Rede:
ID1413603800
ID1413603800
insert_comment
Metadaten- insert_drive_fileAus Protokoll: 14136
- date_rangeDatum: 29. November 2000
- access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr
- av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:15 Uhr
- fingerprintRedner ID: 11002156
- perm_identityRednertyp: Präsident
- short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: info_outline
- record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0
- subjectLänge: 10 Wörter
-
sort_by_alphaVokabularVokabeln: 10
- Ich: 1
- erteiledem: 1
- Kollegen: 1
- Dr.: 1
- Werner: 1
- Hoyer: 1
- für: 1
- die: 1
- F.D.P.-Fraktiondas: 1
- Wort.: 1
-
tocInhaltsverzeichnisBegrüßung des schweizerischen Bundespräsi- denten und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölke- rungsschutz und Sport, Herrn Bundesrat Adolf Ogi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 D Tagesordnungspunkt III (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13187 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13187 B Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/4504, 14/4521) . . . . . . . 13187 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13197 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13210 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13214 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13236 A Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 13239 D Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13241 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13242 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13242 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/4505, 14/4521) . . . . . . . 13245 A Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13245 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13247 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13251 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13253 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 13255 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13256 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 13262 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 13263 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . 13265 D Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/4513, 14/4521) . . . . . . . 13267 A Plenarprotokoll 14/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 I n h a l t : Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13267 C Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 13273 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13276 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13277 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 13280 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13281 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 13283 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13285 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13290 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13291 B Namentliche Abstimmungen 13293 A, 13293 A, 13298 B Ergebnisse . . . . . . 13293 D, 13296 A, 13301 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 14/4509, 14/4521) . . . . . . . 13298 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13298 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13306 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13308 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 13312 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . 13314 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13316 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13316 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13319 B Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13320 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/4517, 14/4521) . . . . . . . 13322 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13322 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13324 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 13325 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13327 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13329 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13332 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 13333 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 13335 B Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13337 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13339 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums der Verteidigung (Tagesordnungs- punkt III. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussem- pfehlung des Haushaltsausschusses zum Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Tagesordnungspunkt III. 16) 13340 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
-
folderAnlagenDeutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 Klaus-Jürgen Hedrich 13338 (C) (D) (A) (B) Berichtigungen 133. Sitzung, Seite 12861 (D) zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Diese 3,5 Millionen DM sind insofern verstetigt, als sie einen Ver- trag zwischen zwei förderalen Institutionen – zwischen Bund und Land – betreffen und Personalkosten sind.“ 135. Sitzung, Seite 13152 (B) vierter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb habe ich Herrn Austermann im Ohr, der vorhin behauptet hat, wir würden im Interesse der Haushaltskonsolidierung keine Ausgaben- beschränkung vornehmen, keine Ausgabendisziplin üben.“ 135. Sitzung, Seite 13155 (D) erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Also lassen Sie das doch mit der Leitgeschichte und bleiben Sie bes- ser bei Herrn Stoiber, der zu Recht auf Bayerisch gesagt hat: D’Leit brauch’n a Kultur.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 13339 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 29.11.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 29.11.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 29.11.2000* Klaus Burchardt, Ursula SPD 29.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.11.2000 Frick, Gisela F.D.P. 29.11.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 29.11.2000 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 29.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 29.11.2000 Kramme, Anette SPD 29.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.11.2000* Erich Müller (Berlin), PDS 29.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 29.11.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 29.11.2000 Schenk, Christina PDS 29.11.2000 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 Irmingard DIE GRÜNEN von Schmude, Michael CDU/CSU 29.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Wiese (Hannover), SPD 29.11.2000 Heino Wohlleben, Verena SPD 29.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 29.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist von der ihm zustehenden Beratung und Entscheidung über die Ausrichtung und Struktur einer reformierten Bundeswehr praktisch enteignet worden. Dieses vorde- mokratische Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deut- schen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es zum einen darum, dass ich eher aus der Presse als aus den dafür zuständigen Gremien über Vor- haben der Privatisierung und Wirtschaftskooperation er- fahre, deren Implikationen im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemes- senen parlamentarischen Beurteilung unterworfen wer- den. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel ge- genüber den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Würde des Parlaments. Zum anderen: Der in der Verfassung festgeschriebene Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung. Wenn jetzt der Fokus auf „Bündnisverteidigung“ erwei- tert bzw. verlagert wird, bedeutet das statt einem Abbau der angriffsfähigen Verbände einen Ausbau der Krisenre- aktionskräfte. Die Armee wird auf Interventionsfähigkeit umgebaut – warum und für was? Auch der Kosovo-Krieg wäre nach offizieller Diktion unter „Bündnisverteidi- gung“ subsumiert worden, die aktuelle NATO-Strategie – übrigens genau wie die Bundeswehrstrukturreform zwar von tief greifender Bedeutung, aber ohne parlamen- tarische Befassung – geht von militärischen Präventiv- schlägen – zum Beispiel zur „Vermeidung von Flücht- lingströmen“ – aus. An ein UN-Mandat als Voraussetzung ist eine solche Intervention nicht gebunden. Auf der europäischen Ebene wird eine gemeinsame Truppe gebildet – ebenfalls wie die Bundeswehrstruk- turreform und die NATO-Strategie nicht einmal Gegen- stand von Beratungen, geschweige denn transparenter Entscheidung im Parlament! In wieweit dies zusätzliches Personal bedeutet, kann ich zurzeit nicht verifizieren, scheint mir aber gerade wegen der Notwendigkeit, bei Krisenreaktionskräften in regelmäßigen Abständen die Kräfte auszutauschen, sehr wahrscheinlich. Mit Sicher- heit bedeutet es zusätzliche Ausrüstung, damit ein Wei- terdrehen der Rüstungsspirale statt des überfälligen Ausstiegs. „Die Krisenreaktionstruppe soll durch um- fangreiche Lufttransport- und Logistik-Einheiten ergänzt werden. Die Truppe soll für Einsätze von über einem Jahr in bis zu 4 000 Kilometern Entfernung bereitstehen“ heißt es in einer Agenturmeldung vom 22. September 2000. Ei- nen so weit gestreckten Aktionsradius kann ich mit mei- nem Verständnis von Landesverteidigung nicht vereinba- ren und muss schon deshalb gegen ein solches Projekt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend ma- chen. An der europäischen Truppe hat der Verteidigungsmi- nister eine erhebliche Beteiligung zugesagt, Deutschland würde nach bisherigem veröffentlichten Stand gar den Löwenanteil übernehmen. In der Öffentlichkeit führt das zu besorgten Äußerungen – „Spiegel“, 48/2000 –: „Bei künftigen Krisen in Europa werden die Amerikaner ‚Ger- mans to the front’ rufen, anstatt eigene Spezialkräfte zu schicken. Und EU-Partner werden die starken Deutschen bei militärischen Abenteuern gern und womöglich oft um Hilfe bitten. Eine Berliner Regierung, die zudem offensiv einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebt, könnte kaum noch nein sagen.“ Das sind Parameter für eine deutsche Militärpolitik, die ich nicht mittragen kann und will. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist mit der Entscheidung über die Ausrichtung und Struk- tur einer reformierten Bundeswehr nicht befasst worden. Dieses Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deutschen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es unter anderem darum, dass die Impli- kationen der Vorhaben der Privatisierung und Wirt- schaftskooperation im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemessenen parlamentarischen Beurteilung unterworfen werden. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel gegen- über den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Aufgabe des Parlaments. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 200013340 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
-
insert_commentVorherige Rede als Kontext
Rede von Uta Titze-Stecher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Herr Lamers, Ihre Darstellung
außenpolitischer Probleme hebt sich positiv von dem ab,
was der Kollege Rühe an Forderungen in einem Katalog,
der sich materiell auf rund 120 Milliarden DM beziffert,
erhoben hat. Insofern danke ich Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Allerdings muss ich sagen, dass der Haushaltsentwurf,
den wir in dieser Woche verabschieden werden, für das
Auswärtige Amt eine Trendwende bedeutet, und zwar in
politischer und materieller Hinsicht. Das von Ihnen ange-
mahnte Kraftfutter wird vonseiten des Haushaltes zur Ver-
fügung gestellt. Ich weise darauf hin, dass in der Kleinen
Anfrage, die Sie von der CDU/CSU zugestellt haben,
nachzulesen ist, dass sich der Anteil der Ausgaben für das
Auswärtige Amt am Gesamthaushalt bereits seit Mitte der
90er-Jahre im Abwärtstrend befand. Den tiefsten Stand er-
reichte er im Jahre 1994 mit 1,71 Prozent. 1989 lag der
Anteil bei 2,44 Prozent. Wenn wir den Schuldenberg von
Ihnen nicht als Erblast übernommen hätten, dann wären
wir in der Lage, ganz andere Haushalte, speziell für das
Auswärtige Amt, vorzulegen. Das zu tun, ist uns nicht
möglich. Deswegen haben wir im Jahr 2000 einen bitte-
ren Schnitt vorgenommen, der zur Schließung von 14 Aus-
landsvertretungen geführt hat. Dieses wollen wir in Zu-
kunft vermeiden.
(Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Das wäre auch noch schöner!)
Deshalb hat der Minister – Herr Lamers, Sie haben es
schon erwähnt – auf der Konferenz der Leiter und Leite-
rinnen der Auslandsvertretungen in Berlin im September
dieses Jahres ausdrücklich eine Reform des öffentlichen
Dienstes in Aussicht gestellt. In zwei Jahren liegt das Er-
gebnis vor. Dann werden wir sehen, wieweit wir das haus-
halterisch flankieren können.
Ich komme zum Haushalt des Auswärtigen Amtes
für das nächste Jahr. Er beläuft sich auf ein Volumen von
insgesamt 4,1 Milliarden DM. Diese Summe verteilt sich
auf vier große Bereiche. Das Ministerium selbst wird mit
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Karl Lamers
13247
(C)
(D)
(A)
(B)
440 Millionen DM bedacht. Auf das Kapitel „Allgemeine
Bewilligungen“ – das ist der Bereich, der die politischen
Ausgaben zusammenfasst, im Allgemeinen der umstrit-
tene Bereich – entfallen 1,4 Milliarden DM. Auf die Aus-
landsvertretungen, vulgo Botschaften usw., und die aus-
wärtige Kulturpolitik entfallen je 1,1 Milliarden DM.
Dabei sollten wir nicht das Kleinod des Auswärtigen Am-
tes, das Deutsche Archäologische Institut
(Joseph Fischer, Bundesminister: Wohl wahr!)
– „Wohl wahr!“, da spricht der Kenner –, mit 42 Milli-
onen DM vergessen. Herr Minister, wir als Haushälter ha-
ben die vorgesehene Kürzung etwas abgefedert. Gegen-
über dem Etat des laufenden Jahres – das können Sie
sicher erkennen – erhöht sich damit der Haushalt des Aus-
wärtigen Amtes um satte 672 Millionen DM. Herr
Lamers, Ihre Behauptung, dass dieses Haus gefleddert
und gerupft worden ist, ist für den Haushalt im nächsten
Jahr nicht mehr zutreffend.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Dieser Aufwuchs hört sich in Zeiten von Sparpaket,
Haushaltskonsolidierung, Sanierungsnotwendigkeit, For-
derungen nach schlankem bis dürrem Staat etwas son-
derlich an. Ich kann Ihnen aber die Gründe für diesen Auf-
wuchs erklären; Sie können das auch nachvollziehen.
