Rede:
ID1413604400
ID1413604400
insert_comment
Metadaten- insert_drive_fileAus Protokoll: 14136
- date_rangeDatum: 29. November 2000
- access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr
- av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:15 Uhr
- fingerprintRedner ID: 11000611
- perm_identityRednertyp: Präsident
- short_textOriginal String: Vizepräsidentin Anke Fuchs: info_outline
- record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0
- subjectLänge: 9 Wörter
-
sort_by_alphaVokabularVokabeln: 9
- Ich: 1
- erteile: 1
- das: 1
- Wortdem: 1
- Bundesminister: 1
- des: 1
- Auswärtigen,: 1
- Herrn: 1
- JosephFischer.: 1
-
tocInhaltsverzeichnisBegrüßung des schweizerischen Bundespräsi- denten und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölke- rungsschutz und Sport, Herrn Bundesrat Adolf Ogi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 D Tagesordnungspunkt III (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13187 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13187 B Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/4504, 14/4521) . . . . . . . 13187 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13197 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13210 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13214 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13236 A Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 13239 D Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13241 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13242 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13242 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/4505, 14/4521) . . . . . . . 13245 A Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13245 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13247 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13251 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13253 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 13255 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13256 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 13262 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 13263 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . 13265 D Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/4513, 14/4521) . . . . . . . 13267 A Plenarprotokoll 14/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 I n h a l t : Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13267 C Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 13273 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13276 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13277 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 13280 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13281 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 13283 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13285 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13290 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13291 B Namentliche Abstimmungen 13293 A, 13293 A, 13298 B Ergebnisse . . . . . . 13293 D, 13296 A, 13301 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 14/4509, 14/4521) . . . . . . . 13298 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13298 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13306 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13308 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 13312 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . 13314 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13316 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13316 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13319 B Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13320 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/4517, 14/4521) . . . . . . . 13322 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13322 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13324 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 13325 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13327 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13329 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13332 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 13333 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 13335 B Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13337 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13339 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums der Verteidigung (Tagesordnungs- punkt III. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussem- pfehlung des Haushaltsausschusses zum Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Tagesordnungspunkt III. 16) 13340 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
-
folderAnlagenDeutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 Klaus-Jürgen Hedrich 13338 (C) (D) (A) (B) Berichtigungen 133. Sitzung, Seite 12861 (D) zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Diese 3,5 Millionen DM sind insofern verstetigt, als sie einen Ver- trag zwischen zwei förderalen Institutionen – zwischen Bund und Land – betreffen und Personalkosten sind.“ 135. Sitzung, Seite 13152 (B) vierter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb habe ich Herrn Austermann im Ohr, der vorhin behauptet hat, wir würden im Interesse der Haushaltskonsolidierung keine Ausgaben- beschränkung vornehmen, keine Ausgabendisziplin üben.“ 135. Sitzung, Seite 13155 (D) erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Also lassen Sie das doch mit der Leitgeschichte und bleiben Sie bes- ser bei Herrn Stoiber, der zu Recht auf Bayerisch gesagt hat: D’Leit brauch’n a Kultur.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 13339 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 29.11.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 29.11.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 29.11.2000* Klaus Burchardt, Ursula SPD 29.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.11.2000 Frick, Gisela F.D.P. 29.11.