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    Nachruf auf die Abgeordnete Ilse Schumann 11059 A Nachruf auf den Alterspräsidenten des Deut- schen Bundestages Fred Gebhardt . . . . . . . . 11059 B Eintritt der Abgeordneten Pia Maier und Ulrich Kelber in den Deutschen Bundestag . 11059 C Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Norbert Blüm, Wolfgang Weiermann, Dr. Peter Danckert, Dr. Manfred Lischewski und Rudolf Bindig 11059 D Absetzung des Tagesordnungspunktes: Erste Beratung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes . . . . . . . . . . . . . 11059 D Tagesordnungspunkt 1 a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . 11059 D b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11060 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 11060 A Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 11068 A Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11072 D Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11076 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11081 B Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11085 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11086 D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11088 A Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11089 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11091 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11094 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11096 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11097 B Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11098 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11101 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . . 11103 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . 11104 D Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11105 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 11107 B Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11111 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11113 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11116 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11118 A Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 11119 A Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11121 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11122 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11124 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11126 B Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11127 B Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11128 B Plenarprotokoll 14/116 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 116. Sitzung Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 I n h a l t : Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11128 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11130 C Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11130 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 11131 A Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11133 A Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11135 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11138 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11139 A Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 11139 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11141 D Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11143 D Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11145 D Hildegard Wester SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11147 A Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11148 D Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11149 B Christian Simmert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11151 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11152 B Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11153 C Christel Hanewinckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11154 C Manfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11156 C Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG . . . . 11159 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 11161 B Eckhart Lewering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11163 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 A Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 C Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11166 D Dr. Martin Pfaff SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11167 D Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11171 C Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 11172 A Monika Knoche BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11174 A Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11175 A Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11175 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11177 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11179 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errich- tung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (114. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 7 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11179 C Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Vererblichkeit von Bodenreformeigentum (105. Sitzung) . . . . . . 11179 D Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Rede- beitrages (115. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11180 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 Dr. Ilja Seifert 11178 (C) (D) (A) (B) Berichtigung 114. Sitzung, Seite IV; Rednerliste zu Zusatztagesordnungspunkt 7, statt „Dr. Heinrich Fink (PDS)“ ist „Ulf Fink (CDU/CSU)“ zu lesen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11179 (C) (D) (A) (B) Altmaier, Peter CDU/CSU 12.09.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 12.09.2000* Brudlewsky, Monika CDU/CSU 12.09.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 12.09.2000* Klaus Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 12.09.2000 Frick, Gisela F.D.P. 12.09.2000 Hauer, Nina SPD 12.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Hörster, Joachim CDU/CSU 12.09.2000 Hoffmann (Chemnitz), SPD 12.09.2000 Jelena Dr. Hornhues, CDU/CSU 12.09.2000* Karl-Heinz Marquardt, Angela PDS 12.09.2000 Dr. Meyer (Ulm), SPD 12.09.2000 Jürgen Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 12.09.2000 Rauber, Helmut CDU/CSU 12.09.2000 Rupprecht, Marlene SPD 12.09.2000 Scheffler, Siegfried SPD 12.09.2000 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Zapf, Uta SPD 12.09.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Ver- antwortung und Zukunft“ (Drucksachen 14/3206 und 14/3459) (114. Sitzung, Tagesordnungspunkt 7 a) Die NS-Herrschaft hat vielen Menschen großes Leid zugefügt. Zwangsarbeiter wurden deportiert, inhaftiert und ausgebeutet. Deutsche Unternehmen, die an diesem Unrecht betei- ligt waren, tragen eine hohe Verantwortung. Ihre Bereitschaft zur finanziellen Wiedergutmachung begrüße ich. Da in den Verhandlungen jedoch keine optimale Rechtssicherheit erzielt werden konnte, gehe ich davon aus, dass weitere Forderungen an Deutschland und deut- sche Unternehmen gestellt werden. Der Zwangsarbeiter- fonds wird kein finanzieller Schlussstrich werden. Ich bin nicht damit einverstanden, dass einige Opfer- gruppen, an die bisher bereits Entschädigungsleistungen gezahlt wurden, gegenüber anderen Opfergruppen privi- legiert werden, obwohl Letztere einem gleich schweren Schicksal ausgesetzt waren. Die Diskussion um Zwangsarbeit hat auch viele Deut- sche, die ähnliche Schicksale zu erdulden hatten (darunter auch meine Mutter), in ihrem Gerechtigkeitssinn getrof- fen. Lösungen zur Wiedergutmachung für diese Menschen sind weder in der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ noch an anderer Stelle vorgesehen. Ich stimme dem Gesetzentwurf nicht zu. Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zurBeratung des Antrags: Vererblichkeit von Bo- denreformeigentum (105. Sitzung, Seite 9916 D) Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir ha- ben den Antrag der PDS-Fraktion zum Thema „Ver- erblichkeit von Bodenreformeigentum“, Drucksache 14/1063, bereits vor einem Jahr, am 24. Juni 1999, an die- ser Stelle behandelt. Gegenstand der heutigen Debatte ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Angele- genheiten der neuen Länder vom 16. Dezember 1999 zu dieser Thematik. Die mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungs- gesetz 1992 in das EGBGB eingefügten Regelungen des Art. 233, §§ 11 bis 16 waren und sind die notwendigen Konsequenzen aus unregelmäßiger Rechtsanwendung in der ehemaligen DDR. Die Quelle der Ungerechtigkeit müssen Sie dort verorten, werte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, und für diesen Zustand tragen Sie ein Stück Mitverantwortung. Der Bundesgesetzgeber hat sich 1992 aus gutem Grund für