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    Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Gunnar Uldall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12949 A Wahl der Abgeordneten Leyla Onur als stell- vertretendes Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . 12949 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreform- gesetz) (Drucksache 14/4553) . . . . . . . . . . . . . . . 12949 B Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12949 B Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 12952 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12954 B Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 12955 D Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 12956 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12958 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 12959 D Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12963 B Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12964 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12965 C Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12966 C Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Fraktion CDU/CSU: Der deut- schen Außenpolitik wiederEinfluss geben (Drucksache 14/4383) . . . . . . . . . . . . . . . 12968 B Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 12968 C Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12971 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12971 D Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 12974 B Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12976 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12978 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 12980 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 12981 D Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 12984 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 12986 D Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12988 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 12991 C Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12992 A Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Dr. Evelyn Kenzler, Maritta Böttcher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Demokratisierung des Wahlrechts (Drucksachen 14/1126, 14/2150) . . . . . . . 12992 C Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 12992 D Harald Friese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12994 B Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU 12995 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12996 B Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12997 C Plenarprotokoll 14/134 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 134. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. November 2000 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investi- tionszulagengesetzes 1999 (Drucksachen 14/3273, 14/4624; 14/4626, 14/4627) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12998 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 12999 A Gerhard Schulz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13000 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . 13001 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13001 D Gerhard Schulz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13002 B Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13003 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13003 D Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . . . . . . . . . . . 13004 C Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 13004 D Tagesordnungspunkt 25: Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Aus- wirkungen derÖkosteuer und der hohen Kraftstoffpreise auf den Deutschland- tourismus (Drucksachen 14/3867, 14/4334) . . . . . . . 13005 D Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13006 A Brunhilde Irber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13007 B Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13010 B Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 13011 C Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13012 D Anita Schäfer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13013 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13014 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13015 A Anlage 2 Technisch bedingter Neudruck eines Redebei- trages (133. Sitzung, 12906 ff) Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU 13015 D Anlage 3 Technisch bedingter Neudruck einer zu Proto- koll gegebenen Rede zur Beratung des Ent- wurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Na- mensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesordnungs- punkt 12, 133. Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 13017 D Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck einer zu Proto- koll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Tagesordnungspunkt 19, 133 Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 13018 C Anlage 5 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13020 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 Anita Schäfer 13014 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13015 (C) (D) (A) (B) Aigner, Ilse CDU/CSU 17.11.2000 Balt, Monika PDS 17.11.2000 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 17.11.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 17.11.2000* Belle, Meinrad CDU/CSU 17.11.2000 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 17.11.2000 Burchardt, Ursula SPD 17.11.2000 Ehlert, Heidemarie PDS 17.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 17.11.2000 Haupt, Klaus F.D.P. 17.11.2000 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.11.2000 Hempelmann, Rolf SPD 17.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 17.11.2000 DIE GRÜNEN Hohmann, Martin CDU/CSU 17.11.2000 Hornung, Siegfried CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 17.11.2000 Kramme, Anette SPD 17.11.2000 Lambrecht, Christine SPD 17.11.2000 Lamers, Karl CDU/CSU 17.11.2000 Lennartz, Klaus SPD 17.11.2000 Lörcher, Christa SPD 17.11.2000* Nachtwei, Winfried BÜNDNIS 90/ 17.11.2000 DIE GRÜNEN Naumann, Kersten PDS 17.11.2000 Nooke, Günter CDU/CSU 17.11.2000 Ostertag, Adolf SPD 17.11.2000 Dr. Pick, Eckhart SPD 17.11.2000 Poß, Joachim SPD 17.11.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 17.11.2000 Rachel, Thomas CDU/CSU 17.11.2000 Schenk, Christina PDS 17.11.2000 Schily, Otto SPD 17.11.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17.11.2000 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 17.11.2000 Schösser, Fritz SPD 17.11.2000 Schröder, Gerhard SPD 17.11.2000 Schüßler, Gerhard F.D.P. 17.11.2000 Schuhmann (Delitzsch), SPD 17.11.2000 Richard Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.11.2000 Schultz (Everswinkel), SPD 17.11.2000 Reinhard Seehofer, Horst CDU/CSU 17.11.2000 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 17.11.2000 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 17.11.2000 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.11.2000 Weiermann, Wolfgang SPD 17.11.2000 Wissmann, Matthias CDU/CSU 17.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 17.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Technisch bedingter Neudruck eines Rede- beitrages (133. Sitzung, Seite 12906 ff.) Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Markus Meckel hat Recht, wenn er sagt, dass die NATO als Licht- gestalt sicherlich auch das Licht einer Tagesdiskussion verdient hätte, insbesondere im Hinblick auf die Parla- mentarische Versammlung, die morgen hier in Berlin stattfindet. Aber ich glaube, die NATO überstrahlt auch so das Dunkel dieser Nacht. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Parlamentarische Versammlung der NATO, das NATO-Parlament, wird am kommenden Wochenende hier in der deutschen Hauptstadt Berlin ihre 46. Plenarta- gung abhalten. Dies geschieht zehn Jahre nach der Wie- dervereinigung Deutschlands. Zehn Jahre sind auch vergangen, seit die NATO-Part- ner auf dem Londoner Gipfel im Juli 1990 den ehemali- gen Gegnern des Warschauer Paktes die ausgestreckte Hand der Freundschaft anboten. Zehn Jahre ist es auch her, dass dem vereinigten Deutschland in den so genann- ten Zwei-plus-vier-Verhandlungen das Recht zugestan- den wurde, seine Bündniszugehörigkeit frei zu bestim- men. Neun Jahre sind vergangen, seit die NATO 1991 den Nordatlantischen Kooperationsrat gründete und die ehe- maligen Warschauer-Pakt-Staaten sowie die Nachfolge- staaten der Sowjetunion als Kooperationspartner auf- nahm. Die Kooperation der NATO im Nordatlantischen Ko- operationsrat, im Programm „Partnership for Peace“, im NATO-Russland-Rat und in der NATO-Ukraine-Kom- mission ist seither zentraler Punkt der Außenpolitik der Bündnispartner. Heute, zehn Jahre nach dem Beginn die- ser Politik, können wir sagen, dass die Gräben der Kon- frontation, die in 40 Jahren Kalten Krieges entstanden wa- ren, eingeebnet wurden. Europa ist heute – zum Glück – weitgehend frei von den alten Klischees des Freund- Feind-Denkens. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Die 1990 und 1991 oft gehörte Meinung, nicht nur der Warschauer Pakt, sondern auch die NATO müsse aufge- löst werden, (Beifall bei der PDS) wird heute nurmehr noch von den Unbelehrbaren der PDS vertreten und artikuliert. (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.) – Ich freue mich, wie lebendig Sie noch zu dieser späten Stunde sind. Großartig! – Die Geschichte ist zum Glück darüber hinweg gegangen. Denn die NATO hat gezeigt, dass sie mit ihrer Stabilitätspolitik und dem von ihr gesi- cherten Stabilitätsraum unverzichtbar für den Weltfrieden ist. (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!) Ja, viele Länder möchten nach wie vor möglichst schnell unter den Schutzschirm der NATO kommen und ich meine, sie alle haben einen guten Grund. Sie haben auch nichts gegen den Stabilitätsexport. Denn das ist es, was viele Länder seit 1990 wollen: innere und äußere Stabi- lität, um in Frieden und Freiheit leben zu können. (Beifall bei der CDU/CSU) Auf zwei weitere Entwicklungen seit 1990/91 möchte ich hinweisen: Erstens. Die NATO nahm auf ihrem Jubiläumsgipfel in Washington im Jahre 1999 die am weitesten fortgeschrit- tenen Reformstaaten des ehemaligen Ostblocks als gleichberechtigte Mitglieder auf: Polen, die Tschechische Republik und Ungarn. Gleichzeitig beschloss sie, dass die Tür für weitere Mitglieder offen bleiben soll und muss. Zweitens. Die NATO griff im Auftrag der Verein- ten Nationen zweimal auf dem Balkan ein: zum einen in die laufenden Bürgerkriegsauseinandersetzungen in Bosnien-Herzegowina und zum anderen im Kosovo, um die ethnischen Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen zu beenden sowie Frieden und Wiederauf- bau voranzubringen. Dies sind die ersten Out-of-area- Einsätze des Bündnisses gewesen. Die SED-Nachfolgepartei PDS behauptet in ihrem An- trag, (Rolf Kutzmutz [PDS]: Jetzt kommt es!) dies sei „militärisch gestützte Machtpolitik“ gewesen. (Beifall bei der PDS) Meine Kolleginnen Renate Diemers und Ursula Lietz hat- ten durchaus Recht, als sie vorhin in der Diskussion sag- ten, sie seien über eine solche Äußerung empört. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich muss sagen: Das, was hier betrieben wird, ist geradezu Geschichtsfälschung; denn die NATO musste handeln, nachdem sich die UNO im Weltsicherheitsrat trotz massivster Menschenrechtsverletzungen selbst blockier- te. Wäre man der Linie der PDS-Altkommunisten gefolgt, (Lachen bei der PDS) dann hätte man dem Völkermord der Serben tatenlos zu- sehen und auf ein Eingreifen der OSZE warten müssen. Wir alle wissen, das wäre das Todesurteil für weitere Hun- derttausende Menschen auf dem Balkan gewesen; denn die serbische Diktatur war weder durch Gebete – mit de- nen haben Sie es sowieso nicht so – noch durch gute Worte zu beschwichtigen. (Zuruf von der PDS) – Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen, wenn ich hier die Fakten aufzähle. – (Beifall bei der CDU/CSU) Die OSZE ihrerseits war der konkreten Herausforderung in diesem Moment in keiner Weise gewachsen. Die OSZE ist zwar ein wichtiger Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur. Aber zu der Absicht, den Grund- satz „OSZE first“ baldmöglichst durchzusetzen, vielleicht auch noch auf Kosten der NATO – das ist eine Forderung, die auch in diesem Hause immer wieder erhoben wird –, möchte ich klar sagen: Für uns gilt ohne jede Einschrän- kung, dass die NATO zentrales Instrument der Sicher- heitsarchitektur in Europa ist und bleibt. Sie allein ist Ga- rant des Friedens. (Beifall bei der CDU/CSU) Sie sorgt nicht nur mit Worten, sondern vor allem auch mit Taten für die Einhaltung der Menschenrechte. (Gernot Erler [SPD]: Das nenne ich NATO- Leitkultur!) – Das ist ein guter Begriff. (Lachen bei der SPD und der PDS) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013016 (C) (D) (A) (B) Die Parlamentarische Versammlung der NATO, früher NAV genannt, hat bei all diesen Epoche machenden Ent- wicklungen und Ereignissen, die ich angesprochen habe, wesentliche Schrittmacherdienste geleistet, ja, sogar eine Vorreiterrolle gespielt. Ich denke an die parlamentarische Einbindung der ehemaligen Ostblockländer. Wichtig ist nicht nur, dass Beschlüsse auf Gipfelkonferenzen von Re- gierungen gefasst werden, sondern auch, dass wir uns auf parlamentarischer Ebene mit den Dingen befassen und über sie diskutieren. Das NATO-Parlament ist so zu einem wichtigen Faktor für die Meinungsbildung im Bündnis geworden und stellt das parlamentarische Gleichgewicht zu den Beschlüssen der Bündnisregierungen und Minis- terräte her. Trotzdem bleibt noch viel zu tun. Eine zentrale Herausforderung für das Bündnis und auch für die Parlamentarische Versammlung der NATO ist das Verhältnis zu Russland. (Zuruf von der PDS) – Sehr richtig, das haben auch Sie begriffen. – Ohne eine funktionierende Zusammenarbeit mit Russland kann we- der die neue europäische Sicherheitsarchitektur noch die Friedenssicherung in der Welt funktionieren. Das erfolg- reiche Eingreifen der NATO im Kosovo hat das Verhält- nis zu Russland belastet. Aber nachdem es einen Macht- wechsel in Russland gegeben hat und Vladimir Putin Präsident wurde, gibt es glücklicherweise Anzeichen für einen Neustart in der Zusammenarbeit. Ein weiteres Feld ist das Verhältnis zwischen NATO und Europäischer Union. Die Entscheidungen für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, für eine Integration der WEU in die EU und für die Errichtung einer neuen Krisenreaktions- streitmacht in Europa sind Meilensteine auf dem Weg, an dessen Ende die Europäer einen größeren Beitrag zur Si- cherung des Friedens in der Welt als bisher übernehmen werden. (Beifall bei der CDU/CSU) Sowohl der NATO als auch der Europäischen Union ist klar: NATO und europäische Sicherheits- und Verteidi- gungspolitik sind kein Widerspruch. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Die EU wird künftig mehr Verantwortung für die Sicherheit in Europa übernehmen müssen. Wir er- warten insbesondere vom bevorstehenden Gipfeltreffen in Nizza weit reichende Entscheidungen zur gemeinsa- men Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Das Thema „National Missile Defense“ – Markus Meckel hat es angesprochen – hat in der Parlamentari- schen Versammlung der NATO zu einer intensiven Dis- kussion geführt. Wir werden auch am Wochenende da- rüber sprechen, um hier zu einem gemeinsamen Vorgehen zwischen unseren amerikanischen Freunden und den Eu- ropäern zu gelangen. Meine Damen und Herren, am Herzen liegt uns auch die Fortführung des Stabilitätsexports der NATO, das heißt die Fortsetzung der Politik der offenen Tür. (Gernot Erler [SPD]: Die Stabilität bleibt hier!) Über unser Verhältnis zu Russland habe ich bereits ge- sprochen. Zugleich geht es uns aber auch darum, nukleare Abrüstung zu forcieren und den Anti-Ballistic-Missile- Vertrag, obwohl dieser teilweise als überholt gelten muss, (Zuruf von der SPD: Na, na!) auch für die Zukunft als rüstungskontrollpolitisches Ele- ment zu erhalten. Deswegen erscheint es uns notwendig, dass wir insbesondere mit den Russen ins Gespräch kom- men, um eventuell im Wege einer Modifizierung zum Er- halt des ABM-Vertrages beizutragen. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, schließlich fordern wir eine gemeinsame Strategie der Allianz zur Eindämmung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen und der ent- sprechenden Trägertechnologie. Die Parlamentarische Versammlung der NATO fordern wir auf, ihre vorandrän- gende Rolle bei der Öffnung des Bündnisses für weitere Mitglieder auch weiterhin wahrzunehmen. Wir laden die russische Staatsduma ausdrücklich ein, an der Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO teilzunehmen und die parlamentarische Dis- kussion über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu- ropa und in der Welt aufzunehmen, sich in diese Diskus- sion hineinzubegeben und so den Versuch zu machen, das von uns als richtig Erkannte mit zu verwirklichen, näm- lich einen gemeinsamen Weg zu finden. Frieden und Si- cherheit durch Kooperation sowie demokratische Stabi- lität in ganz Europa zu fördern, ist und bleibt unser großes Ziel. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Fraktion ist bereit, die geeigneten Maßnahmen mitzutragen, die uns diesem Ziel gemeinsam näher brin- gen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P so- wie bei Abgeordneten der SPD) Anlage 3 Technisch bedingter Neudruck einer zu Protokoll ge- gebenen Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimm- rechtsübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesordungspunkt 12, 133. Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz:Das Internet und die neuen Tele- kommunikationsmedien werden sich auf alle Rechtsge- biete auswirken. Die Gesetzgebung muss hier rasch gestaltend eingreifen und die Modernisierung unseres Rechts vorantreiben. Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Entwurf eines Namensaktiengesetzes wollen wir dies für das Aktienrecht tun. Hier erscheint eine Mo- dernisierung dringlich. Die Verwendung neuer Tech- nologien ist in den Kapitalmärkten besonders fortge- schritten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13017 (C) (D) (A) (B) Um ein Beispiel vor Augen zu führen: Ein Anleger, der von seinem Laptop aus seine Kauf- und Verkaufentschei- dungen online trifft, versteht es nicht mehr, dass er be- stimmte Unternehmensmitteilungen nicht auch online er- halten oder seine Stimmrechtvollmachten auf diesem Wege erteilen kann. Das Namensaktiengesetz wird dies möglich machen. Erstens wird das völlig veraltete Recht zur Namensak- tie grundlegend aktualisiert und auf den Stand moderner Datenübertragung und elektronischer Aktienregister ge- bracht. Dabei haben wir besonderen Wert auf die daten- schutzrechtliche Absicherung und Verbesserung gelegt. Der einzige streitige Punkt war die Frage, wer die Kosten für die Datenübermittlung tragen sollte. Es wäre schön, wenn sich die Streitpunkte auch bei anderen Vorhaben auf solche Details reduzieren ließen. Ich danke den Bericht- erstattern dafür, dass sie eine sehr ausgewogene Lösung hierzu gefunden haben. Zweitens – dieser Punkt ist vielleicht noch wichtiger –: In dem Entwurf werden viele Formerfordernisse aus alter Zeit rund um die aktienrechtliche Hauptversammlung so- weit wie möglich heruntergefahren. Teilnehmerverzeich- nisse auf den Hauptversammlungen werden in Zukunft auf Bildschirmen dargestellt, Aufsichtsratssitzungen kön- nen im Bedarfsfall rasch als Videokonferenz einberufen werden, Stimmrechtsvollmachten können auch in elektro- nischer Form erteilt werden und Ähnliches mehr. Dies sind mutige Modernisierungen unseres Aktienrechts. Das Namensaktiengesetz wird dem nicht mit dem Ge- sellschaftsrecht befassten Betrachter als eine eher techni- sche Novelle erscheinen. Der Entwurf hat aber das Poten- zial, eine beachtliche Modernisierung und Veränderung anzuschieben. Es wird zum Beispiel interessant zu be- obachten sein, wie in der Zukunft die Stimmrechtsaus- übung auf den Hauptversammlungen unserer Aktienge- sellschaften neu organisiert werden wird. Das alte Depotstimmrecht der Banken wird Konkurrenz bekom- men, so viel können wir heute schon vorhersagen. Das Gesetz enthält weiter eine Einschränkung des sehr bürokratischen und aus heutiger Sicht unverständlich komplizierten Nachgründungsverfahrens für neu gegrün- dete Aktiengesellschaften. Dies betrifft besonders die Start-Up-Unternehmen und die Neuemissionen am Neuen Markt. Die beteiligten Kreise haben diesen Gesetzge- bungsvorschlag mit großer Erleichterung aufgenommen. Sie können sich vorstellen – oder sie werden es schon wis- sen –, dass dieser Entwurf hohe Zustimmung bei allen be- teiligten Kreisen gefunden hat und dringlichst erwartet wird. Ich möchte deshalb an dieser Stelle den Berichter- stattern und den Kollegen im Rechtsausschuss, aber auch im Wirtschaftsausschuss für die sehr zügige und kon- struktive Beratung des Entwurfs danken. Das gilt über die Fraktionsgrenzen hinweg. Ich freue mich, sagen zu kön- nen, dass wir damit auch im internationalen Vergleich auf diesem Rechtsgebiet eine innovative Rolle übernehmen. Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die zwei Ihnen vorliegenden Änderungsanträge der F.D.P.-Fraktion ein- gehen. Sie betreffen den Entwurf nicht unmittelbar. Beim VW-Gesetz ist immerhin ein Zusammenhang nicht zu leugnen. Es ist auch nicht so, dass wir kein Verständnis für den Antrag haben. Aber nachdem Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der CDU/CSU und der F.D.P.-Frak- tion, in der 12. und 13. Wahlperiode zweimal vergeblich versucht haben, das VW-Gesetz abzuschaffen oder zu än- dern, sollte Ihnen einsichtig geworden sein: Es wäre rich- tiger und besser, wenn der Anstoß zur Reform in diesem Fall von den Betroffenen selbst ausginge. Auch Ihren Vorschlag zur Reform des Anfechtungs- rechts nehmen wir durchaus ernst. Ich bin aber nicht da- mit einverstanden, einen so wichtigen, im Einzelnen in der Wissenschaft und Praxis umstrittenen Vorschlag von erheblicher Tragweite handstreichartig und ohne Diskus- sion mit den beteiligten Kreisen im Rahmen eines völlig anderen Gesetzgebungsverfahrens mitzuregeln. Es ist Ihr gutes Recht, auf das Thema hinzuweisen und Änderungen anzumahnen. Wir lassen uns aber eine sorgfältige Geset- zesarbeit dadurch nicht nehmen. Das Anfechtungsrecht ist zudem zentraler Punkt in der von der Bundesregierung eingesetzten Corporate Governance Kommission, wo wir Gelegenheit haben, den gesamten Sachverstand einzu- sammeln. Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck einer zu Protokoll ge- gebenen Rede zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Tagesordnungspunkt 19, 133. Sitzung) Dr. Eckardt Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz: Das Patentrecht erfreut sich der- zeit sowohl national als auch auf europäischer und inter- nationaler Ebene wieder einmal großer Aufmerksamkeit. Der vorliegende Antrag der CDU/CSU-Fraktion lenkt das Augenmerk insbesondere auf die Patentierbarkeit von Software. Das ist im Grunde richtig, denn es handelt sich um ein wichtiges Thema, das uns noch länger beschäfti- gen wird. Aber warum diese Eile; warum der Antrag, heute da- rüber abzustimmen? Es handelt sich um Fragen, die eine eingehende Erörterung erfordern. Und dem wird sich die Bundesregierung nicht verschließen. Im Gegenteil: Sie beschäftigt sich fortlaufend mit dem Schutz von Compu- terprogrammen, nicht nur durch Patente, und führt derzeit einen intensiven Dialog mit allen betroffenen und interes- sierten Kreisen. Dies gilt insbesondere – aber nicht nur – im Hinblick auf die derzeit diskutierte Änderung von Art. 52 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens – kurz EPÜ. Hier muss die Bundesregierung nicht, wie man so schön sagt, „zum Jagen getragen werden“! Und die Haltung der Bundesregierung ist bekannt, nicht erst seit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der F.D.P. vom 24. Oktober 2000, nachzulesen in Drucksache 14/4397. Worum geht es? – Softwarepatente sind Patente und Patente werden für Erfindungen erteilt. Grundlage ist, dass grundsätzlich in allen Bereichen der Technik rechtli- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013018 (C) (D) (A) (B) cher Schutz durch das Patentrecht zur Verfügung gestellt werden muss. Es ist nicht zulässig, einen Bereich der Technik zu diskriminieren. Dieser Gedanke ist internatio- nal vor allem in Art. 27 des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte geistigen Eigen- tums, dem so genannten WTO-TRIPS-Übereinkommen, verankert. Dies ist die Grundlage, an die wir uns halten müssen. Für jede Erfindung, die die allgemeinen Paten- tierungsvoraussetzungen erfüllt, muss Patentschutz ge- währt werden. Das gilt auch für softwarebezogene Erfin- dungen. Die im Patentgesetz und im Europäischen Patentüber- einkommens verankerten – im Wesentlichen wortglei- chen – Vorschriften über die Patentierungsvoraussetzungen legen aber auch die Grenzen für das fest, was nicht pat- entfähig ist. Ein Patent darf nicht erteilt werden, wenn keine Erfindung vorliegt. Und nicht jede Software ist eine Erfindung. Beispielhaft erläutert Art. 52 Abs. 2 und 3 EPÜ, dass „Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche“ nicht als Erfindungen angesehen werden. Auf der Diplomatischen Konferenz in diesem Novem- ber in München ist nun über einen Vorschlag des Europä- ischen Patentamtes zu entscheiden, der beabsichtigt, die Worte „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“ aus Art. 52 Abs. 2 Buchst. c des Übereinkommens zu strei- chen. Dieser Vorschlag hat eine rechtliche und eine poli- tische Seite. Rechtlich betrachtet, würde sich an der Patentierbar- keit von Softwareerfindungen überhaupt nichts ändern, wenn in München beschlossen wird, diese Worte aus dem Europäischen Patentübereinkommen zu streichen. Vor al- lem würde das keine Ausweitung der Patentierbarkeit von Software bedeuten. Das sollte man im Hinterkopf behal- ten. Wenn Sie die Bestimmung des Art. 52 des Europä- ischen Patentübereinkommens lesen, so werden Sie erken- nen, dass dort im Abs. 2 lediglich Beispiele für das genannt sind, was in der Regel nicht als Erfindung angesehen wird. Diese Vorschrift befreit das Patentamt nicht von der Prü- fung, ob im Einzelfall nicht doch eine Erfindung vorliegt. Wenn eine Erfindung gemacht ist und alle Voraussetzun- gen für ein Patent vorliegen, muss ein Patent erteilt wer- den. Wesentlich wichtiger als diese rechtliche Überlegung ist der politische Gesichtspunkt, dass eine Entscheidung, wie die rechtliche Regelung des Patentrechts für Software in Zukunft aussehen sollte, nicht in der Europäischen Pa- tentorganisation, sondern in der Europäischen Union ge- troffen werden muss; und dies nach eingehenden Konsul- tationen. Hier geht es nicht um ein „Moratorium“, wie es der vorliegende Antrag fordert, sondern um eine Bestands- aufnahme des geltenden Patentrechts und dann eventuell eine harmonisierte Weiterentwicklung auf europäischer Ebene. Die Diskussionen in der Europäischen Union werden bereits sehr intensiv geführt. Die Generaldirektion Bin- nenmarkt hat im Internet ein Konsultationsdokument ver- öffentlicht und wird das Ergebnis dieser Sondierung bis zum Ende des Jahres auswerten. Es wird bei der weiteren Diskussion darauf ankommen, sicherzustellen, dass die Anforderungen an die Patentvergabe nicht herunterge- schraubt werden und dass ein Patent auch in Zukunft nur dann vergeben werden kann, wenn eine technische Erfin- dung zum Patent angemeldet wird. Es wird auch darauf ankommen, dass kein Signal gesetzt wird, das im Sinne einer Behinderung der Softwareentwicklung missverstan- den werden kann. Die Bundesregierung beteiligt sich in- tensiv an dieser Diskussion. Eines ist aber ganz wichtig. Das Patentrecht hat im Be- reich der Softwareerfindungen gerade für kleinere und mittlere Unternehmen und auch für freie Softwareent- wickler eine ganz erhebliche Bedeutung. Denn sie kennen die bereits heute bestehenden Möglichkeiten, Patente für Softwareerfindungen zu erlangen, häufig nicht. Sie haben auch nicht, wie große Unternehmen, die Marktmacht, um sich gegen unberechtigte Nachahmungen ihrer Erfindun- gen zu verteidigen. Deswegen haben gewerbliche Schutz- rechte gerade für kleinere und mittlere Unternehmen und für freie Softwareentwickler ganz erhebliche Bedeutung. Man darf ihnen diese Schutzrechte nicht nehmen. Aber sie dürfen im Interesse der Innovationsfähigkeit vernetz- ter Entwicklungsbereiche auch keine überschießende Tendenz haben. Insofern enthält der vorliegende Antrag teilweise zwar bedenkenswerte, aber keine neuen und teilweise auch ir- reführende Gesichtspunkte. Ein Beschluss, der darauf