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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Harald Kahl und Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten . . . . . . . . 14249 A Erweiterung und Umstellung der Tagesordnung 14249 A Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 14249 C Tagesordnungspunkt 3: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bundesbericht Forschung 2000 (Drucksache 14/4229) . . . . . . . . . . . . . . . 14250 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14250 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 14252 C Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU 14253 D Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14256 C Ulrike Flach F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 14258 B Ulrike Flach F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14260 A Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14262 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14264 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 14266 D Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14267 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14270 C Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Kurt-Dieter Grill, Gunnar Uldall, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Energiepolitik fürDeutsch- land – Konsequenzen aus dem Ener- giedialog 2000 (Drucksachen 14/3507, 14/4338) . . . . 14271 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Klaus Lippold (Offenbach), Dr. Paul Laufs und der Fraktion CDU/CSU: Energieeinsparung durch Minderung des Stromverbrauchs von Elektro- geräten im Leerlaufmodus (Stand-by- Effekt) (Drucksachen 14/2348, 14/3328) . . . . 14272 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Techno- logie zu der Unterrichtung durch das Eu- ropäische Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments zu Elektri- zität aus erneuerbaren Energieträgern und zum Elektrizitätsbinnenmarkt (SEK (1999) 470 – C5-0342/1999 – 2000/2002 (COS)) (Drucksachen 14/3428 Nr. 1.9, 14/4339) 14272 A d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Walter Hirche, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Zukunftsfähige Energiepolitik für den Standort Deutschland (Drucksachen 14/2364, 14/2946) . . . . 14272 B e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Gunnar Uldall, weiterer Abgeordneter Plenarprotokoll 14/146 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 146. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 I n h a l t : und der Fraktion CDU/CSU: Energie- politik für das 21. Jahrhundert – Ein- stieg in ein nachhaltiges, klima- verträgliches Energiekonzept statt Ausstieg aus der Kernenergie (Drucksachen 14/543, 14/3229) . . . . . 14272 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Techno- logie zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Hirche, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P. zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeu- gung aus erneuerbaren Energien (Er- neuerbare-Energien-Gesetz) sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Drucksachen 14/2341, 14/2778, 14/3343) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14272 C g) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Birgit Homburger, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion F.D.P.: Solar- bericht (Drucksache 14/1234) . . . . . . . . . . . . . 14272 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 14272 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 14274 C Dr. Axel Berg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14276 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 14277 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 14277 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14278 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14279 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 14282 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 14283 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 14286 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 14288 B Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14289 D Volker Jung (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . . . 14291 C Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14292 D Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Jörg van Essen, Gerhard Schüßler, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion F.D.P. eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Ergänzung des Deutschen Richtergesetzes (DRi- GErgG) (Drucksache 14/4909) . . . . . . . . . . . . . 14294 A b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Dezember 1999 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama über den Luft- verkehr (Drucksache 14/4988) . . . . . . . . . . . . . 14294 B c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Mai 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Est- land über den Luftverkehr (Drucksache 14/4989) . . . . . . . . . . . . . 14294 B d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurAufhebung des Magnet- schwebebahnbedarfsgesetzes (Drucksache 14/5067) . . . . . . . . . . . . . 14294 B e) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung von Vor- schriften im land- und forstwirt- schaftlichen Bereich auf Euro (Fünf- tes Euro-Einführungsgesetz) (Drucksache 14/4555) . . . . . . . . . . . . . 14294 C Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über die Verarbei- tung und Nutzung der zur Durchfüh- rung derVerordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates erhobenen Daten (Drucksachen 14/4721, 14/5142) . . . . 14294 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zi- vil- und Handelssachen (Drucksachen 14/4591, 14/5143) . . . . 14294 D c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Änderungsur- kunden vom 6. November 1998 zur Konstitution und zur Konvention der Internationalen Fernmeldeunion vom 22. Dezember 1992 (Drucksachen 14/3952, 14/5104) . . . . 14295 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001II d) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 28. Juli 1995 zwischen der Regierung der Bundes- republik Deutschland und der Regie- rung derAserbaidschanischen Repu- blik über den Luftverkehr und zu dem Protokoll vom 29. Juni 1998 zur Berichtigung und Ergänzung des Ab- kommens vom 28. Juli 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Aserbaidschanischen Republik über den Luftverkehr (Drucksachen 14/3476, 14/4971) . . . . 14295 B e) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. Mai 1999 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Moldau über den Luftverkehr (Drucksachen 14/3475, 14/4972) . . . . 14295 C f) – m) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 174, 194, 234, 235, 236, 237, 238, 239 zu Petitionen (Drucksachen 14/3537, 14/4561, 14/5098, 14/5099, 14/5100, 14/5101, 14/5102, 14/5103) . . . . . . . . . . . . . . . 14295 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde betr. Keine Ausgrenzung unserer Bauern – die Bundesregierung muss dem ländlichen Raum in der ge- genwärtigen Krise helfen . . . . . . . . . . . . 14296 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 14296 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 14298 A Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14299 A Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14300 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 14301 C Iris Hoffmann (Wismar) SPD . . . . . . . . . . . . 14302 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . 14303 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14304 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 14305 C Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14306 D Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 14308 C Holger Ortel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14309 D Manfred Grund CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14311 A Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 14312 B Tagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zurÄnderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicherVorschrif- ten (StVRÄndG) (Drucksachen 14/4304, 14/5132) . . . . 14313 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Rita Streb-Hesse, Dr. Margrit Wetzel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abge- ordneten Albert Schmidt (Hitzho- fen), Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜND- NIS 90/ DIE GRÜNEN: Regelung des Anwohnerparkens durch Städte und Gemeinden – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Ab- geordneten Albert Schmidt (Hitzho- fen), Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜND- NIS 90/ DIE GRÜNEN: Verbot des Mitführens von Radar- und Laser- warngeräten in Kraftfahrzeugen (Drucksachen 14/1258, 14/1351, 14/5132) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14314 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion PDS: Geschwindig- keitsbegrenzung auf 130 km/h auf Autobahnen (Drucksachen 14/1082, 14/5076) . . . . 14314 B Rita Streb-Hesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14314 C Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . 14316 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14318 A Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 14320 B Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . 14321 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 III Stephan Hilsberg, Parl. Staatssekretär BMVBW 14322 D Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . 14324 B Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14325 D Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Jüdisches Museum, „Topo- graphie des Terrors“, Mahnmal für die ermordeten Juden Europas (Drucksache 14/4249) . . . . . . . . . . . . . . . 14327 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 14327 C Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 14329 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . 14329 D Ina Albowitz F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14331 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . 14332 A Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14332 A Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14333 B Ina Albowitz F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14333 C Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 14333 D Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zurAnpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschrif- ten an den modernen Rechtsgeschäfts- verkehr (Drucksache 14/4987) . . . . . . . . . . . . . . . . 14334 C Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Carl-Ludwig Thiele, Gisela Frick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Abschreibungstabellen nicht än- dern (Drucksachen 14/1887, 14/5149) . . . . . . . 14334 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurVerbesserung derAbschrei- bungsbedingungen (Drucksache 14/5135) . . . . . . . . . . . . . . . 14334 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Den Wirtschaftsstandort stärken statt Ab- schreibungsbedingungen verschlechtern (Drucksache 14/5134) . . . . . . . . . . . . . . . 14334 D Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14335 A Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14336 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14338 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . 14338 D Leo Dautzenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . 14339 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 14340 D Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . 14341 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . 14342 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14342 D Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 14343 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 14344 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 14345 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14351 B Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/ DIE GRÜNEN: Arzneimittelthe- rapie bei Kindern und Jugendlichen si- cherer machen (Drucksache 14/5083) . . . . . . . . . . . . . . . 14345 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Zöller, Eva-Maria Kors, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Medizinische Versorgung von Kindern sichern (Drucksache 14/5136) . . . . . . . . . . . . . . . 14345 C Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . . . . . . 14345 D Eva-Maria Kors CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14347 B Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14349 A Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14349 D Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14350 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Stiftung Waren- test in die Unabhängigkeit entlassen (Drucksache 14/4284) . . . . . . . . . . . . . . . 14353 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001IV Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14353 D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14354 B Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14355 A Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14356 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14358 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14359 C Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14360 A Dr. Margrit Wetzel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14360 D Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 14362 D Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14364 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Brunhilde Irber, Iris Gleicke, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion SPD sowie den Abgeordneten Sylvia Voß, Ekin Deligöz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gaststättengesetzes (Drucksache 14/4937) . . . . . . . . . . . . . . . 14365 B Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14365 C Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14366 B Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 14368 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14368 D Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14369 D Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 14370 C Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14371 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 14371 D Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Norbert Geis, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Ratifizie- rung des HaagerAdoptionsabkommens (Drucksache 14/4932) . . . . . . . . . . . . . . . 14372 D Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: So- forthilfe für konkursbedrohte Woh- nungsgenossenschaften aus TLG-Be- ständen organisieren (Drucksache 14/4939) . . . . . . . . . . . . . . . 14373 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . 14373 A Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Eckpunkte für eine Re- form des Hochschuldienstrechts (Drucksache 14/4382) . . . . . . . . . . . . . 14374 B b) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Dienstrechts- reform an den Hochschulen konse- quent für eine umfassende Hoch- schulreform nutzen (Drucksache 14/4415) . . . . . . . . . . . . . 14374 B Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Heidi Lippmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion PDS: Aufhe- bung der Sanktionen gegen den Irak (Drucksache 14/4709) . . . . . . . . . . . . . . . 14374 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 14374 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14375 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 14377 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur Abstimmung über die Sammelübersicht 194 zu Petitionen – Scha- densersatzleistungen aufgrund eines in der früheren DDR erlittenen Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (Drucksache 14/4561) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14378 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und an- derer Vorschriften an den modernen Rechts- geschäftsverkehr (Tagesordnungspunkt 7) . . . 14378 C Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 14378 C Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 14380 A Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14381 B Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14381 D Sabine Jünger PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14382 B Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14382 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 V Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Eckpunkte für eine Reform des Hochschul- dienstrechts – Dienstrechtsreform an den Hochschulen konsequent für eine umfassende Hoch- schulreform nutzen (Tagesordnungspunkt 10 a und b) . . . . . . . . . . 14384 A Dr. Peter Eckardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 14384 A Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14384 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU 14386 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14386 D Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 14387 C Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14388 B Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekre- tär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14389 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Ratifizierung des Haager Adoptions- abkommens (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . 14391 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . 14391 C Renate Diemers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14391 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14392 D Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14393 C Christina Schenk PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14394 A Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Soforthilfe für konkursbedrohte Wohnungsgenossenschaften aus TLG-Bestän- den organisieren (Tagesordnungspunkt 13) 14394 C Dr. Peter Danckert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14394 C Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . . . . . . . . . 14396 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14396 D Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . . . . . . 14397 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . 14397 D Christoph Moosbauer SPD . . . . . . . . . . . . . . 14397 D Joachim Hörster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 14399 A Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14400 A Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 14400 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 Wolfgang Gehrcke 14375 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14377 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 25.01.2001* Dr. Bartsch, Dietmar PDS 25.01.2001* Behrendt, Wolfgang SPD 25.01.2001* Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 25.01.2001 Bindig, Rudolf SPD 25.01.2001* Dr. Blank, CDU/CSU 25.01.2001* Joseph-Theodor Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25.01.2001 Breuer, Paul CDU/CSU 25.01.2001 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25.01.2001* Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 25.01.2001 DIE GRÜNEN Eich, Ludwig SPD 25.01.2001 Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 90/ 25.01.2001 DIE GRÜNEN Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 25.01.2001 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 25.01.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 25.01.2001 Peter Dr. Fuchs , Ruth PDS 25.01.2001 Gröhe, Hermann CDU/CSU 25.01.2001 Haschke (Großhenners- CDU/CSU 25.01.2001 dorf ), Gottfried Dr. Hendricks, Barbara SPD 25.01.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 25.01.2001 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 25.01.2001* Jelena Homburger, Birgit F.D.P. 25.01.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 25.01.2001* Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 25.01.2001* Imhof, Barbara SPD 25.01.2001 Klappert, Marianne SPD 25.01.2001 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25.01.2001 Lamers, Karl CDU/CSU 25.01.2001 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 25.01.2001 Lintner, Eduard CDU/CSU 25.01.2001* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 25.01.2001* DIE GRÜNEN Lörcher, Christa SPD 25.01.2001* Lötzer, Ursula PDS 25.01.2001 Dr. Lucyga, Christine SPD 25.01.2001* Dr. Luft, Christa PDS 25.01.2001 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 25.01.2001 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25.01.2001* Erich Mehl, Ulrike SPD 25.01.2001 Mogg, Ursula SPD 25.01.2001 Müller (Berlin), PDS 25.01.2001* Manfred Oesinghaus, Günter SPD 25.01.2001 Ostrowski, Christine PDS 25.01.2001 Pau, Petra PDS 25.01.2001 Dr. Pfaff, Martin SPD 25.01.2001 Pflug, Johannes SPD 25.01.2001 Poß, Joachim SPD 25.01.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 25.01.2001 Rupprecht, Marlene SPD 25.01.2001* Schloten, Dieter SPD 25.01.2001* Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 25.01.2001* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 25.01.2001* Schröder, Gerhard SPD 25.01.2001 Siebert, Bernd CDU/CSU 25.01.2001* Steiger, Wolfgang CDU/CSU 25.01.2001 Stübgen, Michael CDU/CSU 25.01.2001 Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 25.01.2001* Vogt (Pforzheim), Ute SPD 25.01.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 25.01.2001 Wohlleben, Verena SPD 25.01.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 25.01.2001* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur Ab- stimmung über die Sammelübersicht 194 zu Pe- titionen – Schadensersatzleistungen aufgrund eines in der früheren DDR erlittenen Arbeitsun- falls oder einer Berufskrankheit (Drucksache 14/4561) Dr. Ilja Seifert (PDS): Der vom Petitionsausschuss vorgelegten Beschlussempfehlung zur Sammelübersicht 194 zu Petitionen, die Schadensersatzleistungen aufgrund eines in der DDR erlittenen Arbeitsunfalls oder einer Be- rufskrankheit begehren, kann ich aus folgenden Gründen nicht zustimmen: Erstens. Die Betroffenen fordern mit ihrer Petition die Weiterführung bereits früher – das heißt, bis etwa Mitte der Neunzigerjahre – geleisteter Schadensersatzleistun- gen für einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, die sie in der DDR erlitten haben. Mit der Übernahme der staatlichen Versicherung der DDR, später der Allianz-Versicherung als Rechtsnachfol- ger, wurde öffentlich erklärt, dass die Ansprüche auf Leis- tungen, die vertraglich vereinbart waren, nicht entfallen. Es handelt sich um Verträge aus der Haftpflichtversiche- rung von Betrieben nach einem schweren Betriebsunfall. Die Schadensersatzleistungen waren auf Lebenszeit zu- gesichert. Die Zusicherung wurde von der Allianz be- stätigt. In der Reichsversicherungsordnung ist eine Streichung von Leistungen im Zusammenhang mit Renten gesetzlich nicht vorgesehen. Im Einigungsvertrag ist festgehalten, dass Verwaltungsakte der DDR gültig bleiben, sodass auch in diesem Falle ein Rechtsanspruch besteht. Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Urteil vom 4. Dezember 1995 die Ansprüche aus dem Arbeitsgesetz- buch der DDR aufgehoben und ihre Streichung angeord- net. Diese Urteil wurde von der Allianz aufgegriffen und als Rechtsgrundlage benutzt, um den Betroffenen die ih- nen zustehenden Rechte abzuerkennen. Damit wurde eine große Anzahl von Widersprüchen ausgelöst. Andererseits hat das Bundessozialgericht den Rechtsanspruch mit dem Urteil – Aktenzeichen 2 RU 24/94 – bestätigt. Diese doppeldeutige Rechtssituation darf nicht zulas- ten der Betroffenen gehen. Daraus ergibt sich dringender Bedarf, eine gesetzliche Regelung herbeizuführen, die den Rechtsansprüchen der Betroffenen gerecht wird. Eine solche Regelung muss dazu beitragen, dass die Betroffe- nenen auch in finanzieller Hinsicht für die Einbußen, die ihnen aufgrund der jahrelangen Aberkennung ihrer be- rechtigten Ansprüche unverschuldet entstanden sind, ent- schädigt werden können. Zweitens. In einer mit der Situation der Petenten ver- gleichbaren Weise waren nach Angaben aus dem Jahr 1996 zwischen 3 000 bis 6 000 ehemalige DDR-Bürger betroffen. Wie die Petenten sind die Betroffenen in den meisten Fällen durch den unerwarteten Ausfall der Scha- densersatzleistungen in eine schwierige soziale Lage und oft in ausgesprochene Notsituationen geraten. Die in Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung mehrfach und unter parteipoli- tisch unterschiedlicher Führung nahezu wortgleich er- folgte Begründung, dass aufgrund der angespannten Haushaltslage keine Regelung im Interesse der Betroffe- nen erfolgen könne, ist für mich weder nachvollziehbar noch in irgendeiner Weise akzeptabel. Deshalb werde ich Bemühungen, entgegen der bisheri- gen Position der Bundesregierung doch noch eine Rege- lung im Sinne der Betroffenen zu erreichen und Gerech- tigkeit herzustellen, weiterhin unterstützen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetztes zur Anpassung der Formvorschriften des Pri- vatrechts und anderer Vorschriften an den mo- dernen Rechtsgeschäftsverkehr (Tagesord- nungspunkt 7) Christine Lambrecht (SPD):Willkommen im 21. Jahr- hundert! Hinter dem etwas gestelzten Titel „Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und an- derer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsver- kehr“ verbirgt sich ein entscheidender Durchbruch in der Anpassung unseres Rechtssystems an die Entwicklung moderner Kommunikationstechnik. Die Entwicklung der elektronischen Datenverarbei- tung, die Möglichkeiten, via Internet in Sekundenschnelle über den ganzen Erdball zu kommunizieren, hat unsere Lebens- und Arbeitswelt in großem Umfang verändert. Längst ist das Bestellen von Waren über das Internet ge- nauso selbstverständlich geworden wie das Bestellen im Versandhauskatalog. Längst ist es üblich, auch einen großen Teil des Schriftverkehrs über das Netz abzu- wickeln – und dies im privaten Bereich, in der Arbeitswelt und auch – soweit bisher zulässig – im Rechtsverkehr. Nur die Rechtssicherheit in diesem Bereich bestand bislang nicht in ausreichendem Maße. Ja, selbst der Ein- satz von Faxgeräten hat bisher in einer rechtlichen Grau- zone stattgefunden, was die Funktion eines Faxes als Ur- kunde und gültige Willenserklärung angeht. Es ist höchste Zeit, dass die mittlerweile zum Alltagsleben gehörenden elektronischen Kommunikationsmittel im Rechtsverkehr auf eine solide rechtliche Basis gestellt werden. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, warum das eigentlich nicht schon längst geschehen ist. Nun wissen wir um die Begeisterung für moderne Kommunika- tionstechnik bei der vorhergehenden Bundesregierung. Wenn man in einem Kanzleramt residiert, in dem das fort- schrittlichste Kommunikationsmittel die Rohrpost ist, hält man „E-Mail“ wahrscheinlich für eine genetisch veränderte Backzutat. – So ist also auch dies ein Gesetzesvorhaben, bei dem man sagen kann: Es ist seit langem überfällig und es ist gut, dass es nun endlich umgesetzt wird. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114378 (C) (D) (A) (B) Es verwundert nicht, dass dieses Gesetz und auch das Signaturgesetz so schnell angegangen werden. Wer die Justizministerin kennt und sie auf Sitzung beobachtet, der weiß, dass wir eine Justizministerin haben, die nicht nur über den Einsatz von neuen Medien und modernen Kom- munikationsmethoden redet und bei der das allzeit prä- sente Notebook kein schickes Accessoire, sondern ein ständig im Einsatz befindliches Arbeitsmaterial ist. Im Kern geht es bei diesem Gesetz darum, Regelungen, die das Bürgerliche Gesetzbuch, das bekanntlich im Jahr 1896 geschaffen wurde, so zu verändern, dass sie den Ent- wicklungen des modernen Rechtsverkehrs entsprechen. Dazu gehört eben auch die Möglichkeit der elektroni- schen Datenübermittlung. Dies ist eine Entwicklung, die täglich zunimmt. Seit 100 Jahren gilt im BGB der Grundsatz der Form- freiheit. Dieser Grundsatz wird durchbrochen von einzel- nen Formvorschriften. Diese sind die Schriftform, die notarielle Beurkundung und die öffentliche Beglaubi- gung. Und immer dann, wenn der Gesetzgeber eine sol- che Form vorsieht, ist dies zwingend. Diese Formvorschriften entsprechen zum Teil nicht mehr der Entwicklung des modernen Rechtsverkehrs. Die Schriftform verhindert im modernen Geschäftsverkehr zum Teil ein zügiges Handeln und den rationellen Einsatz von modernen Techniken. So können geschäftliche Er- klärungen, die dem Erfordernis der eigenhändigen Unter- schrift unterliegen, zwar auf dem Computer erstellt, aber nicht direkt auf telekommunikativem Wege übermittelt werden. Jeder formbedürftige Vertrag muss ausgedruckt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht jetzt vor, zu dieser in § 126 BGB normierten Schriftform eine Möglichkeit zu einer elektronischen Form hinzuzufügen. Um diese für den Rechtsverkehr sicher zu machen, wird eine qualifizierte elektronische Signatur geschaffen. Grundlage dafür ist das bereits in der parlamentarischen Beratung befindliche Si- gnaturgesetz. Hierbei wurde erkannt, dass die Möglichkeit von Veränderungen oder Verfälschungen von Erklärungen ausgeschlossen sein muss. Mit dieser Signatur wird ein Zertifikat geschaffen, das von einer zuverlässigen Zertifi- zierungsstelle vergeben wird. So ist die Identität und die Authentizität einer in elektronischer Form übermittelten Erklärung für den Empfänger erkennbar. Der Absender wiederum hat die Sicherheit, dass niemand in seinem Na- men eine solche Erklärung abgeben bzw. eine abgegebene Erklärung verändern kann. Die elektronische Form soll eine gleichwertige Alternative an den Stellen werden, an denen das Gesetz eine schriftliche Form – mit eigenhändi- ger Unterschrift – verlangt. Wir sind aus diesem Grund auch der Überzeugung, dass es darüber hinaus keiner besonderen Neuregelung der Anfechtbarkeit von elektronisch übermittelten Wil- lenserklärungen bedarf. Die bereits bestehenden gesetzli- chen Regelungen und die von der Rechtsprechung ent- wickelten Auslegungskriterien reichen hierfür unserer Auffassung nach aus. Mit dem neu eingefügten § 126 b BGB, nämlich der Textform, soll eine weitere Erleichterung des Rechtsver- kehrs erreicht werden. Eine Erklärung soll in lesbaren Schriftzeichen erfasst werden, das heißt eine eigenhän- dige Unterschrift ist entbehrlich und die Erklärung muss nicht mehr zwingend auf Papier erfolgen, ist also auch per E-Mail möglich. Die Textform ist für solche Erklärungen vorgesehen, bei denen eine ausreichende Rechtssicherheit auch gege- ben ist, wenn beispielsweise lediglich die Kopie einer Er- klärung – zum Beispiel per Telefax –, eine nicht unter- schriebene schriftliche Erklärung oder die Erklärung überhaupt nur mittels telekommunikativer Einrichtungen übermittelt wird. Dies gilt vor allem dann, wenn keiner der Beteiligten ein ernsthaftes Interesse an einer Fäl- schung der Erklärung haben kann. Die jahrelangen Er- fahrungen mit schon bestehenden unterschriftslosen Einzelformbestimmungen zum Beispiel im Miet- und Ge- sellschaftsrecht bestätigen, dass aus der Formerleichte- rung keine schwerwiegenden Probleme entstanden sind. Wird auf die eigenhändige Unterschrift verzichtet, er- scheint auch ein Ausdruck eines Dokuments auf Papier nicht zwingend erforderlich. Erklärungen werden heute vielfach am Computer erstellt, aber auch von Computer zu Computer übermittelt und elektronisch gespeichert. Im Wirtschaftsverkehr, der in steigendem Maße elektronisch abgewickelt wird, ist der Ausdruck einer selbst erstellten oder empfangenen Datei auf Papier und eine Papierablage häufig entbehrlich. Auch das Fax wird in zunehmendem Maße als Computerfax ohne Verwendung von Papier über- mittelt. Dem hat der BGH dadurch Rechnung getragen, in- dem er die Zulässigkeit der Übermittlung bestimmter Schriftsätze per Telefax auf das Computerfax ausgedehnt hat. Der rationelle Einsatz, sprich der Verzicht auf einen Ausdruck, erspart Kosten, nämlich Arbeitszeit und Papier, und wird von der Praxis ausdrücklich begrüßt. Darüber hi- naus werden durch diesen Gesetzentwurf auch endlich die elektronischen Pforten zu den Gerichten eröffnet. Ich weiß nicht, ob Sie alle die zurzeit noch gängige Pra- xis des anwaltlichen Alltags kennen. Wenn ich als Anwäl- tin bei Gericht einen Schriftsatz einreichen will, sieht der Vorgang nach derzeit geltendem Recht folgendermaßen aus: Die Klageschrift muss in dreifacher schriftlicher – das heißt auf Papier – Ausführung eingereicht werden: einmal als Original mit eigenhändiger Unterschrift, ein- mal als beglaubigte Kopie – hier ist ein Stempel „beglau- bigte Abschrift“ und eine Unterschrift erforderlich – und einmal als normale Kopie, hier ist nur ein Stempel „Ab- schrift“ erforderlich. Das wird in Zukunft nicht mehr nötig sein. In Zukunft, wenn die Länder die entsprechen- den Voraussetzungen geschaffen haben, kann ich die Kla- geschrift als Dokument mit der entsprechenden Signatur mit per E-Mail verschicken. Das ist nicht nur eine Er- leichterung für Anwälte, sondern auch für Zeugen und Sachverständige. Der europäische Rahmen für das neue Gesetz besteht bereits. Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit der EG-Richtlinie über gemeinschaftliche Rahmenbedingun- gen für elektronische Signaturen und nimmt bereits die Umsetzung der EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vorweg. Er ist kompatibel mit interna- tionalen Regelungswerken für den elektronischen Daten- verkehr. Wir stehen mit diesem Gesetzentwurf also mit an Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14379 (C) (D) (A) (B) der Spitze für verbindliche, sichere Regeln zur Anwen- dung elektronischer Kommunikation im Rechtsverkehr, aber auch in der Wirtschaft. Dies bietet Unternehmen, großen wie mittelständischen, die am E-Commerce teil- nehmen, bessere und gesicherte Möglichkeiten, diesen Markt zu nutzen. Vor allem aber bietet es dem Verbrau- cher einen ausreichenden Schutz und Rechtssicherheit beim Internetshopping und im Umgang mit Behörden. Ich bitte Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen und seine Umsetzung zu befördern. Sicher wird es noch Ex- pertenanhörungen geben. Der Kurs aber steht. Und denen unter Ihnen, die diesem Vorhaben skeptisch gegenüber- stehen, weil sie den neuen Kommunikationsformen nicht trauen, sei gesagt: Sehen Sie in dieser Technik nicht in ers- ter Linie die Risiken, sondern die Chancen, die darin stecken. Skeptiker und Bedenkenträger können die Aus- breitung dieser Kommunikationsform vielleicht zum Schaden von uns allen verzögern; verhindern können sie sie nicht. Deshalb wollen wir diesen Bereich politisch ge- stalten, was wir mit diesem Gesetzentwurf tun. Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Wir sind uns alle bewusst, dass es für die Menschen in unserem Land zwei- fellos spannendere Themen gibt als das, worüber wir heute debattieren. Für den Juristen freilich ist klar, dass Formvorschriften von erheblicher Bedeutung sind. Es steht außer Zweifel, dass sich durch die rasante Ent- wicklung im Bereich der Informations- und Kommunika- tionstechnologie große Veränderungen im Geschäftsver- kehr ergeben haben und weiter ergeben werden, die bedeutsame juristische Fragen aufwerfen. Der vorlie- gende Gesetzentwurf der Bundesregierung hat zum Ziel, das deutsche Privatrecht den Entwicklungen des moder- nen Rechtsverkehrs anzupassen, und schlägt eine Reihe von Neuerungen bei den Formvorschriften des Pri- vatrechts und anderen Vorschriften vor, um diesen Anfor- derungen Rechnung zu tragen. Eine wesentliche Neuerung soll die Einführung einer „elektronischen Form“ als Option zur Schriftform sein, die als Substitut für die eigenhändige Unterschrift die elektronische Signierung des Dokuments erfordert. Außerdem soll eine „Textform“ als neuer Formtypus des Privatrechts eingeführt werden, die in einer Reihe von Fällen als Erleichterung gegenüber der Schriftform die Unterschrift entbehrlich machen soll. Darüber hinaus ist eine Neukonzeption prozessrechtlicher Vorschriften vor- gesehen, die den Parteien und auch am Verfahren betei- ligten Dritten ermöglichen sollen, ihre Schriftsätze und Erklärungen als elektronisches Dokument einreichen zu können. Da es sich heute um die erste Lesung des Gesetzent- wurfes handelt, möchte ich nicht auf alle einzelnen Punkte detailliert eingehen. Dies wird im Rechtsausschuss ge- schehen und hoffentlich auch in Berichterstatterge- sprächen. Die in dem neuen § 126 a BGB vorgesehene Ein- führung einer elektronischen Form ist grundsätzlich zu begrüßen. Sie entspricht der Zielrichtung des Beschlusses der Konferenz der Justizministerinnen und -minister in der Sitzung am 7./9. Juni 1999, wonach es notwendig ist, im Zuge einer weiteren Rationalisierung des Geschäftsab- laufs bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften den Ge- schäftsverkehr, einschließlich der Abgabe verfahrens- rechtlich relevanter Erklärungen, auch im Wege der elektronischen Entwicklung zu ermöglichen. Die Ein- führung einer mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz versehenen Willenserklärung in elektronischer Form trägt der Bedeutung und raschen Ausdehnung der elektronischen Kommunikation in der Öffentlichkeit, vor allem in der Wirtschaft, Rechnung. Die Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den All- gemeinen Teil des BGB ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Um zweifelsfrei klarzustellen, dass die elektronische Form einem Teilnehmer am Rechtsverkehr nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden kann, sollte allerdings die jetzige Formulierung in § 126 a BGB entsprechend ergänzt werden („aufgrund Vereinbarung“). Auch über die Anregung des Bundesrates, eventuell den Empfänger zu verpflichten, den Empfang der Er- klärung unverzüglich auf demselben Weg zu bestätigen, sollte in der weiteren Beratung ebenso nachgedacht wer- den wie über die Frage, ob es notwendig ist, den Zugang bei der elektronischen Form gesetzlich zu regeln. Letzte- res ließe sich vielleicht durch die Bestätigungspflicht mit lösen. Die Einführung der Textform als einer gegenüber der Schriftform erleichterten Form, die die eigenhändige Un- terschrift entbehrlich machen soll, ist jedoch aus unserer Sicht problematisch und jedenfalls in der bislang vorge- sehenen Form deshalb abzulehnen. Auch der Bundesrat spricht sich gegen die Einführung der Textform aus und hält es für erforderlich, den Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren entsprechend zu überarbeiten. Dem Bundesrat ist zuzustimmen, wenn er feststellt, der Gesetzentwurf, soweit er die Textform einführen wolle, verkenne die Bedeutung der Formvorschriften. Das Pri- vatrecht wird beherrscht vom Grundsatz der Formfreiheit. Einschränkungen sind nur gerechtfertigt zum Schutz des Erklärenden oder zur Klarstellung, mit welchem Inhalt ein Geschäft zustande gekommen ist. In diese Systematik passt die Textform gerade nicht, vielmehr handelt es sich um eine „qualifizierte Formlosigkeit“, wie es in der Be- gründung der Ablehnung treffend heißt. Die vorgeschlagene Textform bietet vielfältige Mani- pulationsmöglichkeiten: Zwar muss die Person des Er- klärenden erkennbar sein, aber es werden keine Anforde- rungen gestellt, dass sich der Empfänger auf die Identität des Erklärenden verlassen kann. Ohne Sicherheitsmecha- nismen wie zum Beispiel die digitale Signatur wird es wohl nicht gehen. Große Probleme ergeben sich außer- dem, wenn der Absender den Zugang seines Dokumentes beweisen muss. Zahlreiche weitere Probleme, die auch Fragen der Beweislast und der Beweisbarkeit betreffen, können bei der Übertragung auf elektronischem Wege un- ter Einhaltung der Textform auftreten. Wer soll zum Bei- spiel das Übermittlungsrisiko tragen, wenn aufgrund technischer Störungen, deren genaue Ursache nicht nach- zuvollziehen ist, Veränderungen am übermittelten Text auftreten? Wer trägt das Risiko des Datenverlustes? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114380 (C) (D) (A) (B) Anlässlich der parlamentarischen Behandlung dieses Gesetzentwurfs wäre es viel sinnvoller, zu überprüfen, wo auf Schriftformerfordernisse verzichtet werden kann. Die Auslegungsregeln des neuen § 127 erscheinen ebenfalls problematisch: Demnach sollen künftig die An- forderungen an die gewillkürte Schriftform identisch sein mit jenen der „Textform“. Ob diese Auslegungsregel („Wer Schriftform sagt, meint eigentlich Textform“) den Erwartungen des Rechtsverkehrs entspricht, ist zu be- zweifeln. Noch eine Bemerkung zu dem geplanten § 130 a: Ich halte es auch aus Gründen des Rechtssicherheit für sinn- voll, dass jedenfalls die Klageschrift und andere bestim- mende Schriftsätze mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden müssen, wenn sie als elektro- nisches Dokument übermittelt werden, und zwar nicht nur im Zivilrecht. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die mit dem Gesetz unter anderem verfolgte Rationalisierung und Beschleunigung der Verfahrensabläufe im Gerichtsbe- reich nicht allein durch die Kommunikation in eine Rich- tung zu erreichen sein wird. Notwendig ist deshalb auch, die Rechtsgrundlagen dafür zu schaffen, um auch ausge- hende Schriftstücke elektronisch übermitteln zu können. Lassen Sie mich abschließend feststellen: Als Begrün- dung für die Einführung der „Textform“ wird angeführt, dass durch die Entbehrlichmachung der Unterschrift eine Erleichterung gegenüber der Schriftform erreicht werde. Ich glaube nicht, dass dieses Ziel mit dem vorliegenden Entwurf erreicht wird. Vielmehr entstehen zahlreiche neue Probleme, insbesondere aufgrund der Zweifel an der Authentizität und Endgültigkeit der Erklärungen. Ich be- fürchte, dass das Recht künftig nicht vereinfacht, sondern eher kompliziert wird und die Gerichte viele neue Pro- bleme klären werden müssen. Auf die Einführung der „Textform“ sollte deshalb besser verzichtet werden. Helmut Wilhelm (Amberg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Anpassung der Formvorschriften im deut- schen Privatrecht an den modernen Rechtsverkehr ist dringend geboten. Zwar gilt seit über 100 Jahren im BGB der Grundsatz der Formfreiheit. Wo dieser Grundsatz aber durch das Gesetz durchbrochen wurde – durch Schriftform- erfordernis, notarielle Beurkundung oder öffentliche Be- glaubigung –, kann das heutige Privatrecht den Entwick- lungen des modernen Rechtsverkehrs nicht mehr Rechnung tragen. Es ist bekanntlich seit längerer Zeit schon Realität, dass sich das allgemeine Geschäftsgebaren im privaten Rechtsverkehr durch die rasanten Technologieentwick- lungen der vergangenen Jahre deutlich verändert hat. Eine Vielzahl von Rechtsgeschäften wird heutzutage am Computer und zum Teil über große Entfernungen abge- wickelt. Dass sich die Vertragsparteien gegenüber sitzen und feierlich Schriftstücke unterschreiben, wird in ganz kurzer Zeit endgültig die Ausnahme sein – leider. Das Szenario, welches uns durch Digitalisierung der Kommu- nikationstechnik ins Haus steht, hat uns Herr Professor Dr. Holznagel in seiner Rede anlässlich des gestrigen Treffens der Rechtsausschussmitglieder bei der Justizmi- nisterin eindrucksvoll und ungeschönt dargestellt. Durch Zusammenfassung von Rundfunk, Telekommunikation und Online-Diensten zu einem Kommunikationsmedium wird sich der private Rechtsverkehr weiter drastisch ver- ändern. Das persönliche Gegenübertreten der Vertrags- parteien wird spätestens dann der „guten alten Zeit“ an- gehören. Ich werde schon jetzt ganz sentimental. Dass aber für bestimmte Rechtsgeschäfte, die für die Vertragspartner besondere Risiken mit sich bringen, auch in der modernen Zukunft nicht auf die Warn- und Be- weisfunktion der Formvorschriften verzichtet werden darf, ist wohl allen klar. Allein aber die Schriftform, als die verbreitetste und „verkehrsfähigste“ der existierenden Formvorschriften, behindert ein zügiges Handeln und den rationellen Einsatz moderner Kommunikationstechnik. Gesetzgeberisches Handeln im Sinne einer Moderni- sierung der Formvorschriften im Privatrecht ist darum dringend geboten. Zwar steht im formfreien Privatrechts- verkehr der Anwendung elektronischer Signaturen nichts im Wege. Auch beweisrechtlich gibt es für formfreie Rechtsgeschäfte keine Probleme, wird doch der Grund- satz der Formfreiheit im BGB durch den Grundsatz der freien Beweiswürdigung auf prozessualer Ebene ergänzt. Im formgebundenen Bereich ist jedoch ein elektronisches Dokument – und damit auch die Verwendung elektroni- scher Signaturen – bisher ausgeschlossen. Der vorliegende Gesetzentwurf führt deshalb als Op- tion zur Schriftform die elektronische Form in das BGB ein. Als Substitut für die eigenhändige Unterschrift ist die elektronische Signatur vorgesehen. Das Verfahren der Signierung richtet sich dabei nach dem Signaturgesetz, welches die technischen Rahmenbedingungen für elek- tronische Signaturen anwendungsneutral regelt. Mit der Einführung der Textforen als einer gegenüber der Schrift- form erleichterten verkehrsfähigen Formerfordernis, soll eine weitere Erleichterung des Rechtsverkehrs bewerk- stelligt werden. Für Fälle, in denen der Beweis- und Warn- funktion der Schriftform ohnehin kaum Bedeutung zu- kommt, ist es ausreichend, zukünftig lediglich die Abfassung in lesbaren Schriftzeichen zu verlangen und auf eine Unterzeichnung zu verzichten. Ich verspreche mir von dem Gesetz, dass es für den formfreien Bereich im modernen Rechtsverkehr zusätz- lich eine Signalfunktion entfaltet und auch dort Bewusst- sein für eine unter Umständen später notwendige Beweis- funktion schafft. Ich jedenfalls werde auch zukünftig nicht auf Papier und Tinte verzichten. Rainer Funke (F.D.P.): Die F.D.P: Fraktion begrüßt, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Anpas- sung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vor- legt. Die technische Entwicklung und der zunehmende Ge- brauch der elektronischen Medien im modernen Rechtsge- schäftsverkehr macht eine solche zusätzliche gesetzliche Ausgestaltung zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts notwendig – insbesondere, um der nun seit län- geren möglichen elektronischen Signatur den Weg in den täglichen Rechtsgeschäftsverkehr zu erleichtern: Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14381 (C) (D) (A) (B) Dieser Entwurf wird aber dennoch intensiv zu beraten sein. Im Vorfeld dieses Gesetzentwurfes ist im wissen- schaftlichen Bereich und später auch im Bundesrat viel- fältige Kritik geäußert werden. Das ändert nichts an dem Umstand, dass aufgrund der Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien neue Bestimmungen über den elektronischen Rechtsver- kehr notwendig sind. Es besteht sicherlich Einigkeit, dass die elektronische Form der Schriftform gleichgesetzt werden soll. Ob dazu die Neueinfügung der „Textform“ notwendig ist, muss im Rechtsausschuss intensiv disku- tiert werden. Ob darüber hinaus auch die vorgelegten Än- derungen in Art. 3 bis 34 tatsächlich notwendig sind, und ob es nicht zweckmäßiger ist, die in den Art. 3 bis 34 vor- gesehenen Änderungen gesetzestechnisch sozusagen vor die Klammer zu ziehen, muss sicherlich auch diskutiert werden. Sicherlich tragen die Änderungen zum Bundes- kleingartengesetz und zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter, um nur zwei Beispiele zu nennen, nicht zur Transparenz und Ak- zeptanz des Gesetzes in der Öffentlichkeit bei. Juristen tun sich oft, so wird behauptet, mit der Ein- bindung neuer Technik in ihr tägliches Geschäft schwer. Beispielhaft könnten hier die Diskussionen zu der Ver- wendung von Telefaxen vor Gericht oder auch im tägli- chen Rechtsgeschäftsverkehr genannt werden. Mit die- sem Gesetz bietet sich die Möglichkeit, möglichst schnell das, was schon tausendfach im Internet geschieht, auch auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. Es ist für den Standort Bundesrepublik Deutschland von hoher Wich- tigkeit, dass nicht nur die technischen Möglichkeiten im- mer weiter voranschreiten, sondern auch die gesetzlichen Regeln fortentwickelt werden. Dabei ist auch zu überle- gen, ob pseudonymes Handeln auch im elektronischen Rechtsverkehr ermöglicht werden soll und damit der Da- tenschutz gefördert wird. Die Gesellschaft für Informatik hat uns hierfür bereits Vorschläge unterbreitet. Diese Vor- schläge der Verbände und der Wissenschaft sollten von uns ernsthaft geprüft werden und möglichst bei der No- vellierung einbezogen werden. Sabine Jünger (PDS):Recht, Rechtsverkehr und Jus- tiz müssen nicht nur inhaltlich mit der Zeit gehen, sondern sie sollten auch die technischen Entwicklungen ihrer Zeit berücksichtigen und sich ihrer bedienen. Das ist bisher nicht unbedingt gegeben. Österreich zum Beispiel ist uns in dieser Hinsicht schon mindestens einen Schritt voraus. Dort wurde bereits 1999 die elektronische Klageerhebung eingeführt. Seither gehen immerhin zwei Drittel der jährlich erhobenen Kla- gen elektronisch bei Gericht ein. Damit ist im Übrigen auch angedeutet, was in etwa auf die deutschen Gerichte zukommen wird. Eine zeitgemäße Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts ist grundsätzlich richtig und vielleicht sogar schon überfällig. Mit Sicherheit wächst das Bedürfnis nach modernen Verfahren der Fixierung, Übermittlung und Authentisierung von Willenserklärungen und der Zu- erkennung ihrer rechtlichen Relevanz im Rechtsverkehr rapide weiter. Die Vorteile der elektronischen Übermitt- lung von Daten, ihrer Speicherung und der Möglichkei- ten, sie lesbar zu machen, liegen auf der Hand: Rechtsge- schäfte lassen sich schneller, kostengünstiger, weniger aufwendig und damit bequemer erledigen. Doch wie fast immer gibt es bei jedem Fortschritt auch Gefahren. Und diese bestehen hier im Bereich der Rechtssicherheit und Gerechtigkeit. An dieser Stelle muss ich allerdings bekennen, dass ich die rein technischen Fragestellungen nicht wirklich beur- teilen kann. Ich denke, damit bin ich in dieser Runde si- cher nicht allein. Ich kann insofern nur darauf vertrauen, dass zum Beispiel die elektronische Signatur sicher ist. Auch Datenschutz und Datensicherheit müssen beim elektronischen Rechtsverkehr selbstverständlich gesi- chert sein. Probleme können sich insbesondere bei der Beurtei- lung des Zugangs einer elektronisch übermittelten Wil- lenserklärung ergeben. Wohl nicht grundlos halten die Verbraucherschützer die Einführung der so genannten Textform neben der elektronischen Form für entbehrlich und sogar schädlich. Denn anders als bei der elektroni- schen Form soll für die Textform schon der Versand einer E-Mail ausreichen. E-Mails sind aber spurenfrei manipu- lierbar, sodass ihnen nach Meinung der Verbraucher- schützer keinerlei Sicherheitswert zukommt. Die Möglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs sollte man deshalb nutzen, ohne alles gleich verbindlich darauf zu konzentrieren. Der Schutz des Erklärungsemp- fängers zum Beispiel darf nicht geschwächt werden. Er muss auch im elektronischen Rechtsverkehr im gleichen Umfang wie bisher die Gewissheit haben, dass er es wirk- lich mit einer Erklärung des dazu Berechtigten zu tun hat. Nicht zu unterschätzen ist außerdem die Signalfunk- tion, die ein herkömmliches Schreiben hat. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände hin. So ist zum Beispiel nicht unbedingt davon auszugehen, dass eine E-Mail, mit der ein Vermieter eine Mieterhöhung durchsetzen will, rechtzeitig vom Mieter wahrgenommen und in ihrer Bedeutung erkannt wird. Das ist bei einem Brief anders, zumal wenn er, wie meist in solchen Fällen, per Einschreiben zugestellt wird. Wenn der per E-Mail verständigte Mieter dann nicht fristgerecht reagiert, kann er sich gegen die Mieterhöhung nicht mehr wirksam weh- ren. Sowohl der Schutz des Erklärenden als auch der des Erklärungsempfängers müssen – vor allem im Konsum- bereich – gegeben sein: Und hier, so glaube ich, bedarf es der Nachbesserungen. Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der Jus- tiz: Die neuen Informations- und Telekommunikations- technologien, IT, verändern das gesellschaftliche Umfeld ebenso wie den privaten Alltag. Der Gesetzgeber muss eingreifen, um zu gestalten, zugleich aber auch um Risi- ken zu begrenzen, kurz: um unser Recht zeitgemäß zu ge- stalten. Der heute zur Beratung vorgelegte Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung der Formvorschrif- ten schafft insofern eine wichtige Grundlage für das ge- samte Privatrecht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114382 (C) (D) (A) (B) Dem Bundestag liegen schon der Gesetzentwurf eines Zustellungsgesetzes vor – das eine andere Seite des Ge- samtproblems regelt – und auch der Entwurf eines Geset- zes über Rahmenbedingungen für elektronische Signatu- ren, der die technischen Anforderungen an elektronische Signaturen fortsetzt. Ein Hauptanwendungsbereich elek- tronischer Signaturen ist der Rechtsgeschäftsverkehr, um Erklärungen auf elektronischem Wege mithilfe eines si- cheren technischen Instrumentariums austauschen zu können. Deshalb erfolgt jetzt die Anpassung der Form- vorschriften für den Rechtsverkehr, die grundsätzlich noch auf dem Stand der vor 100 Jahren entstandenen BGB-Vorschriften und auf das Papier als Trägermedium fixiert sind. Bei uns gilt zwar das privatrechtliche Prinzip der Formfreiheit. 450 zwingende Sachverhalte allerdings er- fordern, so schreiben die Gesetze das vor, die eigenhän- dige Unterschrift. Folge: In diesen Fällen kann man heute weder Fax noch E-Mail einsetzen, bleibt also auf das Me- dium Papier angewiesen. Die Bundesregierung schafft mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Abhilfe: Wir legen mit der neuen Vor- schrift in § 126 a BGB eine neue elektronische Form als Option zur eigenhändigen Unterschrift vor. Diese ver- langt eine elektronische Signierung des Dokuments und knüpft dabei an die Vorgaben des von mir eingangs er- wähnten Signaturgesetzes an. Lassen Sie mich auf eines hinweisen, weil es in der Diskussion immer wieder aufgekommen ist: Der Gesetz- entwurf gibt keinen Anlass zur Befürchtung, dass durch diese neue elektronische Form jemand gegen seinen Wil- len zum elektronischen Geschäftsverkehr gezwungen werden kann. Die elektronische Form, zu deren Verwen- dung ja eine technische Ausstattung unverzichtbar ist, wird nicht gesetzlich angeordnet. Sie wird den Ge- schäftspartnern als Option angeboten. Wichtig ist zudem, dass diese elektronische Form auch unabhängig von einem gesetzlichen Formerfordernis von Geschäftspartnern verabredet werden kann und so eine praktikable Handlungsalternative im nicht formge- bundenen Bereich ist, die das Vertrauen in den elektro- nischen Geschäftsverkehr stärken soll. Im Zuge der Gespräche mit vielen Praktikern hat die- Bundesregierung geprüft, ob in geeigneten Fällen auf die gesetzliche Anordnung der eigenhändigen Unterschrift ganz verzichtet werden kann. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass in einer ganzen Reihe von Sachverhal- ten die eigenhändige Unterschrift keinen „Mehrwert“ hat, sondern, insbesondere bei „Massenvorgängen“, ein unnötiges Erschwernis ist. In diesen Fällen kann jedoch nicht insgesamt auf ein Schriftstück verzichtet werden, da wenigstens etwas schriftlich Festgehaltenes, etwas Les- bares, vorliegen muss, also die Erklärung nicht „über den Gartenzaun“ zugerufen werden kann. Beispiele dafür sind etwa Betriebskostenabrechnungen oder Modernisie- rungs- und Erhöhungsanzeigen im Mietrecht, Hinweis- pflichten bei gefährlichem Frachtgut oder bestimmte Er- klärungen und Informationspflichten im Gesellschafts- und Wertpapierrecht. Für diese Fälle sehen wir eine unterschriftslose Schrift- form vor, wie wir sie aus Einzelfallregelungen teilweise schon über 20 Jahre kennen: Sie taucht unter dem Namen „Textform“ in § 126 b BGB auf, ist also begrifflich, nicht aber inhaltlich eine neue Form. Nochmals: Erforderlich ist nicht die eigenhändige Unterschrift, sondern lediglich eine in Schriftzeichen fixierte Erklärung. Die kann dann auch durch Fax oder E-Mail abgegeben werden. Wie immer, wenn etwas in neuer Form daherkommt, gibt es natürlich Bedenken, auch bei Juristen. Allerdings werden solche Befürchtungen, diese unterschriftslosen schriftlichen Erklärungen, also die ,,Textform“, führten zu Rechtsunsicherheit, durch die langjährige, reibungslose Praxis unterschriftsloser schriftlicher Mitteilungen wider- legt. Nicht die „Textform“ als solche, sondern allenfalls ihre gesetzliche Anordnung in ungeeigneten Sachverhal- ten könnte zu Problemen führen. Darauf haben wir bei un- seren Vorschlägen geachtet. Wir sehen sie deshalb nur für Erklärungen vor, bei denen Beweisfunktion und Warn- funktion eindeutig zu vernachlässigen sind und die Infor- mations- und Dokumentationsfunktion im Vordergrund stehen. Ein weiterer Gesichtspunkt: Es wäre sicherlich falsch – Fachleute sprechen von „Medienbruch“ –, wenn wir Er- klärungen in elektronischer Form zwar grundsätzlich zu- ließen, für den Fall einer gerichtlichen Inanspruchnahme aber vorschreiben würden, diese als Papierdokument vor- zulegen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf zugleich den elektronischen Zugang zum Gericht vor: In den Fällen, in denen die Zivilprozessordnung die prozessuale Schrift- form vorsieht, eröffnet unser Entwurf die Möglichkeit für Parteien, aber auch für am Verfahren beteiligte Dritte, zum Beispiel Zeugen oder Sachverständige, ihre Schriftsätze und Erklärungen als elektronisches Dokument einzurei- chen. Als Substitut für die eigenhändige Unterschrift sieht der Entwurf das Erfordernis einer qualifizierten elektroni- schen Signatur nach dem Signaturgesetz vor. Mit dem Signaturgesetz, dem Formvorschriftengesetz und dem Zustellungsgesetz schaffen wir sichere gesetzli- che Grundlagen für den elektronischen Rechtsverkehr und zugleich für die so genannte E-Justiz. Nun wird jeder die angemessene Nutzung der IT-Mög- lichkeiten in diesem Bereich befürworten, ich tue es nach- drücklich. Heute allerdings müssen wir feststellen, dass die Mo- dernisierung der Justiz noch viel zu wünschen übrig lässt. Die Verabschiedung der drei von mir genannten Gesetze wird den schmerzhaften Graben zwischen den IT-Mög- lichkeiten und der Wirklichkeit in unseren Gerichten, auf die uns ja der EDV-Gerichtstag immer wieder aufmerk- sam macht, noch deutlicher sichtbar machen. Nun über- brückt unser Gesetz diesen breiten Graben durch die Be- stimmung, dass jedes Bundesland den Zeitpunkt selbst bestimmen kann, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten ihres Zuständigkeitsbereichs einge- reicht werden können. Die Bundesregierung hält es für richtig, die E-Justiz in allen Gerichtszweigen zu ermöglichen. Auch der Bun- desrat sieht das so; das ist gut. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14383 (C) (D) (A) (B) Ich darf Sie herzlich bitten, die Bundesregierung dabei zu unterstützen, das Gesetz zur Anpassung der Formvor- schriften des Privatrechts so bald als möglich in Kraft tre- ten zu lassen. Ich freue mich, sagen zu können, dass wir damit auch im internationalen Vergleich auf diesem Rechtsgebiet eine innovative Rolle einnehmen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Eckpunkte für eine Reform des Hochschuldienst- rechts – Dienstrechtsreform an den Hochschulen konse- quent für eine umfassende Hochschulreform nut- zen (Tagesordnungspunkt 10 a und b) Dr. Peter Eckardt (SPD): Die deutschen Hochschu- len sind nach wie vor erfolgreiche wissenschaftliche Ein- richtungen unserer Gesellschaft. Forschung und Lehre genügen im Wesentlichen der internationalen Konkurrenz und haben zur Kultur und zum Wohlstand unserer Landes viel beigetragen. Die Fachhochschulen sind seit 30 Jahren als jüngster Hochschultyp ein besonderes deutsches Er- folgsmodell. Sie sind gerade in den neuen Ländern wis- senschaftlich sehr erfolgreich. Auch im Ausland werden Fachhochschulen zum Teil nach deutschem Vorbild ge- gründet. Als anerkannte wissenschaftsgestützte und pra- xisorientierte Ausbildungsstätten für technologische und sozial-kulturelle Managementberufe bedürfen die Fach- hochschule unserer besonderen wissenschaftspolitischen Beachtung und finanziellen Förderung. Nicht erst seit 1998 ist es politisch an der Zeit, die deutschen Hochschulen weiter zu reformieren. Bisher ist allerdings schon viel geschehen: Die Einrichtung interna- tionaler Studiengänge, die Steigerung der drittmittelfi- nanzierten Forschung, die Straffung der Curricula, Vorle- sungen in Fremdsprachen, Kontaktstudien im Ausland, studienintegrierte Praktika und Projektarbeiten und Wei- terbildungsstudiengänge haben Forschung und Lehre schon erheblich verbessert. Nun werden wir uns politisch daran machen und daran machen müssen, auch das Dienstrecht an den Hochschu- len zu modernisieren. Das Dienstrecht ist ein wesentlicher Faktor der inneren Struktur der Hochschulen, aber nicht die einzige Bedingung für Leistung und Erfolg. Eine auch in Zukunft leistungsgerechte Besoldung, die von Kritikern einer Dienstrechtsreform gefordert wird, ist natürlich gewährleistet. Die Besoldungsreform als Teil der Dienstrechtsreform ist wichtig, aber nicht das einzige Kriterium der Reform. Weitere Strukturen der deutschen Hochschulen müssen geändert werden, eine Reform ist überfällig, die Kritik aus der Wissenschaft an sich selbst ist dabei ebenfalls nicht zu überhören. Auch bei den Be- troffenen gibt es Ängste – sie sind meist verständlich, aber nach intensiver Diskussion geglättet. Es gibt viel Ver- ständnis und Zuspruch für unser Vorhaben einer Dienst- rechtsreform. Was wir politisch wollen und wovon wir uns auch nicht abbringen lassen sollten, ist Folgendes: Internationaler und nationaler Wettbewerb und ein Teilrückzug des Staa- tes aus den Detailregelungen ermöglichen den Hochschu- len in der Wissenschaft höhere Leistungen und ein ver- bessertes gesellschaftliches Ansehen, den Angehörigen der Hochschulen mehr Motivation, den Studierenden mehr Qualifikation und Erfolg. Der Einführung von Stu- diengebühren bedarf es zu dieser Motivationssteigerung nicht. Der Antrag der F.D.P. möchte möglichst schnell mög- lichst alles neu regeln – sie nennt das eine umfassende Re- form. Von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die die Hochschulen mit Recht der Länderhoheit unterstellen und nicht zulassen, umfassend in ihre Struktur einzugreifen, will ich nicht sprechen. Ich will mich auf die Inhalte des F.D.P.-Antrages konzentrieren. Ich kann nur warnen, in das komplexe soziale Gebilde der Hochschulen so rigoros und ohne zumindest die Teilzustimmung der Angehörigen dieser Institution einzugreifen, wie dies der F.D.P.-Antrag vorsieht. Sie werden mit diesen Ideen genau das Gegen- teil von dem erreichen, was Sie vermutlich vorhaben. Der Antrag der CDU/CSU ist realistischer, er akzep- tiert die Eckpunkte der Bundesregierung zu Recht. Bei ei- nem Festhalten an der Habilitation müssen Sie aber wis- sen, dass Sie sich gegen alle stellen, die im In- und Ausland dazu etwas gesagt haben. Der akademische Ritus Habilitation gilt als Hindernis für vieles, was wir refor- mieren wollen. International ist dieses Verfahren kein wissenschaftlicher Standard mehr. Richtig ist aber, dass man dann aber über die Qualität der Promotionen nach- denken muss, wenn es zukünftig keine Habilitation mehr geben wird. Zur Besoldung, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, kann ich nur sagen: Dies wird in Zukunft der Markt richten und nicht ein Festhalten an Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes, der historisch von einer amtsange- messenen Besoldung spricht. Die Höhe der Besoldung an deutschen Hochschulen wird sich in der internationalen Konkurrenz der akademischen Arbeitsmärkte an diesen Bedingungen orientieren. Der reklamierten Gleichwertigkeit der unterschiedli- chen Hochschullehrer wird in der neuen Dienstrechtsre- form Rechnung getragen. Auf die Gremien an den Hoch- schulen wird nach der Dienstrechtsreform viel Arbeit zukommen. Sie werden die wissenschaftsadäquate Leis- tungsbewertung und ein Qualitätsmanagement auch bei der Evaluation bewältigen müssen. Dieser Prozess wird wie in der Politik nicht ohne Kon- flikte sein. Aber die Reform ist zu schaffen und wir wer- den es schaffen. Thomas Rachel (CDU/CSU):Auch die Dienstrechts- reform ist wieder mal ein Beispiel dafür, dass sich in der Bildungspolitik der rot-grünen Bundesregierung nichts bewegt. Frau Ministerin Bulmahn, Sie hätten heute die Chance gehabt, dem Plenum des Deutschen Bundestages Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114384 (C) (D) (A) (B) Ihren Gesetzentwurf für eine Dienstrechtsreforrn an den deutschen Hochschulen vorzulegen. Doch leider wieder einmal Fehlanzeige: Bald sind zwei Drittel dieser Legis- laturperiode verstrichen, ohne dass Sie die von Ihnen ver- sprochenen Reformmaßnahmen in der Bildungspolitik realisiert haben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat heute – im Ge- gensatz zur Bundesregierung – einen Antrag mit einem klaren Konzept für eine Dienstrechtsreforrn vorgelegt. Lassen Sie mich die wichtigsten Elemente ansprechen: Heute haben nur die C4-Professoren/Professorinnen die Möglichkeit, ihr Gehalt durch Zulagen anlässlich von Berufungen und Bleibeverhandlungen zu erhöhen. Das reicht aber nicht aus. Alle Professoren an Universitäten und Fachhochschulen sollen spüren, dass Leistungen in Forschung und Lehre wahrgenommen und auch finanziell honoriert werden. Nicht mehr allein das Älterwerden soll in Zukunft das Gehalt der Hochschullehrer bestimmen, sondern ihr persönlicher Einsatz in Forschung und Lehre. Das durch den Wegfall der bisherigen Dienstaltersstufen gewonnene Geld soll für neu zu schaffende Zulagen ge- nutzt werden. Nach unserer Auffassung sollen Zulagen in drei Fällen gewährt werden: erstens im Falle einer Berufung und der Abwendung einer Berufung, zweitens als Funktionszulage für nicht hauptamtlich wahrgenommene Funktionen in der Hochschulverwaltung und zum Beispiel für die Leitung eine Sonderforschungsbereiches und drittens als Leis- tungszulage für die persönliche Leistung in Forschung und Lehre. Eine Leistungszulage sollte auch der Professor er- halten, der bereit ist, ein erhöhtes Lehrdeputat an der Hochschule zu übernehmen. Denn es muss darum gehen, gerade die Lehre an unseren Hochschulen zu stärken. Die wissenschaftlich fundierte, praxisorientierte Aus- bildung an unseren Fachhochschulen hat sich bewährt. Deshalb ist es sinnvoll, ihre Kapazitäten weiter auszu- bauen und das Fächerspektrum zu erweitern. Um auch in Zukunft hoch qualifizierte Praktiker für das Professoren- amt zu gewinnen, ist es zusätzlich erforderlich, das Be- soldungsniveau anzuheben. Deshalb sollte die bisherige C2-Besoldung für Fachhochschulprofessoren entfallen und durch eine einheitliche W2-Besoldung an Fachhoch- schulen und Universitäten ersetzt werden. Die Universitäten und gleichgestellte Hochschulen sollten zusätzlich auf jeden Fall ein höherwertiges Pro- fessorenamt W3 anbieten können. Denn die Professoren an den Universitäten haben im Unterschied zu den Fach- hochschulen zusätzlich die Aufgaben, den wissenschaftli- chen Nachwuchs – Promotionen – auszubilden und in der Grundlagenforschung Exzellentes zu leisten. Ein gestuf- tes Besoldungssystem an Universitäten ist auch sinnvoll, um der unterschiedlichen Bedeutung von Lehrstühlen und Instituten, aber auch der besonderen Verantwortung von Klinikleitern Rechnung zu tragen. Nicht zustimmen können wir den von Bundesbil- dungsministerin Bulmahn für Professoren vorgeschla- genen Besoldungsstufen W2 in Höhe von 7 000 DM und W3 in Höhe von 8 500 DM. Diese Mindestbeträge sind definitiv zu niedrig. Sie entsprechen dem Gehalt von Oberregierungsräten und Regierungsdirektoren und schrecken den qualifizierten Nachwuchs ab, eine Hoch- schullaufbahn anzustreben. Wir können es uns nicht län- ger leisten, dass die besten Köpfe ins Ausland abwandern, weil sie dort bessere Bedingungen vorfinden! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will das beste Know-how, die besten Wissenschaftler für unsere Hoch- schulen gewinnen. Das kann man nicht mit den von Bil- dungsministerin Bulmahn vorgesehenen Grundgehältern. Die von Rot-Grün vorgesehene Mindestbesoldung ent- spricht nicht der in Artikel 33, Absatz 5 des Grundgesetzes garantierten amtsangemessenen Besoldung. Die Grund- gehälter müssen erhöht werden. Die Leistungszulagen sol- len nicht automatisch jedem gegeben werden, sondern nur dem, der die Leistungen auch nachgewiesen hat. Andern- falls kann man sich das ganze neue System sparen. Die Vorschläge von Bildungsministerin Bulmahn lau- fen auf eine Gehaltskürzung für einen bedeutenden Teil der Professoren in Deutschland hinaus. Das lehnen wir ab. Eine solche Reform darf eben nicht kostenneutral sein. Denn wir müssen uns endlich dazu bekennen, dass wir in Deutschland Eliten brauchen, und Eliten sind nicht zum Nulltarif zu bekommen. Die Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuch- ses an den Hochschulen bis hin zum Professorenamt dau- ert zu lange. Dies ist ein Problem. Habilitierte sind im Durchschnitt über 40 Jahre alt. Wer danach nicht direkt eine Berufung als Hochschullehrer bekommt, gerät in eine „Altersfalle“. Eine berufliche Neuorientierung ist zu Beginn des fünften Lebensjahrzehnts nur noch mit äußersten Schwierigkeiten möglich. Die Einführung eines so genannten Juniorprofessors ist deshalb sinnvoll. Er muss selbstständig forschen und leh- ren können und über eine drittmittelfähige Grundausstat- tung verfügen. Es ist allerdings ein Fehler, wenn Rot-Grün nun gene- rell die Habilitation abschaffen will. Ich stimme Ihnen in- soweit zu, als der Nachweis einer zusätzlichen wissen- schaftlichen Leistung in Form der Habilitation in manchen Fächern wie zum Beispiel den Ingenieurwissen- schaften heute de facto kaum noch eine Rolle spielt. Hier ist die so genannte Juniorprofessur der richtige Qualifika- tionsweg. In anderen Fächern kann man seine wissen- schaftliche Kompetenz aber nur mit einer Habilitation be- weisen. Der Philosoph zum Beispiel muss eine Schrift einreichen. Bei den Naturwissenschaftlern und den Inge- nieuren ist das hingegen nicht so. Anstatt mit dem Vor- schlaghammer die bewährte Habilitation kaputtzuschla- gen, sollte man den unterschiedlichen „Fächerkulturen“ Rechnung tragen. Neben der „Juniorprofessur“ sollte es deshalb auch weiterhin die Habilitation geben. Es ist kein Wunder, dass von den Professoren deutliche Kritik an dem rot-grünen Konzept geübt wird. SPD und Grüne wollen wieder einmal Veränderungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg durchsetzen. Diesen Stil der Politik lehnen wir ab. Es ist schade, dass Rot-Grün auf diese Weise ein gemeinsames Vorgehen mit der Professo- renschaft gefährdet. Denn Sie versuchen nicht, die Be- troffenen für vernünftige Veränderungen zu gewinnen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14385 (C) (D) (A) (B) Die Union wird sich dafür einsetzen, eine Reform mit den Professorinnen und Professoren durchzuführen und nicht gegen sie. Das ist unser Verständnis von Reformpo- litik, die langfristig tragfähig ist. Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU): Die Sicherung eines qualitativ hochwertigen Bildungssystems in Deutschland, gerade an den deutschen Hochschulen und Fachhochschulen, gehört zu den zentralen Herausfor- derungen unseres Landes. Nur erstklassig ausgebildete Arbeitskräfte ermöglichen uns eine Spitzenposition im in- ternationalen Wettbewerb um Innovation und technologi- sche Spitzenleistungen. Um diesen hohen Stellenwert deutscher Hochschulen im internationalen Vergleich zu behaupten bzw. auszu- bauen, muss die Verbesserung der Leistungen in For- schung und Lehre durch mehr Wettbewerb erreicht wer- den. Ziel der von uns geforderten Reform des deutschen Hochschulsystems ist es deshalb, durch Deregulierung, durch Leistungsorientierung und durch die Schaffung von Leistungsanreizen Wettbewerb und Differenzierung zu ermöglichen sowie die internationale Wettbewerbsfähig- keit der deutschen Hochschulen für das 21. Jahrhundert zu sichern. Unsere jungen Menschen werden nur dann die erstklassige Ausbildung erhalten können, die sie verdient haben und die wir dringend brauchen, wenn die Politik auf wohlfeile Worte endlich die notwendigen Aktionen folgen lässt und ernsthaft beginnt, die allseits bekannten Un- zulänglichkeiten eines überregulierten Hochschulsystems in Deutschland abzustellen. Mit einer umfassenden und radikalen Verringerung der staatlichen Regelungsdichte an Hochschulen muss im Sinne der Subsidiarität den Hochschulen ein größerer Ge- staltungsspielraum für Strukturen, personelle Zusammen- setzung und die Verwendung zugewiesener Mittel gege- ben werden. Damit können die Hochschulen in die Lage versetzt werden, ein eigenständiges Profil mit Schwer- punktbereichen auszubilden. Damit können die Voraus- setzungen für einen Wettbewerb um die fähigsten Studen- ten, die fähigsten Forscher und die fähigsten Dozenten geschaffen werden. Mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Motivation für die Hochschulen und ihr Lehrpersonal ist daher das Ziel des vorliegenden Antrages der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion. Wir wollen keine uniforme Hochschulpoli- tik, die einfarbig alles vorschreibt und bis ins letzte Detail regelt. Wir wollen eine bunte Hochschullandschaft in Deutschland mit Hochschulen, die im Wettbewerb um die besten Konzepte untereinander um ihre Stellung kämp- fen. Wettbewerb fördert die Entwicklung insgesamt und sorgt damit für bessere Ausbildung und Forschung an un- seren Universitäten und Fachhochschulen. Gerade des- halb sieht das in der letzten Legislaturperiode beschlos- sene Hochschulrahmengesetz vor, dass bei der Verteilung von staatlichen Mitteln auf die Hochschulen und inner- halb der Hochschulen Leistungskriterien stärker zu berücksichtigen sind. Derzeit stehen fast ausschließlich die Leistungen in der Forschung im Vordergrund. Gerade solche Veröffentlichungen bieten Chancen, Forschungs- mittel aus der Industrie oder aus staatlichen Forschungs- programmen zu erhalten. Ein besonderes Engagement in der Lehre wird gerade an Universitäten unzureichend ho- noriert. Stattdessen wird landauf, landab der natürliche Alterungsprozess besonders prämiert. Wir wollen dies ändern und den Hochschulen Freiräume schaffen. Um im Wettbewerb um die besten Dozenten und Forscher bestehen zu können, sollen Ober- grenzen für die individuelle Besoldung von Professoren entfallen. Die Hochschulen sollen selbst entscheiden, wen sie als Professor, also als Forscher und Lehrer einstellen wollen und was sie bereit sind, ihm dafür zu bezahlen. Wenn eine Universität oder Fachhochschule im Informa- tikbereich Bill Gates als Lehrkraft verpflichten will, dann soll sie dies tun können. Deshalb soll es möglich sein, Zu- lagen zu gewähren. Das an dieser Stelle ausgegebene Geld muss die Hochschule dann eben an anderer Stelle einsparen. Gleichzeitig muss das Besoldungsniveau an Universitäten und Fachhochschulen so angehoben wer- den, dass die Hochschullaufbahn für qualifizierten Nach- wuchs attraktiv ist. Die im Konzept des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung vorgesehenen Min- destbeträge für die Vergütungen in Höhe des Gehaltes von Oberregierungsräten bzw. Regierungsdirektoren sind vor diesem Hintergrund nicht ausreichend und schrecken den qualifizierten Nachwuchs eher ab. Die zügige Verwirklichung einer echten Reform des deutschen Hochschulwesens ist eine notwendige Voraus- setzung für eine erfolgreiche weitere Entwicklung des Wissens- und Wissenschaftsstandortes Deutschland. Als wichtigste Stützen für Wissen und hoch qualifizierte Aus- bildung müssen unsere Hochschulen in die Lage versetzt werden, diesem hohen Anspruch auch in Zukunft gerecht zu werden. Exzellenz und Effizienz können die Hoch- schulen dauerhaft nur dann miteinander verbinden, wenn sie ein eigenes Profil und entsprechende Handlungsfrei- heiten erlangen. Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute werden zwei Oppositionsanträge im Zusammen- hang diskutiert, die sich auf eine Reform des Hochschul- dienstrechts beziehen. Es liegt nun ein Reformvorschlag des BMBF auf dem Tisch und die Opposition macht ihre Anträge dazu. Weit auseinander liegen CDU/CSU und F.D.P. dabei nicht und wir werden beide Anträge ableh- nen. Zu Recht haben wir alle gemeinsam festgestellt, dass die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses einfach zu lange dauert. Der Reformvorschlag der rot-grünen Regierung macht dazu nicht etwa irgendwelche kleinen, vielleicht brauch- baren Änderungsvorschläge, sondern ruft auf zu einer kleinen Revolution an den Hochschulen. Der einzige Schritt zur großen Revolution, den wir nicht gemacht ha- ben, weil er nicht durchsetzbar war, ist die Aufhebung der Verbeamtung von Professoren. Das ist eigentlich das Ein- zige, was Sie uns vorwerfen könnten. Die F.D.P. tut das. Die CDU/CSU hält sich da vornehm in ihrem Antrag zurück und will die Verbeamtung aufrechterhalten: Sie wird ihre Gründe haben... Aber damit wiederholt sie einen Fehler des HRG aus dem Jahre 1976. Der damals geschaffene Hochschulassis- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114386 (C) (D) (A) (B) tent, zu selbstständiger Lehre und Forschung berechtigt, wurde in der Praxis durch vorrangige Berufungen über den Habilitationsweg als Karreriesstufe unterlaufen. Ähn- lich muffig mutet an, dass die CDU/CSU an einer unter- schiedlichen Besoldung von Professoren an Hochschulen und Fachhochschulen festhalten will. Das mutet nun ziemlich altertümlich an. Gerade der Wettbewerb zwi- schen den akademischen Bildungsträgern ist ganz offen- sichtlich ein Merkmal der heutigen Zeit und auch für die Wissenschaftslandschaft mehr als wünschenswert. In Ihren Anträgen versuchen Sie, mutige Reform- schritte aufzuhalten. Das Konzept der Juniorprofessur wird von Ihnen beiden begrüßt, allerdings soll ihrer Mei- nung nach die Habilitation parallel dazu erhalten bleiben: Das ist Nonsens. Dann werden sich die alteingesessenen Profs darauf verständigen, auf der Habilitation zu beste- hen, weil das ja immer schon so gewesen ist. Das ist ab- solut ständisches Denken, das Sie hier legitimieren und stabilisieren wollen. Mir ist unverständlich, wie Sie auf diesem veralteten Standpunkt beharren können. Aber das ist ja alles nur mildes Debattenvorgeplänkel. Die eigentliche Revolution ist, eine leistungsbezogene Besoldung bei den Professoren vorzunehmen. Dem stim- men Sie im Prinzip zu. Betrachtet man die Entwicklung der Leistungszulagen an deutschen Hochschulen, kann man auch nicht anders denken: Wir kehren zurück zu ei- nem Prinzip, das über viele Jahre offensichtlich besser funktioniert hat als das heutige. 1965 wurde die so ge- nannte Kolleggeldgarantie in eine Kolleggeldpauschale umgewandelt, die dann seit 1978 dem Grundgehalt ein- fach zugeschlagen wurde. War das Kolleggeld noch eine echte Leistungszulage, die sich nach Anzahl der Hörer und Höhe der an den Vorlesungsstunden verdienten Ge- bühren richtete, war der Kollegpauschale keinerlei Leis- tungsnachweis in der Lehre mehr zu entnehmen, was zur allgemein bekannten Misere in der Lehre führte. Von den Sondergehältern und Zuschüssen rede ich gar nicht mehr. Nun soll es klare Kriterien geben: Neben dem Grund- gehalt ist eine variable Zulage durch entsprechende Leis- tung zu erwerben. Die variable Zulage kann zwischen ei- nem Viertel und einem Drittel des möglichen Endgehalts ausmachen und stellt damit sicherlich einen entscheiden- den Anreiz dar. Sie sprechen sich nicht dagegen aus. Sie überreizen nur wieder bei den Anreizen. Da Sie für eine solide Finanzierung nicht mehr zuständig sind, kommen Sie mit ins Unendliche reichenden Gehaltsvorstellungen für Professoren – kein Oberlimit heißt es bei der F.D.P. Es ist unsere Chance, dass in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Professoren aus dem Hochschuldienst aus- scheiden wird. Wir haben die Möglichkeit, den immer noch lausig niedrigen Frauenanteil an der Professoren- schaft zu erhöhen. Wir haben die Chance, jüngere Leute in Forschung und Lehre zu bekommen. Es wird also nicht nur einen Generationenwechsel geben, sondern auch eine Entwicklung, die ungleiche Verteilung zugunsten des männlichen Geschlechts nach und nach abzumildern. Das macht auch Sinn! Es studieren mehr Frauen als Männer. Mädchen machen im Durchschnitt dass bessere Abitur. Diese Generation soll daher verstärkt in die Lehre und die Forschung vordringen. Das sie es vermag, hat sie längst unter Beweis gestellt. Man muss ihr nur die entsprechen- den Chancen einräumen. Genau das tun wir! Cornelia Pieper (F.D.P.): Wir Liberalen wollen mit unserem Antrag zur Hochschuldienstrechtsreform deut- lich machen, dass es der Regierungskoalition an politi- schem Gestaltungswillen fehlt, eine wirkliche Hoch- schulstruktur- und Studienreform in Angriff zu nehmen. Was wir zu Beginn des neuen Jahrtausends brauchen, ist eine Reform der Hochschulen am Hochschulstandort Deutschland, eine Reform an Kopf und Gliedern. Hierzu bedarf es einer Vision, die auch mutig die Kon- turen der Hochschule des 21. Jahrhunderts zeichnet. Diese Vision muss den schöpferischen Raum für eine wirklich autonome Hochschule in freier Selbstbestim- mung und Selbstverwaltung bei uneingeschränkter Perso- nalhoheit schaffen. Nicht der Staat darf das Profil der ein- zelnen Hochschule bestimmen, darf über Studiengänger, die Zahl der zu immatrikulierenden Studenten entschei- den, nein, das sollte künftig nur noch die jeweilige Hoch- schule selbst. Der Staat muss seine Hochschulen in die Freiheit ent- lassen. Sie entscheiden über ihren Status künftig selbst, so wie es das novellierte Hochschulrahmengesetz schon 1998 vorsah. Der Staat stößt immer mehr an seine Gren- zen. Er muss agieren und sich auf seine eigentlichen Auf- gaben konzentrieren. Immer mehr Studenten drängen heute an die Hoch- schulen. Im vergangenen Jahr waren es schon wieder fast 1,8 Millionen: Doch die Hochschulen sind dieser Flut nicht gewachsen. Sie sind ausgerichtet auf circa 700 000 Studierende. Die Folge sind überfüllte Hörsäle, fehlende Seminar- und Praktikumsplätze, zu lange Studienzeiten und nicht zuletzt auch fehlende Hochschullehrer. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir brauchen in der Zukunft mehr denn je hoch qualifizierte junge Leute. Die Nachfrage nach akademisch Gebildeten wird auf dem Arbeitsmarkt weiter ansteigen. Ihr Anteil wird in den nächsten Jahren auf 35 Prozent anwachsen. Was wir brauchen, sind gleichwertig nebeneinander wirkende Hochschulen und Universitäten bei weiter steigendem Anteil der Ausbildung von akademischen Berufen an den Fachhochschulen. Doch soll gerade die Dienstrechtsreform einen ersten Schritt hin zu einer um- fassenden Reform der Hochschulen darstellen, muss sie Optionen für zukünftige Entwicklungen des Hochschul- systems offen halten. So betrachtet scheinen die bisherigen Vorschläge von Bildungsministerin Bulmahn etwas wirklichkeitsfremd. Und überhaupt: Wo ist denn der Gesetzentwurf der Bun- desregierung? Den Hochschulen soll, mit dem Verweis auf zu lange dauernde Qualifizierungsphasen, eine neue Korsettstange bei der Ausbildung des Hochschullehrernachwuchses ein- gezogen werden. Sie nennt sich „Juniorprofessur“. Ich streite nicht ab, dass sie ein – ich betone: ein – Weg zur Qualifizierung von Nachwuchswissenschaftlern sein kann. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14387 (C) (D) (A) (B) Die Habilitation sollte der andere Weg bleiben. Beide sollten im Wettbewerb zueinander ihre Stärken und auch Schwächen zeigen. Vielfalt statt Einfalt! Wettbewerb statt Gängelei! Kommen die so oft beschworenen Vorteile der Juniorprofessur in allen Wissenschaftsbereichen zum Tra- gen, dann wird sie sich auch durchsetzen und die Habili- tation wird aussterben. Hierzu bedarf es keines Gesetzes. Ich bin mir aber sicher, dass die Abschaffung der Ha- bilitation nichts bewirken wird. Sie wird „ein neues Va- kuum mit neuen Konfusionen“ schaffen, wie es Frau Pro- fessor Dorothea Frede am vergangenen Montag in der „FAZ“ formulierte. Bei der letzten Novellierung des Hochschulrahmenge- setzes haben wir schon die Tür geöffnet, indem wir der Habilitation als Regelvoraussetzung für die Professoren- laufbahn andere gleichwertige Qualifikationen gegen- übergestellt haben. Quereinsteigern aus der Wirtschaft, die über eine hohe Praxiserfahrung verfügen, wurde der Einstieg in die Hochschullehrerlaufbahn – auch an Uni- versitäten – ermöglicht. Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein Wort zu den über- mäßig langen Ausbildungszeiten in Deutschland. Eine er- folgreiche Habilitation steht doch nun wirklich am Ende einer langen Kette von Problemen. Die Ausbildungszeiten können um bis zu fünf Jahre verkürzt werden, wenn wir den Mut dazu aufbringen: das Einschulungsalter um ein Jahr zu senken, das Abitur bundeseinheitlich auf zwölf Schuljahre festzuschreiben, bei stärkerer Vorbereitung auf die nachfolgende Hochschulausbildung, die Wehrpflicht abzuschaffen, die Regelstudienzeit durch ein gut organi- siertes Studium zu senken, den Umfang von Magister- und Diplomarbeiten auf ein notwendiges Maß zu be- schränken und in die normale Studienzeit einzubeziehen. Nehmen wir unseren Auftrag für eine umfassende De- regulierung und Umstrukturierung des Dienstrechts für die Hochschulen ernst und fühlen wir uns dem Ziel ver- pflichtet, ein hohes Niveau der Lehre zu sichern, Spitzen- forschung zu fördern und Kompetenzzentren an den Hochschulen zu schaffen, dann brauchen wir Spitzen- kräfte in Forschung und Lehre. Das bedeutet eine konse- quente Abwendung von bestehenden Beamtenstrukturen bis hin zu international wettbewerbsfähigen Gehältern. Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Das geht nicht mit einer von vornherein verordneten Kostenneutra- lität. Diese schadet der Stellung deutscher Hochschulen im internationalen Wettbewerb um die besten Wissen- schaftler und Hochschullehrer. Das schadet auch Ihnen, Frau Bulmahn, da Sie ja auch mit einer groß angelegten Kampagne international agierende deutsche Spitzenfor- scher zu einem stärkeren Engagement in Deutschland be- wegen wollen. Das schadet der weiteren Entwicklung der Fachhoch- schulen und das schadet den Hochschulen in Ostdeutsch- land. Sie werden, vor dem Hintergrund des BAT Ost und einer drohenden Personalabwanderung, so als erste den internationalen Anschluss verlieren. Maritta Böttcher (PDS): Die PDS hat bereits vor ei- nem halben Jahr als erste Bundestagsfraktion einen eige- nen Antrag zur Personalstruktur- und Dienstrechtsreform an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vorgelegt. Mittlerweile sind auch die beiden anderen Qppositions- fraktionen mit eigenen Initiativen nachgezogen. Was je- doch nach wie vor aussteht, ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung. Wie lange wollen Sie sich eigentlich noch Zeit lassen? Die Bundesregierung ist dabei, einen besonders güns- tigen Zeitpunkt für eine Personalstrukturreform zu ver- passen. Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden derzeit von einer historisch nahezu einmaligen Pensionierungswelle erfasst. Wenn Sie jetzt nicht endlich handeln, werden die verknöcherten Strukturen unseres Wissenschaftssystems bis in die Dreißigerjahre des 21. Jahrhunderts verstetigt. Mit den vollmundigen Refor- mankündigungen, die die Ministerin heute Morgen aus Anlass der Debatte zum Bundesbericht Forschung ge- macht hat, hätte eine solche Versteinerung der Verhält- nisse nichts, aber auch gar nichts zu tun. Bei der Personalstruktur- und Dienstrechtsreform steht eine Menge auf dem Spiel. Es geht um sehr viel mehr als um die Frage der Besoldung von Professorinnen und Pro- fessoren. Der vorliegende Antrag der CDU/CSU ist leider allzu stark auf dieses Detailproblem verengt und daher eine untaugliche Antwort auf den über Jahrzehnte ange- stauten Reformbedarf. Auch die PDS sieht in diesem Punkt Handlungsbedarf: Wir brauchen eine Reform der Vergütungsstrukturen von Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftlern, der mehr an den tatsächlich erbrachten Leistungen und Belastungen ansetzt und weniger an ein- mal erworbenen Titeln. Aber wir dürfen nicht bei dieser Frage stehen bleiben. Wir brauchen über eine Novellie- rung des Besoldungs- und Dienstrechts hinaus eine um- fassende Reform der Personalstruktur, und zwar nicht nur im Interesse der betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern auch im Interesse der Studentin- nen und Studenten sowie der gesamten Gesellschaft, für die eine hohe Qualität der von den Hochschulen und For- schungseinrichtungen erbrachten Leistungen von Bedeu- tung ist. Die antiquierte Personalstruktur ist für manche Ineffi- zienzen, Fehlleistungen und Qualitätsdefizite verantwort- lich, die sich die Hochschulen vorwerfen lassen müssen. Denken Sie nur an das altertümliche System der Ausbil- dung des Hochschullehrernachwuchses. Nach wie vor müssen sich Anwärterinnen und Anwärter auf eine Uni- versitätsprofessur dem viel kritisierten Habilitationsver- fahren unterziehen. Die Habilitation ist nicht nur äußerst langwierig und zementiert Abhängigkeiten. Sie ist vor al- lem auch einseitig auf – zudem isoliert zu erbringende – Forschungsleistungen ausgerichtet. Die anderen Anforde- rungen an den modernen Hochschullehrerberuf fallen un- ter den Tisch: insbesondere die Qualifikation in der Lehre. Dieser Mechanismus setzt sich auch nach der Berufung auf eine Professur ungebrochen fort: Reputation und Auf- stieg von Professorinnen und Professoren bestimmen sich ausschließlich nach besonderen Leistungen in der For- schung und nach Zahl und Gewicht von Publikationen. Wie erfolgreich ihre Lehrveranstaltungen sind und wie gut sie ihre Studierenden betreuen, hat in der Regel kei- nen Einfluss auf ihre Karrierechancen. Die gegenwärtige Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114388 (C) (D) (A) (B) Personalverfassung lässt die Studierenden mit ihrem Inte- resse an einer guten Hochschulausbildung im Regen ste- hen. Wenn wir dies ändern wollen, müssen wir die Lauf- bahn des Hochschullehrernachwuchses reformieren und die Habilitation abschaffen. Die Vorschläge der PDS dazu liegen längst auf dem Tisch. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein weiteres Problem ansprechen: das der fortschreitenden Deregulie- rung, Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeitsver- hältnisse an Hochschulen und Forschungseinrichtungen: Für fast alle nicht professoralen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind befristete Arbeitsverträge zum Regel- fall geworden. Zunehmend werden wissenschaftliche Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter auf Basis von Zwangsteil- zeitverträgen auf halben, Drittel- oder gar Viertelstellen beschäftigt. Diese Situation gefährdet die Kontinuität und die Qualität wissenschaftlicher Arbeit, unter der wiederum nicht nur die Betroffenen, sondern alle, die die Forschungs- und Lehrleistungen der Hochschulen in Anspruch nehmen, zu leiden haben. So richtig es ist, eine angemessene Vergütung von Pro- fessorinnen und Professoren an Universitäten, Fach- und Kunsthochschulen und Forschungseinrichtungen zu for- dern, so wichtig ist es, jene Gruppe nicht zu vergessen, die die Hauptlast der wissenschaftlichen Arbeit trägt. Zwei Drittel der Lehr- und drei Viertel der Forschungsaufgaben werden nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Zentrums für Berufs- und Hochschulforschung der Uni- versität Gesamthochschule Kassel von Angehörigen des akademischen Mittelbaus bzw. wissenschaftlichen Nach- wuchses erbracht. Die von der Bundesregierung angekün- digte Reform des Hochschuldienstrechts will diese Gruppe im Abseits stehen lassen. Das Gleiche gilt für die von CDU/CSU und F.D.P. vorgelegten Anträge. Was wir brauchen, ist eine tarifliche Regelung und soziale Absi- cherung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des gesamten in Hochschule und Forschung beschäftigten Per- sonals. Dies gilt auch für Doktorandinnen und Doktoran- den, für wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte. An den Hochschulen und Forschungseinrichtungen wahrzunehmende Daueraufgaben müssen von Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern in unbefristeten Beschäftigungs- verhältnissen – auf Funktionsstellen – wahrgenommen werden. Die PDS fordert die Aufhebung des Hochschul- fristvertragsgesetzes von 1985, damit wie in anderen Bran- chen üblich auch im Wissenschaftsbereich Arbeitgeber und Gewerkschaften die Modalitäten der Befristung von Arbeitsverhältnissen aushandeln und diese nicht länger einseitig von Arbeitgeberseite diktiert werden. Was die Neuordnung der Laufbahn des Hochschulleh- rernachwuchses angeht, so unterstützt die PDS die Forde- rung nach einer früheren Selbstständigkeit junger Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler. Es kann nicht sein, dass wissenschaftliche Assistenten und Oberassis- tentinnen bis weit ins fünfte Lebensjahrzehnt hinein in Abhängigkeit gehalten werden. Die PDS unterstützt daher grundsätzlich das Modell Juniorprofessur. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Ministerin unseren anlässlich der Beratung des Bundeshaushalts 2001 gestellten Antrag, ein Sonderprogramm zur Erstausstattung der Hochschulen mit Juniorprofessuren aufzulegen, nunmehr aufgreifen möchte. In einem zentralen Punkt bestehen wir aber auf einer Nachbesserung: Ich fordere Sie dringend auf, auf jedwede Altersgrenzen zu verzichten. Es ist nachgewie- sen, dass sich Altersgrenzen in der Hochschullaufbahn strukturell zulasten der Chancen von Frauen auswirken. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf eine Resolu- tion von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf- merksam machen, die der Frau Bundesministerin sowie den zuständigen Ministerinnen und Ministern in den Län- dern, dem Wissenschaftsrat und der Hochschulrektoren- konferenz übergeben worden ist. Ohne eine durchgreifende Personalstruktur und Dienst- rechtsreform ist die Erneuerung unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen zum Scheitern verurteilt. Die Vorschläge unserer Fraktion liegen Ihnen längst vor. Ich hoffe jetzt auf einen zügigen Fortgang der Beratungen. Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Mit der Reform des Hochschuldienstrechts nimmt die Bundesre- gierung ihre Verantwortung wahr, die Leistungs- und In- novationsfähigkeit unseres Wissenschafts- und For- schungssystems zu stärken und die Kooperations- wie Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschul- und For- schungslandschaft auch im internationalen Vergleich zu sichern. Wir wollen und werden flexiblere und stärker leistungsorientierte Beschäftigungs- und Vergütungs- strukturen sowohl für den Hochschulbereich als auch für den außeruniversitären Forschungsbereich schaffen. Hierdurch sollen Anreize für mehr Leistung und bessere Qualität geschaffen, Entwicklungspotenziale für Kreati- vität im gesamten Innovationszyklus eröffnet und der Know-how-Transfer zwischen Wissenschaft und Wirt- schaft beflügelt werden. Der Qualifikationsweg für den wissenschaftlichen Nachwuchs soll kürzer und übersicht- licher werden. Wir wollen insbesondere mehr weibliche Spitzenkräfte für die Wissenschaft gewinnen. Zur Vorbereitung von Reformvorschlägen der Bundes- regierung hat die Bundesministerin für Bildung und For- schung im Juni 1999 die Expertenkommission „Reform des Hochschuldienstrechts“ berufen. Die Kommission hat in ihren Empfehlungen vom 10. April 2000 grundlegende Änderungen des Qualifikationsweges zur Professur sowie eine Neugestaltung der Besoldung von Hochschullehrern und Mitgliedern von Leitungsorganen der Hochschulen vorgeschlagen. Das im September letzten Jahres von Bundesministerin Bulmahn gemeinsam mit Staatssekretärin Zypries aus dem BMI vorgestellte Konzept des BMBF für ein neues Hoch- schuldienstrecht knüpft weitgehend an die Empfehlungen der Expertenkommission an, setzt aber, besonders bei der Reform der Professorenbesoldung, eigene Akzente. Kernpunkte des Konzepts sind: die Einführung einer Juniorprofessur mit dem Recht zu selbstständiger For- schung und Lehre, die Abschaffung der Habilitation, die Eröffnung des Karrierewegs an der eigenen Hochschule durch Begrenzung des Hausberufungsverbots und Er- möglichung von Besoldungsverbesserungen ohne Hoch- schulwechsel, die besoldungssystematische Gleichstel- lung von Universitäten und Fachhochschulen und die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14389 (C) (D) (A) (B) Ersetzung der leistungsunabhängigen Altersstufen der Besoldung durch variable Gehaltsbestandteile. Entwürfe für die zur Umsetzung der Hochschuldienst- rechtsreform erforderlichen Änderungen des Hochschul- rahmengesetzes und des Bundesbesoldungsgesetzes – für Letzteres ist das Bundesministerium des Innern feder- führend – werden zurzeit erarbeitet. Die geplanten Ände- rungen des Hochschulrahmengesetzes werden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene vorberei- tet. Dies nimmt einige Monate Zeit in Anspruch, aber wir wollen einen möglichst breiten Konsens mit den Ländern zur Dienstrechtsreform. Angestrebt ist, dass das Kabinett vor Ostern die Ge- setzentwürfe beschließt. Im Anschluss daran sollen die parlamentarischen Beratungen aufgenommen werden. Die Hochschuldienstrechtsreform soll zum 1. Januar 2002 in Kraft treten. Ich begrüße es sehr, dass nun endlich auch CDU/CSU und F.D.P., die in Zeiten ihrer Regierungs- tätigkeit durch Untätigkeit glänzten, Position beziehen. In den Anträgen der CDU/CSU „Eckpunkte für eine Reform des Hochschuldienstrechts“ und der F.D.P. „Dienstrechtsreform an den Hochschulen konsequent für eine umfassende Hochschulreform nutzen“ sind einige Aspekte des Konzepts für ein Hochschuldienstrecht des 21. Jahrhunderts aufgegriffen worden, zu denen ich Stel- lung nehmen möchte. Zur Juniorprofessur und zur Habilitation: Durch die Einführung einer befristeten Juniorprofessur in möglichst zeitnahem Anschluss an die Promotion soll erreicht wer- den, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- ler künftig Anfang/Mitte 30 selbstständig und unabhängig lehren und forschen können. Die Juniorprofessur soll die Regelvoraussetzung für eine Berufung auf eine Universi- tätsprofessur sein. Alternative Wege für eine Berufung auf eine Universitätsprofessur sind die Qualifizierung auf- grund beruflicher Tätigkeit, die Qualifizierung im Aus- land und die Qualifizierung durch wissenschaftliche Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule bzw. außeruniversitären Forschungseinrich- tung. Diese strukturellen Änderungen werden auch einen Beitrag dazu leisten, die von der HRG gebotene Förde- rung von Frauen in den Hochschulen im Sinne des „Gen- der mainstreaming“ zu sichern und bessere Rahmenbe- dingungen auch für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Wissenschaft zu schaffen. Wesentliches Element der künftigen Wege zu einer Dauerprofessur