die so genannte Nachzeichnungsregelung entschieden. Nur so konnte eine Gleichbehandlung aller Erben von Bo- denreformland erreicht werden. Es ging dabei nicht nur darum, eine formale Rege- lungslücke zu schließen; es ging vielmehr darum, eine Gleichbehandlung zu erreichen, und zwar zwischen den- jenigen Neubauern-Erben, die bereits zu DDR-Zeiten ihr Bodenreformgrundstück verloren hatten, weil die zustän- digen Behörden die Besitzwechselvorschriften konse- quent angewandt haben, und denjenigen Personen, bei denen die Behörden aufgrund der praktischen Bedeu- tungslosigkeit des Privateigentums an Grund und Boden eine konsequente Löschung im Grundbuch vernachlässigt haben. Es geht also im Kern um die Frage: Welche Lösung hat der bundesdeutsche Gesetzgeber, welche Lösung hat die- ses Parlament gewählt, um ein inkonsistentes und will- kürliches Handeln der DDR-Behörden im Nachhinein unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu korrigieren? Unter diesen Vorbedingungen war die Nachzeich- nungsregelung der einzig gangbare Weg. Man kann die Nachzeichnungsregelung mit der einfachen Formel ver- anschaulichen: Kein Neubauern-Erbe soll dadurch be- nachteiligt sein, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften konsequent umgesetzt haben, bzw. umgekehrt: Kein Neubauer-Erbe soll dadurch einen Vor- teil gewinnen, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften nachlässig angewendet haben. Es ging hier also darum, den durch die Willkür der DDR-Behörden entstandenen Zustand nach dem Gleichbehandlungs- grundsatz aufzulösen. Dies war nur über die Nachzeich- nungsregelung möglich, mit der das Kriterium der Zutei- lungsfähigkeit in das bundesdeutsche Recht eingefügt wurde. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen vom De- zember 1998 zwar anerkannt, dass eine grundsätzliche Vererbbarkeit von Bodenreformland in der DDR gegeben war – aber er ist nicht so weit gegangen, daraus einen Än- derungsbedarf beim geltenden Recht abzuleiten. Vielmehr gilt nach wie vor die Definition der Zuteilungsfähigkeit, die der BGH mit seinem Urteil vom 18. Juli 1997 gegeben hat. Danach ist zuteilungsfähig im Wesentlichen nur der- jenige Erbe, der am 15. März 1990 in der Landwirtschaft tätig war. Inzwischen sind zehn Jahre vergangen, und die Länder haben mit unterschiedlichem Nachdruck die Überprüfung der Grundbücher betrieben, um das Eigentum an Boden- reformgrundstücken zu klären. Das Land Mecklenburg- Vorpommern, in dem auch die meisten Bodenreform- grundstücke liegen, ist hierin am weitesten fortgeschritten: 97 Prozent der Fälle sind bislang überprüft worden. In 7 Prozent der Fälle wurde ein Anspruch des Landes als so genannter „Besserberechtigter“ an einem Bodenreform- grundstück festgestellt, weil kein zuteilungsfähiger Erbe vorhanden war. In 0,1 Prozent der Fälle hat das Land auf- grund persönlicher Härten der Betroffenen auf seine An- sprüche verzichtet. Ich bin der Auffassung, dass sich an diesen Zahlen zeigt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle die An- wendung der bestehenden Gesetze zu Klarheit und einer abschließenden Regelung der Eigentumsfragen geführt hat. Damit ist zehn Jahre nach der deutschen Einheit die rechtmäßige Zuordnung der Bodenreformgrundstücke weitestgehend abgeschlossen. Ich glaube, dass wir zehn Jahre nach der deutschen Ein- heit auf einem guten Weg sind, dieses schwierige Kapitel des Einigungsprozesses abzuschließen. Klar ist aber auch – und das möchte ich der Ehrlichkeit halber sagen –, dass vollständige Gerechtigkeit auf diesem Gebiet nicht zu er- reichen ist. Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Redebei- trages (115. Sitzung, Seite 11022 C) Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich die Debatte über die europäische Grundrechte-Charta mit zwei Vorbemerkungen beginnen. In der letzten Sitzung des Konvents in Brüssel hat das Präsidium mitgeteilt, dass Roman Herzog den Vorsitz des Konvents demnächst wieder übernehmen wird. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.) Wir alle wissen, dass er wegen der schweren Erkrankung seiner Frau den Vorsitz im Konvent niedergelegt hatte. Die Rückkehr von Roman Herzog ist vom Konvent und, wie ich sehe, auch von Ihnen sehr positiv aufgenommen worden. Roman Herzog gelingt es, mit seiner Kompetenz und seinem Ansehen, auch widerstreitende Gruppen im Konvent zusammenzuführen und das Projekt der Grund- rechte-Charta zum Erfolg zu führen. Meine zweite Vorbemerkung gilt der Rede von Präsi- dent Chirac, die er im Deutschen Bundestag gehalten hat. Ich fand es sehr erfreulich, dass Präsident Chirac deutlich gemacht hat, dass es auch bei der Grundrechte-Charta da- rum geht, mehr Demokratie in Europa zu wagen. Dies spiegelt sich bereits in der Zusammensetzung des Kon- vents wider, denn drei Viertel der Mitglieder dieses Gre- miums sind Parlamentarier. Es ist ein Signal für mehr De- mokratie, wenn eine Weichenstellung in Richtung einer Konkretisierung der Werteordnung in Europa durch ein solches Gremium vorgenommen wird. Deshalb sollten wir alle dazu beitragen, das Projekt zum Erfolg zu führen. Weil wir in früheren Debatten und auch in der Debatte im Mai in diesem Hause ein hohes Maß an Konsens fest- gestellt hatten, habe ich seinerzeit vorgeschlagen, nach- dem die Anträge der Koalitionsfraktionen einerseits und der Oppositionsfraktionen andererseits vorgelegt worden waren, diese zu einer gemeinsamen Entschließung zu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011180 (C) (D) (A) (B) sammenzufassen. Die fast zweimonatigen Bemühungen nach der letzten Debatte schienen erfolgreich zu sein. Lei- der ist es heute doch nicht möglich, eine gemeinsame Ent- schließung zu verabschieden. Bevor ich dazu eine Bemerkung mache, möchte ich aber feststellen, dass alle Fraktionen in diesem Parlament in zahlreichen Punkten inhaltlich übereinstimmen. Wir sind uns darin einig, dass die Arbeiten des Konvents zur Erarbeitung der Grundrechte-Charta weiter unterstützt werden. Wir sind uns einig darin, dass die Bedeutung der Grundrechte-Charta auch in der deutschen Öffentlichkeit erkannt und gewürdigt und darüber eine breite gesell- schaftliche Debatte geführt werden sollte. Gemeinsam fordern wir die Bundesregierung auf, für den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention einzutreten. Wir sind uns ei- nig darin, dass der Konvent fortschrittliche und für die eu- ropäische Integration zentrale Grundrechte formulieren sollte, wozu insbesondere ein Diskriminierungsverbot, ein aktives Gleichstellungsgebot sowie kulturelle Grundrech- te gehören. Wir sind uns auch einig darin, dass die Auf- nahme von wirtschaftlichen und sozialen Rechten unter Berücksichtigung der europäischen Sozialcharta und der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Ar- beitnehmer in die Charta unterstützt werden sollte. Und: Ich denke, wir sind uns einig darüber, dass sich die Bun- desregierung im Europäischen Rat für die Rechtsverbind- lichkeit der Grundrechte-Charta mit individueller Kla- gemöglichkeit einsetzen sollte. Nun werden manche mit Recht fragen: Warum legen die Fraktionen des Deutschen Bundestages angesichts ei- ner derart weitreichenden inhaltlichen Übereinstimmung nicht eine gemeinsame Entschließung vor? Dabei kann es natürlich nicht darum gehen, so etwas wie einen „Ein- heitsbrei“ herzustellen oder abstrakte Formulierungen zu Papier zu bringen, die letztlich wenig aussagen. Die Sub- stanz dessen, was uns verbindet, ist so groß, dass die Fra- ge, warum es nicht zu einer gemeinsamen Entschließung gekommen ist, nur schwer beantwortet werden kann. Die uns Anfang dieser Woche von der CDU/CSU-Frak- tion mitgeteilte Ablehnung kam für viele von uns völlig überraschend. Ich habe natürlich versucht, rational nach- zuvollziehen, worauf sich diese Ablehnung gründet, und festzustellen, ob sie vielleicht nur ein Mittel ist, Profil auf einem ungeeigneten Feld der Auseinandersetzung zu ge- winnen. Vonseiten der CDU/CSU wurde – es hat ja keinen Sinn, darum herumzureden – bezüglich des Grundrechts auf Asyl auf angeblich unüberbrückbare Meinungs- unterschiede hingewiesen. Dies verwundert uns, da wir uns ursprünglich auch mit der CDU/CSU darauf verstän- digt hatten, uns dem Bekenntnis des Europäischen Rates von Tampere, dem künftigen europäischen Asylrecht die Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt und all- umfassend zugrunde zu legen, anzuschließen. Ich bin der Auffassung, dass die auf nationaler Ebene sicherlich notwendige Auseinandersetzung um das von der CDU/CSU-Fraktion lediglich gewünschte institutio- nelle Asylrecht und das von uns weiterhin für richtig er- achtete einklagbare individuelle Grundrecht auf Asyl auch geführt werden muss. Aber heute geht es um die Beratun- gen des Konvents in Brüssel. Ich finde, man sollte die