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ID1411614400

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    Nachruf auf die Abgeordnete Ilse Schumann 11059 A Nachruf auf den Alterspräsidenten des Deut- schen Bundestages Fred Gebhardt . . . . . . . . 11059 B Eintritt der Abgeordneten Pia Maier und Ulrich Kelber in den Deutschen Bundestag . 11059 C Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Norbert Blüm, Wolfgang Weiermann, Dr. Peter Danckert, Dr. Manfred Lischewski und Rudolf Bindig 11059 D Absetzung des Tagesordnungspunktes: Erste Beratung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes . . . . . . . . . . . . . 11059 D Tagesordnungspunkt 1 a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . 11059 D b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11060 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 11060 A Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 11068 A Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11072 D Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11076 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11081 B Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11085 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11086 D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11088 A Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11089 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11091 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11094 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11096 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11097 B Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11098 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11101 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . . 11103 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . 11104 D Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11105 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 11107 B Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11111 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11113 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11116 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11118 A Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 11119 A Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11121 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11122 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11124 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11126 B Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11127 B Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11128 B Plenarprotokoll 14/116 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 116. Sitzung Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 I n h a l t : Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11128 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11130 C Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11130 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 11131 A Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11133 A Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11135 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11138 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11139 A Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 11139 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11141 D Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11143 D Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11145 D Hildegard Wester SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11147 A Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11148 D Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11149 B Christian Simmert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11151 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11152 B Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11153 C Christel Hanewinckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11154 C Manfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11156 C Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG . . . . 11159 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 11161 B Eckhart Lewering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11163 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 A Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 C Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11166 D Dr. Martin Pfaff SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11167 D Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11171 C Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 11172 A Monika Knoche BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11174 A Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11175 A Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11175 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11177 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11179 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errich- tung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (114. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 7 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11179 C Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Vererblichkeit von Bodenreformeigentum (105. Sitzung) . . . . . . 11179 D Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Rede- beitrages (115. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11180 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 Dr. Ilja Seifert 11178 (C) (D) (A) (B) Berichtigung 114. Sitzung, Seite IV; Rednerliste zu Zusatztagesordnungspunkt 7, statt „Dr. Heinrich Fink (PDS)“ ist „Ulf Fink (CDU/CSU)“ zu lesen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11179 (C) (D) (A) (B) Altmaier, Peter CDU/CSU 12.09.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 12.09.2000* Brudlewsky, Monika CDU/CSU 12.09.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 12.09.2000* Klaus Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 12.09.2000 Frick, Gisela F.D.P. 12.09.2000 Hauer, Nina SPD 12.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Hörster, Joachim CDU/CSU 12.09.2000 Hoffmann (Chemnitz), SPD 12.09.2000 Jelena Dr. Hornhues, CDU/CSU 12.09.2000* Karl-Heinz Marquardt, Angela PDS 12.09.2000 Dr. Meyer (Ulm), SPD 12.09.2000 Jürgen Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 12.09.2000 Rauber, Helmut CDU/CSU 12.09.2000 Rupprecht, Marlene SPD 12.09.2000 Scheffler, Siegfried SPD 12.09.2000 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Zapf, Uta SPD 12.09.