Rede:
ID1413327400

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14133

  • date_rangeDatum: 16. November 2000

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:22 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:33 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsidentin Petra Bläss: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 8 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Nun: 1
    2. spricht: 1
    3. derStaatsminister: 1
    4. im: 1
    5. Auswärtigen: 1
    6. Amt,: 1
    7. Ludger: 1
    8. Volmer.D: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Gedenken an die Opfer des Gletscherbahn- unglücks von Kaprun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12749 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Manfred Heise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12749 B Wahl des Abgeordneten Christian Simmert als stellvertretendes Mitglied in das Kurato- rium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12749 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 12749 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 26 a und b, 27 a und b und 30 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12750 A Jürgen Koppelin F.D.P. (zur GO) . . . . . . . . . . 12750 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD (zur GO) 12750 D Eckart von Klaeden CDU/CSU (zur GO) . . . 12751 B Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN (zur GO) . . . . . . . . . . . . . . . . 12751 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS (zur GO) . . . . . 12752 A Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenver- sicherung und zur Förderung eines kapi- talgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AVmG) (Drucksache 14/4595) . . . . . . . . . . . . . 12753 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Ren- ten wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit (Drucksachen 14/4230, 14/4630, 14/4634) 12753 A c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge (Drucksachen 14/4231, 14/4620) . . . . 12753 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die ge- setzliche Rentenversicherung, insbeson- dere überdie Entwicklung derEinnahmen und Ausgaben, der Schwankungsreserve sowie des jeweils erforderlichen Beitrags- satzes in den künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154 SGB VI (Rentenversiche- rungsbericht 1999) (Drucksache 14/2116) . . . . . . . . . . . . . . . . 12753 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12753 C Manfred Grund CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12755 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12756 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12760 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 12762 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12764 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . 12766 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12768 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 12769 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . 12769 C Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12771 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . 12771 D Plenarprotokoll 14/133 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 133. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 I n h a l t : Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12772 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . . . . . . . . 12774 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12775 C Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12776 C Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12778 A Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12779 D Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . . . . . . . 12780 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12781 C Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12781 D Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12782 B Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12782 D Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . . 12783 B Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . . . . . . . 12783 D Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: 29. Rahmenplan der Gemein- schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstuktur“ für den Zeitraum 2000 bis 2003 (2004) (Drucksache 14/3250) . . . . . . . . . . . . . 12786 A b) Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Dagmar Wöhrl, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion CDU/ CSU: Zukunft der deutschen Regio- nalförderpolitik im Zusammenhang mit der Reform des Strukturfonds der Europäischen Union (Drucksachen 14/3353, 14/4112) . . . . 12786 B Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 12786 B Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 12788 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12789 A Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12790 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12791 D Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 12792 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 12794 A Ulrich Klinkert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12794 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12796 A Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 12797 A Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion F.D.P. eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Rege- lung der Zuwanderung (Drucksache 14/3679) . . . . . . . . . . . . . 12798 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt- Jortzig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: „Berliner Rede“ des Bundespräsidenten umsetzen – Zu- wanderung nach Deutschland ver- bindlich regeln (Drucksache 14/3697) . . . . . . . . . . . . . 12798 C in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 16: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfra- gen über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 14/2674) . . . . . . . . . . . . . 12798 C b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion PDS: Kurdi- sche Namensgebung in derBundesre- publik Deutschland ermöglichen (Drucksache 14/3749) . . . . . . . . . . . . . 12798 D Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 12799 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12799 D Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . . . 12800 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . . . . . . . . . 12802 B Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12804 B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12806 B Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12808 B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12809 A Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12809 D Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12811 A Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 12812 B Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12813 C Leyla Onur SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12814 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 12816 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12817 A Leyla Onur SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12817 C Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 12817 D Tagesordnungspunkt 29: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zuordnungsrechtes (Drucksache 14/757) . . . . . . . . . . . . . . 12818 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000II b) Antrag der Abgeordneten Dr. HelmutHaussmann, Ulrich Irmer, weiterer Ab-geordneter und Fraktion F.D.P.: Für ei-nen offenen und partnerschaftlichenDialog mit Namibia(Drucksache 14/4414) . . . . . . . . . . . . . 12818 A c) Antrag der Abgeordneten KarinKortmann, Adelheid Tröscher, weitererAbgeordneter und der Fraktion SPD so-wie der Abgeordneten Dr. AngelikaKöster-Loßack, Ekin Deligöz, weitererAbgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN: Kinderrechteschützen – Kinderhandel wirksambekämpfen(Drucksache 14/4152) . . . . . . . . . . . . . 12818 B Tagesordnungspunkt 28: a) Erste Beratung des von den FraktionenSPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENeingebrachten Entwurfs eines GesetzeszurUmsetzung derUVP-Änderungs-richtlinie, der IVU-Richtlinie undweiterer EG-Richtlinien zum Um-weltschutz(Drucksache 14/4599) . . . . . . . . . . . . . 12818 B b) Antrag der Abgeordneten BirgitHomburger, Ulrike Flach, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion F.D.P.:Umsetzung der IVU-Richtlinie – Um-weltgesetzbuch auf den Weg bringen(Drucksache 14/3397) . . . . . . . . . . . . . 12818 C Tagesordnungspunkt 30: Abschließende Beratungen ohne Aus-sprache a) Zweite und dritte Beratung des von derBundesregierung eingebrachten Ent-wurfs eines Gesetzes zur Einführungdes Euro im Sozial- und Arbeitsrechtsowie zur Änderung anderer Vorschrif-ten (4. Euro-Einführungsgesetz)(Drucksachen 14/4375, 14/4388, 14/463314/4657) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12818 C c) Beschlussempfehlung und Bericht desAusschusses für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit zu der Verord-nung der Bundesregierung: Erste Ver-ordnung zur Änderung der Batterie-verordnung(Drucksachen 14/4303, 14/4440 Nr. 2.1,14/4600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12819 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere abschließende Beratungen ohneAussprache (Ergänzung zu TOP 30) a) – Zweite Beratung und Schlussabstim-mung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Gemeinsamen Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Überein- kommens und des Pariser Überein- kommens (Gesetz zu dem Gemein-samen Protokoll über dieAnwendung des Wiener Überein-kommens und des Pariser Über-einkommens) (Drucksache 14/3953) . . . . . . . . . . . 12819 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Atomgesetzes ((Neuntes)Gesetz zur Änderung des Atomge-setzes) (Drucksachen 14/3950, 14/4617) 12819 B b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Zusam-menlegung des Bundesamtes fürWirtschaft mit dem Bundesaus-fuhramt (Drucksachen 14/3951, 14/4615) . . . . 12819 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Verantwortung der früheren Bundesregierung für die Ertei- lung einer Unbedenklichkeitserklärung für das atomare Endlager Morsleben 12819 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 12820 A Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 12821 A Reinhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . 12822 A Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 12823 A Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 12824 A Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12824 D Dr. Paul Laufs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12826 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 12827 B Ulrich Klinkert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12828 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12829 B Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12830 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 12831 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12833 A Tagesordnungspunkt 6: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung:Agrarbericht 2000Agrar- und ernährungspolitischerBericht der Bundesregierung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 III – zu dem Entschließungsantrag der Fraktion CDU/CSU zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung Agrarbericht 2000 Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Matthias Weisheit, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Ab- geordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Agrarbericht 2000 Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 14/2672, 14/3380, 14/3391, 14/4236) . . . . . . . . . . . . . . . . 12833 D b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Einführung ei- ner Vergütung der Mineralölsteuer für die Land- und Forstwirtschaft (Agrar- dieselgesetz – AgrdG) (Drucksachen 14/4218, 14/4294, 14/4616, 14/4619) . . . . . . . . . . . . . . . . 12834 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Tanken von einge- färbtem Agrardiesel unbürokratisch ausgestalten (Drucksachen 14/3105, 14/4605) . . . . 12834 A Holger Ortel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12834 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 12835 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . . 12837 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12838 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 12840 D Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12841 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12842 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12843 C Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . 12844 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12845 D Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . 12847 B Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 12849 C Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12850 A Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . . 12851 D Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . 12852 B Tagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Hauptstadtkulturförderung (Drucksachen 14/3182, 14/4597 [neu]) 12853 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 12853 C Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . . 12856 A Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 12857 C Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12858 C Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12860 A Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK . . . 12860 D Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . 12861 B Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Ent- fernungspauschale und zur Zahlung ei- nes einmaligen Heizkostenzuschusses (Drucksachen 14/4435, 14/4631, 14/4632) 12863 D Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 12864 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 12865 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12868 B Gisela Frick F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12869 C Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 12870 D Ingrid Arndt-Brauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12871 D Tagesordnungspunkt 9: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über Teilzeitar- beit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen (Drucksachen 14/4374, 14/4625) 12873 C – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dr. Maria Böhmer, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fortbestand befristeter Arbeitsverhältnisse (Drucksachen 14/3292, 14/4625) 12873 C – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000IV F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Intensivierung der Beschäftigungsförderung (Drucksachen 14/4103, 14/4625) 12873 D b) Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Horst Seehofer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion CDU/ CSU: Teilzeitbeschäftigung wirtschaftsver- träglich und familiengerecht fördern (Drucksache 14/4526) . . . . . . . . . . . . . 12873 D Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12874 A Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . 12875 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 12875 D Brigitte Baumeister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12877 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12879 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 12880 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12881 B Tagesordnungspunkt 10: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Abrüstung, Rüs- tungskontrolle und Nichtverbreitung so- wie über die Entwicklung der Streitkräf- tepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 1999) (Drucksache 14/3233) . . . . . . . . . . . . . . . 12882 C Petra Ernstberger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12882 C Hans-Dirk Bierling CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12884 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 12886 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . 12887 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12888 D Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion CDU/CSU: Wett- bewerbsfähigkeit der deutschen Binnen- schifffahrt erhalten und sichern (Drucksache 14/4387) . . . . . . . . . . . . . . . 12889 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Wasserstraßen ausbauen und Nachteile der Deutschen Flagge im EU-weiten Wettbewerb der Binnenschifffahrt be- seitigen (Drucksache 14/4602) . . . . . . . . . . . . . . . 12889 D Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz) (Drucksachen 14/4051, 14/4618) . . . . . . . 12890 A Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Dr. Günter Rexrodt, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiteren Abgeord- neten und der Fraktion F.D.P. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des deutschen Rabattrechts an die EU-Richtlinie über den elektro- nischen Geschäftsverkehr (Rabatt- rechtsanpassungsG) (Drucksache 14/4423) . . . . . . . . . . . . . 12890 C b) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Rainer Funke, Rainer Brüderle, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Anpassung des deutschen Zu- gaberechts an die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (ZugaberechtsanpassungsG) (Drucksache 14/4424) . . . . . . . . . . . . . 12890 C Tagesordnungspunkt 14: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Erika Simm, weiteren Abgeordneten und der Fraktion SPD sowie den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (Drucksache 14/3763) . . . . . . . . . . . . . 12890 D – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (Drucksache 14/4452) . . . . . . . . . . . . . 12890 D – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Ent- wurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- derung des Strafvollzugsgesetzes (5. StVollzÄndG) (Drucksache 14/4070, 14/4622) . . . . . 12891 A Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12891 B Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 12892 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 V Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12893 D Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12895 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12896 C Karin Schubert, Ministerin (Sachsen-Anhalt) 12896 D Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 12897 D Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn), Norbert Röttgen, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Sicherung der außeruni- versitären interdisziplinären Grundla- genforschung in der Informations- und Kommunikationstechnik – zu dem Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Rolf Kutzmutz,Ursula Lötzer und der Fraktion PDS: Keine Fusion des GMD-Forschungszen- trums für Informationstechnik und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) zulasten der IuK-Grundlagenfor- schung (Drucksachen 14/3097, 14/4037, 14/4373) 12899 B Tagesordnungspunkt 17: a) Antrag der Abgeordneten Heidi Lippmann, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Transparenz und parlamentari- sche Kontrolle bei Rüstungsexporten (Drucksache 14/4349) . . . . . . . . . . . . . 12899 D b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konven- tionelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüstungsexportbericht 1999) (Drucksache 14/4179) . . . . . . . . . . . . . 12899 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Heidi Lippmann, Fred Gebhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Keine Lieferung von Panzern und anderen Rüstungsgütern und Li- zenzen an die Türkei (Drucksachen 14/3004, 14/4487) . . . . 12900 A Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12900 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . 12901 B Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirt- schaftsplans des ERP-Sondervermö- gens für das Jahr 2001 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2001) (Drucksache 14/4299) . . . . . . . . . . . . . 12902 B b) Antrag der Abgeordneten Rolf Kutzmutz, Dr.Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: ERP-Sonderver- mögen für Mittelstandsförderung er- höhen (Drucksache 14/4556) . . . . . . . . . . . . . 12902 B Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Bernd Neumann (Bre- men), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Drucksache 14/4384) . . . . . . . . . . . . . . . 12902 C Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU 12902 D Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12904 C Tagesordnungspunkt 20: a) Antrag der Abgeordneten Markus Meckel, Uta Zapf, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion SPD, der Abgeord- neten Friedrich Merz, Michael Glos und der Fraktion CDU/CSU, der Abgeord- neten Angelika Beer, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion F.D.P.: 46. Plenartagung der Parlamentari- schen Versammlung der NATO (NATO PV) vom 17. bis 21. Novem- ber 2000 in Berlin (Drucksache 14/4601) . . . . . . . . . . . . . 12905 A b) Antrag der Fraktion PDS: Europäische Sicherheit und NATO (Drucksache 14/4598) . . . . . . . . . . . . . 12905 B Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12905 B Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 12906 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12908 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 12909 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000VI Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über Teilzeit- arbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen (Tagesordnungspunkt 9 a) . . . 12909 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnenschifffahrt erhalten und sichern – Wasserstraßen ausbauen und Nachteile der Deutschen Flagge im EU-weiten Wettbewerb der Binnenschifffahrt be- seitigen (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12910 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 12912 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12913 B Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . 12913 D Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12914 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesord- nungspunkt 12) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) SPD . . . . 12915 D Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . . . . . . . . 12916 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12919 C Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12920 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 12920 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes zur An- passung des deutschen Rabattrechts an die EU-Richtlinie über den elektroni- schen Geschäftsverkehr (Rabattrechts- anpassungsG) – des Entwurfs eines Gesetzes zur An- passung des deutschen Zugaberechts an die EU-Richtlinie über den elektroni- schen Geschäftsverkehr (Zugaberechts- anpassungsG) (Tagesordnungspunkt 13 a und b) Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12921 C Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12921 D Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12923 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12924 A Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12924 D Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12925 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 12926 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts zu den Anträgen: – Sicherung der außeruniversitären inter- disziplinären Grundlagenforschung in der Informations- und Kommunikati- onstechnik – keine Fusion des GMD-Forschungs- zentrums für Informationstechnik und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) zu- lasten der IuK-Grundlagenforschung (Tagesordnungspunkt 15) Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12926 D Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 12927 A Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12928 C Ulrike Flach F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12929 B Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12929 D Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12930 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Antrags: Transparenz und parla- mentarische Kontrolle bei Rüstungs- exporten – der Unterrichtung: Bericht der Bundes- regierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüstungsexportbericht) – des Berichts: keine Lieferung von Pan- zern und anderen Rüstungsgütern und Lizenzen an die Türkei (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 VII Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 12931 D Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 12932 D Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12934 B Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 12935 B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Wirtschaftsplans des ERP-Son- dervermögens für das Jahr 2001 (ERP- Wirtschaftsplangesetz 2001) – Antrag: ERP-Sondervermögen für Mit- telstandsförderung (Tagesordnungspunkt 18 a und b) Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 12936 A Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12937 C Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12938 B Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12939 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12939 C Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 12940 C Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz der Rechte für Software (Tagesordnungspunkt 19) Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12941 C Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12942 B Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12943 B Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 12944 A Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 12944 C Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge – 46. Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO (NATO PV) vom 17. bis 21. November 2000 in Ber- lin – Europäische Sicherheit und NATO (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12945 B Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12946 B Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 12947 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000VIII Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 Karl Lamers 12908 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12909 (C) (D) (A) (B) Andres, Gerd SPD 16.11.2000 Balt, Monika PDS 16.11.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 16.11.2000* Burchardt, Ursula SPD 16.11.2000 Catenhusen, SPD 16.11.2000 Wolf-Michael Ehlert, Heidemarie PDS 16.11.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 16.11.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 16.11.2000 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 16.11.2000 Hempelmann, Rolf SPD 16.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 16.11.2000 DIE GRÜNEN Hornung, Siegfried CDU/CSU 16.11.2000 Kramme, Anette SPD 16.11.2000 Lörcher, Christa SPD 16.11.2000* Nietan, Dietmar SPD 16.11.2000 Poß, Joachim SPD 16.11.2000 Schily, Otto SPD 16.11.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 16.11.2000 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 16.11.2000 Schultz (Everswinkel), SPD 16.11.2000 Reinhard Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 16.11.2000 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 16.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 16.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) zurAbstimmung über den Entwurf eines Geset- zes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeits- verträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen (Tagesord- nungspunkt 9 a) Eine Reglementierung der Arbeitgeber durch einen all- gemeinen oder auch beschränkten Rechtsanspruch be- stimmter Bevölkerungsgruppen auf Teilzeitarbeit ist ab- zulehnen. Deutschland kann eine erfreuliche Bilanz vorweisen: Seit 1991 stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um über ein Drittel auf 6,3 Millionen. Die Teilzeitbeschäf- tigten haben inzwischen an allen abhängig Beschäftigten einen Anteil von 19,5 Prozent. Unter den gegenwärtigen rechtlichen Bedingungen ist davon auszugehen, dass die Zahl der Teilzeitbeschäftigten noch weiter zunehmen wird. Diese Erfolgs-Story möchte die Regierung nun mit ei- nem allgemeinen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit fort- schreiben. Sie wird damit das Gegenteil von dem errei- chen, was sie beabsichtigt. Ein Blick ins europäische Ausland zeigt, dass mit ei- nem Weniger an Reglementierung ein Mehr an Teilzeitar- beitsplätzen geschaffen wird. Den Unternehmen Fesseln anzulegen hat hingegen zur Folge, dass den Betrieben die Planungssicherheit aus der Hand genommen wird. Zudem sind Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert. Gerade kleine und mittlere Betriebe werden daher aus betriebsorganisatorischen Gründen von Einstellungen sol- cher Personen absehen, bei denen zu befürchten ist, dass sie einen Anspruch auf Teilzeitarbeit geltend machen könnten, obwohl betriebliche Gründe dagegen stehen. Auch ein auf bestimmte Bevölkerungsgruppen be- schränkter Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit wird den dann bevorzugten Gruppen – etwa Arbeitnehmern mit Kindern unter 12 Jahren oder mit pflegebedürftigen nahen Angehörigen – nicht gerecht werden. Vielmehr wird die- ser eingeschränkte Rechtsanspruch zur Folge haben, dass gerade diese Gruppen bei Einstellungen das Nachsehen haben werden. Statt mit neuen Gesetzen den Unternehmern etwas aufzuzwingen, sollte lieber überlegt werden, wie die Rah- menbedingungen – etwa bei der Sozialversicherungs- pflicht – verändert werden könnten, um Teilzeitarbeit für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer attraktiver zu gestalten. Deshalb lehne ich den Gesetzentwurf der Bundesre- gierung zur Teilzeitarbeit mit Entschiedenheit ab. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnen- schifffahrt erhalten und sichern – Wasserstraßen ausbauen und Nachteile der Deutschen Flagge im EU-weiten Wettbewerb der Binnenschifffahrt beseitigen (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) Annette Faße (SPD): Bei Regierungsantritt im Herbst 1998 haben wir versprochen, den Schutt der alten Regierung Stück für Stück wegzukehren und im Sinne des Koalitionsvertrags eine effiziente und umweltgerechte Verkehrspolitik zu verwirklichen. Das halten wir ein. Wir gestalten ein Verkehrssystem, das zum einen die Mobilität aller Menschen flächendeckend und umweltverträglich gewährleistet und zum anderen dem Wirtschaftsstandort Deutschland gerecht wird. Darüber hinaus sorgen wir dafür, dass infrastrukturelles Wunschdenken und die harte haushaltspolitische Realität endlich wieder deckungs- gleich sind. Im Gegensatz zu unseren abgewählten Vor- gängern haben wir uns zum Ziel gesetzt, nur das zu ver- sprechen, was wir auch halten können. Das Verkehrssystem Schiff/Wasserstraße ist in vielen Fällen besonders geeignet, unsere verkehrspolitischen Ziele optimal miteinander zu verbinden. Die Nutzung der Wasserstraßen trägt erheblich zur Sicherung von Stand- ortqualität und Arbeitsplätzen bei. Binnen- und Küsten- schifffahrt sind umweltfreundliche und wirtschaftliche Transportalternativen. Trotz aller Schwierigkeiten liegt die Transportleistung der Binnenschifffahrt derzeit nur ungleich niedriger als die Transportleistung der Eisen- bahnen. Im letzten Jahr transportierte die Binnenschiff- fahrt 228,9 Millionen Tonnen (Verkehrsleistung: 62,6 Mil- liarden Tonnenkilometer), die Eisenbahnen brachten es auf 287,3 Millionen Tonnen (71,4 Milliarden Tonnenkilo- meter). Die Binnenschifffahrt ist keinesfalls nur ein Massen- guttransporteur. Sie ist unter anderem mit dem Container- transport im Seehafen-Hinterlandverkehr in einem Markt- segment tätig, das aufgrund des stark wachsenden Außenhandels und einer Güterstrukturentwicklung in Richtung containerisierbarer Güter auch zukünftig außer- ordentlich gute Zuwachsraten verspricht. Die Binnen- schifffahrt ist trotz aller häufig geäußerten gegenteiligen Meinungen ein innovativer Wirtschaftszweig. Deshalb müssen wir die Wettbewerbschancen der deutschen Bin- nenschifffahrt auch zukünftig fördern und die Arbeits- plätze in diesem Bereich sichern. Ein Baustein dazu ist das Forschungsprogramm der Bundesregierung „Schiffbau und Meerestechnik für das 21. Jahrhundert“, das sowohl der See- wie auch der Bin- nenschifffahrt zugute kommen soll. Das Programm ist mit insgesamt 180 Millionen Mark ausgestattet und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. In der Schiffstechnik zielt das Programm auf die Verbesserung des Produktes Schiff und die Erhöhung der Produktivität der Werften und ihrer Zu- lieferer. 