Zum einen hat uns der gestiegene Dollarkurs arg in Bre-
douille gebracht. Allein in diesem Jahr haben wir durch
zwei überplanmäßige Ausgaben Pflichtbeiträge an inter-
nationale Organisationen in Höhe von 355 Millionen DM
nachschießen müssen. Hier möchte ich dem Finanzminis-
terium besonders danken. Finanzminister Eichel hat im
Gegensatz zu seinem Vorgänger Waigel bei der Veran-
schlagung des Haushaltsansatzes eine realitätsnahe Dollar-
bewertung vorgenommen,
(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])
sodass wir in Zukunft von überplanmäßigen Ausgabenan-
forderungen wahrscheinlich verschont bleiben werden.
Der eine Grund für den Aufwuchs des Haushaltes war
also, dass der Dollarkurs unsere Pflichtbeiträge an inter-
nationale Organisationen exorbitant hat steigen lassen.
Der zweite Grund sind neue Friedensmissionen mit
Mehrbedarf, beispielsweise im Kongo und in Äthio-
pien/Eritrea. Insgesamt steigen die Pflichtbeiträge – diese
Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – von
336 Millionen DM in diesem Jahr auf über 1 Milli-
arde DM im nächsten Jahr. Ich betone, es handelt sich hier
nicht um freiwillige Leistungen der Bundesrepublik
Deutschland. Es sind Pflichtbeiträge. Sie betragen allein
bei den Vereinten Nationen 900 Millionen DM.
Deutschland muss nach Ansicht der rot-grünen Koali-
tion seinen Einfluss allerdings verstärkt geltend machen,
damit die Vereinten Nationen auch in Zukunft ihren Auf-
gaben angemessen nachkommen können. Dazu gehört
nicht nur eine verbesserte Repräsentanz der Bundesrepu-
blik in der Weltorganisation, sondern die Erweiterung der
VN um eine parlamentarische Dimension, die Einbezie-
hung nicht staatlicher Organisationen in die Willensbil-
dung der deutschen UN-Politik sowie eine Reform der
Beitragserhebung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Deswegen plädieren die Regierungsfraktionen in
ihrem detaillierten Antrag „Die Vereinten Nationen an der
Schwelle zum neuen Jahrtausend“ ausdrücklich dafür,
globale Kooperationsformen zu entwickeln, um die He-
rausforderungen der Zukunft gemeinsam zu bestehen.
Jede Verbesserung der Handlungsfähigkeiten der VN
ist ein Beitrag zur friedlichen Lösung globaler Probleme.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frieden aber hat – wer weiß das besser als wir Haushäl-
ter – seinen Preis, besonders, wenn er erst geschaffen wer-
den muss. Somalia, Bosnien, Ruanda stehen für tödliche
Fehlschläge des UN-Peacekeeping. Daher ist das Fazit
der von Kofi Annan benannten Kommission im
Brahimi-Report kurz und bündig und brutal: Die Verein-
ten Nationen verfügen über zu wenig Geld, zu wenig
Truppen, zu wenig Führung, zum Teil über einen unkla-
ren Auftrag. Im Klartext: Friedenseinsätze brauchen eine
verbesserte materielle und personelle Ausstattung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie werden gleich sehen, dass wir dieser Notwendigkeit
aus Haushaltssicht nachgekommen sind.
Die Bundesregierung orientiert die Maßnahmen der
Krisenprävention, der Konfliktbeilegung und der Kon-
solidierung in der Nachkonfliktphase an einem erweiter-
ten Sicherheitsbegriff, der politische, ökonomische, öko-
logische und soziale Stabilität umfasst. Grundlage dafür
sind die Achtung der Menschenrechte, soziale Gerechtig-
keit, Rechtsstaatlichkeit, partizipatorische Entscheidungs-
findung, Bewahrung natürlicher Ressourcen und – natür-
lich für diese Regierung ein Schwerpunkt – die Nutzung
friedlicher Konfliktlösungsmechanismen.
Folgerichtig haben wir im Haushalt im parlamentari-
schen Verfahren den Ansatz für die Unterstützung von in-
ternationalen Maßnahmen auf den Gebieten Krisen-
prävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung
von 8,6 Millionen DM auf 28,6 Millionen DM erhöht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das nenne ich nahtlose Übereinstimmung von politischer
Entscheidung und Haushaltsentscheidung.
Die Bundesregierung hat ein politisches Rahmenkon-
zept für Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung
mit einer zentralen Rolle des Auswärtigen Amtes verab-
schiedet. Durch Schulungen, Datenbanken und eine inter-
ministerielle Projektgruppe des Auswärtigen Amtes ist
nun eine Personalreserve für zivile Kriseneinsätze auf der
Basis von völkerrechtlichen Mandaten der UNO und der
OSZE institutionalisiert worden. Von 260 Absolventen
der Trainingskurse sind bereits 60 in Langzeitmissionen
und 100 in Kurzzeiteinsätzen von OSZE und UNO tätig.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Uta Titze-Stecher
13248
(C)
(D)
(A)
(B)
Das hat aber auch Spuren hinterlassen. Der OSZE-Gip-
fel von Lissabon im November letzten Jahres hat mit sei-
nem React-Programm dieses Projekt zur internationalen
Aufgabe erklärt – ein schöner Erfolg, Herr Minister!
Die Europäische Union hat diesen Ansatz auf unsere
Initiative hin zu einem wichtigen Pfeiler der Gemeinsa-
men Außen- und Sicherheitspolitik erklärt, und inzwi-
schen ist das Thema Krisenprävention auch ein Thema im
Dialog mit asiatischen und afrikanischen Partnern.
Fazit: Deutschland hat sich in diesem Bereich interna-
tionales Ansehen erworben und unterstützt auf diese
Weise ganz sichtbar die Bemühungen des UNO-General-
sekretärs Kofi Annan um eine „Kultur der Prävention“.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Von wegen, Herr Lamers, wir hätten keine Konzepte und
keine Visionen!