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Ver- antwortung und Zukunft“ (Drucksachen 14/3206 und 14/3459) (114. Sitzung, Tagesordnungspunkt 7 a) Die NS-Herrschaft hat vielen Menschen großes Leid zugefügt. Zwangsarbeiter wurden deportiert, inhaftiert und ausgebeutet. Deutsche Unternehmen, die an diesem Unrecht betei- ligt waren, tragen eine hohe Verantwortung. Ihre Bereitschaft zur finanziellen Wiedergutmachung begrüße ich. Da in den Verhandlungen jedoch keine optimale Rechtssicherheit erzielt werden konnte, gehe ich davon aus, dass weitere Forderungen an Deutschland und deut- sche Unternehmen gestellt werden. Der Zwangsarbeiter- fonds wird kein finanzieller Schlussstrich werden. Ich bin nicht damit einverstanden, dass einige Opfer- gruppen, an die bisher bereits Entschädigungsleistungen gezahlt wurden, gegenüber anderen Opfergruppen privi- legiert werden, obwohl Letztere einem gleich schweren Schicksal ausgesetzt waren. Die Diskussion um Zwangsarbeit hat auch viele Deut- sche, die ähnliche Schicksale zu erdulden hatten (darunter auch meine Mutter), in ihrem Gerechtigkeitssinn getrof- fen. Lösungen zur Wiedergutmachung für diese Menschen sind weder in der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ noch an anderer Stelle vorgesehen. Ich stimme dem Gesetzentwurf nicht zu. Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zurBeratung des Antrags: Vererblichkeit von Bo- denreformeigentum (105. Sitzung, Seite 9916 D) Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir ha- ben den Antrag der PDS-Fraktion zum Thema „Ver- erblichkeit von Bodenreformeigentum“, Drucksache 14/1063, bereits vor einem Jahr, am 24. Juni 1999, an die- ser Stelle behandelt. Gegenstand der heutigen Debatte ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Angele- genheiten der neuen Länder vom 16. Dezember 1999 zu dieser Thematik. Die mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungs- gesetz 1992 in das EGBGB eingefügten Regelungen des Art. 233, §§ 11 bis 16 waren und sind die notwendigen Konsequenzen aus unregelmäßiger Rechtsanwendung in der ehemaligen DDR. Die Quelle der Ungerechtigkeit müssen Sie dort verorten, werte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, und für diesen Zustand tragen Sie ein Stück Mitverantwortung. Der Bundesgesetzgeber hat sich 1992 aus gutem Grund für die so genannte Nachzeichnungsregelung entschieden. Nur so konnte eine Gleichbehandlung aller Erben von Bo- denreformland erreicht werden. Es ging dabei nicht nur darum, eine formale Rege- lungslücke zu schließen; es ging vielmehr darum, eine Gleichbehandlung zu erreichen, und zwar zwischen den- jenigen Neubauern-Erben, die bereits zu DDR-Zeiten ihr Bodenreformgrundstück verloren hatten, weil die zustän- digen Behörden die Besitzwechselvorschriften konse- quent angewandt haben, und denjenigen Personen, bei denen die Behörden aufgrund der praktischen Bedeu- tungslosigkeit des Privateigentums an Grund und Boden eine konsequente Löschung im Grundbuch vernachlässigt haben. Es geht also im Kern um die Frage: Welche Lösung hat der bundesdeutsche Gesetzgeber, welche Lösung hat die- ses Parlament gewählt, um ein inkonsistentes und will- kürliches Handeln der DDR-Behörden im Nachhinein unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu korrigieren? Unter diesen Vorbedingungen war die Nachzeich- nungsregelung der einzig gangbare Weg. Man kann die Nachzeichnungsregelung mit der einfachen Formel ver- anschaulichen: Kein Neubauern-Erbe soll dadurch be- nachteiligt sein, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften konsequent umgesetzt haben, bzw. umgekehrt: Kein Neubauer-Erbe soll dadurch einen Vor- teil gewinnen, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften nachlässig angewendet haben. Es ging hier also darum, den durch die Willkür der DDR-Behörden entstandenen Zustand nach dem Gleichbehandlungs- grundsatz aufzulösen. Dies war nur über die Nachzeich- nungsregelung möglich, mit der das Kriterium der Zutei- lungsfähigkeit in das bundesdeutsche Recht eingefügt wurde. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen vom De- zember 1998 zwar anerkannt, dass eine grundsätzliche Vererbbarkeit von Bodenreformland in der DDR gegeben war – aber er ist nicht so weit gegangen, daraus einen Än- derungsbedarf beim geltenden Recht abzuleiten. Vielmehr gilt nach wie vor die Definition der Zuteilungsfähigkeit, die der BGH mit seinem Urteil vom 18. Juli 1997 gegeben hat. Danach ist zuteilungsfähig im Wesentlichen nur der- jenige Erbe, der am 15. März 1990 in der Landwirtschaft tätig war. Inzwischen sind zehn Jahre vergangen, und die Länder haben mit unterschiedlichem Nachdruck die Überprüfung der Grundbücher betrieben, um das Eigentum an Boden- reformgrundstücken zu klären. Das Land Mecklenburg- Vorpommern, in dem auch die meisten Bodenreform- grundstücke liegen, ist hierin am weitesten fortgeschritten: 97 Prozent der Fälle sind bislang überprüft worden. In 7 Prozent der Fälle wurde ein Anspruch des Landes als so genannter „Besserberechtigter“ an einem Bodenreform- grundstück festgestellt, weil kein zuteilungsfähiger Erbe vorhanden war. In 0,1 Prozent der Fälle hat das Land auf- grund persönlicher Härten der Betroffenen auf seine An- sprüche verzichtet. Ich bin der Auffassung, dass sich an diesen Zahlen zeigt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle die An- wendung der bestehenden Gesetze zu Klarheit und einer abschließenden Regelung der Eigentumsfragen geführt hat. Damit ist zehn Jahre nach der deutschen Einheit die rechtmäßige Zuordnung der Bodenreformgrundstücke weitestgehend abgeschlossen. Ich glaube, dass wir zehn Jahre nach der deutschen Ein- heit auf einem guten Weg sind, dieses schwierige Kapitel des Einigungsprozesses abzuschließen. Klar ist aber auch – und das möchte ich der Ehrlichkeit halber sagen –, dass vollständige Gerechtigkeit auf diesem Gebiet nicht zu er- reichen ist. Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Redebei- trages (115. Sitzung, Seite 11022 C) Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich die Debatte über die europäische Grundrechte-Charta mit zwei Vorbemerkungen beginnen. In der letzten Sitzung des Konvents in Brüssel hat das Präsidium mitgeteilt, dass Roman Herzog den Vorsitz des Konvents demnächst wieder übernehmen wird. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.) Wir alle wissen, dass er wegen der schweren Erkrankung seiner Frau den Vorsitz im Konvent niedergelegt hatte. Die Rückkehr von Roman Herzog ist vom Konvent und, wie ich sehe, auch von Ihnen sehr positiv aufgenommen worden. Roman Herzog gelingt es, mit seiner Kompetenz und seinem Ansehen, auch widerstreitende Gruppen im Konvent zusammenzuführen und das Projekt der Grund- rechte-Charta zum Erfolg zu führen. Meine zweite Vorbemerkung gilt der Rede von Präsi- dent Chirac, die er im Deutschen Bundestag gehalten hat. Ich fand es sehr erfreulich, dass Präsident Chirac deutlich gemacht hat, dass es auch bei der Grundrechte-Charta da- rum geht, mehr Demokratie in Europa zu wagen. Dies spiegelt sich bereits in der Zusammensetzung des Kon- vents wider, denn drei Viertel der Mitglieder dieses Gre- miums sind Parlamentarier. Es ist ein Signal für mehr De- mokratie, wenn eine Weichenstellung in Richtung einer Konkretisierung der Werteordnung in Europa durch ein solches Gremium vorgenommen wird. Deshalb sollten wir alle dazu beitragen, das Projekt zum Erfolg zu führen. Weil wir in früheren Debatten und auch in der Debatte im Mai in diesem Hause ein hohes Maß an Konsens fest- gestellt hatten, habe ich seinerzeit vorgeschlagen, nach- dem die Anträge der Koalitionsfraktionen einerseits und der Oppositionsfraktionen andererseits vorgelegt worden waren, diese zu einer gemeinsamen Entschließung zu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011180 (C) (D) (A) (B) sammenzufassen. Die fast zweimonatigen Bemühungen nach der letzten Debatte schienen erfolgreich zu sein. Lei- der ist es heute doch nicht möglich, eine gemeinsame Ent- schließung zu verabschieden. Bevor ich dazu eine Bemerkung mache, möchte ich aber feststellen, dass alle Fraktionen in diesem Parlament in zahlreichen Punkten inhaltlich übereinstimmen. Wir sind uns darin einig, dass die Arbeiten des Konvents zur Erarbeitung der Grundrechte-Charta weiter unterstützt werden. Wir sind uns einig darin, dass die Bedeutung der Grundrechte-Charta auch in der deutschen Öffentlichkeit erkannt und gewürdigt und darüber eine breite gesell- schaftliche Debatte geführt werden sollte. Gemeinsam fordern wir die Bundesregierung auf, für den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention einzutreten. Wir sind uns ei- nig darin, dass der Konvent fortschrittliche und für die eu- ropäische Integration zentrale Grundrechte formulieren sollte, wozu insbesondere ein Diskriminierungsverbot, ein aktives Gleichstellungsgebot sowie kulturelle Grundrech- te gehören. Wir sind uns auch einig darin, dass die Auf- nahme von wirtschaftlichen und sozialen Rechten unter Berücksichtigung der europäischen Sozialcharta und der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Ar- beitnehmer in die Charta unterstützt werden sollte. Und: Ich denke, wir sind uns einig darüber, dass sich die Bun- desregierung im Europäischen Rat für die Rechtsverbind- lichkeit der Grundrechte-Charta mit individueller Kla- gemöglichkeit einsetzen sollte. Nun werden manche mit Recht fragen: Warum legen die Fraktionen des Deutschen Bundestages angesichts ei- ner derart weitreichenden inhaltlichen Übereinstimmung nicht eine gemeinsame Entschließung vor? Dabei kann es natürlich nicht darum gehen, so etwas wie einen „Ein- heitsbrei“ herzustellen oder abstrakte Formulierungen zu Papier zu bringen, die letztlich wenig aussagen. Die Sub- stanz dessen, was uns verbindet, ist so groß, dass die Fra- ge, warum es nicht zu einer gemeinsamen Entschließung gekommen ist, nur schwer beantwortet werden kann. Die uns Anfang dieser Woche von der CDU/CSU-Frak- tion mitgeteilte Ablehnung kam für viele von uns völlig überraschend. Ich habe natürlich versucht, rational nach- zuvollziehen, worauf sich diese Ablehnung gründet, und festzustellen, ob sie vielleicht nur ein Mittel ist, Profil auf einem ungeeigneten Feld der Auseinandersetzung zu ge- winnen. Vonseiten der CDU/CSU wurde – es hat ja keinen Sinn, darum herumzureden – bezüglich des Grundrechts auf Asyl auf angeblich unüberbrückbare Meinungs- unterschiede hingewiesen. Dies verwundert uns, da wir uns ursprünglich auch mit der CDU/CSU darauf verstän- digt hatten, uns dem Bekenntnis des Europäischen Rates von Tampere, dem künftigen europäischen Asylrecht die Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt und all- umfassend zugrunde zu legen, anzuschließen. Ich bin der Auffassung, dass die auf nationaler Ebene sicherlich notwendige Auseinandersetzung um das von der CDU/CSU-Fraktion lediglich gewünschte institutio- nelle Asylrecht und das von uns weiterhin für richtig er- achtete einklagbare individuelle Grundrecht auf Asyl auch geführt werden muss. Aber heute geht es um die Beratun- gen des Konvents in Brüssel. Ich finde, man sollte die Aus- einandersetzung, die auf nationaler Ebene zu führen ist, vor allem dann nicht nach Brüssel verlagern, wenn man sie auf nationaler Ebene nicht gewinnen kann; denn für eine Grundgesetzänderung gibt es keine Mehrheit. Außerdem werden wir in die Grundrechte-Charta auf- nehmen, dass das Niveau weiter gehender nationaler Grundrechte durch die Charta nicht abgesenkt werden darf. Diese Forderung wurde von Delegierten verschiede- ner Länder erhoben. Die Finnen sind zum Beispiel in Sorge, dass das Niveau ihrer hochmodernen Verfassung durch die Grundrechte-Charta gesenkt werden könnte. Dies darf nicht geschehen. Deshalb sind wir der Auffas- sung – mit den eben skizzierten Folgen für das deutsche Asylrecht –, dass durch die Grundrechte-Charta der hohe Grund-rechtsstandard der nationalen Verfassungen in kei- nem Fall gesenkt werden darf. Darauf haben wir uns be- reits verständigt. Warum also streiten wir im Zusammen- hang mit der Charta dann über diesen Punkt? Ein weiteres Thema, mit dem wir uns in den nächsten zwei Wochen im Konvent sehr intensiv beschäftigen wer- den, sind die sozialen Grundrechte. Wir hatten uns ei- gentlich darauf verständigt, klarzustellen: Es ist an der Zeit, die immer wieder beschworene Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte auch dadurch zu doku- mentieren, dass – dem Auftrag von Köln entsprechend – die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte Eingang in die Charta finden. Warum streiten wir also darüber? Im Konvent besteht Einigkeit, dass durch die Grundrechte- Charta die Kompetenzen der EU-Organe nicht erweitert werden dürfen. Ich bin der Auffassung, wir sollten gemeinsam überle- gen, ob die bevorstehende Debatte im Konvent in Brüssel nicht auch von