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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 16: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersver- mögensgesetz) (Drucksachen 14/4595, 14/5146, 14/5150, 14/5148) . . . . . . . . . . . . . 14403 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversiche- rung und zur Förderung eines kapi- talgedeckten Altersvorsorgevermö- gens (Altersvermögensgesetz) (Drucksache 14/5068, 14/5146, 14/5150, 14/5147) . . . . . . . . . . . . . 14403 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozial- ordnung – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Verbesse- rung der Nachhaltigkeit in derAl- terssicherung durch eine gerechte und sozialverträgliche Renten- politik – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht der Bundes- regierung über die gesetzliche Ren- tenversicherung, insbesondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Schwankungsreserve sowie des jeweils erforderlichen Bei- tragssatzes in den künftigen 15 Kalen- derjahren gemäß § 154 SGB VI (Ren- tenversicherungsbericht 1999) – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht der Bundesre- gierung über die gesetzliche Renten- versicherung, insbesondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Schwankungsreserve sowie des jeweils erforderlichen Bei- tragssatzes in den künftigen 15 Kalen- derjahren gemäß § 154 SGBVI (Ren- tenversicherungsbericht 2000) und Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2000 (Drucksachen 14/1310, 14/2116, 14/4730, 14/5146, 14/5150) . . . . . . . . . . . . . . . . 14403 C Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14404 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14406 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14410 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 14412 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P . . . . . . . . . . . . 14413 C Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14416 B Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14417 C Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 14419 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14423 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P . . . . . . . . . . . 14425 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 14427 A Plenarprotokoll 14/147 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 147. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001 I n h a l t : Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 14428 A Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . 14430 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14431 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 14432 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . 14432 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14434 A Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14435 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . 14435 C Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . 14436 B Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . . . . . . 14437 A Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14437 D Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14440 B Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14441 A Namentliche Abstimmungen . . . . . . 14441 D, 14444 B 14447 B, 14450 A Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14441 D, 14444 D 14447 D, 14450 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14453 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 14455 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Karin Kortmann (SPD) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Al- tersvermögensgesetz – AVmG) in der Aus- schussfassung (Tagesordnungspunkt 16 a) . . . . 14456 A Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Detlev von Larcher (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvor- sorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) in der Ausschussfassung (Tagesord- nungspunkt 16 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14456 C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenver- sicherung und zur Förderung eines kapitalge- deckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermö- gensgesetz – AVmG) in der Ausschussfassung (Tagesordnungspunkt 16 a) . . . . . . . . . . . . . . . 14457 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Fritz Schösser, Brigitte Adler, Ingrid Arndt- Brauer, Klaus Barthel (Starnberg), Ingrid Becker-Inglau, Willi Brase, Hans Büttner (In- golstadt), Christel Deichmann, Harald Friese, Angelika Graf (Rosenheim), Christel Hanewinckel, Reinhold Hemker, Walter Hoffmann (Darmstadt), Klaus Kirschner, Anette Kramme, Horst Kubatschka, Christine Lambrecht, Christine Lehder, Waltraud Lehn, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Dr. Christine Lucyga, Lothar Mark, Christoph Moosbauer, Andrea Nahles, Günter Oesinghaus, Albrecht Papenroth, Dr. Martin Pfaff, Renate Rennebach, Dr. Edelbert Richter, René Röspel, Gudrun Roos, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Thomas Sauer, Regina Schmidt- Zadel, Ottmar Schreiner, Gisela Schröter, Ewald Schurer, Dr. R. Werner Schuster, Erika Simm, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Jella Teuchner, Rüdiger Veit, Dr. Wolfgang Wodarg und Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Ausschusses für Arbeit und Sozial- ordnung zum Gesetzes zur Reform der gesetz- lichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermö- gens (Altersvermögensgesetz – AVmG) zur über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvor- sorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) in der Ausschussfassung (Tagesord- nungspunkt 16 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14458 B Anlage 6 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14459 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001 14455 (C) (D) (A) (B) Dr. Bartsch, Dietmar PDS 26.01.2001* Behrendt, Wolfgang SPD 26.01.2001* Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 26.01.2001 Dr. Blank, CDU/CSU 26.01.2001 Joseph-Theodor Bohl, Friedrich CDU/CSU 26.01.2001 Breuer, Paul CDU/CSU 26.01.2001 Brüderle, Rainer F.D.P. 26.01.2001 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 26.01.2001* Klaus Caesar, Cajus CDU/CSU 26.01.2001 Carstens (Emstek), CDU/CSU 26.01.2001 Manfred Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 26.01.2001 DIE GRÜNEN Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 90/ 26.01.2001 DIE GRÜNEN Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 26.01.2001 Dr. Friedrich CDU/CSU 26.01.2001 (Erlangen), Gerhard Dr. Fuchs, Ruth PDS 26.01.2001 Gröhe, Hermann CDU/CSU 26.01.2001 Günther (Plauen), F.D.P. 26.01.2001 Joachim Haschke (Großhenners- CDU/CSU 26.01.2001 dorf ), Gottfried Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 26.01.2001 Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 26.01.2001 Dr. Hendricks, Barbara SPD 26.01.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 26.01.2001 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 26.01.2001* Jelena Homburger, Birgit F.D.P. 26.01.