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    Tagesordnungspunkt 15: Abgabe einer Regierungserklärung zu den Ergebnissen des Europäischen Rates Nizza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14111 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments mit seinen Vorschlägen für die Regierungskonferenz (14094/1999 – C5-0341/1999 – 1999/0825 (CNS)) (Drucksachen 14/3723 Nr. 1.1, 14/4980) 14111 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 14111 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 14114 D Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14117 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 14119 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 14121 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14125 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 14126 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 14126 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 14126 D Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14128 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14130 B Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14131 B Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Sozialge- setzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (Drucksache 14/5074) . . . . . . . . . . . . . . . 14133 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 14133 C Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 14134 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14136 C Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 14138 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14140 B Silvia Schmidt (Eisleben) SPD . . . . . . . . . . . 14141 A Matthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14142 C Karl-Hermann Haack, Beauftragter der Bun- desregierung für die Belange der Behinderten 14144 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . 14145 A Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 14145 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . 14147 C Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlungen und Berichte des Verteidigungsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Breuer, Ulrich Adam, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Zukunft der Bundeswehr Plenarprotokoll 14/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 I n h a l t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion F.D.P.: Zukunfts- fähigkeit der Bundeswehr sichern – Wehrpflicht aussetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Heidi Lippmann, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Zukunft durch Abrüstung – Für eine grundlegende Reform der Bundes- wehr (Drucksachen 14/3775, 14/4256, 14/4174, 14/5087, 14/5088, 14/5089) . . . . . . . . . . . 14149 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Dirk Niebel, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion F.D.P.: Wehrpflicht aussetzen (Drucksache 14/5078) . . . . . . . . . . . . . . . 14149 C Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14149 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 14151 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14152 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 14154 B Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14156 B Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14157 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . 14158 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . 14159 B Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 14159 C Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14160 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14162 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 14163 D Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 14164 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg 14166 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . 14167 C Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Erstes SGB IV-Änderungsgesetz) (Drucksachen 14/4053, 14/5095) . . . . . . . 14169 C Tagesordnungspunkt 21: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu dem Entschlie- ßungsantrag der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P. zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Klaus Haupt, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion F.D.P.: Wett- bewerbsbedingungen für die deutsche Tourismuswirtschaft im Euro-Land (Drucksachen 14/591, 14/1079, 14/1159, 14/4704) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14170 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 14170 A Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14171 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 14173 A Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14175 B Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14176 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 14176 D Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS: UMTS-Milli- arden für die Einführung einer kommu- nalen Investitionspauschale des Bundes (Drucksache 14/4557) . . . . . . . . . . . . . . . 14177 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 14177 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14179 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 14181 A Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung: 4. Bericht der Bun- desregierung zur Auswärtigen Kulturpolitik 1999 (143. Sitzung, Tagesordnungspunkt 12) Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 14181 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Erstes SGB IV– Änderungsgesetz – 1. SGB IV-ÄNdG) (Tagesordnungspunkt 18) Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14183 A Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 14184 C Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 14185 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 14186 A Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14186 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001II Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entschließungsantrags: Wettbewerbsbedingun- gen für die deutsche Tourismuswirtschaft in Euro-Land (Tagesordnungspunkt 21) Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14187 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: UMTS-Milliarden für die Ein- führung einer kommunalen Investitionspau- schale des Bundes (Tagesordnungspunkt 23) Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 14188 B Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14188 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14190 C Gerhard Schüßler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14191 C Anlage 6 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14192 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 III Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 Dr. Uwe-Jens Rössel 14179 (C)(A) 1) Anlage 5 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14181 (C) (D) (A) (B) Albowitz, Ina F.D.P. 19.01.2001 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 19.01.2001 Dr. Blank, CDU/CSU 19.01.2001 Joseph-Theodor Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 19.01.2001 Bodewig, Kurt SPD 19.01.2001 Brähmig, Klaus CDU/CSU 19.01.2001 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 19.01.2001 Bulmahn, Edelgard SPD 19.01.2001 Catenhusen, SPD 19.01.2001 Wolf-Michael Deß, Albert CDU/CSU 19.01.2001 Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 90/ 19.01.2001 DIE GRÜNEN Friedhoff, Paul K. F.D.P. 19.01.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 19.01.2001 Peter Friedrich (Bayreuth), F.D.P. 19.01.2001 Horst Friedrich (Mettmann), SPD 19.01.2001 Lilo Fuchs (Köln), Anke SPD 19.01.2001 Gehrcke, Wolfgang PDS 19.01.2001 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 19.01.2001 Dr. Gysi, Gregor PDS 19.01.2001 Hanewinckel, Christel SPD 19.01.2001 Haschke (Großhenners- CDU/CSU 19.01.2001 dorf), Gottfried Heise, Manfred CDU/CSU 19.01.2001 Dr. Hendricks, Barbara SPD 19.01.2001 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 19.01.2001 DIE GRÜNEN Homburger, Birgit F.D.P. 19.01.2001 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 19.01.2001 Irber, Brunhilde SPD 19.01.2001 Jünger, Sabine PDS 19.01.2001 Klappert, Marianne SPD 19.01.2001 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 19.01.2001 Lamp, Helmut CDU/CSU 19.01.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.01.2001 Dr. Leonhard, Elke SPD 19.01.2001 Dr. Lippold (Offen- CDU/CSU 19.01.2001 bach), Klaus W. Dr. Luft, Christa PDS 19.01.2001 Matschie, Christoph SPD 19.01.2001 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ 19.01.2001 DIE GRÜNEN Nahles, Andrea SPD 19.01.2001 Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 19.01.2001 DIE GRÜNEN Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 19.01.2001 Otto (Frankfurt), F.D.P. 19.01.2001 Hans-Joachim Dr. Pfaff, Martin SPD 19.01.2001 Pflug, Johannes SPD 19.01.2001 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 19.01.2001 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 19.01.2001 Reiche, Katherina CDU/CSU 19.01.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 19.01.2001 Rühe, Volker CDU/CSU 19.01.2001 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 19.01.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.01.2001 Hans Peter Dr. Stadler, Max F.D.P. 19.01.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.01.2001 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 19.01.2001 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 19.01.2001 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 19.01.2001 DIE GRÜNEN Welt, Jochen SPD 19.01.2001 Wohlleben, Verena SPD 19.01.2001 Dr. Wolf, Winfried PDS 19.01.2001 Zapf, Uta SPD 19.01.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 19.01.2001 Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung: 4. Bericht der Bundesregie- rung zur Auswärtigen Kulturpolitik 1999 (Ta- gesordungspunkt 12, 143. Sitzung) Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU): Auswärtige Kulturpolitik gewinnt im Rahmen der Globalisierung ei- nen steigenden Stellenwert und eine wachsende Bedeu- tung. entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Alte Erwartungen und Interessen an den bilateralen kulturellen Austausch, an den kulturellen Eigenarten des jeweils anderen Landes oder anderen Kulturwerten blei- ben erhalten: an Sprache, Literatur, Theater, Film, bil- dende Kunst, Musik. Das Wissen um die Kultur des an- deren ist ein Schlüssel zur Identität und Wertschätzung der anderen Nation oder der grenzüberschreitenden Kul- turräume. Dabei vermitteln sich Bilder und Beurteilungen von ei- nem Land mit seinen Besonderheiten, Stärken und Schwächen. Sosehr die Kultur weltweit im Fluss ist, Kul- turen durch immer stärkere Internationalisierung Eigen- prägung zu verlieren scheinen, sind sie weltweit ein Kernbereich des Selbstverständnisses wie auch des Selbst- wertes, aber auch notwendig zum Verständnis anderer Länder und ihrer Menschen. Kultur sagt Entscheidendes aus über die Gestaltungs- kraft der Menschen in den verschiedenen Lebensberei- chen, über kreative Entwürfe, die sich in ihren Siedlungs- und Bauformen, in Sprache und Schrift, in bildender Kunst und Musik, in Mode und Design, in der Gestaltung der öffentlichen Räume, in den alltäglichen Gebrauchsge- genständen, vor allem im individuellen und im Gruppen- verhalten niederschlagen. Zur Kultur gehören entschei- dend die privaten und öffentlichen Lebensformen. Menschen identifizieren sich über ihre jeweiligen Kul- turen, über das je Eigene und das von außen Hinzukom- mende. Der Anteil der „Wiedererkennbarkeit“ im moder- nen Großstadtbild – ob New York, Jakarta, Singapur, Frankfurt, Berlin oder Paris – wächst, ebenso der des in- ternationalen englischsprachigen Unterhaltungssektors, aber gleichzeitig bleibt in der Unverwechselbarkeit die Vielfalt mit dem je Unterschiedlichen, der individuellen und kollektiven Andersartigkeit. In dieser europäischen, afrikanischen, asiatischen, amerikanischen und lateinamerikanischen Vielfalt gibt es wiederum ein verbindendes gesellschaftliches und kultu- relles Thema: die Zivilgesellschaft mit ihren Freiheits- rechten, ihrer freiheitlichen und sozial verpflichtenden Lebensgestaltung, mit Beteiligung und Selbstbestim- mung, mit den Prinzipien der Gewaltlosigkeit, der Tole- ranz, des friedlichen Zusammenlebens mit Menschen an- derer Religionen und Kulturen, anderer Hautfarbe, anderer politischer Überzeugungen. Die Zivilgesellschaft oder auch Bürgergesellschaft ist ein kulturelles Gesamt- konzept für Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft, für den Umgang zwischen Menschen und Völkern. Na- tionen weisen sich über ihre Kultur bzw. ihre Kulturen aus. Dazu gehören weltweit immer stärker die Werte und Normen von Zivilgesellschaften, von der Achtung und dem Schutz des anderen als unverletzbar in seiner Men- schenwürde, in der Bindung an das Recht und die Abkehr von Willkür, des Miteinanders anstelle von Diskriminie- rung bzw. gesellschaftlicher und individueller Ausgren- zung, an nachhaltigen Entwicklungschancen, Wohlfahrt, Freiheit und Frieden. Dabei geht es um eine Kultur der Partnerschaft und Kooperation. Im Gegensatz zu Herrschaft und Konfronta- tion wird das Prinzip der Kooperation und des kooperati- ven Wettbewerbs gesetzt. Diese zentralen Veränderungen werden auch im 4. Be- richt der Bundesregierung zur Auswärtigen Kulturpolitik deutlich angesprochen. Aber wie das erweiterte, auf die Globalisierung und die Sparzwänge antwortende Konzept umgesetzt werden soll, bleibt in