ab- zielt, ein Moratorium für Softwarepatente zu erreichen, verkennt einerseits die rechtliche, auch durch die Welt- handelsorganisation begründete Verpflichtung, Patent- schutz für Erfindungen zur Verfügung zu stellen. Ande- rerseits fügt er im Ergebnis kleinen und mittleren Un- ternehmen und freien Softwareentwicklern Schaden zu. Schließlich ist noch hervorzuheben, dass eine Aus- flucht nicht in einem besonderen Schutzrecht, das nur für neu entwickelte Software geschaffen werden würde, ge- sucht werden darf. Damit ist niemandem geholfen. Wir können eine Zersplitterung des Rechtsschutzsystems, die durch die Schaffung von verschiedenen besonderen Schutzrechten erreicht würde, nicht befürworten. Die Er- fahrung hat gezeigt, dass solche Sui-generis-Schutzrechte mit der Entwicklung der Technik nicht Schritt halten. Sie veralten und werden dann schlicht nicht mehr benutzt. Die Bundesregierung hat sich im Hinblick auf die lau- fende Diskussion auf europäischer Ebene – und insbeson- dere um kein missverständliches Signal zu setzen – wie die Delegationen der anderen großen Vertragsstaaten bei der Europäischen Patentorganisation gegen die Strei- chung der Worte „Programme für Datenverarbeitungsan- lagen“ aus dem EPÜ stark gemacht. Die Streichung hat zwar auf der Verwaltungsratssitzung der Europäischen Patentorganisation Anfang September zunächst eine knappe Mehrheit erhalten. Deutschland bemüht sich aber derzeit – zusammen mit den gleichgesinnten Staaten Dä- nemark, Frankreich, Schweden, Spanien, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Luxemburg – intensiv darum, dass die endgültige Entscheidung auf der in Kürze statt- findenden Diplomatischen Konferenz anders ausfällt. Wir werden uns bis zuletzt dafür einsetzen, die ange- sprochene Änderung des Art. 52 Abs. 2 des Europäischen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13019 (C) (D) (A) (B) Patentübereinkommens zu verhindern. Wir befürworten eine breite Debatte über Wettbewerb und Innovation auf den Softwaremärkten. Wir werden uns auch aktiv an den Beratungen zur Entwicklung einer europäischen Richtli- nie beteiligen. Deswegen sind wir zwar dankbar für Un- terstützung auch des Bundestages für unsere Haltung bei den Verhandlungen, halten den vorliegenden Antrag aber für überflüssig. Im Hinblick auf die übrigen im Antrag der Opposition angesprochenen sachlichen Fragen des Softwareschutzes, die einer intensiveren Erörterung durch die Fachleute be- dürfen, besteht keinerlei Notwendigkeit, darüber heute zu beschließen; dies kann zunächst in den Ausschüssen be- handelt werden. Insofern spreche ich mich nachdrücklich dafür aus, den vorliegenden Antrag an die zuständigen Ausschüsse zu verweisen. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 756. Sitzung am 10. No- vember 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 16) – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 6. März 1997 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über den Geheimschutz – Gesetz über die assoziierte Mitgliedschaft der Re- publik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn in derWesteuropäischen Union – Gesetz zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge (Steuer-Euroglättungsgesetz – StEuglG) – Gesetz zur Änderung des Begriffs „Erziehungs- urlaub“ – Gesetz zur Änderung des Opferentschädigungs- gesetzes und anderer Gesetze – Gesetz zu dem Protokoll vom 22. März 2000 zur Änderung des Übereinkommens vom 9. Fe- bruar 1994 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen Ferner hat der Bundesrat folgende Entschließung ge- fasst: Der Bundesrat bekräftigt seinen Beschluss vom 14. Juli 2000 – BR-Drucksache 320/00 (Beschluss) – mit der Bitte an die Bundesregierung, das aus den Straßennutzungsgebühren für Lastkraftwagen re- sultierende Aufkommen zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in der Bun- desrepublik Deutschland zur Verfügung zu stellen. Er verweist ferner auf die Ergebnisse der Pällmann- Kommission, die eine Finanzlücke für Bau und In- standhaltung bei allen Verkehrsträgern festgestellt hat, und zwar jährlich mindestens bei – Bundesfernstraßen 4 Milliarden DM, – Bundesschienenwegen 3 Milliarden DM, – Bundeswasserstraßen 0,5 Milliarden DM. – Gesetz zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom17. Juli 1998 (IStGH-Statut- gesetz) Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung gefasst: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zu Arti- kel 87 Abs. 2 des Übereinkommens eine Er- klärung abzugeben, wonach dem Ersuchen um Zu- sammenarbeit und allen zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen Übersetzungen des Ersu- chens und der Unterlagen in deutscher Sprache beizufügen sind, sofern das Ersuchen und die bei- gefügten Unterlagen nicht in deutscher Sprache ab- gefasst sind. Die Praxis des Rechtshilfeverkehrs zeigt, dass ein Übersetzungsverzicht nicht zu der gewünschten beschleunigten Erledigung von Ersu- chen beiträgt. Darüber hinaus begibt sich die ersuchende Behörde der Möglichkeit, Rechtshil- feersuchen durch rasche Übersetzung zu be- schleunigen. In der Praxis des Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen hat dies dazugeführt, dass bei wich- tigen und eiligen Ersuchen trotz vertraglich verein- barten Übersetzungsverzichts Übersetzungen bei- gefügt werden. Daher ist schon in dem Bericht vom 6. April 1990 der von der 60. Konferenz der Justiz- minister und -senatoren beauftragten Arbeits- gruppe zur Vereinfachung des internationalen Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen, insbesondere im Hinblick auf den geplanten Wegfall der Perso- nenkontrollen an den Binnengrenzen der EG, emp- fohlen worden, es solle grundsätzlich kein Über- setzungsverzicht vereinbart, bestehende Regeln sollten aufgehoben werden. Im Übrigen hat der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesre- gierung zu dem Vertrag vom 29. Oktober 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen die in dem Vertrag vorgesehene Sprachenregelung als unbefriedigend bezeichnet, weil danach einseitig der deutschen Seite Übersetzungspflichten oblie- gen und weil hierdurch Bund und Ländern Kosten- und Haftungsrisiken entstehen. Die Bundesregie- rung hat in ihrer Gegenäußerung erklärt, sie werde bei künftigen Verhandlungen mit anderen Staaten anstreben, hinsichtlich der Verwendung einer ver- mittelnden Sprache nach Möglichkeit keine ver- traglichen, sondern flexiblere Absprachen zu tref- fen (s. BT-Drs. 11/2026). Die Fraktion der PDS hat mit Schreiben vom 9. No- vember 2000 den Antrag „Sanktionen gegen Kuba auf- heben“ – Drucksache 14/4499 – zurückgezogen. Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Ge- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013020 (C) (D) (A) (B) schäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 02 Titel 683 06 – Zuweisungen nach dem Gesetz über die Verwendung von Gasöl durch Betriebe der Landwirtschaft (LwGVG) – Drucksachen 14/3655 (neu), 14/3720 Nr. 2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Weitere überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 – Von der EU nicht übernommene Markt- ordnungsausgaben – bis zur Höhe von 34 007 TDM – Drucksachen 14/4123, 14/4169 Nr. 2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 17 Titel 831 12 – Beteiligung an Flughafengesellschaften und Erhöhung von Kapitalrücklagen – Drucksachen 14/3942, 14/4093 Nr. 1.9 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 25 Titel 642 01 – Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz – Drucksachen 14/3876, 14/4093 Nr. 1.8 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/3576 Nr. 1.15 Drucksache 14/3859 Nr. 1.10 Drucksache 14/4170 Nr. 2.25 Finanzausschuss Drucksache 14/4170 Nr. 2.17 Drucksache 14/4170 Nr. 2.18 Drucksache 14/4170 Nr. 2.21 Drucksache 14/4170 Nr. 2.26 Drucksache 14/4170 Nr. 2.36 Drucksache 14/4170 Nr. 2.41 Drucksache 14/4170 Nr. 2.51 Drucksache 14/4170 Nr. 2.53 Drucksache 14/4170 Nr. 2.86 Haushaltsausschuss Drucksache 14/4170 Nr. 2.39 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/4170 Nr. 2.1 Drucksache 14/4170 Nr. 2.22 Drucksache 14/4170 Nr. 2.23 Drucksache 14/4170 Nr. 2.33 Drucksache 14/4170 Nr. 2.37 Drucksache 14/4170 Nr. 2.38 Drucksache 14/4170 Nr. 2.48 Drucksache 14/4170 Nr. 2.54 Drucksache 14/4170 Nr. 2.58 Drucksache 14/4170 Nr. 2.60 Drucksache 14/4170 Nr. 2.90 Drucksache 14/4309 Nr. 1.16 Drucksache 14/4309 Nr. 1.40 Drucksache 14/4309 Nr. 1.44 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/4170 Nr. 2.50 Drucksache 14/4170 Nr. 2.55 Drucksache 14/4309 Nr. 1.29 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/3050 Nr. 2.15 Drucksache 14/3576 Nr. 2.20 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/1617 Nr. 1.1 Drucksache 14/2609 Nr. 1.16 Drucksache 14/3050 Nr. 1.4 Drucksache 14/3428 Nr. 1.4 Drucksache 14/3428 Nr. 1.6 Drucksache 14/3576 Nr. 1.3 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4170 Nr. 2.83 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13021 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christian Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsi-
    dent! Meine Kolleginnen! Meine Kollegen! Da ist er doch
    ins Plaudern gekommen, der Herr Bundesaußenminister.
    So interessant viele Aspekte auch waren: Die eigentlichen
    Fragen, auf die einzugehen war, Herr Minister, habe ich
    vermisst, nämlich die Grundfragen: Was sind die ent-
    scheidenden Positionen der deutschen Außenpolitik in
    Zukunft? Was waren sie in der Vergangenheit? Wie rankt
    sich um diese Positionen herum die praktische deutsche
    Außenpolitik?