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 26.01.2001* Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 26.01.2001* Imhof, Barbara SPD 26.01.2001 Jelpke, Ulla PDS 26.01.2001 Klappert, Marianne SPD 26.01.2001 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 26.01.2001 Lamers, Karl CDU/CSU 26.01.2001 Lintner, Eduard CDU/CSU 26.01.2001* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 26.01.2001* DIE GRÜNEN Lörcher, Christa SPD 26.01.2001* Lötzer, Ursula PDS 26.01.2001 Dr. Lucyga, Christine SPD 26.01.2001* Dr. Luft, Christa PDS 26.01.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 26.01.2001* Erich Mehl, Ulrike SPD 26.01.2001 Müller (Berlin), PDS 26.01.2001* Manfred Oesinghaus, Günter SPD 26.01.2001 Ostrowski, Christine PDS 26.01.2001 Otto (Frankfurt), F.D.P. 26.01.2001 Hans-Joachim Pau, Petra PDS 26.01.2001 Dr. Pfaff, Martin SPD 26.01.2001 Poß, Joachim SPD 26.01.2001 von Renesse, Margot SPD 26.01.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 26.01.2001 Schenk, Christina PDS 26.01.2001 Schloten, Dieter SPD 26.01.2001* Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 26.01.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 26.01.2001* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 26.01.2001* Siebert, Bernd CDU/CSU 26.01.2001* entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 26.01.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 26.01.2001 Steinbach, Erika CDU/CSU 26.01.2001 Stübgen, Michael CDU/CSU 26.01.2001 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 26.01.2001 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 26.01.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 26.01.2001 Wohlleben, Verena SPD 26.01.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 26.01.2001 Dr. Wolf, Winfried PDS 26.01.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 26.01.2001* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Karin Kortmann (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zurReform dergesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsor- gevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) in derAusschussfassung (Tagesordnungspunkt 16 a) Ich stimme dem Altersvermögensgesetz zu, mache aber folgende weiterführende Anmerkungen: Eine Ablehnung des Altersvermögensgesetzes hätte zur Folge, dass das Rentenreformgesetz 1999 der Regie- rung Kohl und insbesondere der demographische Faktor, der zu einer Absenkung des Rentenniveaus auf 64 Prozent führt, wieder in Kraft treten würde. Zu einer parteiüber- greifenden Verbesserung der Altersversorgung im Kon- sens sind CDU/CSU und die F.D.P. nicht bereit. Der An- trag der CDU/CSU stellt selbst gegenüber dem RRG 1999 eine Leistungsverschlechterung dar, ist unakzeptabel und ist keine Alternative zum Gesetzentwurf der Bundes- regierung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde im Verlauf der parlamentarischen Beratung an entscheiden- den Punkten weiterentwickelt. Auf den Ausgleichsfaktor wird verzichtet. Die neue Anpassungsformel ab 2011 dämpft die ursprünglich geplante Absenkung des Renten- niveaus vor allem für die junge Generation. Bei der privaten Vorsorge konnte die ursprüngliche Be- nachteiligung bei der staatlichen Förderung für betriebli- che und tarifliche Renten durch lange Übergangsfristen einvernehmlich mit den Gewerkschaften gelöst werden. Der Tarifvorrang bei der Entgeltumwandlung wurde ge- setzlich geregelt. Die private Vorsorge wird vor allem für die unteren und mittleren Einkommen durch Zulagen – Grund- und Kinderzulage – sowie generell durch die Anhebung des Sonderausgabenabzugs staatlich gefördert. Die bedarfsorientierte Grundsicherung will die Bundes- regierung mit einem Leistungsgesetz des Bundes regeln. Dennoch: Gemessen am bisherigen Rentenniveau fin- det ein Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Versicherte und Staat werden zum Erhalt einer gleich hohen Lebensstan- dardabsicherung stärker belastet, Arbeitgeber und Unter- nehmen werden tendenziell entlastet. Damit kommt es bei der Rentenversicherung zu einer Lastenverschiebung von den Arbeitgebern zu den Arbeitnehmern und zum Staat. Die Regelungen zur Alterssicherung der Frauen und die Regelungen zur Hinterbliebenenrente bleiben hinter meinen Erwartungen einer eigenständigen Alterssiche- rung für Frauen zurück. Das Ziel einer Weiterentwicklung der Rentenversiche- rung zu einer Versicherung für alle Erwerbstätigen muss weiter verfolgt werden. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Detlev von Larcher (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Renten- versicherung und zur Förderung eines kapital- gedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersver- mögensgesetz – AVmG) in der Ausschussfassung (Tagesordnungspunkt 16 a) Ich stimme gegen das Gesetz. Zwar ist das ursprüng- liche Rentenkonzept durch die intensive Diskussion in der SPD-Fraktion und durch Gespräche mit den Ge- werkschaften verbessert worden. Das Rentenniveau sinkt nicht wie ursprünglich geplant auf 64 Prozent ab, sondern nicht unter 67 Prozent; der Beitragssatz bleibt dennoch stabil – nicht über 22 Prozent –; die Rente für Frauen, insbesondere für Frauen mit Kindern, wird ver- bessert. Sie haben damit die Möglichkeit, einen eigen- ständigen Rentenanspruch aufzubauen. Und ganz wich- tig: Es gibt den Einstieg in die soziale Grundsicherung. Betriebsrenten erhalten unter tarifvertraglicher Absiche- rung Vorrang. Dennoch bleibt meine grundsätzliche Kritik am einge- schlagenen Weg zur Rentenreform: Die demographische Entwicklung mag uns zu Veränderungen in der Finanzie- rungsformel der Renten zwingen, aber sie zwingt uns nicht zu dieser Umverteilung. Die demographische Ent- wicklung wirkt sich überall aus, auch in Lebensversiche- rungen und kapitalgedeckten Versorgungssystemen, übri- gens auch in allen anderen sozialen Sicherungssystemen. Immer muss die aktive Generation die nicht mehr aktive und die noch nicht aktive versorgen, wie die nicht mehr aktive Generation die Generationen vor und nach ihr ver- sorgt hat. Oder anders. Die Altersversorgung muss immer aus der wachsenden Produktivität einer Volkswirtschaft finanziert werden. Wie die Früchte der wachsenden Pro- duktivität und die Kosten der Altersversorgung verteilt werden, bleibt eine politische Entscheidung. Auch hier Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 200114456 (C) (D) (A) (B) sollte der Grundsatz gelten, dass stärkere Schultern mehr zu tragen bekommen als schwache. Das Hauptproblem besteht nicht darin, dass die Rent- ner immer älter werden, sondern darin, dass die Rente aus Lohnanteilen der Erwerbstätigen finanziert wird, der An- teil der Löhne und Gehälter aber am Bruttoinlandsprodukt seit langem rückläufig ist. Anders ausgedrückt: Immer mehr Geld wird bei uns verdient, ohne dass davon etwas in die Sozialversicherungen fließt. Der Sozialsektor und damit die Rentenversicherung werden so allmählich von der Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums abge- koppelt. Die richtige Konsequenz ist