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ID1411800100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/118 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 118. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 I n h a l t : Entsendung des Abgeordneten Gunter Weißgerber als ordentliches Mitglied in das Kuratorium der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ . . . . . . . 11285 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11285 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Druck- sache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11285 B b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11285 B Einzelplan 11 Bundesministerium fürArbeit und So- zialordnung Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . . 11285 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11295 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11298 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . . 11300 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11302 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11306 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11306 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . . . . . . . . 11306 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11309 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11311 C Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11313 C Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11314 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . 11316 B Einzelplan 09 Bundesministerium fürWirtschaft undTechnologie Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . . 11318 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11321 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11324 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11327 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11329 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11330 B Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11332 A Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11335 B Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11336 D Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11337 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11338 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11339 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 11341 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11343 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11346 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11347 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11347 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11349 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11351 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11353 A Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11355 B JürgenTrittin BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN . . 11357 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11357 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11358 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11360 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11362 B Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11363 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11363 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11364 D Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (Drucksache 14/3762) . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 C Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungs- hofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 1999 – Einzelplan 20 – (Drucksachen 14/2868, 14/3974) . . . . 11365 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung der Beschlüsse 75/364/EWG, 7/454/EWG, 78/688/EWG, 78/1028/EWG, 80/156/EWG und 85/434/EWG über die Einsetzung Be- ratender Ausschüsse für die Ausbil- dung der für die allgemeine Pflege ver- antwortlichen Krankenschwestern/ Krankenpfleger, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Hebammen, der Apothe- ker und der Ärzte (Drucksachen 14/3050 Nr. 2.2, 14/3607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 D Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 11366 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11368 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11371 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11373 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 11374 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11376 C Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11378 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11380 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11382 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 B Dieter Maaß (Herne) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . . 11388 B Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11391 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11393 A Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11394 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11395 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11397 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 A Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11399 C Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11400 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 11400 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11402 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11403 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11405 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 Norbert Schindler 11403 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 11405 (C)(A) Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.09.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 14.09.2000 Peter H. Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 14.09.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.09.2000 Hauer, Nina SPD 14.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.09.2000 Jelena Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 14.09.2000 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 14.09.2000 Marquardt, Angela PDS 14.09.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 14.09.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.09.2000 Hans Peter Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.09.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Guten Morgen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

    Aus dem Kuratorium der „Stiftung Archiv der Par-
    teien und Massenorganisationen der DDR“ scheidet
    der Kollege Markus Meckel als ordentliches Mitglied aus.
    Die Fraktion der SPD schlägt als Nachfolger den Kolle-
    gen Gunter Weißgerber vor. Sind Sie mit diesem Vor-
    schlag einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch.
    Damit ist der Kollege Weißgerber in das Kuratorium ent-
    sandt.

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
    verbundene Tagesordnung dieser Woche um die erste
    Beratung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen
    zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlag-
    steuern auf Drucksache 14/3762 erweitert werden. Der
    Punkt soll ohne Debatte behandelt werden. Sind Sie damit
    einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
    so beschlossen.

    Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesordnungs-
    punkt 1 – fort:

    a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
    gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Fest-
    stellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus-
    haltsjahr 2001

    (Haushaltsgesetz 2001)

    – Drucksache 14/4000 –
    Überweisungsvorschlag:
    Haushaltsausschuss

    b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
    gierung
    Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004
    – Drucksache 14/4001 –
    Überweisungsvorschlag:
    Haushaltsausschuss

    Ich erinnere daran, dass wir am Dienstag für die heu-
    tige Aussprache insgesamt acht Stunden beschlossen ha-
    ben.

    Wir kommen als Erstes zum Geschäftsbereich des
    Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung,
    Einzelplan 11. Das Wort hat Bundesminister Walter
    Riester.

    Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
    zialordnung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
    Der Bundeshaushalt hat im Bereich des Einzelplanes 11
    im nächsten Jahr eine Dimension von 169,5 Milliar-
    den DM. Er ist damit Ausdruck aktiver Gestaltung des So-
    zialen in dieser Republik in den vergangenen Jahren und
    vor allem auch Ausdruck der Fortentwicklung des Sozia-
    len im nächsten Jahr. Soziale Gestaltung – dies sagen wir
    seit Jahren – misst sich vor allem daran, was wir aktiv für
    die Beschäftigung und für die Reduzierung der Arbeitslo-
    sigkeit tun.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich erinnere daran, dass im letzten Jahr mehrmals die
    bohrende Frage gestellt wurde: Wie entwickeln sich die
    Beschäftigtenzahlen, die Erwerbstätigkeit und die Jobs?
    Im letzten Jahr waren wir aufgrund der Umstellung des
    Statistischen Bundesamtes leider nicht in der Lage, die
    Zahlen vorzulegen. Die Daten wurden nicht geliefert.
    Jetzt liegen sie vor. Die Messlatte kann angelegt werden,
    Bilanz kann gezogen werden.