Aus- einandersetzung, die auf nationaler Ebene zu führen ist, vor allem dann nicht nach Brüssel verlagern, wenn man sie auf nationaler Ebene nicht gewinnen kann; denn für eine Grundgesetzänderung gibt es keine Mehrheit. Außerdem werden wir in die Grundrechte-Charta auf- nehmen, dass das Niveau weiter gehender nationaler Grundrechte durch die Charta nicht abgesenkt werden darf. Diese Forderung wurde von Delegierten verschiede- ner Länder erhoben. Die Finnen sind zum Beispiel in Sorge, dass das Niveau ihrer hochmodernen Verfassung durch die Grundrechte-Charta gesenkt werden könnte. Dies darf nicht geschehen. Deshalb sind wir der Auffas- sung – mit den eben skizzierten Folgen für das deutsche Asylrecht –, dass durch die Grundrechte-Charta der hohe Grund-rechtsstandard der nationalen Verfassungen in kei- nem Fall gesenkt werden darf. Darauf haben wir uns be- reits verständigt. Warum also streiten wir im Zusammen- hang mit der Charta dann über diesen Punkt? Ein weiteres Thema, mit dem wir uns in den nächsten zwei Wochen im Konvent sehr intensiv beschäftigen wer- den, sind die sozialen Grundrechte. Wir hatten uns ei- gentlich darauf verständigt, klarzustellen: Es ist an der Zeit, die immer wieder beschworene Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte auch dadurch zu doku- mentieren, dass – dem Auftrag von Köln entsprechend – die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte Eingang in die Charta finden. Warum streiten wir also darüber? Im Konvent besteht Einigkeit, dass durch die Grundrechte- Charta die Kompetenzen der EU-Organe nicht erweitert werden dürfen. Ich bin der Auffassung, wir sollten gemeinsam überle- gen, ob die bevorstehende Debatte im Konvent in Brüssel nicht auch von uns unterstützt werden sollte. Es ist offen- sichtlich, dass es Streit über die sozialen Grundrechte gibt. Wer wollte das in Abrede stellen? Es ist auch offensicht- lich, dass einige Länder großen Wert darauf legen, eine Vielzahl sozialer Grundrechte zu formulieren. Wir sind da- gegen der Auffassung – ich habe das eben als gemeinsa- me Auffassung dargestellt –, dass man nur Grundrechte formulieren sollte, die auch einklagbar sind. Deshalb wer- be ich um Unterstützung für den Versuch – den ich ge- meinsam mit dem Delegierten der französischen Regie- rung, Herrn Braibant, unternommen habe –, in dieser Frage einen Mittelweg zu finden. Roman Herzog hat, als die Debatten im Konvent sehr streitig ausgetragen wurden, die Mitglieder des Konvents ausdrücklich aufgefordert, einen solchen Mittelweg zu suchen. Dieser sollte auf drei Säulen beruhen. In die Präambel der Charta und in die Überschrift des Kapitels über die so- zialen Grundrechte sollte – als erste Säule – der Grundsatz der Solidarität festgeschrieben werden. Als zweite Säule sollten in acht Artikeln, gruppiert um die Elemente Arbeit, Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit, die Respek- tierung und der Schutz sozialer Grundrechte in die Charta aufgenommen werden. In der dritten Säule sollte deutlich gemacht werden: Es wird auch künftig Konventionen mit neuen – auch sozialen – Grundrechten geben. Diese sind, wenn alle Mitgliedstaaten zugestimmt haben, Grundlage der Auslegung und Anwendung der Charta. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11181 (C) (D) (A) (B) Um deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich ver- ständigen könnten, will ich einmal die drei Sätze vorlesen, die Herr Braibant und ich in Bezug auf das Recht auf Ar- beit vorgeschlagen haben. Ich wüsste gerne, ob irgendje- mand in diesem Raum ist, der der folgenden Formulierung nicht zustimmen kann: Jeder hat das Recht zu arbeiten und das Recht auf Schutz seines Arbeitsplatzes. Insbesondere hat jeder das Recht, seinen Beruf frei zu wählen und auszu- üben, sowie das Recht auf freien Zugang zu unent- geltlicher Arbeitsvermittlung. Jeder hat Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter oder missbräuchlicher Entlassung. Wer kann gegen ein so formuliertes soziales Grundrecht auf Arbeit sein? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich habe gehört, dass die Debatte in der CDU/CSU- Fraktion letztlich deshalb zur Ablehnung einer gemeinsa- men Entschließung geführt hat, weil man sich über die Aufnahme eines kleinen Satzes nicht einig geworden ist. Wir haben im Entwurf der gemeinsamen Entschließung folgenden Satz vorgesehen: Die Charta soll klarstellen, dass gleichgeschlechtli- che Paare nicht benachteiligt werden dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Was haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, gegen diesen Satz? Mir ist schon klar, dass ich eigentlich diejenigen Ihrer Kollegen anspre- chen müsste, die nicht da sind. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Herr Altmaier wird das gleich in vernichtender Deut- lichkeit klarmachen!) Bezogen auf den von Ihnen kritisierten Satz darf ich Ih- nen in Erinnerung rufen, was Sie vor kurzem auf Ihrem Parteitag in Essen zu diesem Thema beschlossen haben und auch von Ihrer Vorsitzenden, Frau Merkel, sehr un- terstützt worden ist. Ich zitiere aus Ihrem Parteitagsbe- schluss: Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Le- bensentwurf zu verwirklichen suchen. (Peter Hintze [CDU/CSU]: So ist es!) Wir anerkennen, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden können, die für unsere Gesell- schaft grundlegend sind. Dies gilt für nicht eheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern; dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. (Beifall im ganzen Hause) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, genau dies hatten wir für unsere gemeinsame Entschließung vorgesehen. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Schreiben Sie das in die Charta und wir stimmen zu!) Mir ist klar, dass Sie in Ihrer Fraktion dafür gekämpft haben, sich aber letztlich gegenüber Ihren CSU-Kollegen nicht durchsetzen konnten. Ich bitte Sie dringend, dieses Problem zu lösen und nicht zuzulassen, dass das, was Frau Merkel zu diesem Thema gesagt und durchgesetzt hat, von Herrn Stoiber wieder aus dem Gefecht gezogen wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir stehen ja gar nicht im Gefecht! Nicht so martialisch!) Ich habe sehr genau beobachtet, dass Sie in unserer letz- ten Debatte am 18. Mai irritiert reagierten, als der CSU- Kollege Dr. Müller als ausdrückliche Bedingung für die Ratifizierung der Charta bezeichnete: Wir wollen keine Kompetenzausweitung, sondern er- warten Kompetenzbeschränkungen. Wie kann man so etwas von der Grundrechte-Charta, die sich mit der Kompetenzfrage bekanntlich nicht zu befas- sen hat, überhaupt erwarten? Kommen Sie zu einer ver- nünftigen Einigung mit den CSU-Kollegen in Ihrer Frak- tion! Wenn das geschehen ist, dann legen wir – das ist meine Überzeugung – wieder gemeinsame Entschließun- gen vor. Die Grundlage dafür ist breit genug. Lassen Sie uns gemeinsam feststellen: Es geht bei der Grundrechte-Charta um die Identität der Europäer, die ih- re Werteordnung, an die sie gebunden sind, deutlich ma- chen sollten. Genauso wichtig ist: Es geht um die Kon- trolle von Machtausübung durch die EU-Organe in Brüssel. (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [F.D.P.]: Das ist der Kern!) Dass wir dafür gemeinsam eintreten, sollte künftig wieder deutlicher werden, als es heute durch Mehrheitsentschei- dungen über einen Antrag der Koalition deutlich werden kann. Überlegen Sie bitte, ob Taktik nicht Übertaktieren bedeutet, wenn man die Taktik über die Sache stellt. Ich werde mich jedenfalls durch die Abstimmungen, die heute leider nicht im Konsens erfolgen werden, nicht davon abhalten lassen, auch mit den Europapolitikern der Oppositionsfraktionen, die für eine gemeinsame Ent- schließung gekämpft haben und denen es in erster Linie um die Sache und nicht um parteitaktischen Vorteil geht, weiter konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011182 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Seiters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Weitere Wortmel-
    dungen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes
    liegen nicht vor. Wir kommen deshalb nunmehr zum Ein-
    zelplan 17, Geschäftsbereich des Bundesministeriums
    für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

    Ich gebe zunächst das Wort der Frau Bundesministerin
    Dr. Christine Bergmann.

    Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin für Fa-
    milie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Präsident!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist
    in der heutigen Beratung schon deutlich sichtbar gewor-
    den, dass die Bundesregierung mit dem Haushalt 2001
    den Prozess der wirtschaftlichen, aber auch der sozialen
    Erneuerung unseres Landes ganz konsequent fortsetzt.