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 29.11.2000 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 29.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 29.11.2000 Kramme, Anette SPD 29.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.11.2000* Erich Müller (Berlin), PDS 29.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 29.11.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 29.11.2000 Schenk, Christina PDS 29.11.2000 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 Irmingard DIE GRÜNEN von Schmude, Michael CDU/CSU 29.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Wiese (Hannover), SPD 29.11.2000 Heino Wohlleben, Verena SPD 29.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 29.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist von der ihm zustehenden Beratung und Entscheidung über die Ausrichtung und Struktur einer reformierten Bundeswehr praktisch enteignet worden. Dieses vorde- mokratische Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deut- schen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es zum einen darum, dass ich eher aus der Presse als aus den dafür zuständigen Gremien über Vor- haben der Privatisierung und Wirtschaftskooperation er- fahre, deren Implikationen im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemes- senen parlamentarischen Beurteilung unterworfen wer- den. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel ge- genüber den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Würde des Parlaments. Zum anderen: Der in der Verfassung festgeschriebene Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung. Wenn jetzt der Fokus auf „Bündnisverteidigung“ erwei- tert bzw. verlagert wird, bedeutet das statt einem Abbau der angriffsfähigen Verbände einen Ausbau der Krisenre- aktionskräfte. Die Armee wird auf Interventionsfähigkeit umgebaut – warum und für was? Auch der Kosovo-Krieg wäre nach offizieller Diktion unter „Bündnisverteidi- gung“ subsumiert worden, die aktuelle NATO-Strategie – übrigens genau wie die Bundeswehrstrukturreform zwar von tief greifender Bedeutung, aber ohne parlamen- tarische Befassung – geht von militärischen Präventiv- schlägen – zum Beispiel zur „Vermeidung von Flücht- lingströmen“ – aus. An ein UN-Mandat als Voraussetzung ist eine solche Intervention nicht gebunden. Auf der europäischen Ebene wird eine gemeinsame Truppe gebildet – ebenfalls wie die Bundeswehrstruk- turreform und die NATO-Strategie nicht einmal Gegen- stand von Beratungen, geschweige denn transparenter Entscheidung im Parlament! In wieweit dies zusätzliches Personal bedeutet, kann ich zurzeit nicht verifizieren, scheint mir aber gerade wegen der Notwendigkeit, bei Krisenreaktionskräften in regelmäßigen Abständen die Kräfte auszutauschen, sehr wahrscheinlich. Mit Sicher- heit bedeutet es zusätzliche Ausrüstung, damit ein Wei- terdrehen der Rüstungsspirale statt des überfälligen Ausstiegs. „Die Krisenreaktionstruppe soll durch um- fangreiche Lufttransport- und Logistik-Einheiten ergänzt werden. Die Truppe soll für Einsätze von über einem Jahr in bis zu 4 000 Kilometern Entfernung bereitstehen“ heißt es in einer Agenturmeldung vom 22. September 2000. Ei- nen so weit gestreckten Aktionsradius kann ich mit mei- nem Verständnis von Landesverteidigung nicht vereinba- ren und muss schon deshalb gegen ein solches Projekt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend ma- chen. An der europäischen Truppe hat der Verteidigungsmi- nister eine erhebliche Beteiligung zugesagt, Deutschland würde nach bisherigem veröffentlichten Stand gar den Löwenanteil übernehmen. In der Öffentlichkeit führt das zu besorgten Äußerungen – „Spiegel“, 48/2000 –: „Bei künftigen Krisen in Europa werden die Amerikaner ‚Ger- mans to the front’ rufen, anstatt eigene Spezialkräfte zu schicken. Und EU-Partner werden die starken Deutschen bei militärischen Abenteuern gern und womöglich oft um Hilfe bitten. Eine Berliner Regierung, die zudem offensiv einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebt, könnte kaum noch nein sagen.“ Das sind Parameter für eine deutsche Militärpolitik, die ich nicht mittragen kann und will. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist mit der Entscheidung über die Ausrichtung und Struk- tur einer reformierten Bundeswehr nicht befasst worden. Dieses Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deutschen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es unter anderem darum, dass die Impli- kationen der Vorhaben der Privatisierung und Wirt- schaftskooperation im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemessenen parlamentarischen Beurteilung unterworfen werden. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel gegen- über den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Aufgabe des Parlaments. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 200013340 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
-
insert_commentVorherige Rede als Kontext
Rede von: Unbekanntinfo_outline
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die Regie-
rungsbank: liebe Grundwehrdienstleistende! Diese An-
rede drängte sich mir förmlich auf, nachdem ich gelesen
hatte, dass Staatsminister Naumann seine Zeit in der Re-
gierung als „Grundwehrdienst“ bezeichnet hat. Er ließ al-
lerdings offen, wer in der Regierung die Generale und wer
die Feldwebel sind.
(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Er wurde bestenfalls als Gefreiter entlassen!)
Da kann jeder seiner Fantasie freien Lauf lassen. Notfalls
werden wir das aus der „Zeit“ erfahren.
Nach meinem Geschmack war die bisherige Haus-
haltsdebatte – die Diskussion über Außenpolitik beziehe
ich in diese Aussage extra nicht ein – gerade vonseiten der
CDU mit einem Übermaß an Folklore und mit wenigen
Alternativen versehen. Der Bundeskanzler hat das
Gerücht aufgebracht, dass sich der Kollege Glos dem
Marxismus zuwende. Wenn Herr Glos Marxist wird, dann
– das möchte ich festhalten – falle ich vom Glauben ab.
(Beifall bei der PDS – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Und umgekehrt!)