    Meine Damen und Herren, im Juni 2000 hatten wir
    38,55Millionen Erwerbstätige in der Bundesrepublik und
    damit mehr als eine Million Erwerbstätige mehr als zu Be-
    ginn des letzten Jahres. Dies ist die höchste Zahl der Er-
    werbstätigen seit 1991.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Damit ist eine dramatische Entwicklung der Beschäfti-
    gung nach unten in Deutschland gebrochen. Wir haben
    Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung steigt. Sie
    steigt im Bereich der Selbstständigen, sie steigt im
    Bereich der abhängig Beschäftigten, sie steigt insgesamt.
    Dies hat viele Ursachen. Es liegt nicht nur an der Ar-
    beitsmarktpolitik. Eine gute Beschäftigungspolitik ist

    11285


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    118. Sitzung

    Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000

    Beginn: 9.00 Uhr

    die Zusammenfassung von Steuerpolitik, Finanzpolitik,
    Haushaltspolitik, Wirtschaftspolitik, Qualifizierungspoli-
    tik und Arbeitsmarktpolitik. Dafür sind die Rahmen fest-
    gelegt worden. Das kann man von der Regierung erwar-
    ten. Die großen Bereiche der Konsolidierung des
    Haushaltes, die steuerpolitischen Maßnahmen, die den
    Bürgern im Verlauf von sechs Jahren eine Entlastung von
    insgesamt über 90 Milliarden DM bringen, und die Re-
    form unseres sozialen Sicherungssystems sind der Rah-
    men, den die Politik bestimmt, um wirtschaftliches
    Wachstum und die Entwicklung der Jobs zu fördern.

    Nehmen wir den engeren Bereich der sozialversiche-
    rungspflichtig Beschäftigten. Im Juni 2000 hatten wir
    27,9 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
    Die 630-Mark-Arbeitsverhältnisse sind hierbei nicht ein-
    bezogen worden. Das sind weit mehr als eine halbe Mil-
    lion Beschäftigungsverhältnisse mehr als im Jahr zuvor.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Mir ist ganz wichtig festzustellen, dass das nicht durch ein
    Herauskaufen von Arbeitslosigkeit aus der Statistik er-
    folgt ist.

    Ich nenne Ihnen zwei Zahlen. Wir kennen die Kritik,
    die sich in der Bezeichnung „Wahlkampf-ABM“ verdich-
    tet hat. Wir haben jetzt 150 000 Menschen weniger in
    SAM und ABM. Ich weiß um die Schwierigkeiten im
    Osten; aber ich möchte keine ABM- und SAM-Politik
    machen, die sozusagen nur die Statistik bereinigt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir werden im Jahr 2000 rund eine halbe Million Ar-
    beitslose weniger als zum Zeitpunkt der Regierungsüber-
    nahme haben. Das reicht uns nicht aus.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist sogar schöngerechnet! Rechenkünstler sind Sie! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Eine statistische Lüge!)


    An dieser Frage wird aktiv weitergearbeitet.
    Man kann inzwischen belegen, dass 71 Prozent des

    Rückgangs der Arbeitslosigkeit eben nicht auf die Demo-
    graphie, sondern auf eine aktive Politik der Schaffung von
    Beschäftigung zurückzuführen ist. Das ist die Basis, für
    die wir einstehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Doch bei all diesen positiven Entwicklungen darf man
    nicht übersehen, dass die arbeitsmarktpolitische Entwick-
    lung und die Beschäftigungsentwicklung uneinheitlich
    sind. Wir verzeichnen – darüber freuen wir uns – ein star-
    kes Ansteigen der Beschäftigung in der gewerblichen
    Wirtschaft, und zwar sowohl in West als auch in Ost. Wir
    verzeichnen aber auch weiterhin schwierige Strukturpro-
    bleme und insbesondere große Beschäftigungsprobleme
    im Bereich der Bauwirtschaft Ost. Die Gründe kennen
    wir. Der Kanzler hat es gestern ausgeführt – ich brauche
    das nicht zu wiederholen –: An diesen Fragen muss inten-

