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    Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Gunnar Uldall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12949 A Wahl der Abgeordneten Leyla Onur als stell- vertretendes Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . 12949 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreform- gesetz) (Drucksache 14/4553) . . . . . . . . . . . . . . . 12949 B Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12949 B Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 12952 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12954 B Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 12955 D Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 12956 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12958 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 12959 D Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12963 B Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12964 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12965 C Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12966 C Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Fraktion CDU/CSU: Der deut- schen Außenpolitik wiederEinfluss geben (Drucksache 14/4383) . . . . . . . . . . . . . . . 12968 B Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 12968 C Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12971 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12971 D Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 12974 B Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12976 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12978 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 12980 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 12981 D Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 12984 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 12986 D Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12988 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 12991 C Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12992 A Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Dr. Evelyn Kenzler, Maritta Böttcher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Demokratisierung des Wahlrechts (Drucksachen 14/1126, 14/2150) . . . . . . . 12992 C Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 12992 D Harald Friese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12994 B Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU 12995 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12996 B Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12997 C Plenarprotokoll 14/134 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 134. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. November 2000 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investi- tionszulagengesetzes 1999 (Drucksachen 14/3273, 14/4624; 14/4626, 14/4627) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12998 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 12999 A Gerhard Schulz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13000 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . 13001 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13001 D Gerhard Schulz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13002 B Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13003 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13003 D Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . . . . . . . . . . . 13004 C Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 13004 D Tagesordnungspunkt 25: Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Aus- wirkungen derÖkosteuer und der hohen Kraftstoffpreise auf den Deutschland- tourismus (Drucksachen 14/3867, 14/4334) . . . . . . . 13005 D Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13006 A Brunhilde Irber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13007 B Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13010 B Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 13011 C Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13012 D Anita Schäfer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13013 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13014 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13015 A Anlage 2 Technisch bedingter Neudruck eines Redebei- trages (133. Sitzung, 12906 ff) Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU 13015 D Anlage 3 Technisch bedingter Neudruck einer zu Proto- koll gegebenen Rede zur Beratung des Ent- wurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Na- mensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesordnungs- punkt 12, 133. Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 13017 D Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck einer zu Proto- koll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Tagesordnungspunkt 19, 133 Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 13018 C Anlage 5 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13020 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 Anita Schäfer 13014 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13015 (C) (D) (A) (B) Aigner, Ilse CDU/CSU 17.11.2000 Balt, Monika PDS 17.11.2000 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 17.11.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 17.11.2000* Belle, Meinrad CDU/CSU 17.11.2000 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 17.11.2000 Burchardt, Ursula SPD 17.11.2000 Ehlert, Heidemarie PDS 17.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 17.11.2000 Haupt, Klaus F.D.P. 17.11.2000 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.11.2000 Hempelmann, Rolf SPD 17.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 17.11.2000 DIE GRÜNEN Hohmann, Martin CDU/CSU 17.11.2000 Hornung, Siegfried CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 17.11.2000 Kramme, Anette SPD 17.11.2000 Lambrecht, Christine SPD 17.11.2000 Lamers, Karl CDU/CSU 17.11.2000 Lennartz, Klaus SPD 17.11.2000 Lörcher, Christa SPD 17.11.2000* Nachtwei, Winfried BÜNDNIS 90/ 17.11.2000 DIE GRÜNEN Naumann, Kersten PDS 17.11.2000 Nooke, Günter CDU/CSU 17.11.2000 Ostertag, Adolf SPD 17.11.2000 Dr. Pick, Eckhart SPD 17.11.2000 Poß, Joachim SPD 17.11.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 17.11.2000 Rachel, Thomas CDU/CSU 17.11.2000 Schenk, Christina PDS 17.11.2000 Schily, Otto SPD 17.11.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17.11.2000 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 17.11.2000 Schösser, Fritz SPD 17.11.2000 Schröder, Gerhard SPD 17.11.2000 Schüßler, Gerhard F.D.P. 17.11.2000 Schuhmann (Delitzsch), SPD 17.11.2000 Richard Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.11.2000 Schultz (Everswinkel), SPD 17.11.2000 Reinhard Seehofer, Horst CDU/CSU 17.11.2000 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 17.11.2000 Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 17.11.2000 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 17.11.2000 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.11.2000 Weiermann, Wolfgang SPD 17.11.2000 Wissmann, Matthias CDU/CSU 17.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 17.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Technisch bedingter Neudruck eines Rede- beitrages (133. Sitzung, Seite 12906 ff.) Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Markus Meckel hat Recht, wenn er sagt, dass die NATO als Licht- gestalt sicherlich auch das Licht einer Tagesdiskussion verdient hätte, insbesondere im Hinblick auf die Parla- mentarische Versammlung, die morgen hier in Berlin stattfindet. Aber ich glaube, die NATO überstrahlt auch so das Dunkel dieser Nacht. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Parlamentarische Versammlung der NATO, das NATO-Parlament, wird am kommenden Wochenende hier in der deutschen Hauptstadt Berlin ihre 46. Plenarta- gung abhalten. Dies geschieht zehn Jahre nach der Wie- dervereinigung Deutschlands. Zehn Jahre sind auch vergangen, seit die NATO-Part- ner auf dem Londoner Gipfel im Juli 1990 den ehemali- gen Gegnern des Warschauer Paktes die ausgestreckte Hand der Freundschaft anboten. Zehn Jahre ist es auch her, dass dem vereinigten Deutschland in den so genann- ten Zwei-plus-vier-Verhandlungen das Recht zugestan- den wurde, seine Bündniszugehörigkeit frei zu bestim- men. Neun Jahre sind vergangen, seit die NATO 1991 den Nordatlantischen Kooperationsrat gründete und die ehe- maligen Warschauer-Pakt-Staaten sowie die Nachfolge- staaten der Sowjetunion als Kooperationspartner auf- nahm. Die Kooperation der NATO im Nordatlantischen Ko- operationsrat, im Programm „Partnership for Peace“, im NATO-Russland-Rat und in der NATO-Ukraine-Kom- mission ist seither zentraler Punkt der Außenpolitik der Bündnispartner. Heute, zehn Jahre nach dem Beginn die- ser Politik, können wir sagen, dass die Gräben der Kon- frontation, die in 40 Jahren Kalten Krieges entstanden wa- ren, eingeebnet wurden. Europa ist heute – zum Glück – weitgehend frei von den alten Klischees des Freund- Feind-Denkens. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Die 1990 und 1991 oft gehörte Meinung, nicht nur der Warschauer Pakt, sondern auch die NATO müsse aufge- löst werden, (Beifall bei der PDS) wird heute nurmehr noch von den Unbelehrbaren der PDS vertreten und artikuliert. (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.) – Ich freue mich, wie lebendig Sie noch zu dieser späten Stunde sind. Großartig! – Die Geschichte ist zum Glück darüber hinweg gegangen. Denn die NATO hat gezeigt, dass sie mit ihrer Stabilitätspolitik und dem von ihr gesi- cherten Stabilitätsraum unverzichtbar für den Weltfrieden ist. (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!) Ja, viele Länder möchten nach wie vor möglichst schnell unter den Schutzschirm der NATO kommen und ich meine, sie alle haben einen guten Grund. Sie haben auch nichts gegen den Stabilitätsexport. Denn das ist es, was viele Länder seit 1990 wollen: innere und äußere Stabi- lität, um in Frieden und Freiheit leben zu können. (Beifall bei der CDU/CSU) Auf zwei weitere Entwicklungen seit 1990/91 möchte ich hinweisen: Erstens. Die NATO nahm auf ihrem Jubiläumsgipfel in Washington im Jahre 1999 die am weitesten fortgeschrit- tenen Reformstaaten des ehemaligen Ostblocks als gleichberechtigte Mitglieder auf: Polen, die Tschechische Republik und Ungarn. Gleichzeitig beschloss sie, dass die Tür für weitere Mitglieder offen bleiben soll und muss. Zweitens. Die NATO griff im Auftrag der Verein- ten Nationen zweimal auf dem Balkan ein: zum einen in die laufenden Bürgerkriegsauseinandersetzungen in Bosnien-Herzegowina und zum anderen im Kosovo, um die ethnischen Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen zu beenden sowie Frieden und Wiederauf- bau voranzubringen. Dies sind die ersten Out-of-area- Einsätze des Bündnisses gewesen. Die SED-Nachfolgepartei PDS behauptet in ihrem An- trag, (Rolf Kutzmutz [PDS]: Jetzt kommt es!) dies sei „militärisch gestützte Machtpolitik“ gewesen. (Beifall bei der PDS) Meine Kolleginnen Renate Diemers und Ursula Lietz hat- ten durchaus Recht, als sie vorhin in der Diskussion sag- ten, sie seien über eine solche Äußerung empört. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich muss sagen: Das, was hier betrieben wird, ist geradezu Geschichtsfälschung; denn die NATO musste handeln, nachdem sich die UNO im Weltsicherheitsrat trotz massivster Menschenrechtsverletzungen selbst blockier- te. Wäre man der Linie der PDS-Altkommunisten gefolgt, (Lachen bei der PDS) dann hätte man dem Völkermord der Serben tatenlos zu- sehen und auf ein Eingreifen der OSZE warten müssen. Wir alle wissen, das wäre das Todesurteil für weitere Hun- derttausende Menschen auf dem Balkan gewesen; denn die serbische Diktatur war weder durch Gebete – mit de- nen haben Sie es sowieso nicht so – noch durch gute Worte zu beschwichtigen. (Zuruf von der PDS) – Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen, wenn ich hier die Fakten aufzähle. – (Beifall bei der CDU/CSU) Die OSZE ihrerseits war der konkreten Herausforderung in diesem Moment in keiner Weise gewachsen. Die OSZE ist zwar ein wichtiger Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur. Aber zu der Absicht, den Grund- satz „OSZE first“ baldmöglichst durchzusetzen, vielleicht auch noch auf Kosten der NATO – das ist eine Forderung, die auch in diesem Hause immer wieder erhoben wird –, möchte ich klar sagen: Für uns gilt ohne jede Einschrän- kung, dass die NATO zentrales Instrument der Sicher- heitsarchitektur in Europa ist und bleibt. Sie allein ist Ga- rant des Friedens. (Beifall bei der CDU/CSU) Sie sorgt nicht nur mit Worten, sondern vor allem auch mit Taten für die Einhaltung der Menschenrechte. (Gernot Erler [SPD]: Das nenne ich NATO- Leitkultur!) – Das ist ein guter Begriff. (Lachen bei der SPD und der PDS) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013016 (C) (D) (A) (B) Die Parlamentarische Versammlung der NATO, früher NAV genannt, hat bei all diesen Epoche machenden Ent- wicklungen und Ereignissen, die ich angesprochen habe, wesentliche Schrittmacherdienste geleistet, ja, sogar eine Vorreiterrolle gespielt. Ich denke an die parlamentarische Einbindung der ehemaligen Ostblockländer. Wichtig ist nicht nur, dass Beschlüsse auf Gipfelkonferenzen von Re- gierungen gefasst werden, sondern auch, dass wir uns auf parlamentarischer Ebene mit den Dingen befassen und über sie diskutieren. Das NATO-Parlament ist so zu einem wichtigen Faktor für die Meinungsbildung im Bündnis geworden und stellt das parlamentarische Gleichgewicht zu den Beschlüssen der Bündnisregierungen und Minis- terräte her. Trotzdem bleibt noch viel zu tun. Eine zentrale Herausforderung für das Bündnis und auch für die Parlamentarische Versammlung der NATO ist das Verhältnis zu Russland. (Zuruf von der PDS) – Sehr richtig, das haben auch Sie begriffen. – Ohne eine funktionierende Zusammenarbeit mit Russland kann we- der die neue europäische Sicherheitsarchitektur noch die Friedenssicherung in der Welt funktionieren. Das erfolg- reiche Eingreifen der NATO im Kosovo hat das Verhält- nis zu Russland belastet. Aber nachdem es einen Macht- wechsel in Russland gegeben hat und Vladimir Putin Präsident wurde, gibt es glücklicherweise Anzeichen für einen Neustart in der Zusammenarbeit. Ein weiteres Feld ist das Verhältnis zwischen NATO und Europäischer Union. Die Entscheidungen für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, für eine Integration der WEU in die EU und für die Errichtung einer neuen Krisenreaktions- streitmacht in Europa sind Meilensteine auf dem Weg, an dessen Ende die Europäer einen größeren Beitrag zur Si- cherung des Friedens in der Welt als bisher übernehmen werden. (Beifall bei der CDU/CSU) Sowohl der NATO als auch der Europäischen Union ist klar: NATO und europäische Sicherheits- und Verteidi- gungspolitik sind kein Widerspruch. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Die EU wird künftig mehr Verantwortung für die Sicherheit in Europa übernehmen müssen. Wir er- warten insbesondere vom bevorstehenden Gipfeltreffen in Nizza weit reichende Entscheidungen zur gemeinsa- men Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Das Thema „National Missile Defense“ – Markus Meckel hat es angesprochen – hat in der Parlamentari- schen Versammlung der NATO zu einer intensiven Dis- kussion geführt. Wir werden auch am Wochenende da- rüber sprechen, um hier zu einem gemeinsamen Vorgehen zwischen unseren amerikanischen Freunden und den Eu- ropäern zu gelangen. Meine Damen und Herren, am Herzen liegt uns auch die Fortführung des Stabilitätsexports der NATO, das heißt die Fortsetzung der Politik der offenen Tür. (Gernot Erler [SPD]: Die Stabilität bleibt hier!) Über unser Verhältnis zu Russland habe ich bereits ge- sprochen. Zugleich geht es uns aber auch darum, nukleare Abrüstung zu forcieren und den Anti-Ballistic-Missile- Vertrag, obwohl dieser teilweise als überholt gelten muss, (Zuruf von der SPD: Na, na!) auch für die Zukunft als rüstungskontrollpolitisches Ele- ment zu erhalten. Deswegen erscheint es uns notwendig, dass wir insbesondere mit den Russen ins Gespräch kom- men, um eventuell im Wege einer Modifizierung zum Er- halt des ABM-Vertrages beizutragen. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, schließlich fordern wir eine gemeinsame Strategie der Allianz zur Eindämmung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen und der ent- sprechenden Trägertechnologie. Die Parlamentarische Versammlung der NATO fordern wir auf, ihre vorandrän- gende Rolle bei der Öffnung des Bündnisses für weitere Mitglieder auch weiterhin wahrzunehmen. Wir laden die russische Staatsduma ausdrücklich ein, an der Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO teilzunehmen und die parlamentarische Dis- kussion über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu- ropa und in der Welt aufzunehmen, sich in diese Diskus- sion hineinzubegeben und so den Versuch zu machen, das von uns als richtig Erkannte mit zu verwirklichen, näm- lich einen gemeinsamen Weg zu finden. Frieden und Si- cherheit durch Kooperation sowie demokratische Stabi- lität in ganz Europa zu fördern, ist und bleibt unser großes Ziel. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Fraktion ist bereit, die geeigneten Maßnahmen mitzutragen, die uns diesem Ziel gemeinsam näher brin- gen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P so- wie bei Abgeordneten der SPD) Anlage 3 Technisch bedingter Neudruck einer zu Protokoll ge- gebenen Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimm- rechtsübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesordungspunkt 12, 133. Sitzung) Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz:Das Internet und die neuen Tele- kommunikationsmedien werden sich auf alle Rechtsge- biete auswirken. Die Gesetzgebung muss hier rasch gestaltend eingreifen und die Modernisierung unseres Rechts vorantreiben. Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Entwurf eines Namensaktiengesetzes wollen wir dies für das Aktienrecht tun. Hier erscheint eine Mo- dernisierung dringlich. Die Verwendung neuer Tech- nologien ist in den Kapitalmärkten besonders fortge- schritten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13017 (C) (D) (A) (B) Um ein Beispiel vor Augen zu führen: Ein Anleger, der von seinem Laptop aus seine Kauf- und Verkaufentschei- dungen online trifft, versteht es nicht mehr, dass er be- stimmte Unternehmensmitteilungen nicht auch online er- halten oder seine Stimmrechtvollmachten auf diesem Wege erteilen kann. Das Namensaktiengesetz wird dies möglich machen. Erstens wird das völlig veraltete Recht zur Namensak- tie grundlegend aktualisiert und auf den Stand moderner Datenübertragung und elektronischer Aktienregister ge- bracht. Dabei haben wir besonderen Wert auf die daten- schutzrechtliche Absicherung und Verbesserung gelegt. Der einzige streitige Punkt war die Frage, wer die Kosten für die Datenübermittlung tragen sollte. Es wäre schön, wenn sich die Streitpunkte auch bei anderen Vorhaben auf solche Details reduzieren ließen. Ich danke den Bericht- erstattern dafür, dass sie eine sehr ausgewogene Lösung hierzu gefunden haben. Zweitens – dieser Punkt ist vielleicht noch wichtiger –: In dem Entwurf werden viele Formerfordernisse aus alter Zeit rund um die aktienrechtliche Hauptversammlung so- weit wie möglich heruntergefahren. Teilnehmerverzeich- nisse auf den Hauptversammlungen werden in Zukunft auf Bildschirmen dargestellt, Aufsichtsratssitzungen kön- nen im Bedarfsfall rasch als Videokonferenz einberufen werden, Stimmrechtsvollmachten können auch in elektro- nischer Form erteilt werden und Ähnliches mehr. Dies sind mutige Modernisierungen unseres Aktienrechts. Das Namensaktiengesetz wird dem nicht mit dem Ge- sellschaftsrecht befassten Betrachter als eine eher techni- sche Novelle erscheinen. Der Entwurf hat aber das Poten- zial, eine beachtliche Modernisierung und Veränderung anzuschieben. Es wird zum Beispiel interessant zu be- obachten sein, wie in der Zukunft die Stimmrechtsaus- übung auf den Hauptversammlungen unserer Aktienge- sellschaften neu organisiert werden wird. Das alte Depotstimmrecht der Banken wird Konkurrenz bekom- men, so viel können wir heute schon vorhersagen. Das Gesetz enthält weiter eine Einschränkung des sehr bürokratischen und aus heutiger Sicht unverständlich komplizierten Nachgründungsverfahrens für neu gegrün- dete Aktiengesellschaften. Dies betrifft besonders die Start-Up-Unternehmen und die Neuemissionen am Neuen Markt. Die beteiligten Kreise haben diesen Gesetzge- bungsvorschlag mit großer Erleichterung aufgenommen. Sie können sich vorstellen – oder sie werden es schon wis- sen –, dass dieser Entwurf hohe Zustimmung bei allen be- teiligten Kreisen gefunden hat und dringlichst erwartet wird. Ich möchte deshalb an dieser Stelle den Berichter- stattern und den Kollegen im Rechtsausschuss, aber auch im Wirtschaftsausschuss für die sehr zügige und kon- struktive Beratung des Entwurfs danken. Das gilt über die Fraktionsgrenzen hinweg. Ich freue mich, sagen zu kön- nen, dass wir damit auch im internationalen Vergleich auf diesem Rechtsgebiet eine innovative Rolle übernehmen. Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die zwei Ihnen vorliegenden Änderungsanträge der F.D.P.-Fraktion ein- gehen. Sie betreffen den Entwurf nicht unmittelbar. Beim VW-Gesetz ist immerhin ein Zusammenhang nicht zu leugnen. Es ist auch nicht so, dass wir kein Verständnis für den Antrag haben. Aber nachdem Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der CDU/CSU und der F.D.P.-Frak- tion, in der 12. und 13. Wahlperiode zweimal vergeblich versucht haben, das VW-Gesetz abzuschaffen oder zu än- dern, sollte Ihnen einsichtig geworden sein: Es wäre rich- tiger und besser, wenn der Anstoß zur Reform in diesem Fall von den Betroffenen selbst ausginge. Auch Ihren Vorschlag zur Reform des Anfechtungs- rechts nehmen wir durchaus ernst. Ich bin aber nicht da- mit einverstanden, einen so wichtigen, im Einzelnen in der Wissenschaft und Praxis umstrittenen Vorschlag von erheblicher Tragweite handstreichartig und ohne Diskus- sion mit den beteiligten Kreisen im Rahmen eines völlig anderen Gesetzgebungsverfahrens mitzuregeln. Es ist Ihr gutes Recht, auf das Thema hinzuweisen und Änderungen anzumahnen. Wir lassen uns aber eine sorgfältige Geset- zesarbeit dadurch nicht nehmen. Das Anfechtungsrecht ist zudem zentraler Punkt in der von der Bundesregierung eingesetzten Corporate Governance Kommission, wo wir Gelegenheit haben, den gesamten Sachverstand einzu- sammeln. Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck einer zu Protokoll ge- gebenen Rede zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Tagesordnungspunkt 19, 133. Sitzung) Dr. Eckardt Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz: Das Patentrecht erfreut sich der- zeit sowohl national als auch auf europäischer und inter- nationaler Ebene wieder einmal großer Aufmerksamkeit. Der vorliegende Antrag der CDU/CSU-Fraktion lenkt das Augenmerk insbesondere auf die Patentierbarkeit von Software. Das ist im Grunde richtig, denn es handelt sich um ein wichtiges Thema, das uns noch länger beschäfti- gen wird. Aber warum diese Eile; warum der Antrag, heute da- rüber abzustimmen? Es handelt sich um Fragen, die eine eingehende Erörterung erfordern. Und dem wird sich die Bundesregierung nicht verschließen. Im Gegenteil: Sie beschäftigt sich fortlaufend mit dem Schutz von Compu- terprogrammen, nicht nur durch Patente, und führt derzeit einen intensiven Dialog mit allen betroffenen und interes- sierten Kreisen. Dies gilt insbesondere – aber nicht nur – im Hinblick auf die derzeit diskutierte Änderung von Art. 52 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens – kurz EPÜ. Hier muss die Bundesregierung nicht, wie man so schön sagt, „zum Jagen getragen werden“! Und die Haltung der Bundesregierung ist bekannt, nicht erst seit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der F.D.P. vom 24. Oktober 2000, nachzulesen in Drucksache 14/4397. Worum geht es? – Softwarepatente sind Patente und Patente werden für Erfindungen erteilt. Grundlage ist, dass grundsätzlich in allen Bereichen der Technik rechtli- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013018 (C) (D) (A) (B) cher Schutz durch das Patentrecht zur Verfügung gestellt werden muss. Es ist nicht zulässig, einen Bereich der Technik zu diskriminieren. Dieser Gedanke ist internatio- nal vor allem in Art. 27 des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte geistigen Eigen- tums, dem so genannten WTO-TRIPS-Übereinkommen, verankert. Dies ist die Grundlage, an die wir uns halten müssen. Für jede Erfindung, die die allgemeinen Paten- tierungsvoraussetzungen erfüllt, muss Patentschutz ge- währt werden. Das gilt auch für softwarebezogene Erfin- dungen. Die im Patentgesetz und im Europäischen Patentüber- einkommens verankerten – im Wesentlichen wortglei- chen – Vorschriften über die Patentierungsvoraussetzungen legen aber auch die Grenzen für das fest, was nicht pat- entfähig ist. Ein Patent darf nicht erteilt werden, wenn keine Erfindung vorliegt. Und nicht jede Software ist eine Erfindung. Beispielhaft erläutert Art. 52 Abs. 2 und 3 EPÜ, dass „Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche“ nicht als Erfindungen angesehen werden. Auf der Diplomatischen Konferenz in diesem Novem- ber in München ist nun über einen Vorschlag des Europä- ischen Patentamtes zu entscheiden, der beabsichtigt, die Worte „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“ aus Art. 52 Abs. 2 Buchst. c des Übereinkommens zu strei- chen. Dieser Vorschlag hat eine rechtliche und eine poli- tische Seite. Rechtlich betrachtet, würde sich an der Patentierbar- keit von Softwareerfindungen überhaupt nichts ändern, wenn in München beschlossen wird, diese Worte aus dem Europäischen Patentübereinkommen zu streichen. Vor al- lem würde das keine Ausweitung der Patentierbarkeit von Software bedeuten. Das sollte man im Hinterkopf behal- ten. Wenn Sie die Bestimmung des Art. 52 des Europä- ischen Patentübereinkommens lesen, so werden Sie erken- nen, dass dort im Abs. 2 lediglich Beispiele für das genannt sind, was in der Regel nicht als Erfindung angesehen wird. Diese Vorschrift befreit das Patentamt nicht von der Prü- fung, ob im Einzelfall nicht doch eine Erfindung vorliegt. Wenn eine Erfindung gemacht ist und alle Voraussetzun- gen für ein Patent vorliegen, muss ein Patent erteilt wer- den. Wesentlich wichtiger als diese rechtliche Überlegung ist der politische Gesichtspunkt, dass eine Entscheidung, wie die rechtliche Regelung des Patentrechts für Software in Zukunft aussehen sollte, nicht in der Europäischen Pa- tentorganisation, sondern in der Europäischen Union ge- troffen werden muss; und dies nach eingehenden Konsul- tationen. Hier geht es nicht um ein „Moratorium“, wie es der vorliegende Antrag fordert, sondern um eine Bestands- aufnahme des geltenden Patentrechts und dann eventuell eine harmonisierte Weiterentwicklung auf europäischer Ebene. Die Diskussionen in der Europäischen Union werden bereits sehr intensiv geführt. Die Generaldirektion Bin- nenmarkt hat im Internet ein Konsultationsdokument ver- öffentlicht und wird das Ergebnis dieser Sondierung bis zum Ende des Jahres auswerten. Es wird bei der weiteren Diskussion darauf ankommen, sicherzustellen, dass die Anforderungen an die Patentvergabe nicht herunterge- schraubt werden und dass ein Patent auch in Zukunft nur dann vergeben werden kann, wenn eine technische Erfin- dung zum Patent angemeldet wird. Es wird auch darauf ankommen, dass kein Signal gesetzt wird, das im Sinne einer Behinderung der Softwareentwicklung missverstan- den werden kann. Die Bundesregierung beteiligt sich in- tensiv an dieser Diskussion. Eines ist aber ganz wichtig. Das Patentrecht hat im Be- reich der Softwareerfindungen gerade für kleinere und mittlere Unternehmen und auch für freie Softwareent- wickler eine ganz erhebliche Bedeutung. Denn sie kennen die bereits heute bestehenden Möglichkeiten, Patente für Softwareerfindungen zu erlangen, häufig nicht. Sie haben auch nicht, wie große Unternehmen, die Marktmacht, um sich gegen unberechtigte Nachahmungen ihrer Erfindun- gen zu verteidigen. Deswegen haben gewerbliche Schutz- rechte gerade für kleinere und mittlere Unternehmen und für freie Softwareentwickler ganz erhebliche Bedeutung. Man darf ihnen diese Schutzrechte