– Und umgekehrt. – Ich habe überhaupt keine Sorgen:
Beim Kollegen Glos kommt immer eher Karl May als
Karl Marx heraus.
Sehr viel ernsthafter war das, was der Kollege Lamers
hier vorgetragen hat.
(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Berlin ist eine Messe wert!)
Ich höre ihm ja immer gerne zu. Man muss dazu anmer-
ken: Kollege Lamers hat eine Begabung, aus meiner Sicht
richtige und kluge Fragen zu stellen. Zugleich hat er al-
lerdings die Begabung, sich einer Antwort darauf zu ver-
weigern. So ist es der Fantasie jedes Einzelnen überlas-
sen, in welche Richtung man die Fragen von Herrn
Lamers weiterführt. Auf Dauer aber, Herr Lamers, werden
Sie nicht damit durchkommen, nur richtige und kluge
Fragen zu stellen, weil dies nur der erste Schritt ist. Ir-
gendwann werden auch Sie diese Fragen hier vor dem
Plenum beantworten müssen.
Ich habe darüber nachgedacht, warum die CDU hier
trotz lauter Worte und viel Folklore im Kern einen so
kraftlosen Eindruck macht. Die eigentliche Ursache dafür
ist, dass die CDU, wenn sie heute an der Regierung wäre,
im Wesentlichen nichts anderes machen würde als das,
was Rot-Grün heute macht.
(Beifall bei der PDS)
Das ist zugleich eine Kritik an der CDU und an der jetzi-
gen Regierung.
Deswegen möchte ich die Haushaltsberatungen nut-
zen, über alternative Strategien zu sprechen. Für mich hat
die Perspektive einer gesamteuropäischen Konzeption
Priorität in der deutschen Außenpolitik. Wir, die PDS,
wollen ein Europa vom Atlantik bis zum Ural und nicht
nur – ich betone das „nur“ – ein Europa von Paris bis War-
schau. Vom Atlantik bis zum Ural, das steht für den Hel-
sinki-Prozess. Die offizielle deutsche Außenpolitik hat
mit dem Fall der Mauer den Helsinki-Prozess zu Grabe
getragen, fast nach dem Motto: „Der Mohr hat seine
Schuldigkeit getan; der Mohr kann gehen.“ Dabei war der
Helsinki-Prozess moderner und zukunftsfähiger als alles,
was wir seitdem in Europa an neuen Blockbildungen,
Konflikten und Kriegen erlebt haben.
(Beifall bei der PDS)
Unsere Alternative zur Politik der Bundesregierung
folgt der Architektur des Helsinki-Prozesses. Unsere Phi-
losophie ist ein Europa der Stabilität, der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit, des sozialen Ausgleichs, der Men-
schenrechte, ein Europa wachsender Freizügigkeit über
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Rita Grießhaber
13255
(C)
(D)
(A)
(B)
den EU-Raum hinaus, ein Europa endlich, das sich als Teil
einer multipolaren Welt versteht.
Auch in dieser Konzeption bleibt die Europäische
Union ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Fak-
tor, allerdings kein militärischer. Dies kritisieren wir im-
mer, denn der militärische Weg ist ein Irrweg.
(Beifall bei der PDS)
Eine Militarisierung der Europäischen Union ist auch
nicht nötig, wenn man, wie wir es vorschlagen, den Hel-
sinki-Prozess weiterführt. Das heißt zuallererst: Die
OSZE wird aufgewertet, gleiche Sicherheit in einem ge-
meinsamen Raum muss für alle garantiert werden.
In der Linie der Bundesregierung bleibt Russland
draußen vor der Tür Europas. Die Ukraine, Belarus, Bul-
garien und die stabilisierte Balkanregion werden zu Puf-
ferstaaten zwischen der erweiterten Europäischen Union
und Russland gemacht. Dies bringt neue Unsicherheit.
(Beifall bei der PDS)
Wir denken weiter. Wir setzen auf das gemeinsame
Haus Europa, das alle Staaten und alle europäischen In-
stitutionen – Europarat, EU und OSZE – gemeinsam ge-
stalten. Ein solches Europa könnte Krisen dämpfen. Es
könnte aber auch bereits heute vermittelnd im Nahen
Osten – das hat Herr Lamers nicht ausgesprochen – und
im kaspischen Raum wirken.
