Rede:
ID1413601600

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung des schweizerischen Bundespräsi- denten und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölke- rungsschutz und Sport, Herrn Bundesrat Adolf Ogi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 D Tagesordnungspunkt III (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13187 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13187 B Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/4504, 14/4521) . . . . . . . 13187 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13197 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13210 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13214 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13236 A Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 13239 D Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13241 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13242 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13242 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/4505, 14/4521) . . . . . . . 13245 A Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13245 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13247 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13251 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13253 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 13255 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13256 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 13262 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 13263 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . 13265 D Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/4513, 14/4521) . . . . . . . 13267 A Plenarprotokoll 14/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 I n h a l t : Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13267 C Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 13273 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13276 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13277 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 13280 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13281 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 13283 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13285 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13290 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13291 B Namentliche Abstimmungen 13293 A, 13293 A, 13298 B Ergebnisse . . . . . . 13293 D, 13296 A, 13301 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 14/4509, 14/4521) . . . . . . . 13298 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13298 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13306 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13308 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 13312 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . 13314 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13316 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13316 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13319 B Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13320 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/4517, 14/4521) . . . . . . . 13322 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13322 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13324 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 13325 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13327 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13329 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13332 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 13333 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 13335 B Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13337 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13339 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums der Verteidigung (Tagesordnungs- punkt III. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussem- pfehlung des Haushaltsausschusses zum Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Tagesordnungspunkt III. 16) 13340 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 Klaus-Jürgen Hedrich 13338 (C) (D) (A) (B) Berichtigungen 133. Sitzung, Seite 12861 (D) zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Diese 3,5 Millionen DM sind insofern verstetigt, als sie einen Ver- trag zwischen zwei förderalen Institutionen – zwischen Bund und Land – betreffen und Personalkosten sind.“ 135. Sitzung, Seite 13152 (B) vierter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb habe ich Herrn Austermann im Ohr, der vorhin behauptet hat, wir würden im Interesse der Haushaltskonsolidierung keine Ausgaben- beschränkung vornehmen, keine Ausgabendisziplin üben.“ 135. Sitzung, Seite 13155 (D) erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Also lassen Sie das doch mit der Leitgeschichte und bleiben Sie bes- ser bei Herrn Stoiber, der zu Recht auf Bayerisch gesagt hat: D’Leit brauch’n a Kultur.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 13339 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 29.11.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 29.11.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 29.11.2000* Klaus Burchardt, Ursula SPD 29.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.11.2000 Frick, Gisela F.D.P. 29.11.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 29.11.2000 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 29.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 29.11.2000 Kramme, Anette SPD 29.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.11.2000* Erich Müller (Berlin), PDS 29.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 29.11.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 29.11.2000 Schenk, Christina PDS 29.11.2000 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 Irmingard DIE GRÜNEN von Schmude, Michael CDU/CSU 29.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Wiese (Hannover), SPD 29.11.2000 Heino Wohlleben, Verena SPD 29.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 29.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist von der ihm zustehenden Beratung und Entscheidung über die Ausrichtung und Struktur einer reformierten Bundeswehr praktisch enteignet worden. Dieses vorde- mokratische Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deut- schen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es zum einen darum, dass ich eher aus der Presse als aus den dafür zuständigen Gremien über Vor- haben der Privatisierung und Wirtschaftskooperation er- fahre, deren Implikationen im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemes- senen parlamentarischen Beurteilung unterworfen wer- den. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel ge- genüber den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Würde des Parlaments. Zum anderen: Der in der Verfassung festgeschriebene Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung. Wenn jetzt der Fokus auf „Bündnisverteidigung“ erwei- tert bzw. verlagert wird, bedeutet das statt einem Abbau der angriffsfähigen Verbände einen Ausbau der Krisenre- aktionskräfte. Die Armee wird auf Interventionsfähigkeit umgebaut – warum und für was? Auch der Kosovo-Krieg wäre nach offizieller Diktion unter „Bündnisverteidi- gung“ subsumiert worden, die aktuelle NATO-Strategie – übrigens genau wie die Bundeswehrstrukturreform zwar von tief greifender Bedeutung, aber ohne parlamen- tarische Befassung – geht von militärischen Präventiv- schlägen – zum Beispiel zur „Vermeidung von Flücht- lingströmen“ – aus. An ein UN-Mandat als Voraussetzung ist eine solche Intervention nicht gebunden. Auf der europäischen Ebene wird eine gemeinsame Truppe gebildet – ebenfalls wie die Bundeswehrstruk- turreform und die NATO-Strategie nicht einmal Gegen- stand von Beratungen, geschweige denn transparenter Entscheidung im Parlament! In wieweit dies zusätzliches Personal bedeutet, kann ich zurzeit nicht verifizieren, scheint mir aber gerade wegen der Notwendigkeit, bei Krisenreaktionskräften in regelmäßigen Abständen die Kräfte auszutauschen, sehr wahrscheinlich. Mit Sicher- heit bedeutet es zusätzliche Ausrüstung, damit ein Wei- terdrehen der Rüstungsspirale statt des überfälligen Ausstiegs. „Die Krisenreaktionstruppe soll durch um- fangreiche Lufttransport- und Logistik-Einheiten ergänzt werden. Die Truppe soll für Einsätze von über einem Jahr in bis zu 4 000 Kilometern Entfernung bereitstehen“ heißt es in einer Agenturmeldung vom 22. September 2000. Ei- nen so weit gestreckten Aktionsradius kann ich mit mei- nem Verständnis von Landesverteidigung nicht vereinba- ren und muss schon deshalb gegen ein solches Projekt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend ma- chen. An der europäischen Truppe hat der Verteidigungsmi- nister eine erhebliche Beteiligung zugesagt, Deutschland würde nach bisherigem veröffentlichten Stand gar den Löwenanteil übernehmen. In der Öffentlichkeit führt das zu besorgten Äußerungen – „Spiegel“, 48/2000 –: „Bei künftigen Krisen in Europa werden die Amerikaner ‚Ger- mans to the front’ rufen, anstatt eigene Spezialkräfte zu schicken. Und EU-Partner werden die starken Deutschen bei militärischen Abenteuern gern und womöglich oft um Hilfe bitten. Eine Berliner Regierung, die zudem offensiv einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebt, könnte kaum noch nein sagen.“ Das sind Parameter für eine deutsche Militärpolitik, die ich nicht mittragen kann und will. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist mit der Entscheidung über die Ausrichtung und Struk- tur einer reformierten Bundeswehr nicht befasst worden. Dieses Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deutschen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es unter anderem darum, dass die Impli- kationen der Vorhaben der Privatisierung und Wirt- schaftskooperation im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemessenen parlamentarischen Beurteilung unterworfen werden. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel gegen- über den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Aufgabe des Parlaments. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 200013340 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Als nächs-
    ter Redner hat der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU,
    Friedrich Merz, das Wort.