also nicht, die gesetzliche Rente zu kürzen und damit und mit staatlicher Unterstüt- zung die Beschäftigten auf ihre Kosten zu einer kapital- gedeckten Zusatzvorsorge zu nötigen. Vielmehr muss jeg- liche Art von Einkommen „sozialversicherungspflichtig“ gemacht werden, nicht nur Löhne und Gehälter, sondern zum Beispiel auch die Besoldung der Beamten, Unter- nehmergewinne, Abgeordnetendiäten, Ministerbezüge, Erbschaften, Dividenden, Mieteinnahmen, Spekulations- gewinne usw. So wäre es möglich, die Altersversorgung bei mäßigen Beiträgen und ausreichendem Rentenniveau wirklich sicher zu machen. Daneben bliebe genügend fi- nanzieller Spielraum für sozialen Ausgleich wie Kinder- erziehungszeiten, Rehabilitation und Hinterbliebenenver- sorgung. Die „Teilprivatisierung“ der Altersrente und damit der beginnende Ausstieg aus der Solidarität droht zudem zum Einstieg zu werden in weitere Privatisierungen der Kos- ten für die finanzielle Absicherung der großen Lebensri- siken Krankheit, Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit, wofür die sozialen Sicherungs- systeme geschaffen wurden. Schon gibt es entsprechende Forderungen der Arbeitgeberverbände und auch der Bun- deskanzler sprach schon von mittelfristig möglicher größerer „Eigenverantwortung“ für die Krankheitskosten. „Experten“ äußerten am 22. Januar 2001 vor der En- quente-Kommission „Demographischer Wandel“, der Ar- beitgeberbeitrag sei einzufrieren und nur der Arbeitneh- merbeitrag sei zu erhöhen, weil Beiträge bis zu 30 Prozent erwartet werden. Vom Stimmverhalten der Fraktion abzuweichen fällt sehr schwer. Ich verstehe diejenigen in meiner Fraktion gut, die nach anfänglicher massiver Kritik am Entwurf dem Gesetz heute zustimmen werden. Wir haben gemein- sam für Verbesserungen des Konzepts gekämpft und wir haben, wie beschrieben, auch wichtige Veränderungen er- reicht. Ihrem Stimmverhalten nicht folgen zu können schmerzt. Doch für mich bleibt der eingeschlagene Weg zur Bewältigung der nicht zu leugnenden Probleme in den sozialen Sicherungssystemen ein Irrweg. Eine wirklich mutige Reform würde das Finanzie- rungsproblem, wie angedeutet, anpacken. Es darf doch nicht sein, dass der gesellschaftliche Reichtum immer größer wird, die sozialen Sicherungssysteme aber immer mehr abmagern müssen. Dass es so ist, ist kein Naturge- setz, sondern zeigt, dass die Solidarität in unserer Ge- sellschaft zu wünschen übrig lässt. Ich kann diesem Ge- setz nicht zustimmen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Al- tersvermögensgesetz – AVmG) in derAusschuss- fassung (Tagesordnungspunkt 16 a) Wir können der Rentenreform in der vorliegenden Form nicht zustimmen, weil wir die ihr zugrunde liegende Entscheidung, für einen Teil der Alterssicherung auf Pri- vatvorsorge statt auf die Ausweitung der solidarischen, paritätisch verfassten Pflichtversicherungssysteme zu set- zen, für falsch halten. Die paritätische Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme ist eine prägende Grundlage der sozialen Marktwirtschaft. Auf diesem Fundament sind große gesellschaftliche Fortschritte in Richtung Ge- rechtigkeit, Teilhabe und Antidiskriminierung erzielt wor- den. Das Abrücken von diesem gestaltenden Prinzip ist begründungspflichtig. Dem partiellen Zugewinn an sozialer Gerechtigkeit durch die Reform, zum Beispiel bei der Bekämpfung verschämter Altersarmut und der Auf- stockung der Beiträge für Kindererziehung, stehen eine Reihe von negativen Auswirkungen der Systemverän- derung entgegen, die wir nicht akzeptieren können. Die Entscheidung für Privatvorsorge geht zulasten sozial Schwächerer, die trotz staatlicher Zuschüsse bzw. Steuererleichterungen immer freiwillig einen Teil – min- destens 1 Prozent – selbst aufbringen müssen. Wenn die Entscheidung für die Zahlung zur Altersvorsorge oder der Winterjacke für das Kind fallen muss, wird sie oft genug für die Winterjacke fallen, mit den entsprechenden Folgen im Alter. Wenn nicht privat vorgesorgt wird, braucht man in Zukunft um Jahre längere Beitragszeiten, um über die Rentenversicherung bei der späteren Rentenauszahlung das Niveau der Sozialhilfe zu erreichen. Bei einem durch- schnittlichen Frauenverdienst bedeutet dies, dass erst bei mehr als 35 Beitragsjahren eine Rente auf Sozialhil- feniveau erreicht würde. Wenn jemand wegen Erwerbs- losigkeit nicht mehr in die private Altersvorsorge ein- zahlen kann, wird künftig zwar der Vertrag ruhen, aber es gelten für diesen Teil nicht die Regeln der solidarischen Sozialversicherung, nach der die Bundesanstalt für Arbeit für die Rentenbeiträge geradesteht, zumindest während der Zahlung von Arbeitslosengeld. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind dadurch Milliardenausfälle zu erwarten, für die innerhalb der bisherigen Systematik der GKV keine Kompensation durch Steuerzufinanzierung möglich ist. Der Systembruch eines Ausstiegs aus der Pa- rität – die Senkung der Lohnnebenkosten in der Renten- versicherung kommt ausschließlich den Arbeitgebern zugute, die private Vorsorge ist aber gleichzeitig für ein angemessenes Absicherungsniveau unabdingbar – kann nicht aufgewogen werden durch staatliche Förderung im Bereich privater Vorsorge. Wir halten es für sehr pro- blematisch, dass einerseits die Etablierung einer kapi- talgedeckten privaten Altersvorsorge mit einer Steuerzu- finanzierung von 20 Milliarden DM jährlich aufgebaut Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001 14457 (C) (D) (A) (B) wird und andererseits eine Zunahme von Sozialhil- febedürftigkeit zu erwarten ist. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Geschlech- tergerechtigkeit können wir dem Gesetz nicht zustimmen. Die schon angesprochenen Belastungen sozial Schwä- cherer treffen in besonderem Maße Frauen, die im Durch- schnitt bekanntlich immer noch circa ein Drittel weniger verdienen als Männer. Gleichzeitig werden Frauen mehr für ihre private Vorsorge zahlen müssen, um später die glei- che monatliche Leibrente zu erzielen wie Männer. Nach jetzigem Stand muss eine dreißigjährige Frau, um ab dem 65. Lebensjahr 100 DM Leibrente zu erhalten, 28,71 DM bezahlen, während ein gleichaltriger Mann monatlich nur 23,70 DM zu entrichten hat. Frauen leben nämlich laut Statistik durchschnittlich fünf Jahre länger. Dass die Pri- vatwirtschaft so rechnet, ist eine Sache; dass die staatliche Förderung sich nicht gleiche Bedingungen für Männer und Frauen zur unabdingbaren Voraussetzung macht, ist für uns nicht nachzuvollziehen. Schließlich ist auch in der Pflegeversicherung ermöglicht worden, gleiche Tarife für Frauen und Männer vorzusehen! Ebenfalls unter frauen- politischen Gesichtspunkten völlig kontraproduktiv ist das Faktum, dass bei Eheleuten, wenn die Frau nicht erwerbs- tätig ist, also auch nicht privat vorsorgt, trotzdem private Altersvorsorge der Frau staatlich gefördert wird. Dies gilt aber nicht, wenn sie erwerbstätig ist und zum Beispiel we- gen ihres niedrigen Einkommens keine eigenständige Pri- vatvorsorge trifft. Dies ist ein weiteres Erwerbshindernis für Frauen und eine völlig überflüssige Besserstellung der Hausfrauenehe. Wie stark sich die absehbaren Umverteilungswirkun- gen in der Realität geltend machen, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung des Rentenniveaus aus der gesetz- lichen Rentenversicherung ab; das haben die Gewerk- schaften immer wieder thematisiert. Den Wegfall des Ausgleichsfaktors begrüßen wir, ebenso wie die Festle- gung der Bundesregierung auf ein Rentenniveau von 67 Prozent als Minimum für die Zukunft. Allerdings soll- ten sich diese 67 Prozent von einer Nettogrundlage her berechnen, die nicht durch den Abzug der Privatprämie vom Nettoentgelt gegenüber dem jetzigen Stand reduziert wird. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Fritz Schösser, Brigitte Adler, Ingrid Arndt-Brauer, Klaus Barthel (Starnberg), Ingrid Becker-Inglau, Willi Brase, Hans Büttner (Ingolstadt), Christel Deichmann, Harald Friese, Angelika Graf (Rosenheim), Christel Hanewinckel, Reinhold Hemker, Walter Hoffmann (Darm- stadt), Klaus Kirschner, Anette Kramme, Horst Kubatschka, Christine Lambrecht, Christine Lehder, Waltraud Lehn, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Dr. Christine Lucyga, Lothar Mark, Christoph Moosbauer, Andrea Nahles, GünterOesinghaus, Albrecht Papenroth, Dr. Martin Pfaff, Renate Rennebach, Dr. Edelbert Richter, René Röspel, Gudrun Roos, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Thomas Sauer, Regina Schmidt-Zadel, Ottmar Schreiner, Gisela Schröter, Ewald Schurer, Dr. R. Werner Schuster, Erika Simm, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Jella Teuchner, Rüdiger Veit, Dr. Wolfgang Wodarg und Waltraud Wolff (Wol- mirstedt) (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetz- lichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) in derAusschuss- fassung Wir stimmen dem Altersvermögensgesetz trotz grund- sätzlicher sozialpolitischer Bedenken zu, die wir nachfol- gend noch einmal deutlich benennen möchte Eine Ablehnung des Altersvermögensgesetzes hätte zur Folge, dass das Rentenreformgesetz 1999 der Regie- rung Kohl und insbesondere der demographische Faktor, der zu einer Absenkung des Renteniveaus auf 64 Prozent führt, wieder in Kraft treten würde. Zu einer parteiüber- greifenden Verbesserung der Altersversorgung im Kon- sens sind CDU/CSU und die F.D.P. nicht bereit. Der An- trag der CDU/CSU stellt selbst gegenüber dem RRG 1999 eine Leistungsverschlechterung dar, ist unakzeptabel und ist keine Alternative zum Gesetzentwurf der Bundes- regierung. Dagegen wurde der Gesetzentwurf der Bundesregie- rung im Verlauf der parlamentarischen Beratung an ent- scheidenden Punkten weiterentwickelt. Auf den Ausgleichsfaktor wird verzichtet. Die neue Anpassungsformel ab 2011 dämpft die ursprünglich ge- plante Absenkung des Renteniveaus vor allem für die junge Generation. Bei der privaten Vorsorge konnte die ursprüngliche Be- nachteiligung bei der staatlichen Förderung für betriebli- che und tarifliche Renten durch lange Übergangsfristen einvernehmlich mit den Gewerkschaften beseitigt werden. Der Tarifvorrang bei der Entgeltumwandlung wurde ge- setzlich geregelt. Die private Vorsorge wird vor allem für die unteren und mittleren Einkommen durch Zulagen – Grund- und Kinderzulagen – sowie generell durch die Anhebung des Sonderausgabenabzugs staatlich gefördert. Die bedarfsorientierte Grundsicherung will die Bun- desregierung mit einem Leistungsgesetz des Bundes re- geln. In zentralen Punkte halten wir jedoch an unserer Kritik fest: Gemessen am bisherigen Rentenniveau findet ein Aus- stieg aus der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Versicherte und Staat werden zum Erhalt einer gleich hohen Lebensstandardabsiche- rung stärker belastet, Arbeitgeber und Unternehmen wer- den tendenziell entlastet. Wir schon bei der Pflegeversicherung kommt es jetzt auch bei der Rentenversicherung zu einer Lastenver- schiebung von den Arbeitgebern zu den Arbeitnehmern und zum Staat. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 200114458 (C) (D) (A) (B) Einer weiteren Abkehr von der paritätischen Finanzie- rung der Sozialversicherung muss dringend Einhalt gebo- ten werden. Die Ausweitung der privaten Vorsorge auf die Krankenversicherung hätte unabsehbare soziale Folgen. Die Regelungen zur Alterssicherung der Frauen und die Regelungen zur Hinterbliebenenrente bleiben hinter den Erwartungen einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen zurück. Auch werden die Kommunen als Sozialhilfeträger nicht in dem notwendigen Umfang entlastet. Auf die überfällige Weiterentwicklung der Rentenver- sicherung zu einer Versicherung für alle Erwerbstätigen wird bei der Rentenreform verzichtet. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Grundlagen für eine Reform der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung zu schaffen. Anlage 6 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000Überplanmäßige Ausgabe im Einzelplan 23, Kapitel 23 02Titel 896 02 – Beitrag der Bundesrepublik Deutschlandzu den „Europäischen Entwicklungsfonds“ der Europä-ischen Union (Abkommen von Lomé) – – Drucksachen 14/4539, 14/4670 Nr. 1 – Ausschuss fürWirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Fünfter Bericht der Bundesregierung über die Aktivi-täten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und dereinzelnen Rohstoffabkommen – Drucksachen 14/3647, 14/4093 Nr. 1.3 – Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre gesamten Bemü- hungen und über die politische Entwicklung in Nigeria – Drucksachen 14/3232, 14/3419 Nr. 1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/4665 Nr. 1.1 Drucksache 14/4665 Nr. 2.8 Drucksache 14/4665 Nr. 2.9 Drucksache 14/4665 Nr. 2.10 Drucksache 14/4665 Nr. 2.11 Drucksache 14/4665 Nr. 2.12 Drucksache 14/4665 Nr. 2.13 Drucksache 14/4665 Nr. 2.16 Drucksache 14/4665 Nr. 2.17 Drucksache 14/4665 Nr. 2.18 Drucksache 14/4665 Nr. 2.21 Drucksache 14/4665 Nr. 2.22 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/4309 Nr. 1.5 Drucksache 14/4665 Nr. 2.7 Drucksache 14/4665 Nr. 2.24 Drucksache 14/4945 Nr. 2.28 Drucksache 14/4945 Nr. 2.42 Drucksache 14/4945 Nr. 2.44 Drucksache 14/4945 Nr. 2.48 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/4665 Nr. 2.5 Drucksache 14/4665 Nr. 2.30 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4665 Nr. 2.19 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 147. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Januar 2001 14459 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die Rentenkon-
    sensgespräche vor ungefähr einem Jahr begannen, war die
    F.D.P. daran sehr konstruktiv und positiv beteiligt. Natür-
    lich begrüßten wir es, dass die Koalition vom Grundsatz
    her das alte F.D.P.-Modell einer neuen Statik zwischen
    den drei Säulen der Rentenversicherung aufgenommen
    hat: das Zurückfahren der gesetzlichen Rentenversiche-
    rung und daneben eine Verbesserung der privaten kapital-
    gedeckten Altersvorsorge und der betrieblichen Alters-
    vorsorge.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das aber, was Sie nach einem Jahr Rentengespräch,