In unserer Alternative kann deutsche Außenpolitik
dazu beitragen, die negativen Folgen der Globalisierung
zu überwinden. Hier kritisieren wir die Bundesregierung
dafür, dass viele ihrer Initiativen in die falsche Richtung
gehen. Die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas
haben wirklich nicht darauf gewartet, dass noch ein euro-
päisches Land einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der
UNO bekommt. Wenn die Bundesregierung schon so auf
einen ständigen Sitz erpicht ist, dann sollte sie zuerst das
Gewaltmonopol der UNO ohne Ausnahmen anerkennen
und sich selbst daran halten. Bereits daran ist sie aber ge-
scheitert.
(Beifall bei der PDS)
Für die UNO ist es wichtig, wenn die Länder Asiens,
Afrikas und Lateinamerikas mehr zu sagen haben. Die
UNO muss stärker werden. Nur sie birgt die Chance, welt-
weit Recht gegen Willkür durchzusetzen.
In der Welt von heute erscheinen Regierungen macht-
los gegenüber den Entscheidungen großer Konzerne. Spe-
kulationen bringen die Weltwirtschaft ins Schwanken.
Deswegen müssen die internationalen Finanzmärkte
kontrolliert werden. Die UNO braucht dringend bessere
und wirksamer auf sozialen Ausgleich gerichtete ökono-
mische Instrumente. Der Klimagipfel ist ein Beweis
dafür, wie Gewinnsucht die Zukunft der Menschheit ge-
fährdet.
Ein letzter Gedanke zu unserer Strategie: Unser Ziel
und Weg zugleich ist Abrüstung. Die Politik der Bun-
desregierung hat Aufrüstung durch Umrüstung mit sich
gebracht. In der Logik der Politik der Bundesregierung
liegt die Gefahr eines neuen Wettrüstens. Das wäre das
Allerletzte, was wir weltweit oder in Europa brauchten.
(Beifall bei der PDS)
Nach dem Ende der Konfrontation der Blöcke ist der
Krieg auf unseren Kontinent zurückgekehrt. Dafür trägt
auch die Bundesregierung Verantwortung. Die alte Bun-
desregierung hatte die Wege angelegt, auf denen dann ge-
trampelt werden konnte. Die qualitativen Brüche aber hat
Rot-Grün vollzogen. Rot-Grün hat dem neuen strategi-
schen Konzept der NATO zugestimmt, das nun auch
offiziell aus dem Verteidigungsbündnis einen Zusam-
menschluss mit der Möglichkeit zur weltweiten Interven-
tion macht. Rot-Grün hat eine dementsprechende Bun-
deswehrkonzeption auf den Weg gebracht, durch die es
möglich wird, die deutsche Armee international einzubin-
den. Ich erspare es Ihnen nicht, daran zu erinnern, dass un-
ter Rot-Grün der völkerrechtswidrige Krieg gegen die
Bundesrepublik Jugoslawien geführt worden ist.
Wenn jetzt der ABM-Vertrag nicht gegen die Pläne
der USA zum Bau eines Raketenabwehrsystems gesi-
chert, wenn jetzt nicht endlich nukleare Abrüstung einge-
leitet wird, dann beginnt ein neues Wettrüsten. Wir ken-
nen die fatalen Folgen.
(Gernot Erler [SPD]: Wolfgang, halte eine neue Rede!)
Die transatlantische Partnerschaft ist ein stehender
Begriff. Ich persönlich will ihn auch nicht aus der Außen-
politik einer linken Partei verbannen. Nur, transatlanti-
sche Partnerschaft kann doch nicht alles sein. Die Welt ist
größer. Meine strategische Alternative enthält eine ge-
samteuropäische Konzeption und fordert neben der trans-
atlantischen sozusagen eine trans-euro-asiatische Partner-
schaft. Dabei könnten Russland und die GUS eine Brücke
nach Asien und auch nach China bilden. Ohne eine wei-
tere Verbesserung des Verhältnisses zu China wird man
auch diese trans-euro-asiatische Partnerschaft nicht ent-
wickeln können.
(Beifall bei der PDS)
Unsere strategische Alternative hat einen festen Grund
und beruht auf einer sicheren Erkenntnis: Krisen können
nicht militärisch gelöst werden. Das gilt für den Balkan
ebenso wie für Tschetschenien oder den Nahen Osten.
Schlussendlich – um das zusammenzufassen – darf
man einer Regierung kein Geld bewilligen, wenn man zu
der Auffassung gekommen ist, dass sie einen falschen
Weg eingeschlagen hat, und muss die Zustimmung zum
Haushalt verweigern. Deswegen werden wir dem Haus-
halt nicht zustimmen.