    Friedrich Merz (CDU/CSU) (von der CDU/CSU mit
    Beifall begrüßt): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da-
    men und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben es für
    richtig gehalten, nach Ihrer ansonsten sehr ruhigen und
    sachorientierten Rede zum Schluss eben doch wieder zu
    spalten.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


    Ihre sehr auf Ausgleich und die Sachpolitik ausgerichtete
    Rede haben Sie dazu benutzt, zum Schluss wieder sehr
    stark parteipolitisch-emotional zu werden.


    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Mit gutem Grund! Wir sind empfindlich, was das angeht! – Weitere Zurufe von der SPD)


    – Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören.
    Deswegen will ich zu Beginn, bevor ich auf die einzel-

    nen Themen zu sprechen komme, in aller Ruhe, aber auch
    in aller Klarheit und Deutlichkeit auf Folgendes hinwei-
    sen: Erstens. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sitzen
    nicht die deutschen Konservativen, sondern die deutschen
    Christdemokraten – die Christlich-Demokratische und die
    Christlich-Soziale Union – als Parteien der Mitte und
    nicht der Rechten.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Zweitens. Es hat genauso großartige Frauen und Män-
    ner der deutschen Sozialdemokraten gegeben wie großar-
    tige Frauen und Männer unter den Christdemokraten. Hier
    in Berlin ist vor mehr als 50 Jahren die Christlich-Demo-
    kratische Union von Frauen und Männern gegründet wor-
    den, die zum Teil wenige Tage zuvor aus den Konzentra-
    tionslagern der Nazis entlassen worden waren.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es hat in den 70er-Jahren einen vergleichbaren Vorfall

    gegeben, als der damalige Bundesfinanzminister Alex
    Möller im Deutschen Bundestag, damals noch in Bonn,
    die Union auch in die geistige Nähe der Nationalsozialis-
    ten gerückt hat.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Recht hat er! – Weitere Zurufe von der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    – Herr Präsident, ich denke, dass der Zwischenruf des
    Kollegen Stiegler – den Sie vielleicht nicht gehört haben
    und den auch die Fernsehzuschauer nicht hören konn-
    ten –, der auf meinen Hinweis, was in den 70er-Jahren mit
    Herrn Möller passiert ist, mit den Worten: „Recht hat er!“
    geantwortet hat, in ausreichender Weise vom Präsidium
    des Deutschen Bundestages gewürdigt werden muss. Das
    erwarte ich von Ihnen.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist keine Frage des Präsidiums! Herr Möller war nie leichtsinnig! Er wusste, worüber er redete! – Dr. Peter Struck [SPD]: Sie haben dem Präsidenten keine Weisungen zu erteilen! Wer sind Sie denn überhaupt?)


    Dieses Land hätte nicht auf eine erfolgreiche 50-jäh-
    rige Geschichte in Frieden und Freiheit zurückblicken
    können, wenn es nicht Christdemokraten und Sozialde-
    mokraten gewesen wären, die aus den Erfahrungen der
    wirklich schrecklichsten Jahre der Geschichte unseres
    Landes gelernt und hier eine stabile Demokratie aufge-
    baut hätten. Sie hätten gut daran getan, dieses nicht, zu-
    mindest zwischen den Zeilen, mit Ihren Worten infrage zu
    stellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Bevor ich zur Wirtschafts-, Finanz-, Arbeitsmarkt- und
    Sozialpolitik komme, will ich vorab zwei Themen auf-
    greifen, die Sie angesprochen haben und die eine kurze
    Erwiderung erfordern.

    Sie haben angeboten, in den nächsten Monaten mitei-
    nander über die sehr schwierigen Fragen zu sprechen, die
    mit der Erforschung des menschlichen Genoms zusam-
    menhängen, und dies zum Gegenstand einer Aussprache
    im Deutschen Bundestag zu machen. Ich begrüße das und
    hoffe, dass wir Gelegenheit haben, darüber zu sprechen,
    bevor die Bundesregierung entsprechende rechtliche Re-
    gelungen auf den Weg bringt. Ich würde es auch be-
    grüßen, Herr Bundeskanzler, wenn Sie die Ankündigung,
    darüber zu sprechen, nicht nur bei Anwesenheit des Fern-
    sehens machten, sondern auch zu einer Zeit, in der das
    Fernsehen vielleicht nicht dabei ist und Sie selbst im
    Deutschen Bundestag anwesend sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)





    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    13223


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Sie haben auch ein Problem angesprochen, das die
    Menschen in diesem Land in diesen Tagen besonders be-
    schäftigt und bewegt, nämlich die BSE-Krise und die
    Konsequenzen für die menschliche Ernährung und die
    Gesundheit. Ich gebe Ihnen gerne die Zusage, dass wir in
    dieser Woche mit Ihnen zusammen alles tun werden, da-
    mit so schnell wie möglich ein größtmögliches Maß an
    Verbraucherschutz sichergestellt bzw. dort wieder herge-
    stellt wird, wo es möglicherweise angezweifelt wird. Ich
    bitte Sie in diesem Zusammenhang aber auch darum, dass
    die Bundesregierung jede Anstrengung zur Erforschung
    der Zusammenhänge unternimmt, die mit dieser Erkran-
    kung einhergehen, und dass sie im Bundeshaushalt, den
    wir hier zu verabschieden haben, entsprechende Maßnah-
    men ergreift.

    Herr Bundeskanzler, wir erwarten von Ihnen ebenfalls,
    dass die Bundesregierung entgegen ihrer bisherigen Ge-
    wohnheit auch den Landwirten in der Bundesrepublik
    Deutschland eine angemessene Hilfe für die Ausfälle zu-
    kommen lässt, die sie in diesen Tagen und Wochen haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Wir dürfen die Landwirte, die zum Teil in einer existenz-
    bedrohenden Lage sind und die gerade in diesen Tagen
    und Wochen weiter in Schwierigkeiten geraten, nicht al-
    leine lassen. Sie geraten nicht in Schwierigkeiten, weil sie
    die industrielle Produktion gewollt haben, sondern weil
    die Politik die Rahmenbedingungen so geschaffen hat,
    dass es nicht mehr anders ging.


    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir sind alle daran beteiligt. Machen Sie hier keine ein-
    seitigen Schuldzuweisungen!


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nicht! Wir sind daran nicht beteiligt, Herr Merz! – Kerstin Müller ([Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CSU, Ihre Schwesterpartei!)


    Wir alle haben es zu verantworten, dass sich die Agrarpo-
    litik in den letzten Jahren und Jahrzehnten in diese Rich-
    tung entwickelt hat. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir
    das korrigieren können! In der aktuellen Lage aber haben
    die Landwirte Anspruch darauf, dass wir sie nicht alleine
    lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich komme nun zu den eigentlichen Themen, die diese

    Debatte bestimmen sollen: dem Bundeshaushalt, der
    Wirtschaftspolitik, der Arbeitsmarktpolitik und der Sozi-
    alpolitik. Herr Bundeskanzler, damit sich in der öffentli-
    chen Wahrnehmung keine falschen Eindrücke festsetzen:
    In diesem Jahr hat die Bundesregierung – ich sage das mit
    Leidenschaft und Freude – ein wirtschaftliches Wachs-
    tum zu verzeichnen, das genauso hoch ist wie das Wachs-
    tum im letzten Jahr der Regierung der alten Koalition. Ich
    beglückwünsche Sie dazu, dass Sie im zweiten Jahr Ihrer
    Regierungstätigkeit das Wachstum wieder erreicht haben,

    das Sie vorgefunden hatten, als Sie 1998 gewählt worden
    sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Was war vorher, in den 90er-Jahren?)


