gleich zusammengelegt. Von einem Aufschrei der Em- pörung der Liberalen wegen der Verletzung erhardscher Gesetze war damals keine Rede. Wie kurz das Gedächtnis tatsächlich ist, zeigt sich auch daran, dass die heutigen Nachfolger der Liberalen nicht einmal mehr den Namen von Ludwig Erhard korrekt schreiben können, sondern ihn noch um ein hartes „t“ ergänzt haben! Darüber hinaus fragt man sich beim Lesen ihres Antra- ges, ob die F.D.P. möglicherweise übersehen hat, dass sie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr an der Regierung be- teiligt ist. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass Sie sich anmaßen, über Organisationserlasse des Bundes- kanzlers zu befinden. Ihnen geht es mitnichten um eine sachgerechte Aufteilung von Zuständigkeiten, sondern vielmehr um eine selbstgerechte Darstellung wirtschafts- politischer Besserwisserei! Und obwohl wir uns in der heißen Phase des Wahlkampfs in Rheinland-Pfalz befin- den, ist Ihnen bewusst, auf welch dünnem Eis Sie sich be- wegen. Sonst hätten Sie nie und nimmer zugestimmt, die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu ge- ben. Und noch eines: Während Ihrer Regierungsbeteiligung waren Sie auch nicht gerade zimperlich oder zurückhal- tend, wenn es um Kompetenzverlagerungen zu Ihren Gunsten gehen sollte. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass der damalige Wirtschaftsminister Möllemann über Jahre hinweg die Zuständigkeit für die Treuhand vom Bundesfinanzministerium in sein eigenes Haus verlagern wollte. Wie wir wissen, hat die Treuhand dann länger existiert als der glücklose Minister in seinem Amt. Die rot-grüne Bundesregierung hat es jedenfalls nicht nötig, sich von den vormaligen Liberalen in Sachen Markt- wirtschaft oder Kompetenzverteilung Nachhilfeunterricht erteilen zu lassen. Wir wissen, dass es gegen die be- schlossenen Zuständigkeiten ernsthafte Bedenken gibt. Wir werden zum Ende der Wahlperiode die positiven und die negativen Auswirkungen prüfen und bewerten. Danach werden wir gegebenenfalls neu entscheiden. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir immer bereit und in der Lage, unsere Entscheidungen vor dem Hintergrund der jeweiligen Ent- wicklungen bzw. der jeweiligen Erfordernisse zu reflek- tieren. Dieses ständige Überprüfen ist für uns auch Be- standteil einer modernen Wirtschaftspolitik, die angesichts der globalen Herausforderungen oder der Dynamik der Ökonomie eben nicht an überholten Erkenntnissen kleben bleiben darf. Gudrun Kopp (F.D.P.): Welchen Stellenwert hat die Wirtschaftspolitik bei der rot-grünen Bundesregierung? Wie wichtig ist Bundeskanzler Schröder und seinem Wirtschaftsminister Müller die deutsche Wirtschaft, allen voran der in jeder Festtagsrede hoch gelobte Mittelstand? Gemessen an diversen Verlagerungen von Zuständigkei- ten in andere Ressorts, vorwiegend an das Finanzminis- terium, sind diese Fragen klar negativ zu beantworten. Die Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand haben fachpolitisch rasant an Bedeutung verloren. Das spiegelt sich auch auf der langen Liste von wirtschafts- und mit- telstandsfeindlichen Beschlüssen der Regierung wider. Federn lassen musste das Bundeswirtschaftsminis- terium gleich nach der rot-grünen Regierungsübernahme. Die Grundsatz- und die Europaabteilung sowie die OECD-Zuständigkeit wurden in das Finanzministerium verlagert. Das war die Rache der SPD am ordnungspoliti- schen Geist Ludwig Erhards, Karl Schillers und anderer. So wundert es uns nicht, dass der Jahreswirtschaftsbe- richt, erstellt von Finanzminister Hans Eichel, viele wohl- tönende Phrasen enthält, die in bemerkenswertem Wider- spruch zur praktischen Politik anderer BMF-Abteilungen oder des BMAstehen. Derweil gibt der Wirtschaftsminis- ter einen „Wirtschaftsbericht“ heraus, der neben vielen bunten Bildern wenig Aussagekraft hat. Die Zuständigkeiten für wirtschaftspolitische Analy- sen und Konjunkturprognosen gab Minister