uns unterstützt werden sollte. Es ist offen- sichtlich, dass es Streit über die sozialen Grundrechte gibt. Wer wollte das in Abrede stellen? Es ist auch offensicht- lich, dass einige Länder großen Wert darauf legen, eine Vielzahl sozialer Grundrechte zu formulieren. Wir sind da- gegen der Auffassung – ich habe das eben als gemeinsa- me Auffassung dargestellt –, dass man nur Grundrechte formulieren sollte, die auch einklagbar sind. Deshalb wer- be ich um Unterstützung für den Versuch – den ich ge- meinsam mit dem Delegierten der französischen Regie- rung, Herrn Braibant, unternommen habe –, in dieser Frage einen Mittelweg zu finden. Roman Herzog hat, als die Debatten im Konvent sehr streitig ausgetragen wurden, die Mitglieder des Konvents ausdrücklich aufgefordert, einen solchen Mittelweg zu suchen. Dieser sollte auf drei Säulen beruhen. In die Präambel der Charta und in die Überschrift des Kapitels über die so- zialen Grundrechte sollte – als erste Säule – der Grundsatz der Solidarität festgeschrieben werden. Als zweite Säule sollten in acht Artikeln, gruppiert um die Elemente Arbeit, Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit, die Respek- tierung und der Schutz sozialer Grundrechte in die Charta aufgenommen werden. In der dritten Säule sollte deutlich gemacht werden: Es wird auch künftig Konventionen mit neuen – auch sozialen – Grundrechten geben. Diese sind, wenn alle Mitgliedstaaten zugestimmt haben, Grundlage der Auslegung und Anwendung der Charta. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11181 (C) (D) (A) (B) Um deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich ver- ständigen könnten, will ich einmal die drei Sätze vorlesen, die Herr Braibant und ich in Bezug auf das Recht auf Ar- beit vorgeschlagen haben. Ich wüsste gerne, ob irgendje- mand in diesem Raum ist, der der folgenden Formulierung nicht zustimmen kann: Jeder hat das Recht zu arbeiten und das Recht auf Schutz seines Arbeitsplatzes. Insbesondere hat jeder das Recht, seinen Beruf frei zu wählen und auszu- üben, sowie das Recht auf freien Zugang zu unent- geltlicher Arbeitsvermittlung. Jeder hat Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter oder missbräuchlicher Entlassung. Wer kann gegen ein so formuliertes soziales Grundrecht auf Arbeit sein? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich habe gehört, dass die Debatte in der CDU/CSU- Fraktion letztlich deshalb zur Ablehnung einer gemeinsa- men Entschließung geführt hat, weil man sich über die Aufnahme eines kleinen Satzes nicht einig geworden ist. Wir haben im Entwurf der gemeinsamen Entschließung folgenden Satz vorgesehen: Die Charta soll klarstellen, dass gleichgeschlechtli- che Paare nicht benachteiligt werden dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Was haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, gegen diesen Satz? Mir ist schon klar, dass ich eigentlich diejenigen Ihrer Kollegen anspre- chen müsste, die nicht da sind. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Herr Altmaier wird das gleich in vernichtender Deut- lichkeit klarmachen!) Bezogen auf den von Ihnen kritisierten Satz darf ich Ih- nen in Erinnerung rufen, was Sie vor kurzem auf Ihrem Parteitag in Essen zu diesem Thema beschlossen haben und auch von Ihrer Vorsitzenden, Frau Merkel, sehr un- terstützt worden ist. Ich zitiere aus Ihrem Parteitagsbe- schluss: Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Le- bensentwurf zu verwirklichen suchen. (Peter Hintze [CDU/CSU]: So ist es!) Wir anerkennen, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden können, die für unsere Gesell- schaft grundlegend sind. Dies gilt für nicht eheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern; dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. (Beifall im ganzen Hause) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, genau dies hatten wir für unsere gemeinsame Entschließung vorgesehen. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Schreiben Sie das in die Charta und wir stimmen zu!) Mir ist klar, dass Sie in Ihrer Fraktion dafür gekämpft haben, sich aber letztlich gegenüber Ihren CSU-Kollegen nicht durchsetzen konnten. Ich bitte Sie dringend, dieses Problem zu lösen und nicht zuzulassen, dass das, was Frau Merkel zu diesem Thema gesagt und durchgesetzt hat, von Herrn Stoiber wieder aus dem Gefecht gezogen wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir stehen ja gar nicht im Gefecht! Nicht so martialisch!) Ich habe sehr genau beobachtet, dass Sie in unserer letz- ten Debatte am 18. Mai irritiert reagierten, als der CSU- Kollege Dr. Müller als ausdrückliche Bedingung für die Ratifizierung der Charta bezeichnete: Wir wollen keine Kompetenzausweitung, sondern er- warten Kompetenzbeschränkungen. Wie kann man so etwas von der Grundrechte-Charta, die sich mit der Kompetenzfrage bekanntlich nicht zu befas- sen hat, überhaupt erwarten? Kommen Sie zu einer ver- nünftigen Einigung mit den CSU-Kollegen in Ihrer Frak- tion! Wenn das geschehen ist, dann legen wir – das ist meine Überzeugung – wieder gemeinsame Entschließun- gen vor. Die Grundlage dafür ist breit genug. Lassen Sie uns gemeinsam feststellen: Es geht bei der Grundrechte-Charta um die Identität der Europäer, die ih- re Werteordnung, an die sie gebunden sind, deutlich ma- chen sollten. Genauso wichtig ist: Es geht um die Kon- trolle von Machtausübung durch die EU-Organe in Brüssel. (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [F.D.P.]: Das ist der Kern!) Dass wir dafür gemeinsam eintreten, sollte künftig wieder deutlicher werden, als es heute durch Mehrheitsentschei- dungen über einen Antrag der Koalition deutlich werden kann. Überlegen Sie bitte, ob Taktik nicht Übertaktieren bedeutet, wenn man die Taktik über die Sache stellt. Ich werde mich jedenfalls durch die Abstimmungen, die heute leider nicht im Konsens erfolgen werden, nicht davon abhalten lassen, auch mit den Europapolitikern der Oppositionsfraktionen, die für eine gemeinsame Ent- schließung gekämpft haben und denen es in erster Linie um die Sache und nicht um parteitaktischen Vorteil geht, weiter konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011182 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Klaus Haupt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kol-
    leginnen und Kollegen! Diesen Sommer sind wir nur allzu
    deutlich daran erinnert worden, welch bedeutsame Auf-
    gabe die Jugendpolitik darstellt.

