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ID1412410700

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    Eintritt des Abgeordneten Gerhard Schulz in den Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . 11839 A Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Dr. Uwe Jens . . . . . . . . . . 11839 A Wahl derAbgeordnetenUteKumpf als Schrift- führerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11839 B Wahl der Abgeordneten Dr. Heidi Knake- Werner als stellvertretendes Mitglied im Ge- meinsamen Ausschuss bzw. als beratendes Mitglied in den Wahlprüfungsausschuss . . . . 11839 B Wahl des Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch als ordentliches Mitglied in die Parlamentari- sche Versammlung des Europarates . . . . . . . . 11839 C Wahl des Abgeordneten Manfred Müller als stellvertretendes Mitglied in die Parlamentari- sche Versammlung des Europarates . . . . . . . . 11839 C Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11839 C Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 11840 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Vereinbarte Debatte: Jüdisches Leben in Deutschland unterstützen – Anschläge auf Synagogen in Deutschland ächten . . 11841 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktion CDU/CSU: Jüdisches Leben in Deutschland (Drucksache 14/4245) . . . . . . . . . . . . . . . . 11841 B Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11841 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11842 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11844 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11845 C Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11846 D Gabriele Fograscher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11848 A Dr. Wolfgang Bötsch CDU/CSU . . . . . . . . . . 11849 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11850 C Heinz Schmitt (Berg) SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11851 B Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11852 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11853 B Kerstin Griese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11853 B Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Drucksache 14/4230) . . . . . . . . . . . . . . . . 11854 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge (Drucksache 14/4231) . . . . . . . . . . . . . . . . 11855 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 11855 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11855 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11857 B Plenarprotokoll 14/124 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 124. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 I n h a l t : Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11858 C Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11860 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11862 A Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11863 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 11864 D Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11866 B Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11867 A Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . 11868 A Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Paul Breuer, Ulrich Adam, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Zukunft der Bundeswehr (Drucksache 14/3775) . . . . . . . . . . . . . 11869 C b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurÄnderung des Soldaten- gesetzes und anderer Vorschriften (SGÄndG) (Drucksache 14/4062) . . . . . . . . . . . . . 11869 C c) Antrag der Abgeordneten Heidi Lippmann, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Zukunft durch Abrüstung – Für eine grundlegende Reform der Bundes- wehr (Drucksache 14/4174) . . . . . . . . . . . . . 11869 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Abgabe einer Erklärung der Bundesregie- rung: Neuausrichtung der Bundeswehr 11869 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Günter Friedrich Nolting, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Zukunftsfähigkeit der Bundes- wehr sichern – Wehrpflicht aussetzen (Drucksache 14/4256) . . . . . . . . . . . . . . . . 11869 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 11870 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 11874 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 11875 C Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11876 C Peter Zumkley SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11879 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11881 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11882 A Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11884 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11884 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11885 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11886 B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 11888 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11889 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11889 C Verena Wohlleben SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11891 B Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . . 11892 D Hans Raidel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11893 B Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11894 B Hans Raidel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11895 A Anni Brandt-Elsweier SPD . . . . . . . . . . . . . . 11895 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11897 A Rainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11898 C Tagesordnungspunkt 21: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Grenze des Freihafens Emden (Drucksache 14/4223) . . . . . . . . . . . . . 11900 C b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Grenze des Freihafens Bremen (Drucksache 14/4224) . . . . . . . . . . . . . 11900 C c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenlegung des Bundesamtes für Wirtschaft mit dem Bundesausfuhramt (Drucksache 14/3951) . . . . . . . . . . . . . 11900 C d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Funkanlagen und Te- lekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) (Drucksache 14/4063) . . . . . . . . . . . . . 11900 C e) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ausprägung einer 1-DM-Goldmünze und die Errich- tung der Stiftung „Geld und Währung“ (Drucksache 14/4225 [neu]) . . . . . . . . 11900 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000II f) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesarchivge- setzes (Drucksache 14/3830) . . . . . . . . . . . . . 11900 D g) Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Hildebrecht Braun (Augs- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Mutige EU-Reform als Voraussetzung für eine erfolgrei- che Erweiterung (Drucksache 14/3522) . . . . . . . . . . . . . 11900 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 21) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiund- zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drucksache 14/4241) . . . . . . . . . . . . . . . . 11901 A Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die assoziierte Mitgliedschaft der Republik Polen, der Tschechi- schen Republik und der Republik Ungarn in der Westeuropäischen Union (Drucksachen 14/3076, 14/3860) . . . . 11901 A b) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 6. März 1997 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über den Geheimschutz (Drucksachen 14/3457, 14/4228) . . . . 11901 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung verkehrswegerechtlicher Vorschrif- ten (VerkVÄndG) (Drucksachen 14/3646, 14/4221) . . . . 11901 C d) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Be- griffs „Erziehungsurlaub“ (Drucksachen 14/4133, 14/4266) . . . . 11901 D e) Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, F.D.P. und PDS: Einsetzung ei- nes Sonderausschusses „Maßstäbe- gesetz/Finanzausgleichsgesetz“ (Drucksache 14/4251) . . . . . . . . . . . . . 11902 A f) – k) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses Sammelübersichten 195, 196, 197, 198, 199, 200 zu Petitionen (Drucksache14/4155,14/4156,14/4157, 14/4158, 14/4159, 14/4160) . . . . . . . . 11902 B Tagesordnungspunkt 8 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge (Steuer-Euroglättungsgesetz) (Drucksachen 14/3554, 14/4277, 14/4288) 11902 D Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Opfer- entschädigungsgesetzes und andererGe- setze (Drucksachen 14/4054, 14/4275, 14/4292) 11903 A Tagesordnungspunkt 5: Vereinbarte Debatte zur EU-Grundrechte- Charta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11903 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Peter Hintze, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion CDU/CSU: Ent- wurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) . . . . . . . . . . . . . . . . 11903 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, InaAlbowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Europäische Grundrechte-Char- ta als Eckstein einer europäischen Ver- fassung (Drucksache 14/4253) . . . . . . . . . . . . . . . . 11903 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 III Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD . . . . . . . . . . . . . 11903 D Peter Altmaier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11907 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 11909 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. . 11911 C Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11913 C Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11915 A Jürgen Gnauck, Minister (Thüringen) . . . . . . 11917 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11919 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . . . . . . . . . 11919 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11920 A Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11920 B Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11921 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11922 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11923 A Tagesordnungspunkt 6: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Wohngeld- und Mietenbericht 1999 (Drucksache 14/3070) . . . . . . . . . . . . . 11923 D b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (Drucksache 14/871) . . . . . . . . . . . . . . 11923 D c) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Rainer Funke, Michael Goldmann, weiteren Abgeordneten und der Frakti- on F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurVereinfachung des Miet- rechts (Mietrechtsvereinfachungs- gesetz) (Drucksache 14/3896) . . . . . . . . . . . . . 11924 A Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11924 A Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . . 11926 C Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11929 A Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11929 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11929 D Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . 11931 A Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11931 B Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11932 D Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11933 D Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11935 A Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11936 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ . . 11937 B Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11938 B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Johannes Singhammer, Horst Seehofer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit (Drucksache 14/3778) . . . . . . . . . . . . . . . . 11938 D Matthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11939 A Ute Kumpf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11940 B Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 A Ute Kumpf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 B Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 D Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11947 A Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11948 A Klaus Riegert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11950 A Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11952 B Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . . . . . . . . . . . 11952 C Klaus Riegert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11953 A Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11953 C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Ergänzung des Steuersenkungs- gesetzes (Steuersenkungsergänzungs- gesetz) (Drucksache 14/4217) . . . . . . . . . . . . . . . . 11954 C Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 11955 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 11956 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11958 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11960 B Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11961 C Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11963 C Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Erwin Marschewski (Recklingshausen), weiteren Abgeordneten und der Fraktion CDU/CSU eingebrachten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000IV Entwurfs eines Gesetzes zur Fortent- wicklung der beamtenrechtlichen Altersteilzeit (Drucksache 14/3777) . . . . . . . . . . . . . . . . 11965 B Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Wahlen in Belarus (Drucksache 14/4252) . . . . . . . . . . . . . . . . 11965 C Uta Zapf SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11965 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 11967 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11969 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11970 A Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11970 D Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion F.D.P. einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Ladenschlussgesetzes (Drucksachen 14/1671, 14/4272) . . . . . . . 11971 C Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11971 D Doris Barnett SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11972 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11975 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11976 A Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11976 D Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Dr. Ruth Fuchs, Dr. Klaus Grehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Mehr Mitbestim- mungsrechte für Betriebsräte – Eck- punkte für die Reform des Betriebsver- fassungsgesetzes (Drucksache 14/4071) . . . . . . . . . . . . . . . . 11977 D Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts (GvKostRNeuOG) (Drucksache 14/3432) . . . . . . . . . . . . . 11978 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostenge- setzes und anderer Gesetze (Drucksache 14/598) . . . . . . . . . . . . . . 11978 A c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung des Kosten- rechts und der Steuerberaterge- bührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) (Drucksache 14/4222) . . . . . . . . . . . . . 11978 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11978 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11979 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes (Steuersenkungser- gänzungsgesetz – StSenkErgG) (Tagesord- nungspunkt 8 a) Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11979 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- lung der beamtenrechtlichen Altersteilzeit (Ta- gesordnungspunkt 9) Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11980 B Meinrad Belle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11980 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 11981 B Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11981 D Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11982 A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte – Eckpunkte für die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 12) Anette Kramme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11982 C Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11983 B Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . . . . . . 11984 C Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11986 A Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 11986 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 11987 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 V Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Neuord- nung des Gerichtsvollzieherkosten- rechts (GvKostRNeuOG) – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes und anderer Gesetze – Entwurf eines Gesetzes zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuer- beratergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) (Tagesordnungspunkt 10 a bis c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11988 B Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 11988 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU 11989 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11989 D Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11990 B Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11990 D Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ . . 11991 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ernst Hinsken und Anita Schäfer (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Laden- schlussgesetzes (Drucksachen 14/1671 und 14/4272) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11992 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 Dr. Hermann Otto Solms 11978 (C)(A) 1) Anlage 5 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11979 (C) (D) (A) (B) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Bläss, Petra PDS 12.10.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 12.10.2000 Breuer, Paul CDU/CSU 12.10.2000 Burchardt, Ursula SPD 12.10.2000 Elser, Marga SPD 12.10.2000 Dr. Gehb, Jürgen CDU/CSU 12.10.2000 Goldmann, F.D.P. 12.10.2000 Hans-Michael Haack (Extertal), SPD 12.10.2000 Karl-Hermann Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 12.10.2000 Hemker, Reinhold SPD 12.10.