    siv weitergearbeitet werden. Ich kann Ihnen zusagen:
    Exakt das werden wir tun.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich komme nun zum engeren Teil der Arbeitsmarktpo-
    litik. Nach meinem Verständnis muss sich Arbeitsmarkt-
    politik denjenigen Gruppen der Bevölkerung verpflichtet
    fühlen, die vom Markt allein keine Arbeitsplatzangebote
    bekommen. Dabei denke ich vor allem an junge Men-
    schen, die in Gegenden wohnen, wo sie trotz guter Quali-
    fikation zu wenige Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkei-
    ten erhalten. Ich denke – das ist eine sehr bedrückende
    Sache – zum Beispiel an die 60 000 jungen Menschen, die
    ohne Hauptschulabschluss ins Berufsleben eintreten wol-
    len und kaum Chancen haben. Auch für diese jungen
    Menschen haben wir das JUMP-Programm aufgelegt,
    ein Programm, das uns alle mit Stolz erfüllen soll.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Adolf Ostertag [SPD]: Ein gutes Programm!)


    Unsere Zielgröße im Jahr 1999 war, 100 000 jungen
    Menschen zusätzliche Chancen in Ausbildung und Arbeit
    zu geben. Ich freue mich, Ihnen berichten zu können: Wir
    haben 179 000 jungen Menschen Chancen in Ausbildung
    und Arbeit gegeben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nicht zuletzt deshalb sagen wir auch bei schwierigen
    Haushaltssituationen: Diese Förderung wird mindestens
    bis zum Jahr 2003 weitergeführt; denn die jungen Men-
    schen brauchen Sicherheit. Dieses Programm darf nicht
    nur kurz aufflackern.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich komme zum nächsten Teil der Arbeitnehmer, die
    besonderer Hilfen durch arbeitsmarktpolitische Maßnah-
    men bedürfen, zu den älteren Arbeitnehmern. Es ist eine
    bedrückende Situation, wenn in vielen Bereichen der Re-
    publik Arbeitslose mit 50 oder 55 Jahren kaum Vermitt-
    lungschancen haben. Dieses Problem muss man differen-
    ziert sehen. Wir haben über das Gesetz die Möglichkeit
    der Altersteilzeit verbessert und geben damit denjenigen
    Menschen, die früher ausscheiden wollen und können, die
    Chance, dies unter vertretbaren Bedingungen zu tun. Aber
    ich weiß, das allein löst das Problem nicht. Es ist mindes-
    tens genauso wichtig, dass wir älteren Menschen die
    Chancen auf Erwerbstätigkeit bieten, und zwar indem wir
    dafür werben, dass auch über 50-Jährige Chancen im Ar-
    beitsleben erhalten. Beides ist wichtig.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es war absolut richtig, in dem Vorschaltgesetz des letz-
    ten Jahres gerade für die älteren Menschen, vor allem für
    diejenigen aus den neuen Bundesländern, die arbeitslos
    sind, besondere Chancen zu entwickeln.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





    Bundesminister Walter Riester
    11286


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ziehen wir heute Bilanz: Für viele, die immer von
    Demographieentlastung sprachen, war es überraschend,
    dass sich im Bereich der 55-Jährigen und Älteren bis zum
    August letzten Jahres in der Arbeitsmarktstatistik fast
    nichts bewegte. Aber jetzt greifen die von uns beschlos-
    senen Maßnahmen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat
    gibt es im letzten Monat insgesamt über 100 000Arbeits-
    lose, die 55 Jahre oder älter sind, weniger. Über 100 000
    haben ihre Chancen in den Maßnahmen ergriffen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich denke, dass das eine sehr gute Bilanz ist.
    Nun kommen wir zu einer weiteren Gruppe, die unse-