zentralen Punkten offen. Wenn die Kultur – von der politischen bis zur Unter- haltungskultur – die Grundlage aller Entwicklung und Beziehungen ist, dann muss ihre Priorität in den zentralen ereichen auch sichtbar werden. Stattdessen wird an den Kultureinrichtungen und ihrer Förderung sichtbar ge- spart. Es gibt eine Reihe von sinnvollen und innovativen Ansätzen, zum Beispiel die Zusammenführung von Goethe-Instituten und Inter Nationes. Aber dort, wo Goethe-Institute geschlossen werden, tritt nichts Ver- gleichbares an ihre Stelle. Wo Kulturarbeit und -austausch abnehmen oder ganz entfallen, hat das mittel- und lang- fristig Auswirkungen auf Politik und Wirtschaft. Während Frankreich oder auch Großbritannien ihre kulturelle Attraktivität im Ausland massiv ins Spiel brin- gen, ausländische Studenten in großer Zahl anwerben, wie zum Beispiel in England, um im Wettbewerb um Zuwan- derung erforderliche Hochqualifizierte für den Arbeits- markt zu gewinnen und zugleich die Exportchancen zu er- höhen, bleibt bei uns eine solche Werbung bislang aus. Das große Interesse an Deutschland, an deutscher Sprache in Mittel- und Ost- wie Südosteuropa vermögen wir aus finanziellen Engpässen heraus nicht abzudecken. Die Diskrepanzen zwischen gewollter Neuorientie- rung Auswärtiger Kulturpolitik und faktischer Umsetzung sind zu groß. Bei Einsparungen von 3,2 Prozent von 1999 auf 2000 bei den Bundesaufgaben insgesamt entfällt ein Minus von 4,7 Prozent auf den Kulturhaushalt beim Aus- wärtigen Amt. Besonders einschneidend sind die Kürzun- gen im Bereich der Sprachförderung im Ausland, einer der vordringlichen Aufgaben deutscher Auswärtiger Kul- turpolitik. Die Förderung der deutschen Sprache in Mit- tel- und Osteuropa ist nicht nur für die dort lebenden Men- schen und deutschen Minderheiten von Bedeutung. Sprache ist auch ein Element einer Brücke, ein tragendes Element, das in seiner Funktion nicht unterschätzt werden sollte. Wer beim Sprachunterricht Stellen abbaut, nimmt wissentlich die Verschlechterung von Kommunikations- möglichkeiten in Gegenwart und Zukunft in Kauf. Nicht hinzunehmen ist der Umfang der Kürzungen der Mittel für die deutschen Minderheiten in Mittel- und Ost- europa. Ich will einmal an Zahlen deutlich machen, was hier vorgesehen oder bereits auf den Weg gebracht wor- den ist. Die Zahl der nach Polen entsandten Programm- lehrer soll im Schuljahr 2000/2001 auf 80 reduziert wer- den, im Schuljahr 1998/1999 waren dort noch 132 Pro- grammlehrer tätig. Und schon diese Zahl war, wie wir wissen, nicht ausreichend! Die Zahlen für Ungarn: 65 statt bisher 87; für Russland: 58 statt bisher 65; für Tschechien: 44 statt bisher 61; für Rumänien; 53 statt bisher 55 Pro- grammlehrer. Gerade im deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Verhältnis werden solche Kürzun- gen nicht zur Intensivierung unserer bilateralen Bezie- hungen – über die Kulturbeziehungen hinaus – beitragen. Von immer größerer Dringlichkeit ist die Art der Medien im Ausland. Deutschlandbilder – Bilder unserer Kultur, das heißt zugleich Bilder des Miteinanders von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114182 (C) (D) (A) (B) Menschen unterschiedlicher Kulturen und Hautfarben, die bei uns leben, mit uns leben – vermitteln sich so stark wie nie zuvor über das Medium Fernsehen. Der Hörfunk behält seine Rolle, ist schnell einsetzbar in Krisensitua- tionen und Konfliktzeiten. Wenn es um die Präsenz von Bildern aus unserem Land weltweit geht, dann müssen wir feststellen, dass hier Defizite vorhanden sind, wenn wir über die Grenzen Europas hinweg in andere Erdteile schauen. Dort erfährt man wenig über uns – es sei denn, andere berichten über Deutschland. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zurBeratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetz- buch (Erstes SGB IV – Änderungsgesetz – 1. SGB IV-ÄndG) (Tagesordungspunkt 18) Renate Jäger (SPD): Mit dem heute zu diskutieren- den Gesetzentwurf wollen wir das Haushaltsrecht der So- zialversicherung an die 1998 flexibilisierten Grundsätze des öffentlichen Haushaltswesens anpassen. Die Neure- gelungen sollen insgesamt zu einer wirtschaftlicheren und sparsameren Haushaltsführung der Sozialversicherungs- träger beitragen. Im Wesentlichen werden drei Änderungen in den haus- haltsrechtlichen Vorschriften des SGB IV vorgenommen: Erstens. In Zukunft werden die Sozialversicherungs- träger bei allen finanzwirksamen Maßnahmen zur Durch- führung von angemessenen Wirtschaftlichkeitsunter- suchungen verpflichtet. Bislang sieht das SGB IV nur bei Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sol- che Untersuchungen vor. Das reicht angesichts des großen Finanzvolumens in der Sozialversicherung nicht aus. Mir ist bewusst, dass die Sozialversicherungsträger schon heute in hohem Maße ihrer Verantwortung für eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Mittel ih- rer Beitragszahler gerecht werden. Ich möchte dies an die- ser Stelle ausdrücklich betonen und auch all denen Dank und Anerkennung aussprechen, die sich in Verwaltung, Geschäftsführung und Selbstverwaltung diese Aufgabe zu Eigen gemacht haben. Dennoch wollen wir mit der neuen Vorschrift erreichen, dass auf allen Verantwortungsebe- nen ein noch stärkeres Kostenbewusstsein entsteht. Der Umfang der durchzuführenden Wirtschaftlich- keitsuntersuchung richtet sich nach der Bedeutung der Maßnahme. Damit entsteht kein unnötiger Verwal- tungsaufwand und die Regelung ist in der Praxis gut um- setzbar. Zweitens. Die Sozialversicherungsträger werden außerdem verpflichtet, in geeigneten Bereichen eine Kos- ten- und Leistungsrechnung einzuführen. Mit der Kosten- und Leistungsrechnung wird ein betriebswirtschaftliches Instrument eingeführt, das als Informations-, Steuerungs- und Kontrollinstrument das öffentliche Haushaltsrecht er- gänzen soll. Sie schafft eine in dieser Form bisher nicht vorhandene Transparenz von Kosten und Leistungen. Da die Sozialversicherungsträger bereits über Erfah- rungen damit verfügen, bieten sie sich für eine Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung geradezu an. Außer- dem sind sie in ihrer Kunden- und Produktorientiertheit mehr und mehr vergleichbar mit privaten Unternehmen. Außerdem können Träger die Kosten vergleichbarer Produkte gegenüberstellen, sodass auch ein Behörden- vergleich möglich ist. Ich gehe davon aus, dass dies auch für uns als Gesetzgeber zu zusätzlichen, wertvollen Er- kenntnissen führt und für die Versicherten eine verbes- serte Beratung bringt sowie eine schnellere Antragsbear- beitung ermöglicht. Auch in diesem Bereich haben wir besonderes Au- genmerk auf die Praxistauglichkeit gelegt. Wie in der Ge- setzesbegründung festgehalten, muss die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung selbst wirtschaftlich sein. Deshalb wird es Bereiche (einzelne Sozialversicherungs- träger oder Teile von ihnen) geben, die zum Beispiel we- gen ihrer geringen Größe oder atypischen Struktur für die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung nicht geeignet sind und dabei dann auch nicht einbezogen wer- den. Die Spitzenverbände haben die Aufgabe, die fachli- chen und technischen Vorgaben der Kosten- und Leis- tungsrechnung innerhalb von zwei Jahren zu erstellen. Damit haben die Träger auch ausreichend Zeit, Erfahrun- gen mit diesem Instrument zu sammeln. Drittens. Die Rentenversicherungsträger werden unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Träger an die Bewertungs- und Bewirtschaftungsmaßstäbe des Bundes bzw. der aufsichtsführenden Länder gebunden. Der Bund hat angesichts der finanziellen Größenordnung der Mittel, die an die Rentenversicherungsträger gezahlt werden, ein hohes Interesse daran, stärkere Einflussmöglichkeiten in Bezug auf die Haushalte der Träger zu erhalten und so eine wirtschaftliche Verwendung der gezahlten Bundes- mittel sicherzustellen. Die Vorschrift sieht vor, dass die landesunmittelbaren Träger daher an die Bewertungs- und Bewirtschaftungsmaßstäbe der aufsichtsführenden Län- der und die bundesunmittelbaren Träger an die des Bun- des gebunden werden. Unter dem Begriff „Bewertungs- und Bewirtschaf- tungsmaßstäbe“ werden Grundsätze und Richtlinien zu- sammengefasst, die für eine Vielzahl von Fällen gelten. Dies sind zum Beispiel haushaltsgesetzliche Vorgaben, Richtlinien über die Haltung und Beschaffung von Dienst- fahrzeugen und Richtlinien über die Personalbedarfser- mittlung. Alle Stellen der öffentlichen Hand stehen zu Recht in der kritischen Beobachtung der Bürger und der Medien. Deshalb ist es wichtig, besonders für die Entscheidungs- träger vor Ort, über vergleichbare Standards für die Ver- waltungskosten zu verfügen und damit besser für eine wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung sorgen zu können. Auch hier zeigt sich, dass es uns auf eine handhabbare Rechtsvorschrift ankommt. Insoweit ist auch den Bedenken von Rentenversicherungsträgern, die im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung geäußert wurden, Rechnung getragen worden. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14183 (C) (D) (A) (B) So ist über einen entsprechenden Änderungsantrag noch mal verdeutlicht worden, dass bei der Anwendung dieser Maßstäbe die Besonderheiten der einzelnen Versi- cherungsträger zu berücksichtigen sind. So bleibt den Trä- gern ein weiter Spielraum und Flexibilität für eigene Entscheidungen und zur Ausübung ihres Selbstverwal- tungsrechts. Des Weiteren soll mit dem vorliegenden Gesetzent- wurf das Problem der selbstständigen Lehrer, Pflegeper- sonen und auch Hebammen gelöst werden, die eigentlich seit 1922 rentenversicherungspflichtig waren bzw. sind und ihrer Versicherungspflicht nicht nachgekommen sind. Durch die Neuregelungen zur Bekämpfung der Schein- selbstständigkeit und die Einführung der Renten- versicherungspflicht für so genannte arbeitnehmerähnli- che Selbstständige sah sich die BfA genötigt, im Rahmen der Verjährung erhebliche Beitragsnachforderungen zu stellen. Zu Recht warfen die Lehrer ihren Auftraggebern und den Sozialversicherungsträgern mangelnde Aufklärung vor. Die Mehrzahl der Lehrer sei gutgläubig davon aus- gegangen, nicht der Rentenversicherungspflicht zu unter- liegen, und hatte zum Teil anderweitige Altersvorsorge getroffen. Nun schaffen wir für selbstständige Lehrer, aber auch für selbstständige Pflegepersonen und Hebammen eine befristete Befreiungsmöglichkeit von der Rentenversi- cherungspflicht unter denselben Voraussetzungen, unter denen auch arbeitnehmerähnliche Selbstständige ein Be- freiungsrecht haben. Dazu müssen sie in einem Antrag glaubhaft machen, dass sie von der Versicherungspflicht keine Kenntnis hatten, und sie mussten am 1. Januar 1999 das 50. Lebensjahr vollendet haben oder vor dem 10. De- zember 1998 eine anderweitige Vorsorge getroffen haben. Ich will nicht verhehlen, dass es auch weitere Forde- rungen vonseiten der Betroffenen gab. Aus Gerech- tigkeitsgründen ist es aber nicht möglich, die Gruppen, die schon lange der Versicherungspflicht unterliegen, wie das bei den selbstständigen Lehrern der Fall ist, besser zu stellen als diejenigen, die bis zum In-Kraft-treten der neuen Regelungen tatsächlich nicht rentenversicherungs- pflichtig gewesen sind. Durch eine weitere Ergänzung sollen alle Bürger der Europäischen Union, die für eine begrenzte Zeit im Aus- land beschäftigt sind, die Möglichkeit der Pflichtversi- cherung erhalten unter der Voraussetzung, dass sie zuvor in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung die all- gemeine Wartezeit von fünf Versicherungsjahren zurück- gelegt haben und nicht in einem anderen Mitgliedstaat versichert sind. Bisher stand diese Möglichkeit nur Entwicklungshelfern und deutschen Staatsangehörigen zu, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind. Die darin liegende Diskriminierung von Unionsbür- gern soll mit der vorgeschlagenen Änderung beseitigt werden. Alle drei Regelungssachverhalte sind zustimmungs- würdig, weil sie zu mehr Transparenz und Sparsamkeit führen – der erstgenannte –, weil sie aus einem Dilemma heraushelfen, nämlich den versicherungspflichtigen Selbst- ständigen enorme Nachzahlungen ersparen – der zweite –, und weil sie mehr Gerechtigkeit in die EU-Landschaft bringen. Heinz Schemken (CDU/CSU): Das Gesetz zur Än- derung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch geht von mehr Kontrolle über die Sozialversicherungsträger aus. Es sieht vor, dass von den Aufsichtsbehörden die Haus- haltspläne der Rentenversicherungsträger beanstandet werden können, wenn diese die Bewertungs- und Bewirt- schaftungsmaßstäbe des Bundes bzw. der Länder nicht beachten. Aus der Gesetzesbegründung zum 1. SGB IV- Änderungsgesetz ergibt sich mittelbar, dass die Renten- versicherungen ihre Mittel unwirtschaftlich verwenden. Die Notwendigkeit einer strengeren aufsichtlichen Kontrolle der Rentenversicherungsträger wird unter ande- rem mit der Erhöhung des Bundeszuschusses an die Ren- tenversicherung begründet. Damit liegen bei den Bewer- tungs- und Bewirtschaftungsmaßstäben teilweise reine Zweckmäßigkeitserwägungen zugrunde. Für die selbst- verwalteten Sozialversicherungsträger ist allerdings nur eine Rechtmäßigkeitskontrolle zulässig. Die Versiche- rungsträger sind bereits nach jetziger Rechtslage an die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit streng gebunden. Sie stehen unter der Aufsicht des Prüfungs- rechtes des Bundes und der Länder durch die jeweiligen Rechnungshöfe. Dieses Recht wird auch nachdrücklich, wie die die Vergangenheit zeigt, wahrgenommen. Viel gewichtiger ist die Frage zu stellen, wie es die Bundesregierung und die Koalition SPD-Bündnis 90/Die Grünen mit der Selbstverwaltung hält. Diese Einschrän- kung der Selbstverwaltungskompetenzen geht im Grunde genommen in eine völlig falsche Richtung. Mehr Mitwir- kung und Teilhabe an Verantwortung ist in einer Zeit ge- fordert, in der die Fragen der Zukunft unserer Sozialsys- teme immer mehr auch eine Herausforderung für die Gesellschaft insgesamt werden. Deshalb wäre ein größe- res Vertrauen gegenüber den Selbstverwaltungsträgern die richtige Antwort. Stattdessen soll hier mehr staatliche Kontrolle eingeführt werden. Die geplante Bindung an Bewertungsmaßstäbe von außen bedeutet einen Eingriff in die Finanzorganisation und Personalhoheit der Selbst- verwaltung. Ein Kernbereich unseres sozialen Rechts- staates wird hier empfindlich getroffen. Hier wird der Kontrolle mehr Gewicht beigemessen als dem Grundsatz der Selbstverwaltung, wo die Arbeitnehmer und Arbeit- geber in Partnerschaft mit großem Verantwortungsbe- wusstsein am Konsens in der schwierigen Lage unserer sozialen Sicherungssysteme mitwirken. Die ungleiche Behandlung der Träger der Rentenversi- cherung, zu denen die Unfall- und Krankenversicherun- gen gehören, bringt im Übrigen eine weitere Spaltung des Selbstverwaltungsrechtes. Die CDU/CSU steht ohne Ab- striche zur Selbstverwaltung und deren Kompetenzen, die bisher mit viel Engagement und großer Verantwortlich- keit wahrgenommen werden. Dies ist für uns ein Herz- stück im Sozialstaat, der in seiner Verpflichtung auch die uneingeschränkte Mitwirkung der Menschen in der Selbstverwaltung respektieren sollte. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114184 (C) (D) (A) (B) Es geht bei dieser Gesetzesänderung letztlich nur um eine stärkere Einflussmöglichkeit des Bundes. Auch das Argument, dass die Größenordnung des Bundeszuschus- ses eine stärkere Einflussmöglichkeit erforderlich macht, zieht nicht. Denn immerhin wird die eigentliche Gewich- tung der Verantwortung und Aufgaben, die bei den Bei- tragszahlern liegen, über die Selbstverwaltung auch wirt- schaftlich und sparsam organisiert und verwaltet. Im Übrigen werden die Mittel des Bundes im Wesentlichen durch die Vorgaben des Bundes reguliert, da sie sich aus nicht beitragsgedeckten Leistungen der gesetzlichen Ren- tenversicherung rekrutieren. Hinzu kommt das Argument, dass durch diesen Gesetzeseingriff mindestens mittelfris- tig mehr Verwaltungsaufwand und damit Kosten entste- hen, die zu Beitragserhöhungen und weiterer Belastung der Löhne führen. All das sollte uns mehr Zurückhaltung auferlegen, wenn es um immer mehr staatlichen Einfluss geht, denn im Spannungsverhältnis zwischen Selbstverwaltung und staatlichem Einfluss liegt der Anreiz, die Möglichkeit und das Recht der Mitwirkung der Versicherten. Dies zu si- chern wäre das Gebot der Stunde. Gerne hätten wir noch eine bessere Regelung zum Thema der Freiberufler gehabt, dies insbesondere bei der Stichtagsregelung. Wir vertrauen aber auf eine der Ren- tenversicherungsträger, dies insbesondere, wenn es um die Nachzahlungspflicht zur Rentenversicherung geht. Der betroffene Personenkreis, der über eine zusätzliche Alters- versorgung verfügt, sollte von Rentenversicherungsbeiträ- gen befreit werden. Dies gilt auch für die Betroffenen aus den EU-Ländern. Die CDU/CSU lehnt diesen Gesetzentwurf ab, insbe- sondere weil die Selbstverwaltung durch weitere staatliche Eingriffe in ihrer ureigensten Aufgabe eingeschränkt wird. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der heute zur Debatte stehende Entwurf hat eigentlich die Einführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sowie die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung für die Sozialversicherungsträger zum Gegenstand. Dazu fand am 25. Oktober 2000 eine Anhörung statt. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU, Drucksache 14/1058, vor. Danach sollen entgegen dem Entwurf die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Län- der die Haushaltspläne der Rentenversicherungsträger bei fehlender Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeits- und Bewertungsmaßstäbe gar nicht beanstanden. Das läuft dem Anliegen des Gesetzes völlig zuwider und ist daher abzulehnen. Im Änderungsantrag der Regierungskoalition, Druck- sache 14/1119, wird dagegen den Bedenken der Renten- versicherungsträger Rechnung getragen, indem bei der Aufsicht ausdrücklich „die Besonderheiten der Versiche- rungsträger zu berücksichtigen sind“. Dieser Antrag sieht also eine Interessenabwägung vor! Ein weiteres wichtiges Thema ist das Befreiungsrecht in der Rentenversicherung. Mit einem bisherigen Ände- rungsantrag, Drucksache 14/863, wollten die Regierungs- fraktionen bestimmten Gruppen von Selbstständigen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, eine zeitliche begrenzte Befreiungsmöglichkeit in § 231 Abs. 3 SGB VI (neu) auf Antrag einräumen. Vo- raussetzung ist, dass die Betroffenen glaubhaft machen können, von der Versicherungspflicht nichts gewusst zu haben, und 50 Jahre und älter sind oder vor der dritten Le- sung des Scheinselbstständigengesetzes eine ausrei- chende anderweitige Altersvorsorge getroffen haben. Die vorgesehene Regelung ist vor allem durch Proteste von selbstständigen Lehrern ausgelöst worden, die zum Beispiel an Volkshochschulen unterrichten. Die bisherige Änderung war zwar formal auf alle Selbstständigen in § 2 SGB VI anwendbar, wegen der Beschränkung auf sol- che Selbstständige, die selbst keinen versicherungspflich- tigen Arbeitnehmer beschäftigen, und der erforderlichen Glaubhaftmachung faktisch auf eine „Lex Privatlehrer“ beschränkt. Dies ist auch aus den Reihen des Koalitionspartners in der Koordinierungsrunde kritisiert worden, da zum Bei- spiel nicht auch alle Hebammen von der Möglichkeit Gebrauch machen könnten. Im Dezember sind wir seitens eines Berufsverbandes auf eine weitere Fallgruppe aufmerksam gemacht wor- den: In § 229 a SGB VI wird die Versicherungspflicht ge- regelt, die aufgrund eines DDR-Überleitungsgesetzes (SWG) als Selbstständige und mitarbeitende Familienan- gehörige rentenversicherungspflichtig geworden sind. Diese Gruppe hatte von Mitte 1991 bis 31. Dezem- ber 1994 die Möglichkeit, aus der Versicherungspflicht zu kommen. Einigen der Betroffenen scheint aber weder die Versicherungspflicht noch die Befreiung davon bis 1994 bekannt gewesen zu sein. Offenbar liegen zur Zeit circa 50 bis 60 Fälle im Streit mit der BfA wegen Beitrags- nachforderungen. Die Streitfälle haben sogar gute Chan- cen auf Glaubhaftmachung, da die BfA in Sozialgerichts- verfahren schon eingeräumt hat, nicht hinreichend infor- miert zu haben. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse haben wir in ei- nen neuen Änderungsantrag eingearbeitet. Dieser modi- fizierte Änderungsantrag, der Drucksache 14/863 ersetzt, sieht nun noch vor, auch den Selbstständigen nach § 229 a SGB VI die Möglichkeit einer Befreiung einzu- räumen, wenn diese die Unkenntnis über die Versicherungs- pflicht glaubhaft machen können und eine adäquate Alters- vorsorge selbst getroffen haben. Weiterhin sind explizit genannt: Lehrer und Erzieher (§ 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), Pflegepersonen (§ 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), Hebammen und Entbindungspfleger (§ 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI). Ausgeschlossen sind richtigerweise Handwerker, Künstler und Publizisten – die ja die Künstlersozialversi- cherung haben – sowie hausgewerbetreibende und außer- dem die Küstenschiffer und Küstenfischer. Somit sind nun alle Gruppen, die sich mehr oder min- der berechtigt darauf berufen können, von der Versiche- rungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nichts gewusst zu haben, von der bis zum 30. Septem- ber 2001 geltenden „Amnestieregelung“ begünstigt. Da- mit dürften nun aber wirklich alle Streitfälle bereinigt sein! Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14185 (C) (D) (A) (B) Im gleichen Zusammenhang hat die FDP einen Ände- rungsantrag, Drucksache 14/1033, eingebracht, der nun entweder obsolet – durch die Gesetzesbegründung klar- gestellt – ist oder aber inhaltlich abzulehnen ist: Die Aus- legung der „andersweitigen Vorsorge“ ist zu weitgehend, und die Ausdehnung des „Handwerkerprivilegs“ auf an- dere Selbständige ist unsinnig. Prinzipiell bedenkenswert ist dagegen der Vorschlag, anstelle des bisherigen Stich- tags – dem 10. Dezember 1998, der Lesung des „Schein- selbstständigengesetzes“ – einen Stichtag erst nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zu nehmen. Insgesamt ist es der Koalition gelungen, in dieser kom- plizierten Materie in allen strittigen Einzelpunkten Lö- sungen zu finden, die vernünftig, sachgerecht und trans- parent sind. Wir danken dabei insbesondere auch den beteiligten Sachverständigen für ihre konstruktive Mitar- beit. Dr. Irmgard Schwaetzer (F.D.P.): Der vorliegende Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zur Versi- cherungspflicht von freiberuflichen Lehrern und selbst- ständigen Dozenten ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie SPD, aber auch die Grünen mit den Selbstständigen und freien Berufen in Deutschland umgehen. Die vielen Bedingungen, unter denen diese sich nach dem rot-grünen Antrag von der Versicherungspflicht sollen befreien kön- nen, führen im Ergebnis dazu, dass sich an der Sozialversicherungspflicht von selbstständigen Lehrern grundsätzlich nichts ändert. Während die SPD dies mit ei- nem vermeintlichen Schutzbedürfnis begründet, empfin- den die Betroffenen dies zu Recht als Bevormundung. Ich kann dazu nur schlicht feststellen: Der rot-grüne Gesetz- entwurf ist einer modernen Gesellschaft nicht würdig. Worum geht es im Kern? Aufgrund einer Norm aus den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts, im Jahre des Heils 1922, möchte die Bundesversicherungsanstalt für Ange- stellte selbstständige Lehrer und Dozenten in die gesetz- liche Rentenversicherung zwingen. Das eigentlich Inte- ressante daran ist: Nicht nur die Betroffenen, sondern auch offenbar die Bundesversicherungsanstalt selber wussten bislang nichts von der Existenz dieser Norm und damit von einer etwaigen Versicherungspflicht. Daher ist diese bislang auch nie angewandt worden. Aber es kommt noch besser: Jetzt fordert die Bundesversicherungsanstalt sogar Beitragsnachzahlungen von den Betroffenen ein, die exis- tenzbedrohende Ausmaße annehmen können. All dies soll nun durch den rot-grünen Antrag sanktioniert werden. Für die F.D.P. gilt demgegenüber: Entscheidend muss für Selbstständige die freie Wahl ihrer Vorsorgeform sein, wie auch eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzli- chen Rentenversicherung davon unbenommen bleibt. Da- her hat die F.D.P. einen eigenen Antrag vorgelegt. Erstens. Nach dem rot-grünen Antrag können sich all diejenigen nicht befreien lassen, die erst nach dem 2. Ja- nuar 1949 geboren sind und erst nach dem 10. Dezember 1998 eine private Rentenversicherung abgeschlossen ha- ben. Dies bedeutet: Sie müssen alle monatlichen Beiträge seit dem 1. Januar 1999 rückwirkend entrichten. Bei ei- nem Regelbeitrag von rund 865 DM pro Monat sind dies für die Jahre 1999 und 2000 allein 20 760 DM! Die F.D.P. fordert hiergegen: Da viele Versicherungs- pflichtige hiervon nichts wussten oder wissen konnten, sollte hier ein Stichtag nach In-Kraft-Treten dieses Geset- zes gewählt werden. Denn das Erfordernis, wonach bereits eine eigene Altersvorsorge aufgebaut worden sein müsse, kann – insbesondere in den neuen Bundes- ländern – nicht zum Tragen kommen. Dann werden auch die Nachforderungen obsolet. Zweitens. Die F.D.P. fordert, dass zur anerkannten Vor- sorge auch und gerade kapitalgedeckte Vorsorgeformen gehören müssen. So sollten zum Beispiel Kapitalversi- cherungen, die seinerzeit unter steuerrechtlichen Ge- sichtspunkten empfohlen worden sind, Berücksichtigung finden. Denn für die meisten Betroffenen sind etwa pri- vate kapitalgedeckte Lebensversicherungen deutlich günstiger. Auch kann es nicht angehen, dass zum Beispiel manche ihr Haus verkaufen müssten, um in die gesetzli- che Rentenversicherung einzuzahlen. Drittens fordert die F.D.P. darüber hinaus noch fol- gende Erweiterung: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass alle Freiberufler, die einen versicherungspflichtigen Ar- beitnehmer beschäftigen, versicherungsfrei sind; denn sonst würde es keinen Sinn machen, diese Gruppe von der Befreiungsmöglichkeit auszunehmen. Allerdings vermag nicht einzuleuchten, dass freiberuflich tätige Pflegeperso- nen, die in der Wochenpflege oder in der Säuglingspflege tätig sind und einen versicherungspflichtigen Arbeitneh- mer beschäftigen, selbst versicherungsfrei sein sollen (§ 2 Nr. 2 SGB VI), während freiberuflich tätige Hebammen, die dieselbe Tätigkeit verrichten und einen versicherungs- pflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, gleichwohl ver- sicherungspflichtig bleiben sollen. Diese Ungleichbehandlung hat keine sachliche Recht- fertigung. Nicht nur Pflegepersonen beschäftigen häufig andere Pflegepersonen und überschreiten damit den Be- reich der höchstpersönlichen freiberuflichen Tätigkeit. Auch Hebammen betreiben Geburtshäuser und Entbin- dungsheime und beschäftigen dabei andere angestellte Hebammen. Insoweit besteht zwischen Pflegepersonen und Hebammen kein Unterschied, der eine unterschiedli- che gesetzliche Regelung der Versicherungspflicht recht- fertigen würde. Daher sollten Hebammen in die Reihe derer aufge- nommen werden, die bei Beschäftigung eines versiche- rungspflichtigen Arbeitnehmers versicherungsfrei sind. Denn was für Lehrer und Erzieher, was für Pflegeperso- nen gilt, kann Hebammen und Entbindungspflegern, schlechterdings nicht verwehrt werden. Ich bedaure, dass im Ausschuss für Arbeit und Sozial- ordnung unser Änderungsantrag von beiden Volksparteien, also nicht nur von SPD und Grünen, sondern auch von der Union abgelehnt worden ist. Offensichtlich bedeuten Ihnen der Fleiß, das Engagement und die Kreativität der freien Berufe nicht viel. Ich sichere den betroffenen Selbstständi- gen zu: Ab Herbst 2002 werden wir dies ändern. Pia Maier (PDS): Im Zusammenhang mit dieser SGB IV-Änderung hat die Regierungskoalition auch eine Änderung der Rentengesetzgebung beschlossen. Diese Änderung bewahrt wenigstens einige freiberufliche Leh- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114186 (C) (D) (A) (B) rerinnen und Lehrer vor horrenden Nachzahlungen in die Rentenkasse, die vorher nicht absehbar waren. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber ein viel zu kurzer Schritt. Zum Hintergrund: Freiberufliche Lehrkräfte sind Selbstständige und wurden schon in der Weimarer Repu- blik in die gesetzliche Rentenkasse aufgenommen. Aller- dings hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte diese Tatsache jahrzehntelang nicht zur Kenntnis ge- nommen und folglich auch keine Rentenbescheide ver- schickt. Die Honorarkräfte kann man für ihre Unwissen- heit hier sicher nicht in Haftung nehmen. Durch das Gesetz gegen die Scheinselbstständigkeit fiel die Versicherungs- pflicht wieder auf und die freiberuflich tätigen Lehrerin- nen und Lehrer, die nicht in der gesetzlichen Rentenversi- cherung waren, sollten massive Nachzahlungen leisten – es geht hier um mehrere Zehntausend DM. Für Menschen, die an Volkshochschulen lehren und zumeist in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, ist das verdammt viel Geld. Die Koalition hat nun den Vorschlag gemacht, ältere Honorarlehrkräfte, die eine andere Alterssicherung nach- weisen, von der gesetzlichen Rente auf Antrag auszuneh- men. Damit helfen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, nur einigen Härtefällen. Aber als Stich- tag haben Sie den 10. Dezember 1998 bestimmt, den Tag der Verabschiedung des Scheinselbstständigengesetzes. Und das bedeutet, dass nur diejenigen, die schon zu die- sem Zeitpunkt für sich eine anderweitige Altersvorsorge geschaffen hatten, befreit werden können. Das hilft all je- nen, die erst beim Erhalt ihres ersten Rentenbescheides aus allen Wolken fielen, überhaupt nicht und es stürzt viele Dozentinnen und Dozenten in finanzielle Notlagen. Besonders hart trifft es die freiberuflichen Lehrerinnen und Lehrer, die in der Annahme eine Alterssicherung ein- gegangen sind, dass ihnen eine gesetzliche Rentenversi- cherung nicht zustünde. Oftmals haben sie kaum eine Möglichkeit, aus dieser privaten Altersversorgung wieder heraus zu kommen. Im Gegensatz zu vielen Lehrerinnen und Lehrern, die Ihnen sicher auch in den vergangenen Wochen geschrieben haben, gehe ich davon aus, dass diese Honorarkräfte in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden soll- ten – und das selbstverständlich zu zumutbaren Bedingun- gen. Und darum müssen auch hier die Rahmenbedingun- gen für eine paritätische Finanzierung geschaffen werden. Sicher, eine Volkshochschule kann die Honorare nicht an- heben – jedenfalls nicht ohne eine direkte Umlage auf die Kosten für die Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen. Dasselbe gilt auch für die Anbieter von Deutschkursen und andere Träger. Wenn das kostengünstige Bildungsangebot der Volkshochschulen weiter bestehen soll – wofür ich mich hier ausdrücklich ausspreche –, dann muss der Bund für den Arbeitgeberanteil seinen Beitrag leisten. In diesem Sinne hat die PDS-Fraktion einen Entschlie- ßungsantrag gestellt. Wir treten dafür ein, die Stichtagsre- gelung so zu verändern, dass die Dozentinnen und Dozen- ten keinerlei Nachzahlungen leisten müssen! Das ist der wichtigste Punkt, weil Nachzahlungsforderungen in bis zu fünfstelliger Höhe für die überwiegende Mehrheit der Be- troffenen existenzbedrohend sind. Außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, eine Regelung zu schaffen, die vorsieht, dass der Bund – analog dem System der Künst- lersozialkasse – einen Zuschuss übernimmt, denn die jetzt geplante Regelung gefährdet nicht nur die Existenz der Dozentinnen und Dozenten, sondern auch das Kursangebot der Bildungsträger. Wenn Bildung von allen Fraktionen in .diesem Hause immer wieder eingefordert wird, dann dür- fen wir den Abbau der Bildungsangebote der Volkshoch- schulen nicht auch noch befördern. Gerade an den Volks- hochschulen hat schon immer das berühmte lebenslange Lernen stattgefunden und darum müssen wir dafür sorgen, dass sich auch weiterhin Menschen das VHS-Angebot leis- ten können, die zwar nur über einen schmalen Geldbeutel verfügen, die sich aber dennoch weiterbilden möchten. Aus all diesen Gründen fordere ich Sie auf: Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu und tragen Sie da- mit zum Zustandekommen einer für alle Betroffenen so- zialverträglichen Lösung bei. Lassen Sie mich zum Schluss noch einige wenige Worte zum eigentlichen Gegenstand des Gesetzes verlie- ren: Die Versicherungsträger arbeiten schon lange nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sie werden auch mit der Einführung von Kosten- und Leis- tungsrechnungen ihre Arbeit weiter gut leisten. Dass sie sich gegen eine Umstellung wehren, ist verständlich. Es gibt allerdings einen guten Grund, diese Umstellung zu fordern: Für die Aufsichtsbehörde ist die Arbeit einfacher, wenn überall nach denselben Grundsätzen geprüft werden kann. Und für die wenigen Bürgerinnen und Bürger, die es wagen, sich näher mit dem öffentlichen Haushaltswe- sen einzulassen, zum Beispiel um eine Kontrollfunktion in Aufsichtsgremien auch tatsächlich und nicht nur formal auszuüben, wird es auch einfacher: Hat man das System dann einmal verstanden, kann man es immer anwenden. Im Sinne des Abbaus und der Vereinfachung von Büro- kratie, im Sinne von Transparenz und Einflussmöglich- keiten der Bürgerinnen und Bürger sind gleiche Haus- haltsführungsgrundsätze ein Fortschritt. Und darum wird die PDS-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entschließungsantrags: Wett- bewerbsbedingungen für die deutsche Tourismus- wirtschaft in Euro-Land (Tagesordnungspunkt 21) Rosel Neuhäuser (PDS): Seit dem Einbringen des Entschließungsantrags der F.D.P. zu Wettbewerbsbedin- gungen für die deutsche Tourismuswirtschaft im Euro- Land ist geraume Zeit vergangen. Seit dieser Zeit hat sich in der Entwicklung der Tourismusbranche einiges getan. Es gibt in den neuen Ländern eine positive Entwicklung. Nicht nur die Angebote, sondern auch der Umweltschutz haben im Ausbau und der Weiterentwicklung des Touris- mus in Deutschland einen wichtigen Platz eingenommen. Dieser Aufwärtstrend ist erfreulich, weil er unter an- derem für viele Menschen, besonders in strukturschwa- chen Regionen, einen wichtigen Faktor für Beschäftigung und wirtschaftlichen Aufschwung signalisiert. Aber we- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14187 (C) (D) (A) (B) der Euphorie noch eindeutige Rückschlüsse sind in die- sem Zusammenhang berechtigt. Die Tourismuswirtschaft muss sich in den nächsten Jahren noch auf enorme Verän- derungen einstellen. Nicht nur die Einführung des Euro, sondern die Fragen des Strukturwandels und die Frage der Qualität der Angebote sind in der Entwicklung des Tou- rismus in Deutschland von ausschlaggebender Bedeu- tung. Zu allen Fragen kann ich keine Ausführungen machen. Daher stelle ich zwei Fragen in den Mittelpunkt, die aus meiner Sicht weiterzuentwickeln sind, die ich allerdings nicht ausführen kann. Erstens: die Frage der Arbeitsmarktsituation. Eine weite Anerkennung der beruflichen Abschlüsse aus mei- ner Sicht genauso notwendig wie die Schaffung von Dau- erarbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Befristete oder auf dem zweiten Arbeitsmarkt funktionierende Strukturen sind auf Dauer keine Lösung. Deshalb fordere ich die Verantwortung auf, Lösungswege zur Lösung die- ser Frage zu suchen. Zweitens: die Fragen der Harmonisierung bzw. er- mäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Arbei- ten. Über dieses Anliegen wurde bereits in der 13. Wahl- periode diskutiert. Es wurde von der F.D.P. abgelehnt. Inzwischen wurde der Inhalt von der Geschichte einge- holt. Entsprechend einer Initiative des Europaparlamentes ist es möglich, unter anderem arbeitsintensive Leistungen mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen. Tatsächlich entschieden sich nur neun europäische Länder – ohne Deutschland –, diese Möglichkeit mit eventuellen positiven Auswirkungen für den Arbeitsmarkt wenigstens auszuprobieren. Wir sind uns in diesem Haus sicher darüber einig, dass Deutschland ein preiswertes, aber kein billiges Reiseland ist. Das deutsche Gastgewerbe sei insbesondere im Ver- gleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten durch die Anwen- dung des vollen Umsatzsteuersatzes gravierend benach- teiligt. Es gibt Reiseländer in der EU, in denen die Preise kaum unter den Preisen in Deutschland liegen. Im Ge- genteil: Sie liegen höher. Die Umsatzsteuer ist ein Faktor, der preisbestimmend wirkt, aber in den seltensten Fällen ausschlaggebend ist für die Entscheidung, wo jemand Urlaub macht. Daher ist aus meiner Sicht eine Insellösung für Deutschland nicht sinnvoll. Meine Fraktion ist vielmehr der Überzeugung, dass die Harmonisierung aller Finanz- und steuerpoliti- schen Fragen im Rahmen der EU gelingen muss, um die Wettbewerbschancen zu gewährleisten. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zurBeratung des Antrags: UMTS-Milliarden für die Einführung einer kommunalen Investitions- pauschale des Bundes (Tagesordungspunkt 23) Hans Georg Wagner (SPD): Es ist wohl zu beklagen, dass die Verfahrensabläufe im Bundestag so sind, wie sie sind. Ende November 2000 hat der Bundestag mit den Stimmen der Koalition beschlossen, die Zinsersparnisse aus den UMTS-Verkäufen in einer Größenordnung von 15 Milliarden DM beginnend mit dem 1. Januar 2001 für ein dreijähriges Investitionsförderungsgesetz, das Zu- kunftsinvestitionsprogramm, zu verwenden. Im Wesentlichen geht es um Investitionen im Baube- reich: Straßenbau, Schienenausbau, Altbau-Energiesanie- rung, die soziale Stadt sowie um die Bildungs- und For- schungspolitik als Zukunftsprogramm für unsere Kinder. Dies war der politische Wille der Koalition. Dabei waren wir natürlich offen für Vorschläge der an- deren Fraktionen. Daher bedauere ich, dass der Antrag der PDS erst heute, zwei Monate nach dem Beschluss des Bundestages, diskutiert wird. Das haben eigentlich alle Fraktionen so nicht verdient. Der Antrag muss im Zusam- menhang mit anstehenden Entscheidungen diskutiert werden; deshalb will ich auch heute auf diese Überlegung noch eingehen. Die PDS fordert eine kommunale Investitionspau- schale von 3 Milliarden DM. Bei der zu Recht angespro- chenen Haushaltslage der Kommunen muss jedoch das Gesamttableau öffentlicher Haushalte betrachtet werden. Bei der Klage des Saarlandes und Bremens 1991/1992 wegen des bundesstaatlichen Finazausgleichs und ihre Haushaltsnotlage war ein Wesentliches Kriterium die Zinssteuerlastquote. Diese Quote muss man genau betrachten: Bund 21 Pro- zent, Länder 11 Prozent, Gemeinden 7 Prozent. Das heißt: Der Bund hat die schlechteste Haushaltslage aller deut- schen Gebietskörperschaften. Die kommunalen Haushalte unterliegen der Genehmi- gung der Länderinnenminister. Nur diese haben die Mög- lichkeit, die Haushaltszügel der Kommunen zu lockern, um damit Investitionen anzuregen. Die vom Zukunftsin- vestitionsprogramm ausgelösten Investitionen erfolgen ausschließlich in den Kommunen. Denn der Bau von 125 Ortsumgehungen dient eindeutig den Kommunen. Zudem erfolgt eine regionale Unterstützung der Bauwirt- schaft: Die Erhöhung der Städtebauförderungsmittel für die alten Bundesländer bei Beibehaltung der Förderung in den neuen Ländern und die Erhöhung der Mittel „Soziale Stadt“ sind eindeutig auf der Haben-Seite der Kommunen zu verbuchen. Ich erinnere an das Altschuldenhilfegesetz, das auch finanzielle Entlastungen für die Kommunen be- deutet. Deshalb konnten wir Ihre Forderungen, meine Damen und Herren Kollegen von der PDS-Fraktion, nicht in un- sere Überlegungen mit einbeziehen. Mir kommt es jedoch darauf an, Ihre Argumente aufzunehmen und mit Ihnen zu diskutieren, obwohl die Entscheidungen, wie Sie selbst wissen, längst getroffen sind. Peter Götz (CDU/CSU): Wir haben gut die Hälfte der Legislaturperiode hinter uns. Mit Fug und Recht können wir feststellen: Diese rot-grüne Regierung macht eine kommunalfeindliche Politik. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114188 (C) (D) (A) (B) Der Umgang mit den UMTS-Erlösen ist nur ein gutes Negativbeispiel für rot-grüne Politik. Diese Regierung will die kommunale Selbstverwaltung immer weiter aus- höhlen und lebt alte sozialistische Staatsreflexe unge- hemmt aus: möglichst alles von der Zentrale her kontrol- lieren und steuern, kein Vertrauen in die Kreativität und das Verantwortungsbewusstsein der örtlichen demokrati- schen Gemeinschaften. Ich will Ihnen anhand einiger Zahlen die kommunal- feindliche rot-grüne Politik verdeutlichen. Die Daten kommen übrigens aus dem Hause von Finanzminister Eichel, der unverdächtig ist, Zahlen für die Argumenta- tion der Union liefern zu wollen. Zunächst zur Steuerschätzung vom November 2000. Danach verlieren die Kommunen von 2000 auf 2001 – von 112,2 Milliarden DM auf 110,2 Milliarden DM – 2 Milliarden DM. Das scheint auf den ersten Blick nicht dramatisch zu sein. Aber wenn wir die Auswirkungen aller Bundesgesetze, die seit 1998 verabschiedet wurden, auf die kommunalen Haushalte betrachten, dann ergeben sich für 2001 unmittelbare Einnahmeausfälle von knapp 6,5 Milliarden DM. Dazu kommen mittelbare Einnahme- ausfälle in Höhe von knapp 5 Milliarden DM, die sich au- tomatisch über den Mechanismus des kommunalen Fi- nanzausgleichs ergeben. Dies ergibt sich aus der DStGB- Dokumentation Nr. 16, 4. Januar 2001, auf der Grundlage von Zahlen des BMF. Die Bundesregierung hat den Kommunen seit 1998 fast 11,5 Milliarden DM aus den kommunalen Steuer- haushalten herausregiert. Das ist eine riesige Summe. Das Geld fehlt in den Städten und Gemeinden bei der Förde- rung von Vereinsarbeit, bei Investitionen in Schulen, Kin- dergärten und vielem mehr. Ein Weiteres kommt hinzu: Wenn wir uns über die Zu- kunft der Städte und Gemeinden unterhalten, dürfen den Kommunen nicht laufend neue Aufgaben übertragen und gleichzeitig die Gelder weggenommen werden. Es kann und darf nur nach dem Motto gehen: Wer bestellt, bezahlt. Ich möchte Sie an Ihre eigene Koalitionsvereinbarung erinnern. Dort steht: Wir wollen die Finanzkraft der Gemeinden stärken und das Gemeindefinanzsystem einer umfassenden Prüfung unterziehen. Aber genau das Gegenteil tun Sie hier im Deutschen Bundestag: Sie schaffen im- mer neue Gesetze zulasten der Kommunen und eine umfassende Prüfung des Gemeindefinanzsystems haben Sie bis heute nicht in Angriff genommen. Stattdessen handeln Sie regelmäßig gegen Ihre eige- nen Ankündigungen. Sie missbrauchen die kommu- nalen Haushalte als Verschiebebahnhof für originäre Aufgaben des Bundes. Lassen Sie ich nur einige Beispiele nennen – Basis ist die Steuerschätzung von Mai 1998 –: Das Steuerände- rungsgesetz 1998 kostet die Gemeinden im Jahre 2001 DM 1,66 Milliarden DM. Mit dem Steuerentlastungs- gesetz 1999 belasten Sie die Kommunen im Jahr 2000 und 2001 jeweils um weitere 1,06 Milliarden DM. Es geht noch weiter: Die Familienförderung, mit der Sie sich immer loben, finanzieren die Kommunen mit über 700 Millionen DM, das Steuerbereinigungsgesetz mit 305 Millionen DM. Die Einführung der Entfernungs- pauschale kostet die kommunalen Haushalte 135 Milli- onen DM. Aber die Ökosteuer streicht der Finanzminister ohne eine Miene zu verziehen ein. Und letztlich belastet die rot-grüne Bundesregierung mit dem so genannten Steuersenkungsgesetz die Kommunen mit 4,46 Milliar- den DM. Fast 100 Milliarden DM hat der Bund im letzten Jahr durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen eingenom- men, zum Teil zulasten der Kommunen. Es war nicht ver- wunderlich, dass daraufhin hier in Berlin viele gute Ideen zur Finanzierung wichtiger Aufgaben genannt worden sind. Letztendlich hat die Bundesregierung die gesamte Summe selbst in ihrem Haushalt belassen. Es wird ver- fahren nach dem Motto: Erst alles selbst kassieren, dann Weihnachtsmann spielen und an die braven Kinder ver- teilen. Die Haushaltsbalance zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird weiter verzerrt. Gewerbesteuerausfälle und Effekte aus dem Finanz- ausgleich treffen die Kommunen insgesamt, vor allem in einzelnen Gemeinden, auf dramatische Weise. Dies wird zunehmend konkret. Ich will Ihnen das am Beispiel des Amts Stahnsdorf, einer Gemeinde mit 12 000 Einwohnern in Brandenburg, einmal vor Augen führen: In dieser Ge- meinde sind Unternehmen angesiedelt, die UMTS-Lizen- zen ersteigert haben. Gewerbesteuereinnahmen der Ge- meinde von bisher jährlich über 4 Millionen DM fallen weg. Im Dezember 2000 ist die Gemeinde über ihre Ge- werbesteuervorauszahlung für 2001 informiert worden: Sie bekommt nichts, null. Der Grund ist das negative Be- triebsergebnis wegen der hohen an den Bund zu zahlen- den UMTS-Lizenzen. Ebenso wird es 2002 sein und wir wissen, dass diese Situation noch viele Jahre anhalten wird. Finden Sie das gerecht? Von den Steuermindereinnahmen für die Kommunen bei der Einkommensteuer habe ich noch gar nicht gespro- chen. Dies ist ein Beispiel aus den neuen Ländern, die dringend auf eigene kommunale Einnahmen angewiesen sind. Die Menschen in den neuen Ländern wollen keine Al- mosen. Aber sie haben einen Anspruch darauf, dass die Früchte einer erfolgreichen Kommunalpolitik nicht von Gerhard Schröder abkassiert werden. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierung hat den Auf- bau Ost massiv betrieben. Dabei ging es vor allem um die Stärkung der Kommunen. Und es ist sicher kein Zufall, dass die wirtschaftlich besonders erfolgreichen Wachs- tumszentren in den neuen Ländern genau dort sind, wo die Christdemokraten in Ländern und Kommunen die politi- sche Verantwortung tragen. Und wie sieht es seit dem Regierungswechsel aus? In der rot-grünen Bundesregierung hat der Kanzler, im Ne- benberuf SPD-Parteivorsitzender, die Förderung der neu- en Länder zur Chefsache erklärt. Der Bundestagspräsi- dent, im Nebenberuf stellvertretender SPD-Vorsitzender, sagt nach gut zwei Jahren rot-grüner Regierungsverant- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14189 (C) (D) (A) (B) wortung, die Neuen Länder stünden auf der Kippe. Was heißt das? Weder PDS noch Rot-Grün tun den neuen Län- dern gut. Zum Schluss will ich noch auf eine tagesaktuell anste- hende Parlamentsentscheidung und ihre Wirkung auf die Gemeinden, Städte, Kreise zu sprechen kommen: die Rentenreform. Ein klares Bild fehlt bis heute. Nur eines wird zunehmend deutlich: Sie planen einen erneuten An- griff auf die kommunalen Haushalte. Die so genannte Rentenreform wird die Kommunen nach Schätzung des Deutschen Städtetages weitere 3,2 Milliarden DM kosten. Völlig unakzeptabel ist für uns ihr Konzept für eine leistungs- und beitragsfreie Grundrente. Wenn sie so kommt, wie sie es sich vorstellen, bestrafen Sie alle, die für ihr Alter vorsorgen; denn wer vorsorgt, wird versorgt und wer nicht vorsorgt, wird auch versorgt. Dieses Gesetz hat katastrophale Folgen auf die Selbstverantwortung der Menschen für Ihre Altersvorsorge. Sozialistisches Gedan- kengut führt zum unmündigen Bürger. Wir haben ein an- deres Gesellschaftsbild. Die vorgeschlagene Grundversorgung hat auch kata- strophale Folgen für die Kommunen, die Sie für die Grundsicherung verantwortlich machen wollen. Erneut werden die Städte und Gemeinden zum Zahlmeister für großzügige Sozialleistungen des Bundes. Diesen Ver- schiebebahnhof machen wir nicht mit. Ein Weiteres kommt hinzu: Sie wollen bei den Kom- munen neue Grundsicherungsämter schaffen – zusätzlich zu den Sozialämter – das heißt neue Bürokratie. Und da- mit greifen Sie in die kommunale Organisationshoheit ein. Skandalös ist Ihre Arroganz gegenüber den kommuna- len Spitzenverbänden. Sie verweigern den Kommunen jede Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren in der Sache dieser Grundsicherungsämter. Die kommunalen Spitzenverbände müssen zumindest angehört werden. Sie hätten sogar schon bei der Erarbeitung des Referen- tenentwurfs beteiligt werden müssen. Aber das alles interessiert Rot-Grün nicht. Die Schaffung von Grund- sicherungsämtern greift empfindlich in die Sphäre der kommunalen Selbstverwaltung ein. Sie haben mit Ihrer rot-grünen Mehrheit im Bundes- ausschuss für Arbeit und Sozialordnung eine Einladung der kommunalen Spitzenverbände zu der heutigen An- hörung verweigert, weil Ihnen die Kommunen lästig sind. In Sonntagsreden das Hohe Lied der kommunalen Selbst- verwaltung singen und hier, wo die Entscheidungen zu treffen sind, genau entgegengesetzt handeln – dieses Spiel lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Die finanzielle Sicherung der Menschen im Alter ist keine kommunale Aufgabe. Sie darf auch keine kommu- nale Aufgabe werden. Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Im Jahr 2000 gaben die Kommunen über 47 Prozent ihrer Steuer- einnahmen – 55 Milliarden DM – für soziale Leistungen aus. Im Jahr 2001 werden es über 50 % sein. Steigerungen sind vorprogrammiert. – Diese Leistungen sind übertra- gene Staatsaufgaben, die nach Bundesgesetzen von den Kommunen erledigt werden müssen. Für eigene Selbst- verwaltungsaufgaben bleibt immer weniger übrig. Die Bürgerinnen und Bürger werden bei der Gestaltung des örtlichen kommunalen Lebensraums zunehmend entmün- digt. Die im Grundgesetz garantierte kommunale Selbst- verwaltung bleibt auf der Strecke. Der Umgang mit den Erlösen aus den UMTS-Lizenzen ist also nur eines von vielen Beispielen für die sozialisti- sche Politik dieser rot-grünen Bundesregierung. Die 100 Milliarden DM haben Sie teilweise zulasten der Kommunen kassiert. Das ist unanständig. Geben Sie den Gemeinden das ihnen zustehende Geld zurück! Wir brau- chen in unserem Land lebensfähige Städte und Gemein- den, die eigenverantwortlich entscheiden können. Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ge- rade auf dem Feld der Finanzpolitik macht es mir jedes Mal Freude, feststellen zu können, dass wir mit unserer Politik Erfolge haben und einfach besser als die Opposi- tion sind. Immer mehr hat sich die Finanzpolitik für uns als ein Heimspiel entwickelt. Der Erfolg unserer nachhaltigen und soliden Finanz- politik ist für jedermann greifbar: Wir haben wieder Ver- trauen in der Bevölkerung und in der Wirtschaft geschaf- fen. Die Konjunktur gewinnt an Fahrt, der Euro erholt sich, die Arbeitslosenzahlen sinken und die Beschäfti- gung steigt. Dies sind Fakten, die nicht kleingeredet wer- den können. Mit dem Haushalt 2001 halten wir an unserem Konso- lidierungskurs fest. Die Neuverschuldung wird weiter ge- senkt. Unser Zukunftsprogramm 2000 war im letzten Jahr keine einmalige Kraftanstrengung. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts ist für uns vielmehr eine konsequent zu verfolgende langfristige Daueraufgabe. Ziel bleibt, in 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und danach mit dem Schuldenabbau zu be- ginnen. Wir können nicht immer mehr Lasten auf zukünf- tige Generationen verschieben. Wir wollen den Schulden- berg überwinden und ihn nicht einfach hinnehmen – wie die alte Regierungskoalition es jahrelang getan hat. Er- folgloses Durchwursteln ohne echten Reformwillen und ohne Durchsetzungsfähigkeit wäre für die Zukunft Deutschlands tödlich. Gesunde Bundesfinanzen sind erforderlich. Bei unse- rer Regierungsübernahme vor zwei Jahren haben wir ein katastrophales Finanzchaos vorgefunden. Die Bundes- finanzen befanden sich nach 16 Jahren Kohl-Regierung in einer jämmerlichen Verfassung. In den letzten Jahren der Regierungskoalition hatte der Bundeshaushalt eine chronische Unterdeckung von 80 bis 90 Milliarden Mark. Waigel konnte die Haushaltslücken nur mit enormen Neuverschuldungen und Privatisierungs- einnahmen schließen. Mit einem Schuldenberg von 1,5 Billionen sitzen wir daher nun in der schwarz-gelben Schuldenfalle. Mehr als jede fünfte Steuermark müssen wir jährlich für Zinsen ausgeben. Das sind jährliche Steuerzahlungen der Bürger und Bürgerinnen in Höhe von 80 Milliarden DM. Diese Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114190 (C) (D) (A) (B) Steuerzahlungen hat die alte Regierungskoalition zu ver- antworten. Ihre Rolle als Steuersenkungsparteien ist da- her völlig unglaubwürdig. Durch unseren Kurswechsel in der Finanzpolitik haben wir den Sinkflug bei der Neuverschuldung eingeleitet und die Handlungsfähigkeit des Staates wieder hergestellt. Schritt für Schritt bringen wir den Bundeshaushalt wieder in ein gesundes Gleichgewicht. Nun zu den Zukunftsinvestitionen mit Zinserspar- nissen aus UMTS-Einnahmen: Die UMTS-Einnahmen von 99,4 Milliarden DM haben wir, wie von Anfang an von uns gefordert, vollständig zur Tilgung von Bundes- schulden verwendet. Der Bund hat damit zum ersten Mal seit 1970 eine echte Nettotilgung geleistet. Die Bundesre- publik wird deshalb in diesem Jahr beim Schuldenstand mit 58 Prozent wieder unter der „Maastricht-Grenze“ von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Wir stellen damit erneut eindringlich die Solidität un- serer Finanzpolitik unter Beweis. Dies wird von unserer Bevölkerung auch anerkannt, was uns freut und die CDU-Opposition zunehmend ärgert. Sie kann nur noch durch haltlose persönliche Angriffe gegenüber unserem Bundesfinanzminister in Erscheinung treten, wie wir ge- rade diese Woche im Haushaltsausschuss feststellen konnten. Bei einem Schuldenberg von 1,5 Billionen ist Ihre Be- hauptung widersinnig, der Bundesfinanzminister würde in Geld schwimmen und könnte daher riesige Steuersen- kungen umsetzen. Mit der Tilgung bereinigen wir von den 16 Jahren Kohl-Regierung lediglich 18 Monate Schulden- aufwuchs. Weitere 170 Monate müssen noch aufgeholt werden. Immer steigende Zinsausgaben haben die Ausgaben für Zukunftsinvestitionen zunehmend beschnitten. Daher müssen wir die Investitionen verstärken, aber auch durch Sparen die Ursache der Investitionsbeschränkungen bekämpfen. Nur so können wir die Gestaltungsspielräume langfristig absichern. Nach dieser Leitlinie haben wir uns bei der Frage der Verwendung der UMTS-Einnahmen ausgerichtet. Die durch die Tilgung entstehenden Zinsersparnisse von rund 5 Milliarden DM wollen wir vorrangig für Zukunftsin- vestitionen einsetzen, die auch den neuen Ländern zugute kommen. Für die Umweltpolitik ist es ein großer Erfolg, dass neben Bildung und Forschung ein Löwenanteil für