(Beifall bei der PDS – Dieter Schloten [SPD]: Wie schade!)
Rede von Anke Fuchs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
dem Bundesminister des Auswärtigen, Herrn Joseph
Fischer.
dem Bundesminister des Auswärtigen, Herrn Joseph
Fischer.
-
insert_commentNächste Rede als Kontext
Rede von Joseph Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Wolfgang Gehrcke
13256
(C)
(D)
(A)
(B)
PDS dem Haushalt nicht zustimmt, ist konsequent. Ich
möchte jetzt auch nicht mehr auf die gestern geführte De-
batte eingehen; aber eines, Herr Gehrcke, kann ich so
nicht stehen lassen. Nicht wir haben es zu verantworten,
dass der Krieg auf diesen Kontinent zurückgekehrt ist.
Eine solche Aussage würde implizieren, dass Sie die Be-
schießung von Sarajevo über drei Jahre hinweg zu einem
Akt des Friedens erklären. Das wäre zynisch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)
Das würde bedeuten, dass Sie den barbarischen Krieg in
Bosnien, dass Sie die Zerstörung von Vukovar, dass Sie
all die Gräueltaten und Kriegsverbrechen, die demnächst
in Den Haag aufgearbeitet werden, zu Akten des Friedens
erklären. Das möchte ich Ihnen nicht unterstellen.
Der Krieg ist zurückgekehrt, weil mit dem Auseinan-
derbrechen Jugoslawiens – das habe ich damals bedauert
und bedauere es heute, aber das ist Geschichte – ein vor-
handener Nationalismus von Milosevic auf zynische Art
und Weise für eine mörderische Politik instrumentalisiert
wurde, von der wir glaubten, dass sie nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges in Europa keine Chance mehr gehabt
hätte.
Es ist sicher richtig: Man kann Krisen nicht militärisch
lösen. Aber leider gibt es manchmal die Notwendigkeit,
sie militärisch einzudämmen. Gerade der Kosovo hat dies
klar gemacht. Wir hätten heute auf dem Balkan nicht eine
solche Situation, wie wir sie heute Gott sei Dank vorfin-
den. Die Zagreb-Konferenz hat gezeigt, dass eine dauer-
hafte, nachhaltige und auf Europa orientierte Friedens-
ordnung für diesen Teil Europas niemals hätte umgesetzt
werden können, wenn wir damals gegen Ihren erbitterten
Widerstand nicht eingegriffen hätten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU])
Kollege Lamers, Sie haben eine merkwürdige Vorstel-
lung von Kampf. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Sie
meinen, Kampf hieße, mit Horrido und krachendem Ge-
brüll gegen die Wand zu laufen. Ich sage auch dem Kol-
legen Hoyer: Wenn die Haushalte immer so aussehen –
Schimpf und Schande auf diesen Minister –, dann lasse
ich mich gerne von Ihnen am Ende kritisieren. Sie waren
ja selber lange genug in der Regierung. Sie wären damals
heilfroh gewesen, wenn Sie solche Haushälterinnen und
Haushälter gehabt hätten, die Ihnen am Ende eine solch
runde Sache geboten hätten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Schmähen Sie also ruhig den Minister!
Kollege Lamers, ich dachte, Sie wüssten um den Wert
von stillem Kampf.
(Karl-Lamers [CDU/CSU]: „Stiller Kampf“!)
Sie wissen doch um den Wert von richtigen Bündnispart-
nern, damit man zu Ergebnissen kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich kann mich bei Frau Titze-Stecher, aber auch bei al-
len anderen Haushältern der Koalition und der Opposition
nur mit allem Nachdruck für ihre Arbeit bedanken. Das
Ergebnis ist so gut – Sie haben es ja dargestellt: Schimpf
und Schande für den Minister, Lob dem Haushalt –, dass
Sie dem Haushalt, im Gegensatz zur PDS, eigentlich zu-
stimmen müssten, wenn Sie folgerichtig handeln würden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Werner Hoyer [F.D.P.]: Eine kabarettistische Einlage!)
Angesichts der knappen Redezeit möchte ich mich
nicht mehr zu den Details des Haushaltes äußern – Frau
Titze-Stecher und andere haben das schon hervorragend
getan –, weil ich gerne zu dem kommen würde, was Kol-
lege Lamers und andere zu politischen Aspekten der Neu-
orientierung gesagt haben.