Die Ausstattungshilfe der Bundesregierung für aus-
ländische Streitkräfte ist neben Demokratisierungs- und
Parlamentshilfe sowie Maßnahmen des humanitären Mi-
nenräumens ein außerordentlich bewährtes außenpoliti-
sches Instrument
(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
– das habe ich nie anders gesehen – zur Unterstützung von
Staaten der Dritten Welt, insbesondere in Afrika, auf
ihrem Weg zu Demokratie, Frieden und Stabilität.
Die bisherige Aufgabenverteilung ist gewahrt. Das
heißt, die politische Verantwortung liegt beim Auswärti-
gen Amt und die Durchführungsverantwortung beim Ver-
teidigungsministerium. Die Ausstattungshilfe selbst ist
mit 60Millionen DM in der mittelfristigen Finanzplanung
abgesichert.
Stichwort Afrika. Für die Bundesregierung und die
Koalitionsfraktionen ist Afrika keineswegs der verlorene
Kontinent, wie die Opposition manchmal behauptet, im
Gegenteil.
Erstens. Am 6. Juli dieses Jahres wurde hier im Hohen
Haus eine Bundestagsdebatte über deutsche Afrikapolitik
geführt. Dabei haben wir klar ausgedrückt, dass es im
wohl verstandenen Eigeninteresse Deutschlands ist, sich
für Frieden, stabile demokratische Strukturen und nach-
haltige Entwicklung in Afrika einzusetzen.
(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Aber Sie haben bisher keine Konsequenzen gezogen!)
– Jetzt hören Sie zu; ich habe das schon bemerkt.
Zweitens. Erinnert sei an das Engagement der Bundes-
regierung bei der Kölner Entschuldungsinitiative. Auch
hier wird speziell Afrika geholfen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Drittens. Im Mai dieses Jahres besuchte der Bundes-
kanzler den EU-Afrika-Gipfel in Kairo.
Letzter Punkt – das ist schon erwähnt worden –:
Außenminister Fischer war dieses Jahr bereits zweimal in
Afrika: im März in Ländern mit positiven Ansätzen in ih-
rer Entwicklung – Nigeria, Mosambik und Südafrika –
und ganz aktuell im November in drei afrikanischen Kri-
senländern – Angola, Burundi und Ruanda – mit dem Ziel,
auszuloten, wie Deutschlands Beitrag bei der Kon-
fliktbewältigung aussehen könnte.
Fazit: Diese Besuche und die Diskussion in diesem
Parlament in diesem Jahr stehen für die Kontinuität deut-
scher Außenpolitik, allerdings mit etwas anderen Akzen-
ten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Diese neue Akzentuierung gilt auch für den Bereich hu-
manitäre Hilfe außerhalb der Entwicklungshilfe. Auch
hier hat die Koalition zum ersten Mal seit Jahren die Mit-
tel drastisch erhöht, und zwar um 19 Millionen DM: von
60 Millionen auf 79,1 Millionen DM. Sie reagiert damit
aus unserer Sicht angemessen auf die weltweit wachsende
Zahl von humanitären Brennpunkten.
Ich will Sie mit den Statistiken der Versicherungswirt-
schaft verschonen. Es ist bekannt, dass sich die Zahl der
Schadensfälle in den letzten 50 Jahren vervierfacht und
sich die dadurch verursachten Schäden vervierzehnfacht
haben. Das gilt sowohl für Naturkatastrophen als auch für
politische Konflikte. Insofern ist die Anhebung des An-
satzes gerechtfertigt.
Ein Wort soll mir zur Verbesserung der Organisation
der humanitären Hilfe sowie der Not- und Flüchtlings-
hilfe der Bundesregierung im Ausland gestattet sein.
Diese Hilfe ist – das muss man selbstkritisch sehen –
durch Zersplitterung der Zuständigkeiten und eine un-
übersichtliche Vielfalt der Akteure gekennzeichnet. Die
humanitäre Hilfe selbst ist beim Auswärtigen Amt
angesiedelt, während die Mittel für die Not- und Flücht-
lingshilfe ohne klare Abgrenzung zur humanitären Hilfe
beim BMZ veranschlagt sind. Man höre und staune: So-
gar beim Verteidigungsministerium gibt es einen Titel für
humanitäre Hilfe und andere Einsätze, deckungsfähig mit
dem gesamten Einzelplan.
(Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Und im Landwirtschaftsministerium auch noch!)
Die logische Folge: Unzureichende Abstimmung und
Koordination sowie Durchführungsvielfalt der privaten
und staatlichen Hilfsorganisationen müssen dazu führen,
dass der Einsatz der Ressourcen zulasten des Steuerzah-
lers verschenkt wird.
(Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Die Bundesregierung wäre gut beraten, beim Auswärtigen
Amt unter Nutzung bzw. Ergänzung bestehender Struktu-
ren einen operativen Koordinierungsstab der beteiligten
Ministerien und staatlichen Stellen für diese Hilfe
einzurichten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Man sollte einen Kommandostab einrichten! Hier weiß nie jemand Bescheid!)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Uta Titze-Stecher
13249
(C)
(D)
(A)
(B)
Der Beitrag an den Europarat ist von der Koalition um
900 000 DM aufgestockt worden, und zwar ganz gezielt
für die Arbeit des EuropäischenGerichtshofes fürMen-
schenrechte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben das mit einem Haushaltsvermerk versehen. Ich
muss mich bei der Fachgruppe bedanken, die uns darauf
aufmerksam gemacht hat, dass wir durch einen eigenen
Haushaltsvermerk gesichert haben, dass dieses Geld
wirklich dem EuGH zugute kommt. Angesichts der wach-
senden Zahl von Verfahren – allein von 1998 auf 1999 gab
es einen Anstieg um 77 Prozent – wage ich gar nicht da-
ran zu denken, was auf diesen armen Gerichtshof zu-
kommt, wenn die Serben vor der Tür stehen; also ist diese
Mittelaufstockung mehr als notwendig.
(Heiterkeit)
– Das habe ich bewusst gesagt.
