Rede von
Albert
Deß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Nickels, Sie sollten zur
Kenntnis nehmen, dass es der bayerischen Staatsministe-
rin darum gegangen ist, zu klären, wer die Kosten für die
Herausnahme dieser Risikomaterialien übernimmt.
Sie sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass die Umwelt-
ministerin von Nordrhein-Westfalen – soweit ich weiß,
gehört sie zu Bündnis 90/Die Grünen – dieser Bundesre-
gierung vorgeworfen hat, beim Thema BSE zwei Jahre
verschlafen zu haben.
Bevor Minister Funke noch mehr bäuerliche Betriebe
versenkt, soll er lieber selber von Bord gehen; andernfalls
geht das ganze Agrarschiff unter. Der Bundeskanzler kann
bei den Themen Osterweiterung und WTO zeigen, ob er
seinen Worten Taten folgen lässt. Vor den Verhandlungen
zur Agenda 2000 hat er ebenfalls große Töne gespuckt;
umgesetzt hat er aber nichts.
Ich fordere alle politisch Verantwortlich dazu auf, über
Parteigrenzen hinweg an einem besseren europäischen
Agrarmodell zu arbeiten.
Unsere Bauern dürfen nicht den Globalisierungsstrategien
geopfert werden. In der Rede von Frau Höfken waren
durchaus Ansätze, denen ich nicht widerspreche.
Die von vielen zum neuen Glaubensbekenntnis erhobene
Globalisierungsstrategie hat bisher vor allem im Agrarbe-
reich weltweit Schäden hinterlassen. Wir brauchen ein
Denken in regionalen Kreisläufen, um dem Würgegriff der
Agrarindustrie zu entkommen. Nachhaltigkeit muss im
Vordergrund stehen. Wie sagte doch der frühere EU-Präsi-
dent Santer:
Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die BSE-Krise
wirklich ein Unfall der Natur ist. Ist die BSE-Ge-
schichte nicht vielmehr die Folge eines Landwirt-
schaftsmodells, das auf Produktivität um jeden Preis
ausgerichtet ist?
Die Konsequenzen dieser Produktionsweise zu mini-
malen Kosten setzen die Grundgesetze der Natur außer
Kraft und führen letztendlich zu höheren Belastungen für
die Gesellschaft. Insofern hat der Kommissionspräsident
Recht, aber umgesetzt hat er von dem, was er gesagt hat,
leider nichts.
Wir sollten heute gemeinsam darüber nachdenken, ob es
für unsere Bauern zumutbar ist, dass sie zu Preisen produ-
zieren müssen, die unter den Preisen vor 30 oder 40 Jahren
liegen. Ein durchschnittlicher Industriearbeiter musste, um
6Kilogramm verschiedene Grundnahrungsmittel – ich will
jetzt die einzelnen aus Zeitgründen nicht aufzählen – kau-
fen zu können, 1960 acht Stunden und 20 Minuten arbei-
ten, dagegen 1997 – von diesem Jahr habe ich die letzten
statistischen Zahlen – nur noch zwei Stunden und neun Mi-
nuten.
Eines muss man hier sagen: Eine Ernährung zum Null-
tarif kann es nicht geben. Wenn wir eine Lehre aus der jet-
zigen Krise ziehen, dann die, dass wir gemeinsam daran ar-
beiten müssen, in Europa ein Agrarmodell zu
verwirklichen, durch das unsere Bauern eine Chance und
unsere Verbraucher sichere Nahrungsmittel erhalten. Das
muss unser gemeinsames Ziel sein.