    Ich glaube, für uns alle ist es erschreckend, wie die
    Hemmschwelle für Gewalt bei verblendeten Jugendlichen
    zwischen Bier und Hakenkreuz so weit gesunken ist, dass
    der Zynismus der Worte umschlägt in Drangsalierung, ja
    sogar Mord.

    Die beschämenden rechtsextremistischen Straftaten
    der vergangenen Monate zeigen den Ungeist der Gedan-
    kenlosigkeit, der Fremdenangst, der Menschenverach-
    tung als Quelle der Intoleranz.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Sie zeigen aber auch deutlich die Defizite unserer Gesell-
    schaft bei der Erziehung zur Demokratie.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Der Kampf der rechten Szene um die Vorherrschaft auf

    der Straße und vor allem in den Köpfen unserer Jugend ist
    eine Kriegserklärung an unsere Demokratie, eine gesamt-
    gesellschaftliche Herausforderung an alle Demokraten,
    an Schulen, Kirchen, Gewerkschaften und nicht zuletzt
    auch an die Politik.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Auch und gerade das Jugendministerium ist gefordert,
    gegen diesen braunen Spuk vorzugehen und praktisch
    geistige Vorsorge zum Schutz unserer Jugend zu leisten.
    Das muss sich aber auch im Haushalt widerspiegeln. Wie
    schon einige meiner Vorrednerinnen kritisierten, liegt lei-
    der ein Haushaltsentwurf von der Bundesministerin vor,
    in dem die Maßnahmen der Jugendpolitik nicht unerheb-
    lich, nämlich um 6 Millionen DM, gekürzt werden.

    Wir Liberalen glauben, dass alle demokratischen
    Kräfte gemeinsam offensiv für eine freiheitlich-demokra-
    tische Gesellschaft werben sollten. Die F.D.P. schlägt da-
    her eine Initiative „Erziehung zur Demokratie“ vor.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir fordern ein Sonderprogramm zur Förderung der
    kommunalen Jugendarbeit, insbesondere für politische
    Bildung, soziales Engagement und kulturelle Arbeit
    nichtstaatlicher Organisationen mit einer Mindestausstat-
    tung von 300 Millionen DM, von denen 250 Milli-




    Christian Simmert

    11153


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    onen DM vom Bund kommen sollen. Wir fordern ein
    Bund-Länder-Programm zur Verbesserung der politi-
    schen Bildungsarbeit. Allein die Versorgung mit Posten
    für Genossen bei der Bundeszentrale für politische Bil-
    dung ist noch kein Konzept.