    Wir packen die notwendigen gesellschaftlichen Moderni-
    sierungen an. Dafür steht auch der Einzelplan 17, und
    zwar mit all seinen Bereichen.

    Lassen Sie mich mit der Familienpolitik beginnen. Fa-
    milie ist bei jungen Leuten glücklicherweise nicht out.
    Das zeigen uns viele Studien, und ich hoffe, dass wir das
    auch um uns herum erleben. Wir wissen aber auch, dass
    junge Leute beides wollen, sie wollen Erwerbsarbeit und
    Familie miteinander vereinbaren. Deswegen ist es unsere
    vorrangige familienpolitische Aufgabe, die Rahmenbe-
    dingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
    zu verbessern; denn wir wollen den jungen Leuten die
    Möglichkeit eröffnen, so zu leben, wie sie das selber
    möchten. Wir wollen ihnen nicht vorschreiben, wie sie zu
    leben haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich habe mich aber manchmal über das erschrocken,
    was in den letzten Wochen aus der familienpolitischen
    Ecke der Opposition kam. Das war schon ein Stück weit
    ein Griff in die Mottenkiste, das muss ich hier einmal so
    deutlich sagen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    An vielen Punkten klang auch wieder der Wunsch durch:
    Am schönsten wäre es eben doch, wenn man die Frauen
    wieder im Heim und am Herd hätte.


    (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn, Frau Ministerin?)


    Das wird mit uns nicht zu machen sein.
    Die Gleichsetzung von Familien- und Bevölkerungs-

    politik – das war in den letzten Wochen durchaus zu ver-
    nehmen – machen wir nicht mit. Wer diese propagiert,
    zeigt, dass er noch nicht ganz im 21. Jahrhundert ange-
    kommen ist.

    Schauen Sie sich doch einmal an, was in anderen Län-
    dern, zum Beispiel in den nordeuropäischen Ländern oder
    auch in Frankreich los ist. Dort gibt es eine hohe Erwerbs-
    quote von Frauen, dort sind gute Rahmenbedingungen für
    die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben. Dort
    können junge Menschen ihren Kinderwunsch relativ gut
    umsetzen, und sie tun das auch.

    Wir versuchen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen,
    damit junge Leute das auch bei uns tun können. Deswe-
    gen geht es in der Familienpolitik auch darum, tradierte
    Rollenbilder aus den Köpfen zu bekommen. Hier haben
    Sie uns eine ganze Menge hinterlassen, die wir kräftig ab-
    arbeiten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie wissen – darüber haben wir schon mehrfach disku-
    tiert –, dass am 1. Januar 2001 das neue Erziehungsgeld-
    gesetz in Kraft tritt.


    (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Und was für eins! Das ist eine große Enttäuschung!)


    Ich denke, wir haben damit sehr deutlich gemacht, wo wir
    die Rahmenbedingungen verbessern. Wir räumen mit tra-
    dierten Rollenbildern auf und geben Vätern und Müttern
    die Möglichkeit, sich zur gleichen Zeit um die Kinder-
    erziehung zu kümmern. Wir werden das Elternzeit nen-
    nen. Darauf konnten wir uns ja gemeinsam verständigen.

    Wir verbessern auch die finanzielle Situation. Es wer-
    den immerhin 300 Millionen DM zusätzlich in den Erzie-
    hungsgeldetat fließen. Es werden wieder mehr Eltern Er-
    ziehungsgeld bekommen. Das hat es seit 14 Jahren nicht
    mehr gegeben, da ging die Kurve nämlich nach unten.
    Dieser Betrag – der Finanzminister hat es Ihnen heute
    schon vorgerechnet – kommt zu den Dingen, die wir be-
    reits getan haben, wie zum Beispiel die Kindergelder-
    höhung um 50 Mark, die steuerlichen Entlastungen und
    die Verbesserungen beim Wohngeld. Ich denke, das kann
    sich sehen lassen.

    Wir machen mit der Flexibilisierung der Elternzeit