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 12.10.2000 DIE GRÜNEN Koschyk, Hartmut CDU/CSU 12.10.2000 Lippmann, Heidi PDS 12.10.2000 Michels, Meinolf CDU/CSU 12.10.2000 Moosbauer, Christoph SPD 12.10.2000 Müller (Berlin), PDS 12.10.2000 Manfred Neumann (Gotha), SPD 12.10.2000 Gerhard Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 12.10.2000 DIE GRÜNEN Philipp, Beatrix CDU/CSU 12.10.2000 Dr. Richter, Edelbert SPD 12.10.2000 Roth (Augsburg), BÜNDNIS 90/ 12.10.2000 Claudia DIE GRÜNEN Schlee, Dietmar CDU/CSU 12.10.2000 Schloten, Dieter SPD 12.10.2000* Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 12.10.2000 Hans Peter Schösser, Fritz SPD 12.10.2000 Schröder, Gerhard SPD 12.10.2000 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 12.10.2000 Gert Wettig-Danielmeier, SPD 12.10.2000 Inge * für die Teilnahme an der 104. Jahreskonferenz der Interparlamen- tarischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes (Steuer- senkungsergänzungsgesetz – StSenkErgG) (Ta- gesordnungspunkt 8 a) Dr. Barbara Höll (PDS): Das vorliegende Steuersen- kungsergänzungsgesetz gibt der PDS an einem wichtigen Punkt Recht: Die Erfindung des so genannten Options- modells war das Einfallstor für die drastische Senkung des Spitzensteuersatzes. Durch die Unternehmenssteuer- reform senken Sie den Körperschaftsteuersatz auf 25 Pro- zent. Ursprünglich sollte das Optionsmodell, nach Ihren Aussagen, dafür sorgen, dass durch die Spreizung von Körperschaft- und Spitzensteuersatz die Ungleichbe- steuerung von Unternehmen mit gleich hohen Gewinnen umgangen wird – Personenunternehmen hätten wählen können, ob sie Einkommensteuer oder Körperschaft- steuer zahlen. Das Optionsmodell ist aber, nicht ganz überraschend, durch die Verhandlungen im Vermittlungs- ausschuss gefallen. Der Spitzensteuersatz bei der Ein- kommensteuer sinkt nun auf 42 Prozent, das sind um 11 Prozent innerhalb von sieben Jahren. Langfristig nehmen Sie damit trotz der Senkung des Spitzensteuersatzes ein immenses Auseinanderklaffen der Besteuerung durch Körperschaft- und Einkommensteuer in Kauf. Dies führt am Ende dazu, dass Steuerpflichtige, zum Beispiel eine GmbH und ein Personenunternehmen, mit gleich hohen Gewinnen eine unterschiedlich hohe Steuerlast tragen. Damit installieren Sie von der Regie- rung per Gesetz eine massive Ungleichbesteuerung. Um nicht falsch verstanden zu werden: Die PDS for- dert nicht etwa eine weitere Senkung des Spitzensteuer- satzes bei der Einkommensteuer. Derartige Unseriösitäten überlassen wir der CDU. Wir haben von Anfang an deut- lich gemacht, dass wir die Abschaffung des Anrech- nungsverfahrens und die Senkung des nunmehr einheitli- chen Körperschaftsteuersatzes grundlegend für falsch halten. Wir haben gefordert, einen progressiven Körper- schaftsteuersatz einzuführen, wenn Sie denn schon auf der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens bestehen. Damit wäre eine Besteuerung der Unternehmen nach Ih- rer Leistungsfähigkeit garantiert und zudem die Senkung des Einkommensteuer-Spitzensatzes nicht notwendig ge- wesen. Durch Ihre Lösung ergießt sich aber neuerlich das ei- chelsche Füllhorn über Großverdienerinnen und Großver- diener: Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf hätten Steuerpflichtige mit einem Einkommen von 180 000 DM rund 8 500 DM weniger an den Fiskus abführen müssen. Nach der „Reform der Reform“ sind es jetzt ab dem Jahr 2005 12 000 DM mehr, die bei diesen im Portemonnaie verbleiben. Demgegenüber müssen sich Steuerpflichtige mit mittleren Einkommen bescheiden: Durch die Nach- besserung darf sich eine Steuerpflichtige bzw. ein Steuer- pflichtiger mit einem Einkommen von rund 70 000 DM über ganze 200 DM zusätzlicher Entlastung freuen. Das nennt Rot-Grün eine sozial gerechte Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger. Dieses zusätzliche Steuerge- schenk ausschließlich für Reiche kostet die öffentliche Hand mindestens 8 Milliarden DM. Angesichts der von Herrn Eichel beschworenen leeren Haushaltskassen ist diese Großzügigkeit nicht zu verstehen. Und noch etwas ist alles andere als gerecht: Durch die Unternehmensteuerreform und das Ergänzungsgesetz wird der Freibetrag für Gewinne aus Betriebsveräußerun- gen auf 100 000 DM erhöht und der verbleibende Teil nur noch mit dem halben Steuersatz besteuert. Dies dient der Altersvorsorge von Unternehmerinnen und Unterneh- mern. Nun frage ich Sie: Weshalb erhöhen Sie nicht gleichzeitig die – unter Finanzminister Lafontaine ge- senkten – Freibeträge für Abfindungen und Übergangs- gelder? Ich fordere Sie auf: Schaffen Sie Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sorgen Sie für deren Entlastung an dieser Stelle! Dazu haben Sie im vor uns liegenden Verfahren die Chance. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der beamtenrechtlichen Alters- teilzeit (Tagungsordnungspunkt 9) Hans-Peter Kemper (SPD): Wir reden heute über ei- nen Sachverhalt, bei dem ich keinen Dissens zu erkennen vermag. Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auf die Fortentwicklung der beamtenrechtlichen Altersteilzeit ab- zielt. Worum geht es? Wir haben ein Altersteilzeitgesetz beschlossen, das es auch Teilzeitbeschäftigten ermög- licht, in eine Altersteilzeitbeschäftigung zu wechseln. Die Geltungsdauer dieses Gesetzes wurde bis zum 31. De- zember 2009 verlängert. Das war damals Konsens zwi- schen uns, wenn ich mich richtig erinnere. Mit Wirkung vom 1. Juli 2000 haben die Tarifparteien diese Regelung auch für den tariflichen Bereich des öf- fentlichen Dienstes übernommen, die es auch hier teil- zeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht, in eine Altersteilzeit zu wechseln. Auch hier gilt eine Befristung bis zum Jahre 2009. Für die Bundes- beamten ist das so bisher nicht möglich. Nach geltendem Recht setzt die Inanspruchnahme einer Alterteilszeit für Beamte unter anderem voraus, dass der Beamte vor Be- ginn der Altersteilzeit vollbeschäftigt war. Das soll und muss geändert werden; denn es ist seit lan- gem erklärtes Ziel der Regierung und der rot-grünen Ko- alition, Teilzeitbeschäftigung und Altersteilzeit gleicher- maßen attraktiv zu machen. Beide Elemente waren immer wichtige Bestandteile der arbeitsmarktpolitischen Überle- gungen. Insbesondere auch für Beamtinnen, die wegen der Doppelbelastung durch Kindererziehung und Berufs- ausübung sehr viel häufiger von der Möglichkeit der Teil- zeitbeschäftigung Gebrauch machen, ist die angestrebte Lösung wichtig. Regierung und Koalition waren sich von vornherein ei- nig darüber und es war deshalb auch von vornherein ge- plant, die Tarifergebnisse zur Altersteilzeit rückwirkend zum 1. Juli 2000 zeit- und inhaltsgleich für den Beamten- bereich zu übernehmen. Im Bundesbesoldungs- und Ver- sorgungsanpassungsgesetz, das sich zurzeit in der Res- sortabstimmung befindet, sind die hierfür erforderliche Änderung des § 72 b und im Übrigen auch die erforderli- chen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Folgeände- rungen vorgesehen. Die fehlen übrigens in dem vorgeleg- ten Gesetzentwurf der CDU. Wir wollen möglichst viel in einem Gesetz regeln, um auch für die Beamten Planungssicherheit zu schaffen. Sie haben ein Recht darauf, verlässliche Regelungen zu be- kommen, die Problemlösungen für einen längeren Zeit- raum enthalten. Viele Minimalregelungen und Einzelge- setze sind hierzu nicht geeignet. In der Sache wollen wir das Gleiche. Es ist ja auch vernünftig. Alles andere als eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme der für den Ta- rifbereich bereits gültigen Regelungen wäre völlig unlo- gisch. Ich lade Sie deshalb ein, mit uns gemeinsam eine solche Regelung im Rahmen des Besoldungs- und Ver- sorgungsanpassungsgesetzes zu beschließen. Meinrad Belle (CDU/CSU): Mit Datum vom 4. Juli 2000 hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den heute in erster Lesung zu beratenden Entwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung der beamtenrechtlichen Altersteilzeit eingebracht. Entsprechende Regelungen hat die Bundes- regierung nun in ihren Referentenentwurf eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern aufgenommen. Erst mit Schreiben vom 29. September 2000 hat das Bundesinnenministe- rium das Anhörungsverfahren bei den Bundesministerien, den obersten Bundesbehörden und den für das Besol- dungs- und Versorgungsrecht zuständigen obersten Lan- desbehörden eingeleitet. Gleichzeitig wurden die Spitzen- organisationen der Beamten- und Richtervereinigungen und der Deutsche Bundeswehr-Verband beteiligt. Beson- ders erwähnenswert scheint mir die außerordentlich kurze Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011980 (C) (D) (A) (B) Frist zur Stellungnahme bis zum 6. Oktober 2000. Von ei- ner angemessenen Anhörungsfrist kann da wohl wirklich niemand reden. Man höre und staune: Eine Beschlussfas- sung bezüglich dieses Entwurfs durch das Bundeskabinett ist für den 1. November 2000 vorgesehen. Im Gegensatz zur letzten Sitzungswoche, als es um un- seren Antrag zur Gleichbehandlung in der Besoldungsan- passung des öffentlichen Dienstes ging, will ich heute nun nicht sagen, dass wir die Bundesregierung vor uns herge- trieben haben. Ich kann aber für die CDU/CSU-Fraktion feststellen, dass wir die Bundesregierung und die Regie- rungskoalition zum „Jagen tragen mussten“. Und immer- hin ist uns dies ja auch gelungen. Nun noch einige Sätze zur Erläuterung unseres Ge- setzentwurfes: Mit der Einfügung des neuen § 72 BbesG haben seit August 1998 auch Bundesbeamte die Möglich- keit der Altersteilzeitbeschäftigung. Danach können Bun- desbeamte, die älter als 55 Jahre sind, und in den letzten fünf Jahren vor der Altersteilzeit mindestens drei Jahre vollzeitbeschäftigt waren, ihre regelmäßige Arbeitszeit bis zum Ende des Ruhestands halbieren. Diese Regelung ist bisher befristet bis zum 31. Juli 2004. Nachdem im ersten Jahr fast 2 600 Bundesbeamte ei- nen Antrag auf Altersteilzeit gestellt haben, ist klar, dass dieses neue Angebot von den Beamten angenommen und die arbeitsmarktpolitisch begründete Wirkung erreicht wird. Von Anfang an wurde jedoch von den Verbänden und insbesondere von Bundesbeamtinnen immer wieder be- klagt, dass teilzeitbeschäftigte Bundesbeamte von der Altersteilzeit ausgenommen sind. Nach dem Altersteil- zeitgesetz haben nun seit Januar 2000 auch Teilzeitbe- schäftigte die Möglichkeit, in eine Altersteilzeitbeschäfti- gung zu wechseln. Außerdem wurde die Geltungsdauer des Altersteilzeitgesetzes bis zum 31. Dezember 2009 verlängert. Da die Tarifparteien diese beiden Regelungen für Ar- beiter und Angestellte im öffentlichen Dienst übernom- men haben, ist die Gleichbehandlung aller Bundesbedien- steten durch eine Änderung der beamtenrechtlichen Altersteilzeitregelung dringend geboten. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir erreichen, dass sobald wie möglich die tarifvertraglichen und die bundesbeamten- rechtlichen Regelungen zur Altersteilzeit insoweit über- einstimmen, dass auch teilzeitbeschäftigte Bundesbeamte Altersteilzeit wählen können und dass die Dauer der be- amtenrechtlichen Altersteilzeitregelungen bis Ende 2009 verlängert wird. Mit unserem Vorschlag erhöhen wir auch die von allen Seiten aus arbeitsmarktpolitischen Gründen gewünschte Reichweite dieser Neuregelungen. Wir bitten daher um Zustimmung. Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Regelung zur Altersteilzeit für beamtete Teilzeitkräfte ist dringend nötig. Sie ist die logische und konsequente Wei- terentwicklung der Förderung von Teilzeitarbeit insge- samt. Teilzeitregelungen für Beamtinnen und Beamte wur- den in der Vergangenheit viel zu langsam und zögerlich eingeführt. 1969 gab es erste Ansätze. Die „familienpoli- tische Teilzeitbeschäftigung“ wurde ins Gesetz aufge- nommen. Dem folgte dann 1980 die entwickelte „ar- beitsmarktpolitische Teilzeitbeschäftigung“. 1997 wurde endlich – als Abschiedsgeschenk der Regierung Kohl – die voraussetzungslose Antragsteilzeit eingeführt. Das heißt: Erst seit drei Jahren können Beamtinnen und Be- amte in Teilzeit gehen, wenn sie es wollen. – Nur so viel zum Reformtempo der Union, die uns heute mit einem Dokument ihrer eigenen Versäumnisse beglückt. Die Regelungen für Teilzeit und Altersteilzeit sind be- sonders für Frauen wichtig. Angesichts der noch immer praktizierten Rollenverteilung sind es fast überwiegend noch immer die Frauen, die davon Gebrauch machen. Sie haben einen Anspruch darauf, neben ihrer Familienarbeit auch weiter ihr Amt im öffentlichen Dienst ausüben zu können. Die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung im öf- fentlichen Dienst insgesamt zeigt, wie wichtig diese Re- gelungsmöglichkeit ist. Deren Erweiterung – Herr Körper sagte es bereits – in Richtung der Altersteilzeit ist völlig unstreitig. Ich möchte diese heutige Aussprache aber auch nutzen, um an die männlichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu appellieren, selbst stärker von diesen Mög- lichkeiten Gebrauch zu machen. Wir müssen darangehen, die klassische Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen zu überwinden. Familienarbeit ist auch Sache der Männer. Es darf nicht länger die Regel einer lebenslangen männlichen Vollzeitbeschäftigung gelten – während die Frauen zurückstecken. Es ist völlig klar: Wer einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht, darf bei der Altersteilzeit nicht benachteiligt werden. Die jetzige Rechtslage ist unhaltbar. Es kann nicht sein, dass die Inanspruchnahme von Altersteilzeit von einem Vollzeitarbeitsplatz abhängt. Der Ausschluss teilzeitbeschäftigter Beamter von der Altersteilzeit muss schnellstmöglich beendet werden. Der Staat kann den Menschen nicht immer mehr Flexibilität abverlangen, selbst aber hinterherhinken. Es ist ein großer Mangel des Dienstrechtsreformgesetzes von 1997, den flexiblen Übergang von Teilzeitbeschäftigten in den Ruhestand schlicht verschlafen zu haben. Die Union kann sich heute nicht mit einem Antrag hinstellen und von diesem eigenen Versäumnis ablenken. Die Bundesregierung wird – hoffentlich noch in die- sem Jahr – einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, in dem unter anderem eine Altersteilzeitregelung für Teil- zeitbeschäftigte vorgesehen ist. Die im Antrag der Union vorgesehene Änderung des § 72 b Bundesbeamtengesetz wird dann gemeinsam mit den besoldungs- und versor- gungsrechtlichen Folgeänderungen in Kraft treten. Sie sehen also, dass die Bundesregierung und die Koalitions- parteien zügig die Versäumnisse der Vergangenheit berei- nigen. Die Beamtinnen und Beamten können sich auf uns verlassen. Dr. Max Stadler (F.D.P.): Um es gleich vorweg zu sa- gen: Die F.D.P.-Bundestagsfraktion begrüßt die Initiative der Union ausdrücklich und wird dem Gesetzentwurf zu- stimmen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11981 (C) (D) (A) (B) Die Frage der Altersteilzeit für teilzeitbeschäftigte Beamte ist ein typisches Beispiel für die Art und Weise, wie SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit den Beamten umgehen. Werden einerseits Tarifvertragsverhandlungen großzügig geführt und deren Ergebnisse zeitnah für die ta- rifgebundenen Arbeitnehmer umgesetzt, so lässt man sich bei den Beamten Zeit. Die Gleichstellung der Beamten mit den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst ist für diese Regierung kein erstrebenswertes Ziel. Ein typisches Beispiel für die bewusste Abkoppelung der Beamten von der Fortentwicklung der Rechte der ta- rifgebundenen Arbeitnehmer ist der Umgang dieser Bun- desregierung mit der Besoldungs- undVersorgungsanpas- sung. Da wird das Tarifergebnis vom Juni dieses Jahres mit seinen positiven besoldungsrechtlichen Ergebnissen alsbald umgesetzt, während die Beamten immer noch warten und – wenn es nach dem Willen von Rot-Grün geht – auch noch mindestens bis Anfang nächsten Jahres warten müssen. Ähnliches sollte offensichtlich auch im Bereich der Al- tersteilzeit für teilzeitbeschäftigte tarifgebundene Arbeit- nehmer des öffentlichen Dienstes passieren. Die Geset- zesänderung für die notwendige Parallelregelung für Beamte unterbleibt oder soll zumindest hinausgezögert werden. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Union hier Bun- desminister Schily auf die Sprünge helfen will. Sie wird dabei die volle Unterstützung der Liberalen finden. Petra Pau (PDS): Grundsätzlich stimme ich dem An- liegen des CDU/CSU-Antrages zu. Es ist nicht einzuse- hen, dass die Beamten des Bundes von den Vereinbarun- gen zur Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst ausgeschlossen bleiben sollen. Die hier vorliegende Ge- setzesinitiative könnte eine Gerechtigkeitslücke vor allem für Beamtinnen schließen. Aus den Gewerkschaften von ÖTV bis KOMBA höre ich auch nur Zustimmung und Handlungsbedarf. Nun hörte ich aus der Koalition, dass auch dort über ähnliche Regelungen nachgedacht wird. Gut so! Wenn wir möglichst schnell darüber beraten sollten, müssten aber auch noch einige Fragen beantwortet und geregelt wer- den. Altersteilzeit ist in meinem Verständnis nicht nur ein Instrument zur Entlastung älterer Beschäftigter. Alters- teilzeit muss in meinem Verständnis zum Beispiel Rege- lungen zur Schaffung eines Einstellungskorridors für jün- gere Beschäftigte verbindlich enthalten. Deshalb stimme ich mit dem unter „D.=Kosten“ prognostizierten Ein- sparungseffekt im vorliegenden Antrag nicht überein. Von der Koalition würde ich im Verlauf der weiteren Beratungen eine detaillierte Einschätzung zu den Auswir- kungen der bisherigen Altersteilzeitregelungen unter drei Aspekten erwarten: dem tatsächlichen Bedarf und der In- anspruchnahme dieser Regelungen bisher, der Frage, wel- che Beschäftigungseffekte bisher eingetreten sind und welche im verbeamteten Bereich erwartet werden, und der Frage, wie sehr die Bereitschaft zur Teilung von Ar- beit und Einkommen im öffentlichen Dienst ausgeprägt und damit die Möglichkeit zur Verjüngung gegeben ist. Lassen sie uns recht bald darüber reden und vor allem handeln! Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Mehr Mitbestim- mungsrechte für Betriebsräte – Eckpunkte für die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Ta- gesordnungspunkt 12) Anette Kramme (SPD): „Lästig, sinnlos und kosten- trächtig“. Das war der verbreitete Kommentar im Unter- nehmerlager zur sozial-liberalen Reform der Betriebsver- fassung im Jahr 1972. Diese Betrachtungsweise änderte sich schnell. „Das Betriebsverfassungsgesetz müsste er- funden werden, wenn es nicht schon real existierte“, so formulierte der Chemieriese Henkel. Und weshalb das so ist, ist offenbar: Sicherlich, es geht vorrangig und zualler- erst um Arbeitnehmerschutz und Arbeitnehmerinteressen. Aber es geht auch um eine vernünftige innerbetriebliche Kommunikation, von der die Betriebe profitieren. Die Be- triebe haben für sich festgestellt, dass das Wissen und das Können der Belegschaft nur Früchte trägt, wenn die Kol- legen und Kolleginnen informiert und auch an Entschei- dungen beteiligt sind. Das Betriebsverfassungsgesetz wird bei geänderten Bedingungen diesen Anforderungen nicht mehr gerecht. Es ist in die Jahre gekommen: Europäischer Binnenmarkt, Privatisierungen, schärferer Wettbewerb – diese Faktoren lassen Umstrukturierungen und Restrukturierungen im- mer mehr zu Schwerpunkten unternehmerischen Handels werden. Dabei geht auch die Intensität der Umgestaltun- gen über das gewohnte Maß hinaus. Das alles hat Aus- wirkungen einerseits auf die Organisationsgrundlage der Betriebsräte, andererseits auf die qualitativen und quanti- tativen Anforderungen an die Arbeit ihrer Mitglieder. Die Betriebsverfassung muss diesen neuen Bedingungen an- gepasst werden und das sagen wir als diejenigen, die dem Erfolgsmodell des Jahres 1972 das Laufen beigebracht haben. Was wir nicht brauchen, sind Belehrungen. Die Be- triebsverfassung war und ist eines der ureigensten Ziele der SPD. Die Novellierung ist fixiert im Koalitionsver- trag. Vor einem Jahr wurden erste Arbeiten zur Erstellung des Gesetzesentwurfes aufgenommen. Die Betriebsver- fassung wird im Herbst nächsten Jahres in Kraft treten. Was wir auch nicht brauchen, ist eine Konzeption der Kuriositäten. Wir brauchen keine Behörde für betriebs- verfassungsrechtliche Fragen. Sie, meine Damen und Herren der PDS, wollen den Bürokratismus in die Be- triebe einziehen lassen. Wollen Sie wirklich dem Arbeit- geber mit 20 Beschäftigten zumuten, dass 50 Prozent seiner Belegschaft wegen der Mitwirkung an einer je- derzeit initiierbaren und beliebig vergrößerbaren Ar- beitsgruppe des Betriebsrates am qualifizierten Kündi- gungsschutz teilnimmt? Wollen Sie wirklich, dass der Betriebsrat zu jeder verhaltensbedingten Arbeitgeberkün- digung zunächst seine Zustimmung erteilen muss, mit der Folge, dass im Zweifel eine solche Kündigung erst nach Ablauf von Jahren ausgesprochen werden kann, wenn der Instanzenzug des kollektiven Zustimmungsersetzungs- verfahrens durchlaufen ist? Die Betriebsverfassung, die wir uns vorstellen, sieht anders aus: Modern, vor allem aber effizient und gerecht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011982 (C) (D) (A) (B) Erstens. Wir werden den Betriebsräten ihre Organisati- onsgrundlage zurückgeben. Eine gesetzliche Fixierung des Übergangsmandates muss genauso selbstverständlich sein wie die Schaffung einer Vermutungsregelung für den Gemeinschaftsbetrieb. Wir wollen den Tarifpartnern im Rahmen eines umfassend ausgestalteten § 3 BetrVG die Möglichkeit geben, betriebs- und unternehmensübergrei- fende Interessenvertretungen zu bilden. Weshalb soll nicht der Spartenbetriebsrat möglich sein, wenn dass im konkreten Fall die effektivste Form der Interessenvertre- tung ist? Weshalb soll es nicht die Arbeitsgemeinschaft der Betriebsräte im Einkaufszentrum XY geben, die sich beispielsweise über eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Lage der Arbeitszeit abstimmt? Zweitens. Wir werden dafür Sorge tragen, dass die Ver- tretungslücke im Bereich der kleineren und mittleren Be- triebe geschlossen wird. Es ist sinnvoll, dass künftig das Betriebsgremium in einer einzigen Betriebsversammlung gewählt wird. Wir müssen nicht überall Verfahrensanfor- derungen wie bei einer Bundestagswahl stellen. Eine Ent- bürokratisierung lässt sich dabei nur bei Aufhebung des Gruppenprinzips realisieren. Drittens. Wir werden dafür Sorge tragen, dass Be- triebsräte wieder vernünftig arbeiten können. Wir stellen dazu die zeitgemäße Infrastruktur zur Verfügung. Das