Deutschland ist das erste der großen Beitragsländer,
das seinen Anteil an den dringend zusätzlich benötigten
3,5 Millionen Euro nach Jahren des Nullwachstums ge-
leistet hat. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel bei
unseren Nachbarn Schule macht.
Über die Fraktionsgrenzen hinweg ist es gelungen,
sich auf die Konzeption eines deutschen unabhängigen
Institutes fürMenschenrechte zu einigen. Es soll die Si-
tuation des Menschenrechtsschutzes dokumentiert allge-
mein zugänglich darüber informieren und schließlich Bil-
dungs-, Beratungs- und Forschungsarbeit leisten. Von den
dafür vorgesehenen Mitteln, die in drei Ressorts etatisiert
sind, trägt das Auswärtige Amt einen Anteil von 30 Pro-
zent. Das entspricht 300 000 DM.
(Rudolf Bindig [SPD]: Auch gut!)
Zum Thema Menschenrechte gehören auch die Lage-
berichte des Auswärtigen Amtes. Ich muss sagen, Herr
Bundesaußenminister, wir sind dankbar dafür, dass Sie im
September dieses Jahres eine Neukonzeption vorgelegt
haben, nach der die Botschaften nunmehr verpflichtet
sind, alle – aber auch wirklich sämtliche – vor Ort zur Ver-
fügung stehenden Erkenntnisse auszuwerten,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
also auch diejenigen von lokalen Menschenrechtsgrup-
pen, NGOs, internationalen Organisationen, Anwälten,
Oppositionskreisen und Botschaften der Partnerstaaten.
Kleiner Wermutstropfen: Lassen Sie den Lagebericht
über die asyl- und abschieberelevante Lage im Sudan vom
Sommer dieses Jahres überarbeiten. Aufgrund seiner Män-
gel und Widersprüche ist er als Grundlage für asylrele-
vante Entscheidungen absolut ungeeignet.
Ich komme zu weiteren positiven Punkten. Bei den
parlamentarischen Beratungen konnten die vorgesehenen
Kürzungen beim Stabilitätspakt für Südosteuropa und
bei der Unterstützung der mittelosteuropäischen Län-
der rückgängig gemacht werden. Das heißt, konkret ste-
hen im nächsten Jahr, ebenso wie in diesem Jahr, 300Mil-
lionen DM zur Verfügung. Ich denke, dadurch ist die
Bundesrepublik in der Lage, ihre Zusagen einzuhalten.
Die Entscheidungen tragen aber natürlich auch dazu bei,
dass die Glaubwürdigkeit und die Kontinuität der Außen-
politik dieser Koalition unterstrichen werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Angesichts der aktuellen Entwicklung in der Bundes-
republik Jugoslawien und mit Blick auf die dort anste-
henden Wahlen im Dezember 2000 ist dieses Signal auch
besonders wichtig. Für Soforthilfe stehen 50 Milli-
onen DM für Medikamente, Energie und Nahrungsmittel
zur Verfügung. Nach vielen Jahren der politischen Isolie-
rung muss Jugoslawien geholfen werden, seinen Platz in
der Staatenfamilie wieder zu gewinnen. Allerdings erwar-
ten wir im Gegenzug von Kostunica, die bestehenden
Konflikte im Rahmen der OSZE-Regeln, das heißt fried-
lich, zu lösen.
Das Kapitel Vertretungen des Bundes im Ausland
bedarf aus haushälterischer Sicht einer besonderen Er-
wähnung. – Herzlichen Dank, Herr Hoyer, Sie haben zwei
Jahre lang mit Erfolg, wie Sie sehen, versucht, mich für
dieses Problem zu sensibilisieren. – Der Haushaltsaus-
schuss hat sich einstimmig dafür entschlossen, das
Rechts- und Konsularwesen des Auswärtigen Amtes und
seiner Auslandsvertretungen von der 1,5-prozentigen li-
nearen Personalkürzung auszunehmen. Das ist angesichts
des exorbitant gestiegenen Visaaufkommens unabding-
bar.
Einige Beispiele zur Verdeutlichung. Die Visastelle in
Moskau nimmt täglich 1 400 Anträge entgegen. Bei Ein-
haltung der Dienstzeit – die wird natürlich nicht einge-
halten: die kloppen Überstunden – würden pro Antrag
zwei Minuten zur Verfügung stehen. In Ankara ist das Vi-
saaufkommen in diesem Jahr um 29 Prozent gestiegen, in
Bukarest um 38 Prozent und in Neu Delhi um 41 Prozent.
Das ist natürlich auf Dauer nicht mehr haltbar und unver-
träglich mit Personalverkürzungen in diesem Bereich, der
unserer Meinung nach so zu behandeln ist wie der Bereich
der inneren Sicherheit. Schließlich ist die Visabehörde
unsere Visitenkarte im Ausland.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)
In dem Kapitel Pflege kultureller Beziehungen zum
Ausland haben die Haushälter einvernehmlich die Mittel
für den Betrieb des Goethe-Instituts in Höhe von 20 Pro-
zent – das ist sehr viel, es entspricht 45 Millionen DM –
qualifiziert gesperrt. Das bedeutet, dass die Mittel erst
dann fließen werden, wenn das Goethe-Institut den Emp-
fehlungen des Bundesrechnungshofes folgt, sie zügig um-
setzt und dies in zwei Berichten im Frühjahr und Herbst
nächsten Jahres nachweist.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass aufgrund ei-
ner Initiative aller Fraktionsvorsitzenden des Deutschen
Bundestages der German Marshall Fund of the United
States in den nächsten zehn Jahren eine jährliche Zustif-
tung von 1,5 Millionen DM erfährt. Diese unabhängige
Stiftung mit Sitz in Washington, initiiert von Willy Brandt
als Dank des deutschen Volkes für den Marshall-Plan
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Uta Titze-Stecher
13250
(C)
(D)
(A)
(B)
nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, organisiert
europäisch-amerikanische Austauschkontakte der ver-
schiedensten gesellschaftlichen Gruppen. Wir bedanken
uns an dieser Stelle ausdrücklich für die Arbeit dieser Stif-
tung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die Koalition hat im Bereich der Stipendien ein Son-
derprogramm aufgelegt. Auch dieses unterstreicht und
unterstützt nachdrücklich die Bemühungen der Bundes-
bildungsministerin zur internationalen Öffnung unserer
Hochschulen.