    Wir freuen uns mit Ihnen darüber.
    Den Wachstumseinbruch in Deutschland hat es nach Ihrer
    Regierungsübernahme gegeben.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Ich habe ein relativ gutes Zahlengedächtnis:

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das wissen wir!)

    Wir hatten in Deutschland im Jahre 1999 ein wirtschaftli-
    ches Wachstum von 1,4 Prozent. Damit war Deutschland
    in Bezug auf das wirtschaftliche Wachstum im ersten Jahr
    Ihrer Regierungstätigkeit das Schlusslicht aller elf Euro-
    Teilnehmerstaaten. Bei aller Freude darüber, dass das in
    diesem Jahr besser ist, sage ich: Auch im Jahre 2000
    gehören wir zum letzten Drittel der elf Euro-Teilnehmer-
    staaten. Deutschland ist in diesem Bereich also nicht an
    die Spitze Europas gerückt, sondern im Geleitzug der
    übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wieder
    ein Stück weit nach vorne gekommen.

    Herr Bundeskanzler, der Trick funktioniert immer wie-
    der: Kritik an der Bundesregierung ist Kritik am Volk


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Majestätsbeleidigung!)


    und weil man das Volk nicht kritisieren darf, darf man
    auch die Bundesregierung nicht kritisieren. Eine solche
    Arbeitsteilung machen wir aber nicht mit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Unser Land nutzt zurzeit seine Chancen nicht ausrei-
    chend, weil es nicht die Bundesregierung hat, die es ver-
    dient hat. Darüber muss man reden, aber auch streiten dür-
    fen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen will ich auch darauf hinweisen, dass das ge-
    genwärtige wirtschaftliche Wachstum Deutschlands ganz
    überwiegend vom Export getragen wird. Der Export ist in
    den letzten Monaten deswegen so gut gelaufen, weil er
    weitgehend von der Schwäche des Euro profitiert. Darü-
    ber kann sich aber in Deutschland in Wahrheit niemand
    freuen,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    da die Schwäche des Euro unsere starke Abhängigkeit
    vom Export und gleichzeitig die Schwäche der Binnen-
    konjunktur aufzeigt. Darüber muss nicht in Europa und
    nicht weltweit, sondern in Deutschland gesprochen und
    gestritten werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Warum haben wir in Deutschland nicht das Wachstum,
    das wir eigentlich haben könnten? Warum liegen wir nicht




    Friedrich Merz
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    (B)


    innerhalb Europas an der Spitze, so wie es übrigens bei
    Helmut Kohl fast in allen Jahren seiner Regierung – in den
    furchtbaren 16 Jahren, die Sie ständig beschreiben – ge-
    wesen ist? Die Bundesrepublik Deutschland hat in den
    16 Jahren der Regierungszeit von Helmut Kohl fast im-
    mer an der Spitze gelegen, sie war fast immer die Wachs-
    tumslokomotive in Europa. Jetzt ist Deutschland zur
    Wachstumsbremse geworden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Herr Bundeskanzler, hinsichtlich der Steuerpolitik,
    die Sie in rosaroten Farben geschildert haben, gestehe ich
    Ihnen zu, dass Sie mit dem, was im Juli verabschiedet
    worden ist, einen wichtigen Schritt getan haben. Die Tat-
    sache, dass große Unternehmen, große Kapitalgesell-
    schaften in Deutschland steuerlich entlastet werden müs-
    sen, bestreitet bei uns überhaupt niemand. Wir brauchen
    in diesem Land große Kapitalgesellschaften. Die Indus-
    triegeschichte der Bundesrepublik und der Welt ist von
    großen deutschen Unternehmen geschrieben worden.
    Wenn große deutsche Unternehmen fortbestehen wollen,
    brauchen sie eine steuerliche Entlastung, um im interna-
    tionalen Bereich wettbewerbsfähig zu sein. Aber warum
    werden eigentlich nur die großen Unternehmen entlastet?
    Haben nicht auch die kleinen Unternehmen, die nicht im
    weltweiten, sondern im lokalen Wettbewerb stehen, An-
    spruch darauf, so entlastet zu werden, wie es die großen
    zum 1. Januar 2001 erfahren?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Die anderen werden doch auch entlastet! – Weitere Zurufe von der SPD)


    Reden Sie doch nicht darum herum! Warum machen
    Sie denn eine Steuerreform, die bis zum Jahre 2005
    reicht? Warum werden die kleinen und mittleren Unter-
    nehmen in Deutschland erst im Jahr 2005 entlastet und die
    großen schon im Jahr 2001?


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist doch falsch! Was kriegen denn die kleinen und mittleren Unternehmen 2001?)


    Das ist der entscheidende Vorwurf, den wir Ihnen ma-
    chen: Sie fokussieren Ihre Wirtschaftspolitik auf die
    großen Einheiten, auf die großen Unternehmen. Wenn Sie
    das bestreiten, dann nehmen Sie die Lebenswirklichkeit in
    Deutschland tatsächlich nicht mehr wahr.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch langsam selber nicht mehr!)


    Die kleinen und mittleren Unternehmen stehen zum Teil
    mit dem Rücken an der Wand. Wenn am 1. Januar 2001
    die dritte Stufe der Ökosteuer in Kraft tritt, dann wird dies
    – das bezieht sich insbesondere auf die Steuerpolitik, die
    Sie in Deutschland betreiben –, für viele Unternehmen ge-
    rade im Transportgewerbe das Aus bedeuten.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich will mit einem zweiten Märchen aufräumen. Die

    Behauptung, dies sei die größte Steuerreform aller Zeiten,

    was sich wie ein roter Faden durch sämtliche Ihrer Reden
    hindurchzieht, kann nur jemand aufstellen, der die
    jüngste Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in
    der Steuerpolitik nicht mehr in Erinnerung hat. In den
    80er-Jahren hat der damalige Bundesfinanzminister
    Gerhard Stoltenberg noch für die alte Bundesrepublik
    Deutschland mit einem Bruttoinlandsprodukt, das nur
    etwa zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes betrug, das
    wir heute in der wiedervereinigten Bundesrepublik
    Deutschland haben, eine Steuerreform gemacht, die in
    ihrem Umfang größer gewesen ist als das, was Sie jetzt
    auf fünf Jahre verteilt bis zum Jahre 2005 machen.


    (Joachim Poß [SPD]: Das stimmt ja nicht! 40 Milliarden DM in drei Stufen!)