nicht nehmen. Aber sie dürfen im Interesse der Innovationsfähigkeit vernetz- ter Entwicklungsbereiche auch keine überschießende Tendenz haben. Insofern enthält der vorliegende Antrag teilweise zwar bedenkenswerte, aber keine neuen und teilweise auch ir- reführende Gesichtspunkte. Ein Beschluss, der darauf ab- zielt, ein Moratorium für Softwarepatente zu erreichen, verkennt einerseits die rechtliche, auch durch die Welt- handelsorganisation begründete Verpflichtung, Patent- schutz für Erfindungen zur Verfügung zu stellen. Ande- rerseits fügt er im Ergebnis kleinen und mittleren Un- ternehmen und freien Softwareentwicklern Schaden zu. Schließlich ist noch hervorzuheben, dass eine Aus- flucht nicht in einem besonderen Schutzrecht, das nur für neu entwickelte Software geschaffen werden würde, ge- sucht werden darf. Damit ist niemandem geholfen. Wir können eine Zersplitterung des Rechtsschutzsystems, die durch die Schaffung von verschiedenen besonderen Schutzrechten erreicht würde, nicht befürworten. Die Er- fahrung hat gezeigt, dass solche Sui-generis-Schutzrechte mit der Entwicklung der Technik nicht Schritt halten. Sie veralten und werden dann schlicht nicht mehr benutzt. Die Bundesregierung hat sich im Hinblick auf die lau- fende Diskussion auf europäischer Ebene – und insbeson- dere um kein missverständliches Signal zu setzen – wie die Delegationen der anderen großen Vertragsstaaten bei der Europäischen Patentorganisation gegen die Strei- chung der Worte „Programme für Datenverarbeitungsan- lagen“ aus dem EPÜ stark gemacht. Die Streichung hat zwar auf der Verwaltungsratssitzung der Europäischen Patentorganisation Anfang September zunächst eine knappe Mehrheit erhalten. Deutschland bemüht sich aber derzeit – zusammen mit den gleichgesinnten Staaten Dä- nemark, Frankreich, Schweden, Spanien, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Luxemburg – intensiv darum, dass die endgültige Entscheidung auf der in Kürze statt- findenden Diplomatischen Konferenz anders ausfällt. Wir werden uns bis zuletzt dafür einsetzen, die ange- sprochene Änderung des Art. 52 Abs. 2 des Europäischen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13019 (C) (D) (A) (B) Patentübereinkommens zu verhindern. Wir befürworten eine breite Debatte über Wettbewerb und Innovation auf den Softwaremärkten. Wir werden uns auch aktiv an den Beratungen zur Entwicklung einer europäischen Richtli- nie beteiligen. Deswegen sind wir zwar dankbar für Un- terstützung auch des Bundestages für unsere Haltung bei den Verhandlungen, halten den vorliegenden Antrag aber für überflüssig. Im Hinblick auf die übrigen im Antrag der Opposition angesprochenen sachlichen Fragen des Softwareschutzes, die einer intensiveren Erörterung durch die Fachleute be- dürfen, besteht keinerlei Notwendigkeit, darüber heute zu beschließen; dies kann zunächst in den Ausschüssen be- handelt werden. Insofern spreche ich mich nachdrücklich dafür aus, den vorliegenden Antrag an die zuständigen Ausschüsse zu verweisen. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 756. Sitzung am 10. No- vember 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 16) – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 6. März 1997 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über den Geheimschutz – Gesetz über die assoziierte Mitgliedschaft der Re- publik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn in derWesteuropäischen Union – Gesetz zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge (Steuer-Euroglättungsgesetz – StEuglG) – Gesetz zur Änderung des Begriffs „Erziehungs- urlaub“ – Gesetz zur Änderung des Opferentschädigungs- gesetzes und anderer Gesetze – Gesetz zu dem Protokoll vom 22. März 2000 zur Änderung des Übereinkommens vom 9. Fe- bruar 1994 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen Ferner hat der Bundesrat folgende Entschließung ge- fasst: Der Bundesrat bekräftigt seinen Beschluss vom 14. Juli 2000 – BR-Drucksache 320/00 (Beschluss) – mit der Bitte an die Bundesregierung, das aus den Straßennutzungsgebühren für Lastkraftwagen re- sultierende Aufkommen zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in der Bun- desrepublik Deutschland zur Verfügung zu stellen. Er verweist ferner auf die Ergebnisse der Pällmann- Kommission, die eine Finanzlücke für Bau und In- standhaltung bei allen Verkehrsträgern festgestellt hat, und zwar jährlich mindestens bei – Bundesfernstraßen 4 Milliarden DM, – Bundesschienenwegen 3 Milliarden DM, – Bundeswasserstraßen 0,5 Milliarden DM. – Gesetz zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom17. Juli 1998 (IStGH-Statut- gesetz) Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung gefasst: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zu Arti- kel 87 Abs. 2 des Übereinkommens eine Er- klärung abzugeben, wonach dem Ersuchen um Zu- sammenarbeit und allen zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen Übersetzungen des Ersu- chens und der Unterlagen in deutscher Sprache beizufügen sind, sofern das Ersuchen und die bei- gefügten Unterlagen nicht in deutscher Sprache ab- gefasst sind. Die Praxis des Rechtshilfeverkehrs zeigt, dass ein Übersetzungsverzicht nicht zu der gewünschten beschleunigten Erledigung von Ersu- chen beiträgt. Darüber hinaus begibt sich die ersuchende Behörde der Möglichkeit, Rechtshil- feersuchen durch rasche Übersetzung zu be- schleunigen. In der Praxis des Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen hat dies dazugeführt, dass bei wich- tigen und eiligen Ersuchen trotz vertraglich verein- barten Übersetzungsverzichts Übersetzungen bei- gefügt werden. Daher ist schon in dem Bericht vom 6. April 1990 der von der 60. Konferenz der Justiz- minister und -senatoren beauftragten Arbeits- gruppe zur Vereinfachung des internationalen Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen, insbesondere im Hinblick auf den geplanten Wegfall der Perso- nenkontrollen an den Binnengrenzen der EG, emp- fohlen worden, es solle grundsätzlich kein Über- setzungsverzicht vereinbart, bestehende Regeln sollten aufgehoben werden. Im Übrigen hat der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesre- gierung zu dem Vertrag vom 29. Oktober 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen die in dem Vertrag vorgesehene Sprachenregelung als unbefriedigend bezeichnet, weil danach einseitig der deutschen Seite Übersetzungspflichten oblie- gen und weil hierdurch Bund und Ländern Kosten- und Haftungsrisiken entstehen. Die Bundesregie- rung hat in ihrer Gegenäußerung erklärt, sie werde bei künftigen Verhandlungen mit anderen Staaten anstreben, hinsichtlich der Verwendung einer ver- mittelnden Sprache nach Möglichkeit keine ver- traglichen, sondern flexiblere Absprachen zu tref- fen (s. BT-Drs. 11/2026). Die Fraktion der PDS hat mit Schreiben vom 9. No- vember 2000 den Antrag „Sanktionen gegen Kuba auf- heben“ – Drucksache 14/4499 – zurückgezogen. Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Ge- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 200013020 (C) (D) (A) (B) schäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nach- stehenden Vorlage absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 02 Titel 683 06 – Zuweisungen nach dem Gesetz über die Verwendung von Gasöl durch Betriebe der Landwirtschaft (LwGVG) – Drucksachen 14/3655 (neu), 14/3720 Nr. 2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Weitere überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 – Von der EU nicht übernommene Markt- ordnungsausgaben – bis zur Höhe von 34 007 TDM – Drucksachen 14/4123, 14/4169 Nr. 2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 17 Titel 831 12 – Beteiligung an Flughafengesellschaften und Erhöhung von Kapitalrücklagen – Drucksachen 14/3942, 14/4093 Nr. 1.9 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 25 Titel 642 01 – Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz – Drucksachen 14/3876, 14/4093 Nr. 1.8 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/3576 Nr. 1.15 Drucksache 14/3859 Nr. 1.10 Drucksache 14/4170 Nr. 2.25 Finanzausschuss Drucksache 14/4170 Nr. 2.17 Drucksache 14/4170 Nr. 2.18 Drucksache 14/4170 Nr. 2.21 Drucksache 14/4170 Nr. 2.26 Drucksache 14/4170 Nr. 2.36 Drucksache 14/4170 Nr. 2.41 Drucksache 14/4170 Nr. 2.51 Drucksache 14/4170 Nr. 2.53 Drucksache 14/4170 Nr. 2.86 Haushaltsausschuss Drucksache 14/4170 Nr. 2.39 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/4170 Nr. 2.1 Drucksache 14/4170 Nr. 2.22 Drucksache 14/4170 Nr. 2.23 Drucksache 14/4170 Nr. 2.33 Drucksache 14/4170 Nr. 2.37 Drucksache 14/4170 Nr. 2.38 Drucksache 14/4170 Nr. 2.48 Drucksache 14/4170 Nr. 2.54 Drucksache 14/4170 Nr. 2.58 Drucksache 14/4170 Nr. 2.60 Drucksache 14/4170 Nr. 2.90 Drucksache 14/4309 Nr. 1.16 Drucksache 14/4309 Nr. 1.40 Drucksache 14/4309 Nr. 1.44 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/4170 Nr. 2.50 Drucksache 14/4170 Nr. 2.55 Drucksache 14/4309 Nr. 1.29 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 14/3050 Nr. 2.15 Drucksache 14/3576 Nr. 2.20 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/1617 Nr. 1.1 Drucksache 14/2609 Nr. 1.16 Drucksache 14/3050 Nr. 1.4 Drucksache 14/3428 Nr. 1.4 Drucksache 14/3428 Nr. 1.6 Drucksache 14/3576 Nr. 1.3 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 14/4170 Nr. 2.83 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. November 2000 13021 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Guten Morgen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