setzt nicht nur die Möglichkeit der Nutzung moderner In- formations- und Kommunikationstechniken voraus. Es muss möglich sein, dass sachkundige Arbeitnehmer zur Betriebsratstätigkeit hinzugezogen werden können. An- gesichts der gewachsenen Aufgaben der Betriebsräte muss die für die Bestimmung der Betriebsratsgröße und der Freistellungen maßgebliche Arbeitnehmerzahl abge- senkt werden. Letztlich müssen wir Betriebsratsmitglie- der auch wieder effektiv vor Versetzungen schützen. Viertens. Wir werden dafür Sorge tragen, dass Mitwir- kungs- und Mitbestimmungsrechte in Bereichen geschaf- fen werden, die in der heutigen Gesellschaft Relevanz besitzen. Das heißt, dass wir beispielsweise Schutzrege- lungen für die Gruppenarbeit gewähren. An vorderster Stelle muss aber der Ausbau der Mitbestimmung und Mit- wirkung bei der Beschäftigungssicherung und der Quali- fizierung stehen. Nur qualifizierte Arbeitsplätze sind si- chere Arbeitsplätze. Qualifizierung und Beschäftigung müssen auch im Vordergrund künftiger Sozialpläne ste- hen. Ein letzter Punkt. Wer auf die Streichung des Tarifvor- behalts in § 77 Abs. 3 BetrVG spekuliert, ist auf dem Holzweg und gefährdet den sozialen Frieden. Mitbestimmung ist das Erfolgsmodell. Und deshalb wird die Regierungskoalition noch einmal mehr Demo- kratie wagen. Klaus Brandner (SPD): Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion will eine moderne Betriebsverfas- sung. Wir Sozialdemokraten haben folgende Ziele bei der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes: Die generelle Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung, die Anpassung der gesetzlichen Grundlage an die heu- tige Arbeitswirklichkeit sowie die Zukunftsfähigkeit der innerbetrieblichen Interessensvertretung der Arbeitneh- mer. Das haben wir in unserem Wahlprogramm verspro- chen und dies werden wir auch einhalten. In über 25 Jahren hat sich jedoch die betriebliche Wirklichkeit verändert. Wir Sozialdemokraten und die Gewerkschaften haben diese wirtschaftlichen Verände- rungsprozesse bereits vor Jahren festgestellt. Diesen Ver- änderungen muss eine Betriebsverfassung angepasst wer- den, sonst läuft sie ins Leere. Die Anzahl der Betriebsräte ist dafür ein Anhaltspunkt: 1980 wurden 50,6 Prozent der Arbeitnehmer durch Betriebsräte vertreten, 1994 nur noch 39,5 Prozent, in nur 4 Prozent der Betriebe mit 5 bis 20 Beschäftigten und in nur 28 Prozent derer mit 21 bis 100 Beschäftigten existieren derzeit Betriebsräte.Wer de- mokratische Teilhabe will – unsere soziale Marktwirt- schaft kann nur so funktionieren –, muss diese auch den gesellschaftlichen Veränderungen angleichen. Wer dage- gen spricht, setzt sich dem Verdacht aus, die betriebliche Mitbestimmung aushöhlen zu wollen! Von der Opposition erhoffen wir uns an dieser Stelle, dass Sie sich in der Diskussion nicht missbrauchen lassen: weder in der einen Richtung, Arbeitgebermeinung eins zu eins zu übernehmen, noch in der anderen Richtung, For- derungen so zu überziehen, dass die Novellierung schei- tern muss; dies käme bestimmten Arbeitsgeberverbands- funktionären auch zupass. Ich fürchte aber – und der vorliegende Antrag stützt diese Befürchtung –, dass we- der die PDS noch die Wirtschaftsliberalen in der F.D.P. in dieser Frage an sich halten können. Dabei sprechen gerade wirtschaftspolitische Gründe für eine Renovierung der Betriebsverfassung: Gerade die Institution Mitbestimmung erleichtert die Zustimmung der Belegschaft zu wirtschaftlich unvermeidlichen Ein- schnitten bis hin zu Entlassungen, zum Beispiel bei Struk- turanpassungsmaßnahmen. Denn das BetrVG gibt den Betriebsräten die Möglichkeit, an der konkreten Gestal- tung der unternehmerischen Maßnahmen einflussreich mitzuwirken. Betriebliche Mitbestimmung als System des friedlichen, unternehmensinternen Interessenaus- gleichs hat sich in jahrzehntelanger Praxis bewährt. Dies ist ein Standortvorteil. Es zeigt sich in der Pro- duktion, im Kundenservice oder in der Verwaltung: Nur wer die Beschäftigten als Partner ernst nimmt und ihr En- gagement fördert, wird langfristig ein Unternehmen er- folgreich führen. Mehr als 70 Prozent der Arbeitgeber und Betriebsräte geben dem Teamwork die Note „gut“ oder „sehr gut“. Rund 83 Prozent aller Arbeitgeber sagen, der Betriebsrat habe eine hohe oder sehr hohe Bedeutung für die Firma. In einer Wirtschaft, in der Hierarchien abgeflacht wer- den und Verantwortung verstärkt delegiert wird, in der ständig Eigenbeteiligung verlangt wird und Menschen ei- genverantwortlicher tätig sein wollen, müssen mehr de- mokratische Rechte individuell und kollektiv eingeräumt werden. Diese Auffassung steht natürlich im Widerspruch zu einer Staatsfixiertheit, die aus dem Antrag der PDS zu lesen ist. Aber dies habe ich an dieser Stelle mit den his- torischen Erfahrungen auch nicht anders erwartet. In dem Antrag wird den Arbeitnehmern vorgeworfen, Sie hätten Angst, sich betrieblich zu engagieren, würden aus Angst vor beruflicher Benachteiligung nicht für Betriebsratsgre- mien kandidieren. Deshalb schlägt die PDS an dieser Stelle überzogenen staatlichen Schutz vor. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11983 (C) (D) (A) (B) Aber – und davon bin zutiefst überzeugt – eine Demo- kratie kann nicht funktionieren, wenn die Menschen in Furcht leben. Wer dies unterstellt, untergräbt Demokratie. Wer glaubt, dass im Zustand unserer Gesellschaft der Mensch des Menschen Wolf ist, zweifelt überhaupt an Zi- vilisation und gesellschaftlichem Fortschritt. Für inhaltliche Irrwege in Ihrem Antrag möchte ich zwei Beispiele nennen. Erstens. Wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, die Wahl eines Betriebsrates ab drei Beschäftigte möglich zu ma- chen, dann führen Sie quasi das Berufsbeamtentum für alle ein. Denn mit der Funktion eines Betriebsrates – und nach Ihren Vorstellungen für seinen Stellvertreter – geht ja auch ein starker Kündigungsschutz einher. Zweitens. Wenn Sie die gesetzliche Normierung ein- fordern, dass – ich zitiere –: „kein Unternehmen Vorteile aus der Nichtexistenz eines Betriebsrates ziehen kann“, vollzieht die PDS den Schulterschluss mit gewissen Ar- beitgeberverbandsfunktionären. Diese behaupten näm- lich auch, dass betriebliche Mitbestimmung ein Standort- nachteil sei. Wir Sozialdemokraten halten es im Gegensatz zur PDS für notwendig, betrieblicher Mitbestimmung einen ge- setzlichen Rahmen zu geben, den Betriebsräte und Unter- nehmer eigenverantwortlich ausfüllen können. Es geht darum, als Gesetzgeber Spielräume für betriebliche Mit- bestimmung zu geben – die betriebliche Mitbestimmung ausfüllen müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen von der PDS und uns So- zialdemokraten. Dennoch: Zu Recht fordert die PDS in ihrem Antrag die breite gesellschaftliche Debatte um ein neues Be- triebsverfassungsgesetz ein. Doch Ihr Antrag – lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen – ist in der Sache nicht ganz redlich. Denn einerseits haben Sie von der PDS die Debatte bereits nachvollzogen oder vorweggenommen, je nach Standpunkt. Andererseits wollen sie angesichts eines in Kürze zu erwartenden Referentenentwurfs der sozial- demokratisch-bündnisgrünen Bundesregierung, einer be- reits seit längerem ausgetragenen Debatte in Gewerk- schaften und Arbeitgeberverbänden sowie der für das Thema üppigen Medienberichterstattung, eine breite ge- sellschaftliche Debatte einfordern. An dieser Stelle frage ich Sie: „Auf wen wollen Sie denn noch warten?“ Die Gewerkschaften haben sich po- sitioniert, die Arbeitgeber haben sich ihre Meinung gebil- det, die Jugendverbände aus dem christlichen und dem so- zialdemokratischen Spektrum haben sich an der Diskussion beteiligt sowie die Mehrzahl der Fraktionen, das heißt, drei von fünf in diesem Hohen Hause sind mit- ten in der konkreten Arbeit. Sollten Sie allerdings mit Ihrem Antrag CDU/CSU und F.D.P. Zeit oder Anlass ge- ben wollen, sich mit dem Thema Betriebsverfassungsge- setz zu beschäftigen, möchte ich dieses Anliegen im Na- men meiner Fraktion ausdrücklich unterstützen. Vielleicht wollen Sie Christdemokraten und Christsoziale auf die CDA-Forderungen in diesem Bereich hinweisen? Dieses Anliegen würde ich unterstützen. Mit den von der CDA am 11. und am 14. September dieses Jahres be- schlossenen Positionen wäre Christdemokraten wie Christsozialen zumindest eine qualifizierte Beteiligung an der Novellierung möglich. Eine Debatte um einen Eckpfeiler unserer Wirt- schaftsordnung kann nur qualifiziert geführt werden. Der PDS gebührt nun unser Dank, auch den Rest der Opposition auf dieses wichtige Thema hingewiesen zu haben. Die konkreten Vorschläge sind allerdings eine krude Mischung zwischen konservativem Menschenbild, wirtschaftsliberalen Vorurteilen und kommunistischem Staatsdirigismus. Dorothea Störr-Ritter (CDU/CSU): Das Betriebs- verfassungsgesetz ist nahezu 30 Jahre alt – eigentlich im besten Alter. Mit dem auf diesem Gesetz beruhenden Sys- tem der betrieblichen Mitbestimmung hat die Praxis zu leben gelernt. Den Schwierigkeiten in seiner täglichen Anwendung steht die Anerkennung der positiven Auswir- kungen gegenüber. Diese werden sowohl von Arbeitge- berseite wie Arbeitnehmerseite bestätigt. Demzufolge sind Betriebsräte in vielen Unternehmen fest integriert. Nach einer bei der Bertelsmann-Stiftung eingerichteten Kommission „Mitbestimmung“ ist davon auszugehen, dass allein in der chemischen Industrie 73 Prozent der Beschäftigten durch einen Betriebsrat ver- treten sind. In der Gesamtwirtschaft sind es allerdings nur 39,5 Prozent. Eine Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes steht nun in erster Linie an, weil dies die rot-grüne Regie- rung in ihrer Koalitionsvereinbarung von 1998 angekün- digt hat. Die „Mitbestimmung am Arbeitsplatz sowie in Betrieb und Verwaltung soll im Interesse der Beteiligung und Motivation der Beschäftigten gestärkt werden und an die Veränderungen in der Arbeitswelt angepasst werden“. Arbeitsminister Riester unterschrieb noch als zweiter Vor- sitzender der IG-Metall die Bonner Erklärung vom Juni 1998, in der es – auf gewerkschaftlich charmante Art aus- gedrückt – heißt, dass eine Schwächung der betrieblichen Interessenvertretung nicht länger tatenlos hingenommen werden dürfe. Vor den Betriebsratswahlen im Jahr 2002 soll wahltak- tisch geschickt das neue Gesetz in Kraft treten. Während der Arbeitsminister – nun selbst an den Hebeln der Macht – wohl noch etwas nachdenkt, kann die PDS die Rückkehr zur Zwangswirtschaft kaum noch erwarten. Erinnern wir uns: Das Betriebsverfassungsgesetz ba- siert auf den Erfahrungen der 60er-Jahre. Diese waren durch Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung ge- prägt. 1972 wurden Gewerkschaften nach Lohnabschlüs- sen von 8,5 Prozent als maßvoll gelobt. Der Personal- computer steckte in den Kinderschuhen. Der letzte Schrei in den Büros war die IBM-Kugelkopfmaschine. Globali- sierung, Outsourcing und Cleanmanagement waren böh- mische Dörfer oder apokalyptische Wahnvorstellungen. Der Kontext, in dem das Betriebsverfassungsgesetz fast 30 Jahre danach steht, hat sich sichtbar gewandelt. Das heißt, dass sich jegliche Veränderungen des Gesetzes an den Bedürfnissen der Betriebe unter Berücksichtigung gegenwärtiger wie künftiger Entwicklungen in der Ar- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011984 (C) (D) (A) (B) beitswelt zu orientieren haben. In diesem Sinne – und das möchte ich bereits an dieser Stelle betonen – können Än- derungen nicht rückwärtsgewandt sondern nur zukunfts- gewandt sein. Zukunftsgewandt heißt: Bestandssicherung der Unternehmen in Deutschland, Neuansiedlung von Unternehmen aus dem Ausland. Die Rahmenbedingun- gen für die wirtschaftliche Entwicklung können nicht mehr unter nationalem Blickwinkel betrachtet werden. Güter- und Dienstleistungsverkehr ist in der Europäischen Union praktisch vollständig und weitgehend frei. Die Un- ternehmen, auch die mittelständischen, sind globalem Wettbewerb ausgesetzt. Jedes Gesetz, welches Unternehmen über Gebühr be- lastet und unternehmerische Handlungsfreiheit zur Farce macht, verhindert Chancengleichheit. Wir werden sehr darauf zu achten haben, dass ein novelliertes Betriebsver- fassungsgesetz die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Un- ternehmen und des Wirtschaftsstandortes Deutschland stützt und nicht schwächt. Wo ich im Antrag der PDS eine solche Stärkung er- kennen soll, hat sich mir bis zur Stunde nicht geoffenbart. Um festzustellen, dass dieser Antrag unsere Wirtschaft und unseren Standort nachhaltig schwächen würde, habe ich allerdings nur wenige Minuten gebraucht. Bevor ich darauf weiter eingehen werde, möchte ich nochmals klarstellen, worauf die Idee des Betriebsverfas- sungsgesetzes bis heute basiert – womit sie sich bis heute auch bewährt hat: Erstens. Das System der Betriebsverfassung ist in sich stabil. Nur so kann vertrauensvolle Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Betriebsräten zum Wohle der Betriebe und der dort beschäftigten Arbeitnehmer entstehen. Zweitens. Prägend für das Betriebsverfassungsgesetz ist das Leitbild des umfassend verantwortlichen Arbeitge- bers. Das heißt, Planungs-, Organisations- und Leitungs- kompetenz liegen beim Arbeitgeber, weil er allein die wirtschaftliche Verantwortung und das Unternehmensri- siko trägt. Drittens. Um den Schutz der Arbeitnehmer vor eventu- ell nachteiligen Folgen unternehmerischer Entscheidun- gen zu gewährleisten, sieht die Betriebsverfassung ein abgestuftes Verfahren zur Beteiligung der Arbeitnehmer- interessenvertretung vor. Dazu dienen umfassende Mitbe- stimmungs-, Beratungs- und Informationsrechte. Interes- sen der Arbeitnehmer finden damit Berücksichtigung, ohne dass die Entscheidungskompetenz der Unternehmer infrage gestellt wird. Viertens. Das Betriebsverfassungsgesetz orientiert sich am Konsensprinzip. Vertrauensvolle Zusammenarbeit als positivste und produktivste Stimmungslage in einem Un- ternehmen soll gewährleistet sein. Interessengegensätze sollen ausbalanciert werden, dem Unternehmen scha- dende Machtkämpfe sollen verhindert werden. Ist den- noch keine Befriedung möglich, muss in Fällen zwingen- der Mitbestimmung die Einigungsstelle entscheiden. Fünftens. Die Nähe zum Betrieb und den dortigen Arbeitnehmerinteressen ist ein weiteres Charakteristi- kum des bundesdeutschen Mitbestimmungssystems. Er- gänzt wird dies durch das auf Fläche und Überbetrieb- lichkeit ausgelegte Tarifvertragssystem. Der Betriebsrat, als zentrales Organ der Betriebsverfassung, wird durch die Mitarbeiter eines Betriebes gewählt, für die er auch ausschließlich zuständig ist. Sachorientierte, sachver- haltsbezogene, betriebsnahe Regelungen sind deshalb möglich. Die Fragestellung für eine Novellierung kann deshalb niemals heißen: Wie vernichten wir bewährte Strukturen? Sie kann allenfalls lauten: Wo ist Bewährtes an veränderte Umstände anzupassen, und dies auch nur dort, wo zwin- gend nötig. Ich warne davor, aus der Tatsache, dass nur in 39 Prozent der Unternehmen Betriebsräte bestehen den Schluss zu ziehen, dies läge am Gesetz und deshalb müss- ten die Betriebe zu ihrem vermeintlichen Glück gezwun- gen werden. Die Frage muss erlaubt sein, ob in veränder- ten Unternehmensstrukturen Interessen der Arbeitnehmer nicht inzwischen sogar schon wesentlich besser geschützt sind. Nicht erst bei der mit viel Propagandalärm geführten Diskussion um eine neue Art der Aufenthalts- und Ar- beitsbewilligung fürNicht-EU-Arbeitnehmerwurde deut- lich, dass sich Unternehmen inzwischen mit viel Aufwand bemühen müssen, neue Mitarbeiter zu bekommen und vorhandene Mitarbeiter nicht an die Konkurrenz zu ver- lieren. Dazu lassen sie sich allerlei Zusatzleistungen für ihre Arbeitnehmer einfallen. Eine Spitzenstellung nimmt dabei die Mitarbeiterbeteiligung ein. Eine Großzahl der Unternehmen arbeiten inzwischen mit einem Beteili- gungsmodell. Diese vielfältig ausgestaltete Beteiligung schafft Identifikation mit dem Unternehmen. Und der Un- ternehmenswert entscheidet über den Wert der Mitarbei- terbeteiligung. Diese Mitarbeiterbeteiligung bei Unternehmen des neuen Marktes ist ohne Mitwirkung der üblichen Mitbe- stimmungsorgane – Gewerkschaften und Betriebsräte – entstanden. Nehmen wir zur Kenntnis: In hierarchiearmen Strukturen und in einem offenen Arbeitszeitsystem scheint das Bedürfnis nach kollektiver Interessenvertre- tung zwangsläufig nicht stark ausgeprägt zu sein – und Arbeitnehmer haben Beteiligungsmöglichkeiten in bisher nicht vorgesehenem Maße. Nicht nur, dass die PDS mit ihrem Antrag auf diesem Auge völlig blind ist. Die PDS sieht sich jeglichem unter- nehmerischen Wissen überlegen – als selbst ernannter Heilsbringer für die deutschen Arbeitnehmer. In 21 Punk- ten soll das Betriebsverfassungsgesetz den Weg in eine Zwangswirtschaft einleiten. Das angebotene Heil gipfelt in der totalen Entmachtung der Arbeitgeber. Wenn Ar- beitgeber jedoch nur noch fremdbestimmte Ausführungs- organe sein sollen, wäre es ehrlicher, sofort für ihre Ab- schaffung zu plädieren. Aber wo – so wird sich die PDS fragen – bekommen wir dann diese nützlichen Idioten her, die die wirtschaft- liche Verantwortung übernehmen und die Vorstellungen aller Besserwissenden finanzieren? Die PDS bestreitet nicht, dass Privateigentum die Grundlage des Erfolges unserer sozialen Marktwirtschaft ist. Verfassungsrang ge- nießt laut PDS jedoch nur die Sozialbindung des Eigen- tums, nicht aber der Erwerb von Eigentum. Ein Antrag, der zwar das Leitbild des umfassend ver- antwortlichen Arbeitgebers aufrechterhält, dem Arbeitge- ber jedoch durch ein ausschließlich rückwärtsgewandtes Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11985 (C) (D) (A) (B) Betriebsverfassungsgesetz jegliche Planungs-, Organisa- tions- und Leitungskompetenz nimmt, verlässt eine Basis unserer sozialen Marktwirtschaft. Deswegen sage ich ein entschiedenes Nein zu diesem Antrag. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der PDS-Antrag ist Fleißarbeit, aber überflüssig. Dass eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vorbereitet wird, wird bereits öffentlich diskutiert. Das Betriebsver- fassungsgesetz ist überaltert. Es ist der Dynamik der wirt- schaftlichen Entwicklung und dem Wandel der Arbeits- welt nicht mehr gewachsen. In der Zukunft werden Betriebe und Mitarbeiter auf Entwicklungen reagieren müssen, die heute noch nicht vorhersehbar sind. Deshalb dürfen die neuen Regelungen keine starren gesetzlichen Einheitslösungen bieten, son- dern sie müssen den Spielraum für eine verhandelnde Mitbestimmung eröffnen. Eine abschließende Definition zum Beispiel des Betriebsbegriffs und des Arbeitnehmer- begriffs, wie die PDS es fordert, wird für die Praxistaug- lichkeit unwichtig sein. Statt Definitionen brauchen wir die Möglichkeiten, auch durch Vereinbarungslösungen auf Veränderungen reagieren zu können. Neue Formen der Beschäftigung und flexible Unternehmensstrukturen machen unbürokratische Mitbestimmungsregelungen und Übergangsmandate notwendig. Dadurch können sozialer Schutz und wirtschaftliche Innovation gleichzeitig geför- dert werden. Nur in 4 Prozent der Betriebe mit 5 bis 20 Beschäf- tigten und nur in 28 Prozent der Betriebe mit 21 bis 100 Beschäftigten bestehen heute noch Betriebsräte. Ent- bürokratisierung und erleichterte Wahlverfahren sind not- wendig. Das alte Betriebsverfassungsgesetz hat blinde Flecken. Es fehlt eine wirksame Verankerung der Gleich- stellung für Frauen, des integrierten Umweltschutzes, der Jugendvertretungen, der betrieblichen Qualifikation und der Stärkung der Rechte von einzelnen Beschäftigten und Gruppen. Gerade Umweltschutz und Gleichberechtigung können durch die Initiative von Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern sowie Betriebsräten auch gesellschaftlich vor- angebracht werden. Eine demokratische Bürgergesellschaft braucht Demo- kratie im Betrieb. Wer zu gesellschaftlichem und demo- kratischem Engagement motiviert werden soll, muss sich auch am Arbeitsplatz einbringen können. Auch die Ge- währung von individuellen lnformations- und Beratungs- rechten am Arbeitsplatz sollte in der Betriebsverfassung verankert sein. In gesellschaftspolitischer Hinsicht ent- sprechen individuelle und kollektive Partizipationsrechte dem Leitbild der Bürgergesellschaft im Betrieb. Trotz der zurzeit aufgebauschten Diskussion gilt: Eine breite Mehr- heit der deutschen Wirtschaft und der Arbeitnehmerver- tretungen bewertet die deutsche Mitbestimmung und die Grundprinzipien der dualen Interessenvertretung positiv. Die gegenseitige Abstimmung von Tarifautonomie und betrieblichen Vereinbarungen wird zu Recht als das „Herzstück des deutschen Systems der industriellen Be- ziehungen“ – Kommission Mitbestimmung 1998 – be- zeichnet. Der globalisierte Wettbewerb macht die Möglichkeiten der betriebsnahen Gestaltung von Tarifvereinbarungen notwendiger denn je. Betriebliche Bündnisse für Arbeit oder neue betriebliche Arbeitszeitmodelle sind über Öff- nungsklauseln in den Flächentarifverträgen durchsetzbar. Dies setzt jedoch die institutionelle Absicherung von be- trieblichen Vertretungsstrukturen voraus. Dort, wo keine Betriebsräte existieren, können tarifliche Öffnungsklau- seln nicht genutzt werden. Auch deshalb muss die Bildung von Betriebsräten gerade für kleinere Betriebe erleichtert werden. Dafür wollen wir die Einführung von Einstiegs- mandaten ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk werden wir der Frauen- gleichstellung, dem Umweltschutz und der Jugendvertre- tung widmen. Aber auch die Stärkung der Rechte von Ein- zelnen und Gruppen sind wichtige Punkte. „Einmischen und Mitgestalten“ soll vom Gesetzgeber zugelassen wer- den. Dr. Heinrich L. Kolb (F.D.P.): Bei der Lektüre Ihres Antrages, „Mehr Mitbestimmung für Betriebsräte – Eck- punkte für die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes“ , liebe Kolleginnen und Kollegen der PDS-Fraktion, kam mir ein Wort des amerikanischen Dramatikers Tennessee Williams in den Sinn: „Jede Dummheit findet einen, der sie macht.