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    Bestimmung der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer als ordentliches Mitglied im Ver- mittlungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14977 A Begrüßung der Präsidentin der Hamburgi- schen Bürgerschaft, Frau Dr. Dorothee Stapelfeldt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14989 A Tagesordnungspunkt 14: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförde- rung – Ausbildungsförderungsreform- gesetz (AföRG) (Drucksachen 14/4731, 14/5276, 14/5277) 14977 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper, Jürgen W. Möllemann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Bundesausbildungs- förderungsgesetzes (BAföG) (Drucksachen 14/2253, 14/5276, 14/5278) 14977 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMB 14977 D Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU 14980 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14982 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14985 B Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14987 B Brigitte Wimmer (Karlsruhe) SPD . . . . . . . . 14989 B Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 14990 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14991 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . 14994 D Tagesordnungspunkt 15: a) Große Anfrage der Abgeordneten Kurt- Dieter Grill, Dr. Klaus W. Lippold (Of- fenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Zukunft der friedlichen Nutzung der Kernener- gie – Zukunft der Entsorgung (Drucksachen 14/1365, 14/5162) . . . . 14996 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion CDU/CSU: Die Folgen des Ausstiegs aus der Kern- energie für den Standort Deutschland (Drucksachen 14/3667, 14/4569) . . . . 14996 D Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14997 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14999 A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15002 A Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15004 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 15007 A Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15008 C Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 15009 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15011 A Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15012 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 15013 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15016 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 15018 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 15019 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 15019 C Plenarprotokoll 14/153 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 153. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Organisationsreform in der land- wirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVOrgG) (Drucksache 14/5314) . . . . . . . . . . . . . 15021 B b) Antrag der Fraktion CDU/CSU: Land- wirtschaftliche Sozialversicherung zu- kunftsorientiert gestalten (Drucksache 14/3774) . . . . . . . . . . . . . 15021 C Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15021 C Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 15022 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15024 A Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15025 A Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15026 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 15026 D Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Monika Balt, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Grundgesetzes (Art. 26 Abs. 1, Antifaschistische Klausel) (Drucksache 14/5127) . . . . . . . . . . . . . . . 15028 A Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 15028 B Erika Simm SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15029 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15030 A Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 15030 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15032 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 15032 C Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15033 C Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15034 B Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschaftspolitischer Zuständigkeiten (Drucksachen 14/2707, 14/3988) . . . . . . . 15035 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung derBundes- regierung zu aktuellen Berichten über die Gründe zum Eintritt in den Kosovo- Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15035 C Dr. Barbara Höll PDS (zur GO) . . . . . . . . . . 15035 C Jürgen Koppelin F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . 15035 D Susanne Kastner SPD (zur GO) . . . . . . . . . . 15036 A Manfred Grund CDU/CSU (zur GO) . . . . . . 15036 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15036 C Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15037 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 15038 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15039 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . 15041 A Dr. Eberhard Brecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 15042 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 15043 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15044 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 15045 D Dieter Schloten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15047 A Ulrich Adam CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 15048 A Gerhard Neumann (Gotha) SPD . . . . . . . . . . 15049 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15050 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15051 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts: Für eine sachgerechte Aufteilung wirt- schaftspolitischer Zuständigkeiten (Tagesord- nungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15052 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 15052 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 15053 C Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15054 D Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15055 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15056 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15056 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 Vizepräsidentin Petra Bläss 15050 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15051 (C) (D) (A) (B) Andres, Gerd SPD 16.02.2001 Austermann, Dietrich CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 16.02.2001 Behrendt, Wolfgang SPD 16.02.2001* Dr. Blens, Heribert CDU/CSU 16.02.2001 Brüderle, Rainer F.D.P. 16.02.2001 Dr. Bürsch, Michael SPD 16.02.2001 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 16.02.2001 Herta Friedhoff, Paul K. F.D.P. 16.02.2001 Dr. Fuchs, Ruth PDS 16.02.2001 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 16.02.2001 Glos, Michael CDU/CSU 16.02.2001 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Götz, Peter CDU/CSU 16.02.2001 Heinrich, Ulrich F.D.P. 16.02.2001 Hemker, Reinhold SPD 16.02.2001 Hempel, Frank SPD 16.02.2001 Henke, Hans Jochen CDU/CSU 16.02.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Hilsberg, Stephan SPD 16.02.2001 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Hollerith, Josef CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 16.02.2001 Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 16.02.2001* Klappert, Marianne SPD 16.02.2001 Dr. Knake-Werner, PDS 16.02.2001 Heidi Kossendey, Thomas CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 16.02.2001 Dr. Lamers, (Heidelberg) CDU/CSU 16.02.2001 Karl A. Lippmann, Heidi PDS 16.02.2001 Lohmann (Neubranden- SPD 16.02.2001 burg), Götz-Peter Mattischeck, Heide SPD 16.02.2001 Müller (Berlin), PDS 16.02.2001* Manfred Dr. Niese, Rolf SPD 16.02.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 16.02.2001 Otto (Frankfurt), F.D.P. 16.02.2001 Hans-Joachim Reinhardt, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Schemken, Heinz CDU/CSU 16.02.2001 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Schlee, Dietmar CDU/CSU 16.02.2001 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 16.02.2001 Schmitt (Berg), Heinz SPD 16.02.