Eichel trotz anders lautender Absprachen im letzten Sommer bis heute nicht wieder an das Wirtschaftsministerium zurück. Im Gegenteil, weitere Schwächungen des Wirtschaftsressorts folgten. Im letzten Sommer startete Minister Eichel einen wei- teren Coup: In einer Nacht- und Nebelaktion machte er den Verkauf der bundeseigenen Mittelstandsförderbank Deutsche Ausgleichsbank an die Kreditanstalt für Wie- deraufbau perfekt – natürlich an seinem Kabinettskolle- gen vorbei. Die Oberaufsicht über die neue bundeseigene Förderbank, einem Instrument der Wirtschaftsförderung, liegt beim BMF, obwohl sie da nichts zu suchen hat. Das BMWi sah auch mehr oder weniger hilflos zu, wie die Mittelstandsförderung in den letzten drei Jahren von 1,3 Milliarden DM auf 0,5 Milliarden DM zusammenge- strichen wurde. Und um das Bild der abnehmenden Be- deutung des BMWi komplett zu machen, wechselte der Fachbereich Verbraucherschutz im Rahmen der BSE- Krise zum Verbraucherschutz- und Landwirtschafts- ministerium. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion fordert die Bundesre- gierung auf, endlich zu klaren, ordnungspolitisch sinn- vollen Strukturen zurückzukehren. Dies bedeutet unter anderem: Erstens. Der Bundesfinanzminister legt wie zuvor sei- nen Finanzbericht vor. Zweitens. Das BMWi erstellt wieder federführend den Jahreswirtschaftsbericht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15055 (C) (D) (A) (B) Drittens. In das BMWi werden zurückverlagert: die Zuständigkeiten für wirtschaftswissenschaftliche For- schung, gesamtwirtschaftliche Analysen, der Sachver- ständigenrat und die OECD. Viertens. Die Abteilung „Geld und Kredit“ wird wieder, wie das bis 1972 der Fall war, beim BMWi angesiedelt. Mit klaren Strukturen und nachvollziehbaren Zustän- digkeiten erhöht sich die Fachkompetenz und Bedeutung von wirtschaftspolitischen Initiativen und Gesetzen. Wirt- schaftspolitische Konzepte müssen an die Stelle von rei- ner Kungelei für den Machterhalt treten. Wir, die F.D.P.- Bundestagsfraktion, fordern Sie auf, auf diesem Weg die Handlungsfähigkeit des Wirtschaftsministeriums wieder- herzustellen. Rolf Kutzmutz (PDS): Vor einiger Zeit bin ich gefragt worden, ob Deutschland einen Energieminister bräuchte. Ich habe damals gesagt: Den haben wir doch. Natürlich, das war stark verkürzt, nicht ausreichend begründet und vielleicht auch nicht gerecht. Denn Herr Müller hat ein- mal gesagt, er lasse sich für die Wirtschaft den Kopf blu- tig schlagen. Also nicht nur für die Energiewirtschaft, ob- wohl er drauf und dran ist, sich jetzt eventuell die eine oder andere KWK-Beule zu holen. Die Aufgabenverteilung ist nicht von Herrn Müller vorgenommen worden. Die Herausnahme wichtiger Ent- scheidungsfelder aus dem BMWi ist nicht seine Schuld. Er hat sie aber auch nicht verhindern können. Mich wundert, dass der Jahreswirtschaftsbericht im- mer noch diesen Titel trägt. Und ich vermute einfach, darin liegt auch der Grund, dass acht Monate nach Ab- schluss der Ausschussberatungen der Antrag der F.D.P. er- neut das Licht des Plenums erblickt. Schließlich steht in der nächsten Sitzungswoche wieder ein Jahreswirt- schaftsbericht des Bundesfinanzministers auf der Tages- ordnung, mit Zahlen, die bei ihrer Debatte wieder einmal von der Wirklichkeit überholt sein dürften. Ich fürchte allerdings, dass auch ein Bundeswirt- schaftsminister – egal welchen Namens – keine realisti- scheren Prognosen geliefert hätte. Denn Schönfärben gehört wohl immer zum Regierungsgeschäft. Aber grundsätzlich unterstützt auch die PDS das Anliegen, durch den Wirtschaftsminister den Wirtschaftsbericht und damit eine entsprechende Grundsatzabteilung sowie wirt- schaftswissenschaftliche Forschung verantworten zu las- sen, statt weiter die Öffentlichkeit zweimal jährlich – im Winter durch Herrn Eichel, im Sommer durch Herrn Müller – mit mehr oder weniger bunten, in jedem Falle aber folgenlosen Papieren zu beglücken. Im Übrigen können wir