“ Was ich Ihnen vorwerfe: An alles und alle haben Sie in Ihrem Antrag gedacht: Nur die 3,6 Millionen Arbeitneh- mer, die in unserem Land einen Arbeitsplatz suchen und deren Chancen sich auf dem Arbeitsmarkt dem Wettbe- werb mit den Arbeitsplatzinhabern zu stellen, Sie mit die- sem Antrag drastisch beschneiden, haben Sie links liegen lassen. Ich möchte mich aus Zeitgründen auf einen Punkt aus Ihrem Antrag beschränken, der beispielhaft zeigt wie verfehlt Ihre Vorstellungen zur Reform des Betriebsver- fassungsgesetzes sind. Unter Punkt 12 fordern Sie, den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz auf nicht tarifgebundene Betriebe auszudehnen. Liebe Kollegen und Kolleginnen von der PDS, in einer Zeit, in der gerade in Ostdeutschland viele Betriebe ihre Existenz nur durch Austritt aus dem Flächentarifvertrag und durch Betriebsvereinbarungen retten konnten und retten, wollen Sie auch noch diesen Notausgang vernageln? Wie heißt es in Shakespeares Hamlet: „Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.“ Sie wollen mehr Mitbestimmung der Betriebsräte! So heißt es unter Punkt 13: Die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in so- zialen, personellen und wirtschaftlichen Angele- genheiten sind entsprechend ihrer gewachsenen Auf- gaben sowie der größeren Bedeutung von Selbst- ständigkeit und Eigenverantwortung der Beschäftig- ten auszuweiten und entsprechend präziser zu fassen. Das heißt, der Betriebsrat kann überall mitreden, aber die zentralsten Punkte des Arbeitnehmerinteresses sollen dem Betriebsrat durch die Ausweitung des Tarifvorranges in § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz weiterhin ent- zogen bleiben, nämlich den Lohn und die Dauer von Ar- beits- und Urlaubszeit vor Ort mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Wir Freien Demokraten wollen im Interesse der Ar- beitnehmer den Betriebsräten die Option geben, über Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011986 (C) (D) (A) (B) Lohn, Arbeitszeit und Urlaub auf der Betriebsebene zu verhandeln. In unserem Antrag zur Reform des Tarifver- tragsrechts, den wir in den Deutschen Bundestag einge- bracht haben, fordern wir, § 77 Abs. 3 Betriebsverfas- sungsgesetz mit einer Öffnungsklausel zu versehen. Betriebliche Bündnisse fürArbeit sollen möglich sein, die zwischen Unternehmen und Belegschaftsvertretung frei- willig geschlossen werden und denen 75 Prozent der Mit- arbeiter des Unternehmens zugestimmt haben. Warum sollen die Betriebsräte alles mitbestimmen können, nur nicht bei Lohn undArbeitszeit?!Wir brauchen inDeutsch- land dringend eine solche Regelung, damit Unternehmen und Arbeitsplätze in Krisenzeiten schneller durch ein be- triebliches Bündnis für Arbeit gerettet werden können. Ein Wort zum Schluss an die Regierungskoalition: Es ist in diesem Zusammenhang schon einArmutszeugnis, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, nach monatelangemHin und Her in der Bundesregierung, nach dem Lancieren immer neuer Vorschläge in der Presse es bis heute nicht geschafft haben, diesem Haus ein Eck- punktepapier Ihrer Koalition zu einer Reform des Be- triebsverfassungsgesetzes vorzulegen. Bringen Sie end- lich den Mut auf, Ihre Vorschläge zur Diskussion zu stellen und lassen Sie uns eine sachliche Debatte führen, wie wir das Betriebsverfassungsgesetz auf die Erforder- nisse unserer im harten Wettbewerb stehendenWirtschaft ausrichten und wie wir endlich die Arbeitslosigkeit nach- haltig senken. Ich kann nur hoffen, dass sich der Bundes- kanzler bei seinen Treffen mit Herrn Bisky von den hane- büchenenVorschlägen der PDS nicht hat infizieren lassen. Sollte Ihr Gesetzentwurf jedoch Vorschläge enthalten, die denen der PDS auch nur ähneln, dürfen Sie sich unseres erbitterten Widerstandes gewiss sein. Dr. Heidi Knake-Werner (PDS): Eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ist lange überfällig und es ist gut, dass die Bundesregierung es endlich auf den Weg bringen will. Besser wäre es, wenn sie sich an den früher einmal angekündigten Zeitplan gehalten hätte, und noch besser würde ich es finden, wenn sich insbesondere die SPD an die Forderungen ihrer alten Anträge von 1987 und 1988 erinnern würde. Erstens. Der so lange angekündigte Referentenentwurf kommt mehr als spät, wenn er Grundlage der nächsten Be- triebsratswahlen werden und dem auch noch eine ausrei- chende öffentliche Debatte vorangehen soll. Zweitens. Die von Minister Riester bekannt gemachten Eckpunkte des neuen Gesetzes sind einfach enttäuschend. So kommentiert denn auch die „Berliner Zeitung“ von gestern, die Drohgebärden der Arbeitgeber seien verfrüht; über unerfüllte Forderungen müssten sich dagegen die Gewerkschaften Sorgen machen. Dies sind denn auch die wesentlichen Gründe, die uns veranlasst haben, einen weiter gehenden Antrag mit eige- nen Eckpunkten einzubringen. Wir wollen nicht, dass die Reform der betrieblichen Mitbestimmung in den Weichspüler der Konsenspolitik gerät, und wir wollen auch kein reformiertes Betriebsver- fassungsgesetz, das sich in erster Linie als Pflegemittel zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit versteht. Dieses Gesetz eignet sich nicht als Prüfstein für die Wirtschaftsfreundlichkeit der Bundesregierung, sondern es stände ihr gut zu Gesicht, wenn sie in diesem Fall die soziale Demokratie und die durch die Verfassung gebo- tene Sozialpflicht der Eigentümer einmal wichtiger neh- men würde als die Standortpflege. Das Hauptanliegen unseres Antrages ist es, die be- triebliche Mitbestimmung an die Bedingungen der neuen Arbeitswelt anzupassen und den Betriebsräten wieder die Handlungsfähigkeit zurückzugeben, die ihnen die neuen Unternehmensstrategien bzw. die Erosion des Normalar- beitsverhältnisses genommen haben. Wenn wir „mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebs- räte“ fordern, dann nicht, weil wir neue Schritte auf dem Weg zur qualifizierten Mitbestimmung für möglich hal- ten, sondern nur deshalb, weil die schleichende Aushöh- lung der bescheidenen Mitbestimmungsrechte des Be- triebsrates aufgehalten und zurückgedreht werden muss. Die modernen Produktionsstrukturen verlangen eine an- dere, eine flexiblere und prozessorientierte Mitbestim- mungspraxis. Die neuen Technologien bedürfen einer präziseren Mitbestimmung beim Gesundheits- und beim Umwelt- schutz und die wachsende Bedeutung der Beschäfti- gungssicherung macht es unverzichtbar, dass die Be- triebsräte umfassender in die Personalentscheidungen einbezogen werden. Aber – auch das sage ich eindeutig –, „nur wo Eini- gungsstelle drauf steht, ist auch Mitbestimmung drin“, nur wo Betriebsräte Durchsetzungsmöglichkeiten haben, besteht auch Mitbestimmung. Informations- oder Mitwir- kungsrechte sind wichtig, aber ohne gleichzeitige Initia- tivrechte und ohne Einigungszwang sind Betriebsräte völ- lig machtlos. Ich bin gespannt, wie im Regierungsentwurf mit der notwendigen Formulierung eines neuen Betriebsbegriffs umgegangen und ein neuer Arbeitsbegriff gefunden wird und wie die Erleichterung der Wahlvorschriften oder die Erweiterung des Mitbestimmungskatalogs aussehen soll. Wir denken zum Beispiel, dass es keine letztendlich richtige Betriebsdefinition gibt, mit der die Zunahme be- triebsratsloser Betriebe aufzuhalten wäre. Aber man kann die Beweislast umdrehen und durch die Einführung eines Betriebsregisters die Unternehmer zwingen, Änderungen anzumelden und glaubhaft zu machen. Man kann es doch angesichts der kaum noch übersehbaren Aufspaltungs- und Ausgliederungsstrategien nicht mehr allein den Be- triebsräten oder Wahlvorständen überlassen, das Fortbe- stehen eines Betriebes nachzuweisen. Lassen Sie uns einen gesetzlichen Modus finden, mit dem es unmöglich wird, ganze Belegschaften durch juris- tische Tricks in betriebsratslose Zonen abzuschieben. Ein weiteres Beispiel. Auch wir sind für eine Vereinfa- chung der Betriebsratswahlen, aber solange die Wahl hier- zulande ein Beschäftigungsrisiko darstellt, ist den Betrof- fenen mit der Vereinfachung des Wahlverfahrens noch lange nicht geholfen. Die Wahl eines Betriebsrates darf nicht mehr vom Mut der Beschäftigten abhängen, sondern muss zu einem öffentlichen Anliegen werden. Wo in diesem Land demokratische Wahlen gesetzlich vorgeschrieben sind, wird öffentlich dafür gesorgt, dass sie auch stattfinden. Warum eigentlich nicht bei Betriebs- ratswahlen? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11987 (C) (D) (A) (B) Warum also verzichten wir auf die Durchführung von Betriebsratswahlen, wenn sich kein Wahlvorstand findet oder nicht finden kann, weil die Wahrnehmung demokra- tischer Rechte im betrieblichen Alltag mit Nachteilen ver- bunden ist? Kein Kaninchenzüchterverein kommt ins Vereinsregis- ter, wenn er sich um die demokratische Wahl eines Vor- standes drückt, aber Zehntausende von Unternehmern ha- ben keinerlei Nachteile zu fürchten, wenn sie ohne demokratisch gewählten Betriebsrat bleiben. Ich finde das skandalös, aber auch undemokratisch und im Sinne unseres Grundgesetzes unakzeptabel. Deshalb haben wir auch dazu einen Vorschlag gemacht, der streit- bare, aber sicher fruchtbare Diskussionen ermöglicht. Wir wollen die Wahl von Betriebsräten nicht nur erleichtern, sondern zu einer gesetzlichen Norm machen. Zwingt nie- mand zum Wählen, aber schafft Voraussetzungen, dass die, die wollen, können! Lassen wir es darauf ankommen, ob unsere Vorstellun- gen außerhalb des Parlaments Widerhall finden. Lassen Sie uns in einen Ideenwettstreit darüber eintreten, wie eine moderne Betriebsverfassung aussehen kann, wenn sie sich nicht in erster Linie an der höchstmöglichen Wett- bewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes orientiert, sondern am höchsten Maß demokratischer Rechte in allen Teilen der Gesellschaft. Wir in diesem Bundestag könnten ein Beispiel dafür geben, dass wir nicht nur demokratische Rechte für uns, sondern für alle Lebensbereiche unserer Gesellschaft wol- len. Gibt es ein besseres Beispiel dafür als die Demokra- tie in den Betrieben? Ich freue mich deshalb nicht nur außerordentlich auf die kommende inhaltliche Debatte, sondern auch auf den Vergleich, den Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionä- rinnen und -funktionäre zwischen ihren und unseren Vor- schlägen ziehen werden. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts (GvKostR- NeuOG) – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge- richtskostengesetzes und anderer Gesetze – Entwurf eines Gesetzes zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebühren- verordnung auf Euro (KostREuroUG) (Tagesordnungspunkt 10 a bis c) Alfred Hartenbach (SPD): Drei Gesetze beraten wir heute Abend, drei Gesetze, die für die ordentliche Justiz und für die Bevölkerung von Bedeutung sind. Dafür ste- hen mir sechs Minuten zur Verfügung, eine umfassende Darstellung der Gesetze ist mir leider nicht möglich. Ich will neben dem Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebühren auf Euro, das ich hier nur erwähne, mich mit dem Gerichtskostengesetz, dem Ent- wurf des Bundesrates und mit dem Entwurf der Bundes- regierung zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkosten- rechts befassen. Mit dem Gesetz des Bundesrates zur Änderung des Gerichtskostengesetzes tun wir uns etwas schwer. So ver- ständlich es ist, dass die Finanzminister der Bundesländer ihre Haushalte über Gebührenerhöhungen konsolidieren wollen, so schwierig wird hier die Entscheidung zu tref- fen sein. Einerseits machen auch die Länderjustizhaus- halte allenfalls 2 bis 3 Prozent des Gesamthaushaltes aus, sodass eine Gebührenerhöhung insgesamt hier fast über- haupt nicht zu Buche schlägt. Andererseits bedeutet die Erhöhung der Gebühren zum Beispiel im Mahn- und Voll- streckungsverfahren um nahezu 50 Prozent schon einen erheblichen Einschnitt für den Einzelnen, für manche Bürger, die ihr Recht suchen, wird dies sogar sehr schwie- rig werden. Wir sind daher der Ansicht, dass dieses Gesetz sehr eingehend mit allen Beteiligten beraten werden muss, um einerseits den Ländern entgegenzukommen, an- dererseits aber auch weder die Wirtschaft zu blockieren, noch die Bürger über Gebühr zu belasten. Mit der Neuordnung des Gerichtsvollzieherkosten- rechts schaffen wir endlich Tatbestände, die einerseits die komplizierte Berechnung von Pfändungstatbeständen erleichtern, andererseits die Kostendeckungsquote der Länder im Bereich des Gerichtsvollzieherwesens deutlich verbessern. Das Gesetz findet im Wesentlichen die Zu- stimmung des Bundesrates, aber auch die unmittelbar Be- troffenen, die Gerichtsvollzieher, sehen darin eine Er- leichterung ihrer Arbeit. Dieses Gesetz ist auch insoweit wichtig, als es dazu geeignet ist, die Motivation der Gerichtsvollzieher zur Ausübung ihres sicherlich nicht leichten Berufs noch zu erhöhen. Was hilft es dem Recht suchenden Bürger, wenn er ein Urteil erstritten hat, einen Vollstreckungstitel hat, aber sein Recht nicht durchsetzen kann? Viele Schuldner zahlen eben nicht freiwillig, sondern nur aufgrund von staatlich erzeugtem Druck. Deshalb ist es erforderlich und notwendig, dass wir gut ausgebildete und motivierte Ge- richtsvollzieher in Deutschland haben. Als langjähriger Direktor eines Amtsgerichts und Dienstaufsicht führender Richter über Gerichtsvollzieher weiß ich, dass unsere Ge- richtsvollzieher in Deutschland weit über das übliche Maß hinaus tätig sind, arbeiten und dabei sowohl die In- teressen der Gläubiger als auch die Interessen der Schuld- ner im Auge haben. In der letzten Legislaturperiode haben wir diese Funktion der Gerichtsvollzieher, nämlich auch zwischen Gläubiger und Schuldner ein ehrlicher Makler zu sein, noch verstärkt. Ich glaube, dies war eines der bes- ten Gesetze, die in der letzten Legislaturperiode verab- schiedet wurden. Wir fordern aber nunmehr auch die Länder auf, das ihrige zu tun, um die Situation der Gerichtsvollzieher zu verbessern. Wir wissen, dass sich die Rekrutierung der Gerichtsvollzieher wie bisher, aus dem mittleren Dienst, bei der Entwicklung des mittleren Dienstes nicht mehr in vollem Umfang realisieren lassen wird. Darüber hinaus bedürfen die Gerichtsvollzieher, die bereits jetzt hervor- ragende Arbeit leisten, einer deutlich besseren Ausbil- dung, die mindestens einen Fachschulabschluss, an- genähert an den der Rechtspfleger, erfordert. Leider können wir nicht feststellen, dass die Bemühungen der Länder insoweit auch Erfolg zeitigen. Wir versichern Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011988 (C) (D) (A) (B) aber den Ländern, dass wir auf ihrer Seite stehen, wenn sie – weil es ihre Aufgabe ist – einen brauchbaren und be- ratbaren Entwurf über eine Verbesserung der Ausbildung der Gerichtsvollzieher vorlegen. Mit diesem Gesetz leisten wir unseren Beitrag: einmal zur Attraktivität des Berufes der Gerichtsvollzieher, ande- rerseits aber auch zur Entlastung der Justizhaushalte der Länder. Wir bitten, dieses Gesetz zügig zu beraten, damit es alsbald in Kraft treten kann. Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Das Gesetz zur Neuordnung des Gerichtsvollzieher- kostenrechts, Drucksache 14/3432 der Bundesregierung, ist vom Grundsatz her zu begrüßen, wenn durch Verein- fachungen – Straffung des Kostenwesens und der Ein- führung von Pauschalen – die Gerichtsvollzieher entlastet werden, dadurch mehr an praktischer Arbeit leisten kön- nen und die Länder durch Mehreinnahmen im Justizhaus- halt entlastet werden. Dagegen ist mit äußerster Skepsis dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes und anderer Gesetze, Drucksache 14/598, zu begegnen, den der Bundesrat vorgelegt hat. Hier haben die Länder die Gebühren so deutlich, bis zu 100 Prozent, erhöht, dass Mehreinnahmen von 250 Millionen DM zu erwarten wären gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregie- rung in Höhe von 50 Millionen DM. Bei beiden Erhöhungssummen wird aber sozusagen die Rechnung ohne den Wirt gemacht, da ein Großteil der Gebühren – zurzeit 84 bis 99 Prozent – der Gerichts- vollzieher erhält, sodass zusammen eine Entlastung des Justizhaushaltes wohl deutlich geringer ausfallen würde. Zudem muss den Ländern auch gesagt werden, dass die Justizhaushalte nur zwischen 1 und 2 Prozent der Ge- samthaushalte ausmachen und sich immerhin zu rund 50 Prozent selbst „alimentieren“ durch Gebühren und sonstige Einnahmen. Deswegen kann der Grund für ein neues Gesetz nur eine Vereinfachung für die Gerichts- vollzieher und eine Entbürokratisierung für die Beteilig- ten sein. Die Gerichtsvollzieher sind, soweit ersichtlich, mit der Pauschalierung einverstanden, betrachten die Pauschalen aber als zu gering und argumentieren nicht zu Unrecht, dass ihnen Gebühreneinbußen drohen. So ist in der Tat nicht einzusehen, dass ein Gerichtsvollzieher keine Ge- bühr für eine nicht abgenommene eidesstattliche Versi- cherung erhält, obwohl er tätig geworden ist, weil der Schuldner innerhalb der letzten drei Jahre bereits eine ei- desstattliche Versicherung abgegeben hat. Bei diesen Tätigkeiten muss unterschieden werden, ob der Gerichts- vollzieher nur eine ihm bekannte eidesstattliche Versiche- rung dem Antragsteller mitteilt oder ob er aktiv wird und mangels abzunehmender eidesstattlicher Versicherung unverrichteter Dinge von einer Tätigkeit Abstand nimmt. Wenn es auch nicht gerne gesehen wird, so ist es aber doch gerechtfertigt, wenn gemäß § 3 Abs. 2 Gebühren nur einmal zu erheben sind, wenn es sich um denselben Auf- trag handelt, der mehrere Amtshandlungen umfasst. Dies kann aber mindestens für die Reisekosten dann nicht gel- ten, wenn für den einen Auftrag mehrfache Handlungen und Anfahrten notwendig sind, denn dann muss die Kilo- meterpauschale mehrfach gewährt werden. Dabei sollte überprüft werden, ob die Kostenpauschale bis zu 10 Kilo- metern Anfahrt mit 2,50 Euro – also knapp 5 DM – für im Endeffekt bis zu 20 Kilometern gefahrene Strecke aus- reicht. Nicht nachzuvollziehen ist die Anmerkung, dass die Entfernung nach Luftlinie zu messen ist, wenn dies tatsächlich so für die Kilometerpauschale gedacht ist. Die Umstellung auf Euro ist eine Vorschrift und sinn- vollerweise bereits jetzt durchzuführen. Dass dabei die Euro-Beträge so festgesetzt werden, dass sie glatt sind und leicht zu dividieren, ist nicht zu beanstanden, obwohl bei der Rückrechnung auf D-Mark äußerst ungerade Zah- len herauskommen. Dies ist eine vorübergehende Sache: Für jetzt noch 39,12 DM werden in Zukunft 20 Euro ge- zahlt werden, für 9,78 DM in Zukunft 5 Euro. Ob vom Grundsatz her die Erhöhungen richtig sind, muss sicher in den Beratungen noch diskutiert