    zwei Sachverständigenanhörungen, in denen weite Teile
    Ihres Gesetzes zerrissen worden sind, und einer Fülle von
    Änderungsanträgen, die darauf zielen, die Nachbesserung
    der Nachbesserung vorzunehmen, vorlegen, löst das Ver-
    sprechen zu einer langfristigen Reform einfach nicht ein.
    Deswegen wird die F.D.P. nicht zustimmen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es hat sich ziemlich schnell herausgestellt, dass die
    Rentenkonsensgespräche scheitern mussten, und zwar
    nicht nur, weil die CDU ihre Position intern noch nicht ge-
    klärt hatte,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Immer noch nicht!)


    sondern vor allen Dingen, weil Sie, Herr Bundeskanzler,
    mit Ihrem Wahlkampf um die Neue Mitte zwar Verspre-
    chen geleistet haben, diese Versprechen aber mit Ihren
    wichtigen Unterstützertruppen, den Gewerkschaften,
    nicht geklärt hatten.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Richtig!)

    Deswegen wurde die Vorstellung, die Herr Riester in

    den Konsensgesprächen durchsetzen sollte und wollte,
    mit Querschüssen aus den Gewerkschaften angegangen.
    Sie konnten Ihre Reform nicht einmal im Ansatz durch-
    setzen. Herr Riester war ja bereit, weiter zu gehen, ist aber
    daran gehindert worden. Deswegen ist das, was hier vor-
    gelegt wird, Murks.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ihr Wille, Herr Riester, einen Teil der Altersvorsorge in
    eine private kapitalgedeckte Altersvorsorge zu über-
    führen, ist vom Ansatz her richtig, aber er musste von den
    Gewerkschaften schon deswegen bekämpft werden, weil
    es um Machtfragen ging. Natürlich sitzen die Gewerk-
    schaften in den gesetzlich geregelten Sozialversiche-
    rungsträgern, während sie bei den privaten nicht vertreten
    sind. Deswegen haben sie versucht, Ihre private Alters-
    vorsorge kaputtzumachen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aus diesem Grund mussten Sie, Herr Riester, auch un-
    ter dem Druck der SPD-Fraktion – die Grünen haben sich
    mit ihren etwas liberaleren Positionen überhaupt nicht
    durchsetzen können – Schritt für Schritt den Geist der Be-
    vormundung des Bürgers bei der privaten Altersvorsorge
    in vollem Umfang durchsetzen. Dieser Gesetzentwurf
    atmet doch Ihr Misstrauen gegenüber dem mündigen Bür-
    ger.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Typisch sozialistisch! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das glaubst du doch selber nicht!)


    Sie glauben doch nicht wirklich daran, dass die Menschen
    für sich selbst und verantwortungsbewusst entscheiden
    können. Sie meinen, ihnen bis aufs letzte i-Tüpfelchen
    vorschreiben zu müssen, was sie zu denken und wie sie zu
    handeln haben.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich sage Ihnen: Sie werden damit bei der jungen Generation
    scheitern; denn die junge Generation will ihre Freiheit ha-
    ben und für sich selbst Verantwortung tragen. Deshalb ist Ihr
    Anspruch, mit diesem Gesetzentwurf Generationengerech-
    tigkeit einzulösen, gescheitert.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir brauchen eine wirkliche Generationengerechtig-
    keit. Das Rentenniveau von 67 Prozent, das Sie verspre-
    chen, wird nicht zu halten sein und das wissen Sie ganz
    genau.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das behaupten Sie!)

    Sobald das Bundesverfassungsgericht über die Frage der
    Rentenbesteuerung ein Urteil fällt, werden Sie das Niveau
    senken müssen.


    (Wilhelm Schmidt lange sollen wir noch warten?)