Der auswärtige Dienst – damit möchte ich schließen –
sieht sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts neuen Aufgaben
gegenüber. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts hat
sich bekanntlich die globale Statik verändert. Im Zusam-
menhang mit der EU-Erweiterung um zusätzliche Bei-
trittsländer sind neben den finanziellen Problemen Inte-
grations- und Institutionenprobleme zu lösen. Das aber
bedeutet, dass sich Arbeitsweise und Amtsverständnis des
Auswärtigen Dienstes ändern müssen, weil sich die inter-
nationale Politik geändert hat. Gefragt ist laut des Berichts
des Spitzendiplomaten Karl Theodor Paschke über die
Sonderinspektion der 14 deutschen Botschaften in den
Ländern der EU Public Diplomacy, also öffentlichkeits-
wirksame Erklärung und Vertretung deutscher Interessen
und – folgt man dem Bundesaußenminister und seinen
Ausführungen vom September dieses Jahres – Einmi-
schung, aber nicht mehr in erster Linie vornehme Diplo-
matie.
Ich wünsche Ihnen, Herr Bundesaußenminister, für
diese Koordinatenverschiebung, zu der ich Ihnen gratu-
liere, den notwendigen Erfolg. Wir werden dieses Re-
formvorhaben aus Haushaltssicht wohlwollend begleiten.
Ich danke zum Schluss meinen Kolleginnen und Kollegen
Berichterstattern, schicke einen besonders lieben Gruß an
unseren erkrankten Kollegen Frankenhauser und bedanke
mich bei unseren Mitarbeitern, besonders beim Sekreta-
riat des Haushaltsausschusses. Ich bitte die Opposition
um Zustimmung zu diesem Einzelplan; denn er setzt die
richtigen Signale.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Rede von Dr. Rudolf Seiters
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile
dem Kollegen Dr. Werner Hoyer für die F.D.P.-Fraktion
das Wort.
dem Kollegen Dr. Werner Hoyer für die F.D.P.-Fraktion
das Wort.
-
insert_commentNächste Rede als Kontext
Rede von Dr. Werner Hoyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte
kurz an das anknüpfen, was die Kollegin Titze-Stecher im
Hinblick auf Koordinationsprobleme dieser Regierung in
dem wesentlichen Bereich der internationalen huma-
nitären Hilfe gesagt hat: Die logische Konsequenz aus
diesen Erkenntnissen wäre ein anderer organisatorischer
Zuschnitt der Bundesregierung, der die Integration des
BMZ in das Auswärtige Amt beinhalten müsste. In diesem
Zusammenhang kann man auch Staatsminister Volmer
verstehen, der sich letzte Woche als Privatmann in einer
entsprechenden Weise geäußert hat. Wir sollten ihn nach-
haltig unterstützen.
(Beifall bei der F.D.P.)
Eine derartige Leidenschaftslosigkeit und Lustlosig-
keit, mit der der Herr Bundeskanzler gestern seine Regie-
rungserklärung zur Europapolitik vorgetragen hat, ist dem
Bundesaußenminister Joschka Fischer nicht vorzuwerfen.
(Gernot Erler [SPD]: Sie sind auch keine Stimmungsrakete!)
Leidenschaftslosigkeit und mangelnde Lust – das trifft auf
den Hedonisten Joseph Fischer sicher nicht zu. Das Eti-
kett, mit dem ich seine Außenpolitik belegen würde, sitzt
tiefer: Fischers Außenpolitik ist seelenlos.
(Uta Titze-Stecher [SPD]: Das stimmt aber nicht!)
Was ist eigentlich in den letzten zwei Jahren passiert?
Im Herbst 1998 erschien es vielen, als übernähme eine
Lichtgestalt das Auswärtige Amt, die die Herzen der Mit-
arbeiter ebenso wie die Fantasie der publizistischen Be-
gleiter im Fluge erobert. Man sprach von dem „Neuen“,
der zuhört, der über die Abteilungen des Hauses führt, den
Sachverstand des Amtes mobilisiert, einen intelligenten
politischen Diskurs führt und die kurzen Soundbytes für
CNN ebenso souverän wie seine als Privatmann vorgetra-
gene Rede zur Europapolitik – deren Bedeutung weiß
Gott nicht auf ihrem Inhalt, sondern auf der Tatsache be-
ruht, dass sie überhaupt gehalten worden ist –
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
abliefert. Er referiert kenntnisreich über die Brennpunkte
der Weltpolitik und läuft zu großer Form auf, wenn er mit
sorgenzerfurchter Stirn seinen jeweiligen Zuhörern im
Presseklub, im Auswärtigen Ausschuss, auf der Personal-
versammlung oder bei der Botschafterkonferenz den Lauf
der Geschichte erklärt. Welch ein Start!
Zwei Jahre später ist das Blendwerk durchschaut, die
Fassade bröckelt, der Lack ist ab und hinter der Fassade
wird die Außenpolitik eines Mannes sichtbar, der das in
der Politik nun einmal erforderliche beharrliche Bohren
dicker Bretter nicht zu seiner Sache macht.
(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erhellende Rede!)
Er setzt hier und da einen Akzent, brennt ein Feuerwerk
ab, aber das mühevolle Umsetzen, das beharrliche Wer-
ben um Verbündete, die schwierige konstruktive Ausei-
nandersetzung mit Partnern und die konsequente Arbeit
am Werkstück bleiben aus. Gerade in der Europapolitik
zeigt sich, dass es auf die Kombination von Leidenschaft
in der Sache, Kreativität bei der Formulierung von Zielen
und Optionen und schließlich auf die Beharrlichkeit in der
Verfolgung dieser Ziele ankommt. Davon ist bei dieser
Bundesregierung wenig zu spüren.