ist, dass nicht die „abgebenden“, sondern ausschließlich die „aufnehmenden“ Institutionen darüber entscheiden, ob Bewerber über die für die Berufung auf eine Lebenszeitprofessur erforderliche Eignung und Be- fähigung verfügen. Dies entspricht internationaler Üb- lichkeit und ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung der internationalen Anschlussfähigkeit des deutschen Hochschulsystems. Es ist zugleich die „conditio sine qua non“ dafür, dass unser Hochschulsys- tem für deutsche und ausländische Nachwuchswissen- schaftler attraktiver wird. Die Bundesregierung teilt die jüngst getroffene Fest- stellung des Wissenschaftsrates, dass das Habilitations- verfahren nicht zur Realisierung der mit der Dienstrechts- reform verfolgten Ziele beiträgt. Die Habilitation als Prü- fungs- und Lizenzierungsverfahren steht vor allem der gewollten größeren Selbstständigkeit und Eigenverant- wortlichkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses entge- gen. Wir werden deshalb geeignete Maßnahmen vor- schlagen, die ein Unterlaufen dieses Reformansatzes ausschließen. In welchem strukturellen Dilemma wir stecken, zeigt sich beispielsweise bei den im Emmy- Noether-Programm der DFG geförderten hoch qualifi- zierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchs- wissenschaftlern, die in signifikanter Zahl – entgegen den Intentionen des Programms – doch eine Habilitation an- streben, um bei Berufungen nicht chancenlos zu sein. Die Anforderungen an die über die Promotion hinaus- gehenden wissenschaftlichen Leistungen für die Beru- fung auf eine Professur werden auch in Zukunft je nach Fach und Fachkultur unterschiedlich ausgestaltet sein. So werden in den Naturwissenschaften typischerweise Ver- öffentlichungen in international führenden Zeitschriften nachzuweisen sein, während zum Beispiel in den Geis- teswissenschaften wohl auch künftig ein „2. Buch“ vor- zulegen sein wird. Die Bundesregierung wird die Länder bei der Einrich- tung von Juniorprofessuren unterstützen. Sie beabsichtigt hierzu, ab 2002 zur Unterstützung der Einführung der Ju- niorprofessur ein Ausstattungsprogramm für Juniorpro- fessoren zu starten. Es ist darüber hinaus zu erwägen, die Vielzahl an Personalkategorien, die bislang mit wei- sungsgebundenen Aufgaben in Forschung, Lehre, Selbst- verwaltung und in der Krankenversorgung verknüpft sind – einschließlich der wissenschaftlichen Assistenten –, durch einen von den Hochschulen flexibel gestaltbaren Bereich wissenschaftlicher Mitarbeiter zu ersetzen, der auch den Erwerb von Qualifikationen für eine weiter- führende wissenschaftliche Karriere ermöglicht. Zur Besoldung von Hochschullehrern und Hochschul- leitern: Zweites zentrales Thema der Hochschuldienst- rechtsreform ist die Reform der Professorenbesoldung. Statt der bisherigen Professorenbesoldung, bei der die Dienstaltersstufen ein wichtiges Bestimmungskriterium der Besoldungshöhe sind, soll ein neues, flexibles und stärker leistungsorientiertes Besoldungssystem geschaf- fen werden. Mit ihm soll im Wettbewerb mit ausländi- schen Hochschulen und der Industrie in Zukunft auch Marktgegebenheiten bei der Gewinnung von Nachwuchs- wissenschaftlern und Professoren besser Rechnung getra- gen werden können. Gleichzeitig soll der Karriereweg an der eigenen Hochschule eröffnet werden: Leistungsge- rechte Gehaltssteigerungen sollen künftig unabhängig von Berufungsverhandlungen und ohne Weggang an eine andere Hochschule möglich sein. Hierzu soll eine neue Besoldungsordnung W – W steht für Wissenschaft – eingeführt werden. Neben der Junior- professur – neue Besoldungsgruppe W 1 –, die an den Universitäten eingeführt werden soll, wird es künftig für Professoren zwei Besoldungsgruppen, W 2 und W 3, ge- ben, die sowohl an Fachhochschulen als auch an Univer- sitäten vorgesehen werden können. Über die Frage, wel- che Professorenstellen in welchem Umfang an welcher Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114390 (C) (D) (A) (B) Hochschulart eingerichtet werden, wird künftig nicht der Bund, sondern werden die Länder entscheiden: Die Län- der erhalten damit die Möglichkeit, die entsprechend den jeweiligen hochschulspezifischen Gegebenheiten und Zielsetzungen jeweils von ihnen für richtig gehaltene Stellenstruktur einzuführen. Das bedeutet, dass die Fach- hochschulen mit den Universitäten künftig besoldungs- systematisch grundsätzlich gleichgestellt sind. Damit werden im Bereich der Besoldung zukunftsfähige Rah- menbedingungen für die Fortentwicklung des Hochschul- systems geschaffen. Dem neuen Besoldungssystem liegt die ordnungspoli- tische Vorstellung zugrunde, bundesrechtlich Handlungs- möglichkeiten zu schaffen, Entscheidungen über deren Nutzung aber den Ländern zu überlassen. Dieses Ord- nungsprinzip wird auch bei anderen Elementen des neuen Besoldungssystems verfolgt. Juniorprofessoren – die neue Besoldungsgruppe W 1 – erhalten künftig in den ersten drei Jahren 6 000 DM, nach positiver Zwischenevaluation 6 500 DM. In den Professo- renämtern W 2 und W 3 setzt sich die konkret-individu- elle Besoldung aus einem Mindestbetrag und zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteilen zusammen. Neu und si- cherlich gewöhnungsbedürftig ist, dass es hierbei nur für die Mindestbezüge einen fixen Betrag geben wird – W 2: 7 000 DM, W 3: 8 500 DM –, während sich die weiteren Besoldungskomponenten nur als Bandbreite bzw. Durch- schnittswert ausdrücken lassen. Die Mindestbeträge orientieren sich dabei an der heu- tigen Besoldung 31- bis 34-jähriger Professoren in den Besoldungsgruppen C 3 und C 4, während für die insge- samt für die Professorenbesoldung zur Verfügung stehen- den Mittel bundesrechtlich ein Vergaberahmen festgelegt wird. Dieser Vergaberahmen wird sicherstellen, dass die Reform der Professorenbesoldung nicht zu einer Besol- dungskürzung führt. Mit anderen Worten: Die durch- schnittliche Besoldung der Professoren wird künftig nicht niedriger sein als heute. Eine Erhöhung der Mindestbe- träge, wie in den Anträgen gefordert, würde zum einen in größerem Umfang zu automatischen Gehaltssteigerungen allein durch die Umstellung des Besoldungssystems und zum anderen dazu führen, dass sich der Spielraum für weitere Besoldungskomponenten massiv verringert. Demgegenüber eröffnen die vorgesehenen Mindestbe- träge die Option, dass auch schon bei der Erstberufung höhere Bezüge vereinbart werden können. Die variablen Gehaltsbestandteile werden individuell – in der Regel auch schon bei der Erstberufung – im Rah- men des Personalbudgets der Hochschule verhandelt und vereinbart werden. Sie können vergeben werden aus An- lass von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen, für die Übernahme von Funktionen und besonderen Aufgaben sowie für besondere individuelle Leistungen in den Be- reichen Forschung, Lehre, Weiterbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Details der Besoldungsreform werden derzeit in- nerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Wir sind im Zeitplan, sodass das Reformvorhaben wie geplant Anfang 2002 in Kraft treten wird. Ergänzend und parallel zur Besoldungsreform wird es im Frühjahr erste Gespräche der Tarifvertragsparteien über die Frage einer wissenschaftsadäquateren Ausgestal- tung des Tarifwerkes des öffentlichen Dienstes geben, die die Bundesregierung im Rahmen der gebotenen Tarifau- tonomie begleiten wird. Sie sehen: Die Bundesregierung hält Wort. Wir sind – auch in Gesprächen mit den Ländern – über Ankündi- gungen weit hinaus, wir handeln! Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Ratifizierung des Haager Adoptionsabkommens (Tagesordnungs- punkt 12) Margot von Renesse (SPD): Es bedarf keiner langen Rede zu diesem Antrag der CDU/CSU. Eigentlich kann man zu der Forderung nach einem Gesetzentwurf zur Um- setzung eines völkerrechtlichen Abkommens nur das Ad- ventslied singen, das uns aus dem Jahr 2000 noch in Er- innerung ist und in dem es heißt: „Es ist schon auf dem Weg.“ Das ist eigentlich seltsam für die frühere Regie- rungspartei, die das fragliche Abkommen unterzeichnet und fünf Jahre unratifiziert gelassen hat, der neuen Re- gierung schon nach zwei Jahren eine Mahnung ins Haus zu schicken. Sei es drum: Die Türen waren so selten of- fen, die unsere Opposition mit Schwung eintreten will. Wie sagt der Zivilrichter in solchen Fällen? „Die Angele- genheit ist in der Hauptsache erledigt.“ Renate Diemers (CDU/CSU): Deutschland ist für Gründlichkeit und Reglungsbedarf bekannt. Alles muss seine Ordnung haben. Also müssen Paare, die ein Kind adoptieren wollen, enorme behördliche Auflagen in unse- rem Land erfüllen, die so hoch sind, dass sie auf die Be- troffenen manchmal widersinnig wirken. Aber im Inte- resse des Kindes sollten und müssen wir weiterhin an der Prüfung der Eignung festhalten. Viele Paare empfinden eine besondere Verantwortung angesichts der unterschiedlichen globalen Lebensver- hältnisse und wollen ein ausländisches verwaistes Kind adoptieren. Die sozialen Umstände in vielen Ländern sind insbesondere für Kleinkinder schlichtweg un- menschlich. Es handelt sich dabei um Kinder in Län- dern, die vom Bürgerkrieg zerrüttet sind oder die unter Hungersnot leiden. Viele der Kinder leben in Staaten, die einfach kein Geld haben, um ein staatliches Fürsorgesystem einzurichten, oder wo mafiöse Strukturen das Geld abzweigen. Und wir müssen auch feststellen, dass es Staaten gibt, die für allein lebende Kinder – ich denke in diesem Zusammenhang auch an die so genannten Straßenkinder – kein Geld aus- geben wollen. Und direkt vor unserer Haustür, den so genannten westlichen Ländern, mussten wir in der Vergangenheit und insbesondere in den letzten Tagen mit Wut im Bauch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14391 (C) (D) (A) (B) erleben, dass um Kinder im Internet gefeilscht wird: meistbietend – mit Umtauschgarantie und Rückrufaktion. Ihnen ist bekannt, dass die Haager Konferenz eine in- ternationale Organisation für Privatrecht ist, in der inzwi- schen über 60 Staaten mitarbeiten. Die Haager Konferenz erkannte rasch, dass ein internationales Abkommen not- wendig ist, um Kinderhandel, Kindesentführungen und Kinderauktionen zu bekämpfen. Auch stand fest, dass es nur dann Erfolg versprechende Lösungen geben kann, wenn die Herkunftsländer der Adoptivkinder – also auch Problemländer – mitarbeiten können. So war es selbst- verständlich, auch Nichtmitgliedsländer als Ad-hoc-Mit- glieder an der Ausarbeitung des Adoptionsabkommens zu beteiligen. Damit wird deutlich, dass diesem Abkommen eine enorme internationale Bedeutung zukommt. Bereits die UN-Kinderrechtskonvention hat zur Adop- tion einige Grundsätze genannt. Dort ist festgelegt, dass eine Adoption ein staatlicher Akt ist und privater Befug- nis entzogen ist. Kommerzielle Kindervermittlung soll auf jeden Fall verhindert werden. Grundsätzlich soll eine internationale Adoption erst dann möglich sein, wenn das Kind in seinem Heimatland nicht geeignet betreut werden kann und dort keine Adoption möglich ist. Die Unterzeichner haben sich verpflichtet, die inner- staatlichen Voraussetzungen für die Umsetzung dieser UN-Konvention zu schaffen. Außerdem ist ein multilate- rales Abkommen notwendig und dieses liegt in Form des Haager Abkommens vor. Die Ziele dieses Abkommens waren auf der Grundlage der UN-Forderungen schnell herausgearbeitet: Erstens: Es sollten Schutzmaßnahmen entwickelt wer- den, die sicherstellen, dass grenzüberschreitende Adop- tionen zum Wohle des Kindes unter der Wahrung der Grundrechte stattfinden. Zweitens war sicherzustellen, dass die Vertragsstaaten durch eine Zusammenarbeit diese Schutzmaßnahmen ein- halten und somit sicherstellen, dass Kindesentführung etc. vermieden werden. Und drittens werden somit die durchgeführten Adop- tionen rechtlich anerkannt. Ein besonderer Verhandlungspunkt der Haager Konfe- renz war es auch, die staatliche Aufsicht über die Adop- tionen zu gewährleisten. Auf Druck der USAwurden auch private Vermittler zugelassen, wenn diese staatlich ge- prüft sind. Aber die neuen Entwicklungen und die aktuel- len Skandale aus den USA zeigen auch hier noch Schlupflöcher und den rechtsfreien und anonymen Raum des Internets auf. Die bisherige ungeklärte Rechtslage hat in Deutsch- land in der Zwischenzeit zu einer paradoxen Situation ge- führt. Wir haben auf der einen Seite quasi staatlich ge- prüfte Eltern, worauf ich eingangs hinwies, die sich seit fast sieben Jahren um eine Auslandsadoption bemühen, und wir haben im Ausland hilfsbedürftige Kinder. Aber es können kaum noch Adoptionen nach Deutsch- land vermittelt werden. Die ausländischen Staaten, die das Haager Adoptionsabkommen bereits ratifiziert haben, sind dazu übergegangen bzw. sind durch die Ratifizierung verpflichtet, Kinder nur noch in die Staaten zu vermitteln, die bereits Vertragspartner sind. Und auch für ein reiches und durchaus immer noch preußisches Deutschland wird keine Ausnahme gemacht. Es ist möglich, dass die Adoption erst nach dem Wech- sel des Aufenthaltsortes des Kindes stattfindet. In einigen deutschen Familien leben also bereits ausländische – nicht adoptierte – Kinder. Aber rechtlich und emotional gesehen ist dies für alle Beteiligten ein äußerst ungewis- ser und unzumutbarer Zustand. Auch besteht die Gefahr, dass illegale Adoptionen in Kauf genommen werden. Die adoptivwilligen Eltern sind inzwischen so zermürbt, dass sie sich bereits an den Peti- tionsausschuss unseres Hauses gewandt haben. Und etli- che Eltern haben sich direkt an Abgeordnete und somit auch an mich gewandt. Ich zitiere aus einem der Elternbriefe; da heißt es: „Kinder, die in Heimen seelisch, geistig und körperlich zerstört werden, weil sie keine Eltern finden“. Diese emo- tionalen Schilderungen haben mich persönlich veranlasst, diesen Sachverhalt noch einmal verstärkt in den Blick zu rücken. Das Haager Abkommen existiert bereits seit 1993 und wurde von der damaligen Bundesregierung mit erarbeitet. Es gilt seit 1995 und wurde später auch von Deutschland unterzeichnet. Ich bedaure, dass während unserer Regie- rungsverantwortung die anschließend notwendige Ratifi- zierung nicht mehr auf den Weg gebracht werden konnte; aber auch die neue Bundesregierung hat inzwischen eingestanden, dass es sich in der Tat um ein überaus kom- plexes Thema handelt, das viel Vorbereitungszeit und langwierige Abstimmungen mit den Bundesländern erfor- dert. Erfreulicherweise hat das Bundeskabinett am 20. Dezember des vergangenen Jahres entsprechende Ge- setzentwürfe an den Bundesrat gebilligt. Unser Hauptaugenmerk gilt den Kindern und dies gibt mir die Hoffnung, dass für den Antrag meiner Fraktion zur Ratifizierung des Haager Adoptionsabkommens eine breite Zustimmung in diesem Hause möglich ist. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Ein Kind um jeden Preis“ wünschen sich zahlreiche Paare auch in Deutschland. Rund 7 000 bis 8 000 Kinder werden jährlich adoptiert. Über ein Viertel, also fast 2 000 der Kinder, kommen aus dem Ausland. Die Dunkelziffer weiterer Adoptionen ist hoch. Denn nur ein kleiner Teil der Kinder wird laut Angaben der Kinder- rechtsorganisation „terre des hommes“ über seriöse, staat- lich anerkannte Vermittlungsstellen adoptiert. In Deutschland gibt es einen Kinderhandelsmarkt, wo- bei die Nachfrage deutlich höher liegt als das Angebot – Tendenz steigend. Waren es Anfang der 80er-Jahre noch zehn Bewerber, die sich um ein Kind bemühten, so stieg die Zahl in den 90er-Jahren auf 20 bis 30 an. Der Schritt vom Kindeswohl zum Kindesmarkt scheint dabei schnell getan zu sein. Auch vor dem Shopping per Internet wird nicht zurückgeschreckt. So genannte Online-Adoptionen sind keine Seltenheit. Ein Drama über eine derartige Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114392 (C) (D) (A) (B) Adoption wurde kürzlich durch die Presse bekannt. Eine US-amerikanische Vermittlungsagentur ließ eine Mutter von Zwillingen ihre Kinder zweimal verkaufen. Das Ziel war höherer Profit. Die Säuglinge wurden durch die USA geschickt und landeten schließlich in England. Auch Großbritannien will nun die Gesetze über Adoptionen verschärfen. Liebe Kollegen und Kolleginnen der CDU/CSU, ich bin froh, dass auch Sie jetzt endlich einen Sinneswandel vollzogen haben. Das zeigt der vorliegende Antrag. Noch zu Ihrer Regierungszeit mussten wir über Jahre auf eine Ratifizierung des Haager Adoptionsabkommens warten. In den Jahren 1994 und 1995 hat uns Ihre F.D.P.-Justiz- ministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger die rasche Umsetzung der Konvention versprochen. Dem damaligen Finanzministerium gingen aber wohl die Kosten zu weit. Spätestens im Jahr 1997 sollte es soweit sein. Das Warten war jedoch vergeblich. Ich frage Sie: Warum ist es ei- gentlich nicht dazu gekommen? Die rot-grüne Bundesre- gierung hat bereits im vergangenen Jahr die notwendigen Ratifizierungs- und Ausführungsgesetze verabschiedet, womit Ihr Antrag völlig überflüssig wird. Wir können da- von ausgehen, dass Anfang 2002 die Haager Konvention in Deutschland in Kraft treten wird. Bereits die Kinderrechtskonvention der Vereinten Na- tionen aus dem Jahr 1989 gesteht jedem Kind umfassende Rechte zu. Erstmalig wurden hier Kinderrechte als Men- schenrechte formuliert. Danach sollte ein Kind nach Mög- lichkeit in der Fürsorge seiner Eltern aufwachsen. Die Er- klärung der Vereinten Nationen war Ausgangspunkt für das Haager Abkommen. Erfreulich dabei ist, dass sich im- mer mehr Herkunftsländer, wie Polen, Rumänien und mehrere lateinamerikanische Staaten, dem Abkommen an- geschlossen haben. Schließlich stimmten 66 Staaten der Übereinkunft zu. In 41 Staaten ist sie inzwischen in Kraft. Die Regelungen der Konvention sehen erhebliche Ver- besserungen vor. Es ist ein wichtiger Schritt zum Schutz von Kindern bei internationalen Adoptionen. Eine Adop- tion wird danach eindeutig als Sache von Kinderrechten angesehen. Ein wichtiges Ziel des Abkommens ist der verbesserte Rechtsstatus ausländischer Adoptivkinder. Durch die Konvention entsteht ein ausgefeiltes System der internationalen Zusammenarbeit, mit dem sicherge- stellt werden soll, dass keine Kinder mehr entführt, ver- kauft und gehandelt werden, um schließlich als Adoptiv- kinder getarnt auf dem Weltmarkt verhökert zu werden. Außerdem werden die Verfahrenswege einer Adoption vereinfacht und damit transparenter, vor allem auch für die zukünftigen Adoptiveltern. Das Verfahren sieht vor, dass das Herkunftsland in jedem einzelnen Fall die best- mögliche Lösung für das Kind suchen muss. Für uns Bündnisgrüne ist immer die Fürsorge für das Kind im In- land vorzuziehen, bevor es schließlich zu einer Auslands- adoption kommt. Heimat- und Aufnahmestaat entschei- den schließlich gemeinsam darüber, ob die Annahme eines bestimmten Kindes durch bestimmte Adoptionsbe- werber dem Wohl des Kindes dient. Diese Ziele sollen un- ter anderem dadurch erreicht werden, dass in jedem Staat eine zentrale Behörde geschaffen wird, die für alle inter- staatlichen Adoptionen zuständig ist. Das bedeutet nicht etwa das Ende von Privatadoptionen. Staatlich zugelas- sene private Organisationen sollen ihre Aufgaben weiter- führen, immer in Abstimmung mit der zentralen Behörde. In Deutschland wird diese Behörde beim Generalbundes- anwalt angesiedelt sein. Mit der Haager Konvention wird die Untrennbarkeit von Adoptionspraxis und Achtung der Kinderrechte fest- geschrieben. Mit der Umsetzung dieses Abkommens sorgt die rot-grüne Koalition für eine gerechte Adoptions- politik. Die Kinderrechte stehen dabei im Vordergrund, damit bei jeder Adoption die Würde des Kindes garantiert werden kann. Rainer Funke (F.D.P.): Der Antrag der CDU zur Ra- tifizierung des Haager Adoptionsabkommens ist nicht nur richtig, er rennt offene Türen ein. Es ist zwar richtig, dass die Bundesregierung mit der Ankündigung von Gesetzen häufig schneller ist als mit deren Umsetzung, und es dann gut ist, dass durch Anträge der Bundesregierung Beine ge- macht werden. In diesem konkreten Fall muss man jedoch einräumen, dass die Bundesregierung durchaus rechtzei- tig den Gesetzentwurf vorgelegt hat. Das gilt auch dann, wenn man bedenkt, dass das Haager Abkommen vom 29. Mai 1993 stammt, denn schließlich mussten für die Umsetzung dieses Haager Abkommens schwierige inner- staatliche Regelungen gefunden werden. Nach unserem föderalen System mussten die zentralen Behörden von Ju- gendämtern und zugelassenen Adoptionsvermittlungs- stellen befragt und deren Zuständigkeiten geregelt wer- den. Dies ist nicht nur eine Frage der behördlichen Strukturen, sondern auch die Frage, inwieweit potenzielle Adoptiveltern sich auf den Rat dieser Stellen verlassen können. Die F.D.P.-Fraktion begrüßt daher, dass die Bundesre- gierung beim Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Ge- biet der internationalen Adoption eingebracht hat. Hiermit wird sich der Bundestag sicherlich bald zu beschäftigen ha- ben. Nach der Übereinkunft nehmen Heimatstaat und Auf- nahmestaat bei der Vermittlung einer grenzüberschreiten- den Adoption unterschiedliche Aufga-benschwerpunkte wahr. Die Behörden im Heimatstaat klären, ob eine inter- nationale Adoption dem Kind in seiner persönlichen Situa- tion eine geeignete Lebensperspektive bieten könnte, und holen erforderliche Zustimmungen, namentlich der leibli- chen Eltern, ein. Die zuständigen Stellen im Aufnahmestaat prüfen die Eignung der Adoptionsbewerber und stellen si- cher, dass das Kind in den Aufnahmestaat einreisen und sich dort aufhalten kann. Heimat- und Aufnahmestaat ent- scheiden gemeinsam, ob die Annahme eines bestimmten Kindes durch bestimmte Adoptionsbewerber dem Wohl des Kindes dient. Eine gemäß den Bestimmungen des Über- einkommens vollzogene Adoption wird in allen Vertrags- staaten anerkannt. Dieses Haager Übereinkommen ist nach langen Ver- handlungen und einem angemessenen Interessensaus- gleich zwischen Heimat- und Aufnahmestaaten zustande gekommen. Die damalige Bundesregierung war eine der treibenden Kräfte für dieses Haager Übereinkommen. Die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14393 (C) (D) (A) (B) F.D.P.-Fraktion wird daher dieser Vereinbarung und deren Umsetzung in nationales Recht zustimmen. Christina Schenk (PDS): Jedes Jahr werden mehr als 1 000 ausländische Kinder von deutschen Paaren adop- tiert; Tendenz steigend. Von diesen Kindern kommen nur wenige über anerkannte Vermittlungsstellen zu den Adop- tivfamilien. Wie viele Kinder insgesamt an Vermittlungs- stellen und den bestehenden Gesetzen vorbei nach Deutschland gebracht werden, ist nicht bekannt. Terre des hommes hat 1996 mit der Studie „Kein Kind um jeden Preis“ nachweisen können, dass es auch in der BRD einen fest etablierten Adoptionskinderhandelsmarkt gibt. Deut- sche Paare besorgen sich ihre Kinder privat oder über unseriöse Agenturen in Staaten der Dritten Welt oder Osteuropas. Für eine entsprechende Summe bekommen Bewerber das Kind ihrer Wahl: hellhäutig, gesund, mög- lichst jung. Die Beschaffungspraktiken reichen von Be- trug und Urkundenfälschung bis zur Kindesentführung. Oft wird die soziale Notlage lediger Mütter skrupellos ausgenutzt. Die Kinder sind Ware auf einem Markt, der durch Angebot und Nachfrage geregelt wird. Um diesen illegalen und halblegalen Kinderhandel ein- zudämmen, bedarf es der schnellstmöglichen Ratifizie- rung der Haager Konvention. Denn die bisherige Nichtra- tifizierung der Konvention hat genau den Effekt, dass die Möglichkeiten legaler Auslandsadoptionen eingeschränkt wurden und adoptionswillige Paare sich auf halblegale oder illegale Wege einlassen. Die Bundesregierung hat das „Übereinkommen über die Zusammenarbeit und den Schutz von Kindern auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Adoption“ 1997 – vier Jahre nach seinem Zustandekommen – gezeichnet. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zu seiner Umsetzung wurde vor kurzem dem Bundesrat zugeleitet. Die PDS wird auf eine zügige Behandlung im Bundestag drängen. Die Haager Konvention schreibt fest, dass bei einer Adoption das Wohl des Kindes an erster Stelle steht. Eine Auslandsadoption kann nur dann stattfinden, wenn die Grundrechte des betreffenden Kindes gewahrt sind. Sie soll nur dann möglich sein, wenn im Herkunftsland keine andere Möglichkeit besteht: Erst wenn weder die eigene Familie noch andere Familien im Land ein Kind anneh- men, kann über eine Adoption im Ausland nachgedacht werden. Alle Beteiligten sind verpflichtet, diese Alterna- tiven konkret zu prüfen. Vermittelt werden dürfen Adop- tionen nur von anerkannten Stellen. Auf keinen Fall darf eine der beteiligten Seiten einen finanziellen Vorteil durch die Vermittlung erlangen. So soll gesichert werden, dass keine Kinder entführt, verkauft und gehandelt werden, um dann als Adoptivkinder „verpackt“ auf dem Weltmarkt verhökert zu werden. Ob dies alles gelingt, hängt maßgeblich davon ab, wie die Konvention umgesetzt wird. Dabei geht es nicht nur um gesetzliche Regelungen. Es geht auch um eine auf- klärende und bewusstseinsbildende Arbeit, die klarstellt, dass auch bei Auslandsadoptionen die Rechte der Kinder uneingeschränkt an erster Stelle zu stehen haben. Zu- gleich geht es auch darum, den adoptierten Kindern und ihren Eltern die notwendige Infrastruktur zu ihrer Unter- stützung bereit zu stellen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Soforthilfe für kon- kursbedrohte Wohnungsgenossenschaften aus TLG-Beständen organisieren (Tagesordnungs- punkt 13) Dr. Peter Danckert (SPD): Die PDS beantragt So- forthilfe für konkursbedrohte Wohnungsgenossenschaf- ten aus TLG-Beständen und tut dies auf die ihr typische Art und Weise, nämlich pauschal und undifferenziert. Um aber zu einer sachgerechten Lösung für die betroffenen TLG-Genossenschaften kommen zu können – und dieser Bundesregierung kommt es auf sachgerechte wohnungs- politische Lösungen an, wie das zweite Altschuldenhil- feänderungsgesetz, die Wohngeldreform und auch die Novellierung des Eigenheimzulagegesetzes beweisen –, ist eine objektive Betrachtungsweise notwendig. Dies beginnt mit einer seriösen Bestandsaufnahme, Frau Ostrowski; sonst könnten schnell falsche Eindrücke erweckt werden. Ihr wohnungspolitischer Einsatz in allen Ehren, aber wenn Sie zum Beispiel in der „Leipziger Volkszeitung“ vom 10. Januar 2001 auf Seite 17 wie folgt zitiert werden: „Die in Not geratene WG Lößnig und die anderen TLG-Genossenschaften tragen keine Schuld an der entstandenen Lage“, dann gehen Sie mit diesen Pau- schalisierungen wirklich zu weit. Lassen Sie mich Folgendes zur Sache ausführen. Worum ging es in den Jahren 1993, 1994 und 1995? Die Bewohner in den Regionen der ehemaligen Kohle-, Mon- tan- und Chemieindustrie der neuen Bundesländer sollten gesicherte Wohnperspektiven erhalten. Die Treuhandlie- genschaftsgesellschaft mbH wird beauftragt, bundesei- gene Wohnungen und Werkswohnungen vor allem an den ehemaligen Industrie- und Armeestandorten in Ost- deutschland zu verwerten. Da sich eine direkte Mieterpri- vatisierung nicht erreichen ließ, sollten nach dem Konzept der TLG die Mieterinnen und Mieter dieser Wohnungen für die Bildung von Wohnungsgenossenschaften gewon- nen werden. Im Vertrauen auf eine gesicherte Wohnper- spektive haben sich überwiegend ältere Bewohner unter Verwendung ihrer Ersparnisse mit Geschäftsanteilen zwi- schen circa 6 000 DM und 12 000 DM beteiligt. In den Jahren 1993 bis 1996 sind so zehn Wohnungsgenossen- schaften gegründet worden, die insgesamt 12 848 Woh- nungen erworben haben und in denen mehr als 30 000 Menschen wohnen. Dies geschah freiwillig. Die Miete- rinnen und Mieter haben sich zusammengetan. Es gab Standortuntersuchungen. Die Verkehrswerte wurden er- mittelt und dann Genossenschaften – mit Vorständen und Aufsichtsräten – gegründet. Alle Beteiligten sind mit großem Optimismus an diese Form der Mieterprivatisie- rung herangegangen. Doch welche Faktoren müssen bei einer Genossen- schaftsgründung beachtet werden? Der Wohnungsbestand selbst, also seine Lage und bauliche Beschaffenheit muss geeignet sein. Ein tragfähiges Wirtschaftskonzept muss die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Wohnungsgenos- senschaft sichern. Die Sozial- und Altersstruktur der Mie- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114394 (C) (D) (A) (B) ter sollte ausgewogen sein. Das gesellschaftliche und po- litische Umfeld sollte die Genossenschaftsgründung un- terstützen. Eine lebendige Mieterinitiative, die das Ge- nossenschaftsprojekt auch nach der Gründungsphase unterstützt, ist erforderlich und ein geschlossenes Kom- munikationskonzept, damit wichtige Informationen die Mieter schnell erreichen. Heute stellen wir fest, dass die Erwartungen – ich könnte auch sagen, die Hoffnungen – der TLG-Woh- nungsgenossenschaften und ihren Mieter aus ganz unter- schiedlichen Gründen enttäuscht worden sind. Was sind die Ursachen für diese Situation? Aus heutiger Sicht er- scheinen die damals einvernehmlich ermittelten Kaufpreise mit durchschnittlich 400 DM pro Quadratmeter zu hoch. Die Sanierungskosten von durchschnittlich 1000 DM pro Quadratmeter haben erhebliche Zins- und Tilgungslasten verursacht. Struktureller Leerstand verschlechtert die Si- tuation erheblich und letztlich – und das sollte man nicht vergessen – gab und gibt es bei einigen Genossenschaften ein erhebliches Missmanagement. Diese sich schnell ab- zeichnenden Defizite waren der Grund, weshalb bereits im September 1998 die TLG-Genossenschaften einen Arbeitskreis gründeten. Nach einer einberufenen Gesprächsrunde im Bundes- kanzleramt hat die TLG den zehn Genossenschaften ange- boten, durch die Firma Bonkconsult eine einzelfallbezo- gene und kostenlose betriebswirtschaftliche Beratung durchführen zu lassen. Dieses Angebot haben – ich weiß nicht warum – nur fünf TLG-Genossenschaften angenom- men, denen allen gutes Management bescheinigt wurde. Der Antrag der PDS mit den angedeuteten Soforthilfen schießt weit über das Ziel hinaus. Bevor die von der Lehmann-Grube-Kommission skizzierten Instrumenta- rien wie Abrissförderung umgesetzt werden und mögli- cherweise auch auf TLG-Genossenschaften Anwendung finden, müssen Gespräche stattfinden. Diese Gespräche müssen nicht zwingend unter der Leitung des Beauftrag- ten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der neuen Länder, Staatsminister Rolf Schwanitz, stattfinden, wie es die PDS in ihrem Antrag fordert. An diesen Ge- sprächen müssen die Kommunen, die Genossen und vor allem die Bundesländer teilnehmen. So ist das Land Brandenburg an dem Erfolg der Brandenburger Woh- nungsgenossenschaft „Stahl“ e. G., einer der zehn TLG- Genossenschaften, maßgeblich beteiligt. Die Genossen- schaftsgründung ist in Brandenburg an der Havel auf große Resonanz seitens der Mieter gestoßen: 75 Prozent der Mieter haben sich mit Anteilen von durchschnittlich 9 000 DM pro Wohnungseinheit finanziell beteiligt. Auch die Leerstandsproblematik spielt bei der Woh- nungsgenossenschaft „Stahl“ e. G. nur eine untergeordnete Rolle: Von den bereits sanierten 1 400 Wohneinheiten stehen lediglich 3 bis 5 Prozent, von den restlichen cir- ca 200 unsanierten Wohneinheiten stehen allerdings schon 50 Prozent leer. Das zeigt, wo ein wichtiges Teilproblem liegt. Hinzu kam die richtige Entscheidung des Vorstandes, schnell zu investieren und mit umfassenden Modernisie- rungsmaßnahmen gefragten Wohnraum zu schaffen. Da- bei sind zusätzlich Sanierungskosten von circa 1 600 DM pro Quadratmeter Wohnfläche angefallen; die Wohnungs- genossenschaft „Stahl“ liegt damit sogar im oberen Fi- nanzierungsbereich. Hier hat sich dank dem Engagements des Landes Brandenburg die Schuldenspirale nicht weiter gedreht. Der Brandenburger TLG-Genossenschaft wurde vom Land Brandenburg über die Landesbank ein günsti- ges Darlehen gewährt. In erster Linie ist es deshalb Auf- gabe der Länder, ihre Finanzierungsmöglichkeiten zu überprüfen und mit den betroffenen TLG-Genossenschaf- ten in Nachverhandlungen zu gehen. Dem „Leipziger Volksblatt“ vom 16. Januar 2001 habe ich entnommen, dass sich diese Lösung auch bei dem In- solvenzfall Lößnig e. G. in Leipzig abzeichnet. Hauptur- sache für die Liquiditätsprobleme der Lößnig e. G. war die hohe Leerstandsquote von über 33 Prozent. Die Sächsi- sche Aufbaubank, die der Genossenschaft schon im ver- gangenen Jahr mit einer Bürgschaft geholfen hat, hatte letztlich aber aufgrund von Fehlern im Management einen Stundungsantrag verweigert. Inzwischen hat der Ge- schäftsführer der Lößnig e. G. gewechselt und der Vor- stand der Sächsischen Aufbaubank zeigt wieder Interesse an einer konstruktiven Lösung. Der Insolvenzfall Lößnig e. G. zeigt deutlich, dass pauschale Lösungen im kon- kreten Einzelfall nicht helfen, sondern Gespräche zwi- schen den Beteiligten geführt werden müssen. Hinsichtlich der TLG-Genossenschaften stehen dem Bund zudem nicht die Finanzierungskompetenzen über das Altschuldenhilfegesetz zu. Bei den TLG-Genossen- schaften handelt es sich nicht um so genannte Bestands- unternehmen, sondern um neu gegründete Unternehmen, die Kaufpreise auf Grundlage abgestimmter Bewertungen akzeptiert haben. Eine Analogie zu den Bestandsunter- nehmen im Sinne des Altschuldenhilfegesetzes verbietet sich also; Entlastungen nach dem Altschuldenhilfegesetz scheiden aus. Vielmehr bietet der Bericht der Lehmann- Grube-Kommission „Wohnungswirtschaftlicher Struk- turwandel in den neuen Bundesländern“ auch für die TLG-Genossenschaften übertragbare Lösungsansätze an, über die wir hier im Bundestag sachgerecht diskutieren sollten. Zum einen empfiehlt die Kommission den TLG-Ge- nossenschaften einzelfallbezogene Vertragsnachverhand- lungen mit der TLG, um so eine Verbesserung der wirt- schaftlichen Situation zu erreichen, Nach meinen Kenntnissen ist die TLG bereit, wie bisher über offene Forderungen Stundungsvereinbarungen zu treffen oder über Zinszahlungen Nachverhandlungen zu führen. Der zweite Vorschlag der Kommission lautet, die Maß- nahmen zur Abrissförderung auch für TLG-Genossen- schaften zu öffnen. Nach dem Bericht soll die Ab- rissförderung von maximal 140 DM pro Quadratmeter an bestimmte Kriterien gekoppelt sein. So muss die Leerstandsquote mindestens 6 Prozent be- tragen, muss dem Abriss ein städtebauliches Konzept zu- grunde liegen und der Abriss darf nicht rentabel sein und dem Eigeninteresse des Eigentümers entsprechen. Neben den emotionalen Bedenken – jahrelanger knap- per Wohnraum wird jetzt abgerissen – kommt ein weite- rer, TLG-genossenschaftsspezifischer Einwand hinzu: Die Kommission schränkt ihre Abrissförderung bei den Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14395 (C) (D) (A) (B) Standorten ein, die abseits und ohne räumlichen Bezug zur Stadt liegen. Gerade die TLG-Genossenschaften be- finden sich vorzugsweise an solchen ehemaligen Indus- trie- und Armeestandorten. Die Kommissionsvorschläge können nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, auch nicht von dieser woh- nungspolitisch engagierten Bundesregierung. Dagegen kann der Ministerpräsident Biedenkopf hier beweisen, dass er die Sorgen der TLG-Genossenschaften, in seinem Bundesland Sachsen ernst nimmt. Frau Ostrowski wird si- cher gerne an einem solchen runden Tisch Platz nehmen, wenn er denn gedeckt wird. Norbert Otto (Erfurt)(CDU/CSU): Zum wiederholten Mal beschäftigen wir uns heute mit der Wohnungssitua- tion in den neuen Bundesländern. Ich denke, das ist auch ein Zeichen der Fürsorgepflicht, die wir als Abgeordnete gegenüber den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wahrnehmen. In dem heute zu behandelnden Antrag geht es um eine sehr komplizierte Problematik, nämlich um die Existenz von Wohnungsgenossenschaften, die sich neu gegründet und ihren Wohnungsbestand von der Treuhandliegen- schaftsgesellschaft erworben haben. Man kann heute zwar darüber polemisieren, ob die damaligen Gründer der Genossenschaften verantwortlich gehandelt haben, ob sie sich über den Tisch ziehen ließen, ob die vereinbarten Ver- kaufspreise realistisch waren oder ob die Wirtschaftlich- keitsberechnungen korrekt verlaufen sind. Tatsache ist, dass sich diese TLG-Genossenschaften in einer extrem schwierigen Situation befinden und dass man ihnen hel- fen muss. Im Abschlussbericht der Kommission zum wohnungs- wirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Bundeslän- dern wird auf Seite 29 auch auf diese Problematik hinge- wiesen. Die Kommission stellt dabei fest, dass sich die TLG-Genossenschaften aufgrund des hohen Kapitaldiens- tes und des relativ hohen Kaufpreises in einer schwierigen Lage befinden, schwieriger jedenfalls als die anderer Ge- nossenschaften oder Gesellschaften an gleichen Stand-or- ten. Der Lösungsansatz der PDS, wie er im Antrag for- muliert ist, erscheint mir allerdings nicht geeignet. Runde Tische, wie beantragt, haben meist den Charakter endlo- ser Diskussionsrunden. Es muss aber den Wohnungsge- nossenschaften schnelle und konkrete Hilfe erwachsen. Es ist zwar bedauerlich, dass unsere weiter gehenden Vorschläge für die Verordnung zum Altschuldenhilfe-Ge- setz keine Berücksichtigung mehr fanden – übrigens auch ergänzende Vorschläge einiger SPD-Kollegen wurden nicht mehr aufgenommen –, die eingesetzte Bund-Län- der-Kommission ist allerdings prädestiniert, um sich mit der Thematik der TLG-Genossenschaften zu beschäftigen und wirkungsvolle Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Zum Beispiel könnte überprüft werden, ob die Kaufver- träge den Tatbestand der Sittenwidrigkeit aufgrund unrea- listischer Kaufpreisbedingungen erfüllen. Dies ist umso bedenkenswerter, als aufgrund der hohen Leerstände der Ertragswert einer Wohnung extrem niedrig ist. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Mitglied der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission, äußerte deshalb auch folgerichtig, dass es besser wäre, leere Wohnungen zu verschenken, als diese mit hohem Kosteneinsatz leer stehen oder abreißen zu lassen. Oder es wäre auch zu klären, ob die Aufwendungen für die Woh- nungsmodernisierung zu hoch waren. Meines Erachtens sind Aufwendungen bis zu 1 100 DM pro Quadratmeter sehr hoch gegriffen. Der Bundesregierung ist die Thematik seit mehreren Monaten hinreichend bekannt. Es wird – allerdings von den Wohnungsunternehmen kritisiert, dass von dort noch keine Reaktion auf entsprechende Briefe erfolgte. Wie dringlich die Angelegenheit ist, zeigt das eingeleitete In- solvenzverfahren einer sächsischen Wohnungsgenossen- schaft. Jeder einzelne Fall der Wohnungsgenossenschaf- ten muss separat geprüft werden. Nichts kann man davon halten, eine nochmalige spezi- elle Verordnung oder gar Gesetzesnovellierung herbeizu- führen. Dies würde mit Sicherheit Begehrlichkeiten, bei manch anderem Zwischenerwerber von größeren Woh- nungsbeständen wecken. Auch bei einigen dieser Käufer haben sich so manche erwarteten Geschäftserfolge be- kanntlich nicht eingestellt. Die Bundesregierung sollte durch die Bund-Länder- Kommission prüfen lassen, inwieweit man eine nachträg- liche Kaufpreisreduzierung in Verhandlungen mit der TLG erreichen kann. Allerdings wird dies sicher nicht auf Gegenliebe bei der TLG stoßen, da sich dieses Unterneh- men bekanntlich auch im defizitären Bereich befindet. Es wären aber auch andere Möglichkeiten machbar: zum Beispiel die Stundung der Kreditverbindlichkeiten oder der Abschluss von Landesbürgschaften. Entsprechende Bemühungen der Genossenschaften blieben allerdings bisher erfolglos. Ein weiterer Aspekt könnte den betroffenen Woh- nungsgenossenschaften auch helfen: Aufgrund der hohen Leerstände werden sich einige entscheiden müssen, den Abriss von Wohnbebauung vorzunehmen. Natürlich setzt das den vorherigen Freizug der Gebäude voraus. In der jetzt anstehenden Diskussion zum Mietrecht müssen wir den Wohnungsunternehmen insofern helfen, als Kündi- gung und Umzug betroffener Mieter nicht zusätzlich er- schwert werden. Die Kündigung einer Wohnung aus diesem Grund, also zum Zwecke des Freizuges eines Ab- risshauses, muss – natürlich vorausgesetzt, dass entspre- chender Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt wird – unkompliziert möglich sein. Lange Kündigungsprozesse würden hier für alle Seiten kontraproduktiv wirken. Abschließend ist festzustellen, dass den TLG-Woh- nungsgenossenschaften umgehend geholfen werden muss. Die gemeinsame Kommission von Bund und Län- dern sollte schnellstmöglich entsprechende Vorschläge erarbeiten, um somit weitere Insolvenzverfahren abzu- wenden. Allerdings ist der Antrag der PDS dazu nicht das geeignete Mittel. Aus diesem Grund werden wir diesen Antrag nicht mittragen, wenngleich er in die richtige Richtung zielt. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): An dieser Stelle geht es um den Antrag Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114396 (C) (D) (A) (B) der PDS-Fraktion auf Soforthilfen für konkursbedrohte TLG-Genossenschaften. Die PDS fordert, einen runden Tisch unter Leitung von Staatsminister Schwanitz einzu- richten, der Strategien zum Erhalt und zur Sanierung die- ser Genossenschaften entwickeln soll. Es handelt sich um zehn zwischen 1993 und 1996 ge- gründeten TLG-Genossenschaften, deren wirtschaftliche Situation ohne Zweifel sehr schwierig ist. Sie wurden zur Privatisierung von Werkswohnungsbeständen ehemals volkseigener Betriebe überwiegend in den Regionen ge- gründet, die heute am stärksten mit Bevölkerungsrück- gang und Leerständen zu kämpfen haben. Sie sind infolge relativ hoher Kaufpreise und der Refinanzierung notwen- diger Sanierungsmaßnahmen stark belastet und kon- kurrieren auf diesen ohnehin schwierigen Wohnungs- märkten der Regionen mit stärkeren Konkurrenten. Inso- fern nehme ich dieses Problem ernst. Der Vorschlag der PDS zur Einrichtung eines runden Tisches im Kanzleramt leuchtet mir allerdings überhaupt nicht ein. Sie wissen, dass die Bauministerkonferenz eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die auf der Basis des Be- richts der Expertenkommission Hilfsstrategien für alle leerstandsbetroffenen Wohnungsunternehmen, auch für die TLG-Genossenschaften, erarbeiten soll. Sie wissen auch, dass sich die Sächsische Aufbaubank intensiv um die Rettung der Wohnungsgenossenschaft Lößnig küm- mert, die einen Insolvenzantrag gestellt hat, und dass die Sächsische Aufbaubank auch Hilfen für die anderen vier sächsischen TLG-Genossenschaften bereitgestellt hat. Ich muss schon fragen: Was soll eine weitere Arbeitsgruppe – sei es im Kanzleramt oder anderswo anders und besser machen als die zwei, die es schon gibt. Konkrete Sanierungskonzepte für die Unternehmen und die betroffenen Stadtteile können sowieso nur vor Ort und für jedes Unternehmen einzeln erarbeitet werden: mit der TLG, den betroffenen Ländern, den Gläubigerbanken und den anderen Wohnungsunternehmen der Region. Ich finde auch, hier hat zunächst die TLG, die diese Genos- senschaftsgründungen betreut hat, eine Verpflichtung gegenüber den Genossenschaften. Sie hat den Genossen- schaften bereits kostenlose betriebswirtschaftliche Bera- tung angeboten. Fünf Genossenschaften haben dieses An- gebot angenommen. Die TLG stundet außerdem offene Forderungen und verzichtet teilweise auf Nutzungs- oder Verzugszinsen. Die Expertenkommission hat den Genos- senschaften darüber hinaus Nachverhandlungen mit der TLG empfohlen. Dies kann ich nur unterstützen. Dr. Karlheinz Guttmacher (F.D.P.): In der Debatte fällt der Bundesregierung heute zu Recht auf die Füße, dass sie ihre Wohnungspolitik in Bezug auf die neuen Bundesländer ganz einseitig auf ein Teilsegment ausge- richtet hat. Es sind die kommunalen Bestände, die Be- stände der Unternehmen in kommunaler Hand und die der Genossenschaften, die von den geplanten zusätzlichen Entlastungen nach der Altschuldenhilfeverordnung profi- tieren. Die PDS weist mit dem heutigen Antrag nicht ohne Be- rechtigung darauf hin, dass durch diese Politik der Unaus- gewogenheit neue Marktverzerrungen entstehen. Die TLG-Bestände bilden eine besondere Spezies am Woh- nungsmarkt in den neuen Bundesländern. Sie sind nicht un- ter das Altschuldenhilfegesetz gefallen, sie sind nicht teil- entlastet worden, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Marktpreis. Die TLG hatte ein eigenes Privatisierungs- modell, das eine weitgehend unsanierte, dafür aber billige Abgabe der Bestände an interessierte Mieter vorsah. Allerdings leiden die TLG-Bestände genauso unver- schuldet unter der Leerstandsproblematik wie alle ande- ren Marktteilnehmer. Diesen wird jedoch zumindest an- satzweise im Rahmen der Altschuldenhilfeverordnung geholfen. Auf der Strecke bleiben die TLG-Bestände, die anderen erhalten mit staatlicher Hilfe einen Marktvorteil. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion fordert die Bundesre- gierung auf, aus der einseitigen Ausrichtung ihrer Woh- nungspolitik Konsequenzen zu ziehen und endlich ein wohnungspolitisches Konzept für den Wohnungsmarkt in den neuen Bundesländern vorzulegen, das alle am Woh- nungsmarkt Beteiligten gleichermaßen berücksichtigt. Wir brauchen mehr privates Wohneigentum, um die Nachbarschaften sozial zu stabilisieren. Wir brauchen mehr private Anbieter, um das Angebot zu flexibilisieren und zu differenzieren. Wir brauchen eine gerechte Struk- turhilfe für die unverschuldeten Probleme der Wohnungs- wirtschaft Ost, um die zu erwartenden Marktanpassungen abzufedern. Mit dem KfW-Wohnungsmodernisierungs- programm wurde und sollte auch weiterhin den Unter- nehmern ermöglicht werden, ihre Wohnungsbestände den gestiegenen Anforderungen anzupassen und somit besser zu vermarkten. Soweit die Wohnungen der TLG-Bestände im Städtebausanierungsbereich liegen, muss geprüft wer- den, ob zur Sanierung dieser Wohnungen auch Städte- baufördermittel eingesetzt werden. Bei den TLG-Beständen, bei denen Leerstände und nicht Sanierungen ursächlich für die Existenzbedrohung anstehen, ergeben sich bei Prüfung der Werthaltigkeit der Wohnungsbestände zum Teil Unterdeckungen. In diesen Fällen sollten die Bundesländer und der Bund je zur Hälfte Fördermittel für den Abriss ständig leerstehender Wohnungen zur Verfügung stellen, um die Bewirtschaf- tungssituation zu verbessern. Hierdurch könnte auch die Bereitschaft der Banken, sich für eine dauerhafte und sta- bile Bewirtschaftung zu engagieren, gestärkt werden. Es ist nicht damit getan, einzelne und kleinteilige An- träge plakativ in die Öffentlichkeit zu stellen. Wir brau- chen endlich eine Gesamtschau und ein ausgewogenes Konzept. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak (Tagesordnungs- punkt 15) Christoph Moosbauer (SPD): Ich möchte vorweg klarstellen: Ich habe große Sympathie für das Grundan- liegen des Antrages, den die PDS uns hier heute vorlegt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14397 (C) (D) (A) (B) In der Tat müssen wir nach nunmehr zehn Jahren Sankti- onsregime gegen den Irak feststellen, dass die humanitäre Situation der Bevölkerung des Irak mehr als alarmierend ist und das Regime Saddam Husseins mitnichten ge- schwächt ist. Im Gegenteil, der Diktator sitzt fester im Sattel als je zuvor und die Sanktionen haben sich bei sei- nem brutalen Vorgehen zur Sicherung seiner Herrschaft auch noch als dienlich erwiesen. Am Rande erwähnt: Ich muss mich dabei nicht unbe- dingt auf den UNICEF-Bericht berufen. Er wurde von der irakischen Sektion, von irakischen Ortskräften, erstellt. Wer den Bericht gelesen hat, weiß das. Dass da auch Po- litik und Propaganda gemacht wird mit so einem Bericht, sollte hier nicht unter den Tisch gekehrt werden. Aber das tut eigentlich nichts zur Sache, da die hoffnungslose Situation der Bevölkerung unbestritten ist. Nur die Dra- matisierung, die von Hunderttausenden toten Kindern spricht, taugt nicht unbedingt als Grundlage für eine kon- struktive Kritik am Sanktionsregime. Auch an anderer Stelle vermisse ich leider die Sachkenntnis, etwa wenn die PDS fordert, die eingefrorenen irakischen Auslandskon- ten für soziale Projekte aufzutauen. Diese Konten sind von Gläubigern bereits mehrfach überpfändet. Da stehen Forderungen, die zuerst bedient werden müssen, bevor der Irak das Geld für etwas anderes verwenden kann. Das mag man nicht schön finden, aber so ist es eben. Die Sanktionen kann und muss man hinterfragen. Doch genau das passiert in Ihrem Antrag nur bemerkens- wert einseitig, – „wie immer“, ist man versucht zu ergän- zen. Kein Wort davon, dass die Sanktionen ja nicht etwa aus einer Laune des Sicherheitsrates heraus entstanden sind, sondern aufgrund des Überfalls Iraks auf Kuwait und der beharrlichen Weigerung Saddam Husseins, bei der Rüstungskontrolle mit der Weltgemeinschaft zu ko- operieren! Kein Wort in Ihrem Antrag von den Raketen auf Israel! Kein Wort davon, dass Saddam Hussein be- wusst die Situation der irakischen Bevölkerung ver- schlechtert, indem er Einnahmen aus dem Oil-for-Food- Programm eben nicht für die Versorgung seines Volkes verwendet! Es müsste keine humanitäre Katastrophe im Irak geben, denn Lebensmittel und Medikamente sind ja ausdrücklich vom Embargo ausgenommen. Saddam Hussein verweigert sie seinem Volk aber. Kein Wort da- von in Ihrem Antrag! Sie prangern in Ihrem Antrag die Zerstörung der Infra- struktur des Landes einseitig als Ergebnis des Luftkrieges der Golfkriegsallianz an. Sie erwähnen nicht einmal an- satzweise, wie es zum Luftkrieg kam; auch kein Hinweis darauf, dass Saddam Hussein die gesamte Infrastruktur Kuwaits zerstört sowie beim Rückzug aus dem besetzten Land planmäßig Ölfelder in Brand gesteckt und mehr als 750 Ölquellen gesprengt hat und damit eine Umweltkata- strophe größten Ausmaßes zu verantworten hat. Bei aller guten Intention, die ich den Kolleginnen und Kollegen der PDS und ihrem Antrag nicht absprechen will, vor allem diese Einseitigkeit macht es uns unmög- lich, dem Antrag zuzustimmen. Aber die PDS erweist sich nicht nur als einseitig, sondern auch als Meister des schlechten Timings: Vor zwei Wochen erklärte Udai, der Sohn Saddam Husseins, dass die Karte des irakischen Par- laments unvollständig sei, da sie Kuwait nicht als un- trennbaren Teil des Iraks verzeichnet. Er forderte das Par- lament auf, dies zu ändern. Nun mag man das als Rheto- rik abtun, aber anlässlich des zehnten Jahrestags des Beginns des zweiten Golfkriegs muss man hier schon mehr vermuten als die Einzelmeinung eines einfachen Parlamentariers, zumal da es sich um den Sohn von Sad- dam Hussein handelt. Ich finde das schon Besorgnis erre- gend, wenn der Irak wieder mit dem Säbel rasselt, der nach allem, was wir wissen und was wir vermuten kön- nen, gar nicht so rostig ist, wie wir uns das wünschen. Und natürlich hat das auch mit dem Wechsel der Ad- ministration in den Vereinigten Staaten zu tun. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das irakische Regime in der einen oder anderen Weise testen wird, inwiefern der neue ame- rikanische Präsident und seine Regierung bereit sind, sich in dem Maße zu engagieren, wie es ihre Vorgänger getan haben. In dieser Situation hier im Bundestag einen Antrag zu beschließen, der dazu auch noch ermutigt, halte ich für unverantwortlich. Und ich gebe auch zu bedenken, dass in Israel in zwei Wochen ein neuer Ministerpräsident gewählt wird. Darü- ber möchte ich hier im Detail nicht sprechen; aber wir wissen doch alle, dass eine solche Entscheidung, wie sie uns heute von der PDS vorgeschlagen wird, in Israel sehr sensibel zur Kenntnis genommen werden würde, und dass so etwas in der momentanen Stimmung dort natürlich auch ein Signal wäre. Das fehlt nämlich auch in Ihrem An- trag: dass der Irak nach wie vor eine Bedrohung für die Region und ganz besonders für Israel ist. Grundsätzlich stimmen wir mit der Intention überein, die wirtschaftlichen von den militärischen Sanktionen zu trennen. Die militärischen Sanktionen müssen bleiben, aber dann auch konsequent überwacht werden. Das findet im Übrigen derzeit nicht statt. Wir wissen, dass das Em- bargo löchrig ist – und das nicht erst, seit wieder Flug- zeuge in Bagdad landen, sondern schon länger. Die Last- wagen an der türkischen und jordanischen Grenze werden nur unzureichend kontrolliert. Daher funktioniert das Em- bargo schon heute nicht mehr so, wie es eigentlich ge- dacht war. Hier brauchen wir ohne Frage mehr Effizienz. Doch der Ort, wo so etwas beschlossen wird, ist nicht hier, sondern im Sicherheitsrat in New York. Natürlich wollen wir uns bei unseren westlichen Partnern hier für eine praktikable und sinnvolle Lösung einsetzen, die das Sicherheitsinteresse der Staatengemeinschaft, aber auch die humanitäre Situation der irakischen Bevölkerung berücksichtigt. Und wir werden das auch tun, sorgfältig und in Absprache mit unseren europäischen Partnern, al- len voran Frankreich, das hier ja eine ganz ähnliche Auf- fassung hat. Klar muss aber sein, dass wir dabei immer auch be- nennen, wer letztendlich die humanitäre Katastrophe im Irak zu verantworten hat, wer die Region mit Krieg über- zogen hat und wer keinen Zweifel daran lässt, dass er nichts dazu gelernt hat. Und das ist Saddam Hussein. Ein Antrag, der sich mit der Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak beschäftigt, muss dies entsprechend würdigen. Außerdem muss man sich im Klaren darüber sein, welche Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114398 (C) (D) (A) (B) Zeichen er zu welcher Zeit setzt. Der uns vorliegende Antrag erfüllt diese beiden Kriterien nicht. Joachim Hörster (CDU/CSU): Aus der Grundstruk- tur des Antrages der PDS ist erkennbar, dass diese die Ur- sachen für die von den Vereinten Nationen gegen den Irak verhängten Sanktionen weniger in dem das irakische Volk beherrschende Unrechtsregime sieht als vielmehr bei den Alliierten des Golfkrieges: Mit keinem Wort erwähnt der Antrag, dass das irakische Regime mit brutaler Gewalt, mit fortdauernden gravierenden Menschenrechtsverlet- zungen und ohne Rücksichtnahme auf das irakische Volk seine Macht aufrechterhält. Es ist unbestritten, dass das irakische Volk unter dem auch durch das Embargo verursachten Mangel an Le- bensmitteln, Medikamenten und erheblichen Schäden an der Sozialinfrastruktur leidet. Andererseits ist aber festzu- stellen, dass die irakische Regierung nur 60 Prozent der aus den Ölexporten erwirtschafteten Mittel für die Ver- sorgung der eigenen Bevölkerung zur Verfügung stellt und damit ganz im Gegensatz zur öffentlichen Propa- ganda nicht das ihr Mögliche tut, um der eigenen Bevöl- kerung zu helfen. Richtig ist: Der Irak ist heruntergewirtschaftet, die Wirtschaft liegt am Boden, die Bevölkerung leidet. Rich- tig ist sicherlich auch die Aussage, dass das Regime Saddam Hussein aus dem wirtschaftlichen und sozialen Niedergang des Landes politisches Kapital zu schlagen versucht nach dem Motto: Die westliche Zivilisation un- ter Anführung des „Großen Teufels“ USAist schuld an der Misere, an Eurem Hunger, Eurem Leiden, am Sterben Eurer Kinder. Es gibt ernstzunehmende Hinweise, dass sogar das Oil-For-Food-Programm, mit dem dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente ins Land kom- men sollen, vom Regime missbräuchlich eingesetzt wird, dass Lieferungen auf irgendwelchen Schwarzmärkten verschoben werden, nur um die Sündenbock-Theorien aufrechterhalten zu können. Tatsache jedenfalls ist, dass im Irak die gesamte Ver- sorgung am Boden liegt und nicht funktioniert. Gute Ärzte und Schwestern sind wegen dieser Lage außer Lan- des gegangen. Signifikant für die Lage ist neben den der flächendeckenden Verarmung das vollständige Ver- schwinden des Mittelstandes. Die Jugend des Landes ist mangels Bildung antiwestlich eingestellt und begreift sich als Sanktionsopfer Nummer ein. Es bestehen schon jetzt schwere materielle und psychologische Folgen. Die Antwort auf all diese offensichtlichen Missstände kann aber doch nicht ein außenpolitischer Alleingang Deutschlands sein. Gerade in dieser Frage, in dieser sen- siblen Region, in der der kleinste Funke zu einer Explo- sion führen kann, brauchen wir mehr als anderswo eine wohlabgestimmte europäische Politik, bei der alle Partner an einem Strang ziehen. Wenn es um die Aufhebung der Sanktionen geht, so ist festzuhalten, dass der Irak – konkreter: die Regierung des Irak – eine Bringschuld hat. Da ist zunächst einmal die Frage der Rüstungskontrolle. Gerade wir Deutschen kön- nen aus eigener geschichtlicher Erfahrung bestätigen, wie wichtig und notwendig es ist, in Folge eines Angriffskrie- ges die Rüstungsproduktion internationaler Kontrolle zu unterwerfen, dabei verlässlich und vertrauenswürdig zu agieren und so verlorenes Vertrauen in der Nachbarschaft wiederherzustellen. Daran hapert es nach wie vor im Irak. Als Vorsitzender der Parlamentariergruppe für die Be- ziehungen zu den Arabisch sprechenden Ländern des Na- hen Ostens kann ich aus zahlreichen Gesprächen und Kontakten berichten, dass es dem Irak noch nicht gelun- gen ist, Vertrauen bei seinen Nachbarn wiederzugewin- nen. Es sind nicht nur die Zweifel hinsichtlich ausrei- chender Kooperation im Zusammenhang mit Fragen der Rüstungskontrolle und der Vernichtung von Waffen- und Massenvernichtungsarsenalen. Es geht auch um die Ver- meidung des verbalen Radikalismus und des Aufbaus von Bedrohungsszenarien. Nicht zuletzt geht es auch um die Frage, ob der Irak sich glaubhaft darum bemüht, das Schicksal und den Ver- bleib von vermissten kuwaitischen Soldaten und Staats- bürgern – es ist die Rede von bis zu zweitausend Men- schen – aufzuklären. Wenn wir darangehen, etwas für die Abschaffung der Sanktionen zu tun, so kann dies nur funktionieren in Übereinstimmung mit dem arabischen Umfeld. Das Regime in Bagdad wäre zuallererst gut be- raten, vertrauensbildende Maßnahmen im Hinblick auf seine direkten Nachbarn zu unternehmen. Ich will nicht verkennen, dass die von den Vereinten Nationen verhängten Sanktionen Wirkungen entfalten, die so nicht beabsichtigt waren. Allerdings ist es äußerst schwierig, mit einem Regime, das zu keinerlei vertrau- ensbildender Kooperation bereit ist, Regelungen zu fin- den, die die irakische Bevölkerung in ihren alltäglichen Grundbedürfnissen nicht tangieren. Keiner von uns will das irakische Volk leiden sehen, zumal es kaum eine Chance hat, sich dem Würgegriff seiner diktatorischen und menschenverachtenden Regierung zu entziehen. So- lange diese Regierung aber selbst ihre aus den Petro- dollars erwirtschaftete Finanzkraft nicht ausschließlich für die Bevölkerung einsetzt, ist es sehr schwierig, ein an- deres Sanktionssystem, das die Angriffsfähigkeit des Irak gegen andere Staaten in der Region verhindert, zu finden. Deswegen bedarf es diplomatischer Bemühungen vieler Seiten, um dem im Irak herrschenden Regime klarzuma- chen, dass ihre Propagandapolitik mit den Leiden des ira- kischen Volkes nicht der Weg ist, um das Sanktionsregime zu beenden. Es muss dieser Regierung klargemacht werden, dass der einzige Weg darin besteht, die Aggressionsbereit- schaft gegenüber anderen Staaten in der Region aufzuge- ben, militärisch abzurüsten, sich dabei internationaler Kontrolle zu unterwerfen und auch dem eigenen Volk wieder die Mindeststandards an Menschenrechten ein- zuräumen. Der PDS-Antrag ist in diesem Sinne nicht hilfreich, zu- mal er bei dem herrschenden Regime in Bagdad eher den Eindruck erwecken könnte, als sei man mit der verach- tenden Politik auch gegenüber dem eigenen Volk letztlich international erfolgreich. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14399 (C) (D) (A) (B) Ulrich Irmer (F.D.P.): Über Sinn und Unsinn von Sanktionen als Instrument der Außenpolitik kann trefflich gestritten werden. Zum Erfolg führen sie selten, oft sind sie kontraproduktiv. Trotz – oder vielleicht gerade wegen der Sanktionen – konnte sich seinerzeit das postkoloniale Regime in Rhodesien über viele Jahre halten und auch das nunmehr fast vierzigjährige amerikanische Handelsem- bargo gegen Kuba hat es nicht vermocht, den Maximo Li- der Fidel Castro zu stürzen. Andererseits haben Sanktio- nen den libyschen Revolutionsführer Gaddafi sicherlich geneigt gestimmt, die Attentäter von Lockerbie der inter- nationalen Justiz zu überstellen. Selbst die Taliban haben sich angesichts der Sanktionen in letzter Zeit menschen- rechtsfreundlicher geäußert. Nicht zuletzt haben Sanktio- nen und auch freiwillige Verhaltenskodizes gegen Süd- afrika zur Überwindung der Apartheid beigetragen. Ebenso wichtig wie die Frage nach dem Sinn der Ver- hängung von Sanktionen ist indes die Frage, welche Wir- kung deren Wiederaufhebung hat. Ein besonders an- schauliches Beispiel für diese Problematik ist die für die Europäische Union schon eher peinliche Posse um die Ös- terreich-Sanktionen. Mit der Verhängung von Sanktionen soll – wie auch im Falle des Irak – in der Regel zweierlei erreicht werden: Zum einen soll das betroffene Regime oder Land durch wirtschaftlichen und politischen Druck zu einer Handlung oder Unterlassung veranlasst werden, zum anderen sind Sanktionen per se aber auch ein besonders deutliches Symbol der Missbilligung von politischem Fehlverhalten. Mit der Aufhebung von Sanktionen wird mithin auch an- erkannt, dass die Gründe für ihre Verhängung nicht mehr vorliegen. Uns ist noch allen der Eiertanz in Erinnerung, den die Europäische Union auch nach der Vorlage des Gutachtens der drei Weisen bis zur Aussetzung der Sank- tionen gegen Österreich aufgeführt hat. Doch wie sieht die Situation im Irak aus? Zehn Jahre nach Beginn der Operation Wüstensturm sitzt Saddam Hussein fester im Sattel als je zuvor: Und sein Regime meldet sich auf internationalem Parkett zurück. Auf dem Saddam International Aerport landen wieder Linienflug- zeuge, Botschaften werden in Bagdad wieder eröffnet und der Irak ist wieder zum zweitgrößten Erdölexporteur der Welt avanciert. Statt Medikamente und Nahrungs- mittel für sein darbendes Volk zu besorgen, lässt er lieber 11 Milliarden Öldollar ungenutzt auf Depotkonten lie- gen. Nach UNO-Beobachtungen werden die dank gestie- gener Weltmarktpreise enormen Einnahmen aus Öl- schmuggel für den Wiederaufbau seiner konventionellen Streitkräfte eingesetzt. Der ehemalige UNSCOM-Chef Richard Butler schätzt, dass Bagdad nunmehr imstande ist, innerhalb eines Jahres eine Atombombe zu ent- wickeln. Gleichzeitig weigert sich Saddam Hussein wei- terhin, die UNO-Waffeninspektoren ins Land zu lassen. Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Meldung der „Bild“-Zeitung, Saddam habe 4 000 Ex- emplare der Sony-Playstation II bestellt. Fünfzehn mitei- nander vernetzte Playstationen reichen aus, um eine Ra- kete fernzulenken. In jüngster Zeit nutzt Saddam die Krise im Nahost- Friedensprozess, um sich wieder als panarabischer Führer zu präsentieren. Während sein Volk hungert und Kran- kenhäuser geschlossen werden müssen, ließ Saddam Hussein jetzt über fünfzig Lastwagen mit 1 600 Tonnen Medikamenten und Lebensmitteln auf dem Landweg über Jordanien nach Palästina schaffen. Zehntausende Iraker warten angeblich darauf, in einem israelisch-palästinensi- schen Krieg an der Seite ihrer arabischen Brüder kämpfen zu dürfen. Überdies kündigte er jüngst, am Montag ver- gangener Woche, die Bildung einer Kommission an, mit der 100 Millionen Euro an arbeitslose amerikanische Staatsangehörige verteilt werden sollen. Gleichzeitig führt er sein Regime nach innen mit einer derart unerbitt- lichen Härte, dass sich die UNO-Vollversammlung am 6. Dezember 2000 bei nur drei Gegenstimmen zur Verab- schiedung einer Resolution veranlasst sah, die der Regie- rung von Saddam Hussein „systematische weitverbreitete und besonders schwere Verstöße gegen die Menschen- rechte und internationales humanitäres Recht“ vorwirft. Wenn es je Anlässe zur Verhängung von Sanktionen gegeben hat, dann sind sie durch dieses Verhalten des Dik- tators von Bagdad eher noch verstärkt worden. Es ist unbestritten, dass – wie die PDS in ihrem Antrag darstellt – die Versorgungslage im Lande ausgesprochen prekär ist und die Mehrheit der Bevölkerung vom Lande katastrophale Lebensverhältnisse erdulden muss. Umge- kehrt gilt aber auch, dass das „Öl für Nahrungsmittel“- Abkommen in den letzten Jahren zu einer deutlich spür- baren Verbesserung der Situation beigetragen hat. Es fragt sich also, was mit der Aufhebung der Sanktio- nen erreicht werden könnte. Eine erste Maßnahme wäre doch sicherlich, das Programm „Öl für Nahrungsmittel“ abzustellen mit der Folge, dass Saddam nunmehr freie Hand hätte, seinem Volk noch zusätzliche weitere Leiden aufzubürden. Er könnte dabei überdies noch auf eine Art Quasilegitimierung durch die Aufhebung der Sanktionen verweisen. Dass es bereits heute – Sanktionen hin, Sank- tionen her – nur eines Fingerzeiges des Diktators bedürfte, um die Lebenssituation der Iraker nachhaltig zu entspan- nen, ist ebenso klar. Bei aller wohlgemeinter Intention des vorliegenden PDS-Antrages führt eine nüchterne Analyse der Lage im Irak daher zu dem Ergebnis, dass mit der Aufhebung der Sanktionen die Position des Diktators weiter gestärkt, sei- nem Volk aber nicht geholfen würde. Deshalb lehnen wir ihn ab. Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Lassen Sie mich zum vorliegenden Antrag der Frak- tion der PDS zur Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak folgende Anmerkungen machen: Die Sicherheitsrats-Resolution 1284 vom Dezember 1999, die in dem vorliegenden Antrag im Übrigen nicht er- wähnt wird, bietet dem Irak die Möglichkeit, durch Zu- sammenarbeit mit dem neuen Rüstungsüberwachungsme- chanismus UNMOVIC eine Suspendierung der Sanktionen zu erreichen. Bislang verweigert der Irak jedoch jedwede Kooperation mit UNMOVIC, mit den entsprechenden Konsequenzen für die Diskussionen im Sicherheitsrat, un- ter dessen Mitgliedern angesichts dieser Situation keine Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114400 (C) (D) (A) (B) Mehrheit für eine Aufhebung oder Suspendierung der Sanktionen besteht. Angesichts der Tatsache, dass der Irak weiter auf Kooperationsverweigerung setzt und damit die ihm von der internationalen Gemeinschaft gebotenen Wege und Möglichkeiten zur Beendigung der Sanktionen nicht nutzt, sind Zweifel berechtigt, ob er denn bei einer Aufhe- bung der Sanktionen, wie der Antrag sie vorsieht, bereit wäre, mit UNMOVIC zu kooperieren. Bisher können wir noch keine Signale aus Bagdad erkennen, die eine solche Annahme rechtfertigen. Die Situation der Menschenrechte im Irak bleibt besorgniserregend. Weiterhin gibt es immer noch Kräfte; die einer Zugehörigkeit Kuwaits zum Irak das Wort reden, wie dies kürzlich durch Saddam Husseins. Sohn Udai in seiner Eigenschaft als Parlamentsabgeordne- ter geschehen ist. Dies trägt nicht dazu bei, die Situation in der Region zu entschärfen und die Sicherheitsbesorgnisse der Nachbarstaaten gegenüber dem Irak abzubauen. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen plant allerdings ein weiteres Treffen mit dem irakischen Außenminister für Ende Februar, von dem wir erwarten, dass der Irak dabei seine Vorstellungen und Ideen zu einer wirklichen Zusam- menarbeit mit den Vereinten Nationen darlegen wird. Eine Änderung des Sanktionsregimes setzt als Zeichen des guten Willens ein gewisses Maß an Kooperation in der Frage der Abrüstung von Massenvernichtungswaffen sei- tens der irakischen Führung voraus. Lassen Sie mich fest- stellen, dass die SR-Resolution 1284 darauf abstellt, auf Grundlage kalkulatorisch hinreichender Verifikation Irak effektiv daran zu hindern, unbemerkt Entwicklungen zu Massenvernichtungswaffen voranzutreiben. Dies ist ange- sichts der noch insbesondere im B-Waffenbereich weitge- hend ungeklärten irakischen Potenziale wohl der kleinste gemeinsame Nenner. Unsere Forderung an den Sicher- heitsrat und an die irakische Regierung, konstruktive Lö- sungen zu suchen, bleibt bestehen. Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass alle Betei- ligten ihrer Verantwortung nachkommen. Allerdings er- fordert jeder Schritt zur Weiterentwicklung des Sankti- onsregimes entsprechende Mehrheiten im Sicherheitsrat. Ich muss hier aber auch mit Realismus deutlich machen, dass angesichts der bestehenden Situation und der Nicht- Mitgliedschaft Deutschlands im Sicherheitsrat unser Hand- lungsspielraum begrenzt ist. Zur Klarstellung sei auch an- gefügt, dass das Sanktionsregime keine Straf-, sondern eine Erzwingungsmaßnahme darstellt. Aber auch diese fällt unter das Kapitel VII der VN-Charta. Auch die Bundesregierung sieht die humanitäre Lage im Irak mit Besorgnis. Der Verbesserung der humanitären Lage wurde durch Verabschiedung der Resolution 1284 und weiterer Resolutionen zur Erweiterung des „Öl für Lebensmittelprogramms“ wiederholt Rechnung getragen, insbesondere durch die Aufhebung der Obergrenzen für den Ölverkauf. Damit kann der Irak nun unbegrenzte Mengen von Öl zu Weltmarktpreisen verkaufen und diese Erlöse zur Sicherung der humanitären Bedürfnisse seiner Bevölkerung einsetzen. Das nunmehr stark ausgeweitete Programm bietet eine gute Grundlage zur Verbesserung der humanitären Lage im Irak. Die kürzlichen Berichte des Leiters des Irak-Programms der Vereinten Nationen stellen fest, dass eine ausreichende Versorgung der iraki- schen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln gewährleis- tet ist. Neben diesen konkret auf die Verbesserung der hu- manitären Lage der Bevölkerung im Irak zielenden Maß- nahmen setzt sich die Bundesregierung auch aufgrund der Erfahrungen und unbestrittenen Schwierigkeiten, die das Irak-Sanktionssystem aufwirft, grundsätzlich für eine Weiterentwicklung der der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Mechanismen ein. Wir beteili- gen uns aktiv an Konzepten, die unter dem Stichwort „smart sanctions“ in den Vereinten Nationen diskutiert werden. Hierzu haben wir eine Reihe von Diskussions- und Expertenveranstaltungen durchgeführt, deren Ergeb- nisse in unsere Initiative eingeflossen sind und in die De- batte der Vereinten Nationen eingeführt wurden. „Wir werden diese lnitiative fortsetzen, um das Sanktionsre- gime zielgerichteter und wirkungsvoller zu machen. Aber wir müssen dabei auch sehen, dass die jeweiligen Macht- haber dieser Welt alle Möglichkeiten ausschöpfen, um derartige Sanktionsregimes zu unterlaufen. Der Irak hat allein in den letzten sechs Monaten des Jahres 2000 rund 11 Milliarden US-Dollar als Einnahmen aus Ölverkäufen erzielt. Mit diesen Mitteln können nicht nur humanitäre Güter im engeren Sinne, sondern auch zi- vile Investitionsgüter eingeführt werden. Auf diese kommt es im Hinblick auf die Zukunft des Landes beson- ders an. Wie Sie wissen, werden die Mittel des Treuhand- fonds der Vereinten Nationen nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt, unter anderem für die humanitäre Versorgung der Nordprovinzen, die direkt durch die VN erfolgt. Nach Abzug aller dieser Mittel verblieben der ira- kischen Regierung für diesen Zeitraum rund 7,7 Milliar- den US-Dollar zur Beschaffung humanitärer Güter für die von ihr verwalteten restlichen Provinzen. Von diesem Be- trag hat die irakische Regierung, die es selbst in der Hand hat, über Bestellung und Verteilung auf die einzelnen Sektoren zu entscheiden, jedoch nur etwa 4,2 Milliarden genutzt, der Restbetrag liegt weiterhin auf dem für Irak eingerichteten VN-Treuhandkonto. Gerade in dem so wichtigen Gesundheitssektor hat der Irak lediglich An- träge für 83 Millionen US-Dollar eingereicht, obwohl ihm 624 Millionen US-Dollar zur Verfügung standen. Lassen Sie mich in einer Nebenbemerkung darauf hin- weisen, dass der Irak aber einen Antrag an den Sanktions- ausschuss gestellt hat, aus dem „Ö1 gegen Nahrungsmit- telprogramm“ 100 Millionen Euro zur Unterstützung sozial Schwacher und Obdachloser in den USA, zur Ver- fügung zu stellen. Ich will das hier nicht näher bewerten, denke aber, es spricht für sich. Die Vereinten Nationen haben in einem Brief an die irakisch Seite am 15. Januar 2001 zu Recht ihre Besorg- nis über die geringe Antragsrate durch den Irak zum Aus- druck gebracht. Hier trägt die irakische Führung Verant- wortung, die zur Verfügung stehenden Mittel auch einzusetzen und die Einfuhr der notwendigen Güter zu be- antragen. Den Irak hier einfach aus seiner Verantwortung zu entlassen, ist nicht der richtige Weg. Der den Vereinten Nationen zur Verfügung stehende Betrag für die Versor- gung der Nordprovinzen wurde hingegen fast völlständig ausgegeben. Die humanitäre Lage der dortigen Bevölke- rung ist nach allen uns vorliegenden Berichten im Übri- gen sichtbar besser als die in den südlichen Provinzen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 2001 14401 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 146. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. Januar 200114402 (C)(A) Was die Finanzierung von Importen durch Nutzung eingefrorener irakischer Auslandsguthaben betrifft, so würde dies angesichts des erwähnten beträchtlichen Gut- habens des Irak im VN-Treuhandfonds keinen nennens- werten zusätzlichen Beitrag leisten können. Die gefor- derte Aufstockung des EU-Programms würde in die Zuständigkeit der Kommission fallen. Nach Erkenntnis- sen der Bundesregierung wird die Wirksamkeit des Pro- gramms durch mangelhafte Mitwirkung der irakischen Behörden beeinträchtigt. Eine Aufstockung der Mittel würde den Nutzen somit nicht vergrößern. Der im Antrag auch angesprochene Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak wird regel- mäßig unter Nutzung aller Quellen aktualisiert Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Horst Schmidbauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsi-
    dentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen
    und Kollegen! Ein Ereignis hat mich im Zusammenhang
    mit dem Thema „Kinderarzneimittel“ ganz besonders ge-
    prägt: Eine Familie bringt ihr fünf Monate altes Baby mit
    einer sehr hohen Herzfrequenz ins Krankenhaus. Es stellt
    sich heraus, dass eine lebensbedrohliche Herzrhythmus-
    störung vorliegt. Der behandelnde Arzt gibt zunächst
    Medikamente gegen die Herzrhythmusstörung; aber das
    Baby spricht darauf nicht an. Weil es für Kinder in diesem
    Fall keine geeigneten Arzneimittel gibt, weicht man auf
    einen Betablocker aus, der für Erwachsene bestimmt ist.
    Der Arzt – Gott sei Dank ein erfahrener Arzt – weiß, dass
    er die doppelte Dosis wie für einen Erwachsenen geben