    Lassen Sie die Thematik, wer die Osterweiterung der
    Europäischen Union erfunden hat, nicht an Volker Rühe
    aus.


    (Uta Zapf [SPD]: Er hat sie nicht erfunden!)

    Denn er war derjenige, der dafür gesorgt hat, dass im si-
    cherheitspolitischen Kontext Europas mit der NATO-Er-
    weiterung der erste wichtige Schritt getan worden ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dass Polen, Ungarn und Tschechien heute dabei sind, war
    ein Erfolg der alten Bundesregierung. Dass sie für die Er-
    weiterung der Europäischen Union die Grundsteine ge-
    legt hat, können Sie bereits jetzt in der „FAZ“ an den
    Grußadressen von Herrn Putin zum 10-jährigen Bestehen
    des deutsch-russischen Vertrages – damals noch des
    deutsch-sowjetischen Vertrages –, zum bald bevorstehen-
    den 10-jährigen Jubiläum des deutsch-polnischen Nach-
    barschaftsvertrages, zum in zwei Jahren anstehenden




    Bundesminister Joseph Fischer
    12986


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    10-jährigen des deutsch-tschechoslowakischen – jetzt
    deutsch-tschechischen und deutsch-slowakischen – Ver-
    trages usw. sehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Reinhard Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Auch des ungarischen!)


    – Mit Ungarn, mit Bulgarien, mit Rumänien. Es war ein
    Geflecht bilateraler Verträge, getragen von der zielgerich-
    teten Hoffnung auf eine baldige Eingliederung dieser
    Länder in ein Europa, zu dem sie gehören.

    Wir machen Ihnen nicht den Vorwurf, dass die Euro-
    papolitik ganz hinten anstünde. Ich möchte nur noch ein-
    mal auf die Frage der deutschen Präsidentschaft zurück-
    kommen. Ich erinnere mich noch daran, wie wir hier
    – nein, es war noch in Bonn, aber es war die gleiche Si-
    tuation – zusammensaßen und in der Fragestunde die
    CDU/CSU-Fraktion die Frage stellte: Wie sieht denn euer
    Programm der Präsidentschaft aus? Der Bundesaußenmi-
    nister war damals nicht in der Lage, zu den angesproche-
    nen Punkten eine Antwort zu geben – nicht, weil er es
    nicht wollte, sondern, weil er es nicht wusste. Er hat mög-
    licherweise schneller gelernt als sein Bundeskanzler, der
    nicht nur bei Stilfragen unsicher ist. Lassen Sie sich das
    bei dieser Gelegenheit einmal sagen.

    Wissen Sie, es gibt in der Außenpolitik einen Konsens,
    der auch den Stil betrifft. Wenn der deutsche Bundes-
    kanzler meint, er müsse einen Oppositionsantrag, der sich
    mit der Frage der deutsch-tschechischen Beziehung be-
    fasst, von Prag aus kommentieren, dann muss er sich lang-
    sam fragen lassen, ob er den Stilanforderungen seines
    Amtes gewachsen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe es mir wie alle unsere Kollegen zur Prämisse

    gemacht: Solange der deutsche Regierungschef im Aus-
    land ist, wird er nicht kritisiert. Kritisiert wird er zu
    Hause, und da anständig und ordentlich. Daran hat er sich
    aber auch zu halten.


    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Herr Glos hat die Regierung aus Österreich kritisiert!)


    Wer der neuen Form der Lässigkeit huldigt: so zu tun,
    als wäre Außenpolitik einfach so aus dem Handgelenk zu
    schütteln – weil ja jeder wie bei der Bundestrainerfrage
    über Fußballspielen Bescheid weiß –, der unterschätzt die
    Probleme der Außenpolitik.


    (Dieter Schloten [SPD]: So ein dummes Zeug habe ich lange nicht gehört!)


    Das Problem der Außenpolitik, nämlich die Frage, wel-
    che Konzeption damit verbunden ist, betrifft natürlich auch
    die transatlantischen Beziehungen. Sie haben gefragt:
    Was will die Union denn? Einerseits sollen wir mit den
    Amerikanern kooperieren, andererseits wird kritisiert,
    dass zu sehr mit amerikanischen Interessen hantiert wird.
    Wer auch immer der neue Präsident wird – Kollege
    Weisskirchen weiß es offensichtlich schon, weil er mit dem
    Gore-Lieberman-Sticker hier sitzt; ich weiß es noch nicht
    und die Wähler in den USA offensichtlich auch noch
    nicht –: Er wird gewisse Dinge nicht zulassen und er wird

    die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht
    gutheißen. Er wird danach fragen, welchen Eindruck es
    macht, wenn man in Helsinki headline goals verabschie-
    det und gleichzeitig in Köln vom Ansatz her bezüglich ei-
    ner Geberkonferenz in den nächsten Tagen richtige Posi-
    tionen vertritt, die – hoffentlich – von den anderen
    finanziert werden sollen.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Von uns! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    – Die Heiterkeit bei den Grünen ist nach dieser Debatte
    verständlich, aber Sie sollten Ihren Fraktionskollegen
    ebenso wie ich die Frage stellen, wieso der Bundesaußen-
    minister zur Bundeswehrreform, die einen strategischen
    außen- und sicherheitspolitischen Ansatz haben muss,
    nicht ein Wort gesagt hat, wieso Herr Scharping in seinem
    windmühlenartigen Abwehrkampf gegen das Streich-
    konzept des Herrn Eichel seine eigenen Konzepte nicht
    besser durchsetzt. Ich sage Ihnen voraus, dass Sie Schwie-
    rigkeiten haben werden. Wenn die Stiftung Wissenschaft
    und Politik vor kurzem ausgeführt hat, die Krisenreak-
    tionsfähigkeit der Bundeswehr würde mit der geplanten
    Konzeption eher geschwächt als gestärkt werden, muss
    Sie das auf den Plan rufen. Die Tatsache, dass der Bun-
    desverteidigungsminister bei den Vereinten Nationen in
    New York die Bundeswehr auf dem Silbertablett anbietet,
    ohne vorher den Außenminister zu konsultieren – ich
    kann es mir nicht anders vorstellen –, legt den Verdacht
    nahe, dass hier Luftbuchungen vorgenommen und Luft-
    schlösser gebaut werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da wird es für die deutschen Interessen problematisch.