den strukturellen Forderungen der Liberalen jedoch nicht unbedingt folgen. Denn zu- mindest europapolitisch beweisen Frankreich und Groß- britannien, dass ein „Schatzministerium“-Konzept – also die Bündelung finanz- und wirtschaftspolitischer Kompe- tenzen – durchaus Vorteile haben kann, beispielsweise durch eine schlagkräftigere, weil nicht zersplitterte Inte- ressenvertretung im Ecofin-Rat. Dass es bei der Bundesrepublik mit dieser Schlagkraft auch ohne Zersplitterung krankt, belegt einmal mehr un- sere grundsätzliche Auffassung zum von der F.D.P. auf- geworfenen Thema: In dieser Gesellschaft hängt eine ef- fektive Wirtschaftspolitik mehr an den sie betreibenden Personen – sprich: hinter ihnen stehenden ökonomischen Schulen – denn an ihrer strukturellen Zuordnung. Ich ge- stehe freiweg: Wegen seiner politischen Haltung zur Glo- balisierung oder zur Stärkung der Binnennachfrage hätte die PDS eine außen- und volkswirtschaftliche Interessen- vertretung bei Oskar Lafontaine viel lieber als bei den am- tierenden Ministern oder gar bei F.D.P.-Personal gese- hen – egal, wie deren Amtsbezeichnung nun ist. In diesem Zusammenhang finde ich es schon pikant, dass die F.D.P. anlässlich der aktuellen Zuordnung des Jahreswirtschaftsberichtes plötzlich die Abteilung „Geld und Kredit“ auch wieder entdeckt. Die kam bekanntlich dem Bundeswirtschaftsministerium schon vor rund 30 Jahren abhanden – und alle Regierungskoalitionen mit liberaler Beteiligung seitdem fanden nichts dabei. Aber vermutlich soll mit dem vorliegendem Antrag schon an der Machtbasis für den nächsten Regierungseintritt gebas- telt werden. Wenn wir schon über Strukturen in diesem Bereich re- den: Warum verbindet man eigentlich nicht die Wirt- schafts- mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik? Hier könnte ein Schlüssel für „Mehr Wohlstand für alle“ liegen, statt die Wirtschaft immer durch die finanzpolitische Brille – oder eben umgekehrt – betrachten zu wollen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Ge- schäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1998 „Welt im Wandel – Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bun- desregierung Globale Umweltänderungen – Drucksache 14/3285 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/5172 Nr. 2.17 Rechtsausschuss Drucksache 14/272 Nr. 18 Drucksache 14/342 Nr. 1.6 Drucksache 14/3723 Nr. 2.3 Drucksache 14/3859 Nr. 1.5 Drucksache 14/4441 Nr. 1.12 Haushaltsausschuss Drucksache 14/4441 Nr. 1.28 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115056 (C) (D) (A) (B) Ausschuss fürWirtschaft undTechnologie Drucksache 14/4665 Nr. 2.20 Drucksache 14/4865 Nr. 1.18 Drucksache 14/4945 Nr. 2.5 Drucksache 14/4945 Nr. 2.7 Drucksache 14/4945 Nr. 2.8 Drucksache 14/4945 Nr. 2.9 Drucksache 14/4945 Nr. 2.10 Drucksache 14/4945 Nr. 2.11 Drucksache 14/4945 Nr. 2.12 Drucksache 14/4945 Nr. 2.23 Drucksache 14/4945 Nr. 2.29 Drucksache 14/4945 Nr. 2.37 Drucksache 14/4945 Nr. 2.38 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4441 Nr. 1.2 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/4441 Nr. 1.30 Drucksache 14/4570 Nr. 1.1 Drucksache 14/4865 Nr. 1.5 Drucksache 14/4865 Nr. 1.6 Drucksache 14/4865 Nr. 1.7 Drucksache 14/4865 Nr. 1.8 Drucksache 14/4865 Nr. 1.9 Drucksache 14/4865 Nr. 1.10 Drucksache 14/4865 Nr. 1.11 Drucksache 14/4865 Nr. 1.12 Drucksache 14/4865 Nr. 1.13 Drucksache 14/4865 Nr. 1.14 Drucksache 14/4865 Nr. 1.15 Drucksache 14/4865 Nr. 1.16 Drucksache 14/4865 Nr. 1.17 Drucksache 14/4945 Nr. 1.4 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15057 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Max Straubinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident!
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionen SPD
    und Bündnis 90/Die Grünen bringen heute einen Gesetz-
    entwurf zur Reform der landwirtschaftlichen Sozialver-
    sicherungsträger ein. Sie kommen damit einer Forderung
    der CDU/CSU nach


