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ID1411800900

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    Plenarprotokoll 14/118 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 118. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 I n h a l t : Entsendung des Abgeordneten Gunter Weißgerber als ordentliches Mitglied in das Kuratorium der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ . . . . . . . 11285 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11285 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Druck- sache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11285 B b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11285 B Einzelplan 11 Bundesministerium fürArbeit und So- zialordnung Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . . 11285 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11295 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11298 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . . 11300 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11302 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11306 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11306 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . . . . . . . . 11306 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11309 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11311 C Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11313 C Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11314 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . 11316 B Einzelplan 09 Bundesministerium fürWirtschaft undTechnologie Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . . 11318 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11321 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11324 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11327 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11329 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11330 B Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11332 A Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11335 B Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11336 D Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11337 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11338 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11339 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 11341 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11343 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11346 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11347 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11347 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11349 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11351 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11353 A Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11355 B JürgenTrittin BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN . . 11357 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11357 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11358 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11360 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11362 B Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11363 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11363 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11364 D Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (Drucksache 14/3762) . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 C Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungs- hofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 1999 – Einzelplan 20 – (Drucksachen 14/2868, 14/3974) . . . . 11365 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung der Beschlüsse 75/364/EWG, 7/454/EWG, 78/688/EWG, 78/1028/EWG, 80/156/EWG und 85/434/EWG über die Einsetzung Be- ratender Ausschüsse für die Ausbil- dung der für die allgemeine Pflege ver- antwortlichen Krankenschwestern/ Krankenpfleger, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Hebammen, der Apothe- ker und der Ärzte (Drucksachen 14/3050 Nr. 2.2, 14/3607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 D Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 11366 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11368 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11371 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11373 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 11374 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11376 C Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11378 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11380 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11382 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 B Dieter Maaß (Herne) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . . 11388 B Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11391 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11393 A Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11394 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11395 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11397 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 A Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11399 C Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11400 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 11400 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11402 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11403 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11405 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 Norbert Schindler 11403 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 11405 (C)(A) Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.09.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 14.09.2000 Peter H. Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 14.09.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.09.2000 Hauer, Nina SPD 14.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.09.2000 Jelena Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 14.09.2000 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 14.09.2000 Marquardt, Angela PDS 14.09.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 14.09.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.09.2000 Hans Peter Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.09.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Thea Dückert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
    Herr Seehofer hat uns eben wieder einige Rätsel aufgege-
    ben. Er hat viel über die Vergangenheit gesprochen. Aber
    leider, Herr Seehofer, haben Sie uns immer noch nicht
    verraten, an welcher Stelle und wie Sie sich die zukünf-
    tige Konzeption vorstellen.


    (Dr. Norbert Blüm [CDU/CSU]: Wir hatten doch sogar ein Gesetz!)


    Aber wir werden Rentenkonsensgespräche haben. Dort
    werden wir zur Sache kommen. Wir warten dann auf Ihre
    Antworten. Was ich jetzt machen möchte, ist, nicht so sehr
    über die Vergangenheit zu reden, wie Sie das gerade ge-
    tan haben. Es würde sich anbieten, weil wir natürlich ei-
    niges von dem aufzeigen könnten, was Sie uns hinterlas-
    sen haben. Aber ich möchte doch lieber über das Heute
    und das Morgen reden.

    Ich glaube, dass die letzten zwei Jahre der rot-grünen
    Koalition eines sehr deutlich gezeigt haben: Sie haben der
    Bevölkerung konsequent deutlich machen können, dass
    soziale Gerechtigkeit auch und insbesondere eine Zu-
    kunftsdimension hat, dass es bei den Themen, über die wir
    reden, Sozialpolitik und Haushaltspolitik, darum geht,
    über das Heute und das Morgen zu sprechen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich denke, dass die Bevölkerung sehr eindrücklich ver-
    standen hat, dass der Sozialstaat heute nicht mehr wie in
    der Vergangenheit von der Hand in den Mund leben kann,
    sondern dass es auch eine sozialpolitische Aufgabe ist,
    den großen Schuldenberg, den Sie uns hinterlassen haben,
    Stück für Stück abzutragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich finde es gerade auch unter sozialpolitischer Perspek-
    tive sehr beglückend, dass wir es geschafft haben, in die-
    sem Jahr zweierlei zu erreichen, nämlich die Schulden ab-
    zubauen und gleichzeitig die Steuern zu senken. Das
    haben Sie in der letzten Zeit nicht fertig bringen können,
    und es ist ein Gewinn für die Gesellschaft, der uns Zu-
    kunftsperspektiven öffnet.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist für Sozialpolitiker manchmal ganz schwer, aber
    ich glaube, gerade an dieser Haushalts- und Finanzpolitik,
    die den Rahmen liefert, wird sehr deutlich: Sozialpolitik