    rer Unterstützung bedarf, den Langzeitarbeitslosen.
    Auch bei der Langzeitarbeitslosigkeit war der Anstieg
    von 1992 bis 1998 von 750 000 auf 1,5 Millionen gravie-
    rend. 1,5 Millionen Langzeitarbeitslose! Wir konnten die-
    sen Trend brechen und in den letzten beiden Jahren deren
    Zahl um durchschnittlich 80 000 verringern. Das war eine
    sehr schwierige Aufgabe. Damit ist das Problem noch
    nicht gelöst. Es zeigt aber, dass der Ansatz richtig ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, dass ich
    an dieser Stelle insbesondere einem Mann Dank ausspre-
    che: dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, der
    sich in einem Maße sowohl für die jungen Menschen als
    auch für die älteren Menschen einsetzt, das mir alle Hoch-
    achtung abverlangt. Ich werde diesen Mann in besonde-
    rem Maße unterstützen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Nun zu einer Gruppe, die der besonderen Unterstüt-
    zung bedarf, weil der Markt alleine nicht die entspre-
    chenden Möglichkeiten bietet. Es handelt sich um behin-
    derte Menschen. Die Situation hier ist bedrückend. Im
    ersten Gespräch, das ich vor eineinhalb Jahren in meinem
    damals neuen Amt mit Behinderten und deren Vertretern
    hatte, habe ich sehr viel gelernt. Es ist im Übrigen von ei-
    nem behinderten Kollegen der PDS-Fraktion angeregt
    worden. Ich habe gelernt, dass Behinderte besondere
    Qualifikationen haben und dass es notwendig ist, diesen
    besonderen Qualifikationen auch auf dem ersten Markt
    Chancen zu eröffnen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Deswegen ist es richtig und erfüllt mich mit Stolz, dass es
    gelungen ist, Vertreter der Wirtschaft, die Gewerkschaften
    und die Behindertenverbände im Vorfeld an der Erarbei-
    tung eines Gesetzes zur Integration von Schwerbehinder-
    ten zu beteiligen. Das Gesetz alleine wird nicht ausrei-
    chen, sondern wir brauchen ihre weitere Unterstützung.
    Die Zielsetzung, 50 000 Behinderte in den nächsten zwei
    Jahren zusätzlich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist
    ehrgeizig; aber ich weiß, dass sie richtig ist. Dafür werden
    wir kämpfen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Welche Konsequenzen ergeben sich aus alldem, was
    ich Ihnen sagte, für den Haushalt 2001? Zuerst eine, die
    ich sehr erfreulich finde: Zum ersten Mal seit 1987 wird
    vor dem Hintergrund dieser aktiven Beschäftigungspoli-
    tik die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren Beitragszah-
    lungen wieder auskommen. Wir sehen keinen besonderen
    Bundeszuschuss mehr vor. Erstmals seit 1987! Dies ist
    das Ergebnis aktiver Arbeitsmarktpolitik.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dafür haben wir gearbeitet, dafür haben wir uns ein-
    gesetzt.


    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ja, und wie! Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    – Ich höre gerade ein Grummeln vonseiten der Union. Ich
    möchte da an die Haushaltsberatungen von vor einem Jahr
    erinnern, als diese Fraktion uns empfahl, schon damals
    den Bundeszuschuss zu streichen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja. da haben wir gesagt, der Zuschuss ist nicht erforderlich!)


    Wohin wären wir denn dann gekommen? Die 2,4 Milliar-
    den DM, die wir jetzt aufgrund eines Verfassungs-
    gerichtsurteils, das sich gegen Sie wendet, zahlen müssen,
    hätten wir gar nicht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Das wussten Sie schon vor einem Jahr?)


    An Sie persönlich gerichtet, Herr Austermann, sage ich
    deswegen:


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Fehlplanung von 5 Milliarden DM!)


    Diesen Zeitpunkt zu wählen ist richtig. Wir müssen jetzt
    leider auch Belastungen aus Ihrer Regierungszeit, meine
    Damen und Herren von der Union, abtragen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Bei den Pflegebedürftigen, bei der Arbeitslosenhilfe, bei den Langzeitarbeitslosen!)