    Übrigens: Diejenigen, die von Ihnen bis zum Jahr 2005
    entlastet werden sollen, werden nur in einem einzigen
    Jahr, nämlich im nächsten Jahr, geringfügig entlastet. Ab
    dem Jahr 2002 wachsen die kleineren und mittleren Be-
    triebe und die Privathaushalte wieder so weit in die Pro-
    gression hinein, dass sie diese Steuerreform allesamt sel-
    ber bezahlen. Das ist die Steuerpolitik dieser rot-grünen
    Bundesregierung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Noch eine kurze Bemerkung zum Bundeshaushalt.

    Selbstverständlich bemühen Sie sich darum zu sparen.
    Wer wollte das nicht unterstützen und dort, wo es richtig
    und möglich ist, nicht auch lobend und voller Freude er-
    wähnen? Aber glauben Sie nur nicht, dass die Leute ein so
    schlechtes Gedächtnis haben, dass keiner mehr weiß, dass
    der erste Haushalt, den Sie zu verantworten haben, näm-
    lich der Haushalt, den Oskar Lafontaine eingebracht hat,
    gegenüber der Finanzplanung von Theo Waigel um
    30 Milliarden DM aufgebläht gewesen ist!


    (Zuruf von der SPD: Warum?)

    Sie haben zunächst einmal die große Kelle herausgeholt
    und 30 Milliarden DM mehr ausgegeben und anschlie-
    ßend reden Sie in kleinen Schritten über das Sparen. Das
    ist keine Sparpolitik, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Falsch!)


    Herr Eichel, Sie verlassen sich bei Ihrem Haushalt nicht
    auf eine Neustrukturierung der Ausgaben, sondern Sie
    freuen sich über eine wesentlich höhere Einnahmenlage
    im öffentlichen Gesamthaushalt, insbesondere durch sol-
    che Einnahmen, für die Sie nicht nur nichts können, son-
    dern deren Grundlagen Sie bis zur Regierungsübernahme
    massiv bekämpft haben. Das ist die Wahrheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun zum Arbeitsmarkt. Auch da haben Sie, Herr

    Bundeskranzler, die Lage beschrieben, sich jede Kritik
    verbeten und gesagt, darüber, dass es auf dem Arbeits-
    markt in Deutschland aufwärts geht, könne man wahrlich
    nicht mehr streiten.


    (Jörg Tauss [SPD]: Freuen Sie sich doch!)

    Ich freue mich – mit Ihnen – darüber, dass es in ei-
    nigen Branchen in Deutschland, insbesondere in der




    Friedrich Merz

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    (B)


    Telekommunikations- und Informationstechnologie, eine
    größere Zahl von neuen Arbeitsplätzen gibt.


    (Jörg Tauss [SPD]: Prima!)

    Aber die tatsächliche Lage auf dem Arbeitsmarkt ist doch
    dadurch unvollständig beschrieben.
    Wie sieht denn die Wirklichkeit aus?


    (Jörg Tauss [SPD]: Das hat der Bundeskanzler doch gesagt! Es steht im Protokoll! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie haben nicht zugehört!)


    Die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit in Deutschland ist
    im Jahre 1998 wirklich zurückgegangen. Im Jahr 1998,
    vor Ihrer Regierungsübernahme, hat es in Deutschland
    eine Reduzierung der Arbeitslosenzahl um ungefähr
    400 000 gegeben. Das war die Bilanz des Jahres 1998:
    400 000 Arbeitslose weniger, bevor Sie an die Regierung
    gekommen sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Seit 1999 verlassen Sie sich nur noch darauf, dass in der
    Arbeitslosenstatistik die demographische Entwicklung so
    durchschlägt, dass aus immer mehr älteren Arbeitslosen
    Rentner werden, statt darauf hinzuwirken, dass aus jün-
    geren Arbeitslosen Beschäftigte werden. Das ist die tat-
    sächliche Lage auf dem Arbeitsmarkt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn Sie dem mit dem Argument widersprechen, man

    sehe das an der Tatsache, dass es eine Vielzahl neuer Be-
    schäftigungsverhältnisse gibt – Sie haben in diesem Zu-
    sammenhang eben eine Zahl genannt, die sogar zu niedrig
    war –, dann möchte ich auf Folgendes hinweisen: Seit
    1999 – genau: seit dem Frühjahr 1999 – hat die Zahl der
    sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält-
    nisse in Deutschland um etwa 1,8 Millionen bis 2 Milli-
    onen zugenommen. Was ist der Grund dafür? Das kommt
    daher, dass diejenigen, die vorher geringfügig beschäftigt
    waren, jetzt sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.
    Das ist reine statistische Trickserei von Ihnen. Dies hat mit
    der Wirklichkeit nichts zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun mag es ja so sein, dass Sie das alles als Schwarz-

    malerei der Opposition abtun, die Ihnen den Erfolg und
    dem deutschen Volk den Fortschritt nicht gönnt. Es gibt
    allerdings unverdächtige wissenschaftlich tätige Zeitge-
    nossen, die sich, von Ihnen – nicht von uns – berufen mit
    der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt auseinander set-
    zen. Im Herbstgutachten des Sachverständigenrates, das
    vor wenigen Wochen in Berlin veröffentlicht wurde, heißt
    es wörtlich:

    Alles in allem ist der Beschäftigungsaufbau im Ge-
    folge des derzeitigen Konjunkturzyklus enttäu-
    schend. Verglichen mit der Entwicklung während der
    vorangegangenen Aufschwungphasen in den siebzi-
    ger,

    – jetzt hören Sie genau zu –
    achtziger- und neunziger Jahren

    – damals waren bekanntlich wir an der Regierung –
    nimmt die Beschäftigung nur mit großer Verzöge-
    rung zu.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Das ist so klar und überzeugend, dass man dem eigentlich
    nichts mehr hinzufügen muss. Trotzdem sage ich zur
    Klarstellung: Herr Bundeskanzler, ich bestreite gar nicht,
    dass es auf dem Arbeitsmarkt an der einen oder anderen
    Stelle substanzielle Verbesserungen gibt. Aber eine wirk-
    liche Beschäftigungsdynamik, so wie sie in vielen ande-
    ren europäischen Ländern schon seit längerer Zeit festzu-
    stellen ist, gibt es in Deutschland nicht. Über die Gründe,
    warum das der Fall ist, müssen wir hier sprechen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte Ihnen zwei wesentliche Gründe – man kann

    sie auch als makroökonomische Ursachen bezeichnen –
    nennen. Die erste Ursache ist: Der Grad der Regulierung
    unseres Arbeitsmarktes nimmt wieder zu. Sie haben zu
    Beginn Ihrer Regierungstätigkeit eine ganze Reihe von
    Maßnahmen, mit denen der Arbeitsmarkt in Gang gebracht
    worden ist – darauf ist das gute Ergebnis des Jahres 1998
    zurückzuführen –, rückgängig gemacht: Neuregelung der
    630-Mark-Beschäftigungsverhältnisse, Änderung des Kün-
    digungsschutzrechtes, Neuregelung der Lohnfortzahlung
    im Krankheitsfall und Wiedereinführung des Schlechtwet-
    tergeldes. Sie haben alle unsere Maßnahmen rückgängig ge-
    macht