    (Beifall bei der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


    Wir fordern eine Verbesserung des internationalen Ju-
    gendaustauschs besonders dahin gehend, dass von deut-
    scher Seite Jugendliche aus allen, wirklich allen Landes-
    teilen teilnehmen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine offensive Erzie-
    hung zur Demokratie darf nicht an kleinlichen Kostenar-
    gumenten scheitern. Sie muss uns allen etwas wert sein.
    Wir Liberalen werden entsprechende Anträge in die Haus-
    haltsdebatte einbringen und hoffen hier auf parteiüber-
    greifenden Konsens, auf eine Koalition der Vernunft zur
    Stärkung unserer Demokratie.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Beim Jugendaustausch erfüllt uns mit Besorgnis, dass

    dem Austausch mit Polen noch bei weitem nicht die glei-
    che Beachtung wie dem mit Frankreich zuteil wird. Natür-
    lich hängt die Situation des Deutsch-Polnischen Jugend-
    werkes unmittelbar mit der Haushaltslage in Polen zu-
    sammen.


    (Christel Hanewinckel [SPD]: So ist es!)

    Doch die diesbezügliche Antwort der Bundesregierung
    auf die Kleine Anfrage meiner Fraktion lässt leider allzu
    wenige kreative Lösungsansätze erkennen. Der deutsch-
    polnische Jugendaustausch braucht mehr Unterstützung
    als bisher. Mit einem Weiterwursteln nach bisherigen
    Prinzipien ist es nicht getan. Hier muss ein Paradigmen-
    wechsel her.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Liberalen freuen

    uns darüber, dass immerhin die Mittel im Rahmen des
    Kinder- und Jugendplanes um 2 Millionen DM für den
    deutsch-israelischen Jugendaustausch aufgestockt werden.


    (Beifall des Abg. Dieter Dzewas [SPD])

    Doch im Hinblick auf die Jugendkriminalität in den
    neuen Ländern und die rechtsextremen Umtriebe scheint
    eine Erhöhung der Aktionsprogramme als vordringlich.
    Leider erfolgt hier aber nur eine Verstetigung des Vorjah-
    resansatzes in Höhe von 6,1 Millionen DM. Eine Schwer-
    punktbildung mit entsprechender Mittelerhöhung wäre
    aus Sicht der F.D.P. zu begrüßen.

    Liebe Kollegen, wenn es um die Chancen und Per-
    spektiven unserer Kinder und Jugendlichen geht, ist die
    Politik mehr denn je gefordert. Lassen Sie uns gemeinsam
    dieser Verantwortung gerecht werden!

    Danke.

    (Beifall bei der F.D.P.)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Jetzt hat die Kollegin
Christel Hanewinckel, SPD-Fraktion, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christel Hanewinckel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin!
    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Politik für Jugend
    verdient Ihren Namen, wenn sie der jungen Generation
    zum Beispiel durch Schuldenabbau Zukunft eröffnet,
    wenn sie die jungen Leute mit ihren Möglichkeiten und
    Fähigkeiten zum Beispiel durch Ausbildung in die Ge-
    sellschaft aufnimmt, sodass sie dann als junge Erwach-
    sene, die eine Familie gründen, Anerkennung und Sicher-
    heit in unserem Land finden.

    Jugendpolitik ist nicht an ein Ressort gebunden und das
    ist gut so. Übergreifende Ansätze sind sowohl inhaltlich
    als auch finanziell nötig. Deshalb gibt es jugendpolitische
    Ansätze, Programme und Gelder im Bundesministerium
    für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Bildungs-
    ministerium, im Arbeitsministerium und im Innenminis-
    terium.

    Wichtig für junge Frauen und Männer sind vor allen
    Dingen Ausbildungs- und Arbeitsplätze, damit sie ihren
    Platz in der Gesellschaft finden können und nicht am
    Rande leben müssen. Die Ausbildungssituation der letz-
    ten Jahre war ausgesprochen schlecht. Unser JUMP-Pro-
    gramm hat das auffangen können. 2 Milliarden DM an
    sinnvollen Investitionen in die Zukunft unseres Landes
    und in die Zukunft der jungen Frauen und Männer haben
    jetzt bereits über 200 000 Jugendlichen eine neue Chance
    gegeben. Dieses Programm muss und wird weitergehen.


    (Beifall bei der SPD)

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Veränderung und

    die Verbesserung der Strukturen für Kinder und Jugendli-
    che vor Ort. Wir haben dieses Programm „Entwicklung
    und Chancen für junge Menschen in sozialen Brennpunk-
    ten“ genannt. Im Kinder- und Jugendplan des Bundes sind
    dafür – wie im letzten Jahr – erneut 15 Millionen DM be-
    reitgestellt worden. Damit kann vor Ort gezielt gearbeitet
    werden.

    Jetzt muss ich leider von meiner so schön vorbereite-
    ten Rede abweichen und mich auf die Vorwürfe der CDU
    einlassen. Liebe Kollegin Eichhorn, wenn ich höre, dass
    Sie Programme gegen Rechtsextremismus bzw. gegen
    Rechtsextreme fordern, erinnere ich Sie an Ihr damaliges
    tolles Programm mit dem Namen AGAG. Nach diesem
    Programm wurde Geld immer dorthin geschickt, wo es
    gerade gekracht und geknallt hat. So sagten sich junge
    Leute: Offensichtlich muss man sich in diesem Land eine
    Glatze scheren und irgendetwas kaputtschlagen, um end-
    lich Geld an die Basis zu bekommen. So kann es doch
    nicht gehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie haben sich zwar das AGAG-Programm einfallen las-
    sen, haben aber versäumt, Geld in die Strukturen der Ju-
    gendarbeit in den östlichen Bundesländern zu investieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Es gab auch Jugendprogramme für die östlichen Bundesländer!)