Lassen Sie mich aber noch diesen Punkt anfügen: Wir
dürfen jetzt nicht eine neue Royal Commission einsetzen.
Lassen Sie uns die Situation vielmehr sehr sorgfältig be-
werten. Wir wollen die Reformen anpacken und sie An-
fang des Jahres im Rahmen der rechtlichen Möglichkei-
ten auf den Weg bringen. Wenn das noch nicht reicht,
müssen wir über die nächsten Schritte diskutieren. Es
wird vermutlich sehr schwer werden, diese Schritte noch
in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Wir haben jetzt
noch ein Jahr Zeit. Dann schließt sich das Wahljahr an, in
dem traditionellerweise nicht mehr allzu viel passieren
wird.
Aber ich registriere hier einen großen Konsens bezüg-
lich eines effizienten, leistungsstarken und hochmotivier-
ten auswärtigen Dienstes. Wenn die Reformmöglichkei-
ten, die wir haben, nicht ausreichen, dann sollten wir
weitere Schritte überlegen. Wichtig ist aber, dass wir jetzt
die gegebenen Möglichkeiten nutzen, um die Vision von
einem leistungsfähigen und hochmotivierten auswärtigen
Dienst – geprägt von Realismus – umzusetzen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich sage nochmals allen, die dieses ermöglicht haben,
meinen herzlichen Dank.
Ich würde mir wünschen, dass wir jetzt eine Trend-
wende hinbekommen. Ich möchte nicht mehr zurück-
blicken. Es wäre jetzt einfach zu sagen: Was habt ihr alles
abgebaut! Herr Hoyer, Sie wären doch als Staatsminister
damals froh gewesen, wenn Sie das durchgesetzt bekom-
men hätten, was wir durchgesetzt haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich füge aber hinzu, dass ich Kritik als konstruktiven
Beitrag verstehe.
(Dr. Werner Hoyer [F.D.P.]: Das wäre doch mal was Neues!)
Manchmal muss man dicke Bretter bohren. Mir liegt eine
polemische Bemerkung auf der Zunge: Angesichts des-
sen, was man hört, könnte man daran glauben, dass man
im Falle dicker Bretter nur bohren muss. Ob das Bohren
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Bundesminister Joseph Fischer
13257
(C)
(D)
(A)
(B)
aber die gewünschte Wirkung zeigt, ist eine andere Frage.
Aber ich will diese Bemerkung nicht weiter vertiefen.
Die eingeleiteten Schritte reichen in der Tat noch nicht;
denn die Herausforderungen an das wiedervereinigte
Deutschland mit seinen multilateralen Einbindungen wer-
den in den kommenden Jahren zunehmen, ob uns das ge-
fällt oder nicht. Darauf werden wir uns vorbereiten und
entsprechende Maßnahmen umsetzen müssen. Wenn wir
die Probleme nicht im Rahmen unserer Möglichkeiten an-
gehen, dann werden die Probleme zu uns kommen, was
wir nach Möglichkeit vermeiden sollten.
(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Die sind doch schon da!)
– Ich meine nicht die Menschen, sondern die Konflikte,
die dann zu uns kommen.
(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Die Probleme sind doch schon da! Sie verstehen mich immer falsch!)
– Ich erläutere es Ihnen gleich, Herr Gehrcke.
Kollege Lamers, Sie haben die Frage nach den natio-
nalen Interessen gestellt. Ich finde es immer rührend
– ich weiß, das ist ein hartes Geschäft –, wenn man die Re-
gierung kritisiert, die man doch eigentlich in der Außen-
und Europapolitik unterstützen müsste. Ich betrachte Ihre
Prüfsteine als eine nur notdürftig kaschierte Zustimmung
zu unserer Politik.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Werner Hoyer [F.D.P.]: Das hat der Kollege Lamers nicht verdient!)