1999 hatten Binnenschiffswerften beispielsweise 27 Binnenschiffe im Wert von 88 Millionen DM bei ihren Auftraggebern abgeliefert. Für die Schifffahrt sollen neue Anstöße zur Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Wasserwege gegeben werden. Immerhin wird etwa 55 Prozent der in der EU erbrachten Verkehrsleistung von der Binnenschifffahrt auf dem deutschen Wasserstraßen- netz abgewickelt. Das Programm soll dazu beitragen, neue Forschungsmöglichkeiten an unseren Hochschulen zu schaffen und ein enges Forschungsnetzwerk zwischen Werften, Zulieferern, Dienstleistungsunternehmen und der Wissenschaft zu knüpfen. Vor der Sommerpause haben wir einen Gesetzentwurf zur Errichtung eines Deutschen Binnenschifffahrtsfonds zur weiteren parlamentarischen Abstimmung auf den Weg gebracht. Die Mittel des Fonds können nach EU-Maßgabe zur Förderung der Binnenschifffahrt und, im Falle einer schweren Marktstörung, für Abwrackmaßnahmen ver- wendet werden. Der Fonds soll aus den Restmitteln der bis zum 28. April 1999 durchgeführten Strukturbereini- gungsmaßnahmen und den aufgelaufenen Sonderbeiträ- gen gespeist werden. Hinzu kommen Zinseinnahmen aus der Verwaltung der Finanzmittel. Für die nationale Ver- wendung der Zinseinnahmen sollen zusammen mit den Verbänden Vorschläge erarbeitet werden. Nach einer Ver- ordnung des EU-Rates vom 29. März 1999 über kapa- zitätsbezogene Maßnahmen für die Binnenschifffahrts- flotten der Gemeinschaft und zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs ist jeder EU-Mitgliedstaat ver- pflichtet, einen Binnenschifffahrtsfonds zu errichten. Bis zur Errichtung des Binnenschifffahrtsfonds können die nationalen Abwrackfonds beibehalten werden und deren Aufgaben wahrnehmen. Der Fonds soll, wie bereits der nationale Abwrackfonds, von der Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung West in Münster verwaltet werden. Seit 1999 stehen zudem 3 Millionen DM jährlich zur Ausbildungsförderung in der Binnenschifffahrt bereit. Damit kann die Nachwuchssituation in der deutschen Binnenschifffahrt maßgeblich verbessert werden. Derzeit wird in der deutschen Binnenschifffahrt aufgrund der Er- tragssituation nur in sehr geringem Umfang ausgebildet. Die Folge ist bereits heute ein Mangel an fachlich gut qua- lifizierten deutschen Binnenschiffern. Durch die Ausbil- dungsbeihilfen schafft der Verkehrsminister nun eine wichtige Voraussetzung, diesen Mangel zu beseitigen und die Binnenschifffahrt als kostengünstigen und umwelt- freundlichen Verkehrsträger stärker in ein integriertes Ge- samtverkehrssystem einzubinden. Ausbildungsbeihilfen werden für die Ausbildung von Schiffsjungen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Die Ausbildungsbei- hilfe für den einzelnen Auszubildenden darf dabei 50 Pro- zent der gesamten Ausbildungskosten, höchstens jedoch 50 000 DM für die Dauer der gesamten dreijährigen Aus- bildungszeit zum Binnenschiffer nicht überschreiten. Eine wettbewerbsfähige Binnenschifffahrt setzt eine wirtschaftlich leistungsfähige Infrastruktur voraus. Der Ausbau des Wasserstraßennetzes ist daher eine verkehrs- politisch vordringliche Aufgabe, insbesondere da die öst- lichen und südöstlichen Verkehrsverbindungen zu unse- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012910 (C) (D) (A) (B) ren neuen EU-Beitrittsländern erhebliche Schwachstellen aufweisen. Wasserstraßeninvestitionen kommen nicht nur Schifffahrt und Häfen zugute, sondern entlasten auch Straße und Schiene. Die Bundesregierung hat zurzeit für die künftigen Investitionen in die Infrastruktur von Straße, Schiene und Wasserstraße drei Programme vorge- sehen. Bis zur Überarbeitung des BVWP hat die Bundes- regierung als ersten wichtigen Schritt im November 1999 das „Investitionsprogramm für den Ausbau der Bundes- verkehrswege 1999 bis 2002“ verabschiedet, in dem das Verhältnis zwischen notwendigen Baumaßnahmen und fi- nanzieller Machbarkeit wieder auf den Boden der Realität gestellt wird. Das IP stellt in dem Zeitraum von 1999 bis 2002 insgesamt 67,4 Milliarden DM für Investitionen in die Verkehrswege zur Verfügung. Alle laufenden Wasser- straßenausbauprojekte sind im Investitionsprogramm ent- halten. Zum Anti-Stau-Programm. Als weitere konsequente Maßnahme zur „Vermeidung des Verkehrsinfarkts“ wer- den vom Bund zusätzliche 7,4 Milliarden DM zur Besei- tigung von Engpässen im Autobahnnetz, im Schienenwe- genetz und im Netz der Bundeswasserstraßen zur Verfügung gestellt. Mit dem Anti-Stau-Programm mobili- sieren wir Mittel, die ab 2003 zusätzlich zum normalen In- vestitionsprogramm in die Verkehrsinfrastruktur gesteckt werden können. Aus diesem Programm sind für die Was- serstraßen 900 Millionen DM vorgesehen. Zudem arbeiten wir an einer neuen Fassung des Bun- desverkehrswegeplans. Der noch gültige BVWP hat dazu geführt, dass in vielen Bereichen Hoffnungen auf eine schnelle Planung und Baudurchführung geschürt wurden, ohne sie auch nur im geringsten einhalten zu können. Un- ser Ziel ist eine integrierte Planung, die erstmals Bau- maßnahmen bei Straße, Schiene und Wasserstraße aufei- nander abstimmt. Ich denke, dass wir im neuen BVWP und vor allem mit einem damit verbundenen Wasser- straßenausbaugesetz klare Akzente und Entwicklungsper- spektiven für die Binnenschifffahrt setzen können. Wir wissen aber auch alle, dass Wasserwege sensibel auf Eingriffe reagieren und daher sorgfältige und ausge- wogene Planungen Voraussetzung für eine Realisierung sind. Dies erfordert natürlich auch entsprechende Zeit. Eine Zusammenarbeit mit den Umweltschutzverbänden ist für uns selbstverständlich, auch wenn diese nicht im- mer einfach ist. Gemeinsam erarbeitete Lösungen sind aber besser als spätere Klagen. Dennoch muss Politik auch den Mut haben, nach Abwägung auch gegen Ver- bände zu entscheiden. Die beschränkten Finanzressourcen werden bei der Prioritätensetzung eine noch wichtigere Rolle als in der Vergangenheit spielen. Dies gilt besonders für Projektlis- ten mit Projekten hoher und niedriger Rentabilität. So wird es auch auf das Augenmaß ankommen, Ausbauziele nicht so hoch anzusetzen, dass die hieraus resultierenden Kostensprünge die Rentabilität nicht in Unrentabilität verkehren. Das Koalitionsziel eines integrierten Verkehrssystems unter dem Leitmotiv Steigerung der Effizienz und der Umweltverträglichkeit werden wir konsequent anstreben und umsetzen. Wir bemühen uns, den engen Investitions- spielraum zugunsten der deutschen Binnenschifffahrt und der Wasserstraßen zu nutzen. Das macht der Verkehrs- haushalt für dieses Jahr deutlich. Bei den Bundeswasser- straßen liegt der Etatansatz für Investitionen bei rund 1,3 Milliarden DM. Für eine erfolgreiche Umsetzung von Verlagerungs- konzepten auf den Wasserweg ist die Rolle der Häfen als Schnittstellen von entscheidender Wichtigkeit. Die Opti- mierung dieser Schnittstellen ist deshalb ebenfalls eine sehr wichtige Aufgabe. Vor allem gilt es, durch Investi- tionen in die Infrastruktur (zum Beispiel Optimierung ei- nes Netzes von „nassen Terminals“) die Leistungsfähig- keit der Häfen zu steigern. Die Binnenhäfen sind die Schnittstellen in multimodalen Transportketten schlecht- hin, die eine effiziente Verknüpfung der Verkehrsträger Wasserstraße, Schiene und Straße erst ermöglichen. Sie sind bedeutende Umschlagplätze des kombinierten Ver- kehrs und bieten attraktive Möglichkeiten zur stärkeren Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsträger. Binnenhä- fen sind Instrumente der Verkehrs-, der Standort- und Be- schäftigungs- sowie der Strukturpolitik. Die fast 100 öf- fentlichen Binnenhäfen in Deutschland sind nach meiner Wahrnehmung schon längst keine reinen „Wasserbahn- höfe“ mehr, sondern sind Wirtschaftsstandorte, an denen Logistik für Europa erbracht wird. Die Einbindung von Binnenhäfen als Knotenpunkte in die deutsche und euro- päische Güterverkehrsplanung ist daher unerlässlich. Jede Tonne, die statt auf der Straße auf Schiene und Wasser- straße transportiert wird, ist auch ein Beitrag zur Engpass- beseitigung auf unseren Straßen. In Zusammenarbeit mit den Ländern versuchen wir, die logistischen Schnittstellenfunktionen der Binnen- und auch Seehäfen zu optimieren, um zum einen die hohen Ka- pazitätsreserven der Binnenschifffahrt, die mir besonders am Herzen liegt, zu aktivieren und zum anderen die Schiene wieder attraktiver zu machen. Dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Einerseits müssen wir über die Investitionspolitik die Hinterlandanbindungen zu den Häfen attraktiver machen und andererseits über die Ord- nungspolitik zu einer wesentlich erhöhten Bereitschaft bei Verladern und Spediteuren beitragen, den Wasserweg und die Schiene als Transportalternative gegenüber der Straße zu wählen. Der KV spielt deshalb in unseren Überlegun- gen eine bedeutende Rolle. Das wird durch die Projekt- gruppe der SPD-Bundestagsfraktion „Zukunftsperspekti- ven des kombinierten Verkehrs“ deutlich, die in Kürze Eckpunkte für eine intelligente und zielführende Vernet- zung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße vorlegen wird. Ein erster großer Erfolg ist die Aufstockung der KV-Mittel für Dritte auf 120 Millionen DM. Sie kom- men auch der Binnenschifffahrt zugute, die gerade in die- sem Marktsegment hohe Wachstumsraten aufweisen kann. Wir sind überzeugt, dass der kombinierte Verkehr (KV) bei der Bewältigung des zukünftigen Güterver- kehrsaufkommens durch die Optimierung der Rahmenbe- dingungen und den zielgerichteten Einsatz eine wichtige Entlastungsfunktion übernehmen kann. Die Treffsicher- heit der KV-Förderung muss allerdings erhöht werden. Die KV-Förderung für Dritte ist im Sinne eines integrier- ten Verkehrssystems für die Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasserstraße zu stärken. Die dafür vorgesehene Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12911 (C) (D) (A) (B) Richtlinie zur Förderung Dritter im KVwird überarbeitet. In diesem Zusammenhang sollte man zumindest ein paar Gedanken daran verschwenden, ob die Förderung des DB-KV nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz nicht auch angezapft werden kann. Der Bau und Einsatz innovativer Umschlagtechnolo- gien muss gefördert werden. Zu den systembedingten Hemmnissen des KV gehören die Umschlagterminals als Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern. Deshalb müssen innovative, Kosten senkende Umschlaganlagen, die neben dem Ganzzug neue Produktionsformen für neue Transportmärkte ermöglichen, hinsichtlich ihrer Realisie- rung unterstützt werden. Noch einige Worte zur so genannten Pällmann-Kom- mission: Die angestrebte Umstellung der zeitbezogenen auf eine streckenbezogene Gebühr für schwere LKW auf Bundesautobahnen ist eine wichtige Weichenstellung zur verursachergerechten Anlastung der Preise. Eine neue Abgabe für die Wasserstraßen wird es mit dieser Bundes- regierung auch in Zukunft nicht geben. Genauso wenig wie eine PKW-Maut. Bei all unseren Überlegungen steht für mich an erster Stelle, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene und Wasserstraße zu verlagern. Jede Tonne, die statt auf der Straße auf Schiene und Wasserstraße transportiert wird, ist schließlich auch ein Beitrag zur Engpassbeseitigung auf unseren Straßen! Wesentlich stärker als bisher müssen wir bei unseren Entscheidungen die europäische Ebene und die Frage der EU-Osterweiterung berücksichtigen. Denn nur was wir heute auf den Weg bringen, hilft uns morgen, den Ver- kehrsinfarkt zu vermeiden. Wir wollen Mobilität gestal- ten, statt Staus verwalten. Renate Blank (CDU/CSU): Die deutschen Binnen- wasserstraßen zählen zu den bedeutendsten Güterver- kehrswegen in Europa und sind unverzichtbare Lebens- adern des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Die wirtschaftliche Lage der deutschen Binnenschifffahrt steht aber leider in krassem Gegensatz zu den Zukunfts- chancen, die ihr als umweltfreundlichem und sicherem Verkehrsträger mit erheblich freien Kapazitäten einge- räumt werden. Ohne ein gut ausgebautes, leistungsfähiges Wasser- straßennetz, das die großen Seehäfen mit ihrem Hinter- land und die bedeutendsten Industriezentren miteinander verbindet, werden die Verkehrszuwächse der vor uns lie- genden Jahre im Rahmen eines Gesamtverkehrssystems jedoch nicht zu bewältigen sein. Es muss daher alles ge- tan werden, um in einer ökologisch vertretbaren Weise die Binnenwasserstraßen auszubauen, damit der Wirtschafts- standort Deutschland, aber auch die deutsche Binnen- schifffahrt gestärkt werden können. Extrem wichtig ist eine ganzjährige Befahrbarkeit der Wasserstraßen, damit die Binnenschifffahrt mittels moderner Datenerfassung Logistiksysteme aufbauen und neue Frachtpotenziale er- schließen kann. Die Regierungskoalition reagiert leider nicht auf diese Fakten, von einem Konzept ganz zu schweigen. Der Was- serstraßenausbau wird bei allen bisher begonnenen Pro- jekten zeitlich gestreckt. Neue wichtige Maßnahmen wer- den nicht begonnen. Dies ist ein unhaltbarer Zustand. Ich denke hier insbesondere an das VDE-Projekt Nr. 17 und den Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen. Der Ausbau der Donau mit ganzjähriger Befahrbarkeit ist im Hinblick auf die positive Situation im ehemaligen Jugoslawien und die sich daraus ergebenden Verkehrs- ströme nach Südosteuropa von Bedeutung. In diesen Län- dern muss auf das System Wasser gesetzt werden; denn die dortigen Straßen sind weniger leistungsfähig. Aussagen und politisches Handeln stimmen bei Rot- Grün leider nicht überein. Wohlwollenden Erklärungen zu diesem umweltfreundlichen Verkehrsträger und dessen Bedeutung für die künftige Abwicklung des Verkehrs- wachstums stehen harte Fakten gegenüber: Investitionen in die Infrastruktur werden verringert und ihre Nutzung zugleich verteuert. Wenn man den in der vergangenen Woche vorgelegten Verkehrsbericht 2000 liest, wird klar, dass die Binnenschifffahrt nicht gerade zu den Lieblings- kindern rot-grüner Verkehrspolitik gehört; denn nur we- nige Zeilen handeln vom Verkehrsträger Schifffahrt. Dadurch ist mir auch klar geworden, allerdings ohne jeg- liches Verständnis für Ihr Nichthandeln, warum Sie unse- rer maßvollen Erhöhung von 100 Millionen DM für In- vestitionen im Wasserstraßenhaushalt nicht zugestimmt haben. Sie wollten doch alles besser machen. Aber wahr- scheinlich hat hier der Kanzler – der Verkehrsminister hatte so und so nicht viel zu sagen – Nein und damit „Basta“ gesagt. Herr Kollege Bodewig, auf Sie warten nun große Aufgaben. Der massive Rückgang der Zahlen der deutschen Bin- nenschifffahrtsunternehmen in den letzten Jahren auf un- ter 1 000 Unternehmen und die Existenzschwierigkeiten bei vielen bestehenden Partikulieren müssen uns doch alle aufrütteln. Wenn nun die Pällmann-Kommission vor- schlägt, Schifffahrtsabgaben auf Rhein, Donau und Elbe einzuführen, und gleichzeitig die Bundesregierung Pläne zur Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung in der Bin- nenschifffahrt verfolgt, was unabhängig von völkerrecht- lich bindenden Verträgen enorme Kostensteigerungen auslösen würde, während in anderen europäischen Län- dern kräftige Subventionen fließen, dann treibt Rot-Grün die deutsche Binnenschifffahrt in den Ruin. Zum Beispiel erhält das niederländische Binnenschiff- fahrtsgewerbe als Kompensation für die gestiegenen Gasölpreise 30 Millionen Gulden zum Kauf schadstoff- und verbrauchsarmer Schiffsmotoren. Unabhängig von den 30 Millionen Gulden wird der Verkehr über Wasser- straßen mit jährlich rund 162 Millionen Gulden subven- tioniert. Auch Frankreich unterstützt das nationale Ge- werbe kräftig. Zum einen wird der Kauf neuer Schiffsmotoren subventioniert und ergänzt das Subven- tionsprogramm zur Modernisierung der Flotte und zum anderen gibt es direkte finanzielle Entlastungen wegen der gestiegenen Gasölpreise. Ferner gibt es eine Rege- lung, dass gezahlte Kanal- und Wasserstraßenabgaben an die Schifffahrt zurückgezahlt werden. Zusätzlich wurde die Befahrgebühr – Surpéage – für den Canal du Nord ge- strichen. Weitere Konsequenzen, sprich Subventionen sollen folgen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012912 (C) (D) (A) (B) Was machte der deutsche Verkehrsminister? Nichts! Ich bin gespannt, was der neue Verkehrsminister zuwege bringt. Angesichts der großen Probleme – die enormen Preissteigerungen beim Gasöl kann kein Partikulierbe- trieb verkraften – muss er für das deutsche Gewerbe tätig werden. Herr Bodewig, ich fordere Sie auf, umgehend zu handeln. Ich möchte an dieser Stelle allen Partikulieren und ihren Familien danken, dass sie mit großem finanziellen Risiko trotzdem durchhalten und nicht aufgeben. Es ist für mich geradezu makaber, dass ausgerechnet der Verkehrs- träger Binnenschifffahrt, der nachweislich den geringsten Energieverbrauch hat und mit seinen vorhandenen freien Kapazitäten die Straßen nachhaltig entlasten könnte, von der Bundesregierung im Stich gelassen wird. Um dem EU-Binnenmarkt und der zunehmenden Ver- flechtung zwischen nationalen und internationalen Märk- ten gerecht zu werden, muss auch für die Binnenschiff- fahrt eine europäische Marktordnung mit harmonisierten Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Dies muss eine Kernaufgabe der europäischen Verkehrspolitik sein. Neben den ungleichen Wettbewerbsbedingungen auf EU- Ebene erschweren Unternehmen aus den mittel- und ost- europäischen Staaten mit nicht vergleichbaren Lohnni- veaus die Situation zusätzlich. Alle Verantwortlichen sollten den Ernst der Situation erkennen und handeln. Nur mit leistungsfähigen Unter- nehmen wird es möglich sein, die wachsenden Verkehrs- ströme zu bewältigen. Wer jetzt die Augen vor drohenden Existenzvernichtungen verschließt, fügt nicht nur der Binnenschifffahrt, sondern auch unserer gesamten Volks- wirtschaft großen Schaden zu. Es ist daher dringend ge- boten, für die deutsche Binnenschifffahrt ein zukunftsorien- tiertes Gesamtkonzept zu entwickeln, auch im Hinblick auf die EU-Ost-Erweiterung; denn hier wird es zuneh- mend Schwierigkeiten geben. Außerdem ist dem Bundes- tag jährlich ein Bericht zur Lage des Binnenschifffahrts- gewerbes vorzulegen. Wenn nicht gehandelt wird, gibt es bald kein Binnen- schiff unter deutscher Flagge mehr! Ich hoffe, dass Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, unserem Antrag im Interesse der deutschen Binnenschiff- fahrt zustimmen. Ich erwarte, dass der neue Minister un- sere Forderungen umsetzt. Helmut Wilhelm (Amberg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Sicherung und Erhaltung der Wettbewerbs- fähigkeit der deutschen Binnenschifffahrt ist dieser Bun- desregierung tatsächlich ein zentrales Anliegen. Dies ist bereits in der Koalitionsvereinbarung nachzulesen. Zur Umsetzung der ökonomischen und ökologischen Ziele sollen Voraussetzungen für die Verlagerung möglichst ho- her Verkehrsanteile auf Schiene und Wasserstraßen ge- troffen werden – wir wollen die Harmonisierungsdefizite im europäischen Wettbewerb so beseitigen, dass die Marktposition insbesondere der Binnenschifffahrt ge- stärkt wird. Wir freuen uns, dass wir hier Ihre Unterstüt- zung haben. Meine Fraktion kann Ihrem Antrag dennoch nicht zu- stimmen. Das hat auch gravierende Gründe: Die Umset- zung von einigen Ihrer Vorschläge erfordert erhebliche Mehrausgaben. Ziel dieser Bundesregierung ist aber auch die Konsolidierung der von Ihnen übernommenen Bun- desfinanzen. Dennoch wird neben den notwendigen Er- satzinvestitionen auch der Ausbau im Rahmen des Mach- baren und der Haushaltslage fortgesetzt. Wir sind aber auch dabei den Bundesverkehrswegeplan zu überarbei- ten, um eine bessere Vernetzung der Verkehrsträger und Verlagerungspotenziale zu berücksichtigen. Sie wissen selbst, dass der alte Verkehrswegeplan nie finanzierbar war und Sie haben ihn doch nur als Märchenbuch zur all- gemeinen Beruhigung gepflegt. Wir wollen ihn der Rea- lität anpassen. Eine Reihe von Baumaßnahmen haben wir denn auch in den Haushalt 2001 eingestellt. Aber auch anderes steht entgegen – und das wissen Sie auch: An der Donau sind die mit der Bayerischen Staats- regierung vereinbarten Gutachten über die Art des Aus- baus noch nicht abgeschlossen und so lange kann die Pla- nung nicht weitergeführt werden. Und ich fürchte, die Bayerische Staatsregierung hat sich hier mit der Nichtausweisung des Bereichs der lsar- mündung als FFH-Gebiet – obwohl unstrittig alle Voraus- setzungen hierfür vorgelegen hätten – selbst ein Bein ge- stellt. Die Begründung: FFH-Gebiete dürften nur dort ausgewiesen werden, wo Infrastrukturmaßnahmen und Ähnliches nicht beeinträchtigt werden. Dem steht ein neu- es Urteil des EuGH diametral entgegen, und ich fürchte, hier wird der Binnenschifffahrt von der CSU-geführten Bayerischen Staatsregierung ein Bein gestellt. Ich bedauere, dass ich wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Redezeit nicht auf alle Punkte ein- gehen kann. Die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen hat der Bundesverkehrsminister bereits Ende 1998 im Bericht vor dem Verkehrsausschuss angekündigt, und daran wird gearbeitet. Seit 1999 werden im Einzelplan 123 Millio- nenDM für die Ausbildungsförderung in der Binnen- schifffahrt bereitgestellt. Für die Kooperation der Verkehrs- träger wird der KV-Leertitel 2001 auf 120 MillionenDM erhöht. Ein Konzept für eine gesamteuropäische Binnen- schiffpolitik ist zu begrüßen, fällt aber vorrangig in die Zu- ständigkeit der EU-Gremien bzw. internationaler Strom- kommissionen. Für die Wiederbefahrbarmachung der Donau im jugoslawischen Abschnitt hat auch die Bundes- regierung Geld zur Verfügung gestellt, wichtig deshalb, weil im Verkehr mit den südosteuropäischen Staaten die Donau den wohl wichtigsten Verkehrsweg darstellt. Ich meine, die Verkehrspolitik der Bundesregierung ist, was die Binnenschifffahrt betrifft, auf dem richtigen Weg. Hans-Michael Goldmann (F.D.P.): Endlich haben wir hier Gelegenheit, die Rolle der Binnenschifffahrt im Verkehrsgeschehen ins Zentrum unserer gemeinsamen Überlegungen zu rücken. Eigentlich unverständlich, dass die Binnenschifffahrt, der Verkehrsweg Wasser, das Meer insgesamt und unsere maritimen Chancen häufig eine so untergeordnete Rolle spielen. Dabei liegen die Vorteile der Binnenschifffahrt als umweltfreundlicher, sicherer und Energie sparender Transportweg auf der Hand. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12913 (C) (D) (A) (B) Gerade Binnenschiffe weisen nur eine geringe Lärm- und Schadstoffemission auf, der spezifische Energiever- brauch liegt um das 20fache unter dem der LKWs und deutlich unter dem der Bahn. Bei den Umweltkosten nimmt die Binnenschifffahrt mit 0,35 DM je tausend Ton- nenkilometer im Vergleich zu ihren Wettbewerbern eine unangefochtene Spitzenposition ein (Bahn 1,15 DM, Straßengüterverkehr 5,01 DM). Es gibt keine Verkehrsbe- schränkungen an Feiertagen, auch ein 24-Stunden-Rhyth- mus am Tag ist möglich. Das weitmaschige Netz der Was- serstraßen verbindet alle bedeutenden Industriestandorte und Wirtschaftsregionen Deutschlands untereinander so- wie mit den großen Häfen an der Nord- und Ostseeküste. Allein 56 von 74 deutschen Großstädten weisen einen Wasserstraßenanschluss auf. Erstmals verbindet eine Großschifffahrtsstraße die Nordsee mit dem Schwarzen Meer auf einer Gesamtlänge von circa 3 600 km. Damit werden 15 europäische Staaten durch ein Wasserstraßen- netz miteinander verbunden. Vor diesem Hintergrund müsste das Bild der Binnen- schifffahrt eigentlich in hellen Farben erstrahlen, jedoch sieht die Realität anders aus. Die Binnenschifffahrt be- findet sich gegenwärtig in einer besonders schweren Si- tuation, denn die Ertragslage ist absolut unzureichend. In dieser Situation fühlt sich die Binnenschifffahrt durch die Verkehrspolitik der Bundesregierung im Stich gelassen. Mit Erstaunen und Verärgerung hat die Binnenschifffahrt zur Kenntnis nehmen müssen, dass Investitionsleistungen des Bundes ganz überwiegend der Straße oder der Bahn zugesprochen werden, während der Ausbau der Binnen- wasserstraßen vernachlässigt wird! Es ist scharf zu kritisieren, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien dem Verkehrsträger Wasser- weg so wenig Bedeutung beimessen. Der Ausbau eines Binnenwasserstraßennetzes hat bei der Bundesregierung keine Bedeutung. In einer gemeinsamen Resolution der Binnenschifffahrtsvereine sind die Forderungen klar be- nannt. Der Ausbau der Elbe, der Weser, der Saale, des Elbe-Lübeck-Kanals und gerade der Donau ist zwingend notwendig, auch um ein Netzwerk zu den östlichen Nach- barn zu schaffen. Wenn wir die Engpässe nicht beseitigen, wenn wir die Brücken nicht erhöhen, um Containertrans- porte zu ermöglichen, wenn die Schnittstellen zum euro- päischen Wasserstraßensystem nicht hergestellt werden, wenn die Kooperation nicht mit anderen Verkehrsträgern vorangetrieben wird, dann wird die Binnenschifffahrt aus ihrem nicht selbst verschuldeten Randdasein als Ver- kehrsträger nicht herauskommen. SPD und Grüne betreiben gegenüber dem Verkehrsträ- ger Wasserstraße und unseren Binnenschiffern eine Poli- tik der Geringschätzung, die beleidigend ist. Dabei sind die Anstrengungen der deutschen Binnenschifffahrt, sich selbst in eine gute Ertragssituation hineinzuarbeiten, au- ßerordentlich groß. Aber eine Fülle von Engpässen im Be- reich der Binnenwasserstraßen mit kostensteigernden Umlademöglichkeiten lässt die Kosten für deutsche Bin- nenschiffe anschwellen und sie den Vergleich mit den an- deren Verkehrsträgern verlieren. Neben dramatischen Netzdefiziten im deutschen Bin- nenwasserstraßennetz werden deutsche Binnenschiffer gegenüber europäischen Bewerbern sehr stark benach- teiligt. Gerade gegenüber dem starken Mitbewerber, den niederländischen Binnenschiffern, gibt es eine solche Fül- le von Wettbewerbsnachteilen, dass die deutschen Bin- nenschiffer wegen fehlender Harmonisierung der Kosten für das Betreiben eines Binnenschiffes hoffnungslos un- terlegen sind. Deshalb: Die deutsche Bundesregierung muss mehr für die Binnenschifffahrt tun. Sie muss Signale aussenden, sie muss endlich ausreichende Mittel für die Binnenschiff- fahrt bereitstellen. Und sie muss für die Schifffahrt ins- gesamt Weichen stellen. An der deutschen Küste kann ein Großcontainerhafen entstehen. Die Bundesregierung, wir alle müssen klar sagen, dass wir die Chancen des Küs- tenlandes Deutschland zukunftsorientiert nutzen wollen. Ein Tiefwasserhafen für Großcontainerschiffe an der deutschen Bucht ist das richtige, aber auch notwendige Si- gnal. Ja, wir wollen an der Verkehrsentwicklung der Zu- kunft teilnehmen. Wer Ja zum Großcontainerhafen an der deutschen Nordseeküste sagt, der muss auch Ja zur guten Hinterlandanbindung sagen, der muss Weichenstellun- gen vornehmen und Entwicklungsakzente setzen. So ist zum Beispiel ein Tiefseewasserhafen für Großcontainer- schiffe möglicherweise in Wilhelmshaven ohne ein Ja zum Jade-Weser-Kanal nicht vorstellbar. Die Bundesregierung muss sich darüber im Klaren sein – und wir müssen sie dazu ermutigen –, dass die deutsche Binnenschifffahrt nur dann ihren gerechten Marktanteil sich erkämpfen kann, wenn Zukunftswei- chen, verbunden mit Zukunftsinvestitionen, konsequent Bestandteile unserer jeweiligen Haushalte sind. Im vor- liegenden Antrag der F.D.P. werden wichtige Forderun- gen erhoben, die bei einer möglichst zügigen Realisierung ganz entschieden dazu beitragen werden, dass die deut- sche Binnenschifffahrt in einem gut ausgebauten Binnen- wasserstraßennetz und bei fairen Wettbewerbsbedingun- gen beste Zukunftschancen hat. Der Satz „Navigare necesse est“ – Schifffahrt tut not – ist hoch aktuell. Dr. Winfried Wolf (PDS): Die Anträge von CDU/CSU und F.D.P. verlangen eine verstärkte Förderung der Bin- nenschifffahrt. Unter anderem wird eingeklagt: eine „Ver- lagerung von Transporten auf die Wasserstraßen“ – so der Antrag von CDU/CSU –, ein „nationaler Aktionsplan für die Binnenwasserstraßen“ – so der F.D.P.-Antrag. Diese Bekenntnisse zur christlich-liberalen Binnenschifffahrt sind grundsätzlich zu begrüßen. Dabei verwundert aller- dings der christliche-liberale Aktivismus. Tatsächlich nehmen die Transporte der Binnenschiff- fahrt seit 1982 in Westdeutschland und seit 1991 in Ge- samtdeutschland ab, schrumpfte die Zahl der Unterneh- men seit 1994 und bis 1999 um ein Drittel und ging die Zahl der Beschäftigten dramatisch zurück: 1982 waren dies – beim fahrenden Personal – 10 340 und 1998 6 475 Menschen. Ähnlich die Bilanz bei den Anteilen an der Verkehrsleistung: 1982 hatte die Binnenschifffahrt einen Anteilen am Güterverkehrsmarkt von 21 Prozent, 1998 waren es noch 13,7. Da bleibt die Gretchenfrage: Wer stellte in all den Jahren Regierung und Verkehrsminister? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012914 (C) (D) (A) (B) Wer heute über den Zustand der Binnenschifffahrt klagt, der sollte sagen: Der Trend, wie wir ihn unter CDU/CSU und F.D.P. bis 1998 erlebten, hält an. Die Binnenschiff- fahrt ist in fast allen Bereichen rückläufig. Hier ist es sinnvoll, sich fünf Strukturelemente und Grundtendenzen der Binnenschifffahrt vor Augen zu hal- ten: Erstens. Von allen Verkehrsträgern deckt die Binnen- schifffahrt die Wegekosten am wenigsten. Allerdings ist diese Transportart besonders umweltfreundlich und sie weist wenig „externe Kosten“ auf. Zweitens. Auch imma- nent ist die Struktur dieses Gewerbes betriebswirtschaftlich nicht allzu überzeugend. So hatten wir 1998 das folgende Verhältnis bei den Beschäftigten: Es gab 12700 Beschäf- tigte für Betreuung von Wasserstraßen und Häfen, 5021 Be- schäftigte zusätzlich in der Verwaltung und 7 635 Erwerb- stätige auf den Binnenschiffen selbst. Ein solches Verhältnis gibt es bei keinem anderen Verkehrsträger: Von 25000 Beschäftigten sind weniger als ein Drittel auf den Verkehrsmitteln, den Binnenschiffen, beschäftigt. Drittens. Der beschriebene Rückgang der Zahl der Be- schäftigten findet dann auch primär beim fahrenden Per- sonal statt. Die entscheidende Tendenz, die dabei diesen Abbau der Beschäftigtenzahl und den Bankrott der Bin- nenschiffer – der Partikuliere – bewirkt, ist in der Tatsa- che zu sehen, dass es immer größere Schiffe und immer größere Unternehmen bzw. einen Bankrott der Partiku- liere gibt. Viertens. Das wiederum hängt eng mit dem Ausbau der Wasserwege zusammen: Die Schifffahrtswege werden für immer größere Schiffe ausgebaut, es gibt immer tiefere Kanäle, immer größere, also breitere und längere Schleu- sen. Das heißt aber auch, es gibt immer „tiefere“ Ein- schnitte in Landschaft und Natur. Fünftens. Die Binnenschifffahrt steht in erster Linie in Konkurrenz zur Schiene. Besser gesagt: Sie wird in diese Konkurrenzsituation gebracht, unter anderem dadurch, dass Schiene und Binnenschiffe um die so genannten Massengüter konkurrieren und die Schiene nicht verstärkt eingesetzt wird, um teure Fertig- und Halbfertigprodukte zu transportieren, womit sie dem Binnenschiff Kapazität überlassen und umgekehrt dem LKWTonnage abnehmen würde. An dieser Stelle ist auf die Anträge zurückzukommen: Diese Anträge dokumentieren wenig Einsicht in die ei- gene falsche Politik im Zeitraum 1982 bis 1998. Noch mehr: In diesen Anträgen finden sich Vorschläge, die in den letzten zwei Jahrzehnten realisierte – falsche – Poli- tik fortzusetzen oder gar zu steigern. Gefordert wird ein verstärkter Ausbau der Wasserwege, tiefere Schifffahrts- wege, die Beseitigung von „Nadelöhren“ usw. Und nir- gendwo wird konkret gesagt, von was denn zur Binnen- schifffahrt verlagert werden soll. Unter den gegebenen Bedingungen heißt dies, die Konkurrenz Schiene-Bin- nenschiff zu steigern. Hier gibt es im Übrigen kaum einen Unterschied zur Politik der SPD-Grünen-Regierung. Staatssekretär Scheffler zum Beispiel sieht im Ausbau der Wasser- straßen „eine verkehrspolitisch vordringliche Aufgabe“. Dabei erleben wir gerade in den Binnenschifffahrtsberei- chen, die ausgebaut werden, wie zum Beispiel im Verlauf des Projektes 17 zum Teil dramatische Rückgänge der Tonnage. Als Beispiel sei die Schleuse Kleinmachnow ge- nannt: Hier hatten wir allein 1999 gegenüber 1998 ein Minus von 15 Prozent. Dennoch wird diese Schleuse aus- gebaut für Großmotorschiffe von 110 Meter Länge. Da- von gibt es in ganz Deutschland gerade mal 11 Schiffe. Der Fachreferent Winfried Lücking vom BUND äußerte hierzu: „Für diese elf Schiffe werden 5 Milliarden DM ausgegeben. Das ist volkswirtschaftlicher Irrsinn.“ Das Kontrastprogramm der PDS sieht hierzu wie folgt aus: Erstens. Wir sagen grundsätzlich Ja zur Förderung der Binnenschifffahrt. Zweitens. Dabei muss die Tatsache zur Kenntnis ge- nommen werden, dass alle Verkehrsarten ihre Kosten nicht decken und dass dies für die Binnenschifffahrt im besonderem Maß gilt. Daraus folgt: Verkehrsplanung muss gerade im Bereich Güterverkehr nach volkswirt- schaftlichen und nach umweltpolitischen Kriterien erfol- gen. Drittens. Das Binnenschiff muss vor allem Güter von der Straße holen; die Konkurrenz zur Schiene ist eine un- glückliche und umweltpolitisch fatale. Viertens. Die Schiffe müssen den Flüssen angepasst sein – und nicht umgekehrt. Das schützt Natur, spart Geld, erspart Bundeswehreinsätze an der Oder und anderswo und erhält Beschäftigung. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) (Tagesordnungspunkt 12) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Wir be- raten und verabschieden heute in zweiter und dritter Le- sung das Namensaktiengesetz. Dieses Gesetz, das im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU/CSU und der F.D.P., also mit großer Mehrheit beschlossen worden ist, hat eine bedeutsame Wirkung für den Finanzplatz und somit auch für die Finanzmärkte in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus. Das Gesetz stärkt die internationale Wettbewerbs- fähigkeit unseres Landes, denn die Namensaktie ist im in- ternationalen Wettbewerb die bedeutsamste Form der Be- teiligung an Unternehmen. Wo liegen die Ursachen für das neue Gesetz? Durch den Wechsel der größten deutschen Publikumsgesell- schaften von der herkömmlichen Inhaber- zur Namensak- tie ist deutlich geworden, dass die Regelungen zur Na- mensaktie im Aktiengesetz veraltet sind. Darüber hinaus ist immer deutlicher geworden, dass die bisherigen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12915 (C) (D) (A) (B) datenschutzrechtlichen Regelungen zum Aktienregister völlig unzureichend sind und das sehr umfassende Recht auf Einsicht in das Aktienregister auf Sorge und Unver- ständnis stößt. Die Veränderungen der Kapitalmarktkultur stehen im Widerspruch zu den bürokratischen Formerfordernissen, die rund um die Hauptversammlungen im deutschen Aktiengesetz bestehen. Außerdem haben sie mit der ra- santen und modernen Entwicklung der Informationstech- nologie nicht Schritt gehalten. Besondere Schwierigkei- ten bestehen daher auch im grenzüberschreitenden Bereich. Der Gesetzentwurf enthält vielfältige Formerleichte- rungen und Rücknahmen bürokratischer und gesetzlicher Erfordernisse, sodass die Unternehmen durchweg von Kosten entlastet werden. Das Ziel, das Recht der Namensaktie zu aktualisieren und den sich aus der Renaissance dieser Aktienform erge- benden Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, wird von den Gesellschaften sehr begrüßt. In den Gesprächen der Berichterstatter mit einer Expertenrunde und auch bei persönlichen Gesprächen, die von mir geführt worden sind, wurde das Gesetz durchweg gelobt. In den vergangenen Monaten ist zwischen der Kredit- wirtschaft und den Namensaktiengesellschaften ein Streit darüber entbrannt, wer die Kosten der Übermittlung von Aktionärsdaten zu tragen hat. Beide Seiten konnten sich in langwierigen Verhandlungen leider auf keine einver- nehmliche Lösung einigen. Die deutsche Industrie befürwortet die vom Rechts- ausschuss gefundene Lösung, wonach die Emittenten den Banken „die notwendigen zusätzlichen Kosten“ zu erset- zen haben. Die Emittenten dürfen aber nur insoweit mit zusätzlichen Kosten belastet werden, wie diese in den Kreditinstituten nach dem jeweils neuesten Stand der Technik unmittelbar für die Übermittlung der Aktionärs- daten anfallen. Es bleibt zu hoffen, dass bei der Frage der notwendi- gen zusätzlichen Kosten zwischen den Gesellschaften und den Banken bald eine Einigung erzielt wird. Es wäre sehr schade, wenn der Gesetzgeber zu guter Letzt auf dem Verordnungsweg eine Kostenregelung herbeiführen müsste. Ich setze daher nach wie vor auf eine Einigung unter den Betroffenen. Die Regelungen zur Namensaktie werden insbeson- dere in den §§ 67 und 68 modernisiert. Die in das Aktien- register aufzunehmenden Daten werden neu bestimmt. Die Umschreibung von Aktien im Aktienregister wird eindeutig und datenschutzrechtlich klar geregelt. Insbe- sondere wird das Recht auf Einsicht in das Aktienregister erheblich eingeschränkt und auf die eigenen Daten des je- weiligen Aktionärs begrenzt. Hinsichtlich der Stimmrechtsausübung werden Inha- ber- und Namensaktie weitgehend gleichgestellt. Bei bei- den Aktienformen wird künftig die offene wie auch die verdeckte Stimmrechtsausübung in der Hauptversamm- lung zulässig und eine generelle Vollmacht über alle Aktien im Depot möglich sein. Das Aktienrecht wird für neue Informationstechnolo- gien, die unter anderem Erleichterungen der Stimm- rechtsausübung und der Vollmachtserteilung betreffen, geöffnet. Besonders bedeutsam ist dabei die Zurück- nahme der Schriftform für die Stimmrechtsvollmachten im Aktiengesetz. Bei der Nachgründung gemäß § 52 des Aktiengesetzes wird der Anwendungsbereich der Norm stark einge- schränkt, sodass eine erhebliche Entlastung in der Praxis und gerade auch bei kleinen Aktiengesellschaften zu erwarten ist. Die Erleichterungen bei den Handelsregisterbekannt- machungen betreffen insbesondere die Bekanntmachung bei den Zweigniederlassungen. Der Rechtsausschuss hat die Frage der Entfristung der Dauervollmachten nach § 135 des Aktiengesetzes erörtert und befürwortet die vorgeschlagene Entfristung aus Gründen der Entbürokratisierung. Der Rechtsausschuss erwartet allerdings, dass sich aufgrund der sich abzeich- nenden technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Namensaktien, in den nächsten Jahren neue Instrumente der Stimmrechtsausübung eröffnen werden. Diese könnten in einigen Jahren an die Seite der traditio- nellen Stimmrechtsvollmacht zugunsten von Kreditinsti- tuten über das gesamte Depot treten und diese überflüssig machen. Der Rechtsausschuss fordert daher die Bundesregie- rung auf, nach Ablauf von drei Jahren einen Bericht da- rüber vorzulegen, wie die Stimmrechtsausübung in Deutschland sich seither entwickelt hat und ob die erwar- teten Veränderungen eingetreten sind. Abschließend bedanke ich mich sehr herzlich bei der Bundesregierung, ganz besonders beim BMJ, für die gute Vorarbeit und auch für die Begleitung bei den Berichter- stattergesprächen. Herzlichen Dank ebenfalls an Frau Dr. Tiemann und Herrn Funke für die sehr gute Atmo- sphäre bei den Abstimmungsgesprächen der Berichter- statter. Zu Beginn meiner Ausführungen hatte ich ja schon er- wähnt, dass es für dieses neue Gesetz eine breite Mehrheit gibt. Das ist sehr gut und erzielt gleichzeitig eine entspre- chende positive Außenwirkung. Die Änderungsanträge der F.D.P. mussten wir leider ablehnen, da sie unter anderem noch einer intensiven Überprüfung und weiteren Beratung bedürfen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Ihnen vorliegen- den Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses und be- danke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Dr. Susanne Tiemann (CDU/CSU): In der ersten Le- sung des Namensaktiengesetzes habe ich ausgeführt, dass der Entwurf des Namensaktiengesetzes eine bedeutsame Initiative darstellt, weshalb die CDU/CSU dem Gesetz- entwurf grundsätzlich positiv gegenübersteht, aber im Rahmen der Beratungen im Rechtsausschuss nachhaltig darauf hinwirken wird, dass einige ihrer Meinung nach notwendige Verbesserungen in den Gesetzentwurf mit aufgenommen werden. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012916 (C) (D) (A) (B) Die Beratungen im Ausschuss waren sehr konstruktiv und meiner Meinung nach auch sehr effektiv und frucht- bar. Mit der Verabschiedung des Gesetzes werden wir die Namensaktie stärken. Wir werden damit dem internatio- nalen Anpassungsdruck, dem der Finanzplatz Deutsch- land unterliegt, entgegentreten und auf diese Weise unse- ren Finanzplatz international konkurrenzfähiger machen. Die Stärkung der Namensaktie bedeutet dabei nicht, dass wir sie gegenüber der Inhaberaktie bevorzugen würden. Inhalt unserer Bemühungen war und ist es, bestehende Probleme zu beseitigen, damit sowohl Inhaber- als auch Namensaktie „gleichberechtigt“ sind und die Gesell- schaften eine wirkliche Wahl zwischen den beiden Aktientypen haben. Der vorliegende Gesetzentwurf reiht sich dabei in eine Linie ein, die schon von der vorigen Bundesregierung durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz und nicht zuletzt durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, dem KonTraG, vorgegeben wurde. Die ist also eine außerordentlich vorausschauende und weise Politik. Lange Zeit schien für die Deckung von großen Kapital- nachfragen die flexible Inhaberaktie besser geeignet. Inso- fern ist die Namensaktie ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland zunehmend von der Inhaberaktie verdrängt worden. Jetzt scheint sich ein Kreis zu schließen. Die Be- deutung der Namensaktie hat nämlich in den letzten Jahren wieder erheblich zugenommen. Der Bedeutungszuwachs für die Namensaktie ist die logische Konsequenz der Tat- sache, dass die Namensaktie als die international gängige Beteiligungsform anzusehen ist. lm Zuge der Globalisie- rung ist die Anteilseignerstruktur bei deutschen Unterneh- men internationaler geworden. Gleichzeitig nahm der Trend zu, Aktien an unterschiedlichen Börsen auf der Welt zu handeln. Da die bisher in Deutschland verbreitete Inha- beraktie in einigen anderen Rechtsordnungen völlig unbe- kannt ist und zum Beispiel eine Notierungsaufnahme an US-amerikanischen Börsen nur mit „registred shares“, der US-amerikanischen Namensaktie, erfolgt, haben auch viele große deutsche Unternehmen zunehmend auf Namensak- tien umgestellt; von den Unternehmen des DAX bereits mehr als ein Drittel. Mit diesen Zahlen wird deutlich, dass auch innerdeutsche Beteiligungen von der Handhabbarkeit der Namensaktie abhängen. Wir müssen für die, die sich international betätigen wol- len, Möglichkeiten hierzu eröffnen und grenzüberschrei- tende Schwierigkeiten auf ein Minimum reduzieren. Eine Reduzierung grenzüberschreitender Schwierigkeiten be- deutet im Fall der Namensaktie, dass die Gesetzeslage auf den Stand des derzeit technisch Möglichen gebracht wird. Die Namensaktie hatte bisher erhebliche Nachteile. Die Gesetzeslage der Namensaktie bot deshalb den Ge- sellschaften bisher nicht den nötigen Anreiz, um auf die Entwicklungen der Globalisierung angemessen reagieren zu können. Ein Hauptgrund für die geringe Akzeptanz der Namensaktie kann darin gesehen werden, dass die Ab- wicklung von Geschäften mit Namensaktien wegen des zu führenden Aktienbuches kompliziert und kosteninten- siv war. Viele Gesellschaften haben deshalb von einer Umstellung auf oder der Einführung von Namensaktien verzichtet, damit aber gleichzeitig ihre Zugangsvoraus- setzungen zu internationalen Börsen erschwert bzw. ihre internationale Attraktivität vermindert. Aufgrund der modernen Computertechnik besteht heute die Möglichkeit, das Aktienbuch elektronisch zu führen, wodurch wesentliche Arbeitserleichterungen und Kosteneinsparungen entstehen. Gleichzeitig bietet das elektronisch geführte Aktienbuch Möglichkeiten, die vor- her in diesem Umfang nicht bestanden haben. Mithilfe der Technologie werden die Gesellschaften in der Lage sein, den Kontakt zu ihren Aktionären intensiver und effektiver zu gestalten. Informationen erreichen schneller und kos- tengünstiger den Aktionär. Durch einen regelmäßigen Kontakt kann auf die persönlichen Präferenzen der ein- zelnen Aktionäre eingegangen werden. Ohne Probleme lassen sich Verkaufs- und Kaufbewegungen verfolgen, wodurch die Gesellschaft informiert ist, in welchen Hän- den sich welche Anteilspakete befinden. Gerade die Be- ziehung zum Aktionär gewinnt im verschärften nationa- len und internationalen Wettbewerb an Bedeutung. Geld investiert sich leichter, wenn Chancen und Risiken der In- vestition richtig abgeschätzt werden können. Die Ent- scheidung der Anleger hängt davon ab, ob Vertrauen in die Unternehmensführung besteht. Dieses Vertrauen kann durch regelmäßige, umfassende und teilweise auch durch individuelle Informationen gewonnen werden. Die Ein- führung des elektronischen Aktienregisters war daher ein notwendiger Schritt. Gleichfalls bestand die Notwendigkeit, zahlreiche an- dere Bestimmungen an die Entwicklungen der Wirt- schaftspraxis anzupassen. Die Veränderung der Anteils- eignerstruktur, die Zunahme der Zahl der Aktionäre und der umlaufenden Aktien haben deutlich aufgezeigt, dass eine Anpassung des Aktienrechts an die Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts dringend notwendig ist. Das AktG musste für neue Informationstechnologien geöffnet werden, um die Vorteile des elektronischen Aktienregisters auch rich- tig nutzen zu können und um das Aktienrecht „fit“ für das 21. Jahrhundert zu machen. Dieser Punkt war zwischen den Fraktionen in den Beratungen unstreitig. Zudem kön- nen die Gesellschaften mithilfe der neuen Informations- technologien und der dadurch bedingten Erleichterung und Beschleunigung von Arbeitsvorgängen erhebliche Kosten einsparen und die Mittel für neue Investitionen nutzen. Da es nicht galt, auf halbem Wege stehen zu bleiben, waren die formalen Voraussetzungen des Aktienrechts ei- ner kritischen Überprüfung zu unterziehen. Durch die größere internationale Anteilseignerstruktur entwickelten sich bestehende Schrift und Formerfordernisse vielfach zu „Hemmschuhen“ des Aktienrechts. Notwendig waren somit Überlegungen, Erleichterungen bei der Stimm- rechtsausübung und der Vollmachtserteilung zu erreichen. Trotz aller Notwendigkeiten hat die Fraktion der CDU/CSU hinsichtlich der Erleichterung von Formerfor- dernissen nicht nur unkritischen Optimismus an den Tag gelegt, sondern darauf hingewiesen, dass gerade den Schriftformerfordernissen im Rechtsverkehr unter ande- rem eine wichtige Beweisfunktion zukommt und jede Än- derung gut überlegt und diskutiert werden sollte, da nicht jede Erleichterung von Formerfordernissen oder die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12917 (C) (D) (A) (B) Einführung neuer Informationstechnologien auch unter dem Strich zu einer wirklichen Erleichterung in der Pra- xis und damit zu einem Fortschritt führt. Kritisiert haben wir insbesondere, dass in § 134 AktG-E anfangs keine Verpflichtung zum nachprüfbaren Festhalten der Vollmachtserteilung vorgesehen war. Wir haben dies zu Beginn der Beratungen versucht zu korrigieren, um die Aufnahme einer Verpflichtung, ähnlich der im § 135 II 4 AktG-E, zu erreichen. Die in den Beratungen beschlossene Änderung des § 134 III 3 AktG-E ist daher sehr positiv zu bewerten. Eine mögliche Freistellung von jeder Form hätte zu Missbrauch einladen können. Zwar geht der Gesetzent- wurf bei der Vollmacht an Private weiterhin von der Schriftform als Regel aus, doch stellt er diese Regel zur Disposition der Satzung. Um Rechtsklarheit zu schaffen und um unnötige Probleme gar nicht erst entstehen zu las- sen, ist die Änderung sehr sinnvoll. Aufgabe der Politik ist es, auf neue Entwicklungen adäquate Antworten zu geben. Ich bin der Meinung, dass die Einführung des Aktienregisters und die Öffnung des Aktienrechts für neue Informationstechnologien eine adä- quate Antwort auf die bisherigen Probleme der Namens- aktie sind. Mit diesen Schritten hat die Namensaktie viele Vorteile gegenüber der Inhaberaktie, sodass im Aktien- recht nunmehr zwei gleichwertige Aktientypen zur Verfü- gung stehen. Mit der Stärkung der Namensaktie werden wir für deutsche Gesellschaften den Zugang zu interna- tionalen Börsen handhabbar machen. Die Möglichkeit, Aktien auf bedeutenden Kapitalmärkten einheitlich zu handeln, wird zusätzlich dazu führen, dass deutsche Be- teiligungen für ausländische Investoren interessanter wer- den. Im Einzelnen möchte ich zum vorliegenden Gesetz- entwurf noch Folgendes ausführen: Im Rahmen der Be- ratungen im Rechtsausschuss hat sich gezeigt, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung zu § 67 VZ AktG-E mit dem Inhalt, dass der Aktionär auch Auskunft über Daten verlangen kann, die zu Aktionären gehören, denen mehr als 5 Prozent der Aktien der Gesellschaft gehören, mehrheitlich als nicht notwendig angesehen wurde. § 21 I Wertpapierhandelsgesetz sieht nämlich be- reits entsprechende Mitteilungspflichten vor. Die Fraktion der CDU/CSU hat bereits zu Anfang der Beratungen die Meinung vertreten, dass die Löschung des Veräußeres und die Neueintragung des Erwerbers bzw. des von ihm beauftragten Legitimationsaktionärs begriff- lich getrennt werden sollten. Begründet haben wir dies damit, dass sich beim Erwerb von Namensaktien die neuen Aktionäre oftmals nicht in das Aktienregister ein- tragen lassen bzw. manche Erwerber erst nach einiger Zeit in das Aktienregister eingetragen werden, was zu Irrita- tionen führen kann, da nach § 67 II AktG-E noch der alte Eigentümer als Aktionär der Gesellschaft gilt, das heißt, zu Hauptverhandlungen eingeladen wird und dort mögli- cherweise noch sein Stimmrecht ausübt. Im neuen § 67 III AktG-E wurde diese begriffliche Trennung vorgenom- men, sodass auch in diesem Punkt unser Wunsch erfüllt worden ist. Zu einem sehr umstrittenen Punkt in den Beratungen gehörte sicherlich die Frage, ob im Rahmen des § 67 IV AktG-E die interne Kostenfrage der Datenübermittlung mitentschieden werden sollte. Dies haben wir sehr inten- siv beraten und ein Berichterstattergespräch mit Vertretern des Bundesverbandes deutscher Banken, des Bundesver- bandes der Deutschen Industrie, der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sowie des Bundesbeauftragten für den Datenschutz am 12. Oktober 2000 geführt. Wir haben uns daraufhin dafür entschieden, § 128 VI AktG-E dergestalt zu ändern, dass die Bundesministerien für Wirtschaft und für Finanzen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass die Gesellschaften den Kreditinstitu- ten und den Vereinigungen von Aktionären unter anderem die Aufwendungen für die Übermittlung der Angaben gemäß § 67 IVAktG-E zu ersetzen haben. Diese Entscheidung ist aus der Sicht der CDU/CSU richtig. Für die Entscheidung unserer Fraktion war maß- geblich, dass wir eine einseitige Abwälzung der Übermitt- lungskosten durch die Kreditinstitute auf den Aktionär ab- lehnen. Die Kreditinstitute hätten – in diesem Punkt waren wir uns sicher – die Kosten auf den Aktionär umgelegt, wenn eine Erstattung der Kosten von den betreffenden Ge- sellschaften unterblieben wäre. Der Gesetzgeber musste also Stellung beziehen. Die Fraktion der CDU/CSU ist kei- neswegs der Ansicht, dass die Einführung einer Kostener- stattung der Förderung des Finanzplatzes Deutschland kontraproduktiv entgegenwirkt. Des Weiteren sind wir nicht der Ansicht, dass, wie verschiedentlich behauptet wird, die Kosten der Kreditinstitute im Wesentlichen da- durch bedingt sind, dass die Kreditinstitute Investitionen in die EDV unterlassen haben. Ob dies im Einzelfall ge- schehen ist, möchte ich nicht abschließend bewerten. Mei- nes Erachtens kann dies aber auch dahinstehen, da die Übermittlung unstreitig mit Kosten verbunden ist und mo- derne EDV diese Kosten nur minimieren kann. Über die Höhe der Kostenerstattung wird im Rahmen des Gesetz- gebungsverfahren aber, gerade nicht entschieden, da deren Festsetzung einer späteren Rechtsverordnung vorbehalten bleibt. Klargestellt wird dagegen, dass nur die „erforderli- chen“ Kosten zu erstatten sind. Deshalb geht auch der Vor- wurf ins Leere, wir würden den Modernisierungsdruck zur Umstellung der EDV-Systeme, dem die Kreditinstitute ausgesetzt sind, künstlich abschwächen. Kosten sind näm- lich insoweit nicht erforderlich, als sie durch veraltete Sys- teme bedingt sind. Die CDU/CSU hat eine Umlegung der Übermittlungs- kosten auf den Aktionär abgelehnt, da durch die Transakti- onskosten die Attraktivität der Namensaktie beeinträchtigt worden wäre und möglicherweise den Aktionär von der Eintragung ins Aktienregister abgehalten hätte. Eine Nicht- eintragung hätte aber wiederum das gesetzgeberische Leit- bild des vollständigen Aktienregisters konterkariert. Für unser Empfinden war das Argument, dass der Aktionär durch seine Order zum Kauf von Namensaktien das Ent- stehen der beschriebenen Kosten ausgelöst hat, nicht stich- haltig. Die alleinige Belastung der Kreditinstitute wäre gleichfalls bedenklich gewesen, da diese im Verhältnis Ak- tionär/Gesellschaft nur Dritte sind. Die maßgeblichen Be- ziehungen bestehen im Verhältnis Aktionär/Gesellschaft. Gerade die Namensaktie dient einer Verbesserung der so genannten „investor relations“. Deswegen sollten auch die kostenmäßigen Konsequenzen vorrangig in dieser Bezie- hung angesiedelt sein. Das Interesse der Gesellschaften an einem vollständigen Aktienregister, auch gerade im Hin- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012918 (C) (D) (A) (B) blick auf Investor-Relations-Überlegungen, ist nicht von der Hand zu weisen. Dieses Interesse sollte sich deshalb auch im Rahmen einer Kostentragungspflicht widerspie- geln, weshalb wir auf eine entsprechende Änderung in § 67 IVAktG-E Wert gelegt haben. Schon in der ersten Lesung haben wir die Änderung in § 125 II 3 AktG-E – Pflicht der Gesellschaft, alle zwölf Tage vor der Einladung eingetragene Aktionäre, zu unter- richten – begrüßt, da durch sie aufwendige „Nach-Mai- ling-Aktionen“ reduziert werden. Im Rahmen der Bera- tungen ist die Frist von zwölf Tagen auf eine Frist von zwei Wochen verlängert worden. Diese Verlängerung än- dert nichts an unserer Zustimmung. Zusätzlich haben wir in der ersten Lesung gefordert, dass die Frist des § 125 II 3 AktG-E auch für die Mitteilung der Kreditinstitute nach § 128 I, AtG-E gelten sollte, da auch bei den Kreditinsti- tuten Unsicherheit darüber besteht, ab welchem Zeitpunkt auf eine Weitergabe der Unterlagen verzichtet werden kann. Diese Ansicht konnten wir im Rechtsausschuss durch- setzen, sodass entsprechend § 125 II 3 AktG-E, der nun von einer zweiwöchigen Frist ausgeht, auch für die Kre- ditinstitute gilt, dass Mitteilungen nach § 125 I AktG-E nur dann an die Aktionäre unverzüglich weiterzugeben sind, wenn spätestens zwei Wochen vor der Hauptver- sammlung Inhaberaktien in Verwahrung genommen wer- den bzw. das Kreditinstitut zwei Wochen vor der Haupt- versammlung für Namensaktien, die ihm nicht gehören, in das Aktienregister eingetragen wird. Nicht versäumen möchte ich es, mich noch kurz zu dem Änderungsvorschlag der F.D.P. zur Einfügung eines § 248 a in das AktG zu äußern. Wir hätten dies durchaus begrüßt. Die Vorschrift wäre ein akzeptables Mittel gewesen, um auf unberechtigte, ja missbräuchliche Anfechtungsklagen zügig zu reagieren. Gleichzeitig wären auch die Rechte der Kläger gewahrt worden, indem ihnen in Abs. 3 ein Scha- densersatzanspruch gegen die Gesellschaft zugestanden hätte. Leider ist die Regelung nicht mit aufgenommen worden und ich frage mich wirklich, welche Perspektive die Bundesregierung hier hat. Die gegenwärtige Situation ist ein wirkliches Ärgernis und lässt sich nicht auf die lange Bank schieben. Wir werden nach wie vor auf eine zügige Lösung des Problems drängen. Spätestens 2002 – mir wäre das zu spät – ergibt sich dafür eine andere Gelegenheit: Die nächste Bundestagswahl ist schon 2002. Wenn wir wieder die Bundesregierung stellen, lassen wir die F.D.P. viel- leicht mitregieren. Alles in allem kann ich feststellen, dass die meisten Kri- tikpunkte, die von der CDU/CSU am Anfang der Beratun- gen genannt wurden, beseitigt wurden. Wir haben ein Ge- setz vor uns liegen, das in dieser Fassung – man freut sich ja immer, so etwas ausnahmsweise feststellen zu können – sorgfältig ausgearbeitet und gut durchdacht ist. Die CDU/CSU wird daher dem Gesetzentwurf in der uns vor- liegenden Fassung zustimmen. Wir haben ein schönes Stück Arbeit geleistet; doch befinden wir uns erst am An- fang eines neuen technischen Zeitalters. Die Zukunft wird noch viele Veränderungen mit sich bringen, auf die wir zu reagieren haben. Ich meine das Stichwort „virtuelle Haupt- versammlung“. Der Entwurf geht nicht so weit, dass er statt der persönlichen Stimmabgabe die elektronische Ab- stimmung vorsähe. Wie in der Begründung aber ausge- führt wird, erzielen die vorgeschlagenen Formlockerun- gen praktisch schon jetzt das entsprechende Ergebnis und schneiden die zukünftige Entwicklung nicht ab. In den Be- ratungen konnte auch nicht der Vorschlag des Bundesrates berücksichtigt werden, die Zuständigkeiten für die Geneh- migung der Einrichtung des automatisierten Abrufsverfah- rens im Bereich des Grundbuchrechts, des Handels-, Ge- nossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters zu vereinheitlichen. Nach wie vor werden wir aber überlegen müssen, ob die Vereinheitlichung in Zuständigkeitsfragen aus rechtstechnischen Überlegungen nicht in Angriff ge- nommen werden sollte. Es gibt also weiterhin viel zu tun. Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mit dem hier zur Beratung vorliegenden Ge- setz machen wir das Aktienrecht fit für das Internetzeital- ter. Den Charme dieser neuen Aktienart macht schon seine Bezeichnung deutlich: Namensaktie. Der Aktionär ist mit Name, Wohnort und Beruf bekannt. Diese drei Angaben werden eingetragen. Die bisherigen Aktienbücher werden durch elektronisch führbare Aktienregister ersetzt und der Datenschutz der Aktionäre wird verbessert: Jeder Ak- tionär kann künftig nur eigene Daten einsehen. Ob Aktien auf den Inhaber oder auf Namen lauten, stellt das Gesetz bekanntlich zur freien Wahl. Die Entscheidung bei börsennotierten Aktiengesell- schaften fiel bislang eindeutig zugunsten der Inhaberak- tien aus. Seit mehr als einem Jahr dreht der Trend von der Inhaberaktie hin zur Namensaktie. Dieser unerwartete Trend zur Namensaktie hat uns herausgefordert. Das Ak- tienrecht war bisher für diesen Trend nicht gerüstet. Im- mer mehr Gesellschaften setzen auf den elektronisch re- gistrierten Anteilseigener. Daimler-Chrysler ist sogleich mit Namensaktien gestartet. Inzwischen sind viele wei- tere Publikumsgesellschaften wie Siemens, die deutsche Telekom, Mannesmann oder die Dresdner Bank gefolgt. Hauptgrund ist: In den USA sind Namensaktien üblich, sodass eine Notierung an der Wall Street nur mit Namens- aktien möglich ist. Des Weiteren ist es für international ex- pandierende Unternehmen wichtig, Beteiligungserwerb in eigenen Aktien zu bezahlen. Die Aktie ist aber nur dann eine geeignete Akquisitionsgewährung, wenn sie im Aus- land akzeptiert ist. Genau das ist bei der Namensaktie der Fall. Ich komme nun zu den wesentlichen Reformpunkten. Die Vorschriften des Aktiengesetzes über Namensaktien werden aktualisiert: elektronische Aktienregister, Daten- schutz, Zulassung elektronischer Willensäußerung, ge- lockerte Schrifterfordernisse etc. Das Aktiengesetz von 1965 beruht noch weitgehend auf den damals üblichen technischen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen. Den heutigen Bedingungen der Girosammelverwahrung für Namensaktien und der elektronischen Führung von Aktienregistern wird das bestehende Gesetz aber nicht mehr gerecht. In dem neuen Gesetz werden deshalb die in das Aktienregister aufzunehmenden Daten neu bestimmt. Insbesondere wird das Recht auf Einsicht in das Aktien- register erheblich eingeschränkt und auf die eigenen Daten des jeweiligen Aktionärs begrenzt. Ferner haben wir eine begrenzende Regelung für die Zweckverwendung von Da- ten aufgenommen. Die Daten können für aktienrechtliche Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12919 (C) (D) (A) (B) Aufgaben, aber auch für Investor-Relations-Maßnahmen verwendet werden. Die weitere Verwendung der Daten für gewerbliche Zwecke außerhalb der Gesellschaft kann der Aktionär durch Widerspruch verhindern. Bezüglich der Stimmrechtsausübung erfolgt eine weit- gehende Gleichstellung der Inhaber- und Namensaktie. Bei beiden Aktienformen wird künftig eine offene, wie auch versteckte Stimmrechtsausübung in der Hauptver- sammlung zulässig sein und eine generelle Vollmacht über alle Aktien im Depot möglich. Dadurch kann einem erheblichen Einbruch der Hauptversammlungspräsenz bei Publikumsgesellschaften mit Namensaktien entge- gengewirkt werden. Nicht zuletzt wird das Aktienrecht den neuen Informationstechnologien angepasst, vor allem im Bereich der elektronischen Stimmrechtsausübung und der Vollmachtserteilung. Dieses begrüße ich sehr. Besonders bedeutsam ist dabei die Zurücknahme der Schriftform für die Stimmrechtsvollmachten im Aktienge- setz. Auch damit bereiten wir das deutsche Gesellschafts- recht auf die künftigen Harmonisierungsmaßnahmen der EU im Bereich der grenzüberschreitenden Stimmrechts- ausübung vor. Zur Erhöhung der Präsenzen müssen dringend die In- formationspflichten der depotführenden Banken auch für ausländische Unternehmen ausgeweitet werden. Hier be- steht Handlungsbedarf vonseiten der Europäischen Union. Im Gesetzentwurf wird ebenfalls geregelt, dass das De- potstimmrecht nicht mehr alle 15 Monate neu erteilt wer- den muss. Das Instrument des Depotstimmrechts ist aber nur „second best“. Banken, die Kredite an ein Unterneh- men vergeben, haben hinsichtlich der Unternehmenspoli- tik andere Interessen als andere Aktionäre. Dieses kann nicht im Sinne einer effizienten Corporate Governance sein. Insbesondere deshalb wurde festgelegt, nach drei Jahren die Möglichkeit zu prüfen, inwieweit durch die neuen Informationstechnologien das Depotstimmrecht überflüssig werden kann – Stichwort: Hauptversammlung im Internet. Stark eingeschränkt werden zudem die Vorschriften über die Nachgründung, sprich die Umwandlung einer kleinen GmbH in eine Aktiengesellschaft. Dadurch erreichen wir eine erhebliche Entlastung in der Praxis, die vor allem den kleinen und jungen Aktiengesellschaften helfen wird. Die Erleichterungen bei den Handelsregistern betreffen vor al- lem die Bekanntmachungen bei den Zweigniederlassungen. Hierdurch können kostenträchtige und nutzlose Mehrfach- bekanntmachungen zurückgefahren werden. Zur Vermei- dung von Umgehungen der Sachgründungsvorschriften und zum Schutz der neu hinzukommenden Aktionäre ist es aus- reichend, wenn die besonders komplizierten Form- und Ver- fahrenserfordernisse für Nachgründungsgeschäfte auf sol- che Verträge begrenzt werden, die die Gesellschaft mit den Gründern oder hinzutretenden Aktionären von einigem Ge- wicht schließt. Ich freue mich, dass alle Fraktionen dem Gesetzent- wurf zustimmen. Rainer Funke (F.D.P.): Die F.D.P.-Fraktion begrüßt die Verabschiedung des Namensaktiengesetzes, wenn wir auch weitergehende Regelungen hinsichtlich der Dauer- vollmachten im VW-Gesetz sowie eine Ergänzung zu § 248 a Aktiengesetz gewünscht hätten. Im Zuge der Internationalisierung unserer Finanz- märkte hat sich gerade in den letzten zwei Jahren eine Rückentwicklung von Inhaberaktien zu Namensaktien, insbesondere bei den großen DAX-Werten, ergeben. Die bisherigen Bestimmungen des Aktiengesetzes sind, insbe- sondere was die heutigen technischen Erfordernisse der Giro-Sammelverwahrung und der elektronischen Führung von Aktienregistern angeht, nicht mehr auf dem neuesten Stand der Entwicklung. Deswegen war diese Novellierung des Aktienrechts notwendig und ich begrüße, dass diese Regelung nunmehr auch einvernehmlich aufgrund intensi- ver Berichterstattergespräche beschlossen werden kann. Damit haben die betroffenen Aktiengesellschaften schon für die nächste Hauptversammlungssaison ein modernes Instrumentarium zur Verfügung. In zweiter Lesung beantragen wir ebenfalls eine Ände- rung des VW-Gesetzes, wonach in Zukunft auch Dauer- vollmachten für die Wahrnehmung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung erteilt werden können. Sollte unserem Antrag von der Mehrheit des Hauses nicht ent- sprochen werden, muss sich das Hohe Haus den Vorwurf gefallen lassen, dass in der deutschen Börsenlandschaft Volkswagen die einzige Aktiengesellschaft sein wird, in der das Vollmachtsrecht der Aktionäre eingeschränkt ist. Einschränkungen des Aktionärsrechts und Sonderrechte werden an der Börse nicht mehr honoriert und sind auch nicht mehr zeitgemäß. Diese Sonderrechte schaden der Gesellschaft und damit den Aktionären und Arbeitneh- mern und sollten demnach schleunigst beseitigt werden. Gleichzeitig legen wir Ihnen einen Änderungsantrag vor, in dem wir anregen, einen neuen § 248 a des Aktien- gesetzes einzuführen. Dieser § 248 a orientiert sich an § 16 des Umwandlungsgesetzes, der von dem Hohen Hause im Jahre 1994 fast einstimmig verabschiedet wurde. Wir wollen mit dieser Ergänzung erreichen, dass die aktienrechtliche Anfechtungsklage im Interesse der Gesellschaft und der Aktionäre so verändert wird, dass er- presserischen Aktionären, die in der Hauptversammlung insbesondere Fusionen und Kapitalerhöhungen behin- dern, das Handwerk gelegt wird. Denn diese Aktionäre haben nicht etwa die Absicht, ihre Minderheitsrechte wahrzunehmen, wofür ich noch Verständnis hätte, son- dern lassen sich den Verzicht auf die Anfechtungsklage mit hohen Summen abgelten, natürlich zulasten der Ge- sellschaft und der anderen Aktionäre. Dieser Antrag kommt für die Bundesregierung auch nicht überraschend. Trotzdem ist sie untätig geblieben, obwohl sie selbst eingeräumt hat, dass Handlungsbedarf besteht. Für solch eine Vogel-Strauß-Politik habe ich kein Verständnis. Dies gilt umso mehr, als der Deutsche Juris- tentag diese Problematik ausführlichst diskutiert hat. Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS): Das Aktiengesetz der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1965 geht noch weitgehend von einem überschaubaren und über- wiegend nationalen Bestand von Aktionären aus. Zwi- schenzeitlich hat sich die Aktionärskultur in Deutschland wesentlich verändert. Die Zahl der umlaufenden Aktien und der Aktionäre hat erheblich zugenommen. Mit der zu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012920 (C) (D) (A) (B) nehmenden Internationalisierung des Aktienmarkts ging und geht eine Anpassung des nationalen Aktien-, Börsen- und Kapitalmarktrechts an internationales Recht einher. Im Zuge dieser Entwicklung haben nunmehr große bör- sennotierte Aktiengesellschaften auf Namensaktien um- gestellt. Diese veränderten Rahmenbedingungen und der Einzug moderner Kommunikationsmedien in das Aktien- geschäft veranlassten die Bundesregierung nunmehr, ei- nen Gesetzentwurf eines Namensaktiengesetzes dem Bundestag zur Beschlussfassung vorzulegen. Grundsätzlich unterstützt die PDS Bestrebungen, ei- nige durch die geltende Rechtslage in der Praxis entstan- dene Probleme zu beheben und das Aktiengesetz zudem an die Erfordernisse und Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung und -übertragung anzupassen. Kritik- würdig aber ist, dass der Gesetzentwurf den selbst ge- stellten Ansprüchen nur ungenügend gerecht wird. Die Bundesregierung macht in der Zielstellung des Gesetz- entwurfs darauf aufmerksam, dass die bisherigen daten- schutzrechtlichen Regelungen völlig unzureichend seien und der Verbesserung bedürften. Nach unserer Auffas- sung ist der vorliegende Gesetzentwurf aber kaum geeig- net, den Datenschutz der Kleinaktionäre hinreichend zu verbessern. Erhebliche Mängel beim Datenschutz, die durch die Einführung und Verbreitung der Namensaktien entstanden sind, werden durch diesen Gesetzentwurf nicht behoben, sondern teilweise sogar verschlechtert. Inhaber von Namensaktien können sich in den Haupt- versammlungen gegenüber der Aktiengesellschaft nicht mehr wirklich anonym durch Dritte vertreten lassen. Da- mit aber werden die Prinzipien der geheimen Wahl und der geheimen Abstimmung verletzt. Daraus können für den Aktionär Nachteile entstehen, wenn er neben seiner Aktionärseigenschaft noch weitere Rechtsbeziehungen zu der Aktiengesellschaft unterhält. Dies betrifft beispiels- weise Kunden und Schuldner der Gesellschaft, insbeson- dere aber ihre Beschäftigten. Belegschaftsaktionäre, die ihre Vertreter anweisen, in einer Hauptversammlung ge- gen die Vorschläge von Vorstand und Aufsichtsrat zu stim- men, haben ein begründetes und schützenswertes Inte- resse, dies vor ihrem Arbeitgeber verborgen zu halten. All das ist unzureichend sichergestellt. Die Bundesregierung soll sicherstellen, dass auch Be- legschaftsaktionäre ihre Aktionärsrechte in vollem Um- fang in Anspruch nehmen können, ohne berufliche Nach- teile befürchten zu müssen. Dies wird umso dringlicher vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung im Rah- men der Rentenreform auch die betriebliche Alterssiche- rung ausbauen will. Dies wird zweifelsohne zu einem Be- deutungsgewinn der Belegschaftsaktien führen. Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammen- hang ebenfalls, dass die Koalition die Beteiligung von Be- schäftigten am Kapital der Aktiengesellschaften als zusätz- liches Instrument der Mitbestimmung betrachtet. Wenn diese Zielstellung ernst genommen werden soll, muss das Aktiengesetz ihnen volle demokratische Mitspracherechte ermöglichen. Dies muss insbesondere die faktische Mög- lichkeit zur geheimen Abstimmung und Wahl beinhalten. Der Gesetzentwurf kann aus den genannten Gründen in dieser Form durch die PDS-Fraktion nur abgelehnt werden. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes zurAnpassung des deutschen Rabattrechts an die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (RabattrechtsanpassungsG) – des Entwurfs eines Gesetzes zurAnpassung des deutschen Zugaberechts an die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (ZugaberechtsanpassungsG) (Tagungsordnungspunkt 13 a und b) Birgit Roth (Speyer) (SPD): Das deutsche Rabattge- setz stammt aus dem Jahre 1933. Wir alle wissen, wie ex- trem sich in der Zwischenzeit die Märkte und Wirt- schaftsabläufe verändert haben, und es liegt an uns, das Rabattgesetz auf den neuesten Stand zu bringen. Wir haben mittlerweile eine E-Commerce-Richtlinie auf europäischer Ebene, die im Juli 2000 in Kraft gesetzt wurde und deren Umsetzung auf nationaler Ebene in den kommenden Monaten ansteht. Je schneller wir nun die wirtschaftlichen und gesetzli- chen Rahmenbedingungen für unsere deutschen Anbieter modernisieren, desto besser. Denn nehmen wir zum Beispiel das Internet: Im Inter- net besteht bereits die Möglichkeit, Rabatte über 3 Pro- zent zu geben; denn entscheidend ist das Rabattgesetz des Herkunftslandes des jeweiligen Anbieters und nicht die deutsche Gesetzgebung. Damit können ausländische An- bieter weit höhere Rabatte einräumen und zu günstigeren Konditionen anbieten als inländische Unternehmen. Im Endeffekt werden damit unsere inländischen An- bieter benachteiligt, weil sie an ein veraltetes Regelwerk gebunden sind. Eine Benachteiligung deutscher Anbieter ist für uns aus wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten nicht akzeptabel und deswegen streben wir die Liberali- sierung an. Vor wenigen Monaten hat es eine Verbändeanhörung zum Thema gegeben, in der sich eine überwältigende Mehrheit für die Abschaffung des Rabattgesetzes bzw. der Zugabeverordnung ausgesprochen hat, auch einige Ein- zelhandelsverbände. Doch wenn wir eine neue Regelung finden, dann muss es auch eine sein, die den Mittelstand unterstützt und eventuelle Benachteiligungen vermeidet, denn es ist un- ser erklärtes Ziel, eine mittelstandsfreundliche Politik zu machen. Da noch eine weitere Anhörung in Bezug auf die Zu- gabeverordnung ansteht, überweisen wir den Antrag der F.D.P. an die Ausschüsse. Bereits in absehbarer Zeit wird es eine Lösung von unserer Seite geben. Dirk Manzewski (SPD): In der Vergangenheit hat es schon häufiger Bemühungen gegeben, Rabattgesetz und Zugabeverordnung abzuschaffen. Bislang sind jedoch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12921 (C) (D) (A) (B) alle Initiativen am überwiegenden Widerstand der Inte- ressenverbände von Wirtschaft und Verbrauchern ge- scheitert. Inzwischen haben sich die Aspekte, auf denen die Ab- lehnung einmal beruhte, jedoch grundlegend geändert. Dies ist vor allem auf die im Juli in Kraft getretene EU- Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr zu- rückzuführen. Danach muss sich ein Anbieter, der über das Internet wirbt, ausschließlich an das Wettbewerbs- recht seines Heimatlandes halten – und dies unabhängig davon, wo er seine Waren oder Leistungen anbietet. Spä- testens diese EU-Richtlinie zwingt uns nun dazu, erneut über das Prinzip von Rabattgesetz und Zugabeverordnung nachzudenken. Zu Recht verweist die FDPdarauf, dass Deutschland in diesem Zusammenhang innerhalb der Europäischen Union die restriktivsten Vorschriften hat. Dadurch sind Anbieter mit Sitz in Deutschland beim E-Commerce ge- genüber ihren Mitbewerbern aus den Nachbarländern massiv benachteiligt. Ausländische Anbieter aus anderen EU-Staaten dürfen mit höheren Rabatten und attraktiven Zusatzleistungen in Deutschland um Kunden werben, während dies den einheimischen Anbietern untersagt ist. Da das Herkunftslandprinzip gilt, sind deutsche Unter- nehmen darüber hinaus an das inländische Rabatt- und Zugabeverbot auch bei Geschäften im europäischen Aus- land gebunden. Rabattgesetz und Zugabeverordnung stellen damit in ihrer derzeitigen Form gravierende Wettbewerbsnachteile im internationalen Zusammenhang dar. Dies beschränkt sich nicht nur auf den Bereich des E-Commerce, da Inter- netanbieter immer mehr auch mit stationären Händlern und Dienstleistern in Konkurrenz stehen. Es ist daher nur folgerichtig, dass der Gesetzgeber auf- grund der Chancengleichheit Vorgaben schaffen muss, um Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen im In- und Ausland zu verhindern. Auch deutschen Anbietern muss es möglich gemacht werden, sich mit Rabatten oder Zusatzleistungen im internationalen Wettbewerb zu be- haupten. Die Bundesregierung hat dies längst erkannt und die ersten Schritte hierzu eingeleitet. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium hat das Bundesjustizministerium deshalb auch Ende Juni dieses Jahres einen Anhörungs- termin durchgeführt, an dem über 70 Verbände und Insti- tutionen bzw. Behörden teilgenommen haben. Überwiegend haben sich diese dabei für eine Abschaf- fung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung ausgespro- chen. Es sind hierbei aber auch deutlich Ängste um den Verlust des Wettbewerbsschutzes – insbesondere durch die Vertreter kleiner und mittelständischer Unter- nehmen – laut geworden. Diese Bedenken dürfen wir nicht auf die leichte Schul- ter nehmen. Es muss sich uns vielmehr die Frage stellen, ob bei einer Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabe- verordnung Auffangregeln geschaffen werden müssen, um Wettbewerbsverstöße angemessen zu ahnden. Nach meiner Auffassung erscheinen allerdings nicht alle vorgetragenen Bedenken gerechtfertigt. Soweit be- fürchtet wird, dass das Schutzniveau des Wettbewerbs- rechts in Deutschland nun völlig außer Kraft gesetzt würde, bleibt darauf hinzuweisen, dass die E-Commerce Richtlinie selbst Anforderungen zum Beispiel an die Transparenz von Preisen stellt. Im Übrigen gelten bei uns immer noch die wettbewerbsrechtlichen Auffanggeneral- klauseln des sittenwidrigen Wettbewerbs und der irre- führenden Werbung nach §§ 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die bei Problemen mit Ra- batten oder Zugaben greifen würden. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang be- reits eine Vielzahl von Grundsätzen aufgestellt, die dann zur Geltung kämen. So sind beispielsweise generell alle Handlungen sittenwidrig, die darauf gerichtet sind, den Wettbewerb als solchen zu beseitigen oder auf einem be- stimmten Gebiet in nicht unerheblichem Ausmaß aufzu- heben. Die Gewährung von Werbegeschenken ist immer dann unlauter, wenn sie geeignet ist, einen moralischen Kaufzwang auszuüben oder einen übertriebenen An- lockungseffekt zu entfalten. Allein dies zeigt, dass keine Wettbewerbsschutzlosigkeit eintreten wird. Im Übrigen muss man sich darüber im Klaren sein, dass schon heute im alltäglichen Wirtschaftsleben Rabatt- gesetz und Zugabeverordnung häufig unterlaufen werden. Höhere Rabatte oder Zugaben als gesetzlich erlaubt sind – leider – mittlerweile üblich. Auch der Befürchtung, dass der mittelständische Fach- und Einzelhandel gegenüber großen Unternehmen bei Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung ei- nen Nachteil erleiden würde, kann nicht ungeteilt zuge- stimmt werden. Rabattgesetz und Zugabeverordnung können bereits jetzt aufgelegte Bonusprogramme großer Unternehmen und Unternehmenskooperationen vielfach nicht unterbinden. Ein Blick auf Österreich zeigt im Übrigen, dass ein Missbrauch bei einem größeren Spielraum von Rabatten nicht unbedingt zu erwarten ist. Die Abschaffung des Ra- battgesetzes hat dort eben nicht zu einem ausufernden Rabattwettbewerb geführt. Wir sind uns also in vielem einig. Gleichwohl sollten Schnellschüsse vermieden werden. Dazu sind uns die An- gelegenheit und die Besorgnis aus Teilen des Mittelstan- des viel zu wichtig. Insoweit bedaure ich es, dass die F.D.P. mit ihrem Gesetzentwurf etwas vorschnell einer Entscheidung der Bundesregierung vorgegriffen und nicht zunächst noch abgewartet hat, bis diese ihre intensi- ven Bemühungen abgeschlossen hat. Ich halte es nämlich für sehr vernünftig, dass die Bun- desregierung das von ihr unter anderem aus der Ver- bandsanhörung abgeleitete Ergebnis noch mit den Spit- zenverbänden und -organisationen abschließend beraten will. Ich wundere mich, warum ihr hierfür von der F.D.P. nicht die Zeit gegeben wird. Hoffentlich liegt die Ursache nicht darin, dass man sich gerne mit fremden Federn schmücken möchte. Im Übrigen muss uns allen klar sein, dass dieser ganze Komplex zwingend mit einer umfas- senden Harmonisierung des Werbe- und Wettbewerbs- rechts in der EU einhergehen muss – nicht nur, weil es keine Privilegierung von Online-Wettbewerb und -Wer- bung gegenüber herkömmlichem Wettbewerb und Wer- bung geben darf. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012922 (C) (D) (A) (B) Ich begrüße daher ausdrücklich die Ankündigung des Staatssekretärs Professor Dr. Pick, dass das Bundesjustiz- ministerium schon Anfang nächsten Jahres eine Exper- tengruppe zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen ein- berufen will. Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Die Wirtschaft be- findet sich im Umbruch. Das zusammenwachsende Eu- ropa und die sich globalisierende Weltwirtschaft fordern sowohl von der Wirtschaft als auch von den Konsumen- ten neue Flexibilität und Dynamik. Die Öffnung der Märk- te hat zu veränderten Arbeits-, Lebens- und Konsum- gewohnheiten und zu neuen Formen der Konkurrenz geführt. Dies erfordert auch eine Anpassung des deut- schen Wettbewerbsrechts. Faktischer Handlungsdruck besteht hier vor allem bei dem über 70 Jahre alten Rabatt- gesetz und der Zugabeverordnung. Insbesondere vor demHintergrund der bevorstehenden EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr, E-Commerce sind beide Gesetze problematisch. Würden sie nicht abgeschafft, hätten sie eine Diskriminierung deutscher Unternehmen zur Folge. In der E-Commerce- Richtlinie ist nämlich das so genannte Herkunftsland- prinzip verankert, wonach innerhalb der EU die rechtli- chen Rahmenbedingungen des Landes gelten, in dem der Händler seinen Sitz hat. Die deutschen Gesetze in ihrer Ausformung als Totalverbot sind in ihrer Strenge einma- lig in Europa. Während sich deutsche Internethändler an Rabattgesetz und Zugabeverordnung halten müssten, könnte die Konkurrenz deutschen Verbrauchern Rabatte und Zugaben gewähren. Der ausländischen Konkurrenz stünden außerdem Kundenbindungssysteme und neue Marketinginstrumente wie Community Shopping zur Ver- fügung, während sie deutschen Händlern versagt bleiben würden. Auch dem stationären Händler, der mit preiswer- teren Angeboten aus dem Internet konfrontiert wird, bleibt keine Möglichkeit, auf diese Angebote zu reagie- ren. Die rasante Zunahme des grenzüberschreitenden Mar- ketings und des Internethandels in Europa machen ein harmonisiertes europäisches Wettbewerbsrecht dringend erforderlich. Eine bloß ersatzlose Streichung von Rabatt- gesetz und Zugabeverordnung kann nicht die Lösung sein. Sie würde ebenfalls mit einer Diskriminierung der deutschen Wirtschaft einhergehen, für die im europä- ischen Vergleich eine weit höhere Messlatte an das Wett- bewerbsverhalten als in einer Reihe von EU-Mitglieds- ländern gilt. Ohne Harmonisierung besteht die Gefahr eines „race to the bottom“, der dann die Bundesrepublik zwingt, unser Wettbewerbsrecht auf dem niedrigst mögli- chen Level einzupendeln. Dies kann aber nicht im Sinne einer mittelständisch orientierten Politik liegen. Wirklich hilfreich für die gleichzeitige Verwirklichung der Ziele Binnenmarkt, Verhinderung von lnländerdiskriminierung und Schutz mittelständischer Interessen ist nur ein inte- grierter Ansatz auf EU-Ebene mit dem Ziel der Schaffung eines rechtlich einheitlichen Mindestniveaus für fairen Wettbewerb, das sich an § 1 des deutschen UWG orien- tiert. Auch und gerade der deutsche Mittelstand kann davon nur profitieren. Durch seine Flexibilität und seine Ser- viceorientierung könnte er bei einem fairen einheitlichen europäischen Wettbewerbsrahmen nach Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung die neuen Marke- tingspielräume besonders gut nutzen. Gezielt eingesetzte Rabatte und neue Kundenbindungssysteme können das Überleben im Wettbewerb gegenüber Dauerniedrigpreis- strategien ermöglichen. Die neue Vertriebsform des Inter- nets kann mit neuen Werbekonzepten genutzt werden. Der Schutz des mittelständischen Einzelhandels kann durch die Beibehaltung von Rabattgesetz und Zugabeverord- nung nicht verbessert werden. Mittelständische Interessen gilt es vielmehr bei der Reform des UWG zu berücksich- tigen. Die EU-Kommission hat im Juli vergangenen Jahres beschlossen, die deutsche Zugabeverordnung und das Rabattgesetz im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem EU-Vertrag vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu las- sen. Schon bald könnte damit neben dem faktischen auch ein rechtlicher Handlungsdruck entstehen. Daher sollte nun schleunigst nach neuen, europatauglichen und mittel- standsfreundlichen Lösungen gesucht werden. Die Anträge müssen nun an die zuständigen Aus- schüsse überwiesen werden. Die Union wird die betroffe- nen Wirtschaftszweige und Verbände in das Beratungs- verfahren in geeigneter Weise einbinden und kündigt schon jetzt an, dass wir ein Hearing zu den anstehenden Fragen durchführen. Wir gehen dabei davon aus, dass die beiden Vorschriften am Ende des Beratungsverfahrens aufgehoben werden. Da mit der Aufhebung ganz erhebli- che Veränderungen in den Marketingstrategien gerade des Mittelstandes erforderlich sind, halten wir eine Über- gangsfrist von einem Jahr für unverzichtbar. Mindestens diesen Zeitraum sollte der Mittelstand haben, um eigene moderne Marketing-, Vertriebs- und Kundenbindungs- systeme zu entwickeln. Der Zeitraum ist auch darum er- forderlich, weil solche Bindungssysteme in den weitaus meisten Fällen nicht die alleinige unternehmerische Ent- scheidung eines jeweiligen beteiligten Handelspartners sein können. Diese Kundenbindungssysteme werden im Wesentlichen auf Kooperationen aufbauen, für die man einfach eine gewisse Zeit braucht. Wir erwarten vom Han- del, dass er keine weitere Zeit verliert und sich unverzüg- lich auf diese neue Entwicklung vorbereitet. In diesem Zusammenhang halten wir es jedoch auch für unverzichtbar, dass die Bundesregierung in der Wettbewerbspolitik und in der europäischen Harmonisie- rung der Wettbewerbspolitik, einschließlich der Entwick- lung einer europäischen Lauterkeitsrichtlinie, nun endlich ihre völlig zögerliche, wenn nicht gar untätige Haltung aufgibt und im Interesse eines lebendigen Wettbewerbs, der mittelstandsfreundlich und verbrauchergerecht ist, handelt. Die Wirtschaft, die Unternehmen und die Ver- braucher erwarten klare, einheitliche Rechtsrahmen für den Wettbewerb und klare, auch nationale Zuständigkei- ten für die Überwachung und Einhaltung der Marktregeln bis hin zu klaren gerichtlichen Zuständigkeiten. Der Vor- stoß der EU-Kommission in diesen Bereichen sollte nicht einfach nur abgewehrt werden, sondern als Gelegenheit begriffen werden, nun aktiv eine vernünftige europäische Wettbewerbsharmonisierung zu betreiben. Wir stimmen der Überweisung an die Fachausschüsse zu. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12923 (C) (D) (A) (B) Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Deutschland hat die strengsten Regelungen in Europa und der Welt gegen Rabatte. Weil das so ist, haben wir den ehemaligen Wirtschaftsminister Günter Rexroth bei seinem Vorhaben, das Rabattgesetz und die Zugabe- verordnung im Interesse des Wettbewerbs und im Inte- resse der Verbraucher abzuschaffen, unterstützt. Das war im Sommer 1994. Gekippt wurde das Einspruchsgesetz im Bundesrat und jetzt dürfen Sie mal raten durch wen: durch den hochmögenden ehemaligen rheinland-pfälzi- schen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, dem Mann, der heute hier mit poltrigem Ton ausgerechnet uns, der rot-grünen Bundesregierung, vorwirft, wir seien struktur- konservativ und kämen nicht in die Puschen. Wenn Sie damals im Sommer 1994 nicht gegen die Abschaffung des Rabattgesetzes im Bundesrat gestimmt hätten und Ihren eigenen Wirtschaftsminister nicht demontiert hätten, gäbe es bereits seit 1994 kein Rabattgesetz mehr in unserem Land. Sie haben die Abschaffung blockiert und ich fände es nur angemessen, Sie würden dafür erst einmal die Ver- antwortung hier und heute übernehmen. Die Abschaffung des über 65 Jahre alten Rabattgeset- zes und der Zugabeverordnung ist längst überfällig, des- halb haben wir uns nach dem Regierungswechsel daran gemacht, mit dem Einzelhandel, mit der mittelständi- schen Wirtschaft, mit den Verbraucherverbänden über die Abschaffung des Gesetzes zu sprechen. Wir haben An- hörungen im BMJ und BMWI durchgeführt und werden noch in diesem Jahr einen Referentenentwurf dazu vorle- gen. Wir wollen den Verbrauchern günstigere Angebote nicht länger vorenthalten und ihnen mehr Spielraum bei Preisverhandlungen geben. Die Verbraucher sind bisher die größten Verlierer der bestehenden Regelung. Außer- dem wollen wir die Rahmenbedingungen für den grenzü- berschreitenden elektronischen Handel verbessern und dadurch die Marktposition deutscher Unternehmen im in- ternationalen Wettbewerb stärken. Zurzeit gerät das Rabattgesetz durch die zu verab- schiedende E-Commerce-Richtlinie der EU unter Be- schuss: Nach Art. 3 des Entwurfs der Richtlinie müssen europäische Unternehmen, die via Internet auf dem deut- schen Markt anbieten wollen, in Zukunft nur noch das Recht ihres Herkunftslandes anwenden; das würde für die deutschen Unternehmen einen enormen Nachteil darstel- len, da hier bekanntlich Rabatte verboten sind. E-Com- merce wird in Deutschland aber immer beliebter. Das belegen eindrucksvoll neueste Zahlen einer Allensbach- Studie. Danach hat in Deutschland fast jeder Zehnte der zwischen 16- und 64-Jährigen schon einmal online einge- kauft. Der Trend zum Kauf per Internet soll nach Ein- schätzung der Demoskopen weiter anhalten. Dieser Ent- wicklung muss in Deutschland nun auch die Rechtslage angepasst werden. Deutschland hat eine der strengsten Regelungen in Eu- ropa und auf der Welt gegen Rabatte, ich sagte es bereits. Überspitzt ausgedrückt: Nur das 3-prozentige Skonto ist erlaubt. Alle weiteren Rabatte sind verboten. Folgende Beispiele machen die Defizite deutlich: eine Versand- firma will auf ihre Textilien eine lebenslange Garantie ge- ben; ein Bäcker will beim Kauf von zehn Brötchen eine Tragetasche aus Stoff dazutun; ein Produkt im Internet wird billiger, je mehr Käufer sich dafür interessieren – das so genannte Co-Shopping-Modell. Alles bisher verboten! Mein Fazit: Das deutsche Wettbewerbsrecht ist in vielen Teilen überreguliert und schränkt die Kreativität von Ver- brauchern und Händlern erheblich ein. Einige Einzelhändler haben Angst, dass damit der Strukturwandel im Einzelhandel zulasten der kleinen und mittleren Unternehmen beschleunigt werde. Für die meis- ten der kleinen Einzelhändler bietet sich aber gerade durch die Liberalisierung eine Chance, sich in ihrer Ni- sche zu behaupten: Sie haben die Möglichkeit, situations- bedingt mit Preisnachlässen zu reagieren. Da der Spiel- raum des Einzelhandels für systematische Formen der Rabattgewährung angesichts der niedrigen Betriebser- gebnisse gering sein dürfte, wird es nach unserer Auffas- sung zu keiner weiteren Beschleunigung der Konzentra- tion im Handel kommen. Eher im Gegenteil: Wenn Rabattgesetz und Zugabeverordnung nicht abgeschafft würden, fallen gerade die kleinen Unternehmen durch die E-Commerce-Richtlinie hinten herunter. Die Regelungen zum unlauteren Wettbewerb (UWG) müssen dagegen weitgehend bestehen bleiben. Deshalb setzen wir uns bei der Europäischen Kommission dafür ein, dass eine Richtlinie dazu erarbeitet wird. Allerdings gibt es auch beim Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einige alte Zöpfe, die infolge einer europäischen Harmo- nisierung abgeschnitten werden müssen: Beispielsweise dürfen zum einen beim Sommerschlussverkauf keine „normalen“ Fahrräder, sondern nur Sporträder (saisonale Produkte) herunter gesetzt und zum anderen keine durch Werbeblöcke unterbrochenen kostenlosen Telefonge- spräche angeboten werden. Es ist zweifelhaft, ob solche Angebote dem Wettbewerb wirklich schaden. Gudrun Kopp (F.D.P.): Wenn sich die wahre Leis- tungsfähigkeit deutscher Politik daran messen lassen müsste, dass endlich überflüssige Gesetze und Verord- nungen abgeschafft werden, dann hätte der Deutsche Bundestag jetzt eine ideale Möglichkeit dazu. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion legt zwei Gesetzent- würfe vor, die die Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung vorsehen. Übrigens ist dies die Wie- dervorlage dessen, was schon 1994 der damalige F.D.P.- Wirtschaftsminister, Dr. Günter Rexrodt, in weiser Vo- raussicht und zum Vorteil der Verbraucher gewollt hat. Damals, kurz vor der Bundestagswahl, scheiterte dieses Vorhaben jedoch an der nötigen Mehrheit im Bundesrat. Inzwischen, sechs Jahre später, ist eine EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr bis spätestens Ende 2001 in nationales Recht umzuwandeln. Und daraus ergibt sich erneut Handlungsbedarf. Die Europäer haben sich nach langem Ringen auf das Herkunftslandprinzip geeinigt. Das leuchtet ein; denn ge- rade einem mittelständischen Exporteur wird es schwer fallen, das jeweilige Rabatt- und Zugaberecht in 15 und demnächst sogar in 25 Mitgliedstaaten zu beachten und danach seine Werbestrategien auszurichten. In Deutschland bestehen mit dem Rabattgesetz und der Zugabeverordnung die restriktivsten Vorschriften. Das hat zur Folge, dass Anbieter mit Sitz in Deutschland ge- genüber ihren Mitbewerbern aus den Nachbarländern Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012924 (C) (D) (A) (B) massiv benachteiligt sind. Andererseits jedoch werden im Handelsalltag de facto beide Gesetze inzwischen längst ausgehebelt. Laut einer Emnid-Umfrage vom Mai 2000 gaben fast 44 Prozent der westdeutschen und circa 30 Prozent der ostdeutschen Befragten an, in den vergangenen drei Jah- ren schon deutlich niedrigere Preise – das heißt mehr als drei Prozent –, als zunächst angegeben, ausgehandelt zu haben. Besonders hohe Preisnachlässe gab es demnach bei Kleidung mit bis zu 33 Prozent, bei Unterhaltungs- elektronik mit 17 Prozent bei Haushaltsgeräten mit gut 16 Prozent. Auch diese Zahlen belegen: Das Rabattgesetz aus dem Jahr 1933 ist kein Verbraucherschutzgesetz, son- dern es behindert den Wettbewerb, und zwar zum Nach- teil der Konsumenten. Ähnlich verhält es sich mit der Zugabeverordnung. Auch diese muss ersatzlos fallen. Der Gesetzgeber kann nicht länger vertreten, dass etwa die kostenlose Abgabe einer Stofftasche anstelle einer Plastiktüte als Verstoß ge- gen die Zugabeverordnung gilt. Wer Ausuferungen bei den Zugaben befürchtet, dem sei gesagt, dass diese über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das UWB, eingedämmt bleiben. Den Ankündigungen von Wirtschaftsminister Müller, nun beim Rabattgesetz und bei der Zugabeverordnung ak- tiv werden zu wollen, sind bislang keine Taten gefolgt. Für die F.D.P. ist dies nicht länger hinnehmbar, wenn durch Abwarten ausländische Anbieter auf dem deutschen Markt erhebliche Startvorteile nutzen können – was Arbeitsplätze in diesem Land kosten könnte. Viele Mo- nate sind nun schon in diesem Jahr verstrichen, ohne dass seitens der Bundesregierung die nötige Gesetzesinitiative zur Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabever- ordnung vorliegt. Wir ergreifen eine solche Initiative heute. Sie entspricht unserem modernen, liberalen Ver- braucherbild. Rolf Kutzmutz (PDS): Die PDS-Fraktion begrüßt die parlamentarischen Initiativen der F.D.P. und hofft den- noch zugleich, dass am Ende des Beratungsprozesses eine etwas andere Antwort des Gesetzgebers steht. Auch wir plädieren für die Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung, allerdings bei Klarstellungen und ge- gebenenfalls Ergänzungen im Gesetz zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, UWG, sowie der Preisangaben- verordnung. Für uns ist dabei nicht die E-Commerce- Richtlinie der EU das „Problem“, sondern bestenfalls der Anlass, sich diesem Thema endlich gesetzgeberisch zu- zuwenden. Aber wenn ich die fundierten Begründungen der F.D.P.-Kolleginnen und -Kollegen lese, scheint es bei ih- nen ja ähnlich zu sein. Entscheidend, jetzt zu handeln, ist nicht die bunte Welt der Internet-Händler, von der heute noch niemand weiß, ob und wann sie massenhaft aus dem virtuellen ins praktische Stadium gelangt. Ausschlagge- bend ist vielmehr die kostenlose Tasse Kaffee in der Warte-Ecke, für die ein Friseurmeister verklagt werden kann, oder der satte Barzahler-Rabatt, um den jeder mit Selbstverständlichkeit beim Neuwagenkauf feilscht. Wenn das gesetzte Recht im Laufe der Zeit gewachse- nen, aber inzwischen elementaren Bedürfnissen wider- spricht – wie im ersten Fall – oder sowieso nicht mehr durchgesetzt wird – wie im zweiten Beispiel –, dann ist es spätestens an der Zeit, es zu ändern, zumal es mittlerweile eher bei Rechtsanwaltskanzleien – getarnt als verbrau- cherschützende Abmahnvereine – denn im Handel Ar- beitsplätze sichert, ohne Verbraucher tatsächlich zu schüt- zen. Ich gebe zu, auch die PDS war in der vergangenen Wahlperiode noch gegen die Abschaffung von Rabattge- setz und Zugabeverordnung. Aber das war auch vor „payback“ und vor dem erfolgreichen Einschreiten des Kartellamtes gegen Verkäufe unter Einstandspreis. Zwei- fellos ist beispielsweise das Payback-System, obwohl es massenhaft Kunden von kleinen Einzelhändlern wegbin- det, kein Verstoß gegen das Rabattgesetz. Hier zieht nicht die Höhe des Rabattes, sondern die Sortimentsbreite, in der Vergünstigungen locken und das für den Kunden mit keinerlei Aufwand – nämlich nur dem Zücken einer Kar- te – verbundene, aber juristisch folgenreiche Wechseln vom Käufer zum „Vereinsmitglied“. Payback trotz Ra- battgesetz ist ein Beispiel dafür, wie sich im Zeitalter der EDV ein einstiger Schutzwall in ein Verlies für kleine und mittelständische Händler wandeln kann. Natürlich könn- ten auch sie gegen Metro und Co. erfolgreich konkurrie- ren, beispielsweise mit lokalen Werbegemeinschaften. Nur brauchen sie dazu noch viel mehr als die großen Han- delskonzerne Freiheit bei Preisabschlägen und bei Zu- gabe-Möglichkeiten zum Kauf der Hauptware. Mit den inzwischen erfolgreich angewendeten Ausle- gungsgrundsätzen zum Verkauf unter Einstandspreis nach § 20 GWB im Falle Wal Mart, Lidl und Aldi wurde durch das Kartellamt zugleich exerziert, dass es mittlerweile auch durchaus erfolgversprechende Rechtsinstrumente gegen ruinöse Kampfpreise gibt. Auf diesem Feld – dem der Preiswahrheit, der Preisklarheit und damit der Kos- tenwahrheit – gilt es unseres Erachtens, weitere Pflöcke einzurammen, bis Rabattgesetz und Zugabenverordnung außer Kraft treten. So würde bei deren Wegfall natürlich auch die Lufthansa mit ihrem breitgefächerten Bonus- meilen-System juristisch endgültig auf die sichere Seite kommen; deshalb kämpft ja auch dieser Weltkonzern ge- meinsam mit McDonalds oder Bertelsmann in der „Initia- tive Mehr Bonus für Kunden“ vehement für den kleinen Kaufmann an der Ecke... Aber umgekehrt müsste dann auch gesichert werden, dass zum Beispiel beim Anpreisen von Flugtickets tatsächlich alle Kosten für den Kunden – nicht nur Ticket- preis und Rabatte, sondern ebenso die Nebenkosten von Flugsicherheitsgebühren bis zu Kerosin-Aufschlägen – sofort eindeutig ausgewiesen sind. Inwieweit dazu die §§ 1 und 3 des UWG, einschlägige BGB-Paragraphen und die Preisangaben-Verordnung zu präzisieren sind, muss aus unserer Sicht im anstehenden Gesetzgebungsverfahren gründlich geprüft werden. Die neuen Auslegungsgrundsätze des Bundeskartell- amtes zum Einstandspreis funktionieren zwar, sind aber nur aufwendig zu handhaben. Wir plädieren des- halb nachdrücklich dafür, den einstigen § 6 d UWG mo- difiziert wieder einzuführen, wonach es bei beworbenen Angeboten keine Abgabemengen-Beschränkung geben darf. Damit hätte jeder Wettbewerber die Chance, zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12925 (C) (D) (A) (B) Kampfpreisen beworbene Produkte oder Dienstleistun- gen selber aufzukaufen und günstig anzubieten. Wettbe- werb würde nicht länger allein über den Preis, bei dem die Kleinen langfristig nur verlieren können, sondern viel stärker über das gesamte Spektrum der Dienstleistungen eines Händlers stattfinden. Um solche gesetzgeberischen Schritte ergänzt könnten Rabattgesetz und Zugabeverord- nung als Dinosaurier des deutschen Handels- und Wettbe- werbsrechts dann tatsächlich beerdigt werden. Dr. Eckart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin der Justiz: Uns liegen heute zwei Gesetzent- würfe vor, mit denen sich die F.D.P.-Fraktion an der Dis- kussion zur Liberalisierung des Zugabe- und Rabattrechts beteiligt. Diese Diskussion ist schon vor einigen Monaten von der Bundesregierung eingeleitet worden. Nun möchten die Kollegen von der Opposition ganz offensichtlich auf den fahrenden Zug aufspringen. Erfreulich daran ist, dass sich die F.D.P. offensichtlich den schon von der Bundesregie- rung dargelegten Sachargumenten nicht verschließen will. Weniger erfreulich ist, dass die F.D.P. wieder einmal meint, Politik müsse im Wege des „Schnellschussverfah- rens“ betrieben werden und dabei vergisst, dass sie mit die- ser Vorgehensweise schon vor sechs Jahren gescheitert ist. Doch zurück zu den Sachargumenten: An der Spitze steht zu Recht die Europäische Rechtsentwicklung. Unser Rabatt- und Zugabeverbot ist nach Ablauf der Umset- zungsfrist für die E-Commerce-Richtlinie Anfang 2002 nicht mehr zu halten. Von da an müssen Internet-Anbieter aus dem EG-Ausland diese Verbote nicht mehr beachten und können mit Rabatten und Zugaben auf den deutschen Markt drängen. Wenn wir keine Liberalisierung durch- führen, dann blieben nur noch inländische Anbieter an die Verbote gebunden. lnländerdiskriminierung und Wettbe- werbsverzerrungen wären die Folge. Dies wäre insbeson- dere auf dem Wachstumsmarkt „Elektronischer Geschäfts- verkehr“ nicht hinnehmbar. Ich will gar nicht bezweifeln, dass die F.D.P-Entwürfe auch im Übrigen einige bedenkenswerte Überlegungen enthalten. So ist es sicherlich richtig, dass Zugabever- ordnung und Rabattgesetz in der Praxis immer mehr an Bedeutung verloren haben. Dieses Argument wird auch nicht dadurch falsch, dass es von der Opposition stammt. Trotzdem lässt sich die Bundesregierung nicht von ihrem Reformkurs abbringen, der doch ein wenig von der Oppo- sitionsinitiative abweicht: Die Bundesregierung berücksichtigt sorgfältig die von den Reformgegnern vorgebrachten Gegenargumente und prüft gründlich, welche Auswirkungen die Liberalisie- rung für Verbraucher und Mittelstand nach sich ziehen könnte. Ein gemeinsamer Referentenentwurf des BMWi und des BMJ wird noch in diesem Jahr mit den betroffe- nen Verbänden und Organisationen diskutiert werden. Wir sollten die dort gewonnenen Erkenntnisse abwarten, be- vor wir uns hier intensiv mit der Materie auseinander set- zen. Die Bundesregierung kann auch den gesamteuropä- ischen Rahmen nicht aus den Augen verlieren. Wir brau- chen tragfähige Konzepte, um innerhalb der Europä- ischen Gemeinschaft gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und einen hohen Schutzstandard gegen irre- führende und unlautere Werbung zu sichern. Dazu soll schon Anfang nächsten Jahres eine Expertengruppe beim BMJ einberufen werden, die entsprechende Lösungsvor- schläge erarbeitet. Trotz etlicher Unzulänglichkeiten und der in einigen Punkten sehr oberflächlichen Begründung des Gesetzent- wurfs darf ich Ihnen, meine Damen und Herren von der F.D.P-Fraktion, für Ihre Initiative danken. Die Bundesre- gierung fühlt sich dadurch in ihrem Vorhaben bestärkt und ermutigt. Sie wird die Reform fortsetzen und zu einem für Wirtschaft und Verbraucher guten Ergebnis führen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts zu den Anträgen: – Sicherung der außeruniversitären interdiszi- plinären Grundlagenforschung in der Infor- mations- und Kommunikationstechnik; – Keine Fusion des GMD-Forschungszentrums für Informationstechnik und der Fraunhofer- Gesellschaft (FhG) zulasten der IuK-Grundla- genforschung (Tagesordnungspunkt 15) Jörg Tauss (SPD): Erneut debattieren wir heute im Deutschen Bundestag die beabsichtigte Fusion von GMD und FhG. Erfreulicherweise hat sich gegenüber unserer letzten Debatte der Nebel etwas gelichtet. Die Modera- toren haben den Kurs des Bundesministeriums für Bil- dung und Forschung und der beiden betroffenen Einrich- tungen bestätigt. Jetzt kommt es deshalb darauf an, die Debatten zu versachlichen. Zum Teil geistern, zumal bei der GMD, wirkliche Horrorannahmen über die Folgen der beschlossenen Fusion durch die Gänge, Flure oder gar durch die Presse. Deshalb war es gut, dass Herr Staatsse- kretär Catenhusen hier nochmals die Dinge zurecht- gerückt hat. Ich hoffe, dass künftig auf dieser Grundlage die Debatte weitergeführt und die Fusion vollzogen wer- den wird. Ich hoffe sehr, dass dies jetzt möglich ist. Wenn aber weiterhin Befürchtungen geschürt werden, dass die Grundlagenforschung gefährdet und die Arbeitsplätze in allen Bereichen der GMD gefährdet seien, laufen wir tatsächlich Gefahr, dass der Fusion ein irreparabler Scha- den droht. Wir wollen – in sozialer Verantwortung für die Beschäftigten und in der forschungspolitischen Zielset- zung des Bundes – mit der Fusion den Wissenschafts- standort Deutschland und hier vor allem die Informatik in Deutschland stärken. Bei einem Gespräch mit dem Präsidenten der DFG fragte ich diese Woche nach den Stärken der deutschen Forschungslandschaft. Es fielen ihm viele wichtige und interessante Bereiche ein. Die Informatik gehörte nicht dazu, wenngleich wir durch die Initiativen der neuen Bun- desregierung sicher auf einem guten Weg sind. Diesen Weg wollen wir weitergehen, damit sich an diesem Zu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012926 (C) (D) (A) (B) stand etwas ändert. Sowohl grundlagen- als auch anwen- dungsbezogen müssen wir eine unglaubliche Aufholjagd bestehen. Hierzu bedarf es einer Bündelung der Stärken beider Einrichtungen und der Sachkompetenz aller Beschäftigten an ihrem jeweiligen Platz. Wir wollen auch künftig und vermehrt spin-offs der intelligenten jungen Leute aus GMD und FhG. Wir wollen dort auch künftig sichere Arbeitsplätze. Wir wollen die Fusion zum Erfolg führen: im Interesse von GMD und FhG und letztlich in unser aller Interesse. Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU): Herzlichen Glückwunsch, Ministerin Bulmahn! Herzlichen Glück- wunsch Staatssekretär Thomas! Gegen alle Widerstände aus Wissenschaft und Wirtschaft und vor allem der Be- troffenen haben Sie die Fusion von GMD und FhG auf den Weg gebracht. Ohne Rücksicht auf Verluste haben Sie die GMD dem vermeintlichen politischen Erfolg ge- opfert – nach dem Motto: „Augen zu und durch“. Sie ha- ben nur vergessen: Wer so handelt, handelt blind. Pleiten, Pech und Pannen – das passt zum Versuch der Forschungsministerin und ihres Staatssekretärs, eine Fu- sion gegen die Widerstände aller von oben zu verordnen. Zu den Pleiten: Sie haben im Ausschuss und auch in der Plenardebatte zur Einbringung des Antrages meiner Fraktion darauf verwiesen, dass alle Fachleute in den Auf- sichtsgremien für die Fusion gestimmt hätten. Jetzt muss- ten Sie feststellen: Die Vertreter von Wirtschaft, Wissen- schaft und Belegschaft, die in der Aufsichtsratssitzung der GMD im April 2000 noch zustimmten, sind Ihnen inzwi- schen von der Fahne gegangen. Eindeutiger konnte das Misstrauensvotum kaum ausfallen. Dickschädel haben sich gegen Fachleute und Betroffene durchgesetzt. Nicht mehr die partnerschaftliche Zusammenarbeit stand im Vordergrund, sondern die „feindliche Übergabe“ an die FhG. Zum Pech: Pech haben alle Bediensteten der GMD, de- nen man in geradezu unverschämter Weise unterstellte, es ginge ihnen nur um ihren Arbeitsplatz. Nur um ihren Ar- beitsplatz? Seit wann ist es bei ihnen oder in diesem Hau- se verpönt, um seinen Arbeitsplatz zu kämpfen? Aber darum ging und darum geht es nicht einmal. GMD-Pro- fessoren und ihre Mitarbeiter haben erst recht in Zeiten von Green-Card keine Angst um ihre Arbeitsplätze. Wenn Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit aber statt Grundlagenforschung kundenbestimmte Auftrags- forschung werden soll, können die Wissenschaftler auch in der Industrie anheuern und dort ein Vielfaches verdie- nen. Das werden sie jedoch nicht tun. Sie werden dorthin gehen, wo sie auch in Zukunft Grundlagenforschung be- treiben können. Sie sind damit zumindest für GMD und FhG, in einigen Fällen auch für den Standort Deutschland verloren. Pech hat damit auch die deutsche Forschungs- landschaft. Allen beschwichtigenden Erklärungen zum Trotz: Die Grundlagenforschung ist nach der Fusion nicht gesichert und angesichts der internationalen Konkurrenz zu den USAwird diese Politik langfristig nicht ohne Fol- gen bleiben. Die USA stocken ihre Mittel für die interdis- ziplinäre Grundlagenforschung auf dem IT-Sektor bis 2004 um jährlich 1,378 Milliarden US-Dollar auf. Zum gleichen Zeitraum verabschieden Sie sich weitestgehend aus der IT-Grundlagenforschung. Sie feiern die Green- Card für Computerexperten als Superlösung, treiben aber gleichzeitig führende Wissenschaftler ins Ausland. Ihre Politik hat eine abenteuerliche Logik! Zu den Pannen, und davon gab es im Fusionsprozess viele: Hoffnungsfroh hieß es am 29. September 1999 in der Pressemitteilung der Bundesforschungsministerin zur beabsichtigten Fusion von GMD und FhG: Es wird Aufgabe von Vorständen- und Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern sein, eine gemeinsame Unter- nehmensphilosophie und -identität zu entwickeln und zu etablieren. Die Verfahren und Abläufe beider Organisationen sollen in dieser Zeit harmonisiert werden. Von diesen Ankündigungen ist nichts übriggeblieben. Misstrauen und gegenseitige Vorwürfe, gepaart mit poli- tischem Druck seitens des BMBF, waren kennzeichnend für das weitere Fusionsverfahren. Um keine völlige Pleite zu erleben, sah sich das BMBF gezwungen, zwei externe Moderatoren einzuschalten, um den gordischen Knoten durchschlagen zu können. Die Fusion im Handstreich war gescheitert. Aber bereits bei der Auswahl der Moderatoren zeigte Staatssekretär Thomas mangelndes Fingerspitzengefühl. Es musste nicht sein, dass man mit Professor Sommerlatte einen alten Bekannten auswählte, mit dem man bereits 1969 in einer gemeinsamen Studiengruppe für System- forschung in Heidelberg war. So ist es kein Wunder, dass in den VDI-Nachrichten vom 3. November 2000 die Schlussfolgerung gezogen wurde: Der Eindruck drängt sich auf, dass das politische In- teresse auf die Erkenntnisse der Studie nicht ohne Einfluss geblieben ist. Aber auch der beste Moderatorenbericht bleibt nur Ma- kulatur, wenn die Koalition keine Bereitschaft zeigt, ihn umzusetzen. So scheint es Sie völlig kalt zu lassen, dass die zentralen Eckpunkte, die die Moderatoren als unab- dingbar für eine erfolgreiche Fusion herausgearbeitet ha- ben, keineswegs gesichert sind. Dazu drei Beispiele: Erstens. Als Ausgleich für aus- bleibende Mittel für Grundlagenforschung soll das Pro- jekt „Leben und Arbeiten in einer vernetzten Welt“ ge- startet werden, das mit zusätzlich 70 Millionen DM vom Bund und mit 7 Millionen DM von den Sitzländern fi- nanziert werden soll. Die Mittel sind – zumindest erkenn- bar – in der Finanzplanung des Bundes nicht enthalten. Bisher handelt es sich bei diesem Projekt um eine Luft- buchung, auf die sich die GMD nicht verlassen kann. Zweitens. Ähnlich verhält es sich bei der IT-Akademie, auch genannt Exellence-Center oder GMD-University. NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement hatte Ende August 2000 in seiner Regierungserklärung die Errich- tung der IT-Akademie angekündigt. Ausgleichsmittel in Höhe von 110 Millionen DM aus den Ausgleichsmitteln für den Regierungsumzug seien sicher, der Bund werde die Akademie unterstützen. Staatssekretär Thomas si- cherte noch anlässlich der Schlosstage der GMD in Sankt Augustin massive Hilfe durch den Bund zu. Zahlen in ei- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12927 (C) (D) (A) (B) ner Größenordnung von 25 Millionen DM pro Jahr wur- den genannt. In den Haushaltsberatungen kein Wort mehr davon! Ein Antrag der Union in Höhe von 25 Millionen DM im Ausschuss für Bildung und Forschung wurde abgelehnt, stattdessen war die Koalition bereit, gerade einmal 5 Mil- lionen DM zur Verfügung zu stellen und dies auch noch unter dem Titel „Virtuelles Studium und virtuelle Hoch- schulprojekte“. Im Übrigen wurden die Stadt Bonn und ihre Nachbarn mit diesem Thema noch nicht befasst. We- der gibt es einen entsprechenden Beschluss der Stadt Bonn noch den notwendigen Beschluss des Koordinie- rungsausschusses. Die Koalition befindet sich zurzeit offenbar in einem Diätkurs. Mit diesen „massiven Hilfen“ schaffen sie noch nicht einmal die Lightversion eines Excellence-Centers. Drittens. Die Finanzfragen sind die offene Flanke im gesamten Fusionsverfahren. Erklären Sie doch den Insti- tutsleitern, mit welcher finanziellen Unterstützung sie in den nächsten Jahren rechnen können! Bis heute ist unge- klärt, mit welchem Verteilungsschlüssel von Grundfinan- zierung und Drittmittelfinanzierung die GMD-Institute in die Fusion gehen sollen. Aufgrund der gemachten Erfahrungen kann ich alle In- stitute der Helmholtz-Gesellschaft und der Blauen Liste nur warnen: Wenn ein Mitglied dieser Bundesregierung zu Ihnen kommt und eine Fusion vorschlägt, werfen Sie ihn sofort raus! Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass von Ih- rer Einrichtung nichts übrig bleibt. Dass die SPD den Kurs ihrer Ministerin stützte bzw. stützen musste, um sie vor weiterem Schaden zu bewah- ren, ist klar. Aber warum tut es ihr Koalitionspartner? Während die SPD immer mit dem Kopf durch die Wand wollte, hatten die Grünen in Ausschussberatungen und auch bei der Plenardebatte im Mai 2000 Verständnis für die Sorgen der Mitarbeiter gezeigt. Dies schlägt sich auch in der Beschlussempfehlung des Ausschusses nieder, über den wir heute abstimmen. Da heißt es: Vonseiten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird betont, dass ein Konsens unter den Beteiligten eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen der Fusion sei. Ein Konsens unter den Beteiligten liegt nicht vor. Wenn Sie tatsächlich dieser Meinung sind, dann müssen Sie von den Grünen, die Beschlussempfehlung ablehnen und unseren Antrag annehmen. Bei den inzwischen fünfzehnmonatigen Fusionsver- handlungen bleibt ein fader Beigeschmack. Was hoff- nungsvoll begann, endet für die GMD im Desaster. Kritik wird in dieser Bundesregierung nur akzeptiert, wenn sie der eigenen Meinung entspricht. Wenn nicht, wird die Sa- che durchgezogen – „basta“. Sie wollten eine Revolution in der IT-Forschungslandschaft, das haben Sie erreicht: Die Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter sind auf den Barrikaden. Und so müssen Sie sich nicht wundern, wenn in dem bereits zitierten Artikel der VDI-Nachrichten fol- gendes Fazit aus der Fusion gezogen wird: Forschungsministerin Edelgard Bulmahn und ihr Staatssekretär Uwe Thomas werden den so oft be- klagten Brain Drain mit der Fusion nicht bremsen, sondern eher ankurbeln. Und die Gesellschaft für In- formatik e. V. warnt schon heute, dass die Stellung der deutschen Informatik- Grundlagenforschung im internationalen Vergleich katastrophal ist. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Die Bundesforschungsministerin hat durch ihre Politik einen bleibenden Schaden für die deutsche Forschungs- landschaft hinterlassen. Dafür kann Sie keinen Applaus von unserer Seite erwarten. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte die Oppositionsfraktionen von CDU/CSU und FDP daran erinnern, dass sie 16 Jahre Zeit hatten, die For- schungsstruktur in der Informationstechnologie zu orga- nisieren. Statt Forschungsmittel zu kürzen, hätten sie sich besser um die Verbesserung der Forschungsstrukturen gekümmert! Die GMD und FhG hatten letzten Herbst beschlossen zu fusionieren, um gemeinsame Synergien zu erschließen. Dieser Beschluss wird jetzt trotz einiger Irrungen und Wirrungen umgesetzt werden. Die wiederholten Er- höhungen der Haushaltsmittel für die Informations- und Kommunikationstechnologie durch Rot-Grün dürften dazu beitragen, den Fusionsprozess zu erleichtern. Nach der erfolgten Einschaltung der Moderatoren und den mittlerweile erfolgten Fusionsbeschlüssen der Auf- sichtsräte gilt es nun nach vorne zu blicken: An die FhG möchte ich appellieren, die berechtigten Interessen der FhG im weiteren Verlauf der Fusion zu berücksichtigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GMD sollten noch einmal allen Mut zusammenfassen und die Fusion offensiv angehen. Dort, wo die Stärken der GMD liegen, soll sie diese in den Vordergrund stellen. Dort, wo bislang Schwächen lagen, soll sie dies als Chance sehen, gemein- sam mit der Fraunhofer-Gesellschaft auch hier Stärken zu entwickeln. Dort, wo Verkrustungen entstanden sind, soll- ten diese in der Fusion aufgelöst werden. Auch sollte überlegt werden, die Vertreter der Betriebsräte in das Steering Commitee aufzunehmen. Dies würde sicher als vertrauensbildende Maßnahme aufgefasst werden. Es müssen zufriedenstellende Antworten gegeben wer- den, wie die Mitarbeiter in den Bereichen Verwaltung und Infrastruktur in die neue Struktur eingebunden werden. Es geht hier immerhin um 600 Mitarbeiter, für die baldmög- lichst ein Konzept vorgelegt werden sollte. Die Sicherung der Grundlagenforschung – was das be- rechtigte Anliegen der Opposition mit ihren Anträgen be- trifft – ist aus meiner Sicht mit dem Fusionsprozess mach- bar. Damit dies aber tatsächlich umfassend gelingt, scheinen aus meiner Sicht vor allem zwei Punkte von großer Bedeutung: Erstens sollte das Finanzierungskon- zept eine Vollfinanzierung für grundlagennahe For- schungsprojekte vorsehen. Konkret heißt dies, dass EU-Projekte aus dem Bereich der Grundlagenforschung durch das Bundesforschungsministerium kofinanziert werden. Zweitens sollte das 40-Prozent-Modell der FhG flexibel gehandhabt werden. Das heißt, dass zum Beispiel Veröffentlichungen in der Evaluierung berücksichtigt werden müssen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012928 (C) (D) (A) (B) Doch auch außerhalb des direkten Forschungsbereichs nimmt die GMD wichtige Funktionen wahr, die in der FhG erhalten bleiben sollten. So arbeitet die GMD in in- ternationalen Organisationen mit, die die künftigen Stan- dards für Internet und Multimedia definieren. Zum Bei- spiel stellt sie das deutsche Büro des World Wide Web Consortiums sowie das deutsche Büro und den Vorsitz der Internet Society. Die GMD nahm darüber hinaus bislang wichtige Aufgaben in der Ausbildung wahr. Diese Funk- tion wird dann weiterhin ausgefüllt werden, wenn eine institutionelle Förderung vorhanden ist, die über das hi- nausgeht, was rein anwendungsorientierten Einrichtun- gen zur Verfügung steht. Zum Abschluss möchte ich noch einmal betonen, warum ich diese Vorgehensweise für die richtige halte. Sowohl bei GMD als auch bei FhG handelt es sich um in- ternational anerkannte Forschungseinrichtungen, die das Potenzial dazu haben, eine ganz bedeutende Rolle in die- sem Zukunftssektor einzunehmen. Dies wird gelingen, wenn beide Partner ihre Stärken erfolgreich einbringen und miteinander verbinden. Damit dies gelingen kann, muss der Grundlagenforschung der Rücken gestärkt wer- den. In diesem Zusammenhang möchte ich auch daran er- innern, dass der Staat sich vor allem dort engagieren sollte, wo der Markt wichtige Funktionen nicht erfüllen kann wie in der Vorlaufforschung. Bündnis 90/Die Grünen würden sich freuen, wenn der Fusionsprozess auch dazu genutzt werden würde, die For- schungsgesellschaften stärker auf gesellschaftliche Be- dürfnisse auszurichten. Hierzu gehört vor allem eine zu- kunftsfähige Entwicklung der Gesellschaft sowie der Erhalt und die Verbesserung der natürlichen Lebensbe- dingungen. Ulrike Flach (F.D.P.): Der Zusammenschluss des GMD-Forschungszentrums für Informationstechnik und der Fraunhofer-Gesellschaft sollte eine Kompetenzbün- delung beider Einrichtungen auf dem Gebiet der IuK- Technologien bringen. Europas größte IuK-Forschungs- organisation sollte geschaffen werden. Auch die F.D.P. unterstützt dieses Ziel. Bei dem Fusionsplan herausgekommen ist der Eindruck einer feindlichen Übernahme. Die gegenwärtig durch das BMBF betriebene Verschmelzung, faktisch ein Aufgehen der GMD in der FhG, führt nach Meinung vieler Wissen- schaftler dazu, dass die IuK-Grundlagenforschung der GMD bedeutend geschwächt wird. Die beiden For- schungseinrichtungen sind in ihrer wirtschaftlichen Orga- nisation sehr unterschiedlich. Würde man die GMD zur Ei- genmittelerwirtschaftung nach dem FhG-Modell zwingen, würde man viele Forschungsräume beschränken. Ich will aus Zeitgründen nicht auf die intensiven, auch persönlichen Auseinandersetzungen eingehen, die seit dem Fusionsbeschluss am 29. September letzten Jahres gelaufen sind. Vieles liegt auch im atmosphärischen Be- reich, und leider hat die Bundesministerin nicht zur Ent- spannung der Lage beigetragen. Sie, Frau Bulmahn, ha- ben am 30. März in einem Schreiben an die Belegschaft der GMD gesagt: „Die Umsetzung der Fusion muss sorg- fältig vorbereitet werden, und zwar unter Bedingungen, die von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der GMD und der FhG breit mitgetragen werden.