werden, da der Staat und insbesondere der Bundestag sich nicht dem Verdacht aussetzen sollten, mit der Einführung des Euro auf kaltem Wege Gebührenerhöhungen durchzuführen und so ein schlechtes Beispiel für Industrie, Handel und Banken zu geben, die dann eben auch mit Hinweis auf sol- che Praktiken bei der Umstellung einfach „aufrunden“. Dass dies möglich ist, zeigt der Gesetzentwurf der Bun- desregierung, Drucksache 14/4222, Entwurf eines Geset- zes zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerbera- tergebührenverordnung auf Euro, in dem mal auf- und mal abgerundet wurde, um durch fünf teilbare Euro-Be- träge zu erhalten. Hier wird es sicher eine Reihe von Protesten der Be- troffenen geben, wenn sie denn mit geringeren Gebühren abrechnen müssen als bisher. Vom Grundsatz her haben sowohl die Länder für die Gerichtskosten als auch die Rechtsanwälte für die Bundesgebührenordnung sowie die Steuerberater für die Steuerberatergebührenverordnung eher an Erhöhungen gedacht als an Ermäßigungen. Dies kann selbstverständlich auch für Sachverständige, Dol- metscher, Übersetzer, Zeugen und ehrenamtliche Richter gesagt werden. Dabei ist aber das Bemühen der Bundes- regierung, hier auszugleichen, zu würdigen. Um nur ein Beispiel zu bringen: Bei der Entschädigung der ehren- amtlichen Richter wird die Angabe von 30 DM durch 16 Euro ersetzt – dies ist eine Erhöhung um 1,28 DM –, während die Angabe 20 DM durch 10 Euro ersetzt wird, was eine Ermäßigung um 0,45 DM bedeutet. Auch hier werden wir im Rahmen der Beratungen die einzelnen Ge- bührenumrechnungen zu prüfen haben. Es fällt auf, dass gerade bei Rechtsanwälten und Steuerberatern die Er- mäßigungen mit bis zu 2,2 Prozent deutlich in der Über- hand sind. Die drei Gesetze werden im Rechtsausschuss einge- hend beraten unter Einbeziehung noch zu erwartender Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Dabei wird es aber die von den Ländern gewünschte deutliche Ge- bührenerhöhung auf allen Gebieten, wie der Gesetzent- wurf des Bundesrates ihn fordert, nicht geben können, ohne einzelne begründete Anhebungen auszuschließen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Beide von der Bundesregierung heute vorgelegten Ge- setzentwürfe sind Teil einer umfassenden Kostenstruktur- reform, deren wesentliches Ziel die Vereinfachung des Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11989 (C) (D) (A) (B) Kostenrechts ist. Mit dem Umstellungsgesetz auf den Euro machen wir darüber hinaus einen weiteren Schritt in Richtung Umstellung auf die neue Währung und erhöhen damit für die Gesetzesanwender die Akzeptanz für den Euro. Das Gesetz zur Neuordnung des Gerichtsvollzieher- kostenrechts macht die Rechtslage übersichtlicher und passt sie an die heutigen Verhältnisse an. Überdies schaf- fen wir die Grundlagen für eine gerechtere Gebührenver- teilung in diesem Bereich. Derzeit hängt die Höhe der Kosten, die für die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers er- hoben werden, im Wesentlichen davon ab, wie hoch der Wert der gepfändeten Gegenstände ist. Kann also der Ge- richtsvollzieher beim ersten Versuch gleich wertvolle Ge- genstände pfänden, können hierfür entsprechend hohe Gebühren abgerechnet werden. Muss der Gerichtsvollzie- her dagegen mehrere Versuche unternehmen, die jeweils nur einen sehr geringen Ertrag haben, fallen auch die Ge- bühren entsprechend niedrig aus. Die Gebührenhöhe hängt demnach derzeit nur in geringem Maß von dem tatsächlichen Aufwand der Gerichtsvollzieher und Ge- richtsvollzieherinnen ab. Das halten wir für falsch. In Zukunft wird es grundsätzlich darauf ankommen, welche Maßnahmen der Gerichtsvollzieher tatsächlich er- greift. Konsequent sieht der Gesetzentwurf daher die Än- derung des Wertgebührensystems in ein Festgebührensys- tem vor. Dies ist nur fair, weil damit der Aufwand zum maßgeblichen Kriterium wird. Die rot-grüne Bundesre- gierung modernisiert mit diesem Entwurf das Gerichts- vollzieherkostenrecht. Gebührentatbestände, die in der Praxis keine Rolle mehr spielen, entfallen deshalb ebenso wie Auslagentatbestände, die lediglich zu Einnahmen in Höhe von Kleinbeträgen führen. Andere Auslagentatbe- stände werden durch eine Auslagenpauschale ersetzt. Ge- nerell wird die im Entwurf vorgesehene, verstärkte Ein- führung von Pauschsätzen zu einer spürbaren Entlastung der Gerichte führen: Schließlich „leiden“ diese heute geradezu unter einer überaus umfangreich gewordenen Kostenrechtsprechung, Damit soll künftig Schluss sein: Die Kosten der Justiz werden sich vermindern, der Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger verbessert sich. Die neuen Festgebühren haben im Übrigen zur Fol- ge, dass die Länder mit Mehreinnahmen von circa 10 bis 15 Prozent rechnen können. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Gebühren seit 1994 unver- ändert geblieben sind. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang etwas zum Gesetzentwurf des Bundesrates sagen: Die darin vorgese- hene drastische Erhöhung der Gerichtskosten um circa 25 Prozent und der Gerichtsvollzieherkosten um 36 Prozent ist nicht zu rechtfertigen und wäre im Übrigen auch mit einer bürgerfreundlichen Justizpolitik nicht zu vereinba- ren. Die Lebenshaltungskosten sind seit 1994 bei weitem nicht so stark gestiegen. Nur eine maßvolle Erhöhung wird deshalb der Steigerung der Kosten und den Anforde- rungen der Länderhaushalte gerecht, ohne die Bürgerin- nen und Bürger ungerechtfertigt zu belasten. Rainer Funke (F.D.P.): Die beiden Gesetzentwürfe, nämlich die Änderung des Gerichtskostengesetzes und die Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts, ha- ben nur für den juristischen Laien etwas miteinander zu tun. Dasselbe gilt für das Gesetz zur Umstellung des Kos- tenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro. Ich will zunächst auf die Neuordnung des Gerichts- vollzieherkostenrechts eingehen. Ich gebe zu, dass die Änderung des Gerichtsvollzieherkostenrechts seit vielen Jahren in der Diskussion ist. Dennoch hat man sich, wie ich meine, zu Recht, darauf beschränkt, an dem Gerichts- vollzieherkostengesetz von 1957 einige Korrekturen vor- zunehmen. Im Grunde genommen gilt dieses auch für die Novelle, für die jetzige Änderung des Gerichtsvollzieher- kostenrechts. Wir haben den Gerichtsvollziehern in der Vergangen- heit zusätzliche Aufgaben übertragen, wie zum Beispiel die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung. Wir ha- ben damit die Bedeutung der Gerichtsvollzieher innerhalb unserer Rechtsordnung gestärkt. Das gilt auch für die Ver- antwortung, die sie innerhalb unserer Rechtsordnung übertragen bekommen haben. Dieser gewachsenen Ver- antwortung und Bedeutung der Gerichtsvollzieher kann auch auf ihr Kostenrecht nicht ohne Rückwirkung blei- ben. Insbesondere können Pauschalen zwar bei der zügi- gen Abwicklung der Rechnungsvorgänge helfen, dort wo jedoch erkennbar die tatsächlich angefallenen Gebühren erheblich höher sind, als die mögliche Pauschale, bedarf es sicherlich einer Korrektur. Es hat keinen Sinn, bei die- ser ersten Lesung auf einzelne Gebühren tatbeständlich einzugehen, dies muss der Beratung im Rechtsausschuss vorbehalten bleiben. Ich will in diesem Zusammenhang einen Prüfungsbe- darf anmelden bei der Frage der Zustellung von Vorpfän- dungen, von Beglaubigungsgebühren, Hebegebühren und Gebühren für nicht abgenommene eidesstattliche Versi- cherungen. Dasselbe gilt für Auslagepauschalen und das Wegegeld bei Kombi-Aufträgen. Es sollte auch erwogen werden, die Schreibauslagen von DM 1,00 auf DM 2,00 anzuheben. All das werden wir im Rechtsausschuss auch in Gesprächen mit Sachverständigen und dem Gerichts- vollzieherbund beraten. Dabei werden wir mit einzube- ziehen haben, ob es noch heute zeitgemäß ist, dass die öf- fentliche Hand, einschließlich der Kommunen, von Gerichtsvollzieherkosten befreit ist. Hinsichtlich des Gerichtskostengesetzes teilen wir die Auffassung des Bundesrates, dass es zweckmäßig ist, eine Vereinfachung vorzunehmen, um den Aufwand für die Berechnung und Einziehung der Kosten zu verringern. Uns erscheint jedoch, dass die Anpassung der Gebühren zu großzügig ausgefallen ist. Die Justiz gehört zu den Kernaufgaben des Staates und darf nicht ausschließlich unter fiskalischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Der Weg zu den Gerichten darf nicht unnötig erschwert werden. Unter diesem Gesichtspunkt werden wir eine kri- tische Überprüfung der Kostenansätze vornehmen. Dem Entwurf der Bundesregierung zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung können wir weitestgehend zustimmen, da es sich um An- gleichung im Zuge der Euroumstellung handelt. Dr. Evelyn Kenzler (PDS): Wer auch immer heute ein Gesetz vereinfachen kann und zudem damit eine Kosten- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011990 (C) (D) (A) (B) deckungsquote verbessert, dem gebührt Anerkennung und Dank. So gesehen scheint es, als könnte man die bei- den zuerst in Rede stehenden Gesetzentwürfe, die dies ausdrücklich zu ihrer Prämisse machen, begrüßen und nur noch die bessere Variante – zumindest hinsichtlich des Gerichtsvollzieherkostenrechts – auswählen. Das Anliegen der Länder, die „angespannte Lage“ ih- rer Haushalte zu entlasten, ist verständlich. Doch ob die im Gesetzentwurf des Bundesrates angestrebten 250 Mil- lionen DM Mehreinnahmen an Gebühren, die etwa einer Gebührenerhöhung von fast 25 Prozent entsprechen, das geeignete Mittel sind und ob man sie als verhältnismäßig bezeichnen kann, scheint mehr als fraglich. Die Gebührenerhöhungen – insbesondere im Mahn- verfahren um immerhin 50 Prozent – führen zu einer nicht unerheblichen Belastung kleiner Unternehmen wie natür- lich auch der Bürgerinnen und Bürger. Im Gesetzentwurf des Bundesrates wird ehrlicherweise auch auf die negati- ven Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau auf- grund der Verteuerung einiger gerichtlicher Verfahren so- wie der überwiegenden Zahl der Vollstreckungsverfahren hingewiesen. Hier ist der Stellungnahme der Bundesre- gierung voll zuzustimmen, dass nicht zuletzt „im Hinblick auf die Situation in den neuen Ländern besonderes Au- genmerk bei den Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten zu wahren ist, insbesondere mit Rücksicht auf die dorti- gen Einkommensverhältnisse und die Akzeptanz der rechtsstaatlichen Justiz“. Mich wundert an dieser Stelle im Übrigen nur, dass über die Erhöhung der Gerichtskosten und der Gerichts- vollziehergebühren nachgedacht wird, bevor die nunmehr längst überfällige Ungleichbehandlung der Rechtsan- wälte in den alten und den neuen Bundesländern durch den 10-prozentigen Gebührenabschlag für die Anwalt- schaft in den neuen Bundesländern beseitigt wurde. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts sollen für die Wirtschaft und für Privatpersonen die Ausgaben für die Inanspruchnahme eines Gerichtsvollziehers um 10 bis 15 Prozent steigen. Dafür hätten die Länder Mehrein- nahmen zwischen 50 und 60 Millionen DM zu erwarten. Das ist gegenüber dem Bundesratsentwurf hinsichtlich der Einnahmen der Länder deutlich bescheidener und klingt für die Betroffenen moderater. Begrüßenswert ist das Anliegen der Regierung, die Kostentatbestände in einem Verzeichnis übersichtlich darzustellen und die derzeit geltenden Wertgebühren durch Festgebühren zu ersetzen. Auch der Wegfall nicht mehr benötigter Gebührentatbestände, der Ersatz von Auslagentatbeständen durch eine Auslagenpau- schale, eine stärkere Pauschalierung der Gebühren ver- bunden mit einer nur noch eingeschränkten Erhebung von Zeitzuschlägen und der Wegfall aller Verordnungs- ermächtigungen für das Bundesjustizministerium und die Landesregierungen sind zeitgemäße Korrekturen des Gerichtsvollzieherkostenrechts. Doch Form und Regelungsmethoden eines Gesetzes sind das eine, der Inhalt das andere. Und hier bleibt ein Defizit. Denn wen treffen Gebührenerhöhungen am stärksten? Natürlich die kleinen Unternehmen sowie die sozial schwächsten Bürgerinnen und Bürger sowohl als Schuldner wie auch als Gläubiger. Denn die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers muss bekanntlich der Schuldner zah- len, aber der Gläubiger – der keineswegs immer zu den sozial Starken gehört – tritt erst einmal in Vorkasse. Und auch er kann sich nicht immer sicher sein, ob er seine Aus- lagen zurückbekommt. Auch der Gesetzentwurf zur Umstellung des Kosten- rechts und der Steuerberatungsgebührenverordnung auf Euro vermittelt diesbezüglich kein gutes Gefühl, wenn es in der allgemeinen Begründung vage heißt, dass Mehrbe- lastungen des rechtssuchenden Bürgers aufgrund der Um- stellung so weit wie möglich vermieden werden sollen. Um dem Kostendeckungsgesichtspunkt, den ich keines- wegs gering schätze, Rechnung zu tragen, stellt sich mir die Frage, ob in den Ländern tatsächlich alle Möglichkei- ten ausgeschöpft wurden, um neben der Effektivierung von Verfahrensabläufen zum Beispiel durch den Einsatz von moderner Technik Einsparungen vorzunehmen. Dr. Eckart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin der Justiz: Heute stehen gleich drei kosten- rechtliche Gesetze zur ersten Lesung an. Lassen Sie mich mit dem Regierungsentwurf eines Ge- setzes zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuer- beratergebührenverordnung auf Euro beginnen. Mit die- sem Entwurf soll der Euro zum 1. Januar 2002 in allen Kostengesetzen und in der Steuerberatergebührenverord- nung eingeführt werden. Die in Euro ausgedrückten Ge- bühren sollen auch nach Glättung der Beträge nicht mehr als unbedingt nötig vom DM-Wert abweichen. Der Bun- desrat hat keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf erhoben. Einer zügigen Beratung dürfte damit nichts im Wege stehen. Der zweite Entwurf, der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts, liegt im Interesse sowohl der Länder als auch der Gerichtsvollzie- her. Wesentlicher Zweck des Entwurfs ist es, das geltende Recht zu vereinfachen. Daneben sollen die Einnahmen der Landesjustizverwaltungen um 10 bis 15 Prozent er- höht werden, um den Kostendeckungsgrad in diesem Be- reich zu verbessern. Damit werden zu einem großen Teil die Vorschläge umgesetzt, die von einer Bund-Länder-Ar- beitsgruppe, die von der Justizministerkonferenz einge- setzt worden war, erarbeitet wurden. Die Justiz soll von unnötiger Arbeit entlastet werden. Dies ist seit Beginn ein besonderes Anliegen der Bundes- regierung. Es ist ja allgemein bekannt, dass gerade die Ge- richtsvollzieher, insbesondere die Gerichtsvollzieher in den neuen Ländern, erheblich überlastet sind. Ein leichter anwendbares Kostenrecht soll ihnen ihre wahrlich nicht einfache Arbeit spürbar erleichtern. Auch die Gläubiger und die Schuldner werden davon profitieren, denn auch sie werden die Abrechnungen besser verstehen. Dies soll unter anderem durch folgende Änderungen erreicht werden: Die Wertgebühren sollen durch Festge- bühren ersetzt werden. Die Kostentatbestände sollen in ein tabellarisches Kostenverzeichnis eingestellt werden, das wesentlich übersichtlicher ist als der herkömmliche Gesetzestext. Nicht mehr benötigte Gebührentatbestände sollen wegfallen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 2000 11991 (C) (D) (A) (B) Eine sowohl für Gläubiger als auch für Schuldner be- deutsame Neuerung ist die verbesserte Kostenregelung bei der Einziehung von Raten durch den Gerichtsvollzie- her. Der Schuldner, der sich ernsthaft um die Begleichung seiner Schulden bemüht und Raten an den Gerichtsvoll- zieher zahlt, soll hierfür nicht mit hohen Kosten belastet werden. Anders der bequeme Schuldner, der Raten vom Gerichtsvollzieher persönlich einziehen lässt: Er soll für die von ihm verursachten nicht unerheblichen Kosten ge- radestehen. Die Kosten für die Abnahme der eidesstattlichen Ver- sicherung sollen eindeutig und einfach geregelt werden. Vorgesehen ist eine Festgebühr von knapp 50 DM, durch die auch die Schreibauslagen für die Abschrift des Ver- mögensverzeichnisses abgegolten sein sollen. Lediglich die Auslagen für die Zustellung der Ladung kommen ge- gebenenfalls noch hinzu. Gleichzeitig sollen die Gebüh- ren für die Erteilung einer Abschrift des Vermögensver- zeichnisses durch das Vollstreckungsgericht und für die Einsicht in das Vermögensverzeichnis von 40 DM auf 20 DM ermäßigt werden. Die Höhe dieser Festgebühren ist trotz der für die Länder angestrebten Mehreinnahmen moderat und für die Betroffenen zumutbar. Durch den Entwurf ist auch bereits ein Teil des Anlie- gens erledigt, das der Bundesrat mit seinem Entwurf zur Änderung des Gerichtskostengesetzes und anderer Ge- setze verfolgt. Diesen Entwurf lehnt die Bundesregierung allerdings ab. Der Bundesrat schlägt zum Teil ganz er- hebliche Erhöhungen der Gerichts- und Gerichtsvollzie- hergebühren vor, die allein bei den Gerichtsgebühren zu Mehreinnahmen von mehr als 250 Millionen DM führen sollen. Das entspricht etwa dem Vierfachen der Mehrein- nahmen, die durch das Kostenrechtsän-derungsgesetz von 1994 erreicht worden sind. Angesichts der schwierigen Haushaltslage in den Län- dern hat die Bundesregierung zwar Verständnis für deren Bemühungen, Einnahmen zu steigern. Ich sehe aber nicht, wie wir dem Bürger die damit verbundene Verteuerung des Rechtsschutzes um rund 25 Prozent vermitteln wol- len. Zu Recht müssten wir uns vorhalten lassen, dass die angestrebte Erhöhung in keinem angemessenen Verhält- nis zum Anstieg der Lebenshaltungskosten seit der letzten Gebührenanpassung 1994 steht. Diese sind seit Mitte 1994 um weniger als 9 Prozent gestiegen. Eine erneute Verteuerung des Rechtsschutzes ist aber auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Das gilt insbeson- dere für das Mahnverfahren, auf das der Löwenanteil der prognostizierten Mehreinnahmen entfällt. Für den Bürger würden sich die Gebühren für das Mahnverfahren um stattliche 50 Prozent erhöhen. Gebührenerhöhungen in so erheblichem Umfang sind angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage schädlich und falsch! Gerade das Mahnverfahren ist für die mittelständische Wirtschaft ein besonders wichtiges Instrument zur Durchsetzung ihrer Forderungen. Eine Strukturreform des Gerichtskostenrechts muss sorgfältig vorbereitet werden. Die bereits erwähnte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat erste Vorschläge dafür erarbeitet und in diesem Jahr der Justizministerkonferenz in einem Zwischenbericht vorgelegt. Sie sehen keine Er- höhung der Gebühren für das Mahnverfahren mehr vor. Ich meine, es wäre vernünftig, wenn wir mit strukturellen Änderungen, wie sie der Bundesratsentwurf vorsieht, ab- warten würden, bis die endgültigen Vorschläge der Ar- beitsgruppe vorliegen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ernst Hinsken und Anita Schäfer (beide CDU/CSU) zurAbstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Ladenschlussgesetzes (Drucksachen 14/1671 und 14/4272) Eine weitere Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes halten wir nicht für erforderlich. Eine Umsetzung solcher Pläne wäre ein weiterer Schlag ins Genick kleiner und mittlerer Betriebe. Schließ- lich hat die 1996 durchgesetzte Liberalisierung keine neuen Arbeitsplätze gebracht, sondern nur zu einer Verla- gerung der Kaufkraft hin zu Handelsketten, Kaufhäusern und Einkaufszentren, insbesondere in Top-Ia-Lagen und auf der grünen Wiese, geführt. Zudem muss festgehalten werden, dass sowieso nur etwa 40 Prozent aller Geschäfte länger öffnen. Bei Be- trieben mit bis zu fünf Beschäftigten wird diese Quote längst nicht erreicht. Für sie hat sich die Liberalisierung als Rohrkrepierer erwiesen. Eine vollkommene Liberali- sierung der Öffnungszeiten würde dieses Ungleichge- wicht noch verstärken. Für viele mittelständische Einzel- händler wäre die Option längerer Geschäftszeiten und ein damit verbundener drohender weiterer Umsatzabfluss zu Großbetrieben wirtschaftlich nicht zu verkraften. Zudem wird die Vielfalt der Handelsstruktur weiter zerstört. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der F.D.P. zur Aufhebung des Ladenschlussgesetzes ab. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 124. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober 200011992 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Jürgen Meyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)