Herr Kollege Lamers, erst kritisieren Sie uns und dann tra-
gen Sie im Wesentlichen das vor, was wir an Politik ge-
macht haben. Ich stimme Ihnen völlig zu: Wenn wir über
nationale Interessen reden, dann steht für das wiederver-
einigte Deutschland die Schaffung eines vereinten Euro-
pas an erster Stelle – nicht nur wegen unserer Mittellage
und der objektiven Bedingungen, die Deutschland sofort
den Nöten aussetzen würde, die eine Koalitionsbildung
gegen uns mit sich bringen würden, und nicht nur wegen
der Zwänge, die sich daraus ergeben, wenn wir in das
alte europäische Staatensystem mit seiner Konkurrenz-
situation zurückfallen. Im Rahmen der Europäischen
Union erleben wir, dass dieses System zum Teil noch vor-
handen ist. Es ist ja nicht verschwunden. Wir Deutschen
und auch die anderen Europäer haben sich in der Substanz
nicht wirklich verändert. Es ist aufgrund einer histori-
schen und wirklich visionären Entscheidung gelungen,
das System zu ändern und so wegzukommen vom Gleich-
gewicht der Mächte und dem Konkurrenzkampf der
Mächte mit der hegemonialen Verführung hin zum Eu-
ropa der Integration.
Die Vollendung dieses Schrittes ist – das gehört dazu,
wenn wir über Leitkultur reden – die Konsequenz unserer
Nationalgeschichte,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
des misslungenen Versuchs des Baus eines Nationalstaa-
tes auf Gewalt, des Scheiterns im Verbrechen und schließ-
lich des großen Glücks der Schaffung einer deutschen De-
mokratie, der Akzeptanz durch die Nachbarn und der Wie-
dervereinigung. Dem müssen wir jetzt durch die euro-
päische Vereinigung gerecht werden.
Ich weiß, dass es in diesem Haus einen großen Konsens
darüber gibt. Aber wir müssen umgekehrt sehen, dass die-
ser Prozess auch Verpflichtungen mit sich bringt. Es wird
ihn nicht zum Nulltarif geben. Auf der anderen Seite wer-
den wir am Ende die großen Gewinner sein. Insofern ist
diese ganze Debatte, in der es immer heißt: „Ich bin für
die Osterweiterung, aber ...“, in der immer die Ängste der
Menschen beschworen werden, falsch. Je nachdem, wie
man die Ängste der Menschen aufnimmt, kann man sie
entkräften oder verstärken. Da sehe ich einen wichtigen
Unterschied.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wir werden allerdings, Kollege Lamers, nicht darum
herumkommen, uns mit einer gewissen Parallelität ausei-
nander zu setzen. Erst dann, wenn die politische Integra-
tion auch die Felder der Außenpolitik umfasst – wann das
sein wird, weiß ich nicht –, wird diese Parallelität aufge-
brochen und in einen wirklichen Integrationsprozess ver-
wandelt, wobei dieses heute mit der ESVP teilweise schon
möglich ist. Zumindest in der Zeit, seit ich Verantwortung
trage, konnte ich eine Verdichtung der Interessenabstim-
mung – nicht der formellen Integration, wobei auch dies
bereits in Ansätzen der Fall ist – im europäischen Rahmen
feststellen. Das ist ein sehr konstruktiver, richtiger Pro-
zess. Auf der anderen Seite werden wir in dem Rahmen
auf nicht absehbare Zeit eine gewisse Parallelität fahren
müssen: europäisch, soweit es nur geht, und national dort,
wo die europäischen Alternativen noch nicht vorhanden
sind.
Mir fällt auf, Herr Kollege Lamers, dass Sie einen
Punkt ausgelassen haben, der zum Verständnis unserer
Außenpolitik sehr wichtig ist, nämlich die Verpflichtung
Deutschlands auf den Multilateralismus. Diese ist nicht
nur eine Sekundärtugend, ein instrumenteller Ansatz. Die
Verpflichtung auf den Multilateralismus ergibt sich aus
unserer Geschichte, aber auch aus unserer aktuellen In-
teressenlage.
Weiterhin ergibt sich aus unserer Tradition und auch
aus den negativen Seiten unserer Geschichte die Konse-
quenz der Verpflichtung zum Frieden. Unter den Be-
dingungen des 21. Jahrhunderts nach dem Ende des Kal-
ten Krieges heißt das für uns, dass wir eine präventive
Friedenspolitik betreiben müssen. In dieser Hinsicht sehe
ich im transatlantischen Bereich in der Tat ein Span-
nungsverhältnis, da die Europäer eher präventiv denken,
während andere als globale Macht aufgrund ganz anderer
Herausforderungen eher repressiv denken. Wir haben ein
Interesse daran, dass die USA ihre Rolle erfüllen kann.