    Geld ist zwar nicht alles, ist aber in vielen Fällen ent-
    scheidend. Dass im Haushalt des Bundesaußenmi-
    nisters zwischenzeitlich mit geschickten Transaktionen
    – ich unterstelle mal, er will mehr haben, wir würden ihn
    darin unterstützen und bitten alle anderen Fraktionen um
    Mitwirkung – über den Umweg des Einzelplans 23, des
    BMZ, Gelder verschoben werden und dann am Ende we-
    der für die Entwicklungshilfe noch für die Außenpolitik
    mehr Geld zur Verfügung steht, sondern unter dem Strich
    Kürzungen vorgenommen werden, ist bittere Realität.
    Diesen Tatsachen muss sich auch der Bundesverteidi-
    gungsminister im Verteidigungsausschuss stellen.

    Wir hatten auf Ihren Wunsch – übrigens mit unserer
    Zustimmung, die uns nicht leicht gefallen ist – die Akti-
    vitäten in Bezug auf Osttimor akzeptiert. Ob wir das
    heute noch tun würden, möchte ich ausdrücklich infrage
    stellen. Es hat sich nicht nur ein reiner Symbolismus in
    der Politik gezeigt; auch die Frage, wie weit Sie Aktivitä-
    ten einer humanitären Intervention konzeptionell ausdeh-
    nen wollen, ist unbeantwortet geblieben. Sie haben in Ih-
    rer Rede vor den Botschaftern – ich glaube, es war am
    4. September – über die Begrenzung der deutschen
    Außenpolitik gesprochen. Die Tatsache, dass diese nicht
    mehr so wie 1990 begrenzt werden kann, ergibt sich aus
    der Natur der Sache. Über diese grundsätzliche Ansicht
    können wir uns durchaus verständigen.




    Christian Schmidt (Fürth)


    12987


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Das bedeutet dann allerdings auch, dass Sie das durch-
    deklinieren müssen. Sie müssen auch in Ihren eigenen
    Reihen die unangenehme Frage beantworten: Wie ist das
    mit dem Primat der Vereinten Nationen?Wenn das so ist
    – auf der einen Seite einen Sitz im Sicherheitsrat anzu-
    streben und auf der anderen Seite ein Recht auf huma-
    nitäre Intervention zu postulieren –, muss man darüber re-
    den und auch fragen, wie und wie lange man das
    durchsetzen kann und wo die Maßstäbe dafür sind. Be-
    deutet das, mit dieser Bundeswehr – ausgezehrt durch die
    jetzige Entwicklung, nicht zuletzt auch durch die Ver-
    pflichtung, im Kosovo und in Bosnien aktiv zu sein –
    weltweit Menschenrechte zu schützen? Sie wissen, dass
    Herr Scharping damals, als wir über Osttimor gesprochen
    haben, einem verstärkten Engagement ursprünglich nicht
    zugestimmt hat, weil er sonst das letzte Reservelazarett
    hätte aufbieten müssen.

    Sie müssen die Maßstäbe und Prioritäten Ihrer Politik
    definieren. Das haben Sie bisher nicht getan. Die „Klei-
    nigkeiten“, die beim deutsch-französischen Verhältnis
    nicht angesprochen worden sind, gehören übrigens zu die-
    sen Prioritäten. Sie haben die Fragen zu Nordkorea, die
    sowohl der Kollege Irmer als auch ich gestellt haben, ele-
    gant überspielt. Das kann er und das konnte er schon, als
    er noch auf den Abgeordnetenbänken saß. Das ist schon
    beeindruckend.

    Jetzt stellt sich bloß die Frage, wieso eigentlich die
    französische Ratspräsidentschaft bei dieser strategisch
    wichtigen Frage für Europa überhaupt nicht beteiligt ist.
    Das muss uns doch zu denken geben. Kann es sein, dass
    ein deutscher Staatsminister, der sowohl bei den Frage-
    stunden als auch im Auswärtigen Ausschuss durch be-
    sonders „parlamentsfreundliche“ Verhaltensweisen – ne-
    gativ – auffällt, dort hinfährt und sagt: Toll, das finde ich
    gut; Sie haben mich gut bewirtet; dann machen wir auch
    mal mit.


    (Monika Heubaum [SPD]: Das ist ja unglaublich! – Uta Zapf [SPD]: Nichts begriffen! – Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erinnern Sie sich gar nicht an die Ausführungen von Herrn Volmer im Ausschuss?)


    – Ich weiß, es war ein bisschen mehr dahinter.

    (Fortgesetzte Zurufe von der SPD)


    Ich bin aber schon überrascht über die SPD-Fraktion.
    In der letzten Ausschusssitzung hat Ihre Sprecherin – sie
    ist jetzt nicht da –, die Kollegin Ernstberger, dem Beden-
    ken zugestimmt, dass es zu früh war und dass die Frage
    der Gegenleistungen bei der Anerkennung Nordkoreas
    nicht geklärt ist. Ihre eigene Fraktion hat zugestimmt. Da-
    her müssen Sie sich schon fragen lassen: Wo ist denn da
    die Strategie? Was soll das? Ist es wichtiger, als deutsche
    Bundesregierung in solch heiklen Fragen vorn zu sein,
    oder ist es wichtiger, eine gemeinsame europäische Posi-
    tion zu haben?


    (Beifall des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.])


    Wer europäische Interessen als im Wesentlichen deutsche
    Interessen definiert, definiert sie richtig, muss dann aller-
    dings auch im europäischen Interesse handeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich befürchte, dass wir in Nizza die Probleme, die an-

    gesprochen worden sind – darüber wird nächste Woche
    bei der Regierungserklärung des Bundeskanzlers noch
    diskutiert werden –, nicht unbedingt lösen werden. So
    glänzend steht die französische Präsidentschaft vor Nizza
    nicht da.

    Ich will auf eines hinweisen: Wenn es Karl Lamers ge-
    schafft haben sollte, Sie, Herr Kollege Fischer, davon zu
    überzeugen, dass die verstärkte Zusammenarbeit wichtig
    ist, dann muss wohl der Rest der Union für sich in An-
    spruch nehmen, dass er Sie davon überzeugen konnte,
    dass die Frage der Kompetenzabgrenzung eine entschei-
    dende Frage für die künftige Struktur der Europäischen
    Union ist. Wenn es Ausdruck Ihrer Lernfähigkeit ist, dass
    Sie von der Union lernen – von der Union lernen, heißt,
    gut Politik machen zu lernen –,


    (Lachen bei der SPD)

    dann ist noch nicht alles verloren, dann ist auch die deut-
    sche Außenpolitik nicht verloren. Ich bin skeptisch; aber
    ich warte darauf.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die
SPD-Fraktion spricht der Kollege Gernot Erler.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kollegin-
    nen und Kollegen! Ich möchte mit einem herzlichen Will-
    kommen an den Kollegen Rühe beginnen. Herzlich will-
    kommen zurück auf der Erde! Sie haben offensichtlich
    einen längeren außerplanetarischen Aufenthalt hinter sich
    gebracht.


    (Heiterkeit)

    Anders ist der Realitätsverlust, der sich in Ihrem Antrag
    widerspiegelt, nicht zu erklären.


    (Uta Zapf [SPD]: Aber die ganze Fraktion hat zugestimmt!)