    Der Kollege GunnarUldall feiert heute seinen 60. Ge-
    burtstag. Er ist leider nicht anwesend. Ich spreche ihm
    trotzdem die herzlichsten Glückwünsche des ganzen Hau-
    ses aus.


    (Beifall)

    Die Fraktion der SPD teilt mit, dass der Kollege Franz

    Thönnes als stellvertretendes Mitglied aus der Parlamen-
    tarischen Versammlung des Europarates ausscheidet.
    Nachfolgerin soll die Kollegin Leyla Onur werden. Sind
    Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch.
    Dann ist die Kollegin Leyla Onur als stellvertretendes
    Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Euro-
    parates gewählt.

    Der Ältestenrat hat vereinbart, dass in der Haushaltswo-
    che vom 27. November 2000 keine Regierungsbefragung,
    keine Fragestunde und keine Aktuellen Stunden stattfinden
    sollen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wi-
    derspruch. Dann ist auch dies so beschlossen.

    Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:
    Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
    gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuglie-
    derung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts

    (Mietrechtsreformgesetz)

    – Drucksache 14/4553 –
    Überweisungsvorschlag:
    Rechtsausschuss (f)

    Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
    Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre
    keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache und erteile der Bundesmi-
    nisterin Professor Dr. Herta Däubler-Gmelin das Wort.

    Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der
    Justiz: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Mit dem Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und

    Reform des Mietrechts greift die rot-grüne Bundesregie-
    rung ein wichtiges Reformvorhaben auf, das trotz Mah-
    nungen aus den verschiedenen Bereichen, also von Mie-
    tern und Mieterverbänden, von Vermietern und ihren
    Organisationen wie auch von der Wohnungswirtschaft,
    viel zu lange liegen geblieben ist. Ich erinnere daran, dass
    der Bundestag schon 1974 zu einer Generalüberholung, zu
    einer Modernisierung und einer Reform aufgerufen hat.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Nach 1974 haben Sie noch fast neun Jahre regiert!)


    Mit dem Gesetz werden wir den Erwartungen gerecht,
    die Millionen von Mieterinnen und Mietern an uns, den
    Deutschen Bundestag, richten. Sie wollen nämlich vor al-
    lem in Frieden miteinander auskommen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansPeter Repnik [CDU/CSU] : Danach haben Sie doch neun Jahre regiert!)


    – Ich weiß gar nicht, warum Sie sich an dieser Stelle so er-
    regen, Herr Repnik; aber Sie werden das sicherlich gleich
    sagen.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Ich errege mich nicht!)


    – Keine Erregung? Dann hat sich das hier nur so angehört.

    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Verehrte Frau Ministerin, ich habe nur darauf hingewiesen, dass Sie von 1974 bis 1982 noch fast neun Jahre Zeit hatten, das zu tun! Sie haben es aber nicht gemacht!)


    – Sie hatten anschließend 16 Jahre Zeit, lieber Herr
    Repnik, und zwar auf der Grundlage einer guten Vorbe-
    reitung, die wir Ihnen bis Anfang der 80er-Jahre geliefert
    hatten. Vielen Dank für diesen Hinweis!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das unterstreicht, dass wir gut daran tun, diesen Gesetz-
    entwurf so zügig zu beraten, wie ihn die rot-grüne Bun-
    desregierung vorgelegt hat.

    12949


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    134. Sitzung

    Berlin, Freitag, den 17. November 2000

    Beginn: 9.00 Uhr

    Mit dem vorliegenden Gesetz erfüllen wir die grundle-
    gende Erwartung der Mieterinnen und Mieter auf der ei-
    nen Seite und der Vermieter auf der anderen Seite, vor al-
    len Dingen gut miteinander auskommen zu wollen.


    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das tun sie ja!)


    Wenn man gut miteinander auskommen will, ist es
    nicht hilfreich, wenn der eine oder andere nun wieder ir-
    gendwelche Forderungen stellt; vielmehr ist es entschei-
    dend, dass Rechtsgrundlagen bestehen, aus denen die
    Rechte und Pflichten mit großer Klarheit ersichtlich sind.
    Genau dies bewirkt der neue Gesetzentwurf. Seine Rege-
    lungen sind gut lesbar. Er fasst zusammen, was bisher auf-
    grund der unterbliebenen Reform in ganz unterschiedli-
    chen Gesetzen und Verordnungen zu suchen war, und er
    ordnet auch die Rechte und Pflichten so verständlich, dass
    jeder sie dort findet, wo er sie sucht.

    Lassen Sie mich ein ganz einfaches Beispiel nennen:
    Wenn jemand in Zukunft etwas über die Voraussetzungen
    eines Mietvertrages sucht, dann findet er es am Anfang
    des Abschnitts über das Recht der Wohnraummiete im
    Bürgerlichen Gesetzbuch. Wenn sich jemand über die
    Voraussetzungen und die Folgen einer Kündigung infor-
    mieren will, dann muss er ebenfalls im Bürgerlichen Ge-
    setzbuch nachschauen, allerdings weiter hinten, weil die
    Rechtsfolgen der Kündigung im Schlussteil eines Miet-
    vertrages stehen.

    Wir alle wissen, dass unser Mietrecht aus ganz ver-
    schiedenen Gründen große Bedeutung hat: Über 60 Pro-
    zent der Menschen in unserem Land wohnen zur Miete.
    Sie brauchen bezahlbare, aber auch qualitativ gute, mo-
    derne und umweltfreundliche Wohnungen. Wir alle wis-
    sen, dass das Dach über dem Kopf zu den Grundrechten
    des Menschen gehört.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Familien brauchen ein Dach über dem Kopf, das sie be-
    zahlen können.

    Auf der anderen Seite stehen die Vermieter. Wir wis-
    sen, dass sie sich mithilfe der Mieteinnahmen sehr häufig
    ein zweites Standbein, eine zusätzliche Absicherung, ver-
    schaffen. Auch das ist wichtig. Wer will bestreiten, dass
    die Wohnungswirtschaft mit dem Bau, mit der Verwal-
    tung und mit der Vermietung von Wohnungen zu einem
    sehr bedeutenden Wirtschaftsfaktor in unserem Land ge-
    worden ist? Gerade im Osten unseres Landes gibt es eine
    große Zahl von besonderen Problemen. Auch das müssen
    wir einkalkulieren. Wir müssen diese unterschiedlichen
    Bereiche – die Interessen und Bedürfnisse der Mieterin-
    nen und Mieter, die der Vermieter und die der Wohnungs-
    wirtschaft – im Auge behalten, wenn wir auf der
    Grundlage unseres Gesetzes Vereinfachungen, Moderni-
    sierungen und Reformen vornehmen wollen.