Aber wir sollten uns diesem Spannungsverhältnis kon-
struktiv und in solidarischem Geist als Partner stellen. Ich
habe vorhin gesagt, es gibt unabweisbare Situationen, in
denen man zur Erhaltung des internationalen oder regio-
nalen Friedens als Ultima Ratio repressiv tätig werden
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Bundesminister Joseph Fischer
13258
(C)
(D)
(A)
(B)
muss. Aber umso wichtiger ist es, vorher alles zu tun, um
präventiv zu wirken.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Auf solche Grundsätze sollten wir uns einigen, Herr Kol-
lege Lamers.
Das Thema NMD möchte ich nur ganz kurz anspre-
chen. Wenn Sie meinen, wir könnten daraus eine Diskus-
sion à la Nachrüstung machen, dann täuschen Sie sich.
Unsere Haltung ist da viel nüchterner. Ich befürchte nur,
dass wir dann in Zukunft von den präventiven Dimensio-
nen – übrigens genauso, was die Konsequenzen für den
Militärhaushalt betrifft –, auch bei Dingen, bei denen wir
vermutlich gemeinsam der Meinung sind, dass sie ge-
macht werden müssen, abgelenkt werden.
Diese Debatte sollten wir in Ruhe führen, auch auf der
Grundlage unserer Interessen. Für mich ist von ganz ent-
scheidender Bedeutung, dass wir vorankommen. Sie fra-
gen, wie die Einbindungsstrategien in Zukunft aussehen
werden und behaupten, es mangele uns an Visionen. Diese
Bundesregierung versucht im Rahmen der europäischen
Politik, die Russlandpolitik zu einer strategischen Part-
nerschaft, zu einer politischen Strategie, aber nicht ver-
engt auf den Begriff der Militärstrategie, auszubauen.
Nicht umsonst hat die Europäische Union die Russland-
strategie und die Ukrainestrategie als die erste ge-
meinsame Strategie nach dem Amsterdamer Vertrag for-
muliert. Dies ist alles andere als einfach. Denn wir
befinden uns hier in einer Situation, die sowohl von unse-
ren langfristigen und umfassenden Interessen in Bezug
auf Demokratie, Wirtschaftsreformen, Frieden und Stabi-
lität in Russland – nichts wäre so albtraumhaft wie etwa
ein auch nur regionales Vakuum, das dort entstehen
könnte; das ist übrigens unsere große Sorge im Kau-
kasus – als auch von den menschenrechtlichen Zielset-
zungen geprägt ist.
Wir haben ein großes Interesse daran, die Asienpolitik
voranzubringen. Auf Ihre Frage nach meinen Sorgen ant-
worte ich Ihnen, dass diese vor allen Dingen durch Asien
definiert sind.
Aber über das, Herr Kollege Lamers, was Sie zum Na-
hen Osten gesagt haben, bitte ich Sie noch einmal nach-
zudenken. Sie stellen Fragen; aber in diesen Fragen insi-
nuieren Sie.
(Uta Titze-Stecher [SPD]: Ja!)
Das besondere Verhältnis zu Israel sollten wir nicht als
Last empfinden; davor kann ich nur warnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Hat er nicht gefragt!)
– Es ging um das Abstimmungsverhalten; ich habe sehr
sorgfältig zugehört. – Herr Kollege Lamers, ich sage Ih-
nen: Die USA spielen in dieser Region nicht nur kraft ih-
res Militärpotenzials, ihrer globalen Supermachtrolle und
ihres ökonomischen Potenzials, sondern auch deswegen,
weil Israel den USA vertraut, die entscheidende Rolle. Es
nützt nichts, nur von einer Seite akzeptiert zu werden.
Wenn Sie dort wirklich eine Rolle spielen wollen, müssen
Sie von beiden Seiten akzeptiert werden. Herr Kollege
Lamers, wir haben von der Vorgängerregierung, von der
Regierung Kohl, und diese hat von ihren Vorgängerregie-
rungen, von der Regierung Schmidt und Brandt bis hin zu
Adenauer, ein besonderes Verhältnis zu Israel übernom-
men, das wir in der Tat pfleglich fortentwickeln sollten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wir werden auf beiden Seiten gehört. Ich kann nur da-
vor warnen, das ändern zu wollen, und zwar nicht nur aus
historischen und moralischen Gründen – das wäre schon
Grund genug –, sondern auch aus ganz handfesten, aktu-
ellen, interessenorientierten Gründen. Wir können unsere
Möglichkeiten nutzen und das tun wir; aber wir sollten
uns nicht überschätzen.