ökologische Investitionen zur Verfügung gestellt wird. Die Grünen haben sich schon immer für die Bahn stark gemacht. Daher freuen wir uns, dass die Mittel für die Schiene um 2 Milliarden DM aufgestockt wurden. Mit diesen Mitteln können wir sofort mit der Beseitigung von Langsamfahrstellen im Bestandsnetz beginnen. Die ehe- mals 200 Langsamfahrstellen sind auf über 1000 ange- wachsen. Dies hat verheerende Auswirkungen auf den Fahrplan und die Attraktivität der Bahn. Um die Zukunft der Bahn sicherzustellen, besteht hier ein dringender Handlungsbedarf. Ein ebenso dringender ökologischer Handlungsbedarf besteht bei der Energieeinsparung in Altbauten. Wie die Eisflächen am Nordpol zeigen, ist derzeit der Klimawan- del die größte umweltpolitische Herausforderung der Menschheit.Um unser Klimaziel zu erreichen, die C02-Emissionen bis 2005 gegenüber 1990 um 25 Prozentzu reduzieren, muss insbesondere der Trend zu steigenden C02-Emissionen im Bereich der privaten Haushalte ge-brochen und umgekehrt werden. Auch hier gilt, Durch- wursteln wie bei der alten Regierungskoalition geht nicht mehr.Daher legen wir in den nächsten Wochen mit einem Teil der Zinsersparnisse ein Altbausanierungsprogramm auf, mit dem wir die Trendumkehr erreichen. Wie beim Schuldenberg wollen wir auch hier einen Kurswechsel und nicht einfach die derzeitige Situation hinnehmen. Die Modernisierung Deutschlands im Sinne nachhalti- ger Politik ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, die nur von allen staatlichen Ebenen gemeinsam bewältigt werden kann. Gerade für die neuen Länder sind Konzepte zu ent- wickeln, die gesamtstaatlich auch umsetzbar sind. Im Rahmen der nun anstehenden Diskussion zur Neuord- nung des Länderfinanzausgleichs und zur Fortsetzung des Solidarpakts wollen wir uns daher dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für die kommunalen Investitio- nen in den neuen Ländern nachhaltig verbessert werden. Mit der einmaligen Bereitstellung von 3 Milliarden DM ist den neuen Ländern nicht gedient. Hier benötigen wir vielmehr einen langen Atem. Gerhard Schüßler (F.D.P.): Das Anliegen, das dem Antrag der PDS zu Grunde liegt, ist nachvollziehbar und verdient im Grundsatz Unterstützung. Die ausreichende finanzielle Ausstattung der Gemeinden muss sichergestellt werden. Wir erleben viel zu oft, dass auf Bundes- oder Landesebene Gesetze beschlossen oder sonstige Maßnah- men getroffen werden, die zum Teil gravierende Auswir- kungen auf die kommunalen Finanzen haben. Trotzdem wird die F.D.P. dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen. Ich will das begründen: Grundsätzlich ist die finanzielle Ausstattung der Gemeinden Länderangele- genheit. Eine kommunale Investitionspauschale, die ich grundsätzlich begrüße, muss von den Ländern beschlossen werden. Die Belange der ostdeutschen Gemeinden, die die PDS insbesondere anspricht, sollten eine wichtige Rolle im Rahmen des Solidarpaktes II spielen. Adressat dieser Forderung sind Bund und Länder. So weit zu diesem Antrag. Die Finanzverfassung und damit auch die finanzielle Ausstattung der Kommunen sind viel grundsätzlicher an- zugehen. Es wird immer weniger akzeptiert, dass zum Bei- spiel der Bund Gesetze beschließt, deren finanzielle Aus- wirkungen die Gemeinden zwar tragen müssen, dafür aber nicht genug Finanzzuweisungen von den Ländern erhal- ten. Auch ist das Geflecht von öffentlichen Aufgaben und Ausgaben mittlerweile undurchdringlich und unverständ- lich geworden. Im Rahmen des neu zu regelnden Länder- finanzausgleichs sollte daher nach Auffassung der F.D.P. auch die Finanzverfassung reformiert werden. Ziel dabei muss sein, die Aufgaben, die Ausgaben, aber auch die Ein- nahmen der verschiedenen Gebietskörperschaften zu ent- zerren. Bund, Länder und Gemeinden müssen wissen, mit welchen Ausgaben und mit welchen Einnahmen sie zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14191 (C) (D) (A) (B) rechnen haben. Damit verträgt sich nicht das hochkompli- zierte Gefüge aus Gemeinschaftsaufgaben. Wir haben jetzt die einmalige Gelegenheit, unser Finanzsystem grundle- gend zu reformieren. Wir sollten diese Chance nutzen. Anlage 6 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 757. Sitzung am 1. De- zember 2000 beschlossen, gemäß Artikel 76 Absatz 2 Grundgesetz gegen den folgenden Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vor- schriften auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zi- vil- und Handelssachen Der Bundesrat hat in seiner 758. Sitzung am 21. De- zember 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zurEinführung einerEntfernungspauschale – Fünftes Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsge- setzes – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) – Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrecht- lichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeits- entgelt (Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz) – Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Ar- beitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschrif- ten (4. Euro-Einführungsgesetz) – Gesetz zur Einführung einer Vergütung der Mineralöl- steuer für die Land- und Forstwirtschaft (Agrardiesel- gesetz – AgrdG) – Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsge- setzes, insbesondere zur Durchführung der EG- Richtlinie 98/78/EG vom 27. Oktober 1998 über die zusätzliche Beaufsichtigung der einerVersicherungs- gruppe angehörenden Versicherungsunternehmen sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errich- tung eines Fonds „Deutsche Einheit“ und des Geset- zes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern – Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ver- besserung der betrieblichen Altersversorgung – Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimm- rechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) – Gesetz zu dem Gemeinsamen Protokoll vom 21. Sep- tember 1988 über die Anwendung des Wiener Über- einkommens und des Pariser Übereinkommens (Ge- setz zu dem Gemeinsamen Protokoll über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens) – Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes ((Neuntes) Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes) – Gesetz über die Zusammenlegung des Bundesamtes fürWirtschaft mit dem Bundesausfuhramt – Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikati- onseinrichtungen (FTEG) – Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2001 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2001) – Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeits- verträge und zur Änderung und Aufhebung ar- beitsrechtlicher Bestimmungen Der Bundesrat hat in seiner 758. Sitzung am 21. De- zember 2000 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bun- destag am 16. November verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Ent- schließung gefasst: Da das Gesetz in vielen Unternehmen die Betriebsor- ganisation, die betrieblichen Abläufe und die Kostensitua- tion beeinflussen kann, wird die Bundesregierung gebeten, dessen Wirkungen zu überprüfen und zwei Jahre nach In- Kraft-Treten des Gesetzes einen entsprechenden Bericht vorzulegen. In die Überprüfung sollte neben der Beschäf- tigungswirkung insbesondere einbezogen werden, ob – durch die Festlegung des Schwellenwertes auf 15 Ar- beitnehmer in § 8 Abs. 7 Kleinbetriebe mit bis zu 50 Arbeitnehmern übermäßig belastet werden, – aus Gründen der Rechtsklarheit eine Bezugnahme auf Vollzeitarbeitnehmer (statt Arbeitnehmer) in § 8 Abs. 7 erfolgen sollte, – die in § 8 Abs. 4 genannten betrieblichen Gründe ge- eignet sind, eine flexible und effektive Betriebsorga- nisation zu entwickeln bzw. beizubehalten und – die Regelung des § 7 Kleinbetriebe unzumutbar be- lastet. Der Bundesrat hat in seiner 758. Sitzung am 21. De- zember 2000 beschlossen, der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1999 (Jahresrechnung 1999) auf- grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes Ent- lastung gemäß Artikel 114 des Grundgesetzes und § 114 der Bundeshaltsordnung zu erteilen. Die Fraktion der F.D.P. hat mit Schreiben vom 16. Ja- nuar 2001 den Antrag „Wehrpflicht aussetzen“ – Druck- sache 14/4968 – zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 22 – Eisenbahnen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114192 (C) (D) (A) (B) des Bundes – Titel 639 01 – Erstattungen von Verwal- tungsausgaben des Bundeseisenbahnvermögens – – Drucksachen 14/4295, 14/4440 Nr. 1.2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgaben im Einzelplan 23 a) Kapitel 23 02 Titel 836 02 – Beteiligung der Bundes- republik Deutschland an Einrichtungen der Welt- bankgruppe – b) Kapitel 23 02 Titel 896 09 – Entwicklungswichtige, multilaterale Hilfen im Rahmen internationaler Ver- einbarungen zum weltweiten Umweltschutz – – Drucksachen 14/4296, 14/4440 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 02 Titel 686 05 – Beiträge an nationale und internationale Organisatio- nen – bis zur Höhe von 14 200 TDM – Drucksachen 14/4297, 14/4440 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Weitere überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 05 02 Ti- tel 686 30 – Beitrag an die Vereinten Nationen – Drucksachen 14/4476, 14/4571 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 646 21 – Erstattung von Aufwendungen der BfA aufgrund der Überführung von Zusatzversorgungssystemen in die Rentenversicherung in den neuen Ländern (einschließ- lich ehemaliges Ost-Berlin) – Drucksachen 14/4477, 14/4571 Nr. 1.5 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapi- tel 11 13 Titel 656 26 – Beteiligung des Bundes in der knappschaftlichen Rentenversicherung – Drucksachen 14/4663, 14/4864 Nr. 1 – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Unterrichtung durch die Bundesregierung Berichte für die Europäische Kommission zur Umset- zung des Europäischen Sozialfonds in der Bundesrepu- blik Deutschland – Zeitraum 1997 bis 1999 – hier: Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt – Drucksachen 14/4091, 14/4308 Nr. 1.1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-gen bzw. Unterrichtungen durch das europäische Parla-ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratungabgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/4092 Nr. 2.1 Drucksache 14/4092 Nr. 2.2 Drucksache 14/4170 Nr. 1.4 Drucksache 14/4170 Nr. 1.10 Drucksache 14/4170 Nr. 1.11 Drucksache 14/4170 Nr. 1.12 Drucksache 14/4170 Nr. 2.16 Drucksache 14/4170 Nr. 2.19 Rechtsausschuss Drucksache 14/272 Nr. 17 Drucksache 14/2009 Nr. 2.7 Drucksache 14/3341 Nr. 2.37 Drucksache 14/3723 Nr. 2.1 Drucksache 14/4092 Nr. 1.3 Drucksache 14/4170 Nr. 1.5 Drucksache 14/4170 Nr. 2.45 Drucksache 14/4170 Nr. 2.81 Drucksache 14/4309 Nr. 1.18 Finanzausschuss Drucksache 14/4170 Nr. 2.34 Drucksache 14/4309 Nr. 1.20 Drucksache 14/4441 Nr. 1.15 Drucksache 14/4570 Nr. 2.7 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/3859 Nr. 2.28 Drucksache 14/4170 Nr. 2.28 Drucksache 14/4170 Nr. 2.35 Drucksache 14/4170 Nr. 2.42 Drucksache 14/4170 Nr. 2.74 Drucksache 14/4441 Nr. 1.10 Drucksache 14/4441 Nr. 1.14 Drucksache 14/4441 Nr. 1.25 Drucksache 14/4441 Nr. 1.27 Drucksache 14/4441 Nr. 1.29 Drucksache 14/4570 Nr. 1.3 Drucksache 14/4570 Nr. 2.4 Drucksache 14/4570 Nr. 2.5 Drucksache 14/4570 Nr. 2.6 Drucksache 14/4570 Nr. 2.18 Drucksache 14/4570 Nr. 2.19 Drucksache 14/4570 Nr. 2.21 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/4570 Nr. 2.17 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 14/1188 Nr. 1.1 Drucksache 14/1188 Nr. 2.6 Drucksache 14/1579 Nr. 1.6 Drucksache 14/1579 Nr. 2.2 Drucksache 14/3428 Nr. 2.24 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/4309 Nr. 1.32 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/3859 Nr. 2.3 Drucksache 14/4092 Nr. 1.2 Drucksache 14/4092 Nr. 2.4 Drucksache 14/4092 Nr. 2.5 Drucksache 14/4092 Nr. 2.6 Drucksache 14/4170 Nr. 2.30 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/4309 Nr. 1.9 Drucksache 14/4309 Nr. 1.25 Drucksache 14/4570 Nr. 2.8 Drucksache 14/4570 Nr. 2.9 Drucksache 14/4570 Nr. 2.10 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 2001 14193 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin Drucksache 14/4570 Nr. 2.11 Drucksache 14/4570 Nr. 2.15 Drucksache 14/4570 Nr. 2.16 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 14/4309 Nr. 1.6 Drucksache 14/4570 Nr. 1.6 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/3341 Nr. 2.11 Drucksache 14/3341 Nr. 2.19 Drucksache 14/3859 Nr. 2.20 Drucksache 14/4309 Nr. 1.41 Drucksache 14/4309 Nr. 1.45 Drucksache 14/4309 Nr. 1.49 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/3341 Nr. 1.1 Drucksache 14/4092 Nr. 2.10 Drucksache 14/4170 Nr. 2.29 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 144. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Januar 200114194 (C)(A)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Silvia Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrte Frau
    Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
    Zwanzig Jahre warten unsere Mitbürger und Mitbürgerin-
    nen mit Behinderungen und zwanzig Jahre warten Ver-
    bände und Interessenvertretungen schon auf ein Sozialge-
    setzbuch IX. Wir setzen das lang geforderte und längst
    überfällige Gesetz endlich um. Wir nehmen den Gleich-
    stellungsauftrag in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes
    und Art. XIII des Vertrages von Amsterdam nicht nur
    ernst, sondern sozialdemokratische Politik übernimmt
    hier eindeutig Verantwortung.