    (C)


    (D)


    (A)


    (B)


    Vielleicht hat sich das Wagnis auch insoweit ausge-
    zahlt, als die Charta in einer Sprache verfasst ist, die nicht,
    wie es in vielen europäischen Dokumenten der Fall ist,
    verschachtelt und schwer verständlich ist, sondern auch
    von Normalbürgern, die nicht juristisch vorgebildet oder
    verbildet sind, verstanden wird. Was die Sprache angeht,
    haben wir uns im Konvent nach der von Roman Herzog
    so genannten „Als-ob-Theorie“ gerichtet, das heißt, wir
    haben jeden einzelnen Artikel so formuliert, dass er ohne
    Veränderung rechtskräftig werden kann. Das hat unsere
    Arbeit ganz wesentlich bestimmt.

    Im Rahmen des Auftrags, der uns vom Europäischen
    Rat in Köln erteilt worden war, sollten wir versuchen, ein
    Dokument aus der gemeinsamen Verfassungstradition
    der Mitgliedstaaten zu entwickeln. Das war eine span-
    nende Aufgabe, die alle Delegierten dazu veranlasst hat,
    nicht nur aus der Sicht der eigenen Verfassung zu argu-
    mentieren, sondern sich auch in die Rechtskultur und die
    Wertvorstellungen unserer Nachbarn hineinzudenken und
    hineinzufühlen. Ich hoffe, dass diese Arbeit nicht nur die
    Delegierten, sondern auch unsere Völker ein bisschen
    näher gebracht hat.

    Bevor ich auf den Inhalt der Charta eingehe, will ich,
    weil ich das für sehr wichtig halte, Dank sagen. Ich
    möchte zunächst einmal der Bundesregierung danken, die
    diese Arbeit im vergangenen Juni überhaupt erst ermög-
    licht und den Durchbruch auf dem Weg zur Grundrechte-
    Charta erzielt hat.

    Ich danke stellvertretend dem Herrn Außenminister
    Fischer, der nachher noch seine Sicht der Dinge darlegen
    und uns sagen wird, wie es nach Nizza weitergehen soll.

    Darauf bin ich gespannt. Ich danke der Justizministerin,
    Frau Dr. Däubler-Gmelin,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    die mit großem Engagement in der Zeit vor dem Europä-
    ischen Rat in Köln mit Erfolg für die Grundrechte-Charta
    geworben hat, sodass in Köln der Durchbruch erzielt wer-
    den konnte. Dieser war in erster Linie das Werk von Bun-
    deskanzler Gerhard Schröder. Ich denke, ihm können wir
    und auch Sie, die Sie in der Rolle der Opposition sind,
    heute fairerweise danken.

    Die Präambel des Chartaentwurfs beginnt mit den fol-
    genden Sätzen:

    Die Völker Europas sind entschlossen, auf der
    Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zu-
    kunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer enge-
    ren Union verbinden.
    In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sitt-
    lichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilba-
    ren und universellen Werte der Würde des Menschen,
    der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität.