    Natürlich gibt es – bei aller Ausgewogenheit – auf der
    einen oder anderen Seite zusätzliche gruppenspezifische
    Erwartungen. Es gibt auf der einen Seite Interessenver-
    bände, die für die Mieterinnen und Mieter sprechen. Sie

    machen das, wie der Deutsche Mieterbund, in hervorra-
    gender Weise.


    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Danke schön!)

    Auf der anderen Seite gibt es Verbände der Vermieter und
    der Wohnungswirtschaft, die auch ihre spezifischen Inte-
    ressen laut und deutlich äußern. Das ist gut so. Auch da-
    von lebt unsere Demokratie. Die Aufgabe des Deutschen
    Bundestages und der Bundesregierung ist es, diese Inte-
    ressen nicht nur zu sehen und sie zu würdigen, sondern sie
    auch zueinander in Relation zu setzen und ausgewogene
    Regelungen zu schaffen. Genau das tun wir.


    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Sie sind nicht ausgewogen!)


    Dazu bewegen uns der Grundsatz des sozialen Schutzes
    und das Erfordernis von Flexibilität, die heute von immer
    mehr Menschen in unserem Land mit seinen modernen
    Lebensverhältnissen tatsächlich verlangt wird.

    Ich möchte einige der wichtigen Punkte darlegen, die
    unser Gesetzentwurf enthält, wo es um sozialen Schutz,
    Flexibilität und Ausgewogenheit geht. Ich möchte das
    zunächst anhand des Kündigungsschutzes erläutern. Der
    Kündigungsschutz ist wichtig, weil nur durch ihn Sicher-
    heit und Verlässlichkeit bei Mieterinnen und Mietern,
    aber auch bei den Vermietern hergestellt werden kann.

    Beide, Mieterinnen und Mieter bzw. Vermieter, brau-
    chen Sicherheit und Verlässlichkeit, allerdings in unter-
    schiedlicher Weise. Auf Grundlage der bisher geltenden
    Regelung ist alles rechtlich bisher gleich behandelt wor-
    den. Heute wissen wir, dass an die Arbeitnehmerinnen
    und Arbeitnehmer häufig die Anforderung eines schnellen
    Arbeitsplatzwechsels – das ist sehr oft mit einem Umzug
    verbunden – gestellt wird. Wir wissen, dass viele alte
    Menschen, die in ihrem Leben lange Zeit gute Mieter ge-
    wesen sind, überraschend ins Altersheim umziehen müs-
    sen. Gleichzeitig hat auf unserem Wohnungsmarkt – allen
    regionalen Unterschieden zum Trotz – jeder Vermieter die
    Möglichkeit, für eine gute Wohnung eine Mieterin oder
    einen Mieter zu finden.

    Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Interes-
    sen, Bedürfnisse und Lebensverhältnisse ist die von uns
    vorgeschlagene Regelung außerordentlich sachgerecht:
    Bei einer Vertragsdauer von bis zu fünf Jahren haben die
    Mieter eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Bei ei-
    ner längeren Vertragsdauer liegt die Kündigungsfrist bei
    sechs Monaten. Auch darüber kann man diskutieren. Da-
    gegen bleibt bei den Vermietern alles beim Alten.


    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


    Ich denke, dass das angesichts der Forderungen der Inte-
    ressenverbände eine sehr vernünftige und ausgewogene
    Regelung ist.

    Die Vertreter der Vermieter sagen natürlich, das sei un-
    gerecht,


    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Genau!)





    Bundesministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin
    12950


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    während die Sprecherinnen und Sprecher des Mieterbun-
    des fordern, diese Frist einheitlich sogar auf drei Monate
    festzusetzen. Ich bin ganz sicher, dass diese unterschied-
    lichen Überlegungen der Interessenvertretungen in den
    Ausschüssen noch gründlich gewürdigt und auch bespro-
    chen werden.

    Ich komme zum zweiten Punkt, nämlich zu den
    Kappungsgrenzen. Kappungsgrenzen dienen, wie wir
    wissen, dazu, die spezifischen Möglichkeiten von Miet-
    erhöhungen für einen bestimmten Bereich des Woh-
    nungsmarktes auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen; wir
    reduzieren den erlaubten Mietanstieg von 30 Prozent auf
    20 Prozent.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist falsch! Investitionsfeindlich!)


    – Wer hier „falsch“ sagt, verehrter Herr Kollege, sollte
    wissen, dass er sich damit gegen den Schutz von wirklich
    schutzbedürftigen Familien, meistens in Ballungsräumen,
    ausspricht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Es sind doch Wohnungen frei!)


    Wer die soziale Schutzfunktion des Mietrechtes bejaht,
    darf dieses Vorhaben nicht als falsch bezeichnen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wo leben Sie denn?)


    Die Kappungsgrenze, die Sie auf 30 Prozent erhöht ha-
    ben, senken wir wieder auf 20 Prozent. Das ist richtig so.

    Ich komme zum dritten Punkt, meine Damen und Her-
    ren, zum Problem der Nebenkosten. Nebenkosten ma-
    chen allen zu schaffen. Im Übrigen sehen das auch die
    Vermieter. Nun kann der Gesetzgeber die Nebenkosten
    nicht einfach festsetzen. Sie bleiben natürlich dem Spiel
    der Marktkräfte überlassen. Aber was der Gesetzgeber tun
    kann, das tut er: Unser Gesetzentwurf sorgt für mehr
    Transparenz und Abrechnungsgerechtigkeit. Das senkt
    die Kosten. Außerdem hat der Mieter aufgrund des von
    uns festgeschriebenen Grundsatzes, dass nach Verursa-
    chung und Verbrauch abgerechnet werden soll, die Mög-
    lichkeit, die Nebenkosten auch durch eigenes Tun im Rah-
    men zu halten.

    Unsere Absichten werden übrigens auch bei den Rege-
    lungen für Mieterhöhungen – das ist der vierte Punkt –
    sehr deutlich. Wir bauen auf den bewährten Grundsätzen
    auf, beziehen weitere Grundsätze ein, die sich im Rahmen
    der Rechtsprechung entwickelt haben, und schreiben die
    notwendigen Regelungen fest. Damit entwickeln wir das
    Recht weiter. Konkret: Wir behalten zwar das bewährte
    Vergleichsmietensystem bei; da aber die Feststellung der
    Vergleichsmiete gelegentlich Schwierigkeiten macht, er-
    weitern wir die Instrumente zur Feststellung der Ver-
    gleichsmiete. Neben dem einfachen Mietspiegel soll es
    einen qualifizierten Mietspiegel geben, bei dem die An-
    forderungen an seine Erstellung höher sind. Damit einher
    gehen dann aber auch erweiterte Rechtsfolgen. Hier kann

    es bei der wissenschaftlichen Ausarbeitung, bei der Aner-
    kennung durch die Gemeinden und/oder durch die Ver-
    bände zum Streit kommen. Ich fände es außerordentlich
    gut – das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen –,
    wenn es hierbei auch weiterhin zu einem Zusammenwir-
    ken der unterschiedlichen Interessenverbände vor Ort
    käme. Aber auf jeden Fall müssen wir verhindern, dass es
    hier zu einer gegenseitigen Blockade kommt; dement-
    sprechend werden wir dann auch die entsprechenden Re-
    gelungen konstruieren.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir fördern, weil bezahlbarer und moderner Wohn-

    raum dringend notwendig ist, die Modernisierung. Nach
    unserem Gesetzentwurf kann deshalb in die Modernisie-
    rungsumlage all das einbezogen werden, was der Ein-
    sparung von Energie dient. Das galt bisher nicht für alle
    Modernisierungsmaßnahmen. Die Erweiterung ist gut,
    weil der Mieter, der zwar auf der einen Seite mehr bezah-
    len muss, auf der anderen Seite weniger Verbrauchskosten
    hat. Wir haben uns deshalb für diesen Weg entschieden.
    Ich weiß aber sehr wohl, dass manche sagen, es wäre doch
    viel gescheiter gewesen, die Modernisierungsumlage ent-
    weder ganz zu streichen, da sie im Rahmen eines Ver-
    gleichsmietensystems sowieso immer ein Fremdkörper
    ist, oder wenigstens zu senken. Wir tun das nicht, weil wir
    Modernisierungsmaßnahmen fördern wollen.

    Klarheit schaffen wir bei den Zeitmietverträgen. Das
    ist eine gute Sache. Wir schaffen mehr Flexibilität bei
    Staffel- und Indexmieten für den Teil unserer Mieterinnen
    und Mieter, der genau diese Mietformen will. Für diese
    schafft der Gesetzgeber in der Tat mehr Transparenz.