    Deswegen ist Ihr Entschließungsantrag, den Sie heute
    verabschieden wollen, schon im nächsten Jahr Makulatur.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie machen doch den Menschen etwas vor.
    Dadurch, dass Sie die Rentenreform der alten Regie-

    rung zurückgenommen haben und heute im Grunde ge-

    nommen – über viele Umwege und entsetzliche Diskus-
    sionen – genau das Gleiche machen, haben Sie eine Ver-
    unsicherung der Rentner über die Zuverlässigkeit ihrer
    Alterssicherung ausgelöst, die Sie überhaupt nicht verant-
    worten können und die wir nun mühsam Schritt für Schritt
    wieder abbauen müssen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie haben darüber hinaus mit der Zurücknahme der al-
    ten Rentenreform notwendige Problemlösungen hinaus-
    geschoben. Dieser Umstand macht es der jüngeren Gene-
    ration noch schwerer. Herr Bundeskanzler, Frau Merkel
    hat Recht: Mit diesem Rentenwahlkampf haben Sie in der
    Tat wider besseres Wissen den Menschen etwas vorge-
    macht und heute wollen Sie ihnen wieder etwas vorma-
    chen, indem Sie ihnen etwas versprechen, was Sie schon
    im nächsten Jahr nicht mehr halten können.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Erika Lotz [SPD]: Wir machen etwas!)


    Sie streben mit Ihrem Gesetzentwurf eine Beitrags-
    satzstabilität an und wollen nun mit dem Ent-
    schließungsantrag ein Rentenniveau festschreiben. Das
    geht nicht. Man kann die Dinge nicht an zwei Ecken ab-
    solut festklopfen, ohne zu wissen, wie sich die Bevölke-
    rungszahlen und – vor allem–der Arbeitsmarkt entwickeln.
    Das geht nicht.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Warum haben Sie 1998 das so getan, wenn Sie uns das jetzt vorwerfen?)

    – Das haben wir 1998 nicht getan, 1998 sind die Stell-
    schrauben bereits im Gesetz eingebaut gewesen. Herr
    Riester hat uns in den Rentenkonsensgesprächen verspro-
    chen, die entsprechenden Stellschrauben einzubauen; da-
    ran haben ihn aber die SPD-Fraktion und die Gewerk-
    schaften gehindert.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Lassen Sie mich auf die Generationengerechtigkeit
    und die Beitragssatzstabilität zurückkommen. Sie wollen
    im Jahre 2030 einen Beitragssatz von 22 Prozent errei-
    chen. Das schöpfen Sie bis zur letzten Stelle hinter dem
    Komma aus. Damit ist klar: Sie können das nicht errei-
    chen. Wenn Sie ernsthaft mit den Rentenversicherungs-
    trägern sprechen, werden sie Ihnen wahrscheinlich sagen,
    dass das, was Sie nach allen Seiten versprechen, nicht zu
    halten sein wird. Vielmehr sind Beitragssätze von 24 Pro-
    zent wahrscheinlich und das ist zu hoch, das können Sie
    der jungen Generation nicht zumuten.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dies gilt vor allen Dingen dann, wenn Sie ihnen zusätz-
    lich noch den Beitrag zur privaten Altersvorsorge abver-
    langen und damit bei Beitragssätzen von 28 Prozent lan-
    den.

    Deswegen ist in diesem Punkt richtig, was die Ge-
    werkschaften sagen. Die Gewerkschaften haben immer
    gefragt: Warum bleibt ihr nicht bei der gesetzlichen Ren-




    Dr. Irmgard Schwaetzer
    14414


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    tenversicherung? Sie splitten die Alterssicherung jetzt auf
    zwei Versicherungen auf, landen aber bei den Beitrags-
    sätzen auf einem Niveau, das auch eingetreten wäre, wenn
    Sie an dem Zustand, der vor der Reform der alten Regie-
    rung bestand, nichts geändert hätten.


    (Erika Lotz [SPD]: Wir haben doch ein höheres Niveau!)


    Mit einem erwarteten Beitrag von 28 Prozent verschieben
    Sie die Probleme nur auf die junge Generation.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Darüber hinaus streuen Sie den alten Menschen Sand
    in die Augen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wem denn alles noch?)


    – Der ganzen Bevölkerung, in der Tat.–

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD] Das hät ten Sie gleich sagen können!)

    Wir haben geeignete Vorschläge gemacht. Wenn Sie bei
    der demographischen Komponente der alten Regierung
    geblieben wären und außerdem die Stellschrauben ge-
    nutzt hätten, die sich innerhalb der Rentenversicherung
    direkt dazu anbieten, dann wäre es möglich – –


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Beiträge erhöhen? – Erika Lotz [SPD]: Nennen Sie sie doch mal!)


    – Wir müssen natürlich auch darüber reden, wie wir die
    Beitragszeiten der Versicherten wieder verlängern kön-
    nen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehen Sie! Jetzt kommen Sie auf den Punkt! Sehr interessant!)


    Die Rentenversicherung lebt davon, dass die Menschen
    nicht nur 38 bis 40, sondern 45 Jahre lang Beiträge zah-
    len.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich glaube, Sie haben nur 48 Minuten nachgedacht, Frau Merkel immerhin 48 Stunden!)


    Frau Lotz, das können Sie auch dadurch machen, dass Sie
    endlich eine vernünftige Reform der Studienzeiten und
    eine Verkürzung der Schuldauer hinbekommen.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir müssen weg von den 13 Jahren bis zum Abitur. Da
    können Sie ansetzen. Das würde der Rentenversicherung
    ebenfalls gut tun.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wissen doch ganz genau, dass das gar nichts gebracht hätte!)


    Würden Sie all dies machen, könnten Sie erreichen, dass
    die Gesamtbelastung 20 Prozent nicht überschreitet. Das
    ist nach wie vor das Ziel der F.D.P.

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas
    zu dem sagen, was Sie hier so hoch loben, nämlich der
    Stärkung der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge.

    Sie war der Grund dafür, dass die F.D.P. gesagt hat: Der
    Weg, den Sie einschlagen, ist eigentlich richtig und den un-
    terstützen wir. – Was haben Sie daraus gemacht? Sie, Frau
    Müller, und auch die SPD haben eben so getan, als sei dies
    der ganz große Durchbruch. Ich sage Ihnen: Es ist nicht der
    Durchbruch, weil erstens viele Menschen dieses Instru-
    ment der Altersvorsorge nicht in Anspruch nehmen wer-
    den, da es zu kompliziert ist, und weil zweitens gerade die
    Bedürftigsten – die Alleinerziehenden und die Arbeitslo-
    sen – durch den von Ihnen geforderten Eigenbeitrag über-
    haupt nicht in der Lage sein werden, dieses Instrument in
    Anspruch zu nehmen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben das wieder nicht durchgelesen!)