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 16.02.2001 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 16.02.2001 Schröder, Gerhard SPD 16.02.2001 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 16.02.2001 Reinhard Schurer, Ewald SPD 16.02.2001 Sebastian, CDU/CSU 16.02.2001 Wilhelm-Josef Seidenthal, Bodo SPD 16.02.2001 Dr. Stadler, Max F.D.P. 16.02.2001 Steinbach, Erika CDU/CSU 16.02.2001 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 16.02.2001 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 16.02.2001 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115052 (C) (D) (A) (B) Vogt (Pforzheim), Ute SPD 16.02.2001 Voß, Sylvia BÜNDNIS 90/ 16.02.2001 DIE GRÜNEN Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 16.02.2001 Wegener, Hedi SPD 16.02.2001 Willsch, Klaus-Peter CDU/CSU 16.02.2001 Wohlleben, Verena SPD 16.02.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 16.02.2001 Dr. Wolf, Winfried PDS 16.02.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 16.02.2001* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zurBeratung des Berichts: Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschaftspolitischer Zuständigkei- ten (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Ditmar Staffelt (SPD): Es ist schon erstaunlich, auf welche Ideen die Opposition kommt und dass sie auch noch meint, diese hier im Plenum diskutieren zu müssen. Heute geht es also um formale Zuständigkeiten zwischen Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium. Noch erstaunlicher sind die Forderungen in dem Antrag. In dem Antrag „Für eine sachgerechte Aufteilung wirtschafts- politischer Zuständigkeiten“ fordern die F.D.P. unter an- derem die Rückverlagerung der Abteilung VII Geld und Kredit aus dem Bundesministerium der Finanzen in das Bundeswirtschaftsministerium. Diese Abteilung war ja seinerzeit von Helmut Schmidt in das Bundesfinanzmi- nisterium übertragen worden. Das heißt, diese Abteilung ist nicht erst seit unserer Regierungsübernahme im Fi- nanzministerium angesiedelt und macht dort hervorra- gende Arbeit, sondern seit über 20 Jahren. Wenn der F.D.P. wirklich so viel an der Rückverlage- rung liegt, dann frage ich mich allen Ernstes: Warum ha- ben Sie dem die 16 Jahre nicht genutzt, diesen Wunsch umzusetzen? Ich meine jetzt nicht Herrn Brüderle per- sönlich – er war ja nie Bundeswirtschaftsminister –, son- dern seine Kollegen von der F.D.P., von Graf Lambsdorff bis hin zu Herrn Rexrodt. Keiner dieser Bundeswirtschaftsminister von der F.D.P. hat auch nur Anzeichen gemacht, die Abteilung Geld und Kredit ins Bundeswirtschaftsministerium zu- rückzuholen. Aber in der Opposition sieht man mitunter einiges anders. entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Nun zu dem nächsten Punkt, der Verlagerung zentra- ler allgemeiner wirtschaftspolitischer Kompetenz aus dem BMWi in das BMF. Für diese Frage lohnt sich durchaus einmal ein Blick über den nationalen Tellerrand hinaus. Die jetzige Aufteilung zwischen Wirtschafts- und Finanzressorts ist ja keine Erfindung der SPD oder von Bündnis 90/Die Grünen. In einer Vielzahl bedeutender Länder sind die Zustän- digkeiten von Finanzpolitik und gesamtwirtschaftlichen Fragen in einer Hand konzentriert. Ich will nur einige we- nige nennen: Frankreich, das Vereinigte Königreich, Ita- lien, Kanada und nicht zuletzt die USA. Und dass der Res- sortzuschnitt in diesen Ländern zu einer schlechten Wirtschafts- und Finanzpolitik geführt hat, kann man wohl nicht behaupten. Wir haben mit dem neuen Zuschnitt einen großen Wurf geschafft, nämlich beide Ministerien mit der Regierungs- übernahme zu stärken. Wir haben ein schlagkräftiges und auch in den internationalen Verhandlungen starkes Bun- desfinanzministerium geschaffen, dessen Reputation deutlich gestiegen ist. Darüber hinaus haben wir auch das Bundeswirt- schaftsministerium gestärkt, und zwar durch die neue Ab- teilung für Post und Telekommunikation, durch neue Technologiekompetenz und nicht zuletzt durch die He- reinnahme der Sherpa-Funktion im Bundesministerium für Wirtschaft. Damit ist insbesondere der internationale Aufgabenbereich kräftig angewachsen. Natürlich kann man immer wieder überlegen, ob nicht auch andere Be- reiche besser im Bundesministerium für Wirtschaft ange- siedelt werden können. Ich hätte ja auch nichts dagegen, wenn wir auf Bundesebene die Weinfragen im Wirt- schaftsministerium ansiedeln würden, wie in der schönen Heimat von Herrn Brüderle, der Pfalz. Damit komme ich zum nächsten Argument der F.D.P. Sie betonen, dass in dem Neuzuschnitt eine völlig neue ordnungspolitische Ausrichtung liegt. Das mag ja sein und wir haben uns dabei auch durchaus etwas gedacht. Aber ich kann beim besten Willen hierin keinen ord- nungspolitischen Verstoß in dem Neuzuschnitt erkennen. Nur weil die zwei Referate der kurz- und mittelfristigen Konjunkturprognose in das Finanzministerium verlagert worden sind, muss ja nicht die Ordnungspolitik schlech- ter werden – und auch nicht in der Tatsache, dass nun der Jahreswirtschaftsbericht im Bundesfinanzministerium fe- derführend behandelt wird. Auch schon zu Ihrer Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbericht traditionell zwischen allen Ressorts abgestimmt. Um dieses Argument zu stärken, werden Sie in Ihrem Antrag besonders „tricky“: Sie zählen den Anteil von steuer- und finanzpolitischen Themen im letzten Jahres- wirtschaftsbericht – und was stellen Sie fest? Höre und staune ein ganzes Viertel des Jahreswirtschaftsberichtes ist steuer- und finanzpolitischen Fragen gewidmet. Da kann ich nur sagen: Das ist ja allerhand. Ich frage mich allen Ernstes: Was will uns der Verfas- ser des Antrages, Herr Brüderle, mit diesen Zahlen sagen? Sicherlich, dass dies ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass wirtschaftspolitisch relevante Fragen nur noch stief- mütterlich behandelt werden. Es ist schon erstaunlich, welche mechanischen Vorstellungen Sie für gesamtwirt- schaftliche Zusammenhänge haben. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Jahresgutachtens des Sachverständigenrates oder den „Wold Economic Outlook“ des Internationalen Währungsfonds. Ob Sie nationale oder internationale wirtschafts- und finanzpoli- tische Empfehlungen studieren, die von Ihnen hochgehal- tene Trennung finden Sie nirgendwo. Im Gegenteil, steuer- und finanzpolitische Vorschläge stehen überall an erster Stelle für eine dynamische Wachstumspolitik für mehr Beschäftigung. Und im Übrigen: Gestatten Sie der Bundesregierung auch einmal, dass sie ihre Erfolge in der Steuer- und Fi- nanzpolitik besonders hervorhebt. Wir haben hervorra- gende Arbeit geleistet, was uns von Wirtschaft und inter- nationalen Finanzmärkten voll attestiert wird, und wir schreiben diese auch gern in aller Bescheidenheit in den Jahreswirtschaftsbericht. Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, wenn ich die heutige Debatte auch dazu nutze, um auf die Er- folge dieser Bundesregierung hinzuweisen, und zwar nicht trotz des neuen Zuschnitts, sondern wegen der Ressorts- zuständigkeiten: Wir hatten im Jahr 2000 ein Wachstum von 3,1 Prozent, eine Zahl, von der Sie während Ihrer Re- gierungszeit nur geträumt haben. Und auch in diesem Jahr werden wir, trotz abgeschwächter Dynamik der Weltwirt- schaft, ein stabiles Wachstum von real 2,75 Prozent in Deutschland erreichen. Der Abbau der Arbeitslosigkeit wird auch im Jahr 2001 anhalten, und zwar nicht aus de- mographischen Gründen, wie die Opposition immer wie- der behauptet. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir mit ei- nem Anstieg der Erwerbstätigenzahl um fast eine halbe Million; die Arbeitslosigkeit wird damit im Jahr 2001 auf 9 Prozent oder auf 3,6 Millionen Menschen sinken. Dies ist das Ergebnis einer mutigen Reformpolitik, die unserer Wirtschaft den notwendigen stabilen Rahmen vorgibt und ihr gleichzeitig die richtigen Impulse verleiht. Was haben denn die von Ihnen so gebeutelten Ressorts gemeinsam – ich sage noch einmal: gemeinsam; denn Kenn- zeichen unserer Politik ist das gemeinsame Vorgehen – auf den Weg gebracht? Wir haben mit einer mutigen Steuerre- form die Wirtschaft wirksam entlastet. Wir haben mit un- serem Zukunftsprogramm eine konsequente Konsolidie- rungspolitik eingeleitet, zu der Sie in 16 Jahren nicht in der Lage waren. Wir haben eine Rentenreform auf den Weg gebracht, die für stabile Renten sorgt und erstmalig die pri- vate Beteiligung und Eigenverantwortung einführt. Wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Deutschland wieder einen Spitzenplatz in der Informati- onstechnologie erreicht hat. Wir haben die Innovations- kraft in diesem Land wieder angeregt und damit die Mo- dernisierung und den Strukturwandel beschleunigt. Ich will an dieser Stelle nicht weiter all die Erfolge der Bundesregierung aufzählen. Vielen von Ihnen ist dies ja be- kannt und die positiven Zahlen sprechen eine klare Sprache. Dies alles zeigt für die heutige Debatte jedoch eines in aller Klarheit: Der Erfolg von Wirtschafts- und Finanzpolitik ist keine Frage des Ressortszuschnitts, sondern eine Frage der Zusammenarbeit aller und der praktischen Politik. Das Team Eichel/Müller und ihre Mannschaften haben den Standort Deutschland in enger und kooperativer Zu- sammenarbeit auch im internationalen Wettbewerb kräf- tig aufgewertet. Dass Sie von der Opposition das möglicherweise an- ders sehen, kann mich nicht beunruhigen. Sie hatten im- merhin 16 Jahre Zeit, um uns eines Besseren zu belehren. Wenn Sie mit dem alten Zuschnitt eine bessere Politik ge- macht hätten, wäre dies sicherlich vom Wähler honoriert worden. Es stimmt mich schon sehr bedenklich, wenn die Op- position ihre Kritik an formalen und institutionellen Zu- ständigkeiten festmacht. Für uns stehen jedenfalls mehr die Inhalte im Mittelpunkt, nicht die formalen Zuständig- keiten. Darauf sollten wir uns auch in den Diskussionen hier im Plenum konzentrieren – und nicht auf die Frage, ob nun eine Abteilung besser in diesem oder jenem Res- sort untergebracht ist. Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Der organisatori- sche und strukturelle Rahmen für Wirtschafts- und Ord- nungspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist in kei- nem vernünftigen Verhältnis mehr. Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, dass zwar allgemein und in allen Par- teien immer wieder über die besondere Bedeutung der Wirtschaftspolitik zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und zur Sicherung von Wohlstand gesprochen wird, dass jedoch zeitgleich die Rolle und Aufgabenstellung des Wirtschaftsministeriums, das zentral zur Erledigung die- ser Aufgabenstellung zuständig sein müsste, an allen Ecken und Kanten beschnitten und eingeschränkt wird. Der Antrag der F.D.P. zielt darum uneingeschränkt in die richtige Richtung. Die Liste der Beschneidungen von Zu- ständigkeiten des Wirtschaftsministeriums ist lang. Der Redlichkeit halber muss man sagen, dass die Verkleine- rung der Zuständigkeiten dieses Hauses nicht erst mit der rot-grünen Koalition begonnen hat. Dieser Erosionspro- zess hat leider auch in der CDU/F.D.P.-Koalition begon- nen. Allerdings ist er mit den Entscheidungen unter Bun- deskanzler Schröder in einer sachwidrigen und schädlichen Weise fortgesetzt und beschleunigt worden, wie ich mir das nicht habe vorstellen können. Wir fordern darum alle Beteiligten auf, sich diesem Sachverhalt mit der notwendigen Aufmerksamkeit zu nähern und einmal gemeinsam zu überlegen, nicht ob die- ser Prozess umgekehrt werden muss, sondern in welcher Weise dies vernünftigerweise geschehen kann. Für die CDU/CSU steht fest, dass eine sachgerechte Aufgabenzuordnung zum Wirtschaftsministerium eine we- sentliche Voraussetzung für die Wiedergewinnung von wirtschaftlichem Wachstum und zur nachhaltigen Bekämp- fung von Arbeitslosigkeit ist. Es ist richtig, geboten und sinnvoll, dass das Bun- desministerium für Finanzen den Finanzbericht nach § 31 der Bundeshaushaltsordnung erstellt. Nicht nach- vollziehbar ist jedoch, dass der Bundesfinanzminister den Jahreswirtschaftsbericht nach § 2 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes vorlegt und auch nach § 3 Sta- bilitäts- und Wachstumsgesetz gesamtwirtschaftliche Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15053 (C) (D) (A) (B) Orientierungsdaten vorlegt. Dies ist und bleibt eine Kern- aufgabe des Wirtschaftsministeriums. Es ist sachwidrig, wenn im gleichen Haus, in dem die Belastung der Wirt- schaft geplant wird, nämlich in der Steuerbehörde, auch der Jahreswirtschaftsbericht erarbeitet und bearbeitet wird. Wann sollen denn die notwendigen besonderen Interessen der Wirtschaft auch und gerade gegenüber der Steuer- behörde in der nötigen Freiheit und Eigenständigkeit ent- wickelt werden? Gerade an diesem Beispiel wird deutlich, dass durch die falsche Zuordnung auch eine Schwächung der ordnungspolitischen Ansätze zu erwarten ist. Es wäre Herrn Eichel ohne weiteres zuzumuten gewesen, diese damals aus machtpolitischen Gründen durchgesetzte Ent- wicklung, die Herr Lafontaine eingeleitet hat, aus ord- nungspolitischen Gründen wieder an das Wirtschaftsminis- terium zurückzugeben. Ein bisschen vernünftiger Druck des Bundeskanzlers wäre in dieser Situation ausgespro- chen sinnvoll und nötig. Der durch diese Fehlentschei- dung eingetretene Mangel wird auch nicht dadurch beho- ben, dass nun ein Konkurrenzprodukt, nämlich der Wirtschaftsbericht, im Wirtschaftsministerium aufgestellt wird. Durch diesen zweiten Bericht wird der Jahreswirt- schaftsbericht nicht besser, sondern eher etwas unwichti- ger, weil dann zwei Berichte zur Begutachtung vorliegen. Eine größere Klarheit in den Perspektiven ergibt sich da- durch unter keinem Gesichtspunkt. Es ist auch sachwidrig und nicht zu verstehen, dass die Zuständigkeit in außenwirtschaftspolitischen Fragen bei der OECD im Wesentlichen beim Bundesfinanzminister liegt. Auch hier war nicht die Sachpolitik entscheidend, sonder die Machtpolitik zwischen den beiden Häusern. In der Außenwirtschaft geht es aber nicht um den möglichen Export des Deutschen Steuerrechts, das wäre sicherlich ein Flop. In der Außenwirtschaft geht es um den Export von deutschen Waren- und Dienstleistungen, um die Wett- bewerbsgleichheit im Bereich des Im- und Exports und um die Fragen, die sich aus der Globalisierung der Welt- wirtschaft ergeben. Diese Fragen müssten richtigerweise von dem Haus behandelt und beantwortet werden, das hierfür auch die nationale Zuständigkeit hat. Die Überge- wichtung der finanzwirtschaftlichen Aspekte in diesem Zusammenhang ist der Sache nicht dienlich und damit schädlich. Die allgemeine Lebensregel, dass der Schuster bei seinen Leisten zu bleiben hat, und dass das für die Sa- che hilfreich ist, muss auch hier wieder gelten. Der Bun- desfinanzminister soll seinen Finanzbericht vorlegen und der Wirtschaftsminister soll seinen Jahreswirtschaftsbe- richt vorlegen. Was denn sonst! Unabhängig von diesen angesprochenen Fragenkom- plexen müssten wir uns darüber hinaus gemeinsam Ge- danken machen, wie wir die Rolle des Wirtschaftsministe- riums stärken und damit der Stimme der Ordnungspolitik neues Gewicht verleihen können. Unter dem Gesichts- punkt der Ordnungspolitik ist eine der ganz wesentlichen Aufgaben eines Wirtschaftsministeriums, das den Namen Ministerium für die Wirtschaft verdient, auch die Frage des Wettbewerbs. Gerade in der Wettbewerbspolitik wer- den die für die soziale Marktwirtschaft unverzichtbaren und wesentlichen Rahmenbedingungen gelegt. Deswegen ist es vernünftig und sachlich geboten, dass alle Behörden, die den Wettbewerb regulieren sollen – und zwar auch die Regulierungsbehörden – ihrer Natur nach dem Kartellamt und dem Wirtschaftsministerium unterstellt werden. Dies gilt für die bestehenden Regulierungsbehörden bei der Post genauso, wie für die geplante Regulierungsbehörde beim Eisenbahnvermögen und sollte auch gelten für even- tuell durch europäische Entwicklungen notwendige Regu- lierungsbehörden im Bereich von Strom, Gas und Wasser. Vielleicht wäre es sogar vernünftig, das Wirtschaftsminis- terium umzubenennen in Ministerium für Wirtschaft, Wettbewerb und Technologie. Auch bei den jüngsten Entscheidungen im Rahmen der BSE-Krise ist wieder einmal zulasten des Wirtschaftsminis- terium über das Ziel hinausgeschossen worden. Es ist ja richtig, dass der Verbraucherschutz, insbesondere im Ernährungs- und Lebensmittelbereich sehr eng mit den Aufgabenstellungen des Landwirtschaftsministeriums zu- sammen zu sehen ist. Absolut unverständlich ist es jedoch, dass der gesamte übrige Verbraucherschutz im Bereich der gesamten Technologieentwicklung nun ebenfalls dem Mi- nisterium für Landwirtschaft angegliedert wird. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass der Verbraucherschutz im Bereich der Automobilproduktion, der Telekommunikation, der Medizintechnik und aller sonstiger technischer Waren nun ausgerechnet im Landwirtschaftsministerium beheimatet sein soll. Auch hier haben wir wieder einen wehrlosen Wirt- schaftsminister Müller erlebt, der ohne Gegenwehr und ohne Hausmacht nicht nur die inhaltlichen Schlachten um die Mitbestimmung verliert, sondern auch sein Haus aus- plündern lässt. Als Trostpflaster für all die Belastungen seines Hauses und der Zuständigkeiten dieses einst glän- zenden Wirtschaftministeriums hat er dann endlich eine grüne parlamentarische Staatssekretärin bekommen. Herr Minister Müller, wenn Sie so weitermachen, dann sind Sie nicht nur parteilos, sondern irgendwann auch hauslos. Was wollen Sie sich eigentlich noch alles gefallen lassen, zulasten der Kompetenz Ihres Hauses und der Durchset- zungskraft von vernünftiger Ordnungspolitik? Wenn Sie so weitermachen bzw. weiter so untätig bleiben, wird das einst stolze Wirtschaftsministerium im Prinzip nur noch ein Subventionsministerium sein und Sie dürfen dann die Reste der Kohlesubvention verwalten. Das ist sicherlich ein Thema, bei dem Sie sich auskennen, aber das ist kein Thema, mit dem wir den Aufbruch zu neuen Ufern einer globalisierten Welt erfolgreich steuern können. Sie haben die Unterstützung der Opposition im Ansatz der Stärkung des Wirtschaftsministeriums. Jetzt müssen Sie sich nur noch in Ihrer eigenen Koalition durchsetzen. Viel Glück, versuchen Sie es einmal. Werner Schulz (Leipzig)(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die rot-grüne Bundesregierung hat durch Organi- sationserlass zu Beginn der Wahlperiode einige Verände- rungen der Zuständigkeiten einzelner Ministerien vorgenommen. Im vorliegenden Falle geht es dabei um eine Verlagerung grundsätzlicher wirtschaftspolitischer Zuständigkeiten aus dem Wirtschaftsministerium ins Fi- nanzministerium. Dies ist ein ganz normaler Vorgang. Es ist auch nichts Unübliches; Veränderungen wurden aus aktuellem Anlass kürzlich bei den Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz vorgenommen. Die heutige F.D.P. handelt nach dem bekannten Motto: „Es war immer so und so wird es auch immer bleiben“. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115054 (C) (D) (A) (B) Man muss sich vor Augen führen, wo die früheren Libe- ralen heute gelandet sind. Die Partei, die im Wahlkampf 1969 mit dem Anspruch angetreten ist, alte Zöpfe abzu- schneiden, beklagt sich in ihrem Antrag nun bitterlich da- rüber, dass die – man höre und staune – „von Ludwig Erhard konzipierte Trennung der wirtschaftspolitischen Fachfragen“ aufgegeben wurde! Mir scheint, das Gedächtnis ist kurz. Die vormaligen Liberalen wollten seinerzeit nicht nur Zöpfe abschneiden und mit drei Punkten Eindruck schinden. Während der so- zialliberalen Regierung – genauer: von Mai 1971 bis De- zember 1972 – wurde ein „Superministerium“ gebildet, welches zunächst von Karl Schiller und dann von Helmut Schmidt als Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen geleitet wurde. Da wurden also nicht nur einzelne Zu- ständigkeiten verlagert, da wurden die beiden Ministerien gleich zusammengelegt. Von einem Aufschrei der Em- pörung der Liberalen wegen der Verletzung erhardscher Gesetze war damals keine Rede. Wie kurz das Gedächtnis tatsächlich ist, zeigt sich auch daran, dass die heutigen Nachfolger der Liberalen nicht einmal mehr den Namen von Ludwig Erhard korrekt schreiben können, sondern ihn noch um ein hartes „t“ ergänzt haben! Darüber hinaus fragt man sich beim Lesen ihres Antra- ges, ob die F.D.P. möglicherweise übersehen hat, dass sie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr an der Regierung be- teiligt ist. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass Sie sich anmaßen, über Organisationserlasse des Bundes- kanzlers zu befinden. Ihnen geht es mitnichten um eine sachgerechte Aufteilung von Zuständigkeiten, sondern vielmehr um eine selbstgerechte Darstellung wirtschafts- politischer Besserwisserei! Und obwohl wir uns in der heißen Phase des Wahlkampfs in Rheinland-Pfalz befin- den, ist Ihnen bewusst, auf welch dünnem Eis Sie sich be- wegen. Sonst hätten Sie nie und nimmer zugestimmt, die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu ge- ben. Und noch eines: Während Ihrer Regierungsbeteiligung waren Sie auch nicht gerade zimperlich oder zurückhal- tend, wenn es um Kompetenzverlagerungen zu Ihren Gunsten gehen sollte. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass der damalige Wirtschaftsminister Möllemann über Jahre hinweg die Zuständigkeit für die Treuhand vom Bundesfinanzministerium in sein eigenes Haus verlagern wollte. Wie wir wissen, hat die Treuhand dann länger existiert als der glücklose Minister in seinem Amt. Die rot-grüne Bundesregierung hat es jedenfalls nicht nötig, sich von den vormaligen Liberalen in Sachen Markt- wirtschaft oder Kompetenzverteilung Nachhilfeunterricht erteilen zu lassen. Wir wissen, dass es gegen die be- schlossenen Zuständigkeiten ernsthafte Bedenken gibt. Wir werden zum Ende der Wahlperiode die positiven und die negativen Auswirkungen prüfen und bewerten. Danach werden wir gegebenenfalls neu entscheiden. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir immer bereit und in der Lage, unsere Entscheidungen vor dem Hintergrund der jeweiligen Ent- wicklungen bzw. der jeweiligen Erfordernisse zu reflek- tieren. Dieses ständige Überprüfen ist für uns auch Be- standteil einer modernen Wirtschaftspolitik, die angesichts der globalen Herausforderungen oder der Dynamik der Ökonomie eben nicht an überholten Erkenntnissen kleben bleiben darf. Gudrun Kopp (F.D.P.): Welchen Stellenwert hat die Wirtschaftspolitik bei der rot-grünen Bundesregierung? Wie wichtig ist Bundeskanzler Schröder und seinem Wirtschaftsminister Müller die deutsche Wirtschaft, allen voran der in jeder Festtagsrede hoch gelobte Mittelstand? Gemessen an diversen Verlagerungen von Zuständigkei- ten in andere Ressorts, vorwiegend an das Finanzminis- terium, sind diese Fragen klar negativ zu beantworten. Die Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand haben fachpolitisch rasant an Bedeutung verloren. Das spiegelt sich auch auf der langen Liste von wirtschafts- und mit- telstandsfeindlichen Beschlüssen der Regierung wider. Federn lassen musste das Bundeswirtschaftsminis- terium gleich nach der rot-grünen Regierungsübernahme. Die Grundsatz- und die Europaabteilung sowie die OECD-Zuständigkeit wurden in das Finanzministerium verlagert. Das war die Rache der SPD am ordnungspoliti- schen Geist Ludwig Erhards, Karl Schillers und anderer. So wundert es uns nicht, dass der Jahreswirtschaftsbe- richt, erstellt von Finanzminister Hans Eichel, viele wohl- tönende Phrasen enthält, die in bemerkenswertem Wider- spruch zur praktischen Politik anderer BMF-Abteilungen oder des BMAstehen. Derweil gibt der Wirtschaftsminis- ter einen „Wirtschaftsbericht“ heraus, der neben vielen bunten Bildern wenig Aussagekraft hat. Die Zuständigkeiten für wirtschaftspolitische Analy- sen und Konjunkturprognosen gab Minister Eichel trotz anders lautender Absprachen im letzten Sommer bis heute nicht wieder an das Wirtschaftsministerium zurück. Im Gegenteil, weitere Schwächungen des Wirtschaftsressorts folgten. Im letzten Sommer startete Minister Eichel einen wei- teren Coup: In einer Nacht- und Nebelaktion machte er den Verkauf der bundeseigenen Mittelstandsförderbank Deutsche Ausgleichsbank an die Kreditanstalt für Wie- deraufbau perfekt – natürlich an seinem Kabinettskolle- gen vorbei. Die Oberaufsicht über die neue bundeseigene Förderbank, einem Instrument der Wirtschaftsförderung, liegt beim BMF, obwohl sie da nichts zu suchen hat. Das BMWi sah auch mehr oder weniger hilflos zu, wie die Mittelstandsförderung in den letzten drei Jahren von 1,3 Milliarden DM auf 0,5 Milliarden DM zusammenge- strichen wurde. Und um das Bild der abnehmenden Be- deutung des BMWi komplett zu machen, wechselte der Fachbereich Verbraucherschutz im Rahmen der BSE- Krise zum Verbraucherschutz- und Landwirtschafts- ministerium. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion fordert die Bundesre- gierung auf, endlich zu klaren, ordnungspolitisch sinn- vollen Strukturen zurückzukehren. Dies bedeutet unter anderem: Erstens. Der Bundesfinanzminister legt wie zuvor sei- nen Finanzbericht vor. Zweitens. Das BMWi erstellt wieder federführend den Jahreswirtschaftsbericht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15055 (C) (D) (A) (B) Drittens. In das BMWi werden zurückverlagert: die Zuständigkeiten für wirtschaftswissenschaftliche For- schung, gesamtwirtschaftliche Analysen, der Sachver- ständigenrat und die OECD. Viertens. Die Abteilung „Geld und Kredit“ wird wieder, wie das bis 1972 der Fall war, beim BMWi angesiedelt. Mit klaren Strukturen und nachvollziehbaren Zustän- digkeiten erhöht sich die Fachkompetenz und Bedeutung von wirtschaftspolitischen Initiativen und Gesetzen. Wirt- schaftspolitische Konzepte müssen an die Stelle von rei- ner Kungelei für den Machterhalt treten. Wir, die F.D.P.- Bundestagsfraktion, fordern Sie auf, auf diesem Weg die Handlungsfähigkeit des Wirtschaftsministeriums wieder- herzustellen. Rolf Kutzmutz (PDS): Vor einiger Zeit bin ich gefragt worden, ob Deutschland einen Energieminister bräuchte. Ich habe damals gesagt: Den haben wir doch. Natürlich, das war stark verkürzt, nicht ausreichend begründet und vielleicht auch nicht gerecht. Denn Herr Müller hat ein- mal gesagt, er lasse sich für die Wirtschaft den Kopf blu- tig schlagen. Also nicht nur für die Energiewirtschaft, ob- wohl er drauf und dran ist, sich jetzt eventuell die eine oder andere KWK-Beule zu holen. Die Aufgabenverteilung ist nicht von Herrn Müller vorgenommen worden. Die Herausnahme wichtiger Ent- scheidungsfelder aus dem BMWi ist nicht seine Schuld. Er hat sie aber auch nicht verhindern können. Mich wundert, dass der Jahreswirtschaftsbericht im- mer noch diesen Titel trägt. Und ich vermute einfach, darin liegt auch der Grund, dass acht Monate nach Ab- schluss der Ausschussberatungen der Antrag der F.D.P. er- neut das Licht des Plenums erblickt. Schließlich steht in der nächsten Sitzungswoche wieder ein Jahreswirt- schaftsbericht des Bundesfinanzministers auf der Tages- ordnung, mit Zahlen, die bei ihrer Debatte wieder einmal von der Wirklichkeit überholt sein dürften. Ich fürchte allerdings, dass auch ein Bundeswirt- schaftsminister – egal welchen Namens – keine realisti- scheren Prognosen geliefert hätte. Denn Schönfärben gehört wohl immer zum Regierungsgeschäft. Aber grundsätzlich unterstützt auch die PDS das Anliegen, durch den Wirtschaftsminister den Wirtschaftsbericht und damit eine entsprechende Grundsatzabteilung sowie wirt- schaftswissenschaftliche Forschung verantworten zu las- sen, statt weiter die Öffentlichkeit zweimal jährlich – im Winter durch Herrn Eichel, im Sommer durch Herrn Müller – mit mehr oder weniger bunten, in jedem Falle aber folgenlosen Papieren zu beglücken. Im Übrigen können wir den strukturellen Forderungen der Liberalen jedoch nicht unbedingt folgen. Denn zu- mindest europapolitisch beweisen Frankreich und Groß- britannien, dass ein „Schatzministerium“-Konzept – also die Bündelung finanz- und wirtschaftspolitischer Kompe- tenzen – durchaus Vorteile haben kann, beispielsweise durch eine schlagkräftigere, weil nicht zersplitterte Inte- ressenvertretung im Ecofin-Rat. Dass es bei der Bundesrepublik mit dieser Schlagkraft auch ohne Zersplitterung krankt, belegt einmal mehr un- sere grundsätzliche Auffassung zum von der F.D.P. auf- geworfenen Thema: In dieser Gesellschaft hängt eine ef- fektive Wirtschaftspolitik mehr an den sie betreibenden Personen – sprich: hinter ihnen stehenden ökonomischen Schulen – denn an ihrer strukturellen Zuordnung. Ich ge- stehe freiweg: Wegen seiner politischen Haltung zur Glo- balisierung oder zur Stärkung der Binnennachfrage hätte die PDS eine außen- und volkswirtschaftliche Interessen- vertretung bei Oskar Lafontaine viel lieber als bei den am- tierenden Ministern oder gar bei F.D.P.-Personal gese- hen – egal, wie deren Amtsbezeichnung nun ist. In diesem Zusammenhang finde ich es schon pikant, dass die F.D.P. anlässlich der aktuellen Zuordnung des Jahreswirtschaftsberichtes plötzlich die Abteilung „Geld und Kredit“ auch wieder entdeckt. Die kam bekanntlich dem Bundeswirtschaftsministerium schon vor rund 30 Jahren abhanden – und alle Regierungskoalitionen mit liberaler Beteiligung seitdem fanden nichts dabei. Aber vermutlich soll mit dem vorliegendem Antrag schon an der Machtbasis für den nächsten Regierungseintritt gebas- telt werden. Wenn wir schon über Strukturen in diesem Bereich re- den: Warum verbindet man eigentlich nicht die Wirt- schafts- mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik? Hier könnte ein Schlüssel für „Mehr Wohlstand für alle“ liegen, statt die Wirtschaft immer durch die finanzpolitische Brille – oder eben umgekehrt – betrachten zu wollen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Ge- schäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1998 „Welt im Wandel – Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bun- desregierung Globale Umweltänderungen – Drucksache 14/3285 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/5172 Nr. 2.17 Rechtsausschuss Drucksache 14/272 Nr. 18 Drucksache 14/342 Nr. 1.6 Drucksache 14/3723 Nr. 2.3 Drucksache 14/3859 Nr. 1.5 Drucksache 14/4441 Nr. 1.12 Haushaltsausschuss Drucksache 14/4441 Nr. 1.28 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 200115056 (C) (D) (A) (B) Ausschuss fürWirtschaft undTechnologie Drucksache 14/4665 Nr. 2.20 Drucksache 14/4865 Nr. 1.18 Drucksache 14/4945 Nr. 2.5 Drucksache 14/4945 Nr. 2.7 Drucksache 14/4945 Nr. 2.8 Drucksache 14/4945 Nr. 2.9 Drucksache 14/4945 Nr. 2.10 Drucksache 14/4945 Nr. 2.11 Drucksache 14/4945 Nr. 2.12 Drucksache 14/4945 Nr. 2.23 Drucksache 14/4945 Nr. 2.29 Drucksache 14/4945 Nr. 2.37 Drucksache 14/4945 Nr. 2.38 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4441 Nr. 1.2 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/4441 Nr. 1.30 Drucksache 14/4570 Nr. 1.1 Drucksache 14/4865 Nr. 1.5 Drucksache 14/4865 Nr. 1.6 Drucksache 14/4865 Nr. 1.7 Drucksache 14/4865 Nr. 1.8 Drucksache 14/4865 Nr. 1.9 Drucksache 14/4865 Nr. 1.10 Drucksache 14/4865 Nr. 1.11 Drucksache 14/4865 Nr. 1.12 Drucksache 14/4865 Nr. 1.13 Drucksache 14/4865 Nr. 1.14 Drucksache 14/4865 Nr. 1.15 Drucksache 14/4865 Nr. 1.16 Drucksache 14/4865 Nr. 1.17 Drucksache 14/4945 Nr. 1.4 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Februar 2001 15057 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Birgit Homburger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Es wundert mich nicht, Frau
    Hustedt, dass Sie hier sagen, wir sollten uns einmal mit
    Zukunftsenergien beschäftigen.