    Was bedeutet dies nun für die Gestaltung der Arbeits-
    marktpolitik im Jahre 2001? Wir werden diese Arbeits-
    marktpolitik mit gutem Mitteleinsatz auf hohem Niveau
    fortsetzen, wobei sorgfältig geprüft wird. Wir werden
    weiterhin insgesamt 44 Milliarden DM für die aktive
    Arbeitsmarktpolitik einsetzen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Um Ihnen einen Vergleich aufzuzeigen: Im Jahr 1997,

    dem Jahr vor den Wahlkampf-ABM, hat die alte Regie-
    rung bei 4,4Millionen Arbeitslosen gerade einmal 37Mil-
    liarden DM eingesetzt. Wir setzen bei erwarteten 3,5 Mil-
    lionen Arbeitslosen rund 44 Milliarden DM ein, und zwar
    gezielt in den Bereichen, in denen Menschen der Unter-
    stützung bedürfen, weil der Markt selbst, wie ich aufge-
    zeigt habe, diese Unterstützung nicht hergibt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: 7 Milliarden DM mehr! – Zuruf von der SPD: Sehr vernünftig!)





    Bundesminister Walter Riester

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    Ich komme nun zum zweiten großen Komplex des
    Haushaltes, zu den Sozialversicherungssystemen, insbe-
    sondere zur Alterssicherung. Wir werden 137 Milliar-
    den DM für die Rentenversicherungssysteme einsetzen.
    Um zu verstehen, warum das notwendig ist, bedarf es ei-
    ner kurzen Bilanz dessen, was wir in diesem Bereich vor-
    gefunden haben, was wir gemacht haben und warum eine
    weitere Förderung in diesem Umfang notwendig ist.

    Wir haben im Jahr 1998 eine sprunghafte Entwicklung
    des Beitrags und des Bundeszuschusses seit 1993 vorge-
    funden. Die Beitragsbelastung ist insgesamt um 44 Milli-
    arden DM gestiegen, der Beitrag von 17,5 Prozent auf
    20,3 Prozent. Das sind rund 44 Milliarden DM, die die
    Betriebe und die Beschäftigten mehr an Beitragsleistung
    erbringen mussten. Gleichzeitig ist der Bundeszuschuss
    in ähnlicher Größenordnung gestiegen. Rund 80 Milliar-
    den DM sind, um das einmal umzurechnen, das Volumen
    von 5 Prozentpunkten Mehrwertsteuer.

    Sie hätten es, glaube ich, nicht gewagt, der Bevölke-
    rung zu sagen, es gibt fünf Jahre jedes Jahr eine Erhöhung
    der Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt.


    (Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das hätten wir nicht gemacht, weil es unvernünftig ist!)


    Wir haben Sie bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer um
    1 Prozentpunkt unterstützt; denn hätten wir das nicht ge-
    macht, dann hätte der Rentenversicherungsbeitrag nicht
    20,3 Prozent, sondern 21,3 Prozent betragen.


    (Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Jawohl!)

    Daran muss erinnert werden.

    Dafür gab es Gründe. Dafür gab es Gründe, die Sie
    nicht zu verantworten hatten; es gab aber auch Gründe,
    die die Politik zu verantworten hat, gleich, ob man die
    Verantwortung nun positiv oder negativ betrachtet. Es gab
    Gründe, die im Prozess der deutschen Einigung lagen; es
    gab Gründe, die in der Frühverrentungspraxis lagen. Mit
    all diesen Dingen haben Sie sich zum Teil auseinander ge-
    setzt und haben wir uns auseinander gesetzt.

    Ein Punkt war, so genannte versicherungsfremde
    Leistungen nicht mehr dem Beitragszahler aufzubürden.
    In diesem Ziel war sich das gesamte Parlament einig, par-
    teiübergreifend. Nun ist das von uns konkret umgesetzt
    worden.

    Wir haben diesen Komplex als Erstes angepackt. Wir
    haben die Rentenversicherung von solchen Aufgabenstel-
    lungen entlastet. Wir haben die Steuermittel, die wir dafür
    einsetzen, über die Erhebung der Ökosteuer, die nun so
    heftig diskutiert wird, finanziert.