(Beifall bei der F.D.P.)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Uta Titze-Stecher
13251
(C)
(D)
(A)
(B)
Mittlerweile merken es plötzlich alle, die Spatzen pfei-
fen es von den Dächern: Jetzt wird nicht mehr über das
Haus und über die Abteilungen geführt, jetzt wird der
Sachverstand des Amtes hinter das innenpolitische Kalkül
des Küchenkabinetts gestellt und die Menschen – weder
diejenigen, die im Auswärtigen Dienst arbeiten noch die-
jenigen, die große Hoffnungen auf die Rolle der Deut-
schen setzen und enttäuscht werden, wie zum Beispiel die
Ärmsten der Armen in Afrika – sie spielen keine Rolle
mehr. Es ist bedenklich, wenn bei dem nun endlich er-
folgten zweiten Besuch des Außenministers in Afrika der
Abstand zu den Menschen so unendlich groß bleibt. Das
ist seelenlose Politik.
(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)
Der Haushaltsausschuss hat den Regierungsentwurf an
ein paar wichtigen Stellen nachgebessert. Ich danke den
Kolleginnen und Kollegen unter der sehr kooperativen
Führung unserer Hauptberichterstatterin Uta Titze-Stecher
für diesen Erfolg.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Birgit Homburger [F.D.P.] und des Abg. Dr. Christian Schwarz-Schilling [CDU/CSU])
Das betrifft zum Beispiel die Korrekturen an der von
Ihnen vorgesehenen Kürzung für humanitäre Hilfe.Was
hatten Sie sich dabei eigentlich gedacht?
(Karl Lamers [CDU/CSU]: Gar nichts!)
Das betrifft auch einen wichtigen Webfehler im Personal-
bereich. Ich freue mich – Frau Titze-Stecher hat dies an-
gesprochen –, dass es gelungen ist, diesen nunmehr zu be-
seitigen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den
Rechts- und Konsularabteilungen der Auslandsvertre-
tungen endlich von den pauschalen Stellenkürzungen
auszunehmen.
Herr Minister, im Sommer haben Sie mir einen Brand-
brief geschrieben, mit der Bitte, sich dafür einzusetzen.
Wie kommt es eigentlich, dass Sie zu den Haushalten für
1999 und für 2000 zwei genau in diese Richtung ge-
henden Anträgen der F.D.P.-Fraktion im Deutschen Bun-
destag nicht zugestimmt, ja sie sogar mit Ihrer eigenen
Stimme als Abgeordneter abgelehnt haben?
(Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Wohl wahr! – Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/ CSU]: Unglaublich!)
Und wie kommt es, dass dies in Ihrem Regierungsent-
wurf zum Haushaltsgesetz nicht enthalten ist? Sie muss-
ten das Parlament mobilisieren. Aber dies ist auch erfolgt.
Ich danke den Kolleginnen und Kollegen dafür, dass da-
raus etwas geworden ist. Das ist ja wirklich wichtig.
Man kann sich als Außenpolitiker Federn an den Hut
stecken beispielsweise wegen der schönen auswärtigen
Kulturpolitik oder wegen Erfolgen in der Außenwirt-
schaftspolitik. – Das ist allerdings bei dieser Regierung
auch eher theoretisch, weil sich weder der Außenminister
noch der Wirtschaftsminister für Außenwirtschaftspolitik
interessiert. – Aber bei den Rechts- und Konsularangele-
genheiten, dort, wo die eigentliche Knochenarbeit der
Auslandsvertretungen zu leisten ist, kann man relativ we-
nig Glanz gewinnen. Deswegen ist es wichtig, dass man
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Bereiche
nunmehr eine Perspektive verschafft.
Übrigens wird als nächster Schritt auf diesem Gebiet
die noch fehlende elektronische Vernetzung von etwa
100 Auslandsvertretungen geschaffen werden müssen.
Das wird uns 70 Millionen DM kosten. Das ist gut ange-
legtes Geld. Sie sollten so schnell wie möglich handeln.
Frau Kollegin Titze-Stecher hat über einige weitere
strukturelle Veränderungen im Personalbereich gespro-
chen. Insbesondere wissen wir alle, dass wir mit der Um-
setzung des Gesetzes über den auswärtigen Dienst noch
längst nicht zu Ende gekommen sind. Das Thema der Per-
sonalreserve – falscher Begriff, aber richtiger Inhalt –
wird uns weiter beschäftigen. Sie können auf unsere Un-
terstützung zählen, wenn es darum geht, Fortschritte zu
erzielen.
Aber ich halte es für dringend geboten, eine grundsätz-
lichere Debatte über den auswärtigen Dienst zu führen,
und zwar auf einer breiteren Grundlage. Es wird nicht
mehr reichen, hier und da eine Verbesserung vorzuneh-
men; denn dabei wird meistens nur ein Loch gestopft, in-
dem ein anderes aufgerissen wird. Wir müssen – diese Be-
reitschaft haben Sie eigentlich auch erklärt – die
Funktionen des auswärtigen Dienstes in einer dramatisch
veränderten Welt neu definieren. Ich bin allerdings davon
überzeugt, dass wir über eine hausinterne Betrachtung
dieses Problems hinausgehen müssen, dass wir etwas
brauchen, wie es die Bundeswehr mit der Weizsäcker-
Kommission gehabt haben. Die Engländer würden sagen:
Wir brauchten eine Royal Commission für den auswärti-
gen Dienst. Diese sollte mit viel Sachverstand – auch von
außen und auch aus dem Ausland – dafür sorgen, dass wir
uns eine einvernehmlich getragene Vorstellung davon ma-
chen, was die Funktionen und die Funktionsnotwendig-
keiten des auswärtigen Dienstes in der Zukunft sind.