    (Horst Kubatschka [SPD]: Wir machen es!)

    Ich würde das an Ihrer Stelle auch sagen, um davon abzu-
    lenken, dass Sie zu den eigentlichen Fragen überhaupt
    nichts sagen können.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ohne dass ich jetzt im Einzelnen auf alle Punkte ein-

    gehe, weil meine Redezeit dafür nicht ausreicht, will ich
    folgenden Punkt aufgreifen. Sie sprechen immer davon,
    Sie würden Zukunftstechnologien fördern. Ich kann
    dazu nur sagen: Was Sie hinsichtlich des EEG und der
    Kraft-Wärme-Kopplungs-Quote unternehmen, ist nichts

    anderes als eine Anmaßung der Politik, die Technik vor-
    zugeben und darüber hinaus noch den Preis vorzuschrei-
    ben.


    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Damit machen Sie jegliche Kreativität in der Wissen-
    schaft kaputt. Das ist nicht Technologieförderung, son-
    dern Förderung von schon bekannten Techniken.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Walter Hirche [F.D.P.]: Die klassische Gießkanne ist das!)


    Es wundert mich nicht, dass Sie darüber reden, weil die
    Bundesregierung derzeit mit den Folgen ihrer eigenen un-
    logischen Argumentation konfrontiert wird. Während
    die Botschaft vor der Bundestagswahl noch lautete, die
    Kernenergie sei unverantwortbar und deswegen müsse es
    den Atomausstieg geben, lautet die Botschaft nun, dass
    Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland sicher
    sei und dass das hohe Sicherheitsniveau seit Beginn der
    Nutzung der Kernenergie noch erhebliche Fortschritte
    durch die Fortentwicklung der Sicherheitstechnik für
    Kernkraftwerke erfahren habe. So die Bundesregierung in
    ihrer Antwort auf die Große Anfrage. Man höre und
    staune.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Frau Hustedt, Sie gehen davon aus, dass auch Atom-

    mülltransporte sicher seien, sonst hätte Herr Trittin nie-
    mals eine Vereinbarung mit Frankreich unterzeichnen
    können, nach der noch in diesem Frühjahr Castortrans-
    porte wieder aufgenommen werden. Im Übrigen wurden
    die ersten Transporte vom Umweltminister genehmigt.
    Sie sagen jetzt, das alles sei verantwortbar, weil man aus
    der Kernenergie aussteige.


    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Man höre und staune!)


    Herr Kubatschka, das war Ihre Argumentation. Wo bleibt
    denn da die Logik?


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Die ist nicht da!)


    Entweder die Kernenergie ist sicher, dann kann man sie
    auch weiterbetreiben,


    (Horst Kubatschka [SPD]: Haben Sie meine Einwände nicht mitbekommen?)


    oder sie ist nicht sicher, dann muss man sofort aussteigen.
    Das ist die Lage der Dinge.


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Mit Sofortvollzug!)


    Vom Ausstieg wird bisher nur geredet.

    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wo ist das Gesetz?)

    Bis jetzt sind Sie über Absichtserklärungen nicht hinaus-
    gekommen. Acht Monate ist es her, seit die Vereinbarung
    mit den Kernkraftwerksbetreibern geschlossen wurde.


    (Ulrike Mehl [SPD]: Sie machen es sich einfach!)





    Michaele Hustedt
    15004


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Aber seitdem haben Sie immer noch keinen Gesetzent-
    wurf vorgelegt.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie haben dieses Versäumnis selbst erkannt. Der Parla-
    mentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Herr
    Schmidt, hat vorgestern die Bundesregierung aufgefor-
    dert, ein entsprechendes Gesetz bald vorzulegen.

    Herr Trittin, die Situation ist wieder einmal folgen-
    dermaßen: Es gibt einen Konflikt zwischen dem, was
    der Umweltminister und die Grünen wollen, und dem,
    was der Wirtschaftsminister will. Dieser Konflikt
    wurde offensichtlich nicht ausdiskutiert. Sie haben für
    Ihre Klientel – dieses Problem haben Sie augenblick-
    lich – nichts anderes als weiße Salbe. Herr Trittin, Sie
    haben wieder einmal mit großen Tönen begonnen. Jetzt
    aber stellt sich heraus, dass Sie nur ein zahnloser Tiger
    sind.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nicht einmal ein Bettvorleger! – Christoph Matschie [SPD]: Aber immerhin noch Tiger! – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Besser ein Tiger als eine graue Maus!)


    Sie haben bis jetzt noch keine Antwort auf die Frage
    gegeben, wie Sie die Reduzierung der CO2-Emissio-nen, die Sie für die Erreichung des Klimaschutzzieles
    brauchen, mit dem Ausstieg aus der Kernenergie verein-
    baren wollen.


    (Ulrike Mehl [SPD]: Die Ökosteuer aufgeben, oder?)


    Sie können noch so schöne Reden halten, Frau Hustedt:
    Auch hier fehlt Ihr Konzept.

    Die F.D.P. fordert die Bundesregierung auf, endlich ein
    schlüssiges Energiekonzept vorzulegen, aus dem hervor-
    geht, wie das Klimaschutzziel bei gleichzeitiger Siche-
    rung der Energieversorgung in der Bundesrepublik
    Deutschland erreicht werden soll.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Darauf warten wir noch!)


    Im Übrigen haben Sie bis heute trotz vollmundiger
    Ankündigungen vor der Wahl überhaupt kein Entsor-
    gungskonzept vorgelegt. Das hat sich hier in den Reden
    auch wieder herausgestellt. Dies kritisieren nicht nur wir,
    sondern dies kritisiert auch der Sprecher der niedersächsi-
    schen Grünenfraktion. Auch Frau Backhaus vom BUND-
    Landesverband Niedersachsen kritisiert, dass die Bundes-
    regierung den versprochenen nationalen Entsorgungsplan
    schuldig geblieben ist. Der fehlende Entsorgungsplan sei
    schuld an einem Abenteuerwanderzirkus namens Castor-
    transport. Statt einer geordneten Endlagerung werde Flick-
    schusterei betrieben und bei der Zwischenlagerung greife
    die Bundesregierung immer mehr zu Notlösungen, so die
    BUND-Landesvorsitzende in Niedersachsen. Ich kann
    mich dieser Kritik nur anschließen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    In der Antwort auf die Große Anfrage, Herr Trittin – Ih-
    nen wird das Lachen noch vergehen –,


    (Unruhe bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sehr arrogant! – Horst Kubatschka [SPD]: Das Lachen zu verbieten wäre eine Regulierungsmaßnahme!)


    haben Sie wieder einmal erklärt, dass das Entsorgungs-
    konzept der alten Bundesregierung gescheitert sei. Die
    Begründung hierfür aber bleiben Sie in der Antwort wie-
    derum schuldig. In der Antwort sagen Sie lediglich,
    dass wesentliche Elemente des bisherigen Entsorgungs-
    konzepts nach Auffassung der Bundesregierung der Revi-
    sion bedürfen.

    Ich kann Ihnen nur sagen: Im Gegensatz zur jetzigen
    Bundesregierung hat die alte Bundesregierung ein Kon-
    zept gehabt, das wir konsequent verfolgt haben.


    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

    Gorleben ist als Zwischenlager genehmigt. Es wäre

    als Endlager für hochradioaktive Abfälle wahrscheinlich
    geeignet. Wir standen kurz davor, wirklich die Erkennt-
    nisse zusammen zu haben.


    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

    Dann haben Sie die Sache gestoppt. Das, was Sie da ma-
    chen, ist unverantwortlich.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Christoph Matschie [SPD]: Es hört sich an wie ein Politkrimi, Frau Homburger!)


    Sie berufen sich auf die Entwicklung des Standes von
    Wissenschaft und Technik.


    (Christoph Matschie [SPD]: Dann kam der böse Bürger und hat Sie abgewählt!)


    Diese habe dazu geführt, dass die bisherigen Kriterien
    hinsichtlich der Erfüllung der erforderlichen Schadens-
    vorsorge überprüft werden müssten. Die bisher an Endla-
    ger für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle gestellten
    Anforderungen, wie sie in den 1983 veröffentlichten Kri-
    terien des BMI/RSK-Katalogs festgelegt worden sind,
    müssten im Lichte neuer Entwicklungen und Bewertun-
    gen von wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie neuer
    konzeptioneller Überlegungen überprüft werden. Deswe-
    gen haben Sie einen Arbeitskreis eingesetzt, der die Si-
    cherheitskriterien überarbeiten soll.

    Frau Hustedt, Sie haben das hier auch gesagt. Ich kann
    Ihnen nur sagen: Es hat gerade wieder eine internationale
    Expertengruppe deutlich festgestellt, dass die Zweifel, die
    die Bundesregierung an der Eignung hat, nicht neu sind,
    sondern schon seit Jahren kontrovers diskutiert werden.
    Genauso ist es. Sie haben keine neuen Erkenntnisse.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie bewerten nur die Dinge anders.