    (Beifall bei der SPD)

    Behinderte Menschen sind Experten in eigener Sache

    mit Fähigkeiten und Kompetenzen. Es gilt, Möglichkei-
    ten zu schaffen, damit diese endlich wahrgenommen wer-
    den können. Unser Entwurf eines SGB IX stellt einen
    massiven Wendepunkt in der Behindertenpolitik dar. Po-
    litik für behinderte Menschen wird durch Politik von und
    mit ihnen abgelöst. Das ist ein entscheidendes Ereignis
    und damit ereignet sich tatsächlich der geforderte Para-
    digmenwechsel. Dieser Entwurf, Herr Kolb, findet hohe
    Anerkennung bei allen betroffenen Verbänden.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Ich habe an einigen Diskussionen teilgenommen, bei denen das nicht so war!)


    – Lesen Sie bitte einmal in der Fachliteratur nach, welche
    Haltung die jeweiligen Verbände und Vereine einnehmen.
    Endlich finden wir in der Behindertenpolitik internatio-
    nalen Anschluss. Wir reagieren auf die Grundrech-
    te-Charta der EU und auf Diskussionen innerhalb der
    Weltgesundheitsorganisation um einen neuen Begriff der
    Behinderung.


    (Dr. Ilja Seifert [PDS]: Aber der ist doch nicht verwandt worden!)


    Meine Damen und Herren, liebe Mitbürger und Mit-
    bürgerinnen, im Mittelpunkt unseres Neuanfangs steht ein
    innovatives Rehabilitationsmanagement. Die einzu-
    richtenden Servicestellen sollen ein optimales Manage-
    ment im Sinne der behinderten Menschen garantieren.
    Unsere Behindertenpolitik ist eine Politik der Bewegung
    und der Weiterentwicklung.


    (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Deswegen das Leistungsgesetz!)


    Die Politik des Stillstandes, Herr Meckelburg, hat ein
    Ende.


    (Beifall bei der SPD – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wo ist denn das Leistungsgesetz?)


    – Warten Sie noch eine Weile! – Man denke nur an den
    letzten Entwurf unserer Vorgängerregierung zum
    SGB IX, der ohne Diskussion am grünen Tisch entstanden
    ist und 1993 von den Verbänden und Betroffenen zum
    größten Teil abgelehnt und verworfen wurde. Das sind
    wahrscheinlich die hohe Verantwortung und die hohen
    Ansprüche, die Sie, Frau Nolte, vorhin erwähnt haben.
    Die Betroffenen wollten Ihren Gesetzentwurf nicht. Die
    Ansprüche waren wahrscheinlich zu hoch.


    (Beifall bei der SPD)

    Seither sind von Ihnen nur Ankündigungen zu hören ge-
    wesen.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Wir haben 1994 mit Ihnen das Grundgesetz geändert, Frau Kollegin!)


    Wir haben das Gespräch mit den Verbänden und allen
    Beteiligten wieder aufgenommen. Unser Wahlverspre-
    chen und die Koalitionsvereinbarungen mündeten in Dis-
    kussionen mit den Betroffenen, Verbänden und Trägern,
    sie führten zu einer gemeinsamen Entwicklung der Eck-
    punkte und zu insgesamt sechs Arbeitsentwürfen zum
    SGB IX. In größtmöglicher partizipativer Demokratie ha-
    ben wir einen breiten Konsens erreicht. In diesem Sinne
    appelliere ich an Sie, meine Damen und Herren, die bei
    der Realisierung und Umsetzung des SGB IX mit in der
    Verantwortung stehen, mitzuarbeiten. Damit meine ich
    ausdrücklich auch die verehrten Kolleginnen und Kolle-
    gen von der Opposition.

    Die Teilhabe von behinderten Menschen ist eine ge-
    samtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht durch inter-
    fraktionelle Grabenkämpfe blockiert werden. Gemeinsam
    und im Sinne eines breiten gesellschaftlichen Konsenses
    müssen wir innovative Wege beschreiten. Es ist fatal, kon-
    traproduktive Ängste zu schüren, wo Lösungen gefragt
    sind. So gehen wir davon aus, dass die Umsetzung des
    SGB IX die Kommunen langfristig nicht zusätzlich be-
    lasten wird. Mittelfristig wird sie die Kommunen sogar
    entlasten. Die Entbürokratisierung, das heißt verkürzte
    Bearbeitungszeiten, werden dazu führen, dass Kosten ein-
    gespart werden.

    Natürlich bedaure ich, dass das Problem des Rückgriffs
    auf das Privatvermögen im Sozialhilferecht noch nicht
    umfassend gelöst ist. Das werden wir aber erst mit einer
    generellen Reform der Sozialhilfe ändern können.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Am SanktNimmerleins-Tag!)


    Aber der erste Schritt ist bereits getan: Die Bedürftigkeits-
    prüfung bei Leistungen der Sozialhilfeträger zur medizi-
    nischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben
    einschließlich der Leistungen im Arbeitsbereich aner-
    kannter Werkstätten entfällt.

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz zwei
    Beispiele aus unserem Gesetzentwurf hervorheben, die




    Dr. Ilja Seifert

    14141


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    zeigen, dass sich eine bürgernahe Modernisierung des So-
    zialstaates an den Bedürfnissen und Nachfragen behin-
    derter Menschen orientiert und nicht an den Anbietern so-
    zialstaatlicher Leistungen.