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: Sehr gut!)


    und haben dadurch die in Deutschland einsetzende Be-
    schäftigungsdynamik abrupt gestoppt.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eines muss ich Ihnen allerdings zugestehen: Es gibt

    eine Ausnahme, für die Sie selbst gesorgt haben und die
    seit November letzten Jahres gilt. Diese Ausnahme war
    – darauf hat der Kollege Michael Glos schon heute Mor-
    gen hingewiesen – der so genannte Haustarifvertrag bei
    der Philipp Holzmann AG. Hier wurde in einem großen
    Unternehmen – es geht nicht um ein kleines und mittleres
    Unternehmen –


    (Zuruf von der SPD: Die sind doch gerettet worden!)


    mit Ihrer Zustimmung und Billigung der bestehende Ta-
    rifvertrag gebrochen. Das war rechtswidrig. Aber als sich
    der Kollege Rezzo Schlauch darum bemüht hat, mehr Fle-
    xibilität auf dem Arbeitsmarkt auch im Interesse der klei-
    nen und mittleren Unternehmen durchzusetzen, wurde er
    sofort von den eigenen Kollegen und von Ihnen zurück-
    gepfiffen.


    (Zustimmung des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


    Man kann Arbeitsmarktpolitik nicht so betreiben, dass
    man den großen Unternehmen jede Ausnahme durchge-
    hen lässt und den kleinen und mittleren Betrieben in der
    schwierigen Lage, in der sie sich befinden, die notwen-




    Friedrich Merz
    13226


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    dige Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt vorenthält. So geht
    es nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Herr Bundeskanzler, Sie sind in Ihrer Rede sehr
    ausführlich auf die Teilzeitbeschäftigung eingegangen.
    Auch hier stimmen wir Ihnen grundlegend zu: Wir brau-
    chen in Deutschland mehr Teilzeitbeschäftigung. Wer will
    das bestreiten? Sie haben im Beschäftigungsförderungs-
    gesetz einen Rechtsanspruch – Herr Metzger weiß schon,
    warum er so fröhlich schaut; bleiben Sie ruhig da –


    (Oswald Metzger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer, wenn Sie reden!)


    auf Teilzeit verankert. Sie haben das eben auch begründet.
    Aber Sie sind sich offensichtlich über die Konsequenzen
    dieser Regelung überhaupt nicht im Klaren:


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Denn was ist jetzt geschehen? Es ist jetzt gesetzlich fest-
    geschrieben worden, dass der Arbeitnehmer die Haupt-
    leistungspflicht, die in seinem Arbeitsvertrag geregelt ist,
    einseitig zu seinen Gunsten ändern kann. Das Ein-
    spruchsrecht des Arbeitgebers beschränkt sich auf drin-
    gende betriebliche Gründe.


    (Peter Dreßen [SPD]: Nein, nein, das steht nicht drin!)


    – Entschuldigung, Sie haben es korrigiert. Im Entwurf
    stand noch „dringende Gründe“; dann haben Sie es korri-
    giert und durch „betriebliche Gründe“ ersetzt.

    Ergebnis ist: Dies ist ein Beschäftigungsförderungs-
    programm für die Arbeitsgerichte, aber nicht für die Ar-
    beitnehmer in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Denn in Zukunft – Herr Bundeskanzler, das werden Sie
    nicht bestreiten – wird es jeder Arbeitgeber in diesem
    Land vermeiden, neue Mitarbeiter auf solchen Arbeits-
    plätzen einzustellen, die „teilzeitgefährdet“ sind. So wird
    es in der betrieblichen Praxis aussehen.


    (Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Sie haben doch keine Ahnung! Fragen Sie mal die Praktiker!)


    Wir haben einen konkreten Vorschlag unterbreitet, wie
    man es hätte besser machen können. Wir haben Ihnen ge-
    sagt: Lassen Sie uns doch diesen Weg für Väter und Müt-
    ter gehen, die in der schwierigen Lage sind, Familie und
    Beruf miteinander vereinbaren zu müssen. Wir wollten es
    auf der Basis der Freiwilligkeit. Wir hätten es hinbekom-
    men, dass die Arbeitgeber einen Teilzeitarbeitsplatz nicht
    willkürlich hätten verweigern dürfen. Das hätte die not-
    wendige Flexibilität in den Betrieben erhalten, das hätte
    keine neuen Einstellungsschwellen errichtet und das hätte
    vor allen Dingen einen wesentlichen Beitrag zur Verein-
    barkeit von Familie und Beruf bedeutet. Aber Sie waren
    überhaupt nicht bereit, über dieses Thema nachzudenken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Sie haben das Betriebsverfassungsgesetz angespro-
    chen. Dazu eine Vorbemerkung: Die betriebliche und
    außerbetriebliche Mitbestimmung, die wir in Deutschland
    durch das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 und das
    Mitbestimmungsgesetz von 1976 haben, gehört zu den
    Kernelementen der Sozialpartnerschaft in Deutschland.
    Sie hat sich in vollem Umfang bewährt.


    (Jörg Tauss [SPD]: Gegen Ihren Widerstand!)

    Wir wollen den Kernbestand der Mitbestimmung in
    Deutschland aufrechterhalten und dort, wo es nötig und
    möglich ist, auch fortentwickeln.

    Herr Bundeskanzler, das, was jetzt als Eckpunkte des
    Bundesarbeitsministers veröffentlicht worden ist, ist doch
    kein Beitrag zur Fortentwicklung der betrieblichen Mit-
    bestimmung, sondern ein Beitrag zur Stärkung der Funk-
    tionäre gegen die Interessen der Belegschaften und der
    Betriebe. Ich will ihnen dazu ein konkretes Beispiel nen-
    nen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Peter Dreßen [SPD]: Sie sollten erst einmal lesen, bevor Sie reden! – Weitere Zurufe von der SPD)


    Bei Ihnen steht nicht die Frage im Vordergrund, ob an-
    gesichts der erheblichen Veränderungen in den Betrieben
    möglicherweise ein Übergangsmandat des Betriebsrates
    festgeschrieben werden soll, wenn sich Betriebe in ihren
    Strukturen verändern. Im Vordergrund steht vielmehr
    – ich habe das sehr genau gelesen – die Absenkung der
    Schwelle für die Betriebsratspflicht. In Zukunft sollen be-
    reits Betriebe mit drei Mitarbeitern betriebsratspflichtig
    werden. Im Vordergrund steht auch die Absenkung der
    Schwelle für die Freistellung hauptamtlicher Funktionäre
    in den Betrieben von 300 auf 200 Mitarbeiter. Außerdem
    wollen Sie – jedenfalls nach dem, was Ihr Bundesarbeits-
    minister plant – die Möglichkeit verbessern, sich von
    außen durch Minderheitenbetriebsräte gegen die Mehr-
    heit der Arbeitnehmer durchzusetzen. Das ist die Wahrheit
    darüber, was Sie mit der Veränderung des Betriebsverfas-
    sungsrechtes planen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: So ein Quatsch!)