    – Ja, es gab Programme, aber die liefen nur von hier bis
    da und dann war Schluss. Wer auffällig wurde, bekam et-
    was – genau so darf es nicht weitergehen.




    Klaus Haupt
    11154


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Es muss so sein, dass die Programme intensiviert wer-
    den und stabil bleiben. Die Jugendlichen vor Ort und die-
    jenigen, die in der Jugendarbeit tätig sind, müssen sich da-
    rauf verlassen können. Acht Jahre dieser schlimmen Zeit,
    in der der Rechtsextremismus bzw. die Gewalt weiter ge-
    wachsen ist, haben Sie zu verantworten – wenn wir schon
    von Verantwortung sprechen.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Waren Sie nicht einmal Pfarrerin?)


    Wenn wir uns unseren Haushalt ansehen, stellen wir
    fest, dass 16 Millionen DM für internationale Jugend-
    arbeit ausgegeben werden. Internationale Jugendarbeit
    hat nicht nur völkerverbindende, sondern auch Frieden
    schaffende Wirkung. Die Erfahrungen von jungen Leuten
    über Grenzen hinweg spielen eine große Rolle für die Er-
    haltung von Demokratie sowie Weltoffenheit und sind
    wichtig für die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit
    und Rassismus.

    Aus diesem Grund haben wir zwar kein neues Werk,
    aber einen neuen Jugendaustausch mit Israel – neben die
    bestehenden Werke mit Frankreich, Polen und Tsche-
    chien, die intensiviert und stabilisiert worden sind – ge-
    stellt. In Zukunft werden wir uns Gedanken darüber ma-
    chen müssen, wie Jugendaustausch und Jugendbegeg-
    nung zwischen Deutschland und den osteuropäischen so-
    wie südosteuropäischen Ländern aussehen können. Dafür
    werden wir Geld bereitstellen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das Jahr 2001 wird das Jahr des Ehrenamtes bzw. das
    Jahr der Freiwilligen sein. Bürgerinnen und Bürger enga-
    gieren sich für eine gerechte und lebenswerte Gesell-
    schaft. Freiwilligenengagement und die Unterstützung
    durch den Staat gehören zusammen. Deshalb haben wir
    den entsprechenden Haushaltstitel seit 1999 von damals
    952 000 DM auf 4 Millionen DM für das Jahr 2001 auf-
    gestockt. In diesem Titel wird deutlich, dass Bürgernähe,
    Demokratie und Verantwortung eben auch entsprechende
    Flankierungen brauchen und dass die Rahmenbedingun-
    gen für das ehrenamtliche Engagement deutlich verbes-
    sert werden müssen. Zum Bereich der Freiwilligendiens-
    te hat der Kollege Simmert bereits einiges gesagt. Natür-
    lich werden wir sie nicht nur weiterhin unterstützen, son-
    dern auch prüfen, wo sie auszubauen sind.

    Jugendliche selbst – das finde ich sehr wichtig – emp-
    finden eine starke Förderung ihrer Selbstständigkeit, so-
    zialen Kompetenz und Toleranz durch ihre Arbeit im frei-
    willigen sozialen oder ökologischen Jahr. Andere, zum
    Beispiel bei den Jugendfeuerwehren, stellen fest, dass der
    Einsatz für andere nicht nur Mühe, sondern auch Spaß
    macht und sie dort ein Erlebnis von Gemeinschaft haben.
    Ich denke, auch das ist sehr wichtig für heranwachsende
    junge Leute hinsichtlich ihres späteren Engagements als
    Erwachsene in der Zivilgesellschaft.

    Fazit: Wir haben die Kinder- und Jugendpolitik nicht
    nur verstetigt – die Titelansätze sind geblieben –, sondern
    wir haben finanziell noch zugelegt und dieses Niveau
    werden wir auch in der Zukunft halten. Sie, Herr Kollege
    Haupt, haben nicht die Frage der Jugendarbeit angespro-
    chen, Sie haben sich vielmehr auf den Titel bezogen, in

    dem es um jugendliche Aussiedler und um jugendliche
    Ausländer geht, die entsprechende Sprachkurse brau-
    chen. Hierfür sind 6 Millionen DM weniger eingestellt.


    (Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Ist das nicht eine Maßnahme für Integration?)


    – Ja, das ist eine Maßnahme für Integration. Es ist darauf
    hingewiesen worden, dass die Zahl der jugendlichen Aus-
    siedler sehr stark zurückgegangen ist. Wir werden im
    Rahmen der Haushaltsberatung prüfen, ob der Ansatz so
    angemessen ist oder ob bei ihm nicht noch etwas drauf-
    gesattelt werden muss.

    Im Bereich der Frauenpolitik kann man sehr deutlich
    zeigen, dass eine innovative und den Wünschen der
    Frauen entsprechende Politik auch mit begrenzten Mitteln
    möglich ist.


    (Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Wo denn?)

    40 Millionen DM, die für Projekte, Initiativen und Maß-
    nahmen im Bereich der Frauenpolitik bereitgestellt wer-
    den, sind zwar ein wichtiger Aspekt, aber genauso wich-
    tig ist die Frage: Wie gehe ich mit dem Geld um? Nicht
    nur Gelder, sondern auch solche Ressourcen wie Kreati-
    vität, Mut und eben auch „gender mainstreaming“ sind
    wichtig, um neue Wege zu beschreiten.