    Diese Sätze machen deutlich, dass Aufgabe des Kon-
    vents die Formulierung einer Wertegemeinschaft in Eu-
    ropa war, die aus meiner Sicht nicht nur genauso wichtig,
    sondern eigentlich bedeutender ist als die Wirtschafts-
    und Währungsgemeinschaft, über die bisher vor allem
    diskutiert worden ist.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben dann mit den folgenden Artikeln – an dieser
    Stelle möchte ich meinem Stellvertreter Peter Altmaier
    und Herrn Jürgen Gnauck, dem Delegierten des Bundes-
    rates, für die faire Zusammenarbeit danken –


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    den Versuch unternommen, so etwas wie eine europäische
    Identität zu beschreiben. Dabei sind wir von der Frage
    ausgegangen, die auch Helmut Schmidt in seinem neues-
    ten Buch über die „Die Selbstbehauptung Europas – Per-
    spektiven für das 21. Jahrhundert“ formuliert, nämlich, ob
    es nicht an der Zeit ist, neben unserer jeweiligen nationa-
    len Identität auch eine gemeinsame europäische Iden-
    tität zu definieren und sie in unser Bewusstsein aufzu-
    nehmen.

    Helmut Schmidt schreibt dazu – ich zitiere –:
    Tatsächlich gibt es seit langem eine sehr weit rei-
    chende gemeinsame Identität. Sie ist für Menschen
    aus anderen Erdteilen oftmals allerdings leichter zu
    erkennen als für uns Europäer selbst. Sie bezieht sich
    zunächst auf die Kultur im engeren Sinne: Religion,
    Philosophie, Wissenschaften, Literatur, Musik, Ar-
    chitektur, Malerei. Sodann umfasst sie die politische
    Kultur, basierend auf den Idealen der Würde und der
    Freiheit der Person sowie gleicher Grundrechte. Es
    ist die Kultur der demokratischen Verfassungen, des
    Rechtsstaates mit geordnetem privaten und öffentli-
    chen Recht bei strikter Trennung zwischen weltlicher
    Macht und Kirche. Es ist die Kultur des Wohlfahrts-




    Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

    11904


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    staates und des Willens zu sozialer Gerechtigkeit.
    Die gemeinsame Identität umschließt die wirtschaft-
    liche Kultur des privaten Landwirts, Unternehmers
    oder Kaufmanns, des freien Marktes, der freien
    Gewerkschaften, des zuverlässigen Geldwertes und
    des gesetzlichen Schutzes vor Ausbeutung der Ar-
    beitnehmer durch Arbeitgeber und der Verbraucher
    durch Kartelle oder Monopole.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die Charta
    lesen, werden Sie feststellen, dass in den 54 Artikeln der
    Charta versucht wird, genau dieses, nämlich eine europä-
    ische Identität, erstmals in einem umfassenden Dokument
    zu beschreiben. Dabei können Sie auch entdecken, dass
    die Entschließung des Deutschen Bundestages vom Mai
    dieses Jahres, in der wir viele Wünsche in Bezug auf die
    Charta geäußert haben, zu mehr als 90 Prozent in die
    Charta Eingang gefunden hat.

    Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Präambel
    machen. Erstmals in einem europäischen Grundrechtstext
    hat die Solidarität als unteilbarer und universeller Wert
    einen gleichen Rang wie die Würde des Menschen, Frei-
    heit und Gleichheit und einen gleichen Rang wie Demo-
    kratie und Rechtsstaat. Ich finde, dies ist ein Mehrwert
    dieser Charta, den man hervorheben sollte. Soziale Ge-
    rechtigkeit, abgeleitet aus dem Grundsatz der Solidarität,
    ist das Charakteristische des europäischen Modells, das
    wir in der Charta beschrieben haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Nun erlaubt es die Redezeit nicht, in meinem Arbeits-
    bericht über alle spannenden Fragen der vorgelegten 54
    Artikel zu sprechen. Ich kann nur Schlaglichter werfen,
    eine Auswahl treffen, die vielleicht Neugier und Interesse
    weckt, den einen oder anderen Artikel zu lesen oder noch
    einmal zu lesen. Ich hoffe, dass mir dies mit den wenigen
    Hinweisen, die ich zu den einzelnen Kapiteln der Charta
    geben werde, gelingt.

    Kap. I trägt die Überschrift „Würde des Menschen“.
    Grundlage nicht nur dieses Kapitels, sondern der gesam-
    ten Charta, ist also die Unverletzlichkeit der Menschen-
    würde. Sie ist ebenso – wie Sie alle wissen – in unserem
    Grundgesetz Ausgangspunkt und Grundlage aller Men-
    schenrechte. Dies wird für die Charta nicht nur durch die
    Präambel, sondern auch durch den ersten Artikel der
    Grundrechte-Charta deutlich gemacht. Das ist nicht zu-
    letzt eine Absage an ein Übel, über das wir in diesen Ta-
    gen zu diskutieren haben, nämlich den Rechtsextremis-
    mus, der dadurch charakterisiert ist, dass er nicht die
    gleiche Würde und den gleichen Wert aller Menschen be-
    jaht, sondern von ihrer Ungleichwertigkeit ausgeht und
    im Übrigen für vertretbar hält, dass man zur Durchsetzung
    eigener Überzeugungen Gewalt anwendet. Der Grundsatz
    von der Unverletzlichkeit der Menschenwürde ist eine
    Absage an den Rechtsextremismus. Das sollte man an die-
    ser Stelle sehr deutlich sagen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Aus Kap. I will ich noch auf Art. 3 hinweisen, in dem
    wir den Versuch gemacht haben, erste Grundsätze der
    Bioethik zu formulieren, zum Beispiel das Verbot des re-
    produktiven Klonens von Menschen und das Verbot, den
    menschlichen Körper oder Teile davon, etwa genetisches
    Material, zur Geschäftemacherei zu nutzen. Hier kann
    man einwenden, dass dies nur ein ganz vorsichtiger, ers-
    ter Ansatz ist, bioethische Grundsätze zu formulieren. Ich
    vertraue darauf, dass der Europäische Gerichtshof, dem
    die Aufgabe der Konkretisierung zukommt – ähnlich wie
    das Bundesverfassungsgericht es bei uns seit 1949 getan
    hat –, aus dem Muttergrundrecht der Unverletzlichkeit der
    Würde des Menschen auch weitere Konkretisierungen im
    Bereich der Bioethik entwickeln wird. Wir sollten also mit
    dem, was wir formuliert haben, nicht unzufrieden sein.

    Kap. II trägt die Überschrift „Freiheiten“. Ich freue
    mich sehr, dass auch dem Wunsch des Deutschen Bun-
    destages entsprochen wurde und es gewissermaßen in
    letzter Minute gelungen ist, in den Artikel über Gewis-
    sensfreiheit das Grundrecht auf eine Wehrdienstverwei-
    gerung aus Gewissensgründen aufzunehmen. Das ist eine
    aktueller werdende Forderung, weil es in naher Zukunft
    eventuell Eingriffstruppen der Europäischen Union in
    Krisengebieten geben könnte.

    Nach längerer Debatte haben wir uns geeinigt, in ei-
    nem weiteren Artikel auch die Freiheit von Forschung
    und Kunst und die Achtung der akademischen Freiheit,
    wozu selbstverständlich die Freiheit der Lehre gehört, zu
    garantieren. An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an
    diejenigen Delegierten aussprechen, die zunächst gezö-
    gert haben, weil in den Verfassungen ihrer Länder ein sol-
    ches Grundrecht nicht enthalten ist. Ich will aber ganz be-
    sonders den britischen Delegierten danken, die den
    größten Sprung machen mussten, weil sie keine geschrie-
    bene Verfassung mit ausformulierten Grundrechten ha-
    ben. Dass sich alle Delegierten auf diesen gemeinsamen
    und keineswegs kleinsten Nenner geeinigt haben, das
    sollten wir auch von unserer Seite gegenüber den Dele-
    gierten der anderen Länder ausdrücklich anerkennen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Was das Recht auf Bildung angeht, so gehört es aus
    meiner Sicht eher zu den sozialen Grundrechten, nach der
    Maxime, dass die Bildungschancen eines Menschen nicht
    vom Geldbeutel der Eltern abhängen dürfen. Aber wichti-
    ger finde ich, dass dieses Grundrecht auf Bildung in die
    Charta aufgenommen worden ist, und zwar in das Kapitel
    über Freiheiten.

    Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zum Grund-
    recht auf Eigentum.Hier wage ich die Behauptung, dass
    es in der Charta teilweise fortschrittlicher als in Art. 14
    unseres Grundgesetzes formuliert ist. Manche von Ihnen
    erinnern sich vielleicht, dass wir vor etwa drei Jahren in
    der Debatte über die Abschöpfung von Gewinnen aus
    organisierter Kriminalität die Forderung der Sozialdemo-
    kraten diskutiert haben, einen Satz einzufügen, der klar-
    stellt: Kriminell erzielte Gewinne und kriminell erworbe-
    nes Eigentum sind nicht geschützt.




    Dr. Jürgen Meyer (Ulm)


    11905


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Das ist damals vor allem von dem amtierenden
    Innenminister, Herrn Kanther, mit der Begründung abge-
    lehnt worden,


    (Joseph Fischer, Bundesminister: Jetzt wissen wir, warum!)


    er könne nicht einsehen, dass womöglich demnächst Geld-
    wäscheverfahren wegen, wie er es genannt hat, „hunds-
    gemeiner Steuerhinterziehung“ durchgeführt würden.


    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ich habe das damals überhaupt nicht verstanden, während
    es heute leicht verständlich ist. Aber ich stelle gerne fest,
    dass der Art. 17 der EU-Grundrechte-Charta nun den weit-
    gehenden Satz enthält, dass sich der Schutz der Charta nur
    auf rechtmäßig erworbenes Eigentum bezieht.

    Aus Kap. III über die Gleichheit will ich nur, und zwar
    mit Freude, auf den Art. 23 hinweisen, der unter den bis-
    herigen europäischen Grundrechtstexten die modernste
    Formulierung des Gebots der Gleichstellung von Män-
    nern und Frauen enthält. Das entspricht einem Antrag der
    weiblichen Delegierten im Konvent. Aber ich kann be-
    richten, dass fast alle männlichen Delegierten dem gerne
    zugestimmt haben.


    (Beifall bei der PDS)

    Kap. IV ist das Kapitel, zu dem ich die meisten Anträge

    eingebracht habe und das nunmehr Formulierungen ent-
    hält, die ich Ihnen in einer früheren Debatte vorgetragen
    habe. Es trägt die Überschrift „Solidarität“. Es geht also
    um soziale Grundrechte. Sie erinnern sich vielleicht – um
    ein Beispiel zu nennen –, dass ich zum Recht der Arbeit
    vorgetragen hatte, dass man richtigerweise nicht „Recht
    auf Arbeit“ formuliert, weil dies das Missverständnis her-
    vorruft, es gebe den Anspruch auf einen individuell ein-
    klagbaren Arbeitsplatz. Das gibt es in keinem Land der
    Welt, in dessen Verfassung das Recht auf Arbeit steht.
    Aber die Charta enthält das Recht zu arbeiten. Das steht
    in Art. 15, der die Berufsfreiheit garantiert. Im Kapitel
    „Solidarität“ sind der Schutz des Arbeitenden vor will-
    kürlicher Kündigung und auch die Förderung von Arbeit
    durch kostenlose Arbeitsvermittlung geregelt. Das sind
    alles Forderungen, denen Sie in einer früheren Debatte zu-
    gestimmt haben und die nun in der Charta stehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Man könnte in diesem Zusammenhang kritisch anmer-
    ken, dass manche sozialen Grundrechte – zum Beispiel
    das Recht auf Gesundheit, Umwelt- und Verbraucher-
    schutz – sehr allgemein formuliert sind. Ich hoffe und ver-
    traue darauf, dass die konkretisierende Rechtsprechung,
    aber auch die wissenschaftliche und die politische Dis-
    kussion aus diesen sehr allgemein gehaltenen Artikeln
    konkrete Folgerungen ableiten.


    (V o r s i t z: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Das gilt auch für einen Artikel, den ich hier noch er-

    wähnen will. Art. 36 nennt das Recht auf Dienstleistungen
    von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse; dazu gehört
    bekanntlich auch die Daseinsvorsorge. Meine Überzeu-
    gung ist, dass in der aktuellen Debatte über Daseinsvor-

    sorge die Kommission, deren Kompetenzen wir mit der
    Charta bekanntlich zu begrenzen versuchen, nicht mehr
    allein die Aspekte „freie Marktwirtschaft“ und „fairer
    Wettbewerb“ berücksichtigen darf. Vielmehr muss sie
    auch das Recht auf Dienstleistungen von allgemeinem
    wirtschaftlichen Interesse berücksichtigen. In der Verfas-
    sungsrechtsprechung des Karlsruher Gerichtshofes nennt
    man diese Aufgabe: Herstellung praktischer Konkordanz
    zwischen Grundsätzen, die in einem Spannungsverhältnis
    stehen. Ich bin gespannt, wie diese Aufgabe in der politi-
    schen Diskussion und gegebenenfalls in der Rechtspre-
    chung des EuGH zur Daseinsvorsorge gelöst werden
    wird.

    Kap. V regelt die Bürgerrechte, neben dem Wahlrecht
    und der Freizügigkeit auch das interessante Recht auf gute
    Verwaltung. Mit diesem Recht möchte der Konvent der
    Kommission und den Behörden der Europäischen Union
    gerne ein bisschen Feuer unter dem Stuhl machen; ich
    finde das eigentlich ganz zweckmäßig.


    (Beifall bei der SPD)

    Kap. VI enthält die justiziellen Grundrechte: längst

    Vertrautes wie die Unschuldsvermutung und den Grund-
    satz des Rechtes auf anwaltlichen Beistand. Hier will
    ich beispielhaft betonen, dass wir uns weitgehend um
    eine Übernahme der wichtigen und durch Rechtspre-
    chung weiterentwickelten Grundsätze der Europä-
    ischen Menschenrechtskonvention als einer der großen
    Säulen dieser Charta bemüht haben.

    Von zentraler Bedeutung ist das siebte und letzte Kapi-
    tel. Dazu möchte ich auf drei Punkte hinweisen, die in der
    Diskussion bisher nicht ausreichend berücksichtigt wer-
    den. Art. 51 regelt zunächst einmal, dass sich die Charta
    gegen die EU-Organe richtet; sie sind der Adressat.

    In diesem Zusammenhang kann ich eine Episode er-
    zählen. Romano Prodi hat die Charta bei einem Empfang
    für den Konvent Ende Juni sehr gelobt und gesagt, sie sei
    die künftige Seele der Europäischen Union. Roman
    Herzog hat in der ihm eigenen souveränen Art Romano
    Prodi gedankt und gesagt, es sei sehr anzuerkennen, dass
    er die Charta so lobe, denn er wisse doch, dass sich die
    Charta gegen ihn richte.

    Das ist eine wichtige Aussage des Art. 51, der im Übri-
    gen besagt, dass die Charta auch bei der Anwendung eu-
    ropäischen Rechts in den Mitgliedstaaten zu beachten ist.
    In Abs. 2 wird außerdem klar gesagt: Die Charta begrün-
    det keine neuen Kompetenzen der Europäischen Union.
    – Herr Kollege Gnauck, Sie nicken. – Ohne diesen zwei-
    ten Absatz wäre die Charta überhaupt nicht zustande ge-
    kommen.

    Weil es gelegentlich Befürchtungen gibt, der nationale
    Grundrechtsschutz könnte durch die Charta abgesenkt
    werden, zum Beispiel das in Art. 16 verankerte Asylrecht,
    weise ich auf die klare Regelung in Art. 53 hin, wonach es
    durch die Charta keine Absenkung des Schutzniveaus der
    nationalen Verfassungen gibt; deren Adressat sind die na-
    tionalen Behörden, in unserem Fall bis hin zur Bundesre-
    gierung. Adressat der Charta sind jedoch die EU-Organe.




    Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

    11906


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Also: Nationale Verfassungen werden in ihrem Schutzni-
    veau durch die Charta keineswegs abgesenkt.

    Lassen Sie mich abschließend noch eine kurze Bemer-
    kung zum weiteren Verfahren machen. Dazu liegen ja
    auch Erschließungsanträge vor, neben denen der Koaliti-
    on und der F.D.P. auch ein Entschließungsantrag der
    CDU/CSU-Fraktion. Ich stelle eine große Übereinstim-
    mung in diesem Hause hinsichtlich des Wunsches fest,
    dass wir die frühestmögliche Aufnahme der Charta in
    die europäischen Verträge im Anschluss an die bevor-
    stehende feierliche Proklamation in Nizza wollen.

    Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass das
    einfach sein wird. Es wird Mitgliedstaaten geben, die
    zwar die Proklamation wollen, aber nicht mehr. Ich denke
    aber, auch in diesem Punkt hat Roman Herzog Recht:
    Wenn es richtig ist, dass die Charta inhaltlich überzeugt,
    wird sie ihren Weg machen und auch den Weg in die Ver-
    träge finden.

    Es gab in den letzten Tagen eine teilweise kontroverse
    Diskussion über das Inkraftsetzen der Charta durch ein
    unionsweites Referendum. Ich will hier ohne jede Ein-
    schränkung sagen, dass ich dies für den besten und über-
    zeugendsten Weg halte, um die Charta in Kraft zu setzen.


    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Wenn man überhaupt einen Volksentscheid will, wäre die
    Charta das Herzstück einer späteren Verfassung der mit
    Abstand geeignetste Gegenstand. Durch ein solches Re-
    ferendum würden die Legitimität der Europäischen Union
    und das Gewicht der Charta gewinnen.