    Die Prinzipien sozialer Schutz und Flexibilität bestim-
    men auch die Regelungen für die Umwandlung von Miet-
    wohnungen in Eigentumswohnungen. Der starre Schutz,
    der für alle gilt, kann regional nämlich deutlich ausge-
    weitet werden. Damit kann auf den Segmenten des Woh-
    nungsmarktes, in denen es noch Schwierigkeiten gibt, für
    mehr Schutz gesorgt werden. Dabei müssen wir allerdings
    aufpassen, dass alle Missbrauchsmöglichkeiten ausge-
    schlossen werden. Das Instrument der Umzugsregelung
    und -hilfe sorgt zum Beispiel dafür, dass einer, der eine
    Wohnung gekauft hat, dem bisherigen Bewohner eine
    Wohnung anbietet, sodass dieser dann in diese einziehen
    kann.

    Wir nehmen noch eine ganze Reihe von anderen Pro-
    blempunkten auf. Ich glaube, es ist ein Vorzug dieses Ge-
    setzentwurfs, dass er das in einer sehr klaren, verständli-
    chen und auch ausgewogenen Weise tut.

    Allerdings, meine Damen und Herren, machen wir ei-
    nen Fehler nicht: Da, wo die Rechtsprechung – und zwar
    in der Entscheidung von einzelnen Fällen – vernünftige
    Regelungen entwickelt hat, meinen wir nicht, wir müss-
    ten hier zum Beispiel durch eine Regelung bei den Schön-
    heitsreparaturen ein System, das sich sehr bewährt hat,
    durcheinander bringen. Das bleibt, wie es ist.

    Lassen Sie es mich zum Schluss nochmals deutlich sa-
    gen, was wir wollen: Wir möchten – und wir schaffen es
    mit diesem Gesetz – den Mieterinnen und Mietern und
    den Vermietern eine klare und ausgewogene und vor allen




    Bundesministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin

    12951


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Dingen eine faire Grundlage für ein gutes Zusammenle-
    ben bieten.

    Damit verbinden wir die Hoffnung, dass wir einen er-
    heblichen Teil der heute bei den Gerichten anhängigen
    über 300 000 Mietprozesse überflüssig machen. Das ist
    unser Ehrgeiz.

    Wir sollten diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen
    zügig beraten, damit die verschiedenen Bereiche, die hier
    alle angesprochen sind, bald etwas davon haben.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile dem Kolle-
gen Dietmar Kansy, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr.-Ing. Dietmar Kansy


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsi-
    dent! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Sie haben Recht, Frau Ministerin – ich freue
    mich, dass zwischenzeitlich auch zwei Staatssekretäre aus
    dem Bauministerium eingetroffen sind; der Minister ist
    uns ja nun bedauerlicherweise wieder abhanden gekom-
    men –:


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ein gesichertes Dach über dem Kopf ist ein elementares
    Grundbedürfnis der Menschen. Dies sicherzustellen – ich
    sage das über alle Regierungswechsel und Fraktionsgren-
    zen hinweg – ist ein Eckpfeiler der deutschen Politik nicht
    nur, aber insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg ge-
    wesen, allerdings verteilt auf unterschiedliche staatliche
    Ebenen unseres föderativen Systems, also auf Bund, Län-
    der und Gemeinden.

    Aber auch in diesem Politikbereich gilt – trotz des ge-
    sicherten Dachs über dem Kopf – neben dem Prinzip der
    Solidarität das Prinzip der Subsidiarität. Das heißt im
    Bereich der Wohnungspolitik: Die Wohnung ist gleicher-
    maßen ein hohes Sozialgut, aber auch ein teures und lang-
    lebiges Investitionsgut. Staatliche Hilfen im materiellen,
    aber auch im immateriellen Sinne, zum Beispiel das Miet-
    recht, sollten deswegen Hilfe zur Selbsthilfe sein und
    nicht ein allumsorgendes staatliches Recht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, der Bund hat in der Woh-

    nungspolitik Aufgaben in vielfältiger Weise zu erfüllen.
    Im Zusammenhang mit dem sozialen Wohnungsbau, der
    Städtebauförderung, dem Programm „Soziale Stadt“ oder
    dem Wohngeld gewährt er eine direkte objekt- oder sub-
    jektgebundene Förderung, die heute dem Minister für
    Verkehr, Bau- und Wohnungswesen obliegt. Aber wir sind
    uns klar darüber, dass das Steuerrecht und das Mietrecht
    einen mindestens genauso großen Einfluss auf ein ausrei-
    chendes und bezahlbares Wohnungsangebot haben.

    Das Steuerrecht ermöglicht es dem Staat, im Miet-
    wohnungsbau durch verschiedene „Stellschrauben“,
    zum Beispiel durch AfA oder Spekulationsfrist oder an-
    deres, private Investoren zu ermuntern oder aber abzu-

    schrecken, ihr Kapital in Wohnungen zu investieren. Über
    eine mehr oder weniger attraktive Eigenheimzulage er-
    mutigt er darüber hinaus Menschen – mehr oder weniger –,
    selbst Wohnungseigentum zu bilden.

    Das Mietrecht ist für Millionen Vermieter und – wie die
    Ministerin schon ansprach – für knapp 60 Prozent der Be-
    völkerung Deutschlands, die zur Miete wohnen, von ele-
    mentarer Bedeutung. Eine mehr mieterfreundliche oder
    mehr vermieterfreundliche Ausformung hat nicht nur Ein-
    fluss auf die Miethöhe – das weiß jeder –, sondern auch
    auf die Anzahl und die Qualität der Wohnungen. Für die
    CDU/CSU galt während ihrer Regierungszeit und gilt
    auch heute noch die Leitlinie: Ein ausreichendes Woh-
    nungsangebot ist der beste Mieterschutz.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Ich muss heute noch einmal daran erinnern, dass die
    jetzige rot-grüne Koalition den Wohnungsmarkt in bester
    Verfassung vorgefunden hat, und die ist nicht vom Him-
    mel gefallen, sondern einer konsequenten Wohnungspoli-
    tik der Vorgängerregierung zu verdanken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Von Fertigstellungszahlen von über 600 000 Wohnungen
    jährlich Mitte der 90er-Jahre bis hin zu den daraus resul-
    tierenden historischen Tiefständen der Mietindexsteige-
    rung von 1,1 Prozent im Jahr 1999 – nie hat eine neue Re-
    gierung in einem für die Bedürfnisse aller Menschen so
    zentralen Bereich, wie ihn ein angemessener Wohnraum
    darstellt, eine so ausgesprochen günstige Position vorge-
    funden wie Sie.


    (Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Da haben Sie Recht!)


    Deswegen möchte ich gleich anfügen, obwohl mein
    Kollege Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten darauf noch
    eingehen wird: Wer eine Politik macht mit Mietpreisstei-
    gerungen von 1,1 Prozent im Jahr – wie wir sie gemacht
    haben –, braucht sich eben nicht den Kopf darüber zu zer-
    brechen, ob die Kappungsgrenze bei 30 oder 20 Prozent
    im Jahr liegen soll.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun haben wir teilweise, insbesondere in den neuen

    Bundesländern, sektorale Leerstände. Ich glaube aber,
    dass die derzeitige Regierung und die sie tragenden Frak-
    tionen eine verhängnisvolle Fehleinschätzung begehen,


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Das ist reine Ideologie!)

    und zwar nicht nur in den einzelnen Politikbereichen. Das
    zeigen zahlreiche Maßnahmen, die in den letzten beiden
    Jahren hier beschlossen wurden: die radikale Kürzung der
    Mittel für den sozialen Wohnungsbau, die gleichzeitige
    Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen
    für den freifinanzierten Mietwohnungsbau, die Ver-
    schlechterungen bei der Eigenheimzulage oder jetzt, Frau
    Ministerin, einzelne beabsichtigte Änderungen im Miet-
    recht.

    Wirklich schlimm ist, dass wir im Bund zum ersten
    Mal überhaupt keine abgestimmte Wohnungspolitik ha-




    Bundesministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin
    12952


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    ben. Das ist noch freundlich formuliert; eigentlich gibt es
    gar keine Wohnungspolitik dieser Regierung. Der Baumi-
    nister fährt den sozialen Wohnungsbau herunter, der Fi-
    nanzminister verschlechtert die steuerlichen Rahmenbe-
    dingungen, reduziert die Förderung des selbstgenutzten
    Wohneigentums, und Sie, Frau Ministerin, legen jetzt ein
    Mietrecht vor – –


    (Christine Ostrowski [PDS]: Zum Thema, bitte!)


    – „Zum Thema!“, ruft da jemand. Das ist das Verständnis
    dieser Leute von Wohnungspolitik. Hauptsache, die Para-
    graphen stimmen. Das Dach über dem Kopf ist das We-
    sentliche!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Ministerin verschlechtert jetzt mit einer ganzen

    Reihe von Bestimmungen auch die Rahmenbedingungen
    weiter.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Wenn es in Zukunft überhaupt noch Investoren geben soll,
    die sich nicht entmutigt fühlen, dann bedarf es mehr als
    einiger kleiner Korrekturen bei den anstehenden Aus-
    schussberatungen. Ich sage das im vollen Bewusstsein der
    komplizierten Situation und im vollen Bewusstsein der
    Tatsache, dass Sie jeden zweiten Tag in einer Sendung
    oder in einem Presseartikel von Wohnungsleerständen
    hören oder lesen. Das gilt für partielle Bereiche Deutsch-
    lands; das gilt aber nicht überall.

    Wenn wir nicht aufpassen, kommt der nächste so ge-
    nannte Schweinezyklus in der Wohnungspolitik wieder.
    Ich sagte schon, dass die durchschnittliche Neubaurate
    Mitte der 90er-Jahre bei 600 000 lag. In diesem Jahr er-
    wartet das Städtebauinstitut eine Neubaurate von nur noch
    380 000. Das bedeutet schlicht und ergreifend, dass die so
    genannte Ersatzbaurate zwischenzeitlich schon unter-
    schritten wird.

    Wie bereits gesagt, wird mein Kollege Dr. Wolfgang
    Freiherr von Stetten die einzelnen Vorschriften noch be-
    sprechen. Eines ist aber für die CDU/CSU-Fraktion klar
    und auch für unseren ehemaligen Staatssekretär Funke
    – wir beide wissen, wovon wir reden; Sie können dazu
    nachher auch gern Stellung nehmen –:


    (Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist nett von Ihnen!)


    Zur Vereinfachung ein klares Ja, zur Verschiebung des in
    langen Jahren der Gesetzgebung und Rechtsprechung ge-
    fundenen sensiblen Gleichgewichts zwischen Mietern
    und Vermietern ein klares Nein.


    (Rainer Funke [F.D.P.]: Das will ja auch keiner!)


    Wir haben uns in der letzten Legislaturperiode als Re-
    gierungsfraktion mit der F.D.P. nicht geeinigt, weil sie das
    Gleichgewicht zulasten der Mieter verschieben wollte,
    und wir werden uns heute weigern, dieses Gleichgewicht
    zulasten der Vermieter zu verschieben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die unter der Regierung Kohl gebildete Bund-Länder-
    Arbeitsgruppe zur Mietrechtsvereinfachung – ich betone:
    Vereinfachung; nomen est omen – hatte hauptsächlich das
    Ziel, eine Mietrechtsvereinfachung zu erreichen. In Teil-
    bereichen sollten Innovationen möglich sein. Dazu stan-
    den und stehen wir. Wir stehen aber nicht dazu, das von
    mir angesprochene Gleichgewicht in der Weise zu ver-
    schieben, wie es im Regierungsentwurf vorgesehen ist.

    Richtig ist: Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen
    erfüllen nicht – oder zumindest nicht mehr – den An-
    spruch auf Übersichtlichkeit, Klarheit und Verständlich-
    keit; denn in den letzten 40 Jahren sind viele Änderungen
    der Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch selbst oder
    auch in anderen Gesetzen erfolgt. So ist es dem Bürger
    zum Beispiel angesichts der Änderungen im Miethöhe-
    gesetz oder im Sozialklauselgesetz – es beinhaltet den
    Schutz des Mieters bei Umwandlung der Wohnung in eine
    Eigentumswohnung – fast unmöglich, dieses Mietrecht zu
    verstehen und zu begreifen.

    Deswegen ist es gut, dass sich der Deutsche Bundestag
    heute endlich in die Debatte um ein neues Mietrecht ein-
    schalten kann; denn diese Gesetzgebungsmaterie, die für
    über 15 Millionen Mieterhaushalte von großer Bedeutung
    ist, hat in der Länderkammer immerhin schon einen Be-
    ratungsvorlauf von über einem Jahr. Ich erinnere daran,
    dass Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bereits im
    September 1999 einen entsprechenden Reformgesetzent-
    wurf im Bundesrat eingebracht haben, also lange bevor
    die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzent-
    wurf eingebracht hat.

    Die CDU/CSU hatte damals gehofft, dass diese Initia-
    tive der beiden SPD-regierten Länder eine Art Minen-
    hundfunktion hatte, mit der man herausfinden wollte, ob
    die Möglichkeit eines Konsenses mit der CDU/CSU und
    mit den CDU- und CSU-regierten Bundesländern be-
    stand. Das war uns damals sehr recht. Für diesen Konsens
    schien zunächst einmal zu sprechen, dass die beiden be-
    teiligten Bundesratsausschüsse eine Arbeitsgruppe bilde-
    ten und einen ernsthaften Anlauf unternahmen, das
    Thema Mietrecht so zu behandeln, dass das Potenzial für
    Polemik niedrig gehalten wurde – wir wissen, dass dies in
    der Vergangenheit nicht immer der Fall war – und dass
    eine über eine Wahlperiode hinausgehende Rahmenset-
    zung möglich war. Ich bedauere es für meine Fraktion
    ausdrücklich, dass dieser Anlauf durch die Meinungsbil-
    dung in der rot-grünen Koalition im Bund und mit der Be-
    schlussfassung des Bundeskabinetts über einen Regie-
    rungsentwurf beendet wurde.

    Frau Ministerin, Sie haben uns nicht nur mit dem Ge-
    setzentwurf selber, sondern auch mit Ihren Äußerungen
    beim Deutschen Mieterbund am 12. September schwer ir-
    ritiert; denn sie waren völlig inakzeptabel. Die Ministerin
    hat damals gesagt – ich erwähne dies für die Kolleginnen
    und Kollegen, die nicht dabei waren –, in den Parla-
    mentsberatungen sollten über den Gesetzentwurf hinaus
    eine weitere Absenkung der Kappungsgrenze auf 15 Pro-
    zent, asymmetrische Kündigungsmöglichkeiten für Mie-
    ter mit einer Absenkung der Kündigungsfrist von sechs
    auf drei Monate, der Verzicht auf Zustimmungsbedürftig-
    keit bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln




    Dr.-Ing. Dietmar Kansy

    12953


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    durch die Vermieterseite, die Erhöhung der Sperrfristen
    bei Umwandlungskündigung und die Kündigungsmög-
    lichkeit des Vermieters aufgrund Zerrüttung geprüft wer-
    den. Diese Punkte waren nicht Bestandteil des Regie-
    rungsentwurfs.

    Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, nachdem der Kabi-
    nettsbeschluss vorlag, haben Sie in der Berliner Presse be-
    hauptet, dieser Gesetzentwurf entspreche nicht den Ab-
    sprachen innerhalb der Koalition. Deswegen lautet meine
    Frage: Was gilt denn nun? Gilt der Gesetzentwurf, gelten
    die Ankündigungen der Ministerin oder gelten Ihre Be-
    merkungen? Es gab erfreulicherweise zwischenzeitlich
    eine Annäherung zwischen Referentenentwurf und Kabi-
    nettsbeschluss. Ich nenne in diesem Zusammenhang die
    Modernisierungsumlage und die Asymmetrie der Kündi-
    gungsmöglichkeit.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, was wollen Sie denn noch? Sie haben es doch mitgekriegt!)


    – Wir beobachten die Entwicklung sehr genau.
    Wir begrüßen auch die Stellungnahme der Bundesre-

    gierung zu den Bundesratsbeschlüssen, eine Mietrechts-
    reform nicht ohne eine Regelung bezüglich der prozess-
    trächtigen Schönheitsreparaturen vorzunehmen, sowie
    die Bereitschaft zur Überprüfung des vor allem für die
    neuen Länder wichtigen Anliegens, bei erheblichem Woh-
    nungsleerstand eine Kündigung zum Zwecke der Verwer-
    tung des Grundstückes zuzulassen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Lange Rede, kurzer Sinn: Die CDU/CSU-Fraktion

    wird die Beratungen in beiden Ausschüssen, im feder-
    führenden Rechtsausschuss und im Bauausschuss, ernst
    nehmen und den Gesetzentwurf von Vorschrift zu Vor-
    schrift daraufhin überprüfen, was mit uns machbar ist und
    was nicht. Wir wollen eine Vereinfachung und – ich wie-
    derhole mich – sinnvolle Innovationen zum Beispiel im
    Umweltbereich. Aber wir wollen keine Verschiebung des
    sozialen Gleichgewichts durch diese Mietrechtsreform.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)