    Aber in all der Hektik der Diskussion dieser Tage ein
    paar ruhige Anmerkungen. Aus welchem Bereich der
    Steuer hätten wir das denn finanzieren sollen? Vor dem
    Hintergrund der von allen geforderten Senkung der Ein-
    kommensteuersätze doch wohl nicht über die Einkom-
    mensteuer, nach der gerade vollzogenen Erhöhung der
    Mehrwertsteuer doch wohl nicht über die Mehrwert-
    steuer. Also bleibt nur dieser Bereich. Dann sollte man
    auch ehrlich und offen dazu stehen. Deswegen stehe ich
    auch dazu.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nun gab es einige Berechnungen und Nachfragen
    dazu, was mit dem Geld geschehen ist. Ich will es Ihnen
    sagen: Die Einnahmen aus der Ökosteuer im Jahr 1999
    und im Jahr 2000 – in 2000 können wir nur den Ansatz
    nehmen – werden voraussichtlich insgesamt bei etwas
    über 25 Milliarden DM liegen. Wie haben wir die Entlas-
    tung vorgenommen? Wir haben den Beitrag zur Renten-
    versicherung um 1 Prozentpunkt abgesenkt und dadurch
    den Betrieben und den Beschäftigen jeweils 8 Milliar-
    den DM, also 16 Milliarden DM, zurückgegeben. Wir ha-
    ben aber zudem bei der Rentenversicherung über 8,4 Mil-
    liarden DM zusätzliche Rücklagen aufgebaut und
    erstmals seit 1994 die Rentenversicherung in die Lage
    versetzt, die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Schwan-
    kungsreserve für einen Monat Rentenzahlungen auch er-
    reichen zu können.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ja, Kollege Blüm, es wäre gerechtfertigt, hier zu sagen,
    die Rente ist sicher. Damit das aber so bleibt, muss eini-
    ges getan werden.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Norbert Blüm [CDU/ CSU]: 16 Jahre habt ihr blockiert! 16 Jahre habt ihr gemauert!)


    Die jetzigen Regelungen allein reichen nicht aus.
    Damit die Rente – ich greife jetzt Ihren Spruch auf – si-

    cher und bezahlbar bleibt, werden wir eine Rentenreform
    einleiten, für die die Eckpunkte schon feststehen und für
    die der entsprechende Gesetzentwurf in wenigen Tagen
    vorliegen wird. Unser Ziel ist es dabei – das werden wir
    realisieren –, für die jungen Menschen klare Rahmenbe-
    dingungen zu schaffen und sie durch bezahlbare Renten-
    systeme abzusichern, und zwar über einen Zeitraum, der
    mindestens doppelt so lang ist wie der zugrunde liegende
    Zeitraum des Rentenversicherungsberichts, den die Bun-
    desregierung jährlich erstellen muss, also 30 Jahre.

    Wir werden den Beitragssatz, den wir abgesenkt haben,
    für mindestens 20 Jahre nicht wieder über 20 Prozent stei-
    gen lassen und damit eine langfristig planbare und sichere
    Linie für die erwerbstätige Generation und für die Be-
    triebe schaffen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir wissen – ich bin dankbar, dass der Kanzler gerade
    dieser Frage einen großen Teil seiner Rede gewidmet hat –,


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Er hat gestern gar nichts davon gesagt!)


    dass es trotzdem ergänzender Unterstützungen bedarf.
    Wir wissen sehr genau, dass nicht alle Menschen zusätz-
    liche Versorgung ohne Unterstützung tragen können. Des-
    wegen müssen wir für diese Menschen die ergänzende
    Altersvorsorge betrieblich, tariflich und privat fördern.
    Die richtige Forderung nach dieser Altersvorsorge bleibt
    aber eine Luftblase, wenn man nicht die Grundlagen dafür
    legt, dass die Menschen sie in Anspruch nehmen können.
    Wir werden das tun. Der Finanzminister arbeitet in die-
    sem Punkt mit dem Arbeitsminister und mit dem Kanzler
    eng zusammen.




    Bundesminister Walter Riester
    11288


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    (B)


    Wir werden gerade die Verdiener mit geringem und
    mittlerem Einkommen sowie die Familien mit Kindern in
    einem Maße unterstützen, das unserem Anspruch hin-
    sichtlich sozialer Gerechtigkeit gerecht wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das Volumen von insgesamt 19,6 Milliarden DM, das wir
    in der Spitze und dann dauerhaft einsetzen, wird eine gute
    Investition zur Stabilisierung und zur Sicherung der Al-
    tersversorgung aller Menschen, insbesondere der Gering-
    und Mittelverdiener und der Familien mit vielen Kindern,
    sein.