    (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Straubinger!)


    – selbstverständlich, Frau Lemke –, welche bereits mit
    Antrag vom 4. Juli 2000 Eckpunkte vorgegeben hat.
    Zielsetzung dieses Gesetzentwurfes muss sein, die Kosten
    in den Verwaltungen zu reduzieren und die Effizienz zu
    steigern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir stimmen darin überein, dass die Reduzierung

    der Anzahl der landwirtschaftlichen Sozialversiche-
    rungsträger von derzeit 20 auf nunmehr neun ein
    richtiger Ansatz ist. Dies werden wir sicherlich mittragen.
    Die Selbstverwaltungen haben diese Entwicklung aber
    bereits aus eigenem Antrieb weit vorangetrieben. Insofern
    ist die gesetzliche Grundlage vielleicht nur noch im
    Nachhinein zu betrachten.

    Ich hoffe auch, dass die Festlegung auf die jetzt im
    Gesetzentwurf vorgesehenen Träger eine endgültige Ab-
    sage der SPD an zentralistische Lösungen sein wird. Ihre
    Ausführungen, Herr Kollege Dreßen, haben eigentlich
    wieder gezeigt, dass die SPD nur für Zentralismus steht.


    (Peter Dreßen [SPD]: Nein, das ist Schwachsinn! Wenn es um Steuerverschwendung geht, bin ich wirklich für Abbau von Verwaltungskosten! – Gustav Herzog [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)


    – Doch. – Diese Zentralisierung hätte aber hinsichtlich der
    Versichertennähe bzw. bei der Verteilung der regionalen
    Arbeitsplätze enorme Nachteile gebracht. Vor allen Din-
    gen, Herr Kollege Dreßen: Eine zentrale Einrichtung




    Peter Dreßen
    15022


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    muss nicht unbedingt effizienter und billiger arbeiten als
    eine dezentrale.


    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Kein Wettbewerb! – Gegenruf des Abg. Peter Dreßen [SPD]: Das zeigt, dass Sie keine Ahnung haben!)


    Mit dem Gesetz wird eine Verschlankung der Organi-
    sationsstrukturen, das Ausschöpfen von Wirtschaftlich-
    keitsreserven und – das ist meines Erachtens sehr bedeut-
    sam – der sparsame Umgang mit den eingesetzten
    Bundesmitteln angestrebt. Dies kann auch erreicht werden.

    Dem hohen Anteil von Bundesmitteln soll durch eine
    stärkere Einflussmöglichkeit des BundesRechnung ge-
    tragen werden.

    Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regeldichte und
    die Übertragung von Kompetenzen auf die Spitzen-
    verbände schießen aber weit über das Ziel hinaus.