    Deswegen, Herr Bundeskanzler, sage ich noch einmal:
    Wir können offen mit Ihnen darüber reden, wie man gel-
    tende Regelungen verbessern kann.


    (Jörg Tauss [SPD]: Betriebsratsfeindlich! Der Mann hat etwas gegen Betriebsräte!)


    Aber ich habe den Eindruck, dass seit einigen Wochen
    – man kann das vielleicht sogar ziemlich genau auf das
    Datum fixieren, an dem die Bundesregierung, an dem Sie
    ein Gespräch mit dem Vorstand des DGB geführt haben –
    die Rolle rückwärts eingeleitet wird und die Gewerk-
    schaften, insbesondere der DGB, die Gegenleistung für
    die 8 Millionen DM haben wollen, die die SPD im Bun-
    destagswahlkampf 1998 bekommen hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: So läuft es bei euch mit den schwarzen Kassen!)





    Friedrich Merz

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    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Herr Bundeskanzler, wenn Sie uns das nicht glauben
    – es kann gut sein, dass die Rollenverteilung so ist, dass
    Sie uns das gar nicht glauben können und dürfen –,
    möchte ich Ihnen sagen, dass der Kollege Metzger vor ei-
    nigen Tagen in einem Interview mit dem „Handelsblatt“
    eine ganz klare Aussage dazu gemacht hat:

    Als „Rückschritt“ kritisierte Metzger den geplanten
    Rechtsanspruch auf Teilzeit. Dieser werde Unterneh-
    mer von Neueinstellungen abhalten. Der Arbeits-
    markt dürfe nicht „immer weiter reguliert und büro-
    kratisiert“ werden.

    Genau das ist der Punkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Wir brauchen für unseren Arbeitsmarkt angesichts der
    gewaltigen Veränderungen, vor denen wir stehen, nicht
    mehr Bürokratie und damit weniger Flexibilität, sondern
    mehr Flexibilität. Damit Sie sehen, dass sich unsere Kri-
    tik nicht nur in Ablehnung erschöpft, will ich Ihnen zwei
    konkrete Vorschläge machen, von denen wir glauben,
    dass ihre Umsetzung einen Beitrag zur Flexibilität auf
    dem Arbeitsmarkt leisten könnte:

    Erstens. Warum bieten wir Beschäftigten keine fle-
    xibleren Modelle der Arbeitslosenversicherung an?
    Warum kann sich ein Arbeitnehmer nicht frei für eine Ar-
    beitslosenversicherung vom ersten Tag, von der zweiten
    Woche oder vom dritten Monat an mit entsprechend
    gestaffelten Beiträgen entscheiden? Warum können wir
    da nicht zu mehr Flexibilität kommen, Herr Bundeskanz-
    ler? Wir machen Ihnen den Vorschlag, dass wir die Ar-
    beitslosenversicherung an diesem Punkt stärker flexibili-
    sieren.

    Zweitens. Warum denken wir hinsichtlich des Kündi-
    gungsschutzes nicht darüber nach, wie wir die Einstel-
    lungschancen gerade von älteren Arbeitslosen auf dem
    Arbeitsmarkt verbessern können? Warum schaffen wir in
    unserem Kündigungsschutzrecht nicht eine Möglichkeit,
    dass ältere Arbeitslose auf den Anspruch verzichten dür-
    fen, einen Kündigungsschutzprozess zu führen, um dafür
    mit dem Arbeitgeber bei der Einstellung im Arbeitsver-
    trag eine Abfindungsregelung zu treffen? Das wäre ein
    Beitrag dazu, dass ältere Arbeitslose über mehr Flexibi-
    lität den Weg in den Arbeitsmarkt zurückfinden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: Freiwild werden!)


    Das sind zwei Beispiele für die von Ihnen zitierte Flexi-
    bilität.

    Herr Bundeskanzler, Sie haben zu Recht darauf hinge-
    wiesen, dass wir für unseren Arbeitsmarkt auch dann
    Zuwanderung brauchen, wenn alle Bemühungen, Ar-
    beitskräfte im Inland zu finden – ich halte sie für unvoll-
    ständig –, erfolgreich sind. Ich unterstreiche ausdrück-
    lich: Wir brauchen in der Bundesrepublik Deutschland in
    den nächsten Jahren sehr viel mehr Beschäftigte, und
    zwar in Spitzenpositionen der Wirtschaft und der Wissen-
    schaft genauso wie in vielen Betrieben mit ganz normalen
    Tätigkeiten. Diese Menschen müssen wir aus dem Aus-
    land hinzugewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, brau-

    chen wir eine Regelung bzw. eine Steuerung. Dazu müs-
    sen zwei Bedingungen erfüllt sein:

    Die erste Bedingung ist, dass wir, bevor wir versuchen,
    die Beschäftigungsprobleme auf dem deutschen Arbeits-
    markt über Einwanderung zu lösen, die Frage stellen, was
    auf dem deutschen Arbeitsmarkt selbst nicht in Ordnung
    ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Sie können unsere Probleme nicht durch Zuwanderung zu
    lösen versuchen und gleichzeitig 3,8 Millionen Arbeits-
    lose und weitere 1,5 Millionen Menschen in der Arbeits-
    losenreserve sozusagen stilllegen, indem Sie sagen: Da-
    mit hat der deutsche Arbeitsmarkt nichts mehr zu tun.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das will doch keiner!)


    Die Probleme müssen erst mit den hier vorhandenen Kräf-
    ten gelöst werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Die zweite Bedingung lautet: Wenn wir Einwanderung
    wollen, dann brauchen wir ein Einwanderungs- und
    Integrationskonzept. Ich gehe noch einen Schritt weiter:
    Wir brauchen ein Einwanderungs- und Integrations-
    gesetz. In diesem Gesetz müssen auch Maßstäbe aufge-
    stellt und formuliert werden, die diejenigen einzuhalten
    haben, die als Einwanderer in die Bundesrepublik
    Deutschland kommen.

    Sie haben uns und insbesondere mir persönlich mit Pa-
    thos noch einmal die Debatte vorgehalten, die wir in den
    letzten Wochen und Monaten geführt haben. Ich will auch
    dazu zwei Feststellungen treffen:

    Erstens. Wenn wir diese Diskussion nicht geführt hät-
    ten, dann hätten Sie im Zweiten Deutschen Fernsehen
    nicht zugestanden, dass es noch in dieser Legislaturperi-
    ode zu diesem Thema eine Regelung geben muss.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Peter Struck [SPD]: Quatsch!)


    Sie wollten es nicht und wir haben Sie mit dieser Debatte
    dazu veranlasst. Das wissen Sie.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Deshalb haben Sie das gemacht!)