    ist ein Teil eines Gesamtkonzeptes. Sozialpolitik ist auch
    ein Teil einer Finanzpolitik der Konsolidierung, einer
    Politik der Steuer- und der Abgabensenkung. Nur darüber
    erhalten wir den Handlungsspielraum, um zukünftig an-
    stehende Modernisierungen des Sozialstaates vorzuberei-
    ten und in Angriff zu nehmen.

    Ich denke, dass die Politik der letzten zwei Jahre schon
    Früchte trägt. Wir sehen das an ganz knallharten Daten,
    die positiv sind: 3,3 Prozent reales Wachstum in diesem
    Jahr, 1,8 Prozent Inflationsrate – das kann sich im euro-
    päischen Vergleich wirklich sehen lassen – und dabei
    gleichzeitig und kontinuierlich seit dem letzten Herbst ein
    Abbau der Arbeitslosigkeit, eine kontinuierliche Steige-
    rung der Beschäftigung. Das macht wirklich froh für die
    Zukunft, für den Gestaltungsspielraum, den wir brauchen.

    Ich glaube, an diesen Zahlen wird deutlich: Wir haben
    es in den ersten zwei Jahren von Rot-Grün geschafft, die
    ersten Schritte eines Perspektivwechsels in der Politik
    umzusetzen – einer Politik, die endlich Fairness auch ge-
    genüber der zukünftigen Generation walten lässt, die mit
    dem Konzept aufhört, die Problematik der Schulden wei-
    ter in die Zukunft schieben zu wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, der Sozialetat ist der größte
    Etat in diesem Haushalt. Deswegen wird der Löwenanteil
    dieser Politik der Konsolidierung und der Neukonzep-
    tionierung in diesem Haushalt vollbracht. Ohne die
    Reformbereitschaft und übrigens auch den Mut, gesell-
    schaftliche Konflikte auch anzugehen, ohne diese Hal-
    tung des Arbeitsministers Riester wäre die Konsoli-
    dierungspolitik der gesamten Regierung, wäre die Finanz-
    und Haushaltspolitik auf Sand gebaut. Wir, der Minister,
    die Sozialpolitik sind das Rückgrat dafür, dass die Politik
    der Konsolidierung und der Generationengerechtigkeit
    auch in die Zukunft wirken kann.

    Die rot-grüne Koalition hat bei allem, was wir in den
    letzten zwei Jahren gemacht haben, und bei dem, was für
    die nächsten Jahre veranschlagt ist, eines ins Zentrum ge-
    stellt: mehr soziale Gerechtigkeit für die kleinen Leute
    – und zwar nachrechenbar in ihrer Kasse – zu schaffen.
    Wir haben im Jahre 2001 durch die Steuerreform 45 Mil-
    liarden DM, die an die Unternehmer und die Arbeitneh-
    mer und Arbeitnehmerinnen sowie an die Bevölkerung
    zurückgegeben werden. Es klingelt auch in der kleinen
    Geldbörse.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Hinzu kommen besonders für die kleinen Einkommen:
    die zweimalige Erhöhung des Kindergeldes, die Erhö-
    hung des Kindergeldes auch für Sozialhilfeempfänger,
    der höhere Kinderfreibetrag, die BAföG-Erhöhung und
    nach zehn Jahren endlich zum ersten Mal wieder eine
    Wohngelderhöhung.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich finde, das markiert deutlich und zu Recht, wo un-
    sere Politik hinläuft: Für eine vierköpfige Familie mit




    Horst Seehofer

    11295


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    jährlich 60 000 DM brutto im nächsten Jahr 2 900 DM
    mehr in der Tasche – und zwar real –, für eine allein ste-
    hende Frau mit jährlich 40 000 DM brutto im nächsten
    Jahr 1 209 DM mehr Entlastung. Es ist wirklich real, was
    bei den Menschen ankommt.

    Aber wir haben in der Sozialpolitik sehr viel mehr zu
    leisten, als diese Beiträge zur Konsolidierung zu erbrin-
    gen und neu zu gestalten.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist richtig! Nur zu!)