    (Lachen bei der SPD)

    Es macht doch keinen Sinn, Herr Dreßen, durch Fusionen
    größere und leistungsfähigere Einheiten zu schaffen, de-
    nen man dann aber nur noch einen Bruchteil an Kompe-
    tenzen zutraut.


    (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Völlig falsch! Sie hätten hier Herrn Hornung reden lassen sollen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie haben nichts verstanden!)


    Ich glaube, dass dies mit kleineren Einheiten genauso er-
    reicht werden kann.

    Zum Beispiel ist nicht einzusehen, dass, wenn sich
    sämtliche LSV-Träger bereits auf ein Rechenzentrum
    mit zwei Betriebszentren geeinigt haben und dies als Ar-
    beitsgemeinschaft unter Einbeziehung der Spitzenver-
    bände betreiben wollen, per Gesetz im letzten Moment
    dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskas-
    sen die Befugnis über die gesamte Organisation und sogar
    über die Festlegung des Sitzes eines Rechenzentrums zu-
    gewiesen werden soll. Hier wird der Grundsatz, dass frei-
    willige Einigungen Vorrang vor gesetzgeberischen
    Zwangsmaßnahmen haben sollen, schlichtweg auf den
    Kopf gestellt.


    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Wie immer bei denen!)


    Ebenso wenig ist einzusehen, warum die Spitzenver-
    bände die erforderlichen EDV-Verfahren und -Pro-
    gramme für ihre Mitglieder ausschließlich selbst ent-
    wickeln sollen. Der bestehende IT-Kooperationsvertrag
    der LSV-Träger würde damit vollends unterlaufen, und
    zwar mit einer unnütz scharfen Bestimmung, die noch
    dazu zur Erreichung des angestrebten Ziels völlig unge-
    eignet ist. Aus gutem Grund werden die EDV-Entwick-
    lungsaufgaben – man höre und staune – auch bei den an-
    deren gesetzlichen Rentenversicherungen dezentral
    erledigt. Ich sehe also keinen Grund, warum der Gesetz-
    geber eine Zentralisierung vorschreiben sollte.


    (Peter Dreßen [SPD]: Aber Sie müssen doch einsehen, dass fünf Rechenzentren mehr kosten als eines! Sie haben von Betriebswirtschaft wirklich keine Ahnung!)


    – Das machen die ja auf freiwilliger Basis. Das muss aber
    nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden.

    Bei der Durchführung von Rückforderungen bringt
    eine Konzentration dieser Aufgaben auf die Spitzenver-
    bände ebenfalls keine Verbesserungen, sondern eine mas-
    sive Verschlechterung. Vor Ort, bei den einzelnen Trä-
    gern, ist nämlich das Detailwissen für den Einzelfall
    vorhanden, aus dem sich Ansatzpunkte für eine erfolgrei-
    che Rückforderung ergeben. Vom weit entfernten „grünen
    Tisch“ dagegen ist nichts zu erreichen.


    (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Rechnen muss man!)


    Nachdem ursprünglich vorgesehen war, die Verteilung
    auf die einzelnen Reha-Einrichtungen in ganz Deutsch-
    land zentral zu steuern, wodurch die sozialistische Plan-
    wirtschaft fröhliche Urständ gefeiert hätte


    (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


    – ja, so ist es –, soll nun eine gemeinsame Einrichtung be-
    trieben werden, um die Verteilung auf die Reha-Einrich-
    tungen zu koordinieren. Unseres Erachtens reicht es je-
    doch aus, wenn in einem Informationspool, für alle Träger
    zugänglich, alle Daten angeboten werden und die Träger
    durch die Belegung von Teilen dieses Angebotes dies für
    die erforderliche Zeit für sich reservieren können.

    Folgendes wäre modellhaft für das gesamte Gesetz:
    Mit dem gesetzlichen Rahmen werden nur die zu errei-
    chenden Ziele festgelegt. Durch zentrale Bereitstellung
    von Information wird der Weg dorthin erleichtert. An-
    sonsten entscheiden die Selbstverwaltungen nach ihren
    speziellen Gegebenheiten, wie sie die Arbeit optimieren
    und das Ziel möglichst günstig erreichen können.

    Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen bis
    ins letzte Detail reduzieren dagegen nicht nur die Effekti-
    vität, sondern auch die Gültigkeitsdauer des Gesetzes, das
    wegen vieler Details sicherlich bald wieder nachgebessert
    werden müsste. Dies ist aber auch im Sinne einer von SPD
    und Grünen getragenen Bundesregierung.

    Schlichtweg unrealistisch erscheinen die im Gesetzent-
    wurf vorgesehenen Einsparungen bei den Verwaltungs-
    kosten in den Jahren 2002 und 2003. Bereits der jetzige
    Ansatz hat sich bundesweit als zu gering herausgestellt.
    Wenn nun für Umorganisationen Investitionen getätigt
    werden müssen, entstehen daraus erfahrungsgemäß an-
    fangs Mehrkosten und keine Einsparungen. Es ist daher
    völlig abwegig, bereits für die kommenden zwei Jahre
    weitere Budgetkürzungen festzulegen, die keinesfalls ein-
    zuhalten sind. Oder will man damit die Unfähigkeit der
    LSV-Träger zum Sparen beweisen, um über diese Hinter-
    tür doch noch eine zentralistische Lösung zu erreichen?
    Auch dies ist hier meines Erachtens zu bedenken.

    Herr Dreßen, Sie haben ausgeführt, dass hier seitens
    des Bundes großartige Leistungen getätigt würden. Ich
    möchte Sie aber schon darauf hinweisen, dass die rot-
    grüne Bundesregierung gerade im Agrarsozialetat ständig




    Max Straubinger

    15023


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    gekürzt hat: zwischen 1999 und 2000 um über 400 Milli-
    onen DM. Dies kann nicht im Sinne unserer Landwirt-
    schaft sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Insgesamt können daher im Gesetzentwurf Ansätze für

    eine sinnvolle Organisationsstruktur gesehen werden,
    aber bei den genannten Punkten müssen noch wesentliche
    Nachbesserungen bei den Beratungen erreicht werden.
    Wir werden bei den Ausschussberatungen auf diese
    Punkte detailliert eingehen.

    Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Steffi Lemke,
Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Steffi Lemke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Werter
    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
    Straubinger, warum Sie mich zu Beginn Ihrer Rede zum
    Lächeln oder Lachen gebracht haben, lag daran, dass wir
    bereits in der Koalitionsvereinbarung festgelegt haben,
    eine solche Strukturreform durchzuführen. Wir haben
    also nicht auf Ihren Antrag gewartet, sondern das stand
    schon in unserer Koalitionsvereinbarung.


    (Klaus Brandner [SPD]: Da haben die abgeschrieben!)


    Bis dahin waren Sie ja noch verantwortlich und das
    Problem bestand darin, dass Sie 1995 eine Sachreform in
    der Sozialversicherung durchgeführt, aber die Struktur-
    reform ausgesessen haben, weil es sich zugegebener-
    maßen um ein hochkontroverses, strittiges Thema han-
    delt, bei dem Standort- und Mitarbeiterbelange betroffen
    sind


    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Aber wir waren als Erste mit einem Antrag da, oder nicht?)


    und bei dem sich in den letzten Jahren schlicht und ein-
    fach ein System herausgebildet hat, das nicht mehr zeit-
    gemäß gewesen ist.

    Ich möchte das noch einmal vor Augen führen: Es gab
    20 regionale Versicherungsträger, die sich in die Bereiche
    Unfall- und Krankenversicherung und Alterssicherung
    aufgespalten haben.


    (Max Straubinger [CDU/CSU]: Pflegeversicherung!)


    Das hat in der Summe jährlich 600Millionen DM an Ver-
    waltungskosten verursacht.

    Wenn man relativ starke Beitragssätze hat und im Be-
    rufsstand Unmut über die Beitragszahlung herrscht, dann
    ist der Gesetzgeber in der Verantwortung, ein System zu
    entwickeln, mit dem er erstens das eigenständige Versi-
    cherungssystem der Landwirte aufrechterhalten kann, weil
    es auf die spezifischen Belange der Landwirtschaft besser
    als ein anderes System eingeht, und mit dem er zweitens

    alles tun kann, was zu tun ist – ich appelliere an die Län-
    der, sich hier ebenfalls in den Verhandlungen über den Ge-
    setzentwurf zu engagieren –, um das, was an Verwaltungs-
    aufwand notwendig ist, so gering und so kosteneffizient
    wie möglich zu halten. Das sind unsere Leitlinien für eine
    solche Strukturreform gewesen.