    Zweitens. Es mag sein, dass unsere Aussagen von eini-
    gen bewusst oder unbewusst missverstanden werden. Sie
    verlieren Ihren Kulturminister jetzt an eine große deut-
    sche Wochenzeitung. Seitdem ich erfahren habe, dass er
    dort hingeht, weiß ich, was „Zeit ist Geld“ heißt.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Sei ‘s drum.

    (Jörg Tauss [SPD]: Nur kein Neid!)


    – Von Neid bin ich an dieser Stelle wirklich völlig frei.

    (Joachim Poß [SPD]: Typisches Sozialistenge schwätz ist das!)





    Friedrich Merz
    13228


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ich möchte Ihnen vortragen, was der frühere Heraus-
    geber vor zwei Jahren in dieser Zeitung zu diesem Thema
    geschrieben hat:

    ... Integration bedeutet zwangsläufig ein gutes Stück
    Assimilation an die deutsche Leitkultur und deren
    Kernwerte.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Noch einmal!)

    Nun ist Theo Sommer schon ein bisschen älter. Aber es
    wird neben Ihnen, Herr Naumann, ab dem 1. Januar 2001
    einen weiteren Mitherausgeber geben; wenn ich richtig
    informiert bin, ist es Josef Joffe. Er schrieb nicht vor zwei
    Jahren, sondern vor zwei Wochen in derselben Zeitung:

    Im heucheleigetränkten Streit der Deutschen um das
    L-Wort geht es in Wahrheit auch nicht um das Prin-
    zip, sondern um das Profil.

    An anderer Stelle:
    Man kann das L-Wort drehen und wenden, wie man
    will: Ohne einen solchen Begriff, ohne Wertekanon,
    geht es nicht.

    Recht hat der Mann.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Was will uns der Autor damit sagen?)


    Meine Damen und Herren, es gibt eine zweite wichtige
    Ursache für die unbewältigten Probleme unseres Arbeits-
    marktes. Das sind die unverändert hohen Arbeitskosten,
    Herr Bundeskanzler; auch darüber muss noch ein Wort
    verloren werden. Frau Müller hat sich heute Morgen mit
    beredten Worten der Tatsache berühmt, dass der Renten-
    versicherungsbeitrag jetzt auf 19,1 Prozent abgesenkt
    wird. In Wahrheit wird er durch die Ökosteuer herunter-
    subventioniert, ohne dass dadurch ein einziges Problem in
    der deutschen Rentenversicherung gelöst würde. Das ver-
    schweigen Sie bei jeder Darstellung der Rentenversiche-
    rungsbeiträge.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Nein, Sie haben doch die Rentner betrogen!)


    Die Betriebe und die Beschäftigten in Deutschland ha-
    ben überhaupt nichts davon, wenn die Sozialversiche-
    rungsbeiträge sinken und dafür die tatsächliche Steuer-
    belastung weiter steigt. In Wahrheit sinken auch die Steu-
    ern und Abgaben in Deutschland nicht, sondern sie stei-
    gen insbesondere im laufenden Jahr 2000.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie war das mit der Mehrwertsteuer? – Peter Dreßen [SPD]: Sie haben doch immer in die Kasse gegriffen!)


    Die Steuerquote und die Abgabenquote sind gestiegen.
    Deswegen können Sie es drehen und wenden, wie Sie
    wollen: Sie kommen um eine grundlegende Sanierung der
    sozialen Sicherungssysteme nicht herum. Dies ist Allge-
    meingut. Das brauche ich gar nicht besonders zu betonen;
    das wollen auch Sie.

    Aber damit auch hier nicht falsche Erwartungen und
    zugleich falsche Vorwürfe entstehen, sage ich Ihnen noch
    einmal ganz klar und deutlich: Wir sind bereit, mit Ihnen
    zusammen das große Problem einer Sanierung der Ren-
    tenversicherung in Deutschland zu lösen. Wir haben
    dazu Gespräche geführt. Es waren übrigens Gespräche,
    die von Wolfgang Schäuble und Edmund Stoiber im letz-
    ten Jahr ziemlich genau zu dieser Zeit angeboten worden
    sind; auf das Angebot sind Sie eingegangen.

    Wir haben am 13. Juni auf Ihre Einladung hin bei Ih-
    nen im Kanzleramt – ich war dabei – ein letztes Gespräch
    in der Spitzenrunde über die Zukunft der deutschen Ren-
    tenversicherung geführt. Gegen Ende dieses Gesprächs
    haben Sie einen Zettel aus Ihrem Papierstapel herausge-
    zogen. Das war dieser Zettel, den ich heute mitgebracht
    habe. Auf ihm steht oben:

    Kombinationsmodell aus Abzug von der Steuer-
    bemessungsgrundlage und Zulage mit Staffelung der
    Höchstbeträge nach Kinderzahl.

    Gemeint ist die private Vorsorge, die Sie ursprünglich
    gar nicht wollten und die wir Ihnen abgerungen haben.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Abgerungen haben? So ein Quatsch! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freistil oder griechisch römisch?)


    Geschenkt; es ist in Ordnung, dass Sie sie wollen. Wir
    müssen sie wollen und es ist richtig, wenn Sie sagen, dass
    die deutsche Rentenversicherung durch eine kapitalge-
    deckte private und betriebliche Altersversorgung beglei-
    tet und unterstützt werden muss.

    Nur, Herr Bundeskanzler, wir hatten von Anfang an
    verabredet, dass wir das Gespräch so führen: Wenn Sie
    neue Vorschläge machen, gehen wir auseinander, beraten
    darüber und kommen anschließend wieder zusammen.
    Sie aber haben uns den Zettel auf den Tisch gelegt, sind
    anschließend hinausgegangen und haben vor der deut-
    schen Presse stolz erklärt,


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er kann auch stolz sein!)


    Sie hätten uns 19,5 Milliarden DM auf den Tisch gelegt
    und wir seien völlig ratlos. Das war am 13. Juni. Vor drei
    Wochen haben der Arbeitsminister und der Finanzminis-
    ter, ohne dass Sie offensichtlich davon wussten, beschlos-
    sen, dass die erste Stufe des In-Kraft-Tretens dieser pri-
    vaten Vorsorge auf das Jahr 2002 verschoben werden soll.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört, hört!)

    Da war von 19,5MilliardenDM nicht mehr die Rede, kein
    Ton mehr. Sie wollen die Einführung der privaten Vor-
    sorge auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschieben,
    damit die Leute nicht merken, dass die private Vorsorge
    völlig unzureichend ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Wir stehen ja erst am Anfang des Gesetzgebungsverfah-
    rens; deswegen kann das korrigiert werden.