    Deswegen habe ich Ihnen vorgeschlagen, darauf zu ver-
    zichten, einen regelmäßigen Eigenbeitrag einzuführen,
    und habe, wie es auch in der Anhörung gesagt worden ist,
    stattdessen empfohlen, offen zu lassen, wann der Eigen-
    beitrag eingezahlt wird. In diesem Falle hätten die Allein-
    erziehenden und die Arbeitslosen dann, wenn sie wieder
    in Arbeit sind, die Möglichkeit, von den Zulagen Ge-
    brauch zu machen und ebenfalls eine ausreichende private
    Altersvorsorge aufzubauen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aber Sie waren nicht einmal diskussionsbereit. Sie muss-
    ten ja dieses Gesetz durchpeitschen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Von „Durchpeitschen“ kann wohl nicht die Rede sein!)


    Ich bin ganz sicher: Gerade da wird die Nachbesserung
    der Nachbesserung kommen.

    Sie werden ein bürokratisches Monster schaffen. Elf
    Anlagekriterien muss entsprochen sein, bevor überhaupt
    ein Altersvorsorgeprodukt förderungsfähig ist.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir wollen keine Manipulation! Das ist der Grund!)


    Keine Lebensversicherung – es gibt heute 80 Millionen
    Lebensversicherungen in Deutschland – erfüllt diese Kri-
    terien. Das bedeutet, dass Sie total übers Ziel hinaus-
    schießen.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie schreiben den Menschen Dinge vor, die Sie überhaupt
    nicht vorschreiben müssen.


    (Erika Lotz [SPD]: Wir wollen Sicherheit für die Menschen!)


    Deshalb wünschen wir uns, dass dieser Teil des Ent-
    wurfs ins Vermittlungsverfahren geht. Wir werden auch
    mithilfe der von der F.D.P. mitregierten Bundesländer
    versuchen, diesen Weg in den Bundesrat zu gehen, um an-
    schließend klar zu machen, dass dort Verbesserungen ein-
    geführt werden müssen – übrigens auch Verbesserungen
    beim Immobilienvermögen: Das, was Sie dazu be-
    schließen werden, ist nun wirklich das Allerletzte.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





    Dr. Irmgard Schwaetzer

    14415


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    80 Prozent der Menschen in Deutschland sehen das selbst
    genutzte Wohneigentum als die beste Altersvorsorge
    überhaupt an. Was machen Sie daraus? Nach Ihrer Auf-
    fassung muss Immobilienvermögen, wenn es förderfähig
    sein soll, den elf Kriterien Ihres Kataloges genügen. Das
    bedeutet, wer Wohneigentum gefördert bekommen hat,
    muss es zu Beginn seiner Rente erst einmal an die Bank
    abgeben, damit der Erlös verrentet wird.


    (Zuruf von der SPD: Das ist ja dummes Zeug!)

    Das ist aber nicht die Altersvorsorge mit Immobilienver-
    mögen, die sich die Menschen vorstellen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Auch die Anhörung hat ergeben, dass kein Mensch daran
    glaubt, dass Ihr Verfahren je praktikabel ist. Auch damit
    führen Sie etwas ein, was im Bundesrat und damit im Ver-
    mittlungsausschuss dringend verbessert werden muss.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Vermitt-
    lungsausschuss hat wirklich noch wichtige Arbeit zu leis-
    ten. Die F.D.P. wird sich die Zustimmung zu diesem Teil,
    zum Aufwand der privaten und betrieblichen Altersvor-
    sorge, nach dem Durchgang durch den Vermitt-
    lungsausschusses vorbehalten.

    Das, was Sie mit der gesetzlichen Rentenversicherung
    machen, ist wirklich nicht zu akzeptieren, weil es weder
    der jüngeren Generation noch den Frauen gerecht wird.
    Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Da
    Sie jedoch in der Lage sind, die Reform mit Ihrer Kanz-
    lermehrheit durchzusetzen, müssen wir auf eine neue
    Bundesregierung hinarbeiten, um dann die notwendigen
    Nachbesserungen vornehmen zu können.

    Danke schön.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich gebe das
Wort dem Kollegen Roland Claus für die Fraktion der
PDS.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Claus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine sehr ver-
    ehrten Damen und Herren! Frau Müller hat in der Debatte
    gesagt, es gebe für diese Rentenreform eine breite Zu-
    stimmung in der Gesellschaft. Nach dem, was ich in der
    letzten Zeit erfahren habe, kann ich Ihnen dazu nur sagen:
    Sie verwechseln einmal mehr den Deutschen Bundestag
    mit dem richtigen Leben; dort sieht es nämlich anders aus.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir haben es ja in den Wahlkreisen in den letzten Mo-

    naten erlebt: Obwohl die Bundestagsabgeordneten der
    SPD mit einem Musterreferat aus ihrer Parteizentrale
    ausgestattet waren, tauchten sie bei den Diskussionen re-
    gelrecht ab. Sie waren nicht mehr in der Lage, dieses
    komplizierte, sich ständig ändernde Gesetzeswerk zu er-
    klären.


    (Beifall bei der PDS)

    Die sozialistische Opposition im Bundestag hat im Un-

    terschied zur CDU/CSU inhaltliche Gründe für die Ab-

    lehnung dieser Reform. Die PDS wird in dieser Frage mit
    einer Stimme sprechen. Wenn Sie ehrlich sind, müssen
    Sie doch sagen: CDU/CSU, F.D.P. und Koalition haben
    im Inhalt doch keinen anderen Ansatz. Die CDU/CSU hat
    doch nicht wirklich eine Alternative angeboten. Ihnen
    geht es doch nur darum, diese Regierung mit allen Mitteln
    zu bekämpfen und nicht etwa in der Sache zu agieren.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Vielleicht unterliegen Sie auch einem Irrtum: Sie
    bekämpfen diese Bundesregierung, als wäre es eine linke
    Bundesregierung. Das ist ein schwerer Irrtum, kann ich
    Ihnen dazu nur sagen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

    Dass Ihnen dabei jedes Mittel recht ist, stimmt schon sehr
    besorglich. Ihre Plakataktion, so befürchte ich, war leider
    nicht nur ein Betriebsunfall im Adenauerhaus; das war
    eine bewusste Inkaufnahme der Beschädigung der parla-
    mentarischen Demokratie.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


    Dazu muss man dann sagen: Ist es auch Meyer, so hat es
    doch Methode. Dass man Plakate in der Sache auch mit
    Herz und Humor gestalten kann, hat Ihnen die PDS vor-
    gemacht.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na ja!)