    Im Übrigen schließe – so die internationale Experten-
    kommission weiter – keiner der Punkte, die die Bundes-
    regierung anführe, eine sichere Endlagerung im Gorle-
    bener Salzstock aus.




    Birgit Homburger

    15005


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Frau Hustedt, das, was Sie hier vorgetragen haben, und
    das, was der Minister die ganze Zeit macht, deutet darauf
    hin, dass es langsam auf Ostern zugeht: Es ist eine einzige
    Eierei.


    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Sie wollen also die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe
    abwarten und meinen, dann könne man darüber diskutie-
    ren, ob Gorleben geeignet sei. Wenn man jüngste Stel-
    lungnahmen aus der grünen Partei betrachtet, scheinen
    das die eigenen Leute auch nicht besonders überzeugend
    zu finden. So sagt zum Beispiel Fritz Kuhn, dass der Salz-
    stock in Gorleben seines Wissens nicht als Endlager ge-
    eignet sei. Frau Harms, Vorsitzende der niedersächsischen
    Grünen,


    (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Harms kennt sich gut aus!)


    sagt, dass der Salzstock in Gorleben im Vergleich zu an-
    deren möglichen Standorten allenfalls dritte Wahl sei.
    Woher diese Erkenntnis stammt, ist mir schleierhaft. Sie
    kann auch überhaupt keine Experten dafür anführen. Das
    Einzige, was hierdurch wieder belegt wird, ist, dass es
    hierbei überhaupt nicht um sachliche Erwägungen oder
    Kriterien geht, sondern schlichtweg um ideologisch moti-
    vierte Maßnahmen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

    Statt Atommüll unterirdisch und sicher an den sorgfäl-
    tig dafür ausgesuchten Standorten zu lagern, erzwingt die
    Bundesregierung jetzt auch noch oberirdische Provisorien
    ohne Rücksicht auf riskante Langfristfolgen. Um politisch
    missliebige Transporte hinauszuzögern, hat der Umwelt-
    minister darüber hinaus auch noch verfügt, dass Abkling-
    becken betroffener kerntechnischer Anlagen vorüber-
    gehend als Zwischenlager anerkannt werden.


    (Dr. Jürger Gehb [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Eine solche Auslegung atomrechtlicher Vorgaben, Herr

    Trittin, ist nicht nur fragwürdig und unverantwortlich.
    Das hätte nach der bisher bestehenden Gesetzeslage ei-
    gentlich zum Erlöschen der betreffenden Betriebserlaub-
    nis geführt.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Hätten wir so gehandelt, hätte das in Deutschland zu ei-
    nem Aufschrei geführt.

    Sie sind der Meinung, das alles könne man tun. Sie
    vollführen nichts anderes als Klimmzüge, und dies mit ei-
    nem Ziel: Transporte von Atommüll sollen verhindert
    werden. Die Bundesregierung leistet sich in diesem Zu-
    sammenhang eine gigantische Verschleuderung von Geld,
    das im Übrigen von den Stromkunden gezahlt wird. Ein-
    ziger Zweck dessen ist, Herrn Trittin möglichst Ärger
    vom Hals zu halten.


    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja, genau!)

    Die Absicht ist klar: Missliebige Transporte und die

    Entscheidung über einen Endlagerstandort sollen so lange

    hinausgezögert werden, bis eine neue Bundesregierung
    diese Entscheidung treffen muss. Dann könnte man sich
    – so denken Sie wahrscheinlich – wieder entspannt
    zurücklehnen und zu den Demonstranten zurückkehren.
    Ich sage Ihnen eines: Diese Art einer zynischen Politik ist
    ein unverantwortlicher Wechsel auf die Zukunft.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Damit wird das ganze Chaos deutlich: Während sich

    die designierte Vorsitzende der Grünen, Frau Roth, für die
    Teilnahme an Protestveranstaltungen und für friedliche
    Blockaden der Transporte ausspricht, billigt der Parteirat
    der Grünen Demonstrationen, bittet aber zugleich, auf
    Transportblockaden zu verzichten.


    (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch langweilig!)


    Der Umweltminister dagegen erklärt weder sein Einver-
    ständnis für Kundgebungen noch sein Einverständnis für
    Blockaden. Proteste seien sinnlos, weil die Transporte
    Bestandteil des so genannten Atomkonsenses und inso-
    weit erforderlich seien. Unterdessen äußert der Bundes-
    geschäftsführer der Grünen seine ganze Sympathie für
    Demonstrationen gegen ein Endlager in Gorleben. – Das
    ist ein einziges Tohuwabohu!

    Trotz dieser Diskussion bei den Grünen lässt Herr
    Trittin heimlich, still und leise Atommüll transportieren
    und hat im Übrigen Castortransporte genehmigt. Die
    Folge ist – Herr Trittin, darauf weise ich Sie jetzt auch
    hin –: Polizisten werden den Transport schützen müssen.
    Sie sind mit schuld daran, dass das so ist. Denn die Grü-
    nen haben die Stimmung aufgepeitscht und die Öffent-
    lichkeit desinformiert. Zudem haben Sie selber einmal auf
    den Schienen gesessen. Das ist das Problem.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die rot-grüne Genehmigung von Transporten ist nichts

    anderes als die Genehmigungen, die früher erteilt wurden.
    Es gilt das gleiche Recht und Gesetz. Sie haben ein ver-
    queres Verständnis von Recht und Gesetz.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Menschen haben ein gutes Gespür für Ihre unter-
    schiedlichen Vorgehensweisen. Sie sind jetzt bei Ihrer ei-
    genen Klientel unglaubwürdig. Ich rate Ihnen: Wenn Sie
    bei Ihrer Klientel, aber auch bei den Polizisten das Ver-
    trauen wieder herstellen wollen, sollten Sie beim ersten
    Atommülltransport vom Anfang bis Ende vorneweg lau-
    fen, um zu beweisen, dass von diesem Transport keinerlei
    Schaden ausgeht.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wie Jim Knopf, der Lokomotivführer! – Horst Kubatschka [SPD]: Wie die Frau Merkel!)


    Die derzeitige Politik bringt nichts anderes als finanzi-
    elle Belastungen, die zu keinem ökologischen Nutzen
    führen. Sie nimmt in Kauf, dass wir bei der Sicherheits-
    technik zurückfallen. Die F.D.P. fordert die Bundesregie-
    rung auf, das derzeitige Chaos endlich zu beenden.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)





    Birgit Homburger
    15006


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich gebe der
Kollegin Eva Bulling-Schröter für die Fraktion der PDS
das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eva-Maria Bulling-Schröter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Jede Woche findet die gleiche
    Debatte mit den gleichen Fragen und den gleichen Ant-
    worten zum Atomausstieg statt.


    (Horst Kubatschka [SPD]: Und mit den gleichen Zwischenrufen!)


    Langsam wird es langweilig.

    (Beifall der Abg. Michaele Hustedt NIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Kubatschka [SPD]: Und Sie halten die Rede von der letzten Woche!)


    Die Fernsehzuschauer und die Zuhörer hier warten auf et-
    was, und zwar auf das, wofür Sie gewählt wurden, näm-
    lich dafür, den Atomausstieg durchzusetzen.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich frage Sie jetzt noch einmal: Wann wird endlich das

    erste Atomkraftwerk geschlossen?

    (Ulrike Mehl [SPD]: Auch das haben wir schon gehört! – Horst Kubatschka [SPD]: Das werden Sie noch erleben! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer mit der Ruhe! Das passiert schon!)


    – Auch wenn ich es noch 30-mal bis zum Ende der Legis-
    laturperiode anmahne, wird nichts passieren.

    Die Union beklagt in ihren Anträgen die Aufgabe des Be-
    schlusses der Regierungschefs des Bundes und der Länder
    zur Entsorgung radioaktiver Abfälle vom September 1979
    und die daraufhin gefassten Grundsätze zur Entsorgung von
    Kernkraftwerken vom März 1980. Der unter Führung des
    damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt erarbeitete
    Beschluss sah im Wesentlichen die Errichtung von zwei ato-
    maren Zwischenlagern im nordrhein-westfälischen Ahaus
    und im niedersächsischen Gorleben vor. Die Landesregie-
    rung in Hannover erklärte sich zudem bereit, in Gorleben
    den Bau eines atomaren Endlagers zuzulassen.