    Wir müssen an die sozialen Sicherungssysteme heran,
    weil sich der gesellschaftliche Zusammenhang, der Le-
    benszusammenhang und die Arbeitswelt sehr stark verän-
    dert haben. Die Sicherungssysteme müssen auch an die
    veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen angepasst
    werden. Ich glaube, hier ist wirklich Ehrlichkeit gefordert.

    Verändert hat sich ungeheuer viel: die Lebenszeit ver-
    längert sich; die Geburtenrate geht zurück; die Allein-
    erziehenden werden zahlreicher; die Scheidungsraten
    steigen; in der Zukunft werden immer weniger Leute es
    hinbekommen, 45 Jahre lang in einem Beruf tätig zu sein.
    Alle diese Faktoren waren bei der Konstruktion unseres
    jetzigen Sozialsystems ausschlaggebend. Darauf ist es
    eingestellt.

    Wir müssen die Philosophie, aber auch die Grundlagen
    und die Struktur der Sozialsysteme an diese Veränderun-
    gen anpassen. Da müssen wir eine sehr offene und ehrli-
    che Diskussion führen. Heute sind es 2,3 Erwerbstätige,
    die auf einen Rentner, eine Rentnerin kommen. Schon im
    Jahre 2030 werden es nur noch 1,3 Erwerbstätige sein. Je-
    dem in der Bevölkerung, der rechnen kann – und die kön-
    nen rechnen –, wird doch klar, dass ein umlagefinanzier-
    tes Rentensystem allein zukünftigen Generationen nicht
    mehr den Lebensstandard sichern kann.

    Herr Seehofer hat hier Ehrlichkeit in der Debatte ein-
    geklagt. Ehrlichkeit muss genau an dieser Stelle ansetzen:
    Wir müssen sagen, dass wir das umlagefinanzierte System
    durch eine private Säule und eine betriebliche Säule er-
    gänzen müssen. Diese Ehrlichkeit bringen wir auf.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist ja nun keine Erfindung der Grünen! Erinnern Sie sich doch einmal, wie Sie uns geprügelt haben, als wir das gefordert haben!)


    Sie dagegen stellen sich hier hin und behaupten, der Le-
    bensstandard sei weiterhin über das umlagefinanzierte
    System zu sichern. Das haben Sie hier gerade wiederum
    gemacht. Wir und auch unser Sozialminister bringen den
    Mut auf, –


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie haben den Mut gehabt, den demographischen Faktor abzuschaffen, obwohl Sie ihn wollen!)


    – die Wahrheit der demographischen Entwicklung in der
    Gesellschaft zu diskutieren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wer heute immer noch behauptet, dass die Beitrags-
    entwicklung in den sozialen Sicherungssystemen nicht so
    wichtig sei, und wer uns rät, in dieser Debatte über die
    Rentenstrukturreform den Konsolidierungskurs zu ver-
    lassen, der hat die Schärfe des Problems überhaupt nicht
    erkannt. Weder in der Rentenversicherung noch in den an-
    deren Versicherungssystemen können wir Reformen ma-
    chen, die mit einer Steigerung der Beitragssätze verbun-
    den sind. Wir brauchen die Beitragsstabilität. Sie ist ein
    wichtiger Beitrag zur künftigen Beschäftigungsentwick-
    lung.

    Bei aller Offenheit in der Debatte um die Rentenstruk-
    turreform ist eines vollständig klar, die Schmerzgrenze
    der Beitragssatzentwicklung ist in dem Konzept der Bun-
    desregierung benannt: bis zum Jahre 2020 unter 20 Pro-
    zent – das ist wirklich eine reife Leistung – und bis zum
    Jahre 2030 nicht über 22 Prozent. Diese Schmerzgrenze
    können wir nicht überschreiten. Wir brauchen Fairness
    gegenüber der jungen Generation.

    Meine Damen und Herren, in den Rentenkonsensge-
    sprächen sind die wesentlichen Punkte für die Rentenre-
    form genannt worden. Herr Seehofer sagte erst, es gebe
    kein Konzept; jetzt hat er beklagt, dass es vier Konzepte
    gebe.


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Im vierten sind wir jetzt!)