    Carl-Ludwig Thiele

    14345


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    1) Ergebnis Seite 14351 B

    muss. Die Folge ist, dass das Herzrasen bei dem fünf Mo-
    nate alten Baby nachlässt.

    Man hat in der Klinik bei der Beobachtung der Wir-
    kung dieses Medikaments mittels einer Spiegelung fest-
    gestellt, dass man mit einer höheren Dosierung arbeiten
    muss. Daraufhin hat man dem Baby eine vierfache Er-
    wachsenendosis gegeben. Die Folge war, dass das Baby
    geheilt wurde. Es konnte ohne Schädigungen aufgrund
    von Nebenwirkungen die Klinik mit seinen Eltern verlas-
    sen.

    Warum nenne ich dieses Beispiel? Es zeigt, dass die Si-
    tuation, die wir heute in Kinderkliniken vorfinden, leider
    nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. 80 Prozent der
    eingesetzten Arzneimittel sind nämlich „Erwachsenenmedi-
    kamente“, die nicht bezüglich einer Anwendung bei Kin-
    dern geprüft und zugelassen wurden, sodass keine gesicher-
    ten Dosierungsanweisungen vorliegen. Diese Situation
    können wir den 11 000 Kinderärztinnen und Kinderärzten
    sowie den Kindern, Jugendlichen und deren Eltern in
    Deutschland nicht weiter zumuten und müssen sie daher
    verbessern.

    Für einen solchen Fall, den ich gerade geschildert habe,
    gibt es weder in den Roten Listen noch in den Fachpubli-
    kationen entsprechende Dosierungsanweisungen. Es ist
    also eine Art Gratwanderung: Auf der einen Seite haben
    die Ärztinnen und die Ärzte die berufsethische Verpflich-
    tung, dem Kind oder dem Jugendlichen zu helfen. Auf der
    anderen Seite wissen sie sehr wohl, dass die Regelungen
    über Arzneimittelhaftung für den Arzt nicht greifen – er
    ist außerhalb der Haftungssicherheit nach dem Arznei-
    mittelgesetz –, wenn ein Medikament angewendet wird,
    welches nicht für Kinder oder Jugendliche zugelassen ist.
    Ich kann mir vorstellen – ich glaube, wir alle können uns
    dies vorstellen –, dass das eine nicht haltbare Situation für
    die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland ist.

    Dieses Problem ist nicht auf Kinderarztpraxen be-
    schränkt. Da trifft es nur 40 Prozent der Arzneimittel. Das
    Problem tritt vor allem dort auf, wo eine intensive Be-
    handlung von Kindern angezeigt ist, zum Beispiel auf ei-
    ner Intensivstation, wo keines von acht, neun oder zehn
    infrage kommenden Medikamenten für die Anwendung
    bei Kindern und Jugendlichen geprüft und zugelassen ist.
    Auch im Bereich der chronisch kranken Kinder haben wir
    eine ähnliche Situation.

    Das Problem ist, dass Nierenversagen und Atemläh-
    mungen mit tödlichem Ausgang die Folge sein können.
    Außerdem wird der ausbleibende Heilungserfolg, auch
    aufgrund zu geringen Wissens, oft der Krankheit und
    nicht einer mangelnden Arzneimitteltherapie zugescho-
    ben.

    Aber wir haben noch einen Dritten im Bunde, mit dem
    wir uns bei dieser Frage beschäftigen müssen, und zwar
    die Arzneimittelindustrie.Auch hier ist Bewegung fest-
    zustellen, und zwar deswegen, weil es unmöglich ist, dass
    der Pharmastandort Deutschland im internationalen Wett-
    bewerb nicht gut aussieht, wenn wir bei den Arzneimitteln
    für Kinder und Jugendliche eine offene Flanke bieten.

    Seit 1997 geben die Amerikaner in diesem Bereich das
    Tempo an; denn sie haben mit einem Modernisierungsge-

    setz genau diese Problematik aufgegriffen und kommen
    nun zu Lösungen. Deswegen ist verständlich, dass wir
    jetzt auch aus dem Bereich der Arzneimittelindustrie Zu-
    spruch erfahren. Sie sagt: Es ist richtig und gut, dass die
    Koalition dieses Thema jetzt anpackt und einer Lösung
    zuführt. Denn wir müssen darauf achten, dass wir bei un-
    seren Arzneimitteln Standards auch für Kinder und Ju-
    gendliche haben, mit denen wir auf dem Weltmarkt mit
    amerikanischen Herstellern konkurrieren können.

    Ich freue mich insofern, als auch die CDU/CSU diese
    Altlast – das ist ja nichts Neues; denn die Betablocker, von
    denen ich gesprochen habe, sind seit 25 Jahren auf dem
    Markt und haben seit 25 Jahren keine auf Kinder und Ju-
    gendliche bezogene Zulassung – jetzt angehen will. Aber
    es hilft natürlich nichts, wenn man in einem Antrag acht
    Zeilen dazu formuliert und lediglich eine Analyse vor-
    nimmt. Wir brauchen in dieser Situation Lösungsansätze;
    denn wir können in Deutschland bei Kindern und Ju-
    gendlichen nicht mehr mit dieser „Küchenrezeptart“ wei-
    termachen. Hier sind wir einen Schritt weiter gegangen
    und suchen nach Lösungen.

    In unserem Antrag steht konkret unsere Zielrichtung,
    weil wir wissen, dass es auch wirtschaftliche Gründe sind,
    die vor allen Dingen die Industrie bisher gehindert haben,
    in dieser Frage aktiver zu werden. Deswegen sagen wir,
    wir brauchen beides: Wir müssen auf der einen Seite An-
    reizsysteme für die Industrie schaffen, um in die aufwen-
    digen Prüfverfahren für Kinder und Jugendliche einzu-
    steigen, und wir müssen auf der anderen Seite darauf
    achten, dort, wo öffentliches Interesse besteht, dafür zu
    sorgen, dass diesem zum Durchbruch verholfen wird.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir müssen vor allem die Kompetenz der Kinderärz-

    tinnen und Kinderärzte in Deutschland einbringen. Un-
    sere Vorstellung ist, dass wir dafür ein Kompetenzzen-
    trum schaffen, in dem das Erfahrungswissen, das sich
    über viele Jahre und Jahrzehnte angesammelt hat, gebün-
    delt und wissenschaftlich bewertet wird, damit es uns bei
    der Anwendung hilft. Wir haben hier auch bestimmte Fi-
    nanzierungsvorstellungen. Wir glauben, dass es gut wäre,
    dafür zum Beispiel eine Stiftung einzurichten, an der sich
    Industrie und Politik in gleichem Maße beteiligen. Das ist
    nichts Neues. Wir haben in Deutschland auch im Bereich
    der Arzneimittelhaftung eine große Stiftung. Es wäre gut,
    wenn wir eine solche Entwicklung einleiten würden.

    Es ist vor allem wichtig, dass wir von unkontrollierten
    Heilversuchen wegkommen. Die Ärztinnen und Ärzte im
    Bereich von Kindern und Jugendlichen sagen, es sei ihnen
    nicht zuzumuten, dass sie unkontrollierte Heilversuche
    unternehmen müssen, um ihrem beruflich-ethischen Auf-
    trag gerecht zu werden, auf der anderen Seite aber in der
    Gefahr stehen, etwas zu machen, was nicht durch das Arz-
    neimittelgesetz abgedeckt ist.

    Deswegen müssen wir uns klar darüber sein, dass wir
    mehr klinische Studien brauchen. Hier möchte ich, damit
    kein Missverständnis aufkommt, ganz deutlich machen:
    Diese klinischen Studien können nur unter hohen ethi-
    schen Ansprüchen durchgeführt werden.


    (Beifall der Abg. Regina Schmidt-Zadel [SPD])





    Horst Schmidbauer (Nürnberg)

    14346


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wir müssen klar machen, dass diese Studien mit kranken
    Kindern nur gemacht werden, wenn darüber, weil sie
    keine einwilligungsfähigen Personen sind, mit ihren El-
    tern und den Ethikkommissionen Einverständnis erzielt
    worden ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir freuen uns, dass auf der europäischen Ebene in
    der letzten Woche eine positive Entwicklung eingetreten
    ist. Sowohl im Europäischen Parlament als auch in der
    Kommission sagt man: Wir wollen gemeinsame Richtli-
    nien entwickeln, um diese Aufgabenstellung wahrzuneh-
    men. Wir denken, dass wir damit auf dem richtigen Weg
    sind und dass wir diese Aufgabe mithilfe der Richtlinien
    und der eigenen Ansprüche an Ethikkommissionen lösen
    können. Ich bin ganz sicher, dass wir mit unserer neuen
    Ministerin, Ulla Schmidt, in dieser Frage sehr schnell aus
    dem Abseits kommen.


    (Beifall der Abg. Regina Schmidt-Zadel [SPD])


    Wir sind es den Kindern, den Jugendlichen sowie den
    Kinderärztinnen und Kinderärzten schuldig, dass wir
    diese Aufgabe rasch lösen. Wir sind auf dem richtigen
    Weg.

    Der Chef des Zentrums für Kinderheilkunde an der
    Universität Marburg, der für den Bereich der Heilmittel
    zuständig ist, hat in einem Brief geschrieben:

    Lassen Sie mich auf diesem Weg noch einmal ganz
    herzlich danken, vor allen Dingen auch im Namen
    unserer Fachgesellschaft, der Deutschen Gesell-
    schaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, für
    Ihr Engagement, den Arzneimittelstandard für Kin-
    der zu verbessern. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für
    die nächste Woche. Nochmals ganz herzlichen Dank.

    Das ist es, was wir spüren: einen ganz starken Rücken-
    wind und von keiner Seite Gegenwind. Ich glaube, auf
    dieser Basis schaffen wir es, die Zukunft zu meistern. Das
    sind wir allen Betroffenen schuldig.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Für die CDU/CSU-
Fraktion spricht nun die Kollegin Eva-Maria Kors.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eva-Maria Kors


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verehrte Frau Präsi-
    dentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie
    mir ein Bild: Kinder sind der wichtigste Baustein für un-
    sere Zukunft.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber als schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft be-
    dürfen sie des besonderen Schutzes jedes Einzelnen von
    uns, der Familie und des Staates. Sie bedürfen einer be-
    sonderen medizinischen Fürsorge und Versorgung. Ange-
    sichts der aktuellen Entwicklung besteht die Gefahr, dass

    in Deutschland eine umfassende und qualifizierte medizi-
    nische Versorgung von Kindern in Zukunft nicht mehr ge-
    währleistet sein wird. Dies betrifft beispielsweise die Ver-
    sorgung von Kindern mit Arzneimitteln.

    Wie internationale Studien belegen, erhalten Kinder
    häufig Arzneimittel, die eigentlich nicht für sie zugelas-
    sen sind. In Deutschland gibt es zu wenige speziell für
    Kinder zugelassene Arzneimittel. Rund 80 Prozent der
    Medikamente, die auf Intensivstationen verwendet wer-
    den, sind für Kinder nicht adäquat untersucht.


    (Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Das haben wir schon vor zehn Jahren gesagt, Frau Kollegin!)


    Da der Stoffwechsel bei Kindern anders ist, können die
    Wirkungen selbst reduzierter Dosierungen von Erwach-
    senenmedikamenten nicht automatisch auf Kinder über-
    tragen werden. Arzneimittel für Kinder bedürfen daher
    einer eigenen grundlegenden wissenschaftlichen Betrach-
    tung. Herr Kollege Schmidbauer, Sie sehen, in diesem
    Punkt sind wir uns völlig einig.


    (Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Oh, das kommt ja selten vor!)


    – Frau Schmidt-Zadel, das ist ein ernstes Thema, das man
    nicht ins Lächerliche ziehen sollte.

    Aber auch der Fortbestand unseres qualifizierten me-
    dizinischen Betreuungssystems für Kinder und Jugend-
    liche durch speziell ausgebildete Ärzte sowie Kinder-
    krankenpflegerinnen und -pfleger ist zukünftig gefährdet.
    Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte beklagt
    einen dramatischen Nachwuchsmangel im Bereich der
    Kindermedizin. Ab 2003 müsse damit gerechnet werden,
    dass die medizinische Versorgung von Kindern in ganzen
    Regionen, insbesondere in Flächenländern und dort natür-
    lich im ländlichen Raum, nicht mehr gewährleistet sei.

    Auch die Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger spie-
    len bei der medizinischen Betreuung von Kindern eine
    ganz bedeutende Rolle. Im Rahmen der Novellierung des
    Krankenpflegegesetzes gingen – ich verwende fairer-
    weise die Vergangenheitsform – Überlegungen der Bun-
    desregierung in Richtung einer generalistischen Pflege-
    ausbildung. Dies käme, wenn es so erfolgen würde, der
    Abschaffung der Kinderkrankenpflege gleich. Die Pflege
    von Kindern erfordert aber eine besondere fachliche
    Kompetenz sowohl im stationären als auch im häuslichen
    bzw. im ambulanten Bereich.

    Gerade im häuslichen Bereich sind die betroffenen El-
    tern in ganz besonderem Maße auf die Unterstützung
    durch ausgebildete Pflegekräfte angewiesen. Bisher ist
    die häusliche Kinderkrankenpflege im Gegensatz zur psy-
    chiatrischen und gerontopsychiatrischen Pflege im Gesetz
    nicht erwähnt. Dies führt zwangsläufig zu Problemen, da
    die Krankenkassen diese speziellen Leistungen nur ganz
    selten anerkennen.

    Die neuen Richtlinien des Bundesausschusses Ärzte
    und Krankenkassen zur Verordnung häuslicherKranken-
    pflege führen zu einer zusätzlichen Verschlechterung der
    Pflegesituation von Kindern zu Hause. Gerade im Bereich
    der häuslichen Krankenpflege ist zunehmend eine Unter-
    versorgung von kranken Kindern zu beobachten. Dies gilt




    Horst Schmidbauer (Nürnberg)


    14347


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    insbesondere für chronisch kranke Kinder mit zum Bei-
    spiel schweren Ernährungsstörungen oder Atemwegser-
    krankungen. Dies gilt aber auch für die Pflege schwerst-
    kranker Früh- und Neugeborener.

    Mit häuslicher Krankenpflege lassen sich aber nicht
    nur die ärztliche Behandlung und Therapie der Kinder si-
    chern und verbessern. Es lassen sich auch stationäre Auf-
    enthalte und Spätfolgekosten vermeiden. Aber wenn in
    Zukunft ein stationärer Aufenthalt erforderlich wird, muss
    sichergestellt bleiben, dass eine kind- und jugendgerechte
    Versorgung in unseren stationären Einrichtungen im me-
    dizinischen, psychosozialen und auch im pädagogischen
    Bereich möglich bleibt. Ich erinnere an schwer krebs-
    kranke Kinder, die auch in der Klinik Schulunterricht be-
    kommen müssen. Hierfür brauchen wir, wie von uns in
    unserem Antrag gefordert, gut und speziell ausgebildete
    Pflege- und Betreuungskräfte.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Vor diesem dargestellten Hintergrund behandelt der
    von uns heute vorgelegte Antrag die derzeitigen Probleme
    im Bereich der medizinischen Versorgung von Kindern
    sehr umfassend, sehr differenziert und zukunftsorientiert.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir von der Union wollen die medizinische Versorgung
    von Kindern, Herr Kollege Schmidbauer, insgesamt ver-
    bessern. Wir beschränken uns im Gegensatz zu Ihnen
    nicht nur auf Verbesserungen im Bereich der Arzneimit-
    telsicherheit. Dabei stelle ich überhaupt nicht in Abrede,
    dass der Aspekt der Arzneimittelsicherheit auch in unse-
    rem Antrag vorkommt, also auch uns sehr wichtig ist.


    (Horst Schmidbauer [Nürnberg] [SPD]: Liebe Kollegin, Sie haben Ihren Antrag erst Dienstagnacht eingebracht!)


    Wir fordern die Bundesregierung angesichts der bei der
    Fort- und Weiterbildung von Kinder- und Jugendärzten
    bestehenden Probleme konkret auf, bei der Bundesärzte-
    kammer auf eine Reform der Weiterbildung zum Kinder-
    und Jugendarzt zu drängen. Die Bundesregierung muss
    außerdem die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen,
    dass die pädiatrische wie die allgemeinmedizinische Wei-
    terbildung gefördert wird. Nur so kann zukünftig die Ver-
    sorgung mit Kindermedizin sichergestellt werden. Eine
    einseitige Bevorzugung der Förderung der Aus- und Wei-
    terbildung zum Hausarzt, wie Sie es betreiben, ist für uns
    in diesem Zusammenhang der absolut falsche Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir fordern die Bundesregierung weiter auf, endlich

    die Budgetierung der ärztlichen Honorare und die Fort-
    schreibung des Arznei- und Heilmittelbudgets aufzuge-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden das immer wieder tun; verlassen Sie sich da-
    rauf. Denn dadurch wird auch die medizinische Versor-
    gung von Kindern mehr als eingeengt.

    Wir wollen ferner, dass die Bundesregierung die Sorge
    der Kinderärzte ernst nimmt und die Rahmenbedingungen

    für eine Versorgung von Kindern mit qualitativ hochwerti-
    gen Hilfsmitteln verbessert. Die CDU/CSU-Bundestags-
    fraktion erwartet von der Bundesregierung endlich eine
    deutliche Aufforderung an den Bundesausschuss Ärzte
    und Krankenkassen, die Richtlinien zur häuslichen Kran-
    kenpflege grundlegend zu überarbeiten. Dabei muss der
    Bundesausschuss die besonderen Aspekte auch der häusli-
    chen Kinderkrankenpflege berücksichtigen.

    Aktuellen Pressemitteilungen zufolge scheint die Bun-
    desregierung wenigstens bei der anstehenden Novellie-
    rung des Krankenpflegegesetzes im Rahmen der geplan-
    ten integrierten Ausbildung die spezielle Ausbildung für
    die Kinderkrankenpflege erhalten zu wollen. Ich kann das
    nur begrüßen. Ich hoffe, dass den Ankündigungen in der
    Presse nun auch bald die Taten folgen.

    Und nun noch kurz zu Ihrem Antrag. Keiner der hier
    Anwesenden – das betone ich nochmals – bestreitet ernst-
    haft, dass es im Bereich der Arzneimittelsicherheit bei
    Kindern Handlungsbedarf gibt.


    (Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Aha!)

    – Nicht „aha“, das ist so. – Aber es ist schon erstaunlich,
    welchen Weg Sie nunmehr gehen wollen. Sie fordern in
    Ihrem Antrag die Beteiligung – was nichts anderes heißt
    als die finanzielle Unterstützung – der Pharmaindustrie
    zur Gründung einer Stiftung. Noch im Februar 2000 ha-
    ben Sie bzw. die Bundesregierung die Pharmaindustrie als
    den eigentlichen Schuldigen für die Defizite bei der
    Arzneimitteltherapie von Kindern angeprangert.


    (Zuruf von der SPD: Na und? Ist doch richtig!)

    Ich kann für die Kinder in unserem Land nur hoffen, dass
    die Pharmaindustrie vergessen hat, wie sie von Ihnen jah-
    relang bei jeder Gelegenheit, wo Sie es nur konnten, als
    Prügelknabe benutzt worden ist.

    Ebenfalls in der Fragestunde versicherte die Bundesre-
    gierung, das BMG prüfe derzeit, ob es künftig, wie in den
    USA, einen verlängerten Patentschutz auf Arzneimittel
    einführen kann. Bis heute sind Ergebnisse nicht vorgelegt
    worden. In der Zwischenzeit – Herr Schmidbauer, Sie ha-
    ben es angeführt – haben sich die Gesundheitsminister der
    Europäischen Union auf Richtlinien geeinigt. Auch von
    diesen Bemühungen sehen wir – zumindest bisher – in der
    Arbeit der Bundesregierung nur sehr wenig.


    (Horst Schmidbauer [Nürnberg] [SPD]: Der Antrag ist eine Woche alt!)


    – Nein, Sie sind ja seit einem Jahr an dem Thema.

    (Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Sie haben 16 Jahre Zeit gehabt!)

    – Das nimmt Ihnen doch keiner mehr ab, Frau Schmidt-
    Zadel, nach zwei Jahren.


    (Lachen bei der SPD – Horst Schmidbauer [Nürnberg] [SPD]: Sich hinstellen und 16 Jahre negieren, das ist unverantwortlich!)


    Zusammenfassend halte ich hier fest, dass Ihr Antrag
    nicht nur inhaltliche Schwächen beinhaltet, sondern er
    greift vor allem viel zu kurz. Unser Antrag hingegen ist
    umfassend, denn er fordert die Beseitigung der gravieren-




    Eva-Maria Kors
    14348


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    den Mängel in der gesamten Kinderheilkunde und sorgt
    so für eine bedarfsgerechte und zukunftsfähige medizini-
    sche Versorgung der Kinder in unserem Land. Und das,
    meine Damen und Herren, haben unsere Kinder wahrlich
    verdient.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)