    Schauen wir uns die Zahlen an: Von 1996 bis 2007 wer-
    den wir selbst im besten Fall eine Abnahme der Anzahl
    der Versicherten um 37 Prozent haben. Da kann man doch
    nicht allen Ernstes behaupten, dass man bei den Versiche-
    rungsträgern auf dem gleichen Niveau wie vorher bleiben
    kann.


    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Wer hat das behauptet?)


    Das heißt, wir haben diese Sache angefasst, wohlwissend,
    dass das schwierige Verhandlungen mit den Ländern mit
    sich bringen wird. Wir sind den Ländern mit unserem Ge-
    setzentwurf sehr weit entgegengekommen und haben den
    Gesetzentwurf an den Zielen soziale Flankierung des
    Strukturwandels, Abmilderung regional unterschiedlicher
    Wettbewerbsbedingungen, Stabilisierung der landwirt-
    schaftlichen Einkommen und effiziente Kostenstruktur in
    der Verwaltung ausgerichtet.


    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Sie haben die Sozialversicherung geplündert!)


    Wir werden die Funktion der landwirtschaftlichen So-
    zialversicherung mit unserem Gesetzentwurf stärken, da-
    mit sie zukunftsfähig ist und von den Versicherten auch
    wirklich als ihre Versicherung akzeptiert wird. Dazu
    gehört auch, dass die Verwaltungskosten auf einem ver-
    nünftigen Niveau sind.

    Die Anzahl derTrägerwird um mehr als die Hälfte re-
    duziert werden. Zentrale Aufgaben werden bei den Bun-
    desverbänden der landwirtschaftlichen Berufsgenossen-
    schaften und der landwirtschaftlichen Krankenkassen
    sowie beim Gesamtverband der landwirtschaftlichen Al-
    terskassen gebündelt. Darüber hinaus wird ein gemeinsa-
    mes Rechenzentrum für alle landwirtschaftlichen Ver-
    sicherungsträger geschaffen.

    Das wird ein schwieriger Prozess. Mir ist dabei insbe-
    sondere wichtig, dass wir auf die Belange der Beschäftig-
    ten in diesem Umstrukturierungsprozess Rücksicht neh-
    men. Deshalb wird sich der Prozess auch über mehrere
    Jahre hinziehen.

    Heute schon werden 57 Prozent der Gesamtkosten, die
    in diesem System anfallen, von der öffentlichen Hand
    übernommen. Deshalb hat der Bund nicht nur das Recht,
    bei der Mittelverwendung mitzureden, sondern er steht
    auch in der Pflicht, das zu tun; denn Missstände hat es dort
    in der Vergangenheit mit Sicherheit gegeben.

    Ich glaube, dass eine halbherzige Reform nach dem in
    den Diskussionen der letzten Zeit teilweise vertretenen
    Motto, dies alles dem Selbstlauf und den Trägern zu über-
    lassen, sich nicht einzumischen, sondern darauf zu setzen,
    dass die Träger die Reform vollkommen uneigennützig
    allein bewerkstelligen werden, nichts genützt und letzt-
    endlich den Bestand einer eigenständigen Versicherung
    für die Landwirte gefährdet hätte.




    Max Straubinger
    15024


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Deshalb lade ich dazu ein, die Beratungen im Aus-
    schuss konstruktiv anzugehen. Insbesondere aber, Herr
    Straubinger, sollten Sie sich dafür einsetzen, dass sich
    auch Bayern weiterhin sehr konstruktiv in diesen Prozess
    einbringt.


    (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das haben sie immer gemacht! Das ist die bayerische Art!)


    Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Bundesländer.
    Denn nur dann werden wir die landwirtschaftliche Sozi-
    alversicherung gemeinsam im Interesse der Versicherten
    aufrechterhalten können.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)