    Angeblich sprechen wir ja hier über einen Antrag.
    Tatsächlich ist es aber ein ungegliedertes Sammelsurium
    von Kritik und Vorwürfen an die Bundesregierung, durch
    einen lustlos angefügten und dürren Forderungskatalog
    notdürftig in Antragsform gebracht. Man erfährt zwar,
    woran die CDU/CSU überall etwas auszusetzen hat, aber
    nirgendwo etwas Verbindliches und damit Diskussions-
    fähiges zur Position der CDU/CSU, geschweige denn,
    dass ein Konzept oder wenigstens ein roter Faden er-
    kennbar wäre. Das ist schade. Denn eigentlich brauchen
    wir durchaus grundsätzliche Debatten zur Außenpolitik.
    Aber diese Vorlage ist dazu nicht geeignet. Insofern ist sie
    eine verpasste Chance.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





    Christian Schmidt (Fürth)

    12988


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    (B)


    Notgedrungen muss man sich dann mit Ihrer Einzel-
    kritik und Ihren Einzelforderungen auseinander setzen.
    Dabei erhält man sehr schnell den Eindruck: Bei der Kri-
    tik ist alles inkonsistent und widersprüchlich; bei den For-
    derungen haben wir es mit Wunschlisten zu tun, die keine
    Auskunft über die Finanzierung geben.

    Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, Volker Rühes
    Wunschliste zusammenzustellen. Sie sieht folgender-
    maßen aus:

    Die Bundesregierung soll viel mehr Geld in die Bun-
    deswehr und in die europäischen militärischen Fähigkei-
    ten stecken. Sie soll den Auswärtigen Dienst besser aus-
    statten.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Sehr gut!)

    Sie soll den Etat für Entwicklungspolitik drastisch und
    unter Rückgängigmachung der regionalen und sektoralen
    Schwerpunktsetzungen aufstocken.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Sehr gut!)

    Sie soll mehr Mittel für die globalen Herausforderungen
    bereitstellen. Sie soll die Beschränkungen – man höre und
    staune – der Agenda 2000 auflösen und mehr Geld in Eu-
    ropa stecken.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Sehr gut!)

    Sie soll die Transformation in den ostmitteleuropä-
    ischen Staaten stärker unterstützen.


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Sehr gut!)

    Man könnte sagen: Prima, es ist ja auch bald Weihnachten.


    (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich habe mir die Mühe gemacht, die aus den Anträgen,
    die Sie in den einzelnen Ausschüssen gestellt haben, re-
    sultierenden finanziellen Forderungen einmal durchzu-
    rechnen. Dabei habe ich festgestellt: Sie haben Forde-
    rungen erhoben, die Mehrausgaben von ungefähr
    100 Milliarden bis 120 Milliarden bedeuten würden,
    ohne zu belegen, wo das Geld herkommen soll.


    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Die haben noch Reserven in ihren schwarzen Koffern! Jetzt haben wir es!)


    Dazu kann ich nur sagen: Tut mir furchtbar Leid. Das
    macht es schwierig, sich mit Ihrem Antrag auseinander zu
    setzen. Er ist schlicht unseriös.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Da, wo Kritik geübt wird, verwickelt sich dieser Antrag
    sofort in Widersprüche.


    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Ein Antrag kann sich nicht verwickeln!)


    Ich möchte das an dem Beispiel, das schon Joschka
    Fischer angeführt hat, klarer machen. In Ihrem Antrag
    wird die Bundesregierung aufgefordert, die Bei-
    trittsverhandlungen über die Erweiterung der Europä-
    ischen Union nicht länger zu verzögern. Das heißt also,

    wir haben bislang die Verhandlungen verzögert. Dann
    wird kritisiert, dass die Bundesregierung auf dem
    Helsinki-Gipfel „leichtfertig weit reichende Entschei-
    dungen über die künftige Größe und Zusammensetzung
    der Europäischen Union getroffen” habe. Vorher hätte
    – das ist die Verbeugung vor Bayern – nämlich geklärt
    werden müssen, welches Selbstverständnis, welche Ge-
    stalt und welche Grenzen die EU haben soll.

    Der Widerspruch besteht schon darin, dass zuerst ge-
    sagt wird: „Ihr verzögert”, und dann eine Forderung er-
    hoben wird, die, wenn man sie ernst nehmen würde, erst
    recht zu einer großen Verzögerung führen würde. Nie-
    mand versteht, was Sie eigentlich wollen: einen baldigen
    Abschluss der Beitrittsverhandlungen oder einen längeren
    Selbstfindungs- und Definitionsprozess der Europäischen
    Union vor der Erweiterung. Liebe Kolleginnen und Kol-
    legen von der CDU/CSU, das spiegelt leider den Stand Ih-
    rer Diskussion über die Osterweiterung wider.

    Ich habe mich – das kommt selten vor – über einen Satz
    Ihres europapolitischen Sprechers, Herrn Hintze, gefreut,
    den er hier vor wenigen Wochen in der Haushaltsdebatte
    gesagt hat: „Ich sage für die CDU/CSU-Fraktion klipp
    und klar Ja zur Osterweiterung.”


    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Ja, sehen Sie mal!)

    Prima, darüber sind wir uns einig.


    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Wunderbar!)

    Aber, Herr Klipp-und-Klar-Kollege, leider ist es dabei

    nicht geblieben; denn Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr
    Merz, hat wenige Tage später gesagt, es sei ein schwerer
    politischer Fehler gewesen, auf dem Gipfel in Helsinki
    die Zahl der möglichen Beitrittskandidaten kritiklos auf
    elf angehoben zu haben. Es sind zwar nicht elf, sondern
    13 Beitrittskandidaten; aber man soll ja nicht kleinlich
    sein. Das ist ein Widerspruch zu dem, was Sie gesagt ha-
    ben, Herr Hintze, und lässt sich mit Ihrem klipp und klar
    geäußerten Ja zur Osterweiterung gar nicht vereinbaren.

    Herr Stoiber hat gesagt, bevor die Osterweiterung
    möglich sei, müsse erst die Frage der Kompetenzabgren-
    zung innerhalb der EU geklärt sein. Des Weiteren hat er
    davor gewarnt, schon im Jahr 2004 neue Länder in die
    Europäische Union aufzunehmen. Frau Merkel hat ge-
    sagt, sie sei für einen frühen Beitrittstermin. In einem le-
    senswerten Aufsatz, der in der „FAZ“ am 22. September
    erschienen ist, hat Ihr Kollege Herr Pflüger unter anderem
    geschrieben, zu lange seien die Kandidatenländer dann
    mit der Aussicht auf einen festen Beitrittstermin hinge-
    halten worden. Er hat hinzugefügt, er sei für den großen
    Beitritt, für den großen Knall. Aber Sie, Herr Hintze, ha-
    ben Nein zur Konvoilösung gesagt.

    Außerdem hat Herr Pflüger in dem Aufsatz geschrie-
    ben, er sei dafür, dass die ersten Kandidaten spätestens –
    da hat er sich genau festgelegt – zum 1. Oktober 2004 der
    EU beitreten. Ihr Kollege aus dem Europaparlament, Herr
    Markus Ferber, ist dagegen der Meinung, die ersten Kan-
    didaten könnten erst ab 2007 beitreten. Herr Rühe hat sich
    für 2003 als Beitrittstermin ausgesprochen. Kajo
    Schommer, Sachsens Wirtschaftsminister, hat wiederum
    einen anderen Termin genannt und hat hinzugefügt, er




    Gernot Erler

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    halte Spekulationen über Beitrittstermine grundsätzlich
    für fatal. Wenn man sich das alles anschaut, dann muss
    man feststellen, dass bei Ihnen ein großes Durcheinander
    herrscht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Fazit: Sie sagen nicht, wie viele Kandidaten der Euro-
    päischen Union beitreten sollen. Sie behaupten zwar, dass
    es zu viele seien; aber Sie sagen nicht, welche Länder
    nicht beitreten sollen. Sie legen sich nicht fest. Sie halten
    den Beitrittsprozess einerseits für zu schnell und anderer-
    seits für zu langsam. Sie sind einerseits für und anderer-
    seits gegen Terminsetzungen. Bei den Terminen haben Sie
    alles im Angebot. Es reicht von 2002 bis 2007. Hinsicht-
    lich der Europapolitik sieht es bei Ihnen wie auf einem
    Hühnerhof aus, auf dem alles hin- und herrennt. Ein sol-
    cher Hühnerhof braucht einen Leitgockel, der Ordnung
    schafft. Herr Rühe, Sie wären die ideale Besetzung. Dafür
    wären Sie geeignet. Machen Sie das doch! Sie würden uns
    allen damit einen Dienst erweisen.