    Herr Seehofer, Sie waren derjenige, der uns in den Ren-
    tenkonsensgesprächen hinter geschlossenen Türen – das
    will ich deutlich sagen, damit es jeder hört – mehrfach be-
    stätigt hat, dass die Eckpunkte der rot-grünen Regierung,
    die dort vorgelegt wurden, ein mutiges und der Zukunft
    zugewandtes Konzept sind, das das Problem der Genera-
    tionengerechtigkeit ernst nimmt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: „Quantensprung“ hat Herr Seehofer mal gesagt!)


    – Genau! Herr Seehofer hat in Bezug auf das Regierungs-
    konzept sogar von einem „Quantensprung“ in der Ren-
    tenpolitik geredet. – Herr Seehofer, entscheiden Sie sich!
    Sie wissen, die Gespräche laufen weiter.

    Eines will ich Ihnen und der CDU/CSU insgesamt sa-
    gen: Machen Sie nicht den gleichen Fehler wie bei der
    Steuerreform! Danach sieht es fast aus. Folgen Sie nicht
    Stoiber, sondern folgen Sie der Vernunft bei der Frage der
    Rentenstrukturreform! Denn sie bietet Ihnen eine Chance,
    ein Stück Ihrer Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Die
    Kampagne gegen die Ökosteuer, die Sie im Moment be-
    treiben und mit der Sie Verwirrung auslösen, ist unglaub-
    würdig und an Unseriosität und Unredlichkeit gerade im
    Zusammenhang mit der Rentenreform wirklich nicht zu
    überbieten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Herr Merz hat gestern die Eckpunkte der CDU/CSU-
    Fraktion genannt, von denen die zwei ersten sehr interes-
    sant sind.




    Dr. Thea Dückert
    11296


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die erste Forderung war: Das Niveau der heutigen Ren-
    ten muss gehalten werden. Ich erinnere Sie daran – Sie ha-
    ben eben gerade wieder erwähnt, der demographische
    Faktor sei die Lösung –, dass der demographische Faktor
    alle Generationen, mit Ausnahme der jetzigen Rentner-
    generation, nach der Rasenmähermethode betreffen
    würde. Bleiben Sie redlich in Ihrer Argumentation!


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber die Grünen wollen ihn doch auch!)


    – Sie fordern den demographischen Faktor immer noch.
    Wir haben eine bessere Antwort, die im Sinne der Gene-
    rationengerechtigkeit auch ehrlicher ist.

    Die zweite Forderung – da wird es interessant, wenn
    die beiden Dinge zusammenkommen – von Herrn Merz
    lautete: Die Beiträge dürfen dauerhaft nicht höher sein als
    zurzeit. Wir haben zurzeit einen Beitragssatz von
    19,3 Prozent. Dieser Beitragssatz – das wissen Sie auch –
    ist wegen der Ökosteuer zustande gekommen. Ohne Öko-
    steuer läge in diesem Jahr der Beitragssatz in der
    Rentenversicherung um einen Prozentpunkt höher, das
    heißt, wir wären bei über 20 Prozent. Deshalb ist die Ar-
    gumentation an dieser Stelle höchst unredlich.

    Wie Sie wissen, fließen die Einnahmen aus der Öko-
    steuer in die Rentenkassen. Wenn Sie hier über Beitrags-
    sätze reden, die wir erreicht haben, und diese zur Grund-
    lage Ihrer eigenen Vorstellungen machen, dann aber die
    Ökosteuer abschaffen wollen, schlagen Sie – das wissen
    auch Sie – dem Rentensystem ein Bein weg. Sagen Sie,
    wie Sie es finanzieren wollen, beispielsweise über Bei-
    tragserhöhungen, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder
    eine höhere Nettoneuverschuldung! Meine Damen und
    Herren von der CDU, eine solche unehrliche Politik wer-
    den wir nicht mitmachen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich schlage Ihnen in aller Freundschaft – die Diskus-
    sionen sind oft sehr anregend – vor, von der Straße, von
    der Zapfsäule zurückzukehren und wieder in die Renten-
    konsensgespräche einzusteigen. Die Konzepte liegen vor,
    wir werden weiter diskutieren. Sie haben Ihre Punkte ja
    benannt. Ich denke, Sie rennen mit Ihren Forderungen of-
    fene Türen ein.