    Die Ausgaben sind im Haushalt 2001 stabil geblieben.
    Wenn Sie sie mit den Zahlen des Haushalts von 1998 ver-
    gleichen, dann werden Sie feststellen, dass es bestimmte
    Titel in Ihrem Haushalt überhaupt nicht gegeben hat. Uns
    ist wichtig, dass wir eine Politik für die Frauen machen
    und dass das gemacht wird, was sie für sich als wichtig
    empfinden.

    Das Allensbach-Institut–ich erwähne es nur, damit Sie
    nicht denken, dass das ein uns nahe stehendes Institut ent-
    deckt hat – hat mittels einer Umfrage herausgefunden,
    dass das Thema Gleichstellung in der Bevölkerung einen
    sehr hohen Stellenwert hat. Zwei Drittel der befragten
    Männer und Frauen sagen ganz klar: Hier besteht auf al-
    len Ebenen Handlungsbedarf, also nicht nur beim Staat,
    sondern auch in der Privatwirtschaft. Für die Frauen ist
    die Gleichstellung das Wichtigste. Sie wollen für die glei-
    che Arbeit den gleichen Lohn, eine gleich gute Altersver-
    sorgung und die gleichen Aufstiegschancen im Beruf wie
    die Männer bekommen.

    An zweiter Stelle steht für die Frauen die Bekämpfung
    von Gewalt gegen Frauen. Die Studie zeigt also, dass das
    Ministerium und die Koalition bundespolitisch die richti-
    gen Schwerpunkte in der Frauenpolitik gesetzt haben. Ich
    nenne das Programm „Frau und Beruf“ und den Aktions-
    plan der Bundesregierung „Bekämpfung von Gewalt ge-
    gen Frauen“.

    Frauenförderung bedeutet nicht, Defizite bei Frauen
    wettzumachen, die sie gar nicht haben; Frauenförderung
    bedeutet vielmehr, Frauen endlich die gleichen Chancen
    wie Männern zu geben. Wir werden den Begriff „Gleich-
    stellung“ langsam, aber sicher ins Bewusstsein aller brin-
    gen. Davon können Sie ausgehen.

    Es gilt aber auch, neue Wege zu beschreiten. Dazu
    gehört – an erster Stelle – unbedingt das Gleichstellungs-
    gesetz für die Privatwirtschaft. Liebe Frau Kollegin




    Christel Hanewinckel

    11155


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Bläss, das neue Gleichstellungsgesetz wird für die Unter-
    nehmen verpflichtend sein. Aber die Tarifpartner haben
    die Möglichkeit, Regelungen miteinander zu gestalten.
    Tun sie das nicht in dem vorgegebenen Rahmen, können
    sie sicher sein, dass der gesetzliche Zwang auf dem Fuß
    folgt. Es wäre also günstig, sich etwas genauer mit den
    Vorgaben bzw. den Eckpunkten zu beschäftigen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    „Gender mainstreaming“ ist nach dem Willen der rot-
    grünen Bundesregierung als Querschnittsaufgabe als
    durchgängiges Leitprinzip in den Ministerien verankert
    worden. Das ist gut und richtig so. Es wurde allerhöchste
    Zeit, dass das geschehen ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Als Querschnittsaufgabe vieler Ministerien und Fach-
    bereiche sehe ich auch die Jugendpolitik. In den Haus-
    halten für Bildung und Forschung sowie für Arbeit und
    Sozialordnung sind entsprechende Summen veranschlagt
    worden. Für Frauen und Jugendliche ist zwar wichtig, wie
    groß der jeweils für sie vorgesehene Titel ist. Aber ihre
    Wünsche und Hoffnungen finden die größte Wert-
    schätzung in einer ressortübergreifenden Politik, die da-
    mit automatisch zur Sachpolitik wird.

    Ich muss zum Schluss noch einen Punkt ansprechen.
    Frau Böhmer, Sie haben das eingebrachte Gesetz für ein-
    getragene Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare
    angesprochen. Ich bin immer wieder überrascht, wieso ei-
    gentlich bei denen, die in einer Ehe leben, oder auch bei
    denen, die zwar nicht in einer Ehe leben, aber meinen,
    man könne der Ehe etwas wegnehmen, plötzlich Ängste
    entstehen, wenn wir gleichgeschlechtlichen Paaren, die
    verantwortlich miteinander leben wollen, die Chance
    eröffnen, das auch öffentlich zu tun. Ihnen wird doch an
    keiner Stelle etwas weggenommen,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    im Gegenteil: Wir sorgen lediglich dafür – eigentlich
    müsste noch viel mehr passieren –, dass an dieser Stelle
    endlich die Diskriminierung von Erwachsenen, die sich
    verantwortlich füreinander fühlen, beendet wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Da wird es wirklich allerhöchste Zeit, dass etwas passiert.
    Aus meiner Sicht ist das ein Punkt, der kommen muss,
    weil er nämlich verfassungskonform ist


    (Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: So, wie Sie das gemacht haben, ist das nicht verfassungskonform!)


    bzw. weil Art. 3 des Grundgesetzes diese Regelung gera-
    dezu einfordert.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)