    Außerdem gibt es noch eine ganz praktische Erwä-
    gung: Wer hier im Plenarsaal und wer von den Menschen,
    die uns zuhören, kennt eigentlich schon den Inhalt der
    Charta? Wir müssen diese Charta bekannt machen und
    dazu wären die politischen Parteien in der Kampagne, die
    dem Referendum vorausgeht, verpflichtet. So könnten
    wir es schaffen, dass die Charta die Köpfe und die Herzen
    der Menschen erreicht.

    Ich will gleich hinzufügen: Die Alternative ist selbst-
    verständlich das herkömmliche Verfahren der Ratifika-
    tion und wir haben es nicht allein in der Hand, ein Refe-
    rendum herbeizuführen. In diesem Zusammenhang wie-
    derhole ich den Satz, den Gerhard Schröder gestern im
    Europaausschuss formuliert hat. Er hat gesagt, das Ziel,
    nämlich die Verbindlichkeit der Charta, sei noch wichti-
    ger als der Weg. Also: Wenn die Verbindlichkeit – ich
    sage: leider – nur über das übliche Verfahren der Ratifi-
    kation erreichbar wäre, müsste man diese Chance nutzen.
    Aber ich wiederhole: Der überzeugendste und beste Weg,
    die Charta in Kraft zu setzen, ist ein unionsweites Refe-
    rendum.

    Nun habe ich noch eine kleine Bitte an die Bundesre-
    gierung, die nachher durch zwei Minister zu Wort kom-
    men wird: Ich vertraue darauf, dass die Bundesregierung
    die Klugheit besitzt, die Erfahrungen mit dem Konvent,
    der ja auch von der Bundesregierung schon gelobt worden
    ist, zu nutzen und mit positiver Einstellung zu prüfen, ob
    nicht die weiteren Teile einer europäischen Verfassung,
    also der Kompetenzkatalog und auch die klare Regelung

    der Entscheidungsverfahren in der Europäischen Union,
    von einem Gremium ähnlich dem Konvent vorbereitet
    werden sollten. Die Einbeziehung der nationalen Parla-
    mente sowie des Europäischen Parlaments und der Öf-
    fentlichkeit bedeutet nämlich, dass die Demokratie in Eu-
    ropa gestärkt wird, und das wollen wir doch alle.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Peter Altmaier.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Altmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    begrüßt den vorliegenden Entwurf der Grundrechte-
    Charta und stimmt ihr ausdrücklich zu.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir glauben und sind davon überzeugt, dass es sich um
    ein großes, ein historisches Projekt der europäischen
    Integration handelt, das sich in Projekte wie den europä-
    ischen Binnenmarkt, die Abschaffung der Grenzkontrol-
    len, die Schaffung der Währungsunion und die Osterwei-
    terung einfügt. Es ist ein Projekt, das sich auch in die
    große Tradition der deutschen Europapolitik aller bisheri-
    gen Bundeskanzler, von Konrad Adenauer bis Helmut
    Kohl, einfügt.

    Es ist auch ein gemeinsames Projekt, das alle Parteien
    bzw. alle Fraktionen in diesem Haus gemeinsam vorange-
    trieben haben. Ich möchte ausdrücklich der Bundesregie-
    rung für die wirklich weise und vernünftige Entscheidung
    danken, Roman Herzog als Präsident dieses Konventes
    vorzuschlagen, weil ich glaube – es ist bisher nicht gesagt
    worden –, dass es durch die Persönlichkeit von Roman
    Herzog, durch seine Kompetenz und durch seine unbe-
    strittene Autorität möglich gewesen ist, das Zustande-
    kommen dieser Charta in einer sehr kurzen Zeitspanne zu
    ermöglichen. Deshalb möchten wir Roman Herzog für
    dieses Engagement und diesen Einsatz nachdrücklich
    Dankeschön sagen.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Diese Charta – Kommissionspräsident Prodi hat es ge-

    sagt – bildet nicht mehr und nicht weniger als die künftige
    Seele der Europäischen Union. Gerade am Vorabend
    wichtiger Entscheidungen – Regierungskonferenz in Niz-
    za mit wichtigen Vertragsänderungen, die Aufnahme von
    bis zu 20 neuen Mitgliedstaaten in die Europäische
    Union – ist es wichtig, dass wir uns über das Wertefun-
    dament, auf dem wir stehen, Klarheit verschaffen. Des-
    halb ist es entscheidend und keine Nebensächlichkeit,
    dass wir uns in der Präambel zu dieser Charta eindeutig
    zur zentralen Rolle der Menschenwürde, zur zentralen
    Rolle der Person und zum Prinzip der Subsidiarität
    bekennen. Das ist ein Bekenntnis zum europäischen Men-
    schenbild, das auf der christlichen Tradition, auf der
    Tradition der Aufklärung fußt. Es ist vor allem eine




    Dr. Jürgen Meyer (Ulm)


    11907


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    eindeutige Absage an jede Form von Intoleranz, Totalita-
    rismus oder spätsozialistischer Heilslehre.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Es war auch richtig – darin stimme ich dem Kollegen
    Meyer ausdrücklich zu –, dass wir diese Charta durch ei-
    nen Konvent ausgearbeitet haben, der zu zwei Dritteln
    aus Parlamentariern der nationalen Parlamente und des
    Europäischen Parlaments bestand. Es war auch für mich
    persönlich eine faszinierende Erfahrung, mitzuerleben,
    wie sich in diesem Gremium, das aus 60 völlig verschie-
    denen Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Ländern
    – von Skandinavien bis nach Portugal und Griechenland –
    mit unterschiedlichen Rechtstraditionen, unterschiedli-
    chem Grundrechteverständnis, unterschiedlichen Verfas-
    sungstraditionen und den unterschiedlichsten politischen
    Auffassungen bestand, die Mitglieder Schritt für Schritt
    zusammengerauft haben, wie sich eine gemeinsame Ar-
    beitskultur herausgebildet hat und wie man sich schließ-
    lich auf gemeinsame Positionen verständigt hat.

    Genauso faszinierend war es, mit anzusehen, wie in
    diesem Grundrechtekonvent aus anfänglichen Skeptikern
    und Gegnern der Grundrechte-Charta nach und nach über-
    zeugte Anhänger und Befürworter wurden, wie sich über-
    haupt einmal mehr die Erfahrung bestätigt hat, dass im-
    mer dann, wenn man sich intensiv und ernsthaft mit der
    Materie beschäftigt, kein Raum mehr für dumpfen Skep-
    tizismus und Europafeindlichkeit bleibt.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Die Erfahrung des Konvents zeigt auch, dass es in der

    Europäischen Union bei aller notwendigen Unterschied-
    lichkeit, bei allen gegensätzlichen Auffassungen zu Ein-
    zelfragen eben doch mehr Gemeinsames als Trennendes
    gibt. Diese Erfahrung sollten wir bei den Debatten in den
    nächsten Jahren nicht vergessen.


    (Dr. Jürgen Meyer [Ulm] [SPD] und Joachim Poß [SPD]: Sehr gut!)


    Auch wenn die Ausarbeitung der Charta – zum Bedau-
    ern des Kollegen Meyer und vielleicht mancher anderen –
    nicht jeden Tag auf den Titelseiten der Zeitungen stand
    und die Abendnachrichten im Fernsehen beherrscht hat,
    glaube ich, dass das Verfahren, das wir gewählt haben,
    mehr Transparenz und Beteiligung derÖffentlichkeit er-
    möglicht hat, als es jedes andere Projekt der europäischen
    Integration in der Vergangenheit getan hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, das Ergebnis des Konvents,
    die Charta, kann sich sehen lassen. Wir haben – das wird
    von so unabhängigen und renommierten Persönlichkeiten
    wie dem ehemaligen Richter am Europäischen Gerichts-
    hof in Luxemburg und jetzigen Präsidenten des Bundes-
    gerichtshofs, Herrn Hirsch, und vielen anderen bestätigt –
    einen Chartaentwurf vorgelegt, der in einer positiven Art
    und Weise das zusammenfasst, was Grund- und Men-
    schenrechtsschutz in Europa seit vielen Jahrzehnten be-
    deutet. Diese Charta ist wahrscheinlich das beste Instru-

    ment modernen Grund- und Menschenrechtsschutzes, das
    wir in Europa und in der Welt haben. Ich bin davon über-
    zeugt, dass diese Charta für viele Verfassungen, für viele
    Grundrechtskapitel in Verfassungen osteuropäischer Län-
    der, in Ländern auf dem Balkan, in jungen Demokratien
    in der Dritten Welt Pate stehen wird.

    Von dieser Charta wird auch die Signalwirkung ausge-
    hen, dass die Europäische Union mehr ist als eine Frei-
    handelszone und ein Binnenmarkt, nämlich vor allem eine
    Wertegemeinschaft, die auf dem Prinzip der Demokratie
    gegründet ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P.)


    Diese Charta ist auch deshalb ein Erfolg geworden,
    weil sich die Mitglieder im Konvent in weiser Selbstbe-
    scheidung dazu verstanden haben, die Charta nicht mit al-
    len möglichen Wunschvorstellungen zu überfrachten, die
    man aus der nationalen politischen Debatte selbstver-
    ständlich in diese Charta hineintragen kann. Es gibt eben
    kein Recht auf Arbeit; es gibt kein Recht auf Wohnung. Es
    sind auch manch andere Blütenträume zerstoben, und
    zwar auf beiden Seiten des Hauses. Aber gerade weil es so
    ist, ist es eine Grundrechte-Charta geworden, mit der alle
    leben können und die alle akzeptieren können. Das ist
    auch ein Beweis dafür – wenn ich das so sagen darf –, dass
    auch in Gremien etwas Gutes entstehen kann, was nicht
    nur von sozialdemokratischen Regierungen in den Hin-
    terzimmern von Regierungskonferenzen verhandelt wor-
    den ist.


    (Zurufe von der SPD: Na, na!)

    Die Grundrechte-Charta hat selbstverständlich auch

    Defizite. Ich persönlich hätte mir, lieber Kollege Michael
    Roth, gewünscht, dass wir beispielsweise vor dem Hin-
    tergrund der Erfahrungen mit dem Balkan, mit dem Ko-
    sovo und mit Bosnien und der ungeklärten Lage von
    Minderheiten in vielen Staaten Osteuropas und der ehe-
    maligen Sowjetunion auch den Mut gehabt hätten, Grup-
    pen- und Minderheitenrechte in diese Charta hineinzu-
    schreiben,


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    wie zum Beispiel ein Verbot der Vertreibung und ein
    Recht auf Heimat.


    (Rudolf Bindig [SPD]: Da waren die Franzosen dagegen!)


    – Ja, aber nicht nur die Franzosen. Ich hätte mir auch ge-
    wünscht – ich habe zusammen mit anderen entsprechende
    Anträge im Konvent eingebracht –, dass die deutsche
    Bundesregierung dies vielleicht ein bisschen engagierter
    unterstützt hätte, und zwar so, wie sie es bei anderen Fra-
    gen ja auch getan hat.

    Trotz dieses Defizits und manch anderer Defizite, die
    sich in dieser Charta identifizieren lassen – wir werden
    zum Beispiel über die Fragen der Biomedizin in Europa
    noch lange diskutieren müssen, bevor wir zufrieden stel-




    Peter Altmaier
    11908


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    lende und endgültige Regelungen erreicht haben –, lässt
    sich am Erfolg dieser Charta nicht deuteln. Sie wird vor
    allen Dingen ein Katalysator für den weiteren Prozess der
    europäischen Integration sein. Diese Charta hat Wirkun-
    gen, die weit über das Anliegen des Grund- und Men-
    schenrechtsschutzes hinausgehen. Sie wird uns auf dem
    Weg zu einer europäischen Verfassungsgebung weiter
    voranbringen. Das folgt schon daraus, dass diese Grund-
    rechte-Charta festschreibt, dass die bisherigen Zuständig-
    keiten der Europäischen Union nicht ausgeweitet werden
    dürfen, dass vielmehr ihre Anwendung und Ausübung
    besser kontrolliert und überwacht werden.

    Nur, wir haben ein Problem: Die Zuständigkeitsver-
    teilung ist an vielen Stellen des EU-Vertrags bisher nicht
    eindeutig und klar geregelt. Deshalb ist es notwendig,
    dass wir, von dieser Charta ausgehend, eine Diskussion
    über die Fragen in Gang setzen: Wer macht was in Eu-
    ropa? Was macht die Europäische Union, was machen
    die Mitgliedstaaten? Es ist ja erfreulich, dass die Forde-
    rung nach Kompetenzabgrenzung, die ursprünglich von
    Schäuble und Lamers in der Debatte erhoben worden ist,
    inzwischen parteiübergreifend Anhänger und Unterstüt-
    zer findet, und zwar bis hin zum französischen Staatsprä-
    sidenten Jacques Chirac, der das vor wenigen Wochen
    von gleicher Stelle aus im Deutschen Bundestag gesagt
    hat.

    Heute habe ich vernommen, dass sich sogar der ehe-
    malige Bundeskanzler Helmut Schmidt für eine Kompe-
    tenzabgrenzung innerhalb der Europäischen Union stark
    macht. Wenn er davor warnt, dass die Staats- und Regie-
    rungschefs andernfalls das Projekt Europa möglicher-
    weise verpfuschen könnten, dann ist das allerdings eine
    Wortwahl, die ich mir nicht unbedingt zu Eigen machen
    möchte, weil wir bei allem, was wir sagen, aufpassen
    müssen, ob wir nicht das Gespenst der Europafeindlich-
    keit, das wir eigentlich bannen möchten, heraufbe-
    schwören und erst richtig zum Leben erwecken.

    Weil die Grundrechte-Charta den europäischen Bür-
    gern konkrete Rechte gibt, die eines Tages einklagbar sein
    können, und weil sie dazu führt, dass das Handeln der eu-
    ropäischen Organe so überprüft werden kann wie das
    Handeln der nationalen Organe, das seit jeher an strengen
    Maßstäben gemessen wird, wird sie auch die Diskussion
    über ein weiteres wichtiges Thema vorantreiben, das
    Angela Merkel in einer Rede, die sie vor wenigen Tagen
    im „Tränenpalast“ gehalten hat, angesprochen hat, näm-
    lich das Projekt der Demokratisierung der Europä-
    ischen Union.

    Neben den Fragen: „Wie soll die Europäische Union
    hinsichtlich ihrer Zuständigkeiten und Kompetenzen ge-
    staltet werden? Wie viele Mitgliedstaaten sollen der Eu-
    ropäischen Union angehören?“ wird in den nächsten Jah-
    ren auch die entscheidende Frage auf der Tagesordnung
    stehen: Wie schaffen wir es, die Europäische Union so zu
    organisieren, dass sie genauso demokratisch ist wie das
    Verfassungsleben in jedem einzelnen unserer Mitglied-
    staaten? Es ist ein Problem, dass die europäischen Bürger
    über ihre Regierungen zum Beispiel in Frankreich, Eng-
    land und Deutschland entscheiden können, dass sie aber
    nicht darüber entscheiden können, wer sie in Europa re-
    giert, und dass sie die Zusammensetzung der Kommission

    und die Person des Kommissionspräsidenten einfach hin-
    nehmen müssen, und zwar als Ergebnis dessen, was im
    Ministerrat hinter verschlossenen Türen verhandelt wor-
    den ist. Ich bin überzeugt, dass die Grundrechte-Charta
    auch hier eine Bresche schlagen wird und dass sie deshalb
    ein Instrument ist, das die europäische Integration nicht
    verlangsamt, sondern was sie beschleunigt.

    Meine Damen und Herren, zur Offenheit der Debatte
    gehört allerdings auch, dass wir uns darüber Klarheit ver-
    schaffen, dass die Charta einen wichtigen Schönheitsfeh-
    ler hat: Sie ist bislang rechtlich unverbindlich. Sie ist – da-
    ran werden nach allem, was wir wissen, weder Biarritz
    noch Nizza etwas ändern –, zum gegenwärtigen Zeitpunkt
    für keinen Bürger als unmittelbar geltendes Recht ein-
    klagbar. Deshalb glaube ich, dass wir unsere Arbeit nicht
    mit diesem Konvent beenden dürfen, dass wir uns nicht
    nur mit der heutigen Bundestagsdebatte für die vielen An-
    hörungen und Debatten loben dürfen, sondern dass wir
    daran weiterarbeiten müssen, dass diese Charta mit ihren
    Grundrechten Rechtsverbindlichkeit erlangt.


    (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

    Sehr geehrter Herr Bundesaußenminister, bei allem

    Verständnis für die Schwierigkeiten, die es bei Regie-
    rungskonferenzen und europäischen Gipfelkonferenzen
    gibt: Versuchen Sie, in Nizza und in Biarritz wenigstens
    einen Fahrplan zu schaffen, der es regelt, dass die Grund-
    rechte-Charta eines Tages in die europäischen Verträge
    aufgenommen wird – nicht eines fernen Tages, sondern
    bei der nächsten großen anstehenden Vertragsrevision,
    und zwar gemeinsam mit den Kompetenzabgrenzungen
    und mit dem, was wir als Kernelemente einer europä-
    ischen Verfassung bezeichnen. Wenn diese Charta ir-
    gendwo in den Aktenschränken des Auswärtigen Amtes
    und des Justizministeriums verschwinden würde, hätten
    wir eine große Chance vertan. Deshalb sollten wir alles
    tun, damit die Charta die Wirksamkeit entfalten kann, die
    sie auch verdient hat.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)