    Wir werden aber auch Klarheit über das Rentenniveau
    schaffen. Wir werden nicht mit der Rasenmähermethode
    vorgehen, sondern wir werden die Menschen in dem
    Maße am Reformprozess beteiligen, in dem es ihre Leis-
    tungsfähigkeit erlaubt.


    (Beifall bei der SPD)

    Da unterscheiden wir uns von denen, die undifferenziert
    einen Demographiefaktor einführen wollen. Wir unter-
    scheiden uns von ihnen aber nicht in dem Punkt, dass die
    demographischen Probleme beachtet werden müssen.
    Diese sehe ich möglicherweise als noch viel dringlicher
    an als manche in der Union.

    Wir werden darüber hinaus sicherstellen, dass sich die
    verschämte Altersarmut nicht ausweitet. Sie ist heute
    quantitativ nur schlecht zu erfassen, weil sie nur verein-
    zelt erkennbar ist und daher statistisch gesehen nur einen
    geringen Anteil hat. Aber wenn ich die Situation gerade in
    den neuen Bundesländern betrachte, dann komme ich zu
    dem Schluss, dass die in höherem Maße unterbrochenen
    Erwerbsbiografien, die höhere Arbeitslosigkeit, die gerin-
    gere Anzahl von ergänzenden Alterssicherungssystemen
    und die geringere Vermögensbildung dazu führen, dass
    dort die Probleme der Altersarmut in 10 bis 15 Jahren
    deutlicher zutage treten werden, als wir es heute vermu-
    ten können. Darauf muss die Politik reagieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deswegen werden wir Regelungen korrigieren, die für
    den von vielen Menschen als unwürdig empfundenen
    Gang zum Sozialamt und für den Rückgriff auf die Kin-
    der verantwortlich sind.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    All das, was ich Ihnen berichtet habe, ist nicht nur Be-
    standteil einer aktiven Beschäftigungspolitik und einer
    gezielten Arbeitsmarktpolitik für die Teile der Bevölke-
    rung, die vom Markt keine Angebote bekommen, sondern
    ist auch Bestandteil eines Aufbrechens des Reformstaus,
    der wie Mehltau über der Gesellschaft lag.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Dr. Norbert Blüm [CDU/CSU])


    Der Haushalt 2001 wird die Grundlagen dafür schaffen,
    eine Politik fortzusetzen, die diesen Reformstau entschie-

    den aufbricht und der Bevölkerung das Gesicht eines so-
    zialen Deutschlands zeigt.


    (Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das ist aber wirklich ein starkes Stück!)


    Dazu einige Punkte: Wir werden in der nächsten Wo-
    che im Kabinett eine Gesetzesinitiative zur Beschäfti-
    gungsförderung und zur Förderung der Teilzeit einbrin-
    gen.


    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Macht das mal!)


    Zum ersten Punkt, zur Beschäftigungsförderung:
    Ich sage klar – das habe ich auch den Gewerkschaften
    gesagt –, dass eine Abschaffung der Möglichkeiten des
    Beschäftigungsförderungsgesetzes nicht die bestehenden
    Probleme löst, sondern sie an anderer Stelle, in Bezug auf
    die notwendige Flexibilisierung, verstärkt. Deswegen
    geht es darum, die Möglichkeiten, befristete Einstellun-
    gen vorzunehmen, von der Missbrauchspraxis, die sich
    zum Teil daraus entwickelt hat, abzutrennen. Das ist ent-
    scheidend.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir werden nach der vorgesehenen Novellierung nicht
    mehr zulassen, dass sich aus den richtigen Ansätzen einer
    befristeten Beschäftigung kontinuierliche Kettenarbeits-
    verträge entwickeln.


    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist gar nicht möglich!)


    – Jemand von der CDU/CSU sagt, das sei gar nicht mög-
    lich. Sie sollten sich einmal über die Praxis informieren.


    (Franz Thönnes [SPD]: Das war ein Ruf aus dem Tal der Ahnungslosen!)


    Aus der Sicht der rechten Seite des Parlamentes ist dies
    vielleicht nicht denkbar; aus der Sicht der Praxis ist aber
    Folgendes festzustellen:


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Wo sind die Gewerkschaften, die dagegen angehen, wenn so etwas stattfindet?)