    Sie müssen sich, um ernst genommen zu werden, ent-
    scheiden. Wollen Sie die gute Tradition Ihrer Fraktion in
    Bezug auf die Europapolitik aus Ihrer Regierungszeit
    fortsetzen, nämlich beim Integrationsprozess vorne blei-
    ben, Avantgarde sein, für andere ein Vorbild abgeben,
    oder wollen Sie das Erweiterungsthema zu populistischer
    Wahlkampfmunition kleinhäckseln und bei dieser großen
    Herausforderung der europäischen Geschichte versagen
    und letzen Endes den Versuch machen, das ganze Thema
    zu einem Werkzeug zu instrumentalisieren, das dazu die-
    nen soll, dass Sie zu Mehrheiten und zur Macht zurück-
    kehren? Sie haben sich ganz offensichtlich noch nicht ent-
    schieden. Das zeigen diese eigenartigen Widersprüche.
    Aber die Öffentlichkeit und die Medien haben das ge-
    merkt und erwarten von Ihnen Klarheit in dieser Frage.

    Ich will zum Abschluss den Journalisten Richard Meng
    aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 24. Oktober 2000
    zitieren. Sein Artikel trug die Überschrift: „Die haltlose
    Union“. Er schreibt zu diesem Thema:

    In den großen außenpolitischen Fragen, beispiels-
    weise bei der Integration des Nationalen in ein
    zusammenwachsendes Europa, leistet die Union sich
    ein Sowohl-als-auch, das nur in abstrakten Sonntags-
    reden zusammenpasst. Konkret ist sie hin und herge-
    rissen und auch hier höchst populismusanfällig.

    Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
    Es gibt weitere Beispiele für die Inkonsistenz Ihrer

    Forderungen, zum Beispiel im Falle von Russland. Herr
    Rühe, Sie schaffen es in einem einzigen Absatz Ihres An-
    trages, die Bundesregierung aufzufordern, die russische
    Regierung zu Reformen für ein stärkeres Engagement eu-
    ropäischer Investoren zu drängen, und im gleichen Kon-
    text zu sagen, dass weitere staatliche Kredite so lange
    nicht gewährt werden sollten, so lange die erforderlichen
    Voraussetzungen für den Aufbau einer Marktwirtschaft
    nicht gegeben sind und der Krieg in Tschetschenien nicht
    beendet ist. Ich fordere Sie auf, Herr Rühe: Gehen Sie ein-
    mal nach Moskau zur Repräsentanz der deutschen Wirt-

    schaft. Dort gibt es seit vielen Jahren 900 deutsche Fir-
    men, die Pionierarbeit leisten, die wir anerkennen sollten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Lassen Sie sich dort einmal über den Zusammenhang
    zwischen stärkerem Engagement im Sinne von Investitio-
    nen auf der einen Seite und der Notwendigkeit einer Kre-
    ditabsicherung auf der anderen Seite berichten. Beides
    gehört zusammen. Deswegen hat die Bundesregierung
    richtig gehandelt, als sie die Voraussetzungen für die Fort-
    setzung der Hermeskredite geschaffen und somit die
    Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt hat. Dies war ein
    gutes Ergebnis, das beim letzten Besuch von Gerhard
    Schröder in Moskau bei den Gesprächen mit Putin erzielt
    wurde. Wir sind auch froh darüber, dass über die so ge-
    nannten Petersburger Gespräche ein dauerhafter Dialog
    auf den Weg gebracht worden ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das Beispiel Türkei zeigt ebenfalls Ihre Inkonsistenz.
    Sie fordern von uns alle Anstrengungen, um die Türkei
    wirtschaftlich, politisch und institutionell enger mit Eu-
    ropa zu verbinden. – Damit sind wir einverstanden. Dazu
    hat auch die EU in Helsinki einen Beschluss gefasst. Sie
    hat nach dem Scheitern des Luxemburg-Systems be-
    schlossen, dass es beim Kandidatenstatus der Türkei wei-
    ter vorangeht. Das haben alle europäischen Staaten mit-
    getragen.

    Was sagen Sie? Sie üben daran Kritik und sagen, die
    Verleihung des Kandidatenstatus sei verfrüht gewesen
    und wir hätten dazu gedrängt. Das ist ein kompletter Wi-
    derspruch. Es ist auch völlig inkonsistent, dauernd zu kri-
    tisieren, dass wir eine zurückhaltende Rüstungsexportpo-
    litik gegenüber der Türkei betreiben, und dann zu
    betonen, wie wichtig der Partner Türkei ist. Wenn Europa
    sagt, durch den Kandidatenstatus der Türkei fördere man
    dort eine vernünftige Entwicklung, so finden Sie dies
    falsch. Das ist eine völlig widersprüchliche Politik.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich komme abschließend kurz zu Ihren Forderungen.
    Ich habe schon gesagt, dass diese eher lustlos klingen und
    lediglich angehängt sind. Sie benutzen hier die Methode,
    die Bundesregierung dauernd dazu aufzufordern, das zu
    tun, was sie sowieso schon tut oder schon getan hat. Sie
    fordern zum Beispiel mehr Engagement bei globalen He-
    rausforderungen. Sie nehmen überhaupt nicht zur Kennt-
    nis, dass die Entwicklungsministerin Frau Wieczorek-
    Zeul mit der Kölner Schuldeninitiative etwas Konkretes
    gemacht hat, das mehr wert ist als die Sammlungen von
    Forderungen, die Sie in Ihre Anträge hineingeschrieben
    haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir sind auch froh, dass der Bundeskanzler die Ziel-
    setzung der G-7- oder G-8-Staaten unterstützt, bis zum
    Jahr 2015 eine Halbierung der Armut auf der Welt zu er-
    reichen. Das hat die volle Zustimmung meiner Fraktion.




    Gernot Erler
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    Dann sagen Sie, Herr Rühe, wir sollten die Rüstungs-
    exportrichtlinien überarbeiten und eine verbindliche eu-
    ropäische Regelung befördern. Offenbar waren Sie wie-
    der auf irgendeinem Planeten, als wir Ende letzten Jahres,
    Anfang dieses Jahres dies gemacht haben. Sie können ja
    sagen, dass es Ihnen nicht gefällt, dass wir zum Beispiel
    Menschenrechte als Kriterium für Rüstungsexporte in
    diese Richtlinien eingebaut haben, nachdem Sie 16 Jahre
    lang nichts getan haben, sodass das Wort „Menschen-
    rechte“ in den Rüstungsexportrichtlinien überhaupt nicht
    vorkam.


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Sie haben doch nationale Richtlinien gemacht! Er will europäische! Hören Sie doch zu!)


    Außerdem haben wir genau das gemacht, was Sie verlan-
    gen, Herr Schmidt. Der Code of Conduct ist jetzt für die
    Bundesrepublik verbindlich.


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Europäische Richtlinien wollen wir! Das ist doch der Punkt! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU)


    – Wenn Sie natürlich die Realitäten überhaupt nicht zur
    Kenntnis nehmen, dann kommen Sie eben zu solch ei-
    genartigen Dingen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Schließlich verlangen Sie ein Regionalkonzept für

    den Kaukasus. Sie haben offenbar nicht gemerkt, dass
    der Bundeskanzler schon im März in Tiflis war und dort
    als erster größerer europäischer Staatsmann auf der Basis
    unserer positiven Erfahrungen in Südosteuropa einen Sta-
    bilitätspakt für den Kaukasus gefordert hat und dass die
    OSZE längst mit deutscher Unterstützung ein entspre-
    chendes Konzept auf den Weg gebracht hat. Auch hier
    stellen Sie also Forderungen, die in Wirklichkeit schon
    längst reale Politik dieser Bundesregierung sind, die von
    der Regierungskoalition voll und ganz unterstützt wird.

    Herr Rühe und Ihre Freunde, es wird Ihnen nicht ge-
    lingen, hier den Eindruck zu erwecken, dass es bei der
    deutschen Außenpolitik ein Problem mit Vertrauen,
    Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit gibt. In Wirklich-
    keit weiß die ganze Welt, dass unsere Außenpolitik ver-
    lässlich, professionell und kreativ ist. Ich mache Ihnen ei-
    nen Vorschlag: Vergessen Sie ganz schnell diesen Antrag!


    (Beifall bei der SPD)

    Außenpolitik hat etwas Seriöseres als das verdient, was
    Sie hier anbieten. Verlassen Sie nicht den wichtigen
    außenpolitischen Grundkonsens. Wir sind bereit, mit Ih-
    nen ernsthaft über Außenpolitik zu diskutieren, aber nicht
    auf der Basis dieses Antrags.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)