    Wir haben Ihnen am 1. Juli dieses Jahres einen Brief
    geschrieben. In diesem Brief werden fünf Punkte genannt,




    Friedrich Merz

    13229


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    die wir zur Bedingung machen, wenn wir mit Ihnen eine
    Reform der Rentenversicherung angehen sollen. Diese
    fünf Punkte gelten weiter; da werden keine weiteren Be-
    dingungen draufgesattelt; von diesen fünf Punkten wer-
    den wir aber auch nicht abgehen. Wir brauchen die private
    Vorsorge. Wir brauchen eine gerechte Verteilung der Las-
    ten aufgrund der demographischen Entwicklung auf die
    Schultern aller Generationen in Deutschland und nicht
    eine Verlagerung der Lasten ausschließlich auf die Schul-
    tern der jungen Generation. Wir müssen uns darüber un-
    terhalten, wie der Beitragssatz zur Rentenversicherung
    bei 20 Prozent stabilisiert werden kann.


    (Roland Claus [PDS]: Aber Herr Glos hat doch gesagt, das geht mit Ihnen nicht!)


    Wenn Sie bereit sind, sich auf den von uns vorgeschla-
    genen Weg einzulassen, Herr Bundeskanzler, können wir
    auch zu einem Konsens kommen. Einen faulen Kompro-
    miss, von Ihrer Mehrheit im Bundestag durchgedrückt,
    tragen wir allerdings nicht mit.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie brauchen ja nur für die private Vorsorge die Zu-

    stimmung des Bundesrates. Diese werden Sie bekommen,

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist sehr erfreulich!)

    wenn Sie den Ländern vernünftige Vorschläge machen,
    wie das finanziert werden kann. Dann ist die Zustimmung
    im Bundesrat kein Thema mehr, da es dabei nur noch um
    Finanzpolitik geht. Die eigentliche Rentenreform bedarf
    nicht der Zustimmung des Bundesrates. Wenn wir keinen
    Konsens finden, weil Sie den Fehler machen, die Lasten
    einseitig zu verteilen, dann werden wir vom Tag nach der
    Verabschiedung der Rentenreform hier im Bundestag an
    dafür kämpfen, dass dieses wieder korrigiert wird. Das
    sollen Sie wissen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zum Schluss noch zu einem Thema, das Sie nur ganz

    kurz angesprochen haben. Unsere Vermutung ist, dass
    hier noch größere Probleme auftreten werden als bei
    der Sanierung der Rentenversicherung. Ich meine die Sa-
    nierung der gesetzlichen Krankenversicherung in
    Deutschland. Herr Bundeskanzler, das Zusammenwirken
    von demographischer Entwicklung und medizinisch-
    technischem Fortschritt birgt für die gesetzliche Kranken-
    versicherung ein sehr hohes Kostenrisiko und kann gera-
    dezu zu einer Kostenexplosion führen. Die Unsicherheit
    hier ist wesentlich größer als die bezüglich der Ren-
    tenversicherung. Deswegen habe ich nur wenig Verständ-
    nis dafür, dass Sie erklärt haben, in dieser Legislaturperi-
    ode werde die Reform des Gesundheitswesens nicht
    angegangen.

    Ich habe den Wahlkampf 1998 noch in guter Erinne-
    rung. Dort haben Sie massiv gegen die Union Politik ge-
    macht, weil wir die Selbstbeteiligung erhöht und ver-
    schiedene Formen von Eigenverantwortung eingeführt
    hatten.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Polemik!)

    Wie sieht denn die Wahrheit zwei Jahre später aus? Sie ha-
    ben das eine oder andere zurückgenommen; so haben Sie

    die Medikamentenzuzahlungen um 1 oder 2 DM gekürzt.
    Mittlerweile muss im Rahmen der Selbstbeteiligung aber
    mehr als ein Viertel der gesetzlich Krankenversicherten in
    Deutschland bei Arzneimitteln Zuzahlungen leisten, die
    wir ihnen in diesem Umfang nie zugemutet hätten.


    (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das wieder zurücknehmen? Wofür plädieren Sie?)


    Ein Drittel der Patienten erhält nach Stichprobenuntersu-
    chungen der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht
    die Leistungen, die sie medizinisch brauchen. Ich sage Ih-


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die brutalste Form der Selbst-
beteiligung ist der Leistungsausschluss, der gegenwärtig
stattfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Deswegen werden Sie nicht umhinkommen, in den nächs-
ten zwei Jahren, die Sie noch regieren, Vorschläge zu ma-
chen, wie das Gesundheitswesen in Deutschland saniert
werden könnte.

Sie selber haben hierzu ja schon einen Beitrag veröf-
fentlicht. Weitgehend unbemerkt von der deutschen Öf-
fentlichkeit schreibt der Bundeskanzler der Bundesrepu-
blik Deutschland, Gerhard Schröder, in der Zeitschrift
„Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte“, dass eine
Neuabgrenzung zwischen Eigenverantwortung und kol-
lektiver Absicherung für die Gesundheitspolitik zwingend
erforderlich sei. Herr Bundeskanzler, warum schreiben
Sie, wenn Sie zu dieser Erkenntnis gekommen sind, das
dann nur in irgendwelchen interessanten akademischen
Schriften und sagen es nicht hier im Deutschen Bundestag
und handeln vor allem dementsprechend?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie werden nicht umhinkommen – das ist nicht nur ein

Thema der Gesundheitspolitik, sondern ein Thema, von
dem die Zukunft unseres Arbeitsmarktes substanziell ab-
hängt –, wirkliche Reformen anzugehen und dafür zu sor-
gen, dass die Ausgaben begrenzt werden. Es reicht nicht
aus, nur neue Einnahmequellen zu erschließen.

Wenn Sie diesen Weg gehen würden, dann hätten Sie
allen Grund zur Fröhlichkeit und könnten dem deutschen
Volk sagen, es werde gut regiert. Aber davon sind wir
noch verdammt weit entfernt. Solange wir nicht an diesem
Punkt angekommen sind, wird die Opposition im Deut-
schen Bundestag und überall in der Bundesrepublik
Deutschland sagen: Wir sind ein prima Land; aber wir
werden miserabel regiert.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der F.D.P.)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Bevor ich
    den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Folgendes mit-
    teilen: Weder die beiden Schriftführerinnen noch ich
    konnten vorhin die Zwischenrufe verstehen. Deswegen
    habe ich mir den entsprechenden Auszug aus dem Proto-
    koll geben lassen.

    Auf die Bemerkungen von Herrn Merz hin, der an die
    Äußerung von Alex Möller in den 70er-Jahren erinnert




    Friedrich Merz
    13230


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    hat, welcher damals die Union in die geistige Nähe des
    Nationalsozialismus gerückt hat, sagte der Kollege
    Stiegler: „Recht hat er!“


    (Zurufe von der CDU/CSU: Pfui! – Zuruf von der F.D.P.: Unerhört!)


    Herr Kollege Stiegler, ich muss Ihnen dafür einen Ord-
    nungsruf erteilen. Ich möchte hinzufügen, dass es un-
    zulässig und auch nicht anständig ist, eine Partei in die-
    sem Hause in die Nähe des Nationalsozialismus zu
    rücken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Stiegler, Sie haben das Wort.