    Die damaligen Beschlüsse haben die Probleme noch
    nicht näher reflektiert und die gewachsenen Sicherheits-
    bedenken gegen die Nutzung der Atomkraft noch nicht
    richtig gesehen, obgleich der Unfall von Harrisburg be-
    reits geschehen war. Mittlerweile wissen wir um die
    schrecklichen Folgen der Katastrophe von Tschernobyl.
    Die Front der Gegnerinnen und Gegner dieser Technik ist
    seitdem immer weiter angewachsen. Ich hoffe, Ende März
    wird sich diese Front in Gorleben wirklich stark zeigen.

    Nach bundesweiten Protesten wurden die Pläne zum
    Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage im bayerischen
    Wackersdorf aufgegeben. Nachdem sich die Gewinnung
    von Plutonium aus abgebrannten Brennstäben als eine
    technologische und wirtschaftliche Sackgasse herausge-
    stellt hatte, wurde die Möglichkeit der direkten Endlage-
    rung als Alternative ins Atomgesetz aufgenommen.

    Die deutsche Einheit führte zur Stilllegung und zur
    Aufgabe von Bauprojekten auf dem Gebiet der ehemali-

    gen DDR, was Ostdeutschland zwar noch nicht gänzlich
    von allen Sorgen befreit hat, die mit den strahlenden
    Hinterlassenschaften einhergehen, aber grundsätzlich ist
    hier der Weg für eine soziale und ökologische Energie-
    versorgung von einer schweren Hypothek befreit.


    (Beifall bei der PDS)

    Im Westen hingegen verschärft sich die Atommüllpro-

    blematik weiter. Mit den geplanten Atomkraftverstro-
    mungsmengen werden sich die hoch radioaktiven Abfälle
    noch einmal um die Menge verdoppeln, die seit Beginn
    der Nutzung angefallen sind. Die Wiederaufarbeitung von
    Brennelementen aus deutschen Kernkraftwerken im Aus-
    land soll auch dann noch fortgesetzt werden, wenn nach
    dem Jahr 2005 keine weiteren Transporte mehr ins Aus-
    land gehen sollten. Kollegin Hustedt, Sie haben heute zu
    Recht erklärt, die Wiederaufarbeitung sei zu beenden,
    denn dies sei illegale Zwischenlagerung. Nur, ich frage
    Sie: Warum nicht jetzt, sondern erst in fünf oder noch
    mehr Jahren?


    (Beifall bei der PDS)

    Seit SPD und Grüne an der Regierung sind, haben sie

    nichts mehr gegen den gesundheits- und umweltschädi-
    genden Prozess der Wiederaufarbeitung als solchen einzu-
    wenden, solange er nur nicht im eigenen Land stattfindet.


    (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! Du weißt es besser! – Horst Kubatschka [SPD]: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin!)


    Auch die Plutonium-Uran-Mischoxid-Fabrik – MOX –
    wurde nur so lange als Sicherheitsrisiko attackiert, bis
    sich russische Käufer für die Hanauer Anlage fanden.


    (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ha, ha!)


    Die Geschichte der vergangenen zwanzig Jahre hat ge-
    zeigt, dass die Entsorgungspläne der späten 70er-Jahre nie
    etwas anderes waren als eine Mauschelei zwischen Bun-
    desregierung und Regierungschefs der Länder.


    (Uwe Hiksch [PDS]:Sehr wahr!)

    Insofern waren sie nicht tragfähig.

    Mittlerweile hat sich die breite Front der Atomkraft-
    gegnerinnen und -gegner formiert und hat eine breite Ak-
    zeptanz in der Bevölkerung, vor allem in den betroffe-
    nen Gebieten.


    (Beifall bei der PDS)

    Als Reaktion werden nunmehr zahlreiche Zwischen- und
    Zwischenzwischenlager an den AKW-Standorten geneh-
    migt, errichtet und betrieben. Trotzdem kommen die Pro-
    teste nicht zur Ruhe, da die Lager für einen langfristigen
    Weiterbetrieb ausgelegt sind.

    Ich sage es noch einmal: Kapazitäten Gundremmingen.
    Die Genehmigung: Bis 2046 reicht die Kapazität – so eine
    Aussage der AKW-Bewegung Gundremmingen, Kollege
    Kubatschka.


    (Horst Kubatschka [SPD]: Es ist doch noch nicht genehmigt!)







    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Die Genehmigung lautet auf solch große Kapazitäten.

    (Horst Kubatschka [SPD]: Der Antrag! Das ist ein Unterschied!)

    Ein langfristiger Weiterbetrieb ist aber keine Option.

    Schließlich räumt auch die Bundesregierung in ihrer Ant-
    wort auf die Große Anfrage der Union ein, dass die „Mög-
    lichkeit von Unfällen mit großen Freisetzungen ... nicht
    lediglich theoretisch“ besteht. Das heißt im Klartext: Sie
    nimmt das Risiko von schweren Reaktorkatastrophen in
    Kauf. Ich denke, das ist wirklich ein Skandal.

    Das ist aber auf Dauer keine durchhaltbare Position.
    Noch einmal: Dieser Konsens ist Nonsens; denn er ist
    kein Konsens. Es gibt keine Übereinstimmung zwischen
    Atomkonzernen und der Bundesregierung. Die Atomkon-
    zerne wollen nicht abschalten


    (Beifall bei der PDS)

    und diese rechte Opposition hier wird alles dafür tun, da-
    mit es nicht zu einem solchen Konsens kommt.

    Nun noch kurz zu den vorgestern bekannt gewordenen
    Transporten. Sie lassen sehr viele Fragen offen. Was soll
    mit unbestrahltem Uran und Plutonium in einer Wieder-
    aufarbeitungsanlage geschehen? Kann die Bundesregie-
    rung ausschließen, dass das Material in Kürze als MOX-
    Brennelement zurückkommt?


    (Uwe Hiksch [PDS]: Kann sie nicht!)

    – Der Kollege bejaht es. Ich hätte aber die Antwort gerne
    von unserem Umweltminister gehört. Das wäre besser.


    (Heiterkeit bei allen Fraktionen – Birgit Homburger [F.D.P.]: Er darf nicht! – Horst Kubatschka [SPD]: Das war ein nicht bestelltes Echo!)


    Schauen wir uns einmal die Reaktionen der Vertreter
    der Koalition an. Kollege Müller und die Sprecherin des
    Bundesvorstandes der Grünen, Claudia Roth, mahnen öf-
    fentlich Informationen und Offenheit in diesen Fragen an.
    Wenn man dies schon nicht von den anderen erwarten
    kann, so kann man meines Erachtens zumindest von einer
    rot-grünen Regierung Offenheit erwarten. Daran fehlt es
    jedoch ganz, ganz grob.

    Die Demonstrationen in Gorleben formieren sich. Die
    Scheinheiligkeit auch der Regierungsparteien ist ange-
    sichts der Aussagen vor allem seitens der Grünen bewie-
    sen.


    (Horst Kubatschka [SPD]: PDS und CDU werden gemeinsam demonstrieren! Darauf freue ich mich schon!)


    – Ich gehe davon aus, dass die CDU nicht in Gorleben
    demonstrieren wird, denn sie hetzt ja. Wie wir gestern in
    der Aktuellen Stunde gehört haben, haben einige Mitglie-
    der dieser Partei die Demonstranten in die Ecke der
    Buback-Mörder gestellt.


    (Uwe Hiksch [PDS]: Das ist ein Skandal!)

    Ich halte dies für fatal und habe gestern dazu schon etwas
    gesagt.

    Demonstrantinnen und Demonstranten dürfen nicht
    kriminalisiert werden,


    (Uwe Hiksch [PDS]: Damit haben Sie Recht!)

    denn es geht hier um Zukunftsfähigkeit, um Nachhaltigkeit


    (Beifall bei der PDS – Horst Kubatschka [SPD]: Das habe ich gestern auch gesagt!)


    und um die Zukunftschancen für unsere Kinder und Kin-
    deskinder. Deswegen sollten wir nicht immer nur über ei-
    nen Atomkonsens reden, sondern es muss endlich etwas
    getan werden.


    (Beifall bei der PDS)