    Das Anliegen der Betroffenen wird zukünftig im Mit-
    telpunkt stehen. In Diskussionsrunden und in einem regen
    Meinungsaustausch und nicht zuletzt in unseren Werk-
    stattgesprächen haben wir die Berücksichtigung besonde-
    rer Probleme und Bedürfnisse von behinderten Frauen
    im Gesetzentwurf festgeschrieben.


    (Beifall bei der SPD)

    Die Zeiten, in denen Frauen Bittstellerinnen und Almosen-
    empfängerinnen waren, angewiesen auf soziale Brotkru-
    men einer Wohlstandsgesellschaft, sind mit dem von uns
    eingeleiteten Paradigmenwechsel in der Behindertenpoli-
    tik endlich vorbei.


    (Beifall bei der SPD)

    Unsere sozialdemokratische Reformpolitik setzt auf das
    Prinzip des Empowerments. Betroffene Frauen werden zu
    Expertinnen in eigener Sache und damit zu Beteiligten.


    (Beifall bei der SPD – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Hatten Sie jetzt schon etwas zum Leistungsgesetz gesagt?)


    Die Interessenvertretungen behinderter Frauen werden in
    allen beratenden Gremien mitbestimmen, Herr Meckelburg.
    Behinderte Frauen mit Erziehungspflichten erhalten einen
    Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit und einen Rechtsan-
    spruch auf Arbeitsassistenz. Behinderte Frauen werden in
    Zukunft durch geeignete wohnortnahe Angebote gleiche
    Chancen im Erwerbsleben erhalten. Betroffene Frauen se-
    hen sich im täglichen Leben immer noch ständig mit
    Diskriminierungen konfrontiert. Rollstuhlfahrerinnen
    schilderten mir sexuelle Belästigungen. Um es ganz deut-
    lich zu sagen: Diese Frauen können ihre unerträgliche
    Hilflosigkeit und ihre Ängste kaum verarbeiten. Die Er-
    weiterung des Rehabilitationssportes ist nur eine der zahl-
    reichen Möglichkeiten, diese Frauengruppe zu unterstüt-
    zen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

    Es wurde vorhin das Stichwort „Leistungsgesetz“ in
    die Debatte eingebracht. Am Rande bemerkt – die eben
    angesprochenen Leistungen sind ebenfalls zusätzliche
    Leistungen –: Es wird auch Mittel für Haushaltshilfen und
    für Reise- und Verpflegungskosten geben.

    Abschließend möchte ich noch auf ein Kernstück un-
    seres Reformwerkes, nämlich auf die Früherkennung
    und Frühförderung als Komplexleistung, eingehen.
    Erstmals sind nicht ärztliche psychologische, heilpädago-
    gische, sozialpädiatrische und psychosoziale Leistungen,
    verbunden mit der Beratung von Eltern, in der medizini-
    schen Rehabilitation möglich. Die Resonanz auf § 30, der
    einen deutlichen Richtungswechsel aufzeigt, ist nicht nur
    bei allen Verbänden und in der Fachwissenschaft, sondern
    gerade auch bei den betroffenen Eltern äußerst positiv.
    Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis.

    Herr Kolb, in diesem Zusammenhang möchte ich er-
    wähnen, dass der neue § 40 a BSHG eindeutig klarstellt,
    dass die Eingliederungshilfe in einer Behindertenein-

    richtung die Pflege mit umfasst. Damit hat das Abschie-
    ben von Schwerstbehinderten in Pflegeheime endlich ein
    Ende. Verschiebebahnhöfe wird es nicht mehr geben.


    (Beifall bei der SPD – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das grundsätzliche Abgrenzungsproblem haben Sie damit nicht gelöst! – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das werden wir prüfen!)


    – Prüfen Sie das!
    Unsere behinderten Mitbürger und Mitbürgerinnen,

    auch Menschen mit temporärer Behinderung und ältere
    Menschen, werden nicht mehr in die Rolle der Hilfesu-
    chenden gedrängt; denn das Leitmotiv sozialdemokrati-
    scher Behindertenpolitik ist: Teilhabe und Selbstbestim-
    mung sowie Bürgerrechte für alle.

    Lassen Sie uns den eingeschlagenen Weg gemeinsam
    gehen, damit Integration und Selbstbestimmung behin-
    derter Menschen nicht nur ein Versprechen ist, sondern
    zur Selbstverständlichkeit in unserer Zivilgesellschaft
    wird.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat nun der
Kollege Matthäus Strebl, CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Matthäus Strebl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Sehr geehrte Frau Prä-
    sidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei
    der Gestaltung eines Sozialgesetzbuches IX – Rehabilita-
    tion und Teilhabe behinderter Menschen – darf es, so
    möchte ich feststellen, für uns alle, unabhängig von der
    Fraktionsangehörigkeit, nur ein Leitmotiv geben: Wie
    können die Beteiligungschancen der rund 7 Millionen be-
    hinderten Menschen deutlich verbessert werden? Was
    können wir für die Mitwirkungsmöglichkeiten ihrer An-
    gehörigen tun?

    Weit mehr als die Hälfte der Betroffenen ist aus Krank-
    heitsgründen schwerbehindert. Die deutlich verlängerte
    Lebenszeit führt dazu, dass das Risiko der Behinderung
    und der Pflegebedürftigkeit weiter zunimmt. Auch der
    Rehabilitationsbedarf wird sich erhöhen. Die von CDU/
    CSU und F.D.P. geführte Bundesregierung hatte bereits
    erste Antworten darauf gegeben: das verfassungsrechtli-
    che Diskriminierungsverbot von 1994 und die Pflege-
    versicherung von 1995.

    Ich hatte gehofft, dass wir auf dieser Basis das SGB IX
    gemeinsam aufbauen würden. Doch Ihre Signale waren
    gänzlich andere – dazu will ich eine kurze Rückschau hal-
    ten –, wie ich auch der bisherigen Debatte entnehmen
    konnte: Sie verschieben Kosten der Krankenversicherung
    auf die Pflegeversicherung, senken massiv die Beiträge
    von Arbeitslosen zur Pflegeversicherung und verursachen
    dadurch jährliche Verluste von etwa 400 Millionen DM
    bei der Pflegeversicherung.


    (Gerald Weiß [Groß-Gerau] [CDU/CSU]: So ist es!)





    Silvia Schmidt (Eisleben)

    14142


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die unter Norbert Blüm – daran möchte ich erinnern –
    komfortabel aufgebauten Rücklagen drohen nun von
    Walter Riester verscherbelt zu werden. Doch Sie spielen
    beim SGB IX weiter auf Zeit: Noch im Wahlkampf 1998
    haben Sie den Menschen ein Leistungsgesetz des Bundes
    versprochen, das – ich zähle jetzt die einzelnen Punkte
    auf – die Rechtslage wesentlich vereinfachen, mehr Über-
    schaubarkeit und Effizienz sicherstellen und die Lage der
    betroffenen Menschen verbessern sollte.


    (Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD]: Das macht es auch!)


    Falls Sie es nicht wissen sollten: Heute sind wir im drit-
    ten Amtsjahr Ihrer Regierung. Was vorliegt, ist viel Pa-
    pier. Aber von den hehren Absichten ist wenig übrig ge-
    blieben. Es ist ebenfalls festzustellen: Von der rot-grünen
    Koalition wird bisher eine Behindertenpolitik mit be-
    schränkter Hoffnung betrieben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich wiederhole: Im Bundestagswahlkampf von 1998 ha-
    ben Sie den Menschen ein Bundesleistungsgesetz ver-
    sprochen.


    (Adolf Ostertag [SPD]: Was habt ihr eigentlich 16 Jahre lang gemacht?)


    Mit Ihrer Vorlage zementieren Sie aber weitgehend die
    bestehenden Verhältnisse, die von allen Seiten unstrittig
    als dringend reformbedürftig angesehen werden, verehrte
    Frau Kollegin Schmidt. Sie nehmen zumeist nur kleine
    Veränderungen im Eingliederungsrecht vor, eine Prosa
    – so möchte ich feststellen – mit vielen Worten und klei-
    nen Taten.

    Im Bundestagswahlkampf 1998 versprachen Sie weni-
    ger Bürokratie und mehr Effizienz. In Ihrer Vorlage for-
    dern Sie den Aufbau neuer Behördenstrukturen, die neben
    den bestehenden Organisationen arbeiten sollen. Völlig
    unklar sind der Status und die Kompetenzen, die dieser
    Quasibehörde zugestanden werden sollen. Arbeiten Sie
    neben vorhandenen Einrichtungen oder mit diesen zu-
    sammen? Das ist hier die Frage.

    Unter dem Strich stelle ich daher fest: Nicht weniger,
    sondern mehr Bürokratie ist das Ergebnis Ihrer so ge-
    nannten Reform. Der VDR rechnet allein mit rund
    300 Millionen DM an zusätzlichen Verwaltungskosten.
    Ich fordere Sie auf: Geben Sie dieses Geld den Betroffe-
    nen und den Verbänden, statt es in eine neue Bürokratie
    fließen zu lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies wäre eine wirkliche Verbesserung der Beteiligungs-
    chancen behinderter Menschen.

    Wir haben in Bayern sehr frühzeitig mit den Betroffe-
    nen und ihren Verbänden über das heutige Projekt ge-
    sprochen. Im Frühjahr des Jahres 2000 haben wir in Mün-
    chen eine Anhörung dazu durchgeführt, verehrte Frau
    Kollegin Schmidt. Alle eingeladenen Verbände – Caritas,
    Blindenbund, die Lebenshilfe, die Diakonie, das Rote
    Kreuz, um nur einige zu nennen – haben uns klare Vor-
    stellungen mitgegeben. Sie wünschen ein einheitliches
    Bundesleistungsgesetz, das die behindert geborenen und

    die später von Behinderung betroffenen Menschen ohne
    Bedürftigkeitsprüfung und Rückgriff auf Vermögens-
    werte gleichstellt. Viele Menschen mit Behinderung oder
    auch chronisch erkrankte Menschen empfinden die Ein-
    kommens- und Vermögensprüfung nach dem Sozial-
    hilferecht zu Recht als diskriminierend.

    Ich sage es noch einmal ausdrücklich: Wir unterstützen
    Sie bei der Gestaltung eines einheitlichen Leistungsgeset-
    zes, wie Sie es vor der Wahl versprochen haben. Handeln
    Sie jetzt, sonst fühlen sich die Verbände und der be-
    troffene Personenkreis von Ihnen getäuscht und ent-
    täuscht.

    Die Betroffenenverbände wünschen eine größere
    Überschaubarkeit und eine Vereinfachung des Behinder-
    tenrechts. Weiter sollten die Anspruchsvoraussetzungen
    bei den verschiedenen Trägern vereinfacht und harmoni-
    siert werden. Dies kann ich bei den über 300 Seiten, die
    uns von Ihnen geliefert wurden, nicht feststellen. Schaf-
    fen Sie keine neuen Hürden, sondern verfahren Sie nach
    dem Modell, dass die vorhandenen Einrichtungen ver-
    netzt werden und stärker kooperieren. Danach sollte die
    erste angelaufene Station gemeinsam mit dem Betroffe-
    nen ein Konzept erarbeiten und dieses dann mit dem Re-
    habilitationsträger abstimmen. Das funktioniert aber nur
    mit einem einheitlichen Bundesleistungsgesetz, weil
    sonst wieder Abgrenzungsprobleme und Rechtsirritatio-
    nen auftreten werden.

    Alle Verbände, die wir angehört haben, waren sich
    darin einig, dass es bei der zu erwartenden demographi-
    schen Entwicklung keine Deckelung der bisherigen Aus-
    gaben geben darf, wenn nicht notwendige Leistungen ge-
    strichen und das heutige Hilfeniveau für die behinderten
    Menschen unterlaufen werden sollen.

    Verehrte Frau Kollegin Schmidt, schon bei der Budge-
    tierung im Gesundheitswesen haben Sie den Kern einer
    Zweiklassenmedizin gelegt. Ich bin gespannt, wie die
    neue Bundesgesundheitsministerin in Zukunft hier ver-
    fahren wird. Das gleiche Schicksal droht nun auch bei den
    Beteiligungschancen behinderter Menschen.

    Die Union und auch die CDU/CSU-Fraktion wollen
    ein neues SGB IX. Wir sind bereit, im Deutschen Bun-
    destag, aber auch mit den Bundesländern dafür zu streiten
    und unseren Teil dazu beizutragen, dass zwischen Bund
    und Ländern eine faire Finanzierung vereinbart wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)