Ich warne im Übrigen davor, schon jetzt den Abgesang
auf die klassische Diplomatie anzustimmen. Gerade die
aktuelle innenpolitische Diskussion in Deutschland zeigt,
wie wichtig es ist, auch nach draußen darzustellen, was
hier bei uns geschieht. Dazu werden wir auch in Zukunft
– auch in der Europäischen Union – Auslandsvertretun-
gen brauchen.
Gerade die Abhängigkeit der Bundesrepublik von den
Weltmärkten zeigt, wie wichtig es ist, unsere außenwirt-
schaftspolitischen Aktivitäten zu intensivieren und zu
bündeln. Sie zeigt auch, wie absurd die etwas naiv vorge-
tragene Vorstellung einiger Kolleginnen und Kollegen ist,
man könnte das alles Gemeinschaftsvertretungen der EU-
Mitgliedstaaten übertragen. Ich sehe den französischen
Botschafter schon vor mir, wie er irgendwo in der Welt die
Außenwirtschaftsinteressen der deutschen Unternehmen
vertritt. Hier werden wir also zu anderen Formen der
Zusammenarbeit kommen müssen. Da ist sehr viel Musik
drin. Da ist sehr viel Kreativität gefragt. Hier werden wir
einiges entwickeln können.
(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
Dr. Werner Hoyer
13252
(C)
(D)
(A)
(B)
Man wird sich zum Beispiel fragen müssen, wie wir
künftig in einem einheitlichen Raum der Freiheit, der Si-
cherheit und des Rechts, wie der Amsterdamer Vertrag die
EU definiert, die Interessenwahrnehmung in den Partner-
staaten der Union auf dem Gebiet des konsularischen
Schutzes gewährleisten können. Hier sind Veränderungen
ganz wichtig und möglich und können zu erheblichen
Ressourceneinsparungen führen.
Sie haben eine Reformdebatte im eigenen Hause ange-
stoßen, Herr Minister. Das begrüße ich sehr. Wir sind uns
sicherlich auch darüber im Klaren, dass das jetzt disku-
tierte Personalentwicklungskonzept nicht das letzte
Wort sein kann, nicht zuletzt deshalb, weil Ihnen kein Un-
ternehmensberater attestieren wird, dass dieses Personal-
entwicklungskonzept seinen Namen verdient.
(V o r s i t z: Vizepräsidentin Anke Fuchs)
Ein Personalentwicklungskonzept, das nach wie vor an
Planstellen ansetzt und nicht an Menschen und ihren
Entwicklungsoptionen, geht daneben. Ein Personalent-
wicklungskonzept, das, nebenbei bemerkt, nicht als erstes
die Personalverwaltung in ihrer bisherigen Form selber
infrage stellt, wird auch nicht den Durchbruch bringen.
Deshalb möchte ich Sie ermutigen, neben der hausinter-
nen Debatte auch dafür zu sorgen, dass die Idee einer
„Weizsäcker-Kommission für den auswärtigen Dienst“
weiterverfolgt wird.
Zum Schluss ganz kurz ein Wort zur Europapolitik,
die hier gestern hinreichend abgehandelt worden ist. Auch
hier kommt es immer wieder auf die Kombination von
Engagement, Kreativität bei der Definition von Zielen
und Wegen, wie man diese Ziele erreichen kann, und auf
das beharrliche Umsetzen im ständigen Dialog mit den
Partnern an. Das ist das Problem, das Sie innerhalb weni-
ger Tage, bis zum Gipfel in Nizza, lösen müssen. Sie über-
sehen dabei, welche Vorlage Ihnen mit dem Vertrag von
Amsterdam gegeben worden ist.
(Lachen bei der SPD – Joseph Fischer, Bundesminister: Wohl wahr!)
Eines geht nicht: Es ist eine Verzerrung der Geschichte
der europäischen Integration, wenn nur das gesehen wird,
was in Amsterdam nicht gemacht worden ist, nämlich die
institutionellen Fragen zu lösen. Der Vertrag von Amster-
dam hat dem entscheidenden Durchbruch bei der Stär-
kung des Europäischen Parlaments gebracht. Darauf müs-
sen Sie jetzt aufbauen. Der Vertrag von Amsterdam hat die
Integration der WEU in die EU auf den Weg gebracht. Da-
ran müssen Sie weiterarbeiten. Der Vertrag von Amster-
dam hat es ermöglicht, dass sich die Europäische Union
mit Fragen der Innen- und Rechtspolitik beschäftigt. Auch
darauf können Sie jetzt aufbauen.
Bereits im Vertrag von Amsterdam ist das Instrument
der verstärkten Zusammenarbeit begründet worden, also
die Möglichkeit, dass eine Gruppe von Staaten, die vo-
ranschreiten möchten, auch wenn einige andere Staaten
noch nicht oder überhaupt nicht mitmachen wollen, das
auch tun können. Sie müssen das weiterentwickeln, in-
dem festgeschrieben wird, dass man diesen Weg auch
beschreiten kann, wenn keine Einstimmigkeit über ein
solches Vorgehen besteht. Das sind riesige Herausforde-
rungen. Das wissen wir. Es gab ja schließlich Gründe,
warum das damals in Amsterdam nicht gelungen ist. Nur,
Sie können auf etwas Großartigem aufbauen.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass das Handwerkli-
che bei der Vorbereitung auf die bevorstehende Regie-
rungskonferenz gerade angesichts der schwierigen Situa-
tion, in der sich der französische Partner befindet, nicht
gelungen ist.
(Uta Titze-Stecher [SPD]: Eben, der Partner!)
Aber das lag vor allen Dingen auch daran, dass man eine
große Stärke der deutschen Außen- und Europapolitik in
Gefahr gebracht hat, nämlich die Fähigkeit, stets die klei-
nen Mitgliedstaaten in der Europäischen Union in den
gleichberechtigten Dialog, sozusagen auf Augenhöhe,
einzubeziehen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)