    Das Nein der demokratischen Sozialistinnen und

    Sozialisten im Deutschen Bundestag ist begründet durch
    folgende Fakten. Wir kritisieren, dass Sie mit dieser Ren-
    tenreform einen Einstieg in den Ausstieg aus der gesetz-
    lichen Rentenversicherung vornehmen.


    (Beifall bei der PDS)

    Nun sagen Sie Ihrerseits: Es ist ja nur ein kleiner Beitrag.
    Aber gerade diese Türöffnung, dieser Einstieg in den Aus-
    stieg, ist ein historischer Fehler. Wer sein Rentenniveau
    künftig halten will, wird private Vorsorge treffen müssen.
    Ich sage Ihnen klipp und klar: Ich nenne das eine Zwangs-
    privatisierung der Rente.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn wir noch vor kurzem die Rente nach Kassenlage

    kritisiert haben, muss man jetzt leider sagen: Wir haben
    eine Rente nach Börsenlage zu befürchten. Was auch im-
    mer Sie erreichen wollen, ob 64 Prozent oder 67 Prozent,
    die Botschaft lautet: Es geht nach unten. Deshalb muss
    man Sie dafür kritisieren, dass das Soziale bei Ihnen in die
    Nachsorge geraten ist.

    Sie nehmen sich ein gesellschaftliches Projekt vor und
    machen ein Gesetz daraus. Dann stellen Sie auf einmal
    fest: Hoppla, es sind ja eine Menge unsozialer Dinge ent-
    halten, Ihr sozialdemokratisches Langzeitgedächtnis setzt
    ein und Sie nehmen Nachbesserungen vor. Aber das ei-
    gentliche Problem ist, dass das Soziale vom Ansatz her
    aus den Fugen geraten ist.


    (Beifall bei der PDS)





    Dr. Irmgard Schwaetzer
    14416


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Sie versuchen leider, den Abschied vom Sozialstaat vor-
    zunehmen. Das werden wir nicht hinnehmen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch völliger Unsinn, Herr Claus!)


    Es ist im Lande doch inzwischen so, dass die Leute
    nicht mehr nur noch fragen: Was ist denn an der
    CDU/CSU noch christlich? Die Menschen fragen auch:
    Was ist an der SPD noch sozial? So sieht es doch in Wahr-
    heit aus.


    (Beifall bei der PDS – Michael Glos [CDU/ CSU]: Aber was kommunistisch ist, wissen die Leute!)


    Beitragssatzstabilität erreichen Sie nur für die Arbeit-
    geber. Der Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung ist
    ebenso ein historischer Fehler. Was ist der Dank der
    Großindustrie für dieses Geschenk? Zeitgleich mit der
    Verabschiedung dieser Rentenreform lässt die Großindus-
    trie die Bundesregierung und das Parlament bei der Ent-
    schädigung der Zwangsarbeiter im Regen stehen. Das
    können wir nicht hinnehmen.


    (Beifall bei der PDS)

    Es ist wahr, dass Frauen die Verliererinnen dieser Ren-

    tenreform sind, weil sie nun einmal bei der privaten Rente
    benachteiligt werden. Ihnen wird im Erwerbsleben abver-
    langt, sich so zu verhalten wie Männer. Trotzdem bekom-
    men sie weniger Rente. Dazu kann man nur sagen: Das ist
    Politik von gestern.


    (Beifall bei der PDS)

    Es ist deshalb notwendig, auch künftig Widerstand zu

    leisten und Alternativen aufzuzeigen. Wir wissen sehr
    wohl, dass wir in dieser Frage nicht allein stehen. Wir ge-
    hen mit Sozialverbänden und Kirchen in eine Richtung.
    Linker Druck auf Ihre Politik war bisher nicht umsonst;
    linker Druck ist auch künftig nötig.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir wollen es nicht hinnehmen, dass auch unter Rot-

    Grün in diesem Lande die Reichen reicher und die Armen
    mehr werden. Sie wissen genau: Bei der Umsetzung Ihrer
    Reform steht vieles in den Sternen. Sie haben selbst ein
    großes Unbehagen gespürt und versuchen nun, mit einem
    Entschließungsantrag dieses Unbehagen zu beschwichti-
    gen. Das ist ein Selbstbetrug nach dem Motto „Alles wird
    gut, aber nichts wird besser“. Das wissen Sie doch genau.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Ich will an dieser Stelle erwähnen, dass es schon be-

    sorgniserregend ist, wie die Koalition und die Regierung
    mit den Gewerkschaften umgehen und was sich die Ge-
    werkschaften gefallen lassen. Schauen wir uns einmal die
    Entwicklung an: erst der knallharte Protest, dann die An-
    sage „volle Rückendeckung für die Rentenreform“ und
    schließlich die späte Besorgnis. Diese Handlungsweise
    wird in der Öffentlichkeit als Eiertanz – genau das ist es
    nämlich – aufgenommen. Man muss die Frage anschlie-
    ßen: Wessen Interessen vertreten die Gewerkschaften ei-
    gentlich? Sind sie die Interessenvertreter ihrer Mitglieder
    oder – diesen Eindruck haben inzwischen viele Menschen

    im Lande – sind sie die Interessenvertreter der Regierung?
    Ich kann Ihnen sagen, wohin das führt, und mache Sie
    deshalb auf diesen Besorgnis erregenden Zustand auf-
    merksam.


    (Beifall bei der PDS)

    Wir kritisieren ebenfalls, dass Sie mit dieser Rentenre-

    form keinerlei Anstrengungen zur rechtlichen Gleichstel-
    lung von ostdeutschen und westdeutschen Erwerbsbio-
    grafien unternommen haben. Das kann in den neuen
    Bundesländern nur als Ignoranz nach dem Motto „Einmal
    Ossi, immer Ossi“ empfunden werden.

    Diese Reform hat mit dem Wahlprogramm der SPD
    von 1998 nichts mehr gemeinsam. Sie verlagern soziale
    Spannungen in die Zukunft. Die Sozialistinnen und So-
    zialisten im Deutschen Bundestag werden sich dem
    entgegenstellen. Wir wollen keine Ellbogengesellschaft,
    wir wollen eine Solidargemeinschaft.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der PDS)