    Die betriebliche und private Vorsorge muss natür-
    lich weiter ausgebaut werden. Aber der Kanzler hat Ihnen
    doch schon angeboten, noch einmal 20 Milliarden DM in
    die Hand zu nehmen, um gerade Beziehern kleiner Ein-
    kommen den Gang in die private und betriebliche Vor-
    sorge zu erleichtern, und zwar mittels einer – was wir
    Grünen schon immer gefordert haben – Kinderkompo-
    nente. Darüber können wir doch reden, das ist doch über-
    haupt keine Frage. Sie brauchen doch nicht so zu tun, als
    seien Sie hier auf einen unüberwindbaren Punkt gestoßen.
    Wir sind durchaus bereit, genau dieses zu tun.

    Das Ziel, für alle Altersvorsorgesysteme die nachgela-
    gerte Besteuerung zu erreichen, ist klar, über die Schritte

    müssen wir aber reden. Aber das ist eine Frage des Weges;
    in einem Schritt geht es nicht. Wir müssen dazu natürlich
    auch die betriebliche Altersvorsorge attraktiver gestalten.
    Wir laden Sie ein, diesen Weg weiterzugehen. Ich denke,
    das ist auch für Sie sehr hilfreich.

    Wir haben in der Sozialpolitik noch sehr viel mehr zu
    leisten. Wir haben dank der positiven Konjunkturent-
    wicklung und dank der vorhin von mir genannten Daten
    im Moment eine sehr günstige Ausgangsposition.

    Mir bleibt nicht genügend Zeit, um die positive Ent-
    wicklung auf dem Arbeitsmarkt in Einzelheiten darzu-
    stellen. Klar ist aber, dass wir seit Herbst letzten Jahres
    hier eine kontinuierliche Verbesserung erleben. Klar ist,
    dass wir – entgegen allen Ihren Unkenrufen – in diesem
    Jahr eine positive Entwicklung haben, die Zahl der Be-
    schäftigungsverhältnisse von Monat zu Monat zunimmt,
    allein im Mai dieses Jahres um mehr als 700 000. Dies
    lässt sich nicht allein durch die Demographie erklären,
    sondern ist Folge der positiven Entwicklung auf dem Ar-
    beitsmarkt.

    Diese positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
    macht uns für die Zukunft eines möglich: Wir müssen ver-
    suchen – die Zeichen sind günstig –, spätestens im Jahre
    2002 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um
    0,8 bis 1 Prozent zu senken.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Jetzt!)

    Ich denke, das können wir auch erreichen. Das wäre ein
    guter Schritt, um mit den Lohnnebenkosten unter 40 Pro-
    zent zu kommen. Das wäre wiederum ein effektiver Bei-
    trag zur Beschäftigungsförderung und zu der positiven
    Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

    Trotzdem werden die Aufgaben einer aktiven Arbeits-
    marktpolitik nicht kleiner werden, auch wenn das viele
    denken mögen. Es gibt nach wie vor strukturelle Verwer-
    fungen zwischen Ost und West, insbesondere einen hohen
    Anteil an Langzeitarbeitslosigkeit, also an verfestigter
    Arbeitslosigkeit. Aber die jetzige Situation gibt uns auch
    die Chance, über Veränderungen in der Arbeitsmarktpoli-
    tik neu nachzudenken. Die Tatsache, dass ein großer Teil
    der Arbeitslosen Langzeitarbeitslose sind, macht deutlich,
    dass wir mit unserer Arbeitsmarktpolitik zukünftig nicht
    erst dann eingreifen dürfen, wenn sich die Langzeitar-
    beitslosigkeit schon verfestigt hat; vielmehr müssen wir
    die Arbeitsmarktpolitik sehr viel stärker präventiv aus-
    richten, eher an die Betriebe herangehen und auf eine Ver-
    änderung des Qualifikationsniveaus setzen. Das sind alles
    Aufgaben, die wir zu bewältigen haben.



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Liebe Kollegin, Sie
haben Ihre Redezeit deutlich überschritten.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Thea Dückert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ja,
    ich weiß. Deswegen komme ich jetzt zum Schluss.

    Wir haben an dieser Stelle zwar viele Aufgaben zu
    bewältigen. Aber: Wir kehren nicht mehr zur Politik der
    ungedeckten Schecks zurück; vielmehr werden wir in der
    Arbeitsmarkt-, Sozial- und Rentenpolitik die Fairness




    Dr. Thea Dückert

    11297


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    gegenüber den zukünftigen Generationen in den Mittel-
    punkt stellen.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)