“ Diesen Anspruch erfüllt der Fusionsplan nicht. Hier wurde in wenigen Monaten ein Fusionsplan ent- wickelt, der von der großen Mehrzahl der Wissenschaft- ler der GMD nicht mitgetragen wird. Die System-Evalua- tion der HGF durch den Wissenschaftsrat wurde nicht abgewartet. Vom Standort Birlinghoven hören wir, dass es zu ersten Kündigungen gekommen ist. Leute, die Alter- nativen haben, orientieren sich weg von der GMD in die USA. Das kann doch nicht das Ergebnis sein! Brain Drain durch Versagen der Politik! Das würde nicht dazu führen, dass unsere Forschungseinrichtungen gestärkt, dass Cen- ters of Excellence gebildet werden. Die F.D.P. unterstützt die Anträge von Union und PDS, denn wir sind uns in den Zielen einig: Die interdiszi- plinäre Grundlagenforschung muss auch nach der Fusion ein wesentliches und umfassend gefördertes Forschungs- ziel bleiben; wenn keine Übereinstimmung zur Sicherung der Grundlagenforschung zu erzielen ist, ist als letzte Konsequenz auf die Fusion zu verzichten. Der Vertreter des BMBF in der Gesellschafterversammlung der GMD soll in diesem Fall einer Fusion nicht zustimmen. Ich werde am 27. November zur Betriebsversammlung der GMD hier in Berlin gehen. Ich würde mich freuen, wenn wir unsere Argumente nicht nur hier im Haus, son- dern auch mit den Betroffenen vor Ort austauschen wür- den. Mitte Dezember werden die BLK und die Gesell- schafterversammlung der GMD über die Fusion beraten. Es ist also noch ein Monat Zeit für Verbesserungen, den Sie, Frau Ministerin, intensiv nutzen sollten. Wir brau- chen einen Zusammenschluss mit Genuss, aber keine Fusion ohne Vision. Maritta Böttcher (PDS):Was hier passiert ist, ist ein Desaster. Unter dem Vorwand, das GMD-Forschungs- zentrum für Informationstechnik und die Fraunhofer- Gesellschaft zu der größten IuK-Forschungsorganisation in Europa verschmelzen zu wollen, hat die Bundes- forschungsministerin Edelgard Bulmahn viel Porzellan zerschlagen: Wo einst von beiden Seiten interessierte Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter die neue Forschungsgesellschaft be- grüßten, laufen der GMD nun die hoch qualifizierten Mit- arbeiter davon. Wo die GMD auf solide IuK-Grundlagenforschung verweisen konnte, stellt sich heute ernstlich die Frage, ob die Finanzierung der Grundlagenforschung mittelfristig in der neuen FhG zu halten ist. Wo bisher eine demokratische Mitbestimmung der Mitarbeiter und der Institutsleiter in einem Wissenschaft- lich-Technischen Rat bestand, wird sie durch den Mehr- heitsgesellschafter Bund mit Zustimmung der Aufsichts- räte durch eine Vorgabe der Themen und Lösungsansätze durch „Zuwender“-Gremien und Ministerium ersetzt. Nicht einmal die Aufsichtsräte vom Bertelsmann-Kon- zern und von der Telekom haben der Fusion zugestimmt. Der Wissenschaftlich-Technische Rat bleibt in den offizi- ellen Papieren unerwähnt und jeder muss davon ausge- hen, dass eine demokratische Mitbestimmung der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12929 (C) (D) (A) (B) Beschäftigten in einer neuen Fraunhofer-Gesellschaft nicht gewollt ist. Der von der Bundesregierung vorgelegte Moderato- renvorschlag zur inhaltlichen, strukturellen und finanziel- len Realisierung der Fusion ist mit heißer Nadel gestrickt. Das Gefälligkeitsgutachten räumte Widersprüche nicht aus. Unstrittig ist, dass die Forschung und die Entwicklung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikations- technologien eines der strategisch wichtigen Zukunftsfel- der dieses Jahrhunderts ist. Dass hier ein riesengroßer Be- darf an gut ausgebildeten Fachkräften besteht, hat ja Ihre misslungene Green-Card-Lösung bereits gezeigt. Warum aber graben Sie mit der Verschmelzung von GMD und FhG einer kontinuierlichen IuK-Grundlagen- forschung mittelfristig das Wasser ab, obwohl sie das Fundament der IuK-Forschung ist? Warum unterstützen Sie nicht die herkömmlichen Formen der Aus- und Fort- bildung von Diplomandinnen und Diplomanden sowie Doktorandinnen und Doktoranden in den Forschungsin- stituten selbst? Hier sind Arbeit und Lernen verflochten. Eine Art „Turbo-Uni“ bzw. ein „Center of Excellence“, in dem die Studentinnen und Studenten schmalspurig auf dem IT-Gebiet ausgebildet werden und von Anfang an im Praktikum bei neuen Instituten der FhG stehen, ist kein Ersatz. Es erweckt eher den Anschein, als ob die studen- tische Ausbildung einer wirtschaftlich motivierten Aus- nutzung des Goldes in den Köpfen der Studierenden be- reits ab dem ersten Semester geopfert wird. Warum haben Sie keine Lösung favorisiert, die es ausgezeichnet quali- fizierten jungen Leuten – auch Frauen – auf dem Gebiet der IuK-Technologien ein Ansporn ist, in einer neuen FhG mitzuarbeiten? Inzwischen ist eine überstürzte Fusion zwischen dem GMD Forschungszentrum für Informationstechnik und der Fraunhofer-Gesellschaft beschlossene Sache, obwohl Staatssekretär Lange sich skeptisch zeigt, ob die juristi- schen Feinheiten bis zum 1. Januar 2001 ausgearbeitet werden können. Die PDS-Bundestagsfraktion wird heute dem Antrag der CDU/CSU zum Erhalt der InK-Grundlagenforschung zustimmen. Die CDU/CSU hat in diesem Fall den wun- den Punkt getroffen. Ebenso wie wir ist sie nicht der Mei- nung, dass durch die Art und Weise sowie die Konditio- nen dieser Fusion tatsächlich ein solider Erhalt der InK-Grundlagenforschung gewährleistet ist, auch wenn nach mündlicher Bekundung von Staatssekretär Uwe Thomas die Grundfinanzierung in der Substanz zunächst fünf Jahre nicht angegriffen werden soll. Die Zitterpartie um die IuK-Grundlagenforschung steht völlig im Gegen- satz zu den Feststellungen in der Studie „Wissens- und Technologietransfer in Deutschland.“ Dort wird ausge- führt: Wesentlich für die Leistung der Institute ist es aller- dings, über grundfinanzierte Vorlaufforschung und Projekte für öffentliche Auftraggeber eine ausrei- chende Kompetenz aufzubauen, um fortlaufend auf neue Entwicklung der Forschung reagieren zu kön- nen. Eine adäquate Balance zwischen kurzfristiger und langfristiger Forschung ist eine wesentliche He- rausforderung der Fraunhofer-Institute. Auch von den Forderungen unseres Antrages ist übri- gens fast nichts berücksichtigt. Statt dessen werden zwei Drittel der in der GMD-Forschenden selbst gezwungen, Fördermittel bei ohnehin stark umkämpften Fördertöpfen der Industrie, der EU und der Länder einzutreiben; 600 Ar- beitsplätze in der Verwaltung und den zentralen Diensten gefährdet, da für diese Beschäftigten kein schlüssiges Konzept vorliegt; die Forschung noch unmittelbarer nach wirtschaftlichen Maßgaben und zu Zwecken der Wirt- schaft organisiert. Wir meinen: Die Zukunftsentscheidungen für die Ge- sellschaft dürfen nicht vorrangig in Industrielabors und Konzernetagen gefällt werden. Eine Umsteuerung der staatlichen Forschungs- und Technologiepolitik ist not- wendig, die gesellschaftliche Zielvorstellungen im öko- nomischen und ökologischen Bereich in einem demokra- tischen Prozess entwickelt, formuliert und umsetzt. Dies setzt eine Forschungspolitik voraus, die vom einseitigen industriepolitischen Interesse unabhängig ist und den langfristigen gesellschaftlichen Bedarf im Sinne ökologi- scher, sozialer und ökonomischer Zukunftsvorsorge berücksichtigt. Und das heißt auch Übernahme von Ver- antwortung für die Gestaltung der natürlichen Existenz- voraussetzungen und Ressourcen sowie die Erhaltung des Wissens- und Qualifikationsniveaus. Durch eine entspre- chende Schwerpunktsetzung muss ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen technischem Neuerungs- und gesell- schaftlichem Vorsorgewissen geschaffen werden. Nur so kann der Staat seine Aufgabe wahrnehmen, die gesamtge- sellschaftlichen Interessen über die Einzelinteressen zu stellen. Von diesen Vorstellungen haben wir uns mit der Fusion von GMD und FhG als dem Auftakt der Neugestaltung der Forschungslandschaft gerade ein Stück entfernt. Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Infor- mations- und Kommunikationstechnologien haben in der Bildungs- und Forschungspolitik der Bundesregierung Priorität. Mit dem Aktionsprogramm „Innovation und Ar- beitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahr- hunderts“ hat die Bundesregierung ein Rahmenkonzept vorgelegt, das alle Politikfelder umfasst, insbesondere neue Weichen in der Bildungs- und Forschungspolitik stellt und alle gesellschaftlichen Gruppen zur Mitarbeit aufruft. In diesem Jahr stellt das Bundesministerium für Bil- dung und Forschung circa 1,2 Milliarden DM für die Weiterentwicklung, Nutzung und Verbreitung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zur Ver- fügung. Das sind etwa 5 Prozent mehr als im letzten Jahr. Seit dem Regierungswechsel im Jahr 1998 haben wir den Mittelaufwuchs in diesem Förderbereich sogar um über 14 Prozent gesteigert. Ähnlich hohe Steigerungen wie in diesem Jahr werden in den nächsten Jahren erfolgen. Und bei der Verwendung der Haushaltsmehreinnahmen in- folge der Zinseinsparungen durch die Schuldentilgung werden wir hier ebenfalls einen Schwerpunkt setzen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012930 (C) (D) (A) (B) In Hochtechnologiefeldern wie der Informations- und Kommunikationstechnik ist die enge Verbindung von Forschung und Anwendung ausschlaggebend für den Er- folg am Markt und damit für wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze. Die Fusion der Fraunhofer-Ge- sellschaft mit dem GMD-Forschungszentrum Informati- onstechnik ist das zentrale Instrument, um die deutsche IuK-Forschung zu profilieren und international in eine herausragende Position zu bringen. Die Bundesregierung hat diesen Aufbruch angestoßen, um wertvolle Kapazitä- ten auszubauen und Synergien zu nutzen. Mit der Zusam- menführung wird eine strategische Orientierung und deutliche Stärkung der Forschung auf diesem Gebiet er- reicht. Das von den Moderatoren Dr. Tom Sommerlatte, von Arthur D. Litte und Prof. Arnold Picot vom Institut für Or- ganisation der Universität München vorgelegte Konzept für die Fusion von FhG und GMD ist für die Bundesre- gierung eine Bestätigung ihres Ansatzes. Im einzelnen ist Folgendes vorgesehen: Kernstück ist die Einrichtung einer IuK-Gruppe, in der die Institute der GMD und die IuK-Institute der FhG zusammengefasst werden. Damit werden sowohl auf der Ebene der For- schungsstrategie als auch auf der Ebene der Finanzierung die Grundlagen für die Fusion geschaffen. Die Strategie für die Vorlaufforschung wird auf Gruppenebene ent- wickelt und umgesetzt. Im Hinblick auf die Ertragsleis- tungen wird nicht jedes Institut einzeln, sondern die Gruppe als Ganzes betrachtet. 60 Prozent Erträge sind das Gruppenziel. Und dabei werden sämtliche Erträge, das heißt eingeworbene Wirtschaftserträge und öffentliche Projektförderung und nicht nur die Wirtschaftserträge, be- trachtet. Das Budget der Gruppe besteht aus Grundfinan- zierung und Erträgen der GMD, Grundfinanzierung und Erträgen der IuK-Institute der FhG sowie aus zusätzlich bereitzustellenden Mitteln der Projektförderung. Auch die Elemente, die für die künftige Entwicklung der erweiterten FhG von entscheidender Bedeutung sein werden, finden in dem Konzept Berücksichtigung. Zur frühzeitigen Positionierung in zukünftig bedeutenden Technologiefeldern muss die FhG gezielt in eigener Ver- antwortung Vorlaufforschung betreiben. Mit der Fusion wird die Vorlaufforschung in der erweiterten FhG gestärkt und fester verankert. Daneben ist der Ausbau der Aus- gründungsaktivitäten sowie das Einwerben von EU-Mit- teln in größerem Umfang als bisher notwendig. Auch hier werden sich durch das Zusammengehen von FhG und GMD ganz neue Chancen bieten. Es ist offenkundig, dass für diese Aufgaben ausrei- chend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen müssen. Und ich versichere Ihnen, dass das BMBF dafür sorgen wird. Wir werden in den nächsten 5 Jahren jährlich zu- sätzliche Projektmittel für die IuK-Forschung in der FhG bereitstellen. Darüber hinaus werden wir auch die institu- tionelle Förderung der erweiterten FhG deutlich anheben. Das vorliegende Konzept ist tragfähig und überzeu- gend. Die Forschungskapazitäten von Bund und Ländern im IuK-Bereich werden dabei mit rund 400 Millionen DM gebündelt. Es entsteht ein Forschungsbereich, der den künftigen Anforderungen an die moderne Informations- gesellschaft Rechnung trägt. Das Konzept verbindet – und das kann niemand von der Hand weisen – Stärken und Kompetenzen beider Einrichtungen miteinander. Das ist auf der einen Seite die konsequente Marktorientierung der FhG und auf der anderen Seite die Kompetenz der GMD in der Vorlaufforschung. Für beide Partner wird die Fu- sion zu einer Verbreiterung der wissenschaftlichen und technologischen Basis mit neuen Themen und einer er- weiterten Forschungsstruktur führen. Noch ein Wort zur Reformfähigkeit der deutschen For- schungsförderung. Die Bundesregierung hat mit der Fusion von GMD und FhG gezeigt, dass die von anerkannten In- stitutionen – ich denke da auch an den Wissenschaftsrat – geforderte Flexibilität in der institutionellen Forschungs- förderung ein Stück weiterkommt. Wir überschreiten er- starrte institutionelle Grenzen. Aber es gibt auch ein festes Fundament für diese Strukturreform. Denn es gilt die Zu- sage des Bundes, dass es im Zusammenhang mit der Fusion nicht zu Entlassungen kommen wird. Sicher ist es für man- che unbequem, in Neuland aufzubrechen. Aber viele sind dazu bereit und wir werden sie dabei unterstützen. Die in den vergangenen Monaten verfolgten Ansätze für Kooperationen zwischen den Instituten beider Ein- richtungen sind bereits zahlreich und viel versprechend. Das BMBF hat einen Fonds von 30 Millionen DM unmit- telbar für Kooperationsprojekte zur Verfügung gestellt. Die ersten Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von über 20 Millionen DM laufen bereits. Und wir kommen zügig voran. Der Senat der FhG und der Aufsichtsrat der GMD haben der Fusion auf der Grundlage des Moderatorenkonzepts vor wenigen Tagen zugestimmt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die GMD die Chance nutzen und die neue FhG diesen Weg erfolg- reich gehen wird. Im Übrigen bereitet das BMBF zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen die Gründung einer IT-Akademie in Verbindung mit der GMD vor. Dafür sollen Mittel aus dem Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds, aus dem Zukunftsinvesti- tionsprogramm und aus Fachtiteln des BMBF-Haushalts zur Verfügung gestellt werden. Die Unkenrufe des Kollegen Lauser sind deshalb nichts anderes als eine gezielte Desin- formation der Öffentlichkeit. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – des Antrages: Transparenz und parlamenta- rische Kontrolle bei Rüstungsexporten; – derUnterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über ihre Exportpolitik für konventio- nelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüs- tungsexportbericht); – des Berichts: Keine Lieferung von Panzern und anderen Rüstungsgütern und Lizenzen an die Türkei (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Dr. Ditmar Staffelt (SPD): Mit großem Interesse habe ich die Forderung der PDS in ihrem Antrag nach mehr Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12931 (C) (D) (A) (B) Transparenz und parlamentarischer Kontrolle bei Rüs- tungsexporten zur Kenntnis genommen. Die PDS hat of- fensichtlich nicht mitbekommen, dass die Bundesregie- rung mit der Verabschiedung der „Politischen Grundsätze über den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs- tungsgütern“ erheblich zu einer verbesserten Transparenz der Rüstungsexportpolitik beigetragen hat. In diesen neuen Grundsätzen hat die Bundesregierung klar und eindeutig zusätzliche Richtlinien festgelegt, die nicht nur restriktiver sind, sondern auch zu wesentlich mehr Transparenz führen. Ich will der PDS daher an dieser Stelle noch einmal kurz die wichtigsten Punkte nennen: Erstens. Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Exportentscheidung von besonderer Bedeutung, un- abhängig davon, um welches Empfängerland es sich han- delt. Die Grundsätze gehen weit über diejenigen des EU- Verhaltenskodex hinaus, der sagt, dass erst bei einem eindeutigen Risiko keine Ausfuhrgenehmigung erteilt werden soll. Neben dem Menschenrechtskriterium wer- den ausdrücklich weitere Kriterien wie die nachhaltige Entwicklung sowie das Verhalten gegenüber der interna- tionalen Gemeinschaft berücksichtigt. Zweitens. Es wird klargestellt, dass bei NATO-, EU- und diesen gleichgestellten Ländern wie Schweiz oder Australien Genehmigungen die Regel sind und Ableh- nung die Ausnahme. Bei Drittstaaten sollen Genehmigun- gen wie bisher zurückhaltend erteilt werden. Drittens. Die Sicherstellung des Endverbleibs erhält ein größeres Gewicht als bisher. Viertens. Der EU-Verhaltenskodex wird zum integra- len Bestandteil der Grundsätze. Fünftens. Die Bundesregierung verpflichtet sich, jähr- lich dem Bundestag einen Rüstungsexportbericht über die Entwicklungen des jeweils abgelaufenen Kalenderjahres vorzulegen. Ich will den Kolleginnen und Kollegen von der PDS einmal aufzeigen, welche Konsequenzen ihre Forderun- gen hätten. Sie fordern eine Regelung, wonach vor der Entscheidung der Bundesregierung bzw. des Bundessi- cherheitsrates über die Ausfuhr von Rüstungsgütern die Auffassungen bestimmter Parlamentsausschüsse einzu- holen und zu berücksichtigen sind. Sie können doch wohl nicht im Ernst fordern, vor jeder Entscheidung ein derart langwieriges Verfahren in Gang zu setzen. Wer auch nur etwas von Wirtschaft versteht, der weiß, dass es bei inter- nationalen Ausschreibungen um Fristen, Verlässlichkeit und Vertraulichkeit geht. Diese wichtigen Voraussetzun- gen wären bei dem von ihnen vorgeschlagenen Verfahren nicht gegeben. Im Gegenteil: Ein solches Verfahren würde die deutschen Anbieter zu einer völligen Offenle- gung ihrer Geschäftsvorhaben zwingen, wovon andere Wettbewerber aus dem In- und Ausland profitieren wür- den. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen kommen bei dem Antrag der PDS über- haupt nicht zu Worte. Unter den von der PDS vorgeschla- genen Bedingungen braucht sich ein deutsches Unterneh- men wegen Aussichtslosigkeit erst gar nicht mehr an internationalen Rüstungsexportausschreibungen beteili- gen. Von daher sollte die PDS doch besser gleich sagen, was sie wirklich will, nämlich die Verhinderung deutscher Rüstungsexporte und damit die Abschaffung der deut- schen Rüstungswirtschaft schlechthin. Die Bundesregierung hat mit den neuen Richtlinien eine optimale Balance bei diesem sicher nicht einfachen Thema gefunden. Mit den neuen Richtlinien ist es gelun- gen, das Verfahren bei den Rüstungsexporten an zusätzli- che politische Kriterien anzupassen und dabei die Wett- bewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft aufrecht zu halten. Die Richtlinien haben sich schon jetzt bewährt: Mehr Transparenz und klare Kriterien sind ein guter Ver- trauensschutz für die deutsche Wirtschaft auch hinsicht- lich der Kooperationsfähigkeit der deutschen Unterneh- men in einer stark zusammenwachsenden internationalen Rüstungswirtschaft. Die Entscheidungen über Exportvorhaben werden maßgeblich unter außen-, sicherheits- und bündnispoliti- schen Interessen, unter Beachtung der Menschenrechte, aber auch unter Beachtung der ökonomischen Interessen getroffen. Bei Ausfuhrvorhaben, die im Hinblick auf das Empfängerland oder das Rüstungsgut von besonderer Be- deutung sind, wird der Bundessicherheitsrat befasst. Zu- sätzlich zu den bisher in diesem Gremium vertretenen Ressorts nimmt nun auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hieran teil, um besonde- ren entwicklungspolitischen Aspekten Rechnung zu tra- gen. Ich will es noch einmal sagen: Mit den neuen Leitli- nien aus diesem Jahr lässt es sich gut arbeiten. Für weitere Verfahrensänderungen sehe ich keinen Handlungsbedarf. Wir lehnen daher die beiden Anträge der PDS ab. Zum Rüstungsexportbericht will ich mich hier nicht ausführlich äußern. Er liegt allen vor. Darin wird in aller Offenheit das deutsche Kontrollsystem für Rüstungsgü- ter, die Auswirkungen von Abrüstungsvereinbarungen auf die Exportkontrolle, die deutsche Rüstungsexportkon- trollpolitik im multilateralen Rahmen sowie die Exporte von Rüstungsgütern im Jahr 1999 dargestellt. In puncto Transparenz sind wir mit dem Rüstungsbericht im inter- nationalen Vergleich absolute Spitze. Ich empfehle der PDS diese spannende Lektüre. Erich G. Fritz (CDU/CSU): Dass die Debatte über die Rüstungsexportpolitik der rot-grünen Bundesregierung zu dieser Tageszeit stattfindet zeigt, dass diese Regierung in Fragen der Rüstungsexportpolitik keine überzeugende Figur macht. Früher hätten SPD und Grüne dafür gesorgt, dass diese Debatte an herausragender Stelle platziert wor- den wäre. Das Bild der Koalition ist geprägt von Schein- heiligkeiten und Inkonsequenz. Sie ist kurzsichtig, kaum europatauglich, industriepolitisch falsch und nimmt keine Rücksicht auf die Bündnisfähigkeit Deutschlands. Die Auseinandersetzungen um die Lieferung eines Leopard-Panzers zu Erprobungszwecken, die Diskussion um die spätere Lieferung auf der einen Seite und die Zu- stimmung zur Lieferung der Munitionsfabrik auf der an- deren zeigen ein verwirrendes Bild und übertünchen doch nur, dass diese Regierung in größtem Umfang Waffen je- der Art an die Türkei liefert. Der vorgelegte Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für das Jahr 1999 zeigt das ganze Dilemma der Regierung: Es ist ein Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012932 (C) (D) (A) (B) Dokument, das sowohl die Grünen durch die geänderten rüstungspolitischen Grundsätze beruhigen soll als auch der Regierung einigermaßen die Handlungsfähigkeit im Rüstungsexport erhalten soll. Richtigerweise bezeichnet laut „taz“ ein internes grü- nes Papier ja dann auch die neuen rüstungspolitischen Grundsätze als „Placebo für die grüne Seele, das im Här- tetest der Koalition nicht greift“. Im Ausland wird diese Politik zunehmend als Sonder- weg angesehen, was unserer Bündnisfähigkeit und unse- rem Ziel, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa zu erreichen, nicht förderlich ist. Entsprechend schlecht sind die Noten für die Bundesregierung in der Rüstungsexportpolitik von allen Seiten. Die Rüstungswirtschaft sorgt sich um ihre Kooperati- onsfähigkeit. Die deutschen Unternehmen sind durch die neuen exportpolitischen Grundsätze als Partner für andere Unternehmen in der Gemeinschaft nicht attraktiver ge- worden. Die Ausrede der Regierung, man könne eine Be- hinderung von Kooperationen nicht feststellen, entlarvt sich selbst: Etwas, was gar nicht mehr stattfindet, kann man auch nicht feststellen. Die Betriebsräte, mit denen sich die SPD mal wieder unterhalten sollte, wissen ein Lied von den Konsequenzen zu singen. Besonders problematisch ist die neue Endverbleibsre- gelung bei Komponentenlieferung. Diese ist bei Direkt- export selbstverständlich nötig. Bei Zulieferung dem Partner aber vorschreiben zu wollen, wohin er exportieren darf, ist falsch. Das kann man nur über gemeinsame Re- geln steuern, aber nicht auf diesem Wege. Das Ergebnis ist, dass deutsche Unternehmen gar nicht mehr als Partner infrage kommen. Da haben sie völlig außer Acht gelassen, dass man Regeln verlässlich gestalten und Folgewirkun- gen vorher bedenken muss. Auf der anderen Seite wird auch Ihr Anspruch einer wirklich neuen Politik nicht erfüllt. Mit Recht verbreitet das Kasseler Friedensforum in einer Stellungnahme die Aussage: „Die Regierung genehmigt fast alles.“ Die Aus- rede, 1999 habe es noch keine veränderte Beschlusslage der Bundesregierung gegeben, zählt nicht, denn zu dieser Zeit war der europäische Verhaltenskodex vom 8. Juni 1998 nach Aussage der Bundesregierung bereits Grund- lage ihrer Politik und sie behauptet ja selbst, ihre Grundsätze seien nichts anderes als eine Übertragung dieses europä- ischen Kodex in das deutsche Regelwerk. Es ist schon erstaunlich, wenn man sich an frühere De- batten erinnert, in welche Länder die Bundesregierung mit Zustimmung der Grünen Waffenexporte genehmigt hat. Ich hätte Lust sie alle aufzuzählen. Es ist eine Liste, die von Albanien, Algerien, Aserbaidschan über Bangla- desch, Weißrussland, Botswana, Burkina-Faso, Gabun, Ghana, Indonesien, Libanon, Nepal, Nigeria bis Pakistan, Philippinen, Sambia, Simbabwe, Uganda und Usbekistan reicht. Die Konsequenz ist, dass ihre Politik ohne jede Glaubwürdigkeit dasteht und der Unterschied zwischen einer hohen öffentlich dargestellten Moral auf der einen Seite und der politischen Praxis auf der anderen Seite of- fensichtlich ist. Es wäre viel besser, diese Regierung würde sich zu dem einfachen Sachverhalt öffentlich er- klären, dass Rüstungsexport eine schwierige Angelegen- heit ist und zwar unabhängig davon, was man in den Grundsätzen niedergelegt hat, dass in jedem Fall die Ab- wägung schwierig ist, müssen doch in jedem Einzelfall sowohl außen- und sicherheitspolitische Erwägungen an- gestellt werden als auch die Sicherheitsinteressen des Empfängerlandes gebührend gewürdigt werden. Niemand bestreitet, dass in diese Abwägungsprozesse auch Menschenrechtsfragen, entwicklungspolitische Fra- gen, Fragen der politischen Kooperation, strategische Langfristüberlegungen der Einflussmöglichkeiten in be- stimmten Ländern, aber auch wirtschafts- und technolo- giepolitische, bündnis- und europapolitische und sicher noch weitere Fragen eingehen. Der Öffentlichkeit weis- zumachen, es gäbe sozusagen wenige exklusiv entschei- dende Kriterien, ist nichts anderes als Populismus. Das hat zum Beispiel auch der Vorsitzende des Aus- wärtigen Ausschusses, Hans-Ulrich Klose, erkannt, als er kürzlich erklärte, er hielte den Begriff der Menschen- rechte für zu unscharf, um ihn im sensiblen Bereich der Rüstungsexporte als Kriterium gelten zu lassen. Er wäre sicher nicht so weit gegangen wie die SPD-Verteidi- gungspolitikerin Frau Wohlleben, die vor wenigen Wo- chen einen Gastkommentar in der „Welt“ mit der Über- schrift „Rüstungsexport ist gut“ veröffentlicht hat. Aber Frau Wohlleben hat Recht, wenn sie darauf hinweist, dass die wehrtechnische Industrie in einem klassischen Sinne eine strategische Industriesparte ist und dass man sorgsam damit umgehen muss, wenn man auf Dauer im Konzert der europäischen Länder und innerhalb der NATO seinen technologischen und politischen Einfluss nicht verlieren will. Für die CDU/CSU sind die Grundlagen der Rüstungs- exportpolitik eindeutig. Eine verantwortungsvolle Rüs- tungsexportkontrolle muss sich einem differenzierten Abwägungsprozess stellen. Vorrang einer Rüstungsexport politik muss die gemeinsame europäische Politik und dür- fen nicht nationale Sonderwege haben. Deutschland tut gut daran, intensiv dazu beizutragen, einen gemeinsamen Rüstungsmarkt in Europa und trans- nationale wirtschaftliche Strukturen in der Rüstungsin- dustrie zu entwickeln, um Kapazitäten in Europa anzu- passen und den Druck im Bezug auf die Exporte in die Entwicklungsländer zu verringern. Dazu gehören dann auch gemeinsame Exportregelungen. Wer sich auf Sonderwege – und würden sie auch nur durch andere so empfunden – einlässt, der verliert mit der Unfähigkeit gemeinsamer europäischer Entwicklungen wegen eingeschränkter Exportmöglichkeiten auch einen wichtigen Einfluss auf politische und strategische Über- legungen in Europa und der NATO und schadet damit der Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheits- politik. Es hat keinen Sinn, als Rot-Grün rhetorisch popu- listisch Positionen zu vertreten, die dann nicht einzuhal- ten sind, damit deutsche Einflusschancen zu verspielen und dennoch nicht an den Realitäten einer einheitlichen europäischen Politik vorbeizukommen. Gemeinsame eu- ropäische Regelungen statt des alten Zustandes mit erheb- lichen Überkapazitäten in Frankreich und Großbritannien wie auch auf einigen Sektoren in Deutschland verbessern Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12933 (C) (D) (A) (B) immer den europäischen Saldo. Darauf kommt es auch in Zukunft an. Die Bundesregierung wird mit ihrem jetzt gewählten Ansatz in einem Spagat bleiben, der die deutsche Position bei unseren Partnern unter den Generalverdacht mangeln- der Fähigkeit zur Zusammenarbeit stellt. Ein Mitarbeiter des Außenministers hat ja wohl – so war am 14. September in der „taz“ zu lesen – ein Papier verfasst, in dem die Wirkung Ihrer Politik als defensiv bis hilflos bezeichnet wird. In einem anderen Papier soll darüber nachgedacht wer- den, „ob auch Deutschland ... die Rüstungsexportpolitik gegenüber einzelnen Staaten als Instrument politischer Einflussnahme nutzt“; Rüstungsexport als Instrument konditionierter Interessenpolitik also! Man darf gespannt sein, was die Diskussion ergibt. Warten Sie nicht zu lange mit Entscheidungen, sonst ma- chen Sie die Bundesregierung handlungsunfähig. Die Regierung muss auch schnellstens ihr Verhältnis zum NATO-Partner Türkei klären, was Rüstungsexporte angeht. Es ist unerträglich, auf der einen Seite der Türkei den Status eines Beitrittskandidaten für die Europäische Union zu geben und die NATO-Mitgliedschaft der Türkei als wertvoll zu erklären, während der NATO-Partner Tür- kei auf der anderen Seite sozusagen in eine mindere Stufe der NATO-Mitgliedschaft abqualifiziert wird, wie Sie das mit Ihrer Rüstungsexportpolitik tun. Die CDU/CSU- Fraktion setzt auf gemeinsame europäische Lösungen und auf transparente Abwägungsprozesse, während der rot- grünen Koalition nichts anderes übrig bleibt, als weiter im Dunkeln zu munkeln. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vor genau einem Jahr führten wir innerhalb der rot-grünen Koalition eine recht heftige Debatte über den berühmt-berüchtigten Testpanzer Leo 2 für die Türkei. Dieser Streit hatte ein konstruktives Ergebnis: die neuge- fassten Rüstungsexportrichtlinien. Wie Sie wissen, wur- den die alten politischen Grundsätze der Bundesregierung generalüberholt und deutlich verbessert in Richtung Men- schenrechte, Nachhaltigkeit und verbindlichem Endver- bleib. In deutlichem Gegensatz zu den Richtlinien aus dem Jahr 1982 hatten wir nicht die Absicht, die Ausfuhr von Waffen weiter zu liberalisieren. Im Gegenteil: Zum ersten Mal wurden die Rüstungsexportrichtlinien mit dem Ziel einer Verschärfung überarbeitet. Natürlich: Pazifistische Rüstungsexportlinien sähen anders aus. Aber: Ich finde, wir haben eine vertretbare Kompromisslösung gefunden. Insbesondere wenn ich mir vergegenwärtige, dass in den neuen politischen Grundsätzen zum ersten Mal ein weit reichendes Menschenrechtskriterium verankert werden konnte. Der Lage der Menschrechte im Empfängerland wird jetzt bei der Prüfung von Rüstungsexportanträgen beson- deres Gewicht beigemessen – und das nicht nur aufgrund eigener Erkenntnisse, sondern auch basierend auf Berich- ten der UNO, der OSZE, des Europarates oder internatio- naler Menschenrechtsorganisationen. Wenn der Verdacht besteht, dass die zu exportierenden Kriegswaffen zu in- terner Repression missbraucht werden, erfolgt keine Genehmigung. Und hierbei ist die allgemeine Lage der Menschenrechte im Empfängerland ein entscheidendes Prüfkriterium. Diese Menschenrechtsklausel gilt für alle Staaten glei- chermaßen, also auch für NATO-Partner und damit auch für die Türkei – ein großer Verhandlungserfolg. Bundes- kanzler Schröder hat anlässlich der Verabschiedung der neuen politischen Grundsätze klargestellt, dass angesichts der seit langem unhaltbaren Menschenrechtssituation in der Türkei an einen Export der Leo 2-Panzer derzeit nicht zu denken sei. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Erst vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission eine ernüchternde Bilanz über die Entwicklung in der Türkei in den letzten zwölf Monaten vorgelegt und festgestellt, dass es in der Türkei keine substanziellen Verbesserungen gibt. Also wird es auch keine Panzerlieferungen geben können. Denn die Lage der Menschenrechte ist beunruhi- gend. Folter ist nach wie vor weit verbreitet. Weiterhin werden Todesurteile ausgesprochen, wenn auch nicht vollstreckt. Die Situation der kurdischen Bevölkerung hat sich, was ihre sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte angeht, ebenfalls nicht zum Besseren entwickelt. Und das Militär wird nach wie vor nicht zivil kontrolliert. Enttäuscht über den Kommissionsbericht dürften in Deutschland nicht nur diejenigen sein, die sich erhofft hatten, bei einem positiveren Bericht leichter Menschen in die Türkei abschieben zu können. Auch die Rüstungs- industrie, die sich neue Aufträge versprach, wird es nun- mehr schwerer haben – und das ist gut so. Eine zentrale Frage konnte bei der Neufassung der Rüs- tungsexport-Richtlinien allerdings nicht gelöst werden, nämlich das Erfordernis größerer Transparenz und parla- mentarischer Kontrolle. Hierzu zwei Punkte: Die Bun- desregierung hat zwar einen Rüstungsexportbericht vor- gelegt, in dem das Bemühen deutlich erkennbar wird, über das hinauszugehen, was andere Staaten bereit sind zu offenbaren. Aber dennoch – Hand auf Herz – dieser Be- richt enthält kaum Angaben, die nicht über Pressebe- richte, parlamentarische Anfragen oder über die Fach- presse bereits bekannt sind. Ich meine, es gibt hier deutliche Verbesserungsmög- lichkeiten. Lassen Sie mich dies kurz illustrieren: Im ver- gangenen Jahr wurden lediglich 85 Anfragen für Rüs- tungsexporte im Wert von zusammen 10 Millionen DM abgelehnt. Das klingt bescheiden, wenn ich lese, dass gleichzeitig Ausfuhren in Höhe von 6,5 Milliarden DM bewilligt wurden. Das Bundeswirtschaftsministerium sagt nun: Ja, man müsse berücksichtigen, in wie vielen Fällen Exportvorhaben nach einer negativ beschiedenen Voranfrage beerdigt worden seien. Nun frage ich mich: Warum fehlen im Bericht Angaben über diese abgelehn- ten Voranfragen? Hieran könnte man doch die restriktive Haltung der Bundesregierung besser veranschaulichen, als an den bescheidenen 10 Millionen DM, die schlus- sendlich vom BSR abgelehnt worden sind. Ergänzungen für den Rüstungsexportbericht fallen mir viele ein: So müsste dieser doch Auskunft über bewilligte oder in Anspruch genommene Hermes-Kredite für Waf- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012934 (C) (D) (A) (B) fenausfuhren geben. Es fehlt eine Übersicht über interna- tionale Rüstungskooperationsprogramme mit deutscher Beteiligung – ein Aspekt von wachsender Bedeutung, wie mir im Zuge der Verhandlungen über die neuen politischen Grundsätze klar wurde. Auch gehören Verstöße gegen Ex- portbestimmungen, zum Beispiel über den Endverbleib exportierter Kriegswaffen, in einen Rüstungsexportbe- richt. Ich bin gespannt, welche Vorschläge noch in den Ausschüssen vorgebracht werden. Der zweite Aspekt der nicht gelösten Transparenzfrage bei Rüstungsexporten betrifft die Frage der parlamentari- schen Kontrolle. Über Rüstungsexporte sollte meines Er- achtens nicht allein in klandestinen, nicht kontrollierbaren Runden – wie dem Bundessicherheitsrat – beraten wer- den. Hier muss Öffentlichkeit geschaffen werden. Wir brauchen eine parlamentarischen Kontrolle, die einem Vergleich mit Schweden oder den USA standhält. Ich finde, dass die PDS hier einen ernst zu nehmenden Vor- schlag unterbreitet hat. Ich habe heute der Vernehmung der Herren Max Strauß und Erich Riedl im Untersuchungsausschuss beiwohnen dürfen. Derzeit bemühen wir uns dort ja bekanntlich um die Aufklärung des Panzer-Deals mit Saudi-Arabien. Nach elf Monaten intensiver Erlebnisse in den Sitzungen des Aus- schusses ist eine Erkenntnis meiner Meinung nach unaus- weichlich: Wenn wir Waffenhändlern und Schmiergeldjä- gern, wie den Herren Schreiber, Holzer, Pfahls und Max Strauß wirklich das Handwerk legen wollen, dann kommen wir an der Einrichtung eines parlamentarischen Überwa- chungsgremiums für Rüstungsexporte nicht vorbei. Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Technologie: I. Mit dem Rüs- tungsexportbericht 1999 wird von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag erstmalig eine detaillierte Auf- schlüsselung der Rüstungsexporte des Vorjahres vorge- legt. Der Rüstungsexportbericht beruht auf einer Zusage in der Koalitionsvereinbarung und in den neuen, im Ja- nuar 2000 verabschiedeten rüstungsexportpolitischen Grundsätzen. Sein Ziel ist die Verbesserung der Transpa- renz unserer Rüstungsexportpolitik. Der Bericht geht hierbei so weit, wie wir unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen ge- hen können. Dabei müssen wir auch die Kooperations- fähigkeit unserer Unternehmen in einer immer stärker zu- sammenwachsenden europäischen Rüstungswirtschaft beachten. Die Bundesregierung hat mit dem Rüstungsexport- bericht einen guten Ausgleich zwischen dem Transpa- renzinteresse einerseits und dem Vertraulichkeitsgebot andererseits gefunden. Bei der Transparenz von Rüs- tungsexporten stehen wir mit diesem Bericht auch im in- ternationalen Vergleich sicherlich mit in der ersten Reihe. II. Lassen Sie mich die wesentlichen Ergebnisse des Rüstungsexportberichts 1999 kurz zusammenfassen: Erstens. Die Zahlen belegen, dass Rüstungsexporte, das heißt die Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, nur einen unwesentlichen Teil an den deutschen Gesamtausfuhren ausmachen, auf den aus si- cherheitspolitischen Erwägungen aber auch nicht ver- zichtet werden kann. So lag der Anteil des Ausfuhrge- nehmigungsvolumens an den Gesamtausfuhren 1999 bei 0,7 Prozent, nur auf Kriegswaffen bezogen liegt das Ver- hältnis bei 0,3 Prozent. Zweitens. Der Genehmigungswert für Rüstungsgüter ist 1999 auf 5,9 Milliarden DM angestiegen und liegt damit um 10 Prozent über dem des Vorjahres. Dieser An- stieg ist auf Sonderfaktoren zurückzuführen, insbeson- dere auf den Abbau eines Bearbeitungsstaus. Drittens. Aufschlussreich ist auch, dass rund drei Viertel unserer Rüstungsexportgenehmigungen für EU/ NATO-Länder und gleichgestellte Länder ausgestellt wurden, bei denen Rüstungsexporte grundsätzlich nicht zu beschränken sind. Nur ein Viertel des Genehmigungs- volumens entfiel auf sogenannte Drittstaaten. Die Geneh- migungen für diese Staaten werden in dem Bericht nicht nur nach einzelnen Ländern, sondern auch nach Ausfuhr- listenpositionen weiter aufgeschlüsselt. Viertens. Wichtigstes Empfängerland von deutschen Rüstungsexporten – ich spreche jetzt von tatsächlichen Ausfuhren – war 1999 die Türkei, gefolgt von den USA und Italien. Die Türkei ist unter dem Gesichtspunkt der Beachtung der Menschenrechte als Empfängerland von Rüstungsgütern schwierig, sie ist aber auch ein wichtiger NATO-Partner in einer insgesamt unruhigen Region. Des- wegen prüft die Bundesregierung alle Rüstungsexporte in die Türkei im Einzelfall sehr sorgfältig. Die Ausfuhren betrafen deshalb zu 98 Prozent auch Lieferungen im Ma- rinesektor der Türkei. III. Ich sagte schon, dass wir mit diesem Bericht in Be- zug auf Transparenz von Rüstungsexporten so weit gehen, wie wir unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsge- heimnisse der betroffenen Unternehmen gehen können. Außerdem beantwortet die Bundesregierung zahlreiche Anfragen zu Rüstungsexporten aus dem Parlament, wobei es allerdings auch hier rechtliche Grenzen gibt. Schließ- lich legen wir den Bundestagsausschüssen für Wirtschaft, Auswärtiges und Haushalt zusätzlich jährliche Angaben über die Ausfuhrgenehmigungen von Dual-use-Gütern vor. Zusammenfassend glaube ich, dass die Bundesregie- rung die Transparenz von Rüstungsexporten wesentlich verbessert hat. IV. Im PDS-Antrag „Transparenz und parlamenta- rische Kontrolle bei Rüstungsexporten“ geht es weder um Transparenz noch um Kontrolle aufgrund nachträglicher Unterrichtung. Worum es geht, ist die Mitsprache über aktuelle Genehmigungsanträge. Eine solche Mitsprache über aktuelle Einzelfälle des Rüstungsexports kann nach Auffassung der Bundesregierung aber nicht eingeräumt werden. Ein solches Mitspracherecht würde Kernkom- petenzen der Regierung berühren. V. Was den PDS-Antrag „Keine Lieferung von Panzern und anderen Rüstungsgütern und Lizenzen an die Türkei“ angeht, so wurde dieser in allen zuständigen Ausschüssen beraten und abgelehnt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12935 (C) (D) (A) (B) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sonderver- mögens für das Jahr 2001 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2001); – Antrag: ERP-Sondervermögen für Mittel- standsförderung (Tagesordnungspunkt 18 a und b) Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Der Gesetzent- wurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 2001 weist, wie auch im laufenden Jahr 2000, ein Gesamtvolumen an För- derkrediten in Höhe von 11 Milliarden DM auf. Dieses Vo- lumen scheint ausreichend bemessen, um den Finanzie- rungsbedarf für Existenzgründer und die mittelständischen Unternehmen abzudecken. Aber es ist nicht nur das Ge- samtvolumen unverändert, auch die Aufteilung auf die ver- schiedenen bewährten Programme wie das Aufbaupro- gramm und die Regionale Wirtschaftsförderung, die Eigenkapitalhilfe, Existenzgründungsdarlehen, Kapitalbe- teiligungen und Bürgschaftsbanken, Ausbildungsplatzpro- gramm und Innovationsprogramm sowie die Programme für Umweltschutzmaßnahmen und Energieverwendung, aber auch die Lieferungen in Entwicklungsländer sind weit- gehend gleichgeblieben. Die geplante Programmaufteilung ist wegen der gegen- seitigen Deckungsfähigkeit unproblematisch; denn höhere Beanspruchungen in ein Darlehensprogramm können bei geringerer Nachfrage in anderen Programmen ausgegli- chen werden. Darüber hinaus werden etwaige Überschrei- tungen den zuständigen Parlamentsgremien ja auch unver- züglich mitgeteilt. So weit, so gut. Wäre es dabei im ERP-Wirtschafts- plangesetz geblieben, könnten wir uns wie in nahezu al- len vorangegangenen Jahren und Jahrzehnten bei diesem allseits in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik – in den neuen wie den alten Bundesländern – akzeptierten und als zentralen Baustein der Finanzierung von Existenzgrün- dern, kleinen und mittleren Unternehmen gewürdigten Sondervermögen politisch zurücklehnen und eine im Deutschen Bundestag sonst seltene Einmütigkeit über alle Fraktionen hinweg demonstrieren. Dieses Jahr ist das ersichtlich nicht der Fall, wie die ausgiebigen Diskussionen im ERP-Unterausschuss bele- gen. Die Gründe dafür sind zum einen der Verkauf der An- teile des Bundes an der Deutschen Ausgleichsbank, an die Kreditanstalt für Wiederaufbau und zum anderen die Übernahme von Haftungsrisiken für Beteiligungen aus dem bewährten BTU-Beteiligungsprogramm für kleine Technologieunternehmen. Beide Vorgänge haben erhebliche Bedenken, und zwar parteiübergreifend, in den Reihen des Unterausschusses „ERP-Rahmenpläne“ und im Wirtschaftsausschuss aus- gelöst und nicht alle dieser Bedenken sind bisher aus- geräumt oder auf dem Wege zu einer allseits akzeptierten Lösung, wie ich als Vorsitzende des Unterausschusses feststellen muss. Der Verkauf der DtAan die KfW löst Be- fürchtungen aus, ob die Fortführung der DtA als selbst- ständige Gründer- und Mittelstandsbank auch wirklich garantiert sei und ob die Änderungen in der Eigentümer- position nicht Programmverlagerungen zulasten der Aus- gleichsbank bewirken werden. Nach den verlässlichen Informationen des Bundesmi- nisters für Wirtschaft und Technologie wird die Selbst- ständigkeit der DtA voll gewahrt und ihr darüber hinaus durch die Konzentration aller Mittelstandsprogramme aus dem ERP-Sondervermögen ein bedeutendes Programm- volumen zusätzlich zufließen. Dass nun konstruktive Ge- spräche über die Sicherung der Synergie zwischen beiden Häusern bei der Organisation im Informations- und Kom- munikationsbereich sowie bei der Refinanzierung laufen, ist notwendig und, angesichts des raschen Wandels auf den internationalen Finanzmärkten, auch überfällig. Da- mit wird auch der Kritik des Bundesrechnungshofs und der aus den Reihen des Parlaments Rechnung getragen. Auf beide öffentlichen Banken kommen zudem neue und gewichtige Herausforderungen zu. Innovative Finan- zierungsinstrumente werden in der Folge der absehbaren Inhalte des Baseler Konsultationspapiers entstehen müs- sen, um die Folgen für die Finanzierung der kleinen und mittleren Unternehmen abzumildern bzw. neue Gestal- tungsspielräume für jene Banken bzw. Finanzinstitutio- nen zu gewinnen, die nur allzu leicht gesonnen sind, sich aus dem Kreditgeschäft für kleine und mittlere Unterneh- men oder gar Gründer zurückzuziehen. Die KfW hat in der vergangenen Woche mir ihrem neuen Verbriefungsin- strument dafür ein erstes erfolgreiches Beispiel gegeben. Der Zuschlag des Verkaufserlöses des Bundeswirt- schaftsministeriums aus dem Verkauf der DtAwird außer- dem helfen, die Finanzierungsprobleme des ERP- Sondervermögens aus der Übernahme des BTU-Be- teiligungsprogramms für kleine Technologieunternehmen zu lösen. Allerdings werden die Zinserträge aus diesem Vermö- gen auf keinen Fall ausreichen, den gesetzlich vorgeschrie- benen Substanzerhalt des Sondervermögens zu sichern. Deswegen ist es unerlässlich, dass die ERP-Rücklage der KfW so schnell wie möglich dem ERP zugeschlagen wird, um eventuelle Ausfälle, mit denen in Höhen von 30 Prozent gerechnet wird, abzusichern. Ich möchte als Unterausschussvorsitzende deutlich machen, dass der Unterausschuss mit Sorge die zu- nehmende Übertragung von Haftungsrisiken an das ERP- Sondervermögen sieht. Auch wenn das Vermögen auf den ersten Blick achtungsgebietend aussieht, so war sein bisheriger realer Substanzerhalt doch der Tatsache zu ver- danken, dass er als revolvierender Fonds nahezu keine Ri- siken trug – diese lagen und liegen bei den Hausbanken –, sondern die für kleine und mittlere Unternehmen höheren Marktzinsen „heruntersubventionierte“. Eine Ausnahme bildeten nur die speziellen Programme in den neuen Bun- desländern, wo nach der deutschen Einheit wegen fehlen- den Eigenkapitals und sonstiger Sicherheiten eine teil- weise Übernahme des Risikos unvermeidlich war, wollte man die Banken überhaupt zum Engagement bewegen. Mit der Übernahme des Eigenkapitalhilfeprogramms in das ERP-Sondervermögen wurde dieses Prinzip durch- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012936 (C) (D) (A) (B) brochen. Ein wirtschaftspolitischer Sündenfall zulasten der Mittelstandskredite, wie ich heute bemerke, im Ver- trauen auf die schriftliche Zusage des damaligen Bundes- finanzministers Dr. Theodor Waigel an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Dr. Günter Rexrodt, die Aus- fälle für das EKH aus dem Bundeshaushalt zu ersetzen. Ein Jahr später war das heilige Versprechen Dr. Waigels Makulatur. Zwar werden die Altfälle des Eigenkapitalhil- feprogramms noch vom Bundesfinanzminister ersetzt – wenigstens teilweise –, aber die neuen Risiken müssen vom ERP-Sondervermögen getragen werden. Und diese Ausfälle summieren sich – hier ist man natürlich auf mehr oder weniger zutreffende Schätzungen angewiesen – auf immerhin mindestens 550 Millionen DM pro Jahr. Beim BTU-Programm werden circa 110 Millionen DM als ver- mutete Ausfälle eingesetzt. Und hier sind wir bei einem grundsätzlichen Problem: Das kleine ERP-Sondervermögen reagiert bei seiner jet- zigen Höhe natürlich empfindlicher als der große Bun- deshaushalt auf solche Ausfälle, von denen niemand die exakte Höhe voraussagen kann. Beim Eigenkapitalhilfe- programm hat man sich bei den so genannten Altfällen ja auch mehrfach kräftig verschätzt. Deswegen ist es selbst- verständlich, dass wir Wirtschaftspolitiker einstimmig eine volle Information des Parlaments über die jeweilige Risikolage und denkbare Risikoprognosen erwarten. Die bisherige kameralistische Buchführung des ERP-Sonder- vermögen-Gesetzes reicht gewiss nicht aus. Wir haben deswegen mit dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesfinanzministerium vereinbart, dass sie dem Parlament demnächst Vorschläge unterbreiten, über die der Bundestag regelmäßig jährlich nach der Verabschie- dung des Gesetzes informiert wird und falls durch Ände- rung der Risiken erforderlich, auch häufiger. Den Änderungen auf den internationalen Finanzmärk- ten mit ihrer Fülle von neuen Finanzierungsinstrumenten, insbesondere den Handel von Risiken, muss auch das öf- fentliche Finanzwesen Rechnung tragen. Eine bloße Fuß- note im Gesetz und eine nachträgliche Mitteilung über lei- der eingetretene Risiken ist sicher zu wenig. Die Neigung, Risiken in andere Legislaturperioden zu verschieben, nach dem Motto „Kommt Zeit, kommt Rat“ ist für viele nur zu verführerisch. Ein verantwortliches Parlament muss deswegen dafür sorgen, dass das öffentliche Kon- trolling der neuen Problemlage auch gewachsen ist. Ich glaube nach der letzten Unterausschusssitzung, dass unser aller Botschaft angekommen ist, und plädiere deswegen für eine Annahme des Gesetzes in der vorlie- genden Fassung. Eine Verweigerung durch die CDU/CSU sowie die F.D.P. hielte ich für nicht gerechtfertigt: Denn dem Sündenfall der Risikoübernahme des EKH-Pro- gramms ohne jeden Ausgleich für das ERP-Sonderver- mögen haben Dr. Waigel und Dr. Rexrodt begangen: Den Apfel zu essen und die Hässlichkeit des Apfelkitsches zu beklagen passt nicht ganz zusammen. Ich darf als Unterausschussvorsitzende allen Kollegin- nen und Kollegen im Unterausschuss für ihre zuverläs- sige, offene und kooperative Mitarbeit danken. Es ist schön, dass es jenseits aller notwendiger politischen Aus- einandersetzung noch so viel Bereitschaft zum gemeinsa- men Lernen und Handeln wie etwa bei unseren Potsdamer Gesprächen gibt. Dagmar Wöhrl (CDU/CSU):Das ERP-Sondervermö- gen ist ein wertvoller Schatz unseres Landes, mit dem wir pfleglich umgehen müssen. Über den in Zahlen aus- drückbaren Wert hinaus – der Vermögensbestand beträgt rund 24 Milliarden DM – hat das ERP-Sondervermögen auch einen immateriellen Wert, der sich aus seiner Ge- schichte ergibt: als beispiellose und bewundernswerte Wiederaufbauhilfe einer Siegernation für den ehemaligen Kriegsgegner. Es ist deshalb nicht nur unsere juristische, sondern auch unsere moralische Pflicht, den berühmten § 5 des ERP-Verwaltungsgesetzes von 1953 zu respektie- ren, der uns verpflichtet, das Sondervermögen in seinem Bestand zu erhalten. Das war bislang stets partei- und fraktionsübergreifender Konsens und ist es hoffentlich immer noch. Es ist normal und folgerichtig, dass sich die Funktion des ERP-Sondervermögens über die Jahre und Jahrzehnte hinweg gewandelt hat. Ging es in der Nachkriegszeit um den Wiederaufbau der wichtigsten Industrien sowie der Infrastruktur, steht heute, 55 Jahre nach Kriegsende, die Mittelstandsförderung eindeutig im Vordergrund. Das be- deutet aber nicht, dass das ERP-Sondervermögen die ge- samte Mittelstandsförderung allein schultern kann, auch wenn das der Finanzminister gern sähe. Der vorliegende Entwurf des ERP-Wirtschaftsplan- gesetzes 2001 enthält ein Zahlenwerk, das die Beamten des Wirtschaftsministeriums sorgfältig zusammengestellt haben und an dem nichts auszusetzen ist. Das Kardinal- problem dieses Gesetzentwurfes ist indes in § 5 Abs. 1 versteckt: Die Gewährleistungsermächtigung für das Bundeswirtschaftsministerium wird von 450 Millionen DM auf künftig 1,65 Milliarden DM fast vervierfacht. Der Grund liegt in der Haftungsübernahme für das BTU-Pro- gramm der DtA, mit dem kleinen Technologieunterneh- men Beteiligungskapital zur Verfügung gestellt wird. Die Haftung lag bislang beim Bund und hatte mit dem ERP- Sondervermögen nichts zu tun. Zweifellos ist das BTU-Programm ein schönes und sinnvolles Programm, das zukunftweisende Existenz- gründungen unterstützt und vielfach erst ermöglicht. Aber es ist mit Risiken für den Beteiligungsgeber verbunden. Das Bundeswirtschaftsministerium selbst geht von einer Ausfallquote von 30 Prozent aus. Die Bewilligungen wei- sen eine stark steigende Tendenz auf: Wurden im ge- samten Jahr 1999 237 Anträge mit einem Volumen von 153 Millionen Euro bewilligt, so waren es allein von Januar bis September 2000 schon 295 Anträge mit einem Volumen von 232 Millionen Euro. Dazu kommt, dass die von der Regierungskoalition durchgesetzte Unterneh- mensteuerreform die steuerlichen Rahmenbedingungen für privates Beteiligungskapital ab dem kommenden Jahr drastisch verschlechtert. Dadurch wird die Nachfrage beim BTU-Programm weiter steigen. Interessant ist nun, was die Regierung zur Abdeckung dieser neuen Haftungsrisiken vorschlägt. Da wird zum ei- nen die so genannte ERP-Rücklage in der KfW-Bilanz herangezogen. Wenn das so einfach geht, ist die Frage er- laubt, warum diese Rücklage nicht schon früher zur Mit- telstandsförderung eingesetzt wurde. Zum anderen aber – und das ist noch viel interessanter – soll der Kaufpreis, den das ERP-Sondervermögen als DtA-Anteilseigner für den Verkauf der DtA von der KfW erhält, für die BTU- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12937 (C) (D) (A) (B) Absicherung herhalten. Hier werden fröhlich die Erlöse eines Geschäfts verplant, das noch gar nicht stattgefunden hat. Die Verlagerung des BTU-Programms vom Bund auf das ERP-Sondervermögen wirft ein ganz neues Licht auf den von der Bundesregierung beabsichtigten Verkauf der DtA an die KfW. Für diese Transaktion führt die Bundes- regierung wohlklingend Gründe an. Sie redet davon, dass Synergieeffekte erzielt werden sollen, indem parallele Strukturen bei DtA und KfW abgebaut werden. Und sie redet davon, dass das Förderangebot für die mittelständi- schen Unternehmen durch die Zusammenführung über- sichtlicher werden soll. Das hört sich alles gut an. Aber diese löblichen Motive scheinen nur vorgeschoben zu sein. In Wirklichkeit ist der DtA-Verkauf allein dazu da, 3 Milliarden DM – so viel ist die DtA ungefähr wert – in die Staatskasse zu spülen. Der auf den Bundeshaushalt entfallende Teil des Ver- kaufserlöses ist für die Mittelstandsförderung ohnehin verloren – das hat uns Herr Staatssekretär Oberhaus im Unterausschuss unmissverständlich klar gemacht. Aber auch der Teil des Kaufpreises, der dem ERP-Sonderver- mögen zusteht, entlastet mittelbar den Bundeshaushalt. Das ERP-Sondervermögen muss das Geld für die BTU- Haftungsrisiken einsetzen, die der Finanzminister nicht mehr tragen will. Mit dem § 5 Abs. 1 des Gesetzentwurfs, den wir heute beraten, soll diese Risikoverschiebung er- möglicht werden. Deshalb können wir den Entwurf nicht gutheißen. Wir meinen: Wenn die Zusammenführung von DtA und KfWwirklich etwas für den Mittelstand bringen soll, dann müssen die Verkaufserlöse vollständig der Mittel- standsförderung zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört auch, dass der Bundesfinanzminister die Haftung für das risikobehaftete BTU-Programm nicht in das ERP- Sondervermögen „abdrückt“. Das Schlimmste ist jedoch: Wir sollen als Parlamentarier die Haftungsübernahme für das BTU-Programm durch das ERP-Sondervermögen ak- zeptieren, ohne dass feststeht, dass die Finanzierungs- konstruktion der Bundesregierung überhaupt funktio- niert. Was ist, wenn der Verkauf der DtA an die KfW scheitert, weil zum Beispiel die bankrechtlichen Pro- bleme nicht gelöst werden können? Was ist, wenn für die DtA ein wesentlich geringerer Wert ermittelt wird, als ihn das Wirtschaftsministerium derzeit annimmt? Was ist, wenn das Ausfallrisiko höher als angenommen ist und wenn mehr Beteiligungszusagen gegeben werden als der- zeit absehbar? In allen drei Fällen wäre das Ergebnis, dass die Risiken nicht ausreichend abgesichert sind. Wir in der CDU/CSU-Fraktion nehmen das seit 1953 geltende Substanzerhaltungsgebot ernst. Das Erbe von George Marshall ist uns zu schade dafür, dass es Herr Minister Eichel dafür hernimmt, um seinen Ruhm als Konsolidierungskünstler zu vermehren. Wir halten die Übernahme des BTU-Programms durch das ERP-Sonder- vermögen für unverantwortlich. Wir lehnen diesen Ent- wurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 2001 daher ab. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aus der Sicht von Bündnis 90/Die Grünen ist der vorliegende Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens ein wichtiger Einzelhaushalt – hat er doch wichtigen Einfluss auf Mit- telstandsförderung, Existenzgründungen und – aus bünd- nisgrüner Sicht besonders wichtig – auch auf Darlehen im Bereich des Umweltschutzes. Gerade in diesem Bereich hat die ERP-Förderung vor allem auch im Osten in den letzten Jahren hervorragendes geleistet. Diese erfolgrei- che Arbeit gilt es fortzusetzen. Hinsichtlich des Gesamtfördervolumens sieht der Ent- wurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 2001 das gleiche Volumen wie das ERP-Wirtschaftsplangesetz 2000 vor. Innerhalb der einzelnen Ansätze erfolgten leichte Ände- rungen, mit einer geringfügigen Anhebung zugunsten des ERP-Umweltprogramms auf 2 150 Millionen DM. Diese Anhebung darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Bündnis 90/Die Grünen gerne eine Mittelausstattung von 2,3 Milliarden DM gesehen hätten. Die Etatisierung von 2,15 Mrd. DM darf nicht als Präjudiz für Prioritäten im Rahmen künftiger Wirtschaftspläne verstanden werden. Im Gegenteil wird Bündnis 90/Die Grünen den Mittelab- fluss genau beobachten und in den kommenden Jahren ge- gebenenfalls eine Mittelaufstockung einfordern. Mit dem BMWi besteht Einvernehmen darüber, dass das ERP-Sondervermögen in der Bewirtschaftungspraxis Mittel und Wege finden wird, um einem eventuell höhe- ren Finanzbedarf für ERP-Umweltdarlehen Rechnung zu tragen. Insoweit ergeben sich aus den Ansätzen für 2001 keine Präjudizien für die Folgejahre. Das Wirtschaftsplangesetz 2001 steht somit auf soli- dem Fundament und findet damit die Zustimmung meiner Fraktion. Kommen wir nun zur Veräußerung der Anteile der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die bündnisgrüne Fraktion trägt diese Veräußerung mit, da sie zur Straffung und Effizi- enzsteigerung der ERP-Darlehen beiträgt. Aus Sicht mei- ner Fraktion ist es daher wichtig, im Bereich der erfolg- reichen Umweltdarlehen, die von der DtA bearbeitet wurden, eine vernünftige Übergangslösung ohne Brüche zu schaffen. Daher soll, wie im Kabinettbeschluss vom 21. Juni 2000 vorgesehen, bei der Geschäftsfeldabgren- zung zwischen KfW und DtA die Abwicklung der Um- weltförderung im Wege der Geschäftsbesorgung durch die DtA für die KfW erfolgen. Dabei sind aus Sicht der bündnisgrünen Fraktion in dem noch abzuschließenden Vertrag zwischen KfW und DtA sowie gegebenenfalls in einer vertraglichen Vereinbarung des Bundes mit der KfW folgende Eckpunkte wichtig und zu regeln: Die bestehen- den Umweltprogramme der DtA (ERP-Umwelt- und Energiesparprogramm, DtA-Umweltprogramm) sowie das Umweltbürgschaftsprogramm werden im Zuge der Geschäftsbesorgung von der DtA im Auftrag der KfW wahrgenommen, wobei die bisherige Finanz- und Perso- nalausstattung sowie Verfahrensgestaltung unberührt bleiben und die vertragliche Regelung der Zustimmung des BMU bedarf. Die bisher im Wege von Mandatarver- trägen mit dem BMU von der DtA abgewickelten Pro- gramme „Pilotprojekte Inland“ und „Pilotprojekte Ausland“ werden entsprechend den bestehenden vertrag- lichen Regelungen und Verfahren von der DtA weiterge- führt. Eine Übernahme dieser Programme durch die KfW erfolgt mit der Zustimmung des BMU und wenn sicher- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012938 (C) (D) (A) (B) gestellt ist, dass mit der Abwicklung erfahrenes Personal betraut wird, das die Vorgaben des BMU kennt und um- setzt, und mindestens die gleichen Konditionen, die der- zeit mit der DtA vereinbart sind bzw. regelmäßig verein- bart werden, gewährleistet sind. Die DtA reicht die Förderung im eigenen Namen für Rechnung der KfW aus. Soweit das bisherige DtA-Umweltprogramm im Rahmen des KfW-Umweltprogramms fortgeführt wird, werden die hierzu erforderlichen zusätzlichen Mittel entspre- chend der bisherigen Praxis bedarfsgerecht mindestens zu den bisherigen Konditionen bereitgestellt. Das zum Umweitschutzbürgschaftsprogramm vorlie- gende konkrete Konzept zur Umgestaltung zu einem Be- teiligungsprogramm wird umgesetzt. Eine Umstellung der Umweltförderung erfolgt erst auf der Grundlage eines detaillierten „Überleitungs-Konzeptes“ der KfW zu den finanziellen, personellen, organisatorischen und verfah- rensmäßigen Auswirkungen mit der Zustimmung des BMU. Wir sind uns sicher, dass mit der Umsetzung dieser Eckpunkte die erfolgreiche Arbeit der DtA im Bereich der Umweltprogramme problemlos und ohne Umstellungs- brüche erfolgen wird. Einer erfolgreichen Finanzierung der ERP-Darlehen im Bereich des Umweltschutzes steht auch aus unserer Sicht mit der Übernahme der DtA-An- teile durch die KfWnichts mehr im Wege. Damit kann das für die Wirtschaft so wichtige ERP-Sondervermögen wei- terhin seine Unterstützung für den Mittelstand entfalten. Für Bündnis 90/Die Grünen eine unverzichtbare Stütze für eine funktionierende Wirtschaft. Gudrun Kopp (F.D.P.): Der Wirtschaftsplan des ERP- Sondervermögens für das Jahr 2001 weist etliche Risiken und Unwägbarkeiten auf. Bei gleich bleibenden Mitteln von circa 13,5 Milliarden DM stellt sich die Frage nach dem nötigen Kapitalstock für die Mittelstandsförderung, wenn andererseits neue Risiken aufkommen. Solche Risi- ken bestehen durch die Verlagerung des Eigenhilfepro- gramms – EKH – und des Beteiligungskapitals für kleine Technologieunternehmen – BTU – vom Bundeshaushalt in das ERP-Sondervermögen. Besonders beim BTU-Programm ergeben sich viele Risiken und Fragen wie diese: Weshalb will die Bundes- regierung die Förderung von High-Tech-Unternehmen für die nächsten zehn Jahre einfrieren? Diese Frage ist umso unverständlicher vor dem Hintergrund, dass Deutschland im internationalen Vergleich Nachholbedarf bei der Grün- dung von innovativen Unternehmen hat. Gleiches gilt auch für den Venture-Capital-Markt. Die Risikoverteilung im BTU-Programm zwischen dem Bund einerseits und der Kreditanstalt für Wiederauf- bau KfW, bzw. der Deutschen Ausgleichsbank, DtA, an- dererseits ist in den vergangenen Jahren schon einseitig zulasten der Hauptleihinstitute verschoben worden. Nun liegt die Frage nahe, ob mit einer weiteren Reduzierung des Risikoanteils des Bundes zu rechnen ist. Zwangsläu- fig würde das zu einer Verschlechterung der Förderkondi- tionen bei KfW und DtA führen. Davon abgesehen erwarte ich durch den im Bundeska- binett beschlossenen Verkauf der Deutschen Ausgleichs- bank an die Kreditanstalt für Wiederaufbau schlechte Zeiten für den Fortbestand einer zielgerichteten Mittel- standsförderung. Ich bin überzeugt: Die DtA wird zur Hauptabteilung der KfW werden, deren Konzernstruktu- ren nicht zum Charakter einer Mittelstandsbank wie der DtA passen. Konzernrechnungslegung und -Audit sowie das Controlling der KfW werden zwangsläufig dazu führen, dass die vielen kleinen Förderleistungen und vor allem Beratungsstrukturen der DtA nicht mehr lange Luft zum Atmen behalten. Die behaupteten positiven Synergieeffekte aus der Zu- sammenführung von DtA und KfW erscheinen in diesem Licht kurz- bis mittelfristig äußerst zweifelhaft. Unzwei- felhaft ist dagegen, dass der Finanzminister primär von diesem „Deal“ profitieren wird. Rolf Kutzmutz (PDS): Eine neue Kultur der Selbst- ständigkeit, eine Gründeroffensive, Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätze durch Innovation vor allem in jun- gen Unternehmen – das sind die Schlagworte, mit denen die Bundesregierung ihre angeblich erfolgreiche Politik beschwört. Die Tatsachen in der Wirtschaftsförderung sprechen jedoch eine andere Sprache: Teils bricht sie ein, teils bekommt die Regierung Angst vor dem Erfolg, weil er ihr zu teuer wird. Der massive Rückgang der Zahl der Zusagen insbe- sondere bei der Eigenkapitalhilfe, aber auch den anderen Mittelstandsprogrammen des ERP in diesem Jahr werden auch von Regierung und Koalition nicht bestritten. Die von ihnen dafür in diversen Ausschussberatungen angebo- tenen Erklärungsmuster – von vorjähriger großer Nach- frage wegen steigenden Zinserwartungen über eine „Kon- solidierung“ des Gründungsgeschehens in Ost und West, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen, bis hin zur vergleichsweise guten Liquiditätssituation von Mittel- ständlern – bleiben jedoch fragwürdig. Zum einen spre- chen eigentlich bekanntlich alle Wirtschaftsdaten gegen einen sinkenden Förderbedarf. So lagen auch die preisbe- reinigten nicht staatlichen Ausrüstungsinvestitionen 1999 nach wie vor unter jenen von 1991! Zum anderen handelt es sich bei den Rückgängen keineswegs um einen kurzfris- tigen Trend. Ich habe einmal die Zusagen der ersten neun Monate dieses Jahres nicht nur mit jenen im Vorjahreszeitraum, sondern auch mit denen von 1998 verglichen: Die Eigen- kapitalhilfe Ost sackte seitdem auf die Hälfte, die übrigen Zusagen an ostdeutsche Mittelständler um fast 30 Prozent ab. In Westdeutschland gab es knapp ein Drittel weniger Eigenkapitalhilfe und mehr als ein Fünftel weniger sons- tige Zusagen. Nur die Umweltförderung im Westen scheint – bei starken Schwankungen – zu wachsen. Ost- deutschen Mittelständlern fehlt aber offensichtlich trotz des Erneuerbare-Energien-Gesetzes das Geld für den Ei- genanteil an Umweltschutzinvestitionen. Hier geht es kon- tinuierlich bergab, auf mittlerweile nur noch 57 Prozent des vor zwei Jahren, also noch unter Kanzler Kohl, er- reichten Zusagenniveaus! Neben den allgemeinen wirtschafts- und steuerpoliti- schen Rahmenbedingungen für Existenzgründer und Kleinunternehmen insbesondere in Ostdeutschland müs- sen wir uns also möglicherweise auch einmal über die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12939 (C) (D) (A) (B) Ausgestaltung der Darlehensförderkulisse unterhalten: Was muss an den Angeboten verändert werden, damit sie wieder zu mehr Arbeitsplätzen beitragen? Davor muss aber seitens der Regierung erst einmal ein schlimmer Verdacht ausgeräumt werden: den einer rigi- den, hinter die offiziellen Förderkriterien zurückfallenden Bewilligungspraxis, um nicht die bereits bestehenden Ri- siken für den ERP-Haushalt zu vergrößern und ihn in den mittelfristigen Finanzplanungen weiter zurückfahren zu können, also den einer Mittelstandsförderung allein nach vermeintlicher Kassenlage statt nach primär volkswirt- schaftlichen Erfordernissen. Denn wo man bei den Ver- antwortlichen auch nachfragt, überall wird über die an- geblich unerwarteten Mehrkosten der ab 1997 ins ERP-Vermögen verlagerten Eigenkapitalhilfe geklagt. Konkrete Zahlen rückt die Regierung aber bis jetzt nicht heraus. Selbst in einer heute zugegangenen Antwort verdunkelt sie noch mehr, als sie erhellt: Einerseits ver- meldet sie ohne Zahlenangaben tatsächliche Kosten etwas unter Vorkalkulation; andererseits spricht sie von einer dauerhaften Kalkulation von 2 Milliarden DM Eigenka- pitalhilfe pro Jahr. 1999 wurden aber nur knapp 1,5 Mil- liarden DM gewährt! Entweder das Finanzierungspro- blem besteht nicht, dann stellt sich die Frage nach Defiziten in der Förderkulisse umso schärfer. Oder aber das Problem ist so groß, dass man neuen Risiken von För- derprogrammen in diesem Vermögen nicht zustimmen kann, wenn es einem mit Mittelstandsförderung wirklich ernst ist. Ich meine die Kosten für Beteiligungskapital an klei- nen Technologieunternehmen, die mit dem neuen Wirt- schaftsplan aus dem Bundeshaushalt in das ERP-Vermö- gen verlagert werden sollen. Offensichtlich hat hier die Bundesregierung Angst vor dem politischen Erfolg be- kommen. Die Förderung wird nicht nur gut angenommen, sie stützt auch vergleichsweise viele und zukunftsträch- tige Arbeitsplätze. Das mit diesem Programm mobilisierte Kapital stieg von knapp 300Millionen 1996 auf fast 1,5Milliarden DM im vergangenen Jahr. Mit dem Volu- men wuchsen aber auch die Ausfallrisiken: In den beiden vergangenen Jahren wurden 175 Millionen DM fällig. Noch wesentlich höhere Beträge mussten schon für die bis jetzt gewährte Förderung für die nächsten Jahre ein- geplant werden. Eine Verlagerung in das ERP-Vermögen darf aber we- der dessen traditionelle Aufgaben beschränken – über die Instrumente dazu sollte man, wie gesagt, weiter nachden- ken –, noch die zukunftsträchtige Beteiligungsförderung abwürgen. In diesem Zusammenhang muss ich die Regie- rung schließlich an ihre löbliche Selbstverpflichtung von Anfang 1999 erinnern: Bis zum Ende der Wahlperiode wollte sie jährlich 4 Milliarden DM Kapital mobilisieren. Zur Halbzeit wurde aber erst etwa die Hälfte erreicht. Nicht weniger Fördervolumen, sondern mehr tut Not, wenn Innovationen auch tatsächlich in Wertschöpfung und damit in Arbeitsplätze münden sollen. Mit dem vor- liegenden Antrag unterbreitet die PDS-Fraktion praktika- ble Angebote zur Auflösung dieses Dilemmas. Wir sollten in den nächsten Wochen über die beste Lö- sung streiten, damit am Ende, wie in der Vergangenheit, ein von allen Seiten dieses Hauses getragener Wirt- schaftsplan im Rahmen dieser wichtigen Förderkulisse steht. Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Technologie: Das ERP-Son- dervermögen hat sich besonders in den letzten Jahren er- folgreich zum zentralen Element der finanziellen Mittelstandsförderung des Bundes entwickelt. Das Eigen- kapital und die Erträge dieses Sondervermögens, das in der Nachkriegszeit aus Mitteln des Wiederaufbaupro- gramms für Europa gebildet worden ist, werden dabei im- mer wieder revolvierend eingesetzt, um vor allem Kredite und haftende Mittel zu günstigen Konditionen bereitzu- stellen. Die ERP-Programme richten sich schwerpunkt- mäßig an Existenzgründer und an dynamisch wachsende, investierende Unternehmen. Diese Ausrichtung ist konse- quent. Denn es sind gerade die jungen Unternehmen, die den Strukturwandel vorantreiben. Sie stärken die Leis- tungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirt- schaft. Sie sorgen für mehr Beschäftigung. Die beiden Förderinstitute des Bundes, die Kreditan- stalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank, flankieren in einer beträchtlichen Größenordnung die im Kern vom ERP-Sondervermögen gestaltete finanzielle Wirtschaftsförderung mit ihren jeweiligen Eigenprogram- men. Beide werden dies nach der jetzt beschlossenen und im Detail noch umzusetzenden Geschäftsfeldabgrenzung noch zielgenauer tun können. Dies ist einer der Effekte der bevorstehenden Übertragung der Kapitalanteile der Deutschen Ausgleichsbank an die Kreditanstalt für Wie- deraufbau. Um diese Förderleistung anschaulicher zu machen: Im Bereich der Unternehmensgründungen, also bei Existenz- gründungen einschließlich Nachfolger-Lösungen und beim Start junger Unternehmen, erwarten wir im nächsten Jahr rund 75 000 Zusagen beim ERP-Sondervermögen und bei den beiden Förderbanken. Das damit korrespondierende Finanzierungsvolumen wird rund 30 Milliarden DM be- tragen, rund die Hälfte davon als geförderte Mittel. Im Zeit- punkt der Finanzierungszusage werden rund 500 000 Ar- beitsplätze geschaffen, vor allem aber gesichert. Für bestehende und wachsende Unternehmen erwarten wir beim ERP-Sondervermögen und bei den Förderban- ken im Jahr 2001 insgesamt rund 30 000 Zusagen mit ei- nem Finanzierungsvolumen von rund 20 Milliarden DM. Im Zeitpunkt der Zusagen können rund 60 000 Arbeits- plätze neu geschaffen und mehr als 900 000 gesichert werden. Der heute eingebrachte Entwurf des ERP-Wirtschafts- plangesetzes 2001 zeigt, dass wir den besonderen Finan- zierungsproblemen mittelständischer Unternehmen in den neuen Bundesländern entgegenkommen. Knapp die Hälfte der finanziellen Fördermittel von insgesamt rund 11 Milliarden DM können von dortigen Unternehmen in Anspruch genommen werden. Die Nachfrage in den neuen Ländern geht zwar zurück. Aber in jedem Falle Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012940 (C) (D) (A) (B) bleibt die Förderintensität im Osten deutlich höher als im Westen, wenn man die Bevölkerungszahlen oder den Un- ternehmensbestand als Bezugsgröße wählt. Ein wichtiges neues Element im Wirtschaftsplan 2001 ist die Übernahme von Haftungsrisiken durch das ERP- Sondervermögen für Beteiligungen, die ab 2001 aus dem erfolgreichen BTU-Beteiligungsprogramm für kleine Technologieunternehmen gefördert werden. Dabei muss ich besonders betonen: Alle Ausfälle für Zusagen in die- sem Programm, die vor 2001 gegeben wurden, werden weiterhin aus dem Bundeshaushalt getragen. Der Entschließungsantrag der Fraktion der PDS „ERP- Sondervermögen für Mittelstandsförderung erhöhen“ zeigt, dass noch Unsicherheit darüber besteht, ob das ERP-Sondervermögen die Übernahme der Risiken aus dem BTU-Programm ab 2001 dauerhaft tragen kann. Die Bundesregierung hat nach sorgfältigen Berechnungen keinen Zweifel daran, dass das ERP-Sondervermögen die Belastungen aus Neuzusagen im BTU-Programm tragen kann, und zwar ohne die Substanz des ERP-Sonder- vermögens zu gefährden und ohne die übrigen Förderauf- gaben zu vernachlässigen. Denn dem ERP-Sondervermögen stehen künftig zwei neue Ertragsquellen dauerhaft zur Verfügung: Einmal sind dies die Erträge, die das ERP-Sondervermögen aus der Anlage des Verkaufserlöses erzielen kann, den die Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Übernahme der Kapitalanteile der Deutschen Ausgleichsbank leisten wird. Der zweite Baustein für die künftige Finanzierung der Ausfälle im BTU-Programm wird durch nachhaltige Nutzung der jährlichen Erträge aus der so genannten ERP-Rücklage in der KGW-Bilanz gebildet. Das reicht nach unseren Berechnungen aus, um dauerhaft 2 Milliar- den DM Beteiligungskapital jährlich zu mobilisieren. Allerdings muss sich das ERP-Sondervermögen in der Ertragssteuerung dafür wappnen, um die zu erwartenden Ausfälle zeitgleich auch decken zu können. Deshalb ist beabsichtigt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als Verwalter des ERP-Sondervermö- gens künftig in der KfW-Bilanz, die unabhängig vom Wirtschaftsplangesetz jedes Jahr aufgestellt wird, eine Reserveposition zur Absicherung bestehender Risiken aus BTU-Zusagen bildet. Diese wird dann jederzeit und auch im Parlament im Zusammenhang mit einer aktualisierten Ausfallbetrachtung die Beantwortung der Frage erlauben, ob den Risiken ausreichend Rechnung getragen worden ist. Sicherlich wäre es für jeden Mittelstandspolitiker reiz- voll, noch mehr Mittel aus dem Bundeshaushalt verwen- den zu können. Ich betone aber, dass dies mit der BTU- Übernahme nicht zu begründen wäre. Die finanzielle Förderung des ERP-Sondervermögens kann auch 2001 ohne Einschränkungen auf dem hohen Niveau der Vor- jahre fortgesetzt werden und zusätzlich ist die Übernahme der BTU-Risiken auf der Grundlage der getroffenen Ver- einbarungen gesichert. Eine Einschränkung der Mittelstandsförderung – wie bisweilen behauptet – wird es nicht geben. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sachgerechter Schutz derRechte fürSoftware (Tagesordnungspunkt 19) Hubertus Heil (SPD): Die rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnolo- gien macht auf vielen Ebenen eine Überarbeitung bishe- riger rechtlicher Regelungen notwendig. In diesem Zu- sammenhang gibt es auch eine Diskussion über die Bestimmungen des Patentrechts hinsichtlich des Schutzes von Software. Um es ganz klar zu sagen: Auch wir wol- len keine generelle Ausdehnung der Patentierbarkeit von Software, da wir befürchten, dass Monopolstrukturen ge- stärkt werden, weil kleine Sofwareunternehmen und selbstständige Programmierer in ihrer Existenz betroffen und insgesamt der Fortschritt in der Softwareentwicklung deutlich gebremst werden könnte. Die Europäische Patentorganisation, EPO, wird auf der Diplomatischen Konferenz zur Revision des Europä- ischen Patentübereinkommens vom 20. bis zum 29. No- vember 2000 in München entscheiden, ob „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“ aus der Liste der „als sol- che“ nicht patentfähigen Erfindungen des Art. 52 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens, EPÜ, gestri- chen werden soll. Die Bundesregierung hat sich ebenfalls klar und deutlich gegen eine solche Änderung des Wort- lauts der Vorschrift ausgesprochen. Bei der Sitzung des Verwaltungsrates der Europäischen Patentorganisation, EPO, vom 5. bis 8. September 2000 stimmten 10 der 19 Vertragsstaaten für den entsprechenden Vorschlag des Europäischen Patentamtes. Dabei wurden die Delegatio- nen Deutschlands, Dänemarks, Frankreichs, des Verein- ten Königreichs, Schwedens, Spaniens, Portugals und Luxemburgs mit nur einer Stimme Mehrheit überstimmt. Die EU-Kommission bereitet derzeit eine Richtlinie zur Frage der Patentierbarkeit von Software vor. Die Bin- nenmarktdirektion hat dazu das Papier „Patentierbarkeit Computer – Implementierter Erfindungen“ vorgelegt und einen breiten Diskussionsprozess eingeleitet. Diesem Prozess darf nicht vorgegriffen werden. Er ist ergebnisof- fen zu gestalten. Wir Sozialdemokraten unterstützen die Bundesregierung daher in ihrem Ziel, für die Diplomati- sche Konferenz die nunmehr notwendige Zweidrittel- mehrheit für die Beibehaltung der derzeitigen Regelun- gen zu erlangen, um die Abstimmung innerhalb der Europäischen Union nicht sinnlos zu machen. Die bestehenden Patentierungsmöglichkeiten in Bezug auf Softwareerfindungen sind vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch bei Software-Entwick- lern nicht ausreichend bekannt. Deshalb sehen sie sich durch die vorgeschlagenen Änderungen gefährdet. In der Informationsökonomie gewinnt die Kooperation im Netz- werk an Bedeutung gegenüber hierarchischer Koopera- tion. Bei der Softwareentwicklung ist die Zusammenar- beit von kleinen und mittleren Unternehmen und freien Softwareentwicklern der Produktion in Großunternehmen zum Teil überlegen. Bestes Beispiel ist die Netzwicklung der Open-Source-Software Linux. Es gewährleistet durch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12941 (C) (D) (A) (B) Offenheit des Quellcodes gleichzeitig Interoperabilität und Wettbewerb. Es ist – diese Bemerkung sei mir an die- ser Stelle gestattet – deshalb auch nicht so virusanfällig wie die weitverbreitete Softwaremonokultur des größten Herstellers. Großunternehmen, aber auch kleine und mittlere Un- ternehmen machen zunehmend von der bereits heute be- stehenden Möglichkeit, Patente auf Softwareerfindungen zu erhalten, Gebrauch. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen kann Patentschutz für Softwareentwicklun- gen besonders wichtig werden, wenn sie sich gegen Nachahmer schützen müssen. Um zu vermeiden, dass der Wettbewerb um Innovationen hinter juristische Ausei- nandersetzungen zurücktritt, müssen die patentrechtli- chen Regelungen klar und eindeutig gefasst sein, damit Rechtssicherheit besteht. Volkswirtschaftlich können ne- gative Effekte bei einer völligen Freigabe der Patentier- barkeit von Software entstehen. Ein großer Teil der Ener- gie der Entwicklungsarbeit müsste dann auf die Recherche bestehender Patente verwandt werden. Auf der anderen Seite müssen die Rechte der Entwick- ler von Software gewahrt werden. Unternehmen und Pro- grammierer müssen angemessene Erträge für ihre Arbeit realisieren können. Notwendig ist eine breite Debatte über den geeigneten Schutz der Rechte der Entwickler, die Ge- währleistung von Anreizen zur Investition in Software, von Innovationen und Sicherstellung von Wettbewerb auf den Softwaremärkten. Für die SPD-Fraktion möchte ich deshalb erklären, dass wir die Bundesregierung dabei unterstützen, ihre Be- mühungen fortzusetzen, die Änderung des Art. 52 Abs. 3 des Europäischen Patentübereinkommens auf der Diplo- matischen Konferenz zu verhindern. Zudem fordern wir die Bundesregierung auf, eine breite Debatte über Wett- bewerb und Innovation auf den Softwaremärkten anzu- stoßen. Die Ergebnisse dieser Beratungen sollten in die Debatte zur Entwicklung einer EU-Richtlinie einfließen. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, den Zeit- plan der EU-Kommission so zu gestalten, dass dieses möglich wird. Dem uns vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion werden wir nicht zustimmen, und zwar nicht, weil wir die grundsätzliche Intention Ihres Antrages nicht teilen. Meine eben gemachten Ausführungen haben das, so glaube ich, deutlich gemacht. Wir werden gegen diesen Antrag stimmen, weil er von der Bundesregierung, die im Übrigen in der Sache auch nicht erst überzeugt werden muss, etwas verlangt, was unmöglich ist. In diesem Antrag wird die Bundesregierung unter anderem aufge- fordert „sicherzustellen“, dass auf der Diplomatischen Konferenz keine Ausweitungen der Patentierungsmög- lichkeiten für Software beschlossen werden. – Meine Da- men und Herren von der CDU, wie soll denn da etwas „si- chergestellt“ werden? Deutschland ist nicht allein auf der Welt. Die Bundesregierung wird versuchen, unsere euro- päischen Vertragspartner zu überzeugen! Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Dirk Manzewski (SPD): Der Antrag der CDU/CSU- Fraktion zum sachgerechten Schutz der Rechte für Soft- ware geht davon aus, das auf der Diplomatischen Konfe- renz der Europäischen Patentämter Ende dieses Monats vorgesehen ist, auf europäischer Ebene generell die Pa- tentierung von Software zu ermöglichen. Richtig ist inso- weit, dass sich hierfür auf der dieser Konferenz vorange- gangenen Sitzung des Verwaltungsrates der Europäischen Patentorganisation eine knappe Mehrheit von einer Stimme gefunden hat. Die Vertreter aus Deutschland ha- ben sich im Übrigen ebenso wie die Frankreichs, Groß- britanniens, Dänemarks, Schwedens, Spaniens und Portu- gals eindeutig dagegen ausgesprochen. Da diese Haltung der Union bekannt ist, erübrigt sich eigentlich bereits ein Teil Ihrer Aufforderung an die Bun- desregierung, sich insoweit zu positionieren. Dies umso mehr, als die Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage der F.D.P.-Fraktion Ende Oktober diesen Jahres zum Sinn und den Grenzen der Patentierbarkeit von Computersoftware ausführlich Stellung genommen hat. Eine Änderung des Europäischen Patentübereinkom- mens zum jetzigen Zeitpunkt erscheint schon aus gesetzestechnischen Gründen nicht sinnvoll, da die EU- Kommission derzeit eine Richtlinie zur Frage der Paten- tierbarkeit von Software vorbereitet. Ein entsprechendes Sondierungspapier ist bereits am 19. Oktober vorgelegt worden. Damit wurde ein breiter Diskussionsprozess ein- geleitet, der ergebnisoffen zu gestalten ist. Diesem Pro- zess sollte nicht vorgegriffen werden. Die im CDU/CSU-Antrag geforderte Frist von drei Monaten, innerhalb derer sich die Bundesregierung zu Software-Patenten verbindlich positionieren soll, er- scheint mir in diesem Zusammenhang vollkommen will- kürlich und bestenfalls hinderlich für die anstehenden Verhandlungen. Die Bundesregierung hat in der bereits erwähnten Be- antwortung der Kleinen Anfrage der F.D.P.-Fraktion im Übrigen deutlich gemacht, dass die Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 27 des WTO-Übereinkom- mens über handelsbezogene Aspekte geistigen Eigentums verpflichtet ist, Patentschutz für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik zu gewähren. Demzufolge müssen Patente auch für Erfindungen erteilt werden, die sich auf Software beziehen, wenn dies beantragt wird und die übri- gen Voraussetzungen für eine Patenterteilung vorliegen. Demgegenüber dürfen keine Patente erteilt werden, wenn eine Computersoftware keine Erfindung darstellt. In diesem Falle ist der Softwareentwickler aber nicht schutzlos. Ihm steht vielmehr ein rechtlicher Schutz nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes zu. Die be- stehenden Patentierungsmöglichkeiten in Bezug auf Soft- ware-Erfindungen sind jedoch leider vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch Soft- wareentwicklern nicht ausreichend bekannt. Gerade für diese kann aber ein Patentschutz für Software-Erfindun- gen besonders wichtig werden, weil sie sich nicht wie Großunternehmen durch Einsatz ihrer Marktmacht gegen Nachahmer schützen können. Um zu vermeiden, dass Wettbewerb um Innovationen hinter juristischen Ausein- andersetzungen zurücktritt, müssen die patentrechtlichen Regelungen klar und eindeutig gefasst sein, damit Rechts- sicherheit besteht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012942 (C) (D) (A) (B) Es wird jedem einleuchten, dass der Schutz des geisti- gen Eigentums an einer echten Erfindung dem Erfinder möglich sein muss. Das Patentrecht hat den Zweck, Un- ternehmern und Geldgebern Anreize zu schaffen, in die riskante und kapitalintensive Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Lösungen zu investieren. Doch ge- rade in Bereichen wie der Softwareentwicklung – oder etwa der Genforschung – können selbst Experten kaum überblicken, welche Implikationen eine Neuerung jeweils beinhaltet. Um die Gefahr von „Trivial- oder Sperrpaten- ten“ und weltmarktbeherrschenden Monopolen abzuwen- den, müssen differenzierte Lösungen gefunden werden, die den Wettbewerb und die Entwicklung in diesem Wirt- schaftszweig nicht beeinträchtigen, sondern sie fördern. Genau daran aber wird intensiv gearbeitet. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, in Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesregierung auf, quasi im Alleingang ein weltweites Moratorium bei der Soft- warepatentierung zu erreichen. Sie zeigen damit ein bemerkenswertes Maß an Vertrauen in die globalen Einflussmöglichkeiten der von Gerhard Schröder geführ- ten Regierung. Aber auch Sie sollten sich den Realitäten der globalisierten Weltwirtschaft und den kodifizierten Regeln des internationalen Handels stellen. Für mich bedeutet das, eine breite Debatte über Wett- bewerb und Innovation auf den Softwaremärkten zu ini- tiieren, auf deren Grundlage wir mit unseren europäischen Partnern eine Software-Patent-Richtlinie erarbeiten, wel- che den berechtigten Befürchtungen um Wettbewerbsver- zerrungen Rechnung trägt und welche auch wettbe- werbsfördernden Konzepten wie beispielsweise der „Open-Source-Technologie“ einen Platz einräumt. Mit einer schlüssigen europäischen Patentrichtlinie, hinter der die Mitgliedstaaten der EU stehen, kann man meiner An- sicht nach auch weltweit mehr Einfluss ausüben, als dies im nationalen Schnellschuss möglich wäre. Ich hoffe, dass es der Bundesregierung noch gelingen wird, für die Diplomatische Konferenz die notwendige Mehrheit für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung zusammenzubekommen. Lassen sie mich dabei noch an- merken, dass selbst die bei der Diplomatischen Konferenz getroffene Entscheidung noch nicht das letzte Wort in die- ser Sache wäre, da diese noch durch die nationalen Parla- mente ratifiziert werden müssten. Ich bitte daher die Bun- desregierung, in ihren Bemühungen in diesem Sinne nicht nachzulassen. Margarete Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Auf der Grundlage der vorbereitenden Ver- handlungen zu der Diplomatischen Konferenz zur Re- vision des Europäischen Patentübereinkommens vom 20. bis zum 29. November in München ist vorgesehen, Software aus den Ausnahmeregeln des § 52 Abs. 2 EPÜ herauszunehmen. Darin sind Gegenstände beschrieben, die „als solche“ nicht patentierbar sind. Bereits in den letzten Jahren ist die Patentierbarkeit von Software durch die Praxis der Patentämter und die Rechtsprechung immer weiter ausgedehnt worden. Diese Entwicklung darf jetzt nicht durch die Änderung des EPÜ nachvollzogen wer- den. Im Gegenteil: Wir brauchen eine grundlegende Prü- fung der bisherigen Praxis. Bei der Sitzung des Verwaltungsrates des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. bis zum 8. September 2000 wurden die Regierungen Deutschlands, Dänemarks, Frankreichs, des Vereinigten Königreichs, Schwedens, Spaniens, Portugals und Luxemburgs mit einer Stimme Mehrheit überstimmt. Die EU-Kommission bereitet der- zeit eine Richtlinie zur Frage der Patentierbarkeit von Software vor. Die Binnenmarktdirektion hat dazu ein Son- dierungspapier zur „Patentierbarkeit Computer-Imple- mentierter Erfindungen“ vorgelegt und einen breiten Dis- kussionsprozess eingeleitet. Diesem Prozess darf nicht vorgegriffen werden. Er ist ergebnisoffen zu gestalten. Wir unterstützen die Bundesregierung daher in ihrem Ziel, für die Diplomatische Konferenz die nunmehr not- wendige Zweidrittelmehrheit zusammenzubekommen, um zunächst eine Änderung der Rechtslage und eine Aus- weitung der Patentierbarkeit zu verhindern. Insbesondere Entwickler von Open-Source-Software, kleine und mitt- lere Unternehmen und freie Entwickler von Software se- hen sich durch die Ausweitung der Patentierbarkeit von Software gefährdet. In der Informationsökonomie gewinnt die Kooperation im Netzwerk gegenüber der hierarchi- schen Kooperation an Bedeutung. Bei der Software- entwicklung ist die Zusammenarbeit von kleinen und mitt- leren Unternehmen und freien Softwareentwicklern der Entwicklung in Grossunternehmen zum Teil überlegen. Open Source hat eine wichtige Funktion bei der Her- stellung von mehr Wettbewerb auf dem Softwaremarkt. Es gewährleistet durch die Offenheit des Quellcodes die Möglichkeit, Interoperabilität und Wettbewerb gleichzei- tig zu gewährleisten. Open Source ermöglicht es, Wettbe- werb und Kommunikationsfähigkeit unterschiedlicher Softwarelösungen sicherzustellen. Das Open-Source-Be- triebssystem Linux setzt sich bei Servern mehr und mehr durch – gegen MS-Windows und andere proprietäre Be- triebssysteme. Es läuft stabiler, ist billiger und kann den je- weiligen Bedürfnissen der Nutzer dank seines offenen Quellcodes besser angepasst werden. Zudem lässt sich Li- nux wesentlich besser gegen Angriffe von außen sichern. Daher darf Open Source durch Software-Patente nicht be- hindert werden. Die Patentierbarkeit von Software nutzt vor allem den Großunternehmen: Sie verfügen über eigene Patent- und Rechtsabteilungen, die Recherchen und Anmeldungen effizient abwickeln können. Die zunehmende Patentier- barkeit von Software führt dazu, dass der Wettbewerb um Innovation hinter juristische Auseinandersetzungen zu- rücktritt. Eine Studie des Massachusetts Institute of Tech- nologie hat auch volkswirtschaftlich negative Effekte der Patentierbarkeit von Software nachgewiesen. Ein großer Teil der Energie der Entwicklungsarbeit müsste dann auf die Recherche bestehender Patente verwandt werden. Die Rechte der Entwickler von Software müssen ge- wahrt werden. Unternehmen und Programmierer müssen angemessene Erträge für ihre Arbeit realisieren können. Patente erscheinen uns dafür nicht geeignet. Softwareent- wickler betonen zum Teil den völlig eigenen Charakter von Software; andere sehen sich ausreichend durch das Urheberrecht geschützt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12943 (C) (D) (A) (B) Notwendig ist eine breite Debatte über den geeigneten Schutz der Rechte der Entwickler, die Gewährleistung von Anreizen zur Investition in Software, von Innovatio- nen und die Sicherstellung von Wettbewerb auf den Soft- waremärkten. Angela Marquardt (PDS): Alle Fraktionen sind sich einig, dass Software-Patente die Innovationspotenziale und den Wettbewerb beeinträchtigen. Die PDS fällt da nicht aus dem Rahmen. Die Entwicklungen im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnolo- gien sind derart schnelllebig, dass Patente oftmals wie Blockaden wirken. Gerade im Bereich der Software wer- den die bestehenden Programme eigentlich ständig, ohne Unterbrechung weiterentwickelt. Software ist am ehesten mit einer gerade entstehenden ganz neuen Sprache vergleichbar, die dadurch reicher, umfassender, stimmiger wird, dass sie viele sprechen, dass sie variiert wird, ergänzt wird. Ein fertiges Produkt im klassischen Sinne gibt es kaum noch – und ist auch nicht wünschenswert. Dort, wo eine Software nicht weiterentwickelt wird, kommt der Entwicklungsprozess zum Stehen. Es ist also nicht verwunderlich, dass so- gar die Software produzierende Industrie ein starkes Inte- resse an Open-Source-Technologie hat. Selbst der welt- weit zweitgrößte Softwarehersteller ORACLE lehnt Software-Patente strikt ab. Neben den volkswirtschaftlichen Gründen, die gegen eine Patentierbarkeit sprechen, sind es vor allem aber auch soziale Gründe und Sicherheitsinteressen, die uns zu Gegnern der Software-Patente werden lassen. Gerade bei Verschlüsselungssoftware kann man nicht erwarten, dass sich alle auf nicht nachvollziehbare Programme einzelner Großunternehmen verlassen. Hier muss das Programm nachvollziehbar sein, weil nur so die Frage der Sicherheit nachvollziehbar, die Funktion einer Software beurteilbar ist. Das heißt, der Quellcode muss einsehbar sein. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass das Wirtschaftsmi- nisterium die Entwicklung der freien Software Gnu Pri- vacy Guard unterstützen will, mit der man E-Mails ver- schlüsseln kann. Die Bundesregierung hat sich in einem Eckpunktepapier für eine starke und uneingeschränkte Kryptographie ausgesprochen und gefordert, die Ent- wicklung deutscher Kryptosoftware zu unterstützen. Ich sehe die Regierung in diesem Punkt genau auf dem rich- tigen Weg. Die Förderung von Open-Source-Software hat, wie er- wähnt, auch eine soziale, eine politische Funktion. Offene Betriebssysteme wie Linux sind zwar inzwischen zu ei- nem kommerziell lukrativen Geschäft geworden, den- noch kann mit Open Source Software viel Geld gespart werden, weil teure Softwarelizenzen entfallen. Diese Einsicht, die auch der Bundesregierung nicht ganz fremd sein dürfte, hat allerdings bisher nicht zu Kon- sequenzen geführt. Ich kenne keine Bundesbehörde, die mit Linux arbeitet. Wir alle sind Microsoft-Abhängige. In Sachsen hat die PDS-Landtagsfraktion einen Antrag ein- gebracht, Computer, die im Zusammenhang mit der Ak- tion „Schulen ans Netz“ angeschafft werden, mit dem freien Betriebssystem Linux laufen zu lassen. Ich muss wohl kaum hinzufügen, dass der Antrag abgelehnt wurde. Dabei befürwortet – wie im Handelsblatt vom 30. Juni nachzulesen war – inzwischen sogar Staatssekretär Mosdorf die Möglichkeit, bei „Schulen ans Netz“ Open- Source zu stärken. Aber da war die PDS wohl mal wieder etwas der Zeit voraus. Nach diesen Ausführungen werden Sie sicher nicht er- staunt sein, dass wir die Forderungen im zweiten Teil des hier vorliegenden CDU/CSU-Antrages teilen. Unklar er- scheint mir das von der Union geforderte eigenständige Schutzrecht für Software. Worauf soll das hinauslaufen? In den Ausschüssen werden wir sicher darüber sprechen. Vielleicht schaffen wir es ja, zu einem gemeinsamen An- trag zu kommen. Ich bekunde hier jedenfalls schon ein- mal mein Interesse daran. Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz:Das Internet und die neuen Tele- kommunikationsmedien werden sich auf alle Rechtsge- biete auswirken. Die Gesetzgebung muss hier rasch gestaltend eingreifen und die Modernisierung unseres Rechts vorantreiben. Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Entwurf eines Namensaktiengesetzes wollen wir dies für das Aktienrecht tun. Hier erscheint eine Mo- dernisierung dringlich. Die Verwendung neuer Tech- nologien ist in den Kapitalmärkten besonders fortge- schritten. Um ein Beispiel vor Augen zu führen: Ein Anleger, der von seinem Laptop aus seine Kauf- und Verkaufentschei- dungen online trifft, versteht es nicht mehr, dass er be- stimmte Unternehmensmitteilungen nicht auch online er- halten oder seine Stimmrechtvollmachten auf diesem Wege erteilen kann. Das Namensaktiengesetz wird dies möglich machen. Erstens wird das völlig veraltete Recht zur Namensak- tie grundlegend aktualisiert und auf den Stand moderner Datenübertragung und elektronischer Aktienregister ge- bracht. Dabei haben wir besonderen Wert auf die daten- schutzrechtliche Absicherung und Verbesserung gelegt. Der einzige streitige Punkt war die Frage, wer die Kosten für die Datenübermittlung tragen sollte. Es wäre schön, wenn sich die Streitpunkte auch bei anderen Vorhaben auf solche Details reduzieren ließen. Ich danke den Bericht- erstattern dafür, dass sie eine sehr ausgewogene Lösung hierzu gefunden haben. Zweitens – dieser Punkt ist vielleicht noch wichtiger –: In dem Entwurf werden viele Formerfordernisse aus alter Zeit rund um die aktienrechtliche Hauptversammlung so- weit wie möglich heruntergefahren. Teilnehmerverzeich- nisse auf den Hauptversammlungen werden in Zukunft auf Bildschirmen dargestellt, Aufsichtsratssitzungen kön- nen im Bedarfsfall rasch als Videokonferenz einberufen werden, Stimmrechtsvollmachten können auch in elektro- nischer Form erteilt werden und ähnliches mehr. Dies sind mutige Modernisierungen unseres Aktienrechts. Das Namensaktiengesetz wird dem nicht mit dem Ge- sellschaftsrecht befassten Betrachter als eine eher techni- sche Novelle erscheinen. Der Entwurf hat aber das Poten- zial, eine beachtliche Modernisierung und Veränderung anzuschieben. Es wird zum Beispiel interessant zu beob- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012944 (C) (D) (A) (B) achten sein, wie in der Zukunft die Stimmrechtsausübung auf den Hauptversammlungen unserer Aktiengesellschaf- ten neu organisiert werden wird. Das alte Depotstimm- recht der Banken wird Konkurrenz bekommen, so viel können wir heute schon vorhersagen. Das Gesetz enthält weiter eine Einschränkung des sehr bürokratischen und aus heutiger Sicht unverständlich komplizierten Nachgründungsverfahrens für neu gegrün- dete Aktiengesellschaften. Dies betrifft besonders die Start-Up-Unternehmen und die Neuemissionen am Neuen Markt. Die beteiligten Kreise haben diesen Gesetzge- bungsvorschlag mit großer Erleichterung aufgenommen. Sie können sich vorstellen – oder sie werden es schon wis- sen –, dass dieser Entwurf hohe Zustimmung bei allen be- teiligten Kreisen gefunden hat und dringlichst erwartet wird. Ich möchte deshalb an dieser Stelle den Berichter- stattern und den Kollegen im Rechtsausschuss, aber auch im Wirtschaftsausschuss für die sehr zügige und kon- struktive Beratung des Entwurfs danken. Das gilt über die Fraktionsgrenzen hinweg. Ich freue mich, sagen zu kön- nen, dass wir damit auch im internationalen Vergleich auf diesem Rechtsgebiet eine innovative Rolle übernehmen. Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die zwei Ihnen vorliegenden Änderungsanträge der F.D.P.-Fraktion ein- gehen. Sie betreffen den Entwurf nicht unmittelbar. Beim VW-Gesetz ist immerhin ein Zusammenhang nicht zu leugnen. Es ist auch nicht so, dass wir kein Verständnis für den Antrag haben. Aber nachdem Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der CDU/CSU und der F.D.P.-Frak- tion, in der 12. und 13. Wahlperiode zweimal vergeblich versucht haben, das VW-Gesetz abzuschaffen oder zu än- dern, sollte Ihnen einsichtig geworden sein: Es wäre rich- tiger und besser, wenn der Anstoß zur Reform in diesem Fall von den Betroffenen selbst ausginge. Auch Ihren Vorschlag zur Reform des Anfechtungs- rechts nehmen wir durchaus ernst. Ich bin aber nicht da- mit einverstanden, einen so wichtigen, im Einzelnen in der Wissenschaft und Praxis umstrittenen Vorschlag von erheblicher Tragweite handstreichartig und ohne Diskus- sion mit den beteiligten Kreisen im Rahmen eines völlig anderen Gesetzgebungsverfahrens mitzuregeln. Es ist Ihr gutes Recht, auf das Thema hinzuweisen und Änderungen anzumahnen. Wir lassen uns aber eine sorgfältige Geset- zesarbeit dadurch nicht nehmen. Das Anfechtungsrecht ist zudem zentraler Punkt in der von der Bundesregierung eingesetzten Corporate Governance Kommission, wo wir Gelegenheit haben, den gesamten Sachverstand einzu- sammeln. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge – 46. Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO (NATO PV) vom 17. bis 21. November 2000 in Berlin; – Europäische Sicherheit und NATO (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die NATO steht in Zeiten des Wandels. Während des Ost- West-Konfliktes war ihr Bereich auf die kollektive Ver- teidigung beschränkt. Heute haben sich die Aufgaben ge- wandelt: Die NATO ist engagiert bei militärischen Krisenmanagementoperationen. Daher steht sie in einer besonderen sicherheitspolitischen Verantwortung. Die Aufgabe heute ist die Weiterentwicklung eines global und regional verschränkten Multilateralismus. Die NATO ist Bestandteil eines Netzwerkes von Si- cherheitsorganisationen für Europa: NATO, Europäische Union und OSZE. In einem weiten Verständnis von Si- cherheit gehört auch der Europarat dazu. Darüber hinaus haben wir kooperative Sicherheitsbeziehungen zu den osteuropäischen Staaten in unterschiedlicher Dichte auf- gebaut. Einige sind inzwischen Mitglieder der NATO, die anderen kooperieren mit uns über die Partnerschaft für den Frieden. In diesem Kontext hat sie mehrere Funktio- nen. Sie ist das wesentliche materielle Band der transatlan- tischen Beziehungen, um das herum kulturelle und wirt- schaftliche Verbindungen geknüpft wurden. Sie hat sich als stabile Organisation erwiesen. Die anderen Ebenen der transatlantischen Beziehungen müssen jedoch energisch weiterentwickelt werden. Die transatlantischen Beziehungen waren in ihrer Ge- schichte nicht frei von Meinungsunterschieden und Kon- flikten. Partnerschaft und Freundschaft zeichneten sich nicht dadurch aus, dass solche Probleme unter den Tep- pich gekehrt wurden, sondern dass darüber offen debat- tiert wurde. Die Bewältigung der Probleme hat den Zu- sammenhang des Bündnisses eher gestärkt. Auch heute sind sie nicht frei von Differenzen. Ein Punkt, über den wir in der Gegenwart diskutieren und der auch Thema in den nächsten Tagen auf der Herb- sttagung der Nordatlantischen Versammlung in Berlin sein wird, ist das von den Vereinigten Staaten geplante System einer nationalen Raketenabwehr. Wir gehen dabei von unterschiedlichen sicherheitspolitischen Analysen aus, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Der An- satz der europäischen Seite im transatlantischen Verhält- nis geht eher von der rüstungskontrollpolitischen Seite aus. Die diesjährige parlamentarische Versammlung der NATO gibt uns die Möglichkeit, die Diskussionen zu die- sem Thema gemeinsam auch mit amerikanischen Kolle- gen zu vertiefen. Ein sicherheitspolitisches Thema, mit dem wir uns in den nächsten Jahren, nicht zuletzt aus humanitären Grün- den, intensiv werden widmen müssen, sind Kleinwaffen. Es sind diejenigen Waffen, durch die gegenwärtig die meisten Menschen umkommen. Daher ist hier dringender Handlungsbedarf. Die Mittel der Rüstungskontrolle auf diesem Gebiet sind noch sehr beschränkt. Notwendig sind zum Beispiel die unauslöschliche Kennzeichnung von Kleinwaffen und eine größere Transparenz bei der Her- stellung und beim Handel mit diesen Waffen. Da diese Waffen heute vor allem in innergesellschaftlichen Krie- gen benutzt werden, ist es notwendig, die betroffenen Ge- sellschaften zu stabilisieren. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12945 (C) (D) (A) (B) Die Bundeswehr befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Wir unternehmen große Anstrengungen, die ge- genüber der NATO und der Europäischen Union einge- gangenen Verpflichtungen der NATO zu erfüllen. Die Modernisierung und Reduzierung der Bundeswehr wird ein langwieriger Prozess, der integraler Bestandteil unse- rer multilateralen Sicherheitspolitik ist. Zum Schluss möchte ich noch ein Thema ansprechen, dessen Bedeutung inzwischen in allen sicherheitspoliti- schen Organisationen an Bedeutung gewinnt: Prävention im Sinn von Gewaltverhinderung. Das schon erwähnte Problem der Kleinwaffen zeigt, dass zeitgemäße Sicher- heitspolitik präventiv orientiert sein muss. Unser Ziel ist es, unsere militärischen Kapazitäten nicht einzusetzen und dafür die erforderlichen Instrumente und Mechanis- men der Prävention zu schaffen. Der Kosovo-Krieg hat gezeigt, dass unsere Instrumente dafür nicht ausreichend waren und die Bedeutung einer strategisch angelegten Prävention zu lange unterschätzt wurde. Die NATO wirkt jetzt im Rahmen von KFOR stabilisierend und ist damit auch präventiv tätig. Allerdings kann Militär keinen Frie- den schaffen, den müssen sich die Menschen in den Ge- sellschaften selbst erarbeiten. Eine der Lehren aus dem Krieg ist, dass in den Jahren seit dem Ende des Ost-West- Konfliktes diese sicherheits- und friedenspolitische Stra- tegie immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und wir die Handlungsfähigkeit der UNO stärken müssen. In unserem interfraktionellen Antrag stellen wir he- raus, dass die transatlantischen Beziehungen und das Netzwerk der Sicherheitsorganisationen für Europa eine der besten Garantien gegen eine Renationalisierung der Sicherheitspolitik ist. Dialog über strittige Punkte wie die National Missile Defense gehören ebenfalls dazu. Die NATO spielt in diesem Netzwerk nicht die einzige, aber eine wichtige Rolle. Ulrich Irmer (F.D.P.): Die Berliner Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO diese Woche in Berlin, zehn Jahre nach Wiederherstellung der deut- schen Einheit und nach dem Ende des Kalten Krieges, ist Anlass für eine Bilanz sowie für einen Ausblick auf zukünftige Herausforderungen. Nach wie vor gilt, dass die NATO nicht nur das dauerhafteste, sondern auch das erfolgreichste Sicherheits- und Verteidigungsbündnis der neueren Weltgeschichte darstellt. Der Erfolg der Allianz ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die demo- kratischen Staaten Europas und Nordamerikas nicht nur zu einem klassischen Militärbündnis, sondern zu einer po- litischen Wertegemeinschaft verbunden haben, deren höchstes politisches Ziel eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in Europa ist. Die Kombination aus mi- litärischer Abschreckungsfähigkeit und dem Willen zu Vertrauensbildung, Rüstungskontrolle und Abrüstung war der Schlüssel zur Überwindung der deutschen und euro- päischen Teilung. Mit dem Beitritt Polens, der Tschechi- schen Republik und Ungarns, mit einer Fülle von Part- nerschafts- und Kooperationsverträgen mit den jungen Demokratien in Osteuropa und mit seiner Bereitschaft zur weiteren Öffnung, hat das Bündnis gezeigt, dass es sich gegen niemanden richtet, sondern als Garant für Stabilität und Sicherheit an der Gestaltung des politischen Wandels in Europa mitwirkt. Wer Freiheit verwirklichen, beschützen und bewahren will, braucht hierfür auch militärische Durchsetzungs- fähigkeit. Die Verteidigung der freiheitlichen Verfassung unserer Gesellschaft ist daher eine zentrale Aufgabe un- serer Streitkräfte im Rahmen der NATO. Sie können diese Aufgabe indessen nur dann wahrnehmen, wenn sie hier- für mit adäquaten Mitteln ausgestattet werden. Dies ist je- doch nicht der Fall. Lag die Bundesregierung 1990 noch mit einem Anteil der Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,4 Prozent des Bruttosozialproduktes an fünfter Stelle unter den NATO-Partnern, so bildet sie heute mit 1,4 Pro- zent das Schlusslicht. Dies hat im Kosovo-Konflikt unter anderem dazu geführt, dass Luftwaffe, Heer und Marine bei ihrem Einsatz praktisch kaum Führungsaufgaben übernehmen konnten, weil sie nicht in der Lage waren, mit den besser ausgestatteten Bündnispartnern zu kom- munizieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es schon ausge- sprochen abenteuerlich, wenn sich der Bundesverteidi- gungsminister nicht nur zur Stärkung des deutschen An- teils an den Krisenreaktionskräften der Europäischen Union und zum Ausbau des Euro-Korps, sondern auch noch zur permanenten Bereitstellung deutscher Kontin- gente im Rahmen der UNO-Friedensmissionen verpflich- tet. Derartige Zusagen erfordern nicht nur erhebliche zu- sätzliche Aufwendungen im Bereich der strategischen Transportfähigkeit, der Satellitenaufklärung und moderner Präzisionswaffen. Sie werfen vor allem auch eminente verfassungsrechtliche Fragen hinsichtlich Auftrag, Man- datierung und parlamentarischer Zustimmungspflichtig- keit deutscher Einsätze auf. Selbstverständlich muss es auch Aufgabe der Bundes- wehr in der Zukunft sein können, gemeinsam mit Bünd- nispartnern Menschen aus Notlagen zu retten, Konflikte zu verhüten und Krisen zu bewältigen. Derartige Bünd- nisoperationen bedürfen jedoch ebenso einer zweifels- freien völkerrechtlichen Legitimierung, wie die deutsche Beteiligung hieran eine vorherige Zustimmung durch den Deutschen Bundestag zwingend voraussetzt. Auch im Rahmen der neuen NATO-Strategie muss die Bündnis- und Landesverteidigung absolute Priorität bei- behalten. Es ist bei der überwiegenden Zahl der Mitglied- staaten, gerade auch vor dem Hintergrund der Erfahrun- gen in Bosnien und im Kosovo, keine wachsende Neigung zu militärischen Interventionen außerhalb des Bündnisge- bietes zu erkennen. Wenn die NATO die Rolle als Stabi- litätsfaktor im euro-atlantischen Raum beibehalten will, darf sie nicht die Rolle eines Weltpolizisten übernehmen. Die Erfahrungen im Kosovo und in Bosnien haben auch gezeigt, dass der Aufbau einer gemeinsamen euro- päischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die die- sen Namen verdient, unerlässlich ist. Dies kann aus libe- raler Sicht aber nur komplementär zur NATO über die Verstärkung einer europäischen Handlungsfähigkeit im Bündnis selbst erfolgen. Am Ende der gegenwärtig statt- findenden Bemühungen sollte daher nicht eine – wie auch immer geartete – „Euro-NATO“, sondern eine ausgewo- genere Verantwortungs- und Lastenteilung zwischen Eu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 200012946 (C) (D) (A) (B) ropa und den USA stehen. Eine Arbeitsteilung nach dem Motto: „Amerika kämpft und Europa zahlt“, ist keine so- lide Grundlage für eine belastbare Sicherheitspartner- schaft. Deshalb muss die Herausbildung einer eigenstän- digen europäischen Verteidigungspolitik innerhalb der NATO auch an die Entwicklung einer transatlantischen Verteidigungsindustrie gekoppelt sein. Beide Seiten des Atlantiks verbinden zu viele gemein- same Interessen, als dass man es sich leisten könnte, ge- trennte Wege zu gehen. Die Neugestaltung der Aufgaben im Bündnis, ohne die bewährte Sicherheitspartnerschaft infrage zu stellen, ist daher die entscheidende Herausfor- derung für die Zukunft der NATO. Wolfgang Gehrcke (PDS):Wenn der Umstand, dass sich der Bundestag erst zu später Nacht- bzw. früher Mor- genstunde mit der Parlamentarischen Versammlung der NATO befasst, Ausdruck dafür wäre, wie viel oder eher wenig die NATO für die deutsche Politik bedeutet, dann würde mich das aufrichtig freuen. Man soll sich bekannt- lich nicht zu früh freuen. Für die deutsche Außen-, Innen- und Sicherheitspolitik gilt noch immer: „NATO first“. Ich habe dies immer für falsch gehalten. Nach dem Ende der Systemauseinandersetzung in Europa hätte die Chance bestanden, weiter abzurüsten und im Zuge dieses Prozes- ses Militärbündnisse und damit auch die NATO zu über- winden. Die NATO und mit ihr die deutsche Politik ist diesen vernünftigen und logischen Weg nicht gegangen; im Gegenteil: Selbst der Status quo wurde nicht gehalten. Qualitativ ist eine neue Runde der Hochrüstung eingetre- ten. Der Krieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugo- slawien war vielleicht der tiefste Einschnitt in der Nach- kriegsgeschichte. Das Bündnis, das für sich selbst immer wieder den Anspruch erhob, ein Bündnis zur Verhinde- rung von Kriegen zu sein, hat in Europa Krieg geführt und dies im Widerspruch zur Charta der Vereinten Nationen, aber auch zur eigenen Charta. Die Washingtoner Gipfelvereinbarungen vom letzten Jahr haben die politische Grundlage der NATO tief verän- dert: Aus einem Bündnis zur Verteidigung der Territorien seiner Mitgliedsländer, das seine militärischen Entschei- dungen an der Beschlussfassung des VN-Sicherheitsrates – und zwar ausschließlich daran – gekoppelt hatte, wurde ein Militärbündnis, das weltweit Interessen verficht und sich weltweite Interventionsmöglichkeiten auch ohne die UNO anmaßt. Das schafft keine Sicherheit, sondern ist eine Gefahr für Sicherheit. Mehr Sicherheit entsteht auch nicht, wenn die NATO sich über ihre jetzigen Mitglieds- länder hinaus ausweitet. Gerade in Europa kann Sicher- heit nur Sicherheit mit Russland und nicht gegen Russ- land sein. Jeder weiß, dass die Aufnahme von Staaten, die ehemals zur Sowjetunion gehörten, die Sicherheitsinte- ressen von Russland berührt und in diesem Sinne destabi- lisierend wirkt. Die neue NATO-Konzeption drückt sich auch in verän- derten Zielsetzungen für die Armeen der Mitgliedstaaten aus. Es spricht für einen grundsätzlichen Paradigmenwech- sel deutscher Politik, wenn der Generalinspekteur der Bun- deswehr, General Kujat, auf der jüngsten Kommandeursta- gung als Ziel der Bundeswehrreform ihre „Veränderung von einer Verteidigungsarmee in ein hochwirksames In- strument der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“ be- nennt. Dies hätte sich keine CDU/CSU-Regierung leisten können, ohne einen Sturm der Entrüstung gerade bei der heutigen Koalition auszulösen. Die Bundeswehr als Instrument der Außenpolitik ist schlichtweg verfassungswidrig und politisch abenteuer- lich. Wer sie so einsetzen will, wird auf den Widerstand zumindest meiner Fraktion treffen. Die grundsätzlich unterschiedlichen Positionen kom- men auch in den vorliegenden Anträgen, dem überfraktio- nellen einerseits und dem meiner Fraktion andererseits, zum Ausdruck. Kollege Markus Meckel hatte meiner Fraktion angeboten, den interfraktionellen Antrag mitzu- zeichnen. Ich habe Achtung vor der Zivilcourage des Kol- legen Meckel, der PDS ein solches Angebot zu machen, trotz des noch bestehenden Tabus bei der Zusammenarbeit mit meiner Fraktion. Ich konnte auch keine Absicht erken- nen, meine Fraktion sozusagen vorzuführen; aber mit- zeichnen konnten wir den Antrag trotzdem nicht: Die ge- gensätzlichen Überzeugungen und Einschätzungen lassen dies nicht zu. Und dies ist gut so. Aber ich komme bei an- derer Gelegenheit auf dieses Angebot gern zurück. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. November 2000 12947 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dirk Bierling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin!
    Meine Damen und Herren! Frau Ernstberger, Ihren aus-
    führlichen Eingangsbemerkungen zum Zeitplan dieser
    Debatte stimme ich voll und ganz zu. Dabei sind wir ja in
    diesem Jahr schon etwas besser dran; denn wir müssen
    über den Abrüstungsbericht nicht erst nach Mitternacht
    debattieren. Allerdings fürchte ich, dass Sie in Ihrer Frak-
    tion ein bisschen Ärger bekommen könnten. Sie hätten
    wahrscheinlich sagen müssen: wir Abrüster und Abrüste-
    rinnen.