    Leider ist es so, dass in zahllosen Fällen eine Befristung
    des Arbeitsvertrages, die ohne sachlichen Grund erfolgt
    ist, ergänzt wird durch eine Befristung mit sachlichem
    Grund und dass anschließend wieder eine zweijährige Be-
    fristung ohne sachlichen Grund erfolgt. Falls Sie daran
    Zweifel haben sollten, sollten Sie sich einmal an die Be-
    triebsräte wenden. Diese werden Ihnen das sehr genau
    aufzeigen. Ein solche Aneinanderreihung von Befristun-
    gen werden wir künftig verhindern.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Für den Fall, dass Sie nicht wissen, wer das entsprechende
    Gesetz gemacht hat, kann ich Ihnen sagen, wer es einge-
    bracht hat: die damalige Regierung. Wir werden dies
    sachgerecht korrigieren.


    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Passen Sie mal auf, dass es Ihnen nicht so ergeht wie bei der Scheinselbstständigkeit!)





    Bundesminister Walter Riester

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    (B)


    Zum zweiten Punkt, zur Teilzeitarbeit:Mit Genuss habe
    ich im „Spiegel“ dieser Woche Folgendes gelesen: Auf die
    Frage nach seiner Meinung zu dem von uns geregelten Er-
    ziehungsurlaub, der statt auf drei nun auf acht Jahre verteilt
    werden kann, antwortet Stoiber – ich zitiere –:

    Es muss nicht nur der Erziehungsurlaub von drei auf
    acht Jahre verteilt werden können, wir

    – ich weiß nicht, wer mit „wir“ gemeint ist –
    wollen zudem einen Rechtsanspruch auf Teilzeitar-
    beit auch in der freien Wirtschaft durchsetzen.

    Da hat der Edmund Recht.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ich bin gespannt, ob er von Ihnen in der CDU/CSU un-
    terstützt wird, wenn wir diesen Gesetzentwurf einbringen.
    Sie haben da die Möglichkeit, einen Praxistest zu machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Seehofer [CDU/CSU]: Wir machen das! Wir führen die Befehle aus! – Gegenruf des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir erwarten nichts anderes!)


    Den nächsten großen Komplex beim Aufbrechen eines
    Reformstaus stellt die Betriebsverfassung dar. Die Be-
    triebsverfassung, das für die Betriebe wichtigste Regel-
    werk aus dem Jahre 1972, kann eigentlich nur den Blick
    der damaligen Arbeitswelt, also die der 60er-Jahre, wie-
    dergeben. Das ist nicht zu kritisieren; das ist ein Fakt. Kri-
    tisieren aber muss man, dass über 30 Jahre hinweg ein
    Rechtsstillstand herrschte. Wenn man sich einmal vor Au-
    gen führt, wie die Arbeitswelt vor 30 Jahren ausgesehen
    hat und wie sie heute aussieht, dann ist festzustellen, dass
    diese aus der damaligen Zeit stammenden Regeln nicht
    mehr zu der heutigen Arbeitswelt passen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Also weg damit, oder wie?)


    – Jemand aus der Union ruft gerade zu: Weg mit der Be-
    triebsverfassung!


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das war eine Frage! Vorsicht beim Schwindeln, Herr Riester!)


    Das kann nur jemand sagen, der eine Beteiligung, Mit-
    wirkung und Mitbestimmung der Belegschaften ablehnt.
    Das werden wir nicht tun.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir wollen vielmehr eine sachgerechte, der neuen Ar-
    beitswelt entsprechende Beteiligung, Mitwirkung und
    Mitbestimmung der Menschen. Deswegen werden wir die
    Betriebsverfassung ändern. Wir werden sie novellieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Karl-Josef Laumann [CDU/ CSU]: Wie wollen Sie das machen? – HansJoachim Fuchtel [CDU/CSU]: Ihr wollt Minderheitsrechte einschränken!)


    Wir werden den Haushalt 2001 dafür einsetzen, das so-
    ziale Gesicht dieser Republik nicht nur im Hinblick auf
    die Beschäftigungspolitik, die Arbeitsmarktpolitik und
    die sozialen Sicherungssystemen, sondern auch im Hin-
    blick auf die Betriebe so zu verändern, dass Menschen zu
    Recht sagen können: Die jetzige Regierung steht für das
    soziale Gesicht dieser Republik.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Minister, gestat-
ten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Luft?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Gerne. Dies ist eine Abschlussfrage.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte schön, Frau Kol-
    legin Luft.