    (Petra Ernstberger [SPD]: Das stimmt!)

    Aber Scherz beiseite!

    Meine Damen und Herren, das Jahr 1999 bietet inter-
    national in Fragen der Abrüstung, Rüstungskontrolle und
    Nichtverbreitung ein wirklich ambivalentes Bild. Wäh-
    rend es gelungen ist, nach mehrjährigen Verhandlungen
    den KSE-Änderungsvertrag auf dem Gipfeltreffen der
    OSZE im November zu verabschieden, kam es in anderen
    Bereichen der Abrüstung und der Nonproliferation zur
    Stagnation. So arbeitete im vergangenen Jahr das kom-
    munistische Regime in Nordkorea weiter an der Entwick-
    lung einer militärischen Rakete mit großer Reichweite.
    Ebenso war eine Einstellung der indischen und
    pakistanischen Nuklearwaffenprogramme nicht zu regis-
    trieren, auch wenn sich die weltweit verurteilten Atom-
    tests des Jahres 1998 nicht wiederholt haben. Zudem ist es
    nicht gelungen, den bei der Genfer Abrüstungskonferenz
    bestehenden Stillstand zu überwinden und endlich ein Ar-
    beitsprogramm zu verabschieden.

    Einer der schwierigsten Momente für die internatio-
    nale nukleare Abrüstungsdiskussion war wohl die Nicht-
    ratifikation des Atomteststoppvertrages durch den US-
    Senat im September 1999, was einen relativen Stillstand
    in dieser Frage nach sich zog. Dieser Zustand ist bis jetzt
    nicht überwunden, nicht zuletzt durch den Wahlkampf in
    den Vereinigten Staaten. Wie und wann der künftige Prä-
    sident der USA sich dieses Themas wieder annehmen
    wird, kann man heute nicht abschätzen.


    (Zuruf von der F.D.P.: Wenn es den endlich mal gibt!)


    Die Debatte über das nationale Raketenabwehrsys-
    tem der Vereinigten Staaten hemmte die abrüstungspoli-
    tische Diskussion zusätzlich, da insbesondere die russi-
    sche Seite darin einen Verstoß gegen den ABM-Vertrag
    von 1972 sah.

    Der ABM-Vertrag, der die Anzahl von Raketenab-
    wehrsystemen zwischen Russland und den USAbegrenzt,
    ist einer der Eckpfeiler der internationalen strategischen
    Stabilität. Deshalb war es notwendig, sich vor der Kon-
    kretisierung US-amerikanischer Pläne für ein nationales
    Raketenabwehrsystem mit Russland zu verständigen. Das
    ist zum Teil geschehen. Wäre dies nicht geschehen, wäre
    die in diesem Frühjahr erfolgte Ratifizierung von
    START II durch die russische Duma gefährdet und damit
    die weitere Reduzierung der strategischen nuklearen
    Waffensysteme Russlands und der USAblockiert worden.




    Petra Ernstberger
    12884


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die Bundesregierung hat allerdings, wie ich meine, in
    diesem Zusammenhang bisher versäumt, sich mit den eu-
    ropäischen NATO-Partnern auf der Grundlage einer um-
    fassenden Bedrohungsanalyse um gemeinsame europä-
    ische Positionen zu diesem Komplex zu bemühen. Das
    Entstehen verschiedener Sicherheitszonen innerhalb des
    atlantischen Bündnisses muss natürlich unbedingt verhin-
    dert werden. Russland muss in diesem Zusammenhang
    allerdings auch von uns verdeutlicht werden, dass sich die
    Pläne einer Raketenabwehr nicht gegen russische Rake-
    ten wenden, sondern dass sie mit der globalen Sicherheit
    verbunden sind.

    Wie sensibel das Verhältnis zu Russland ist, bewies der
    Kosovo-Konflikt im vorigen Jahr sehr deutlich. Nach
    dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Kosovo-
    Albanern und der Bundesrepublik Jugoslawien in Ram-
    bouillet im März 1999 und der drohenden völligen Ver-
    treibung der albanischen Bevölkerung aus dem Kosovo
    war eine wirklich komplizierte Situation entstanden. Die
    internationale Gemeinschaft sah keine andere Möglich-
    keit als gezielte Luftangriffe der NATO gegen Serbien,
    um noch größeres menschliches Elend zu verhindern.
    Russland zeigte sich mit dem Vorgehen der NATO alles
    andere als einverstanden und brach daraufhin die Zusam-
    menarbeit auf der Grundlage der NATO-Russland-Grund-
    akte ab.

    Wie wir alle wissen, lenkte das Milosevic-Regime
    nach wenigen Wochen ein. Auf der Basis der Resolution
    1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen kam es
    zum Einsatz der Friedenstruppe KFOR unter Führung der
    NATO, der letztlich trotz schwieriger Umstände doch eine
    Einbindung russischer Streitkräfte bei der Befriedung der
    Region gelang. Die Bundesrepublik unterstützte diese
    Friedenstruppe mit 6 000 Bundeswehrsoldaten, die zum
    Schutz der ethnischen Gruppierungen und zur Durch-
    setzung der Waffenruhe eingesetzt wurden.

    Damit sind wir wieder beim Thema der Abrüstung;
    denn eine Reduzierung des Besitzes von Kleinwaffen in-
    nerhalb der Zivilbevölkerung des Kosovo ist im Vergleich
    zu den anderen erreichten Zielen nur unzureichend gelun-
    gen und wird KFOR auch in Zukunft beschäftigen müs-
    sen, da das bestehende Kleinwaffenpotenzial schnell zu
    einer dauerhaften Destabilisierung der Region führen
    kann. Beispiele hierfür gibt es viele. Denken wir nur an
    Tschetschenien oder Angola!

    Die Regierung Kohl hat das Augenmerk der inter-
    nationalen Staatengemeinschaft sehr frühzeitig auf das
    Problem der so genannten „small arms“ gelenkt. Deutsch-
    land brachte verschiedene Anträge mit Kleinwaffenbezug
    in die Generalversammlung der Vereinten Nationen ein,
    die letztendlich dazu beitrugen, dass die Vereinten Natio-
    nen im Jahr 1999, also im Berichtszeitraum, eine interna-
    tionale Staatenkonferenz zu diesem Thema für 2001 ein-
    beriefen.

    Die amtierende Bundesregierung hat die deutschen Ini-
    tiativen in dieser Richtung im Berichtszeitraum konse-
    quent fortgesetzt; das ist erfreulich. So gelang es während
    der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die Ziele und
    Prinzipien der bereits Ende 1998 auf deutsche Initiative
    hin entstandenen gemeinsamen Aktion der EU auf die

    Entwicklungszusammenarbeit zu übertragen. Das stellt
    eine entscheidende Voraussetzung für praktische Schritte
    zur Reduzierung von Kleinwaffenpotenzialen und deren
    Kontrolle in den Entwicklungsländern dar.

    Eingang fanden die Parameter der gemeinsamen Ak-
    tion letztlich auch in die Arbeit des OSZE-Forums für Si-
    cherheitskooperation, das OSZE-weite Maßnahmen ge-
    gen eine unkontrollierte Anhäufung bzw. unkontrollierte
    Verbreitung von Kleinwaffen erarbeitet.

    Auch in Zukunft sollte die Bundesregierung den ein-
    geschlagenen Weg fortsetzen und sich weiter für eine Re-
    duzierung der weltweiten Kleinwaffenarsenale engagie-
    ren. Dazu gehört natürlich auch eine intensive deutsche
    Vorbereitung auf die internationale Staatenkonferenz zum
    illegalen Handel mit Kleinwaffen im nächsten Jahr.

    Ein wichtiger Erfolg deutscher Außen- und Sicher-
    heitspolitik ist die bereits von Frau Ernstberger erwähnte
    Unterzeichnung der Anpassung des KSE-Vertrages auf
    dem OSZE-Gipfel im November vorigen Jahres in
    Istanbul. Hierbei hat die Bundesregierung gut daran ge-
    tan, den von der Regierung Kohl bereits 1996 aufgenom-
    menen Verhandlungsprozess fortzuführen und so über
    Diskussion und Beratung innerhalb der Allianz und spä-
    ter der Gemeinsamen Beratungsgruppe der Vertragsstaa-
    ten in Wien zu Ergebnissen zu gelangen. An dieser Stelle
    könnten Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
    ruhig einmal klatschen, da ich mich doch so schinde, die
    Regierung zu loben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Modifizierung des KSE-Vertrages erhöht die Sta-
    bilität auf dem Gebiet der konventionellen Streitkräfte in
    Europa. An die Stelle zu verhindernder Überraschungs-
    angriffe durch massive Streitkräftekonzentrationen ist
    nun die Verhinderung destabilisierender Streitkräftekon-
    zentrationen getreten. Ein enges Regelwerk legt nationale
    Obergrenzen für einzelne Waffensysteme fest – Frau
    Ernstberger hat bereits darüber gesprochen – und macht
    den Vertrag verifizierbar.

    Aber – auch dies hat Frau Ernstberger schon angespro-
    chen –: Deutschland und andere Staaten haben den KSE-
    Anpassungsvertrag trotz Zustimmung zum Vertragstext
    bisher nicht ratifiziert, weil Russland derzeit noch die
    Vereinbarungen des Flankenabkommens durch den
    Tschetschenien-Einsatz verletzt. Bei einem derart konsti-
    tutionellen Vertragswerk ist es jedoch notwendig, dass
    wichtige Vertragspartner wie Russland von Beginn an
    vertragskonform handeln. Eine Ratifizierung des Vertra-
    ges durch die Bundesrepublik zum jetzigen Zeitpunkt
    würde einer Sanktionierung des russischen Handelns
    entsprechen und würde dem Vertragswerk nicht die ihm
    entsprechende Wertigkeit bzw. Bedeutung zuerkennen.
    Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert, sich bei an-
    stehenden Gesprächen mit Vertretern der russischen Seite
    nachdrücklich dafür einzusetzen, die Kriterien des Ab-
    kommens einzuhalten.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





    Hans-Dirk Bierling

    12885


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Nur danach ist für die Bundesrepublik Deutschland eine
    Ratifizierung des KSE-Anpassungsvertrages möglich,
    ohne unsere gemeinsamen außenpolitischen Grundsätze
    zu verletzen.

    Welche Erfolge kontinuierliches Arbeiten erzielen
    kann, beweist das am 1. März 1999 in Kraft getretene
    Ottawa-Übereinkommen zu Antipersonenminen, das
    Deutschland bereits im Juli 1998 ratifiziert hatte. Es sieht
    ein umfassendes Verbot von Herstellung, Einsatz, Trans-
    fer und Lagerung aller Arten von Antipersonenminen vor
    und regelt die Zerstörung vorhandener Bestände. Außer-
    dem sieht es ein überprüfbares Verifikationsregime vor.

    Ein erstes Treffen der Vertragsstaaten von Ottawa fand
    im Mai 1999 in Maputo statt. Einige bisherige Nicht-
    zeichnerstaaten erklärten auf diesem Treffen ihre
    grundsätzliche Bereitschaft zum Beitritt, zum Beispiel die
    Türkei. Auf diesem Treffen wurden Modalitäten des In-
    formationsaustausches festgelegt, die das auf deutschen
    Vorschlägen basierende Verifikationsregime operationell
    machen. Die politische Abschlusserklärung enthielt ne-
    ben der Aufforderung zum Beitritt an die bisherigen
    Nichtzeichnerstaaten die Bestätigung, dass Zusam-
    menarbeit bei Minenräumung und Unterstützung bei der
    Opferfürsorge vor allem den Staaten zugute kommen soll,
    die einen Einsatz von Antipersonenminen für immer aus-
    geschlossen haben. Deutschland ist eines der Länder, das
    sich dabei aktiv engagiert.

    Kontinuität auf dem Politikfeld von Abrüstung und
    Sicherheit – ich erwähnte es schon einmal – ist wichtig. In
    dieser Frage stimmen im Grunde alle Fraktionen des Hau-
    ses überein.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt, die Bundesregierung kann, wenn sie auf die-
    sem Gebiet die Bemühungen ihrer Vorgängerin konse-
    quent fortsetzt, was bislang in wesentlichen Punkten der
    Fall ist, mit der Unterstützung des ganzen Hauses und so-
    mit auch der CDU/CSU-Fraktion in Fragen der Abrüstung
    und Rüstungskontrolle sowie der Nonproliferation rech-
    nen.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nun spricht der
Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer.

D
  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludger Volmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Die wichtigste Botschaft des Jahresabrüstungsberichts
    1999 lautet: Neue Herausforderungen und Gefahren bei
    der Proliferation von Massenvernichtungswaffen und ih-
    rer Trägermittel wie auch bei konventionellen Waffen ver-
    langen noch stärker nach politischen und vertraglichen
    Mitteln der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Deshalb
    haben wir – nun störe ich den Konsens – die Auflösung
    der Abrüstungsabteilung im Auswärtigen Amt, die durch

    die Vorgängerregierung eingeleitet worden war, Ende
    1998 in letzter Minute verhindert.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Jetzt kommt wieder Konsens.

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN und bei der SPD)

    Nachdem die Fortschritte und Rückschritte insgesamt
    dargestellt worden sind, möchte ich auf einige Punkte ein-
    gehen, in denen die amtierende Bundesregierung beson-
    ders initiativ geworden ist.

    1999 konnten in vielen Bereichen wichtige Fortschritte
    erzielt werden. Es ist ein bedeutender Erfolg der Außen-
    und Sicherheitspolitik der Bundesregierung – darauf
    wurde eingegangen –, dass der KSE-Vertrag beim
    OSZE-Gipfel in Istanbul im November 1999 nach deut-
    schen Vorschlägen an die veränderte Sicherheitslage und
    die sicherheitspolitischen Bedingungen in Europa ange-
    passt wurde. Ich denke, hier sollten wir uns bei den Be-
    amten des Auswärtigen Amtes bedanken, die sehr viel
    Kreativität investiert haben und sich letztlich auch durch-
    gesetzt haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Die Stabilität im Bereich der konventionellen Streit-
    kräfte ist dadurch entscheidend vergrößert. Verschärfte
    rüstungspolitische Beschränkungen und operative Flexi-
    bilitäten sind in eine angemessene Balance gebracht.
    Destabilisierende Streitkräftekonzentrationen werden
    überall im Vertragsgebiet verhindert. Verstärkungen zur
    Krisenprävention und -bewältigung bleiben möglich. Mit
    der Öffnung des KSE-Vertrages kann sich das Netzwerk
    einer deutlich erhöhten konventionellen Stabilität erst-
    mals über ganz Europa bis zum Ural legen. Es kommt
    jetzt darauf an, dass alle Partner ihre Pflichten aus dem ur-
    sprünglichen Vertrag erfüllen, damit die allseitige Ratifi-
    kation des neuen KSE-Vertrags zügig erfolgen und der
    Vertrag möglichst rasch umfassend implementiert werden
    kann. Das gilt auch für Russland, dessen militärisches En-
    gagement in Tschetschenien gegen den KSE-Geist und
    -Text verstößt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ebenfalls auf dem OSZE-Gipfel beschlossen und am
    1. Januar 2000 bereits in Kraft getreten ist das Wiener
    Dokument 99, das das Wiener Dokument 94 über ver-
    trauensbildende Maßnahmen unter den damals 54 Mit-
    gliedstaaten an die neue Lage anpasst. Es enthält – das ist
    ein erheblicher Fortschritt – erstmals einen konkreten Ka-
    talog regionaler vertrauens- und sicherheitsbildender
    Maßnahmen.

    Die Bundesregierung hat sich in diesem Zusammen-
    hang intensiv für die Stabilisierung der Krisenregion auf
    dem Balkan nach dem Ende des Kosovo-Konflikts ein-
    gesetzt. Die Bemühungen um regionale Abrüstung und
    Stabilität im Rahmen des Dayton-Abkommens werden in-
    tensiv weitergeführt. Im Rahmen des Stabilitätspakts wer-
    den zusätzliche Bemühungen zur Verbesserung der de-




    Hans-Dirk Bierling
    12886


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    mokratischen Kontrolle der Streitkräfte, der militärischen
    Kontakte und der Transparenz sowie vertrauens- und si-
    cherheitsbildende Maßnahmen zur Förderung einer fried-
    lichen Entwicklung in der Region auf den Weg gebracht.

    Mit der Wahl des demokratischen Präsidenten
    Kostunica erhalten diese Bemühungen eine neue,
    optimistische Perspektive für die Rückkehr Jugoslawiens
    in die Völkergemeinschaft und die friedliche Entwicklung
    der gesamten Region.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich freue mich deshalb – dem gilt sicherlich auch Ihr Bei-
    fall –, dass Jugoslawien seit letzter Woche 55. Mitglied
    des Wiener Dokuments geworden ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg van Essen [F.D.P.])


    Die Bundesregierung ist besonders besorgt um die Ri-
    siken der Proliferation von Massenvernichtungswaffen,
    die 1999 deutlich hervortraten. Das Problem wird ver-
    schärft durch die rasche Entwicklung weit reichender mi-
    litärischer Trägertechnologie in mehreren Ländern, die
    damit ein weit über ihre eigene Region hinaus reichendes
    Bedrohungspotenzial erwerben können. Dieses Thema
    wurde übrigens beim letzten Besuch in Nordkorea offen-
    siv angesprochen.

    Die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen wird
    von der Bundesregierung kritisch bewertet. Ihre Realisie-
    rung könnte erhebliche Konsequenzen für das gesamte
    Gefüge von Abrüstung und Rüstungskontrolle haben. Die
    Perspektive weiterer Fortschritte der nuklearen Abrüstung
    und Rüstungskontrolle darf dadurch nicht verstellt wer-
    den.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Heidi Lippmann [PDS])


    Die Bundesregierung begrüßt deshalb ausdrücklich, dass
    Präsident Clinton weitere Entscheidungen über die Dislo-
    zierung vorläufig zurückgestellt hat.

    Die Bundesregierung hat sich intensiv gegen Massen-
    vernichtungswaffen eingesetzt. Bei der 6. Überprü-
    fungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag im Mai
    dieses Jahres haben die Kernwaffenstaaten unzweideutig
    ihre Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung
    bekräftigt. Die Vertragsstaaten haben sich auf praktische
    Schritte zur Stärkung der nuklearen Nichtverbreitung und
    zur Fortsetzung der nuklearen Abrüstung verständigt.
    Forschungsreaktoren sollen auf deutsche Initiative hin
    von hoch angereichertem auf niedrig angereichertes Uran
    umgestellt werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Bei der Abrüstung von C- und B-Waffen sind weitere
    Fortschritte nötig: Der Chemiewaffenverbotsvertrag
    muss in allen Vertragsstaaten umfassend implementiert
    werden. Der Vertrag über das Verbot der biologischen
    Waffen sollte in den Genfer Verhandlungen um ein

    substanzielles Protokoll ergänzt werden, das ihn verifi-
    zierbar macht.

    Ich komme zum letzten Punkt. Die meisten Opfer sind
    in regionalen oder innerstaatlichen Konflikten auf den
    Gebrauch kleiner und leichter Kriegswaffen, auf so ge-
    nannte „small arms“ zurückzuführen. Die Bundesregie-
    rung hat die Initiative ergriffen, die weltweit vagabundie-
    renden Handelsströme von „small arms“ einzudämmen.
    Wie mehrere Redner angesprochen haben, ist es unser
    Ziel, bei der im kommenden Jahr stattfindenden UN-Kon-
    ferenz zu kleinen und leichten Kriegswaffen verlässliche
    Regeln aufzustellen, die Waffenströme wirkungsvoll zu
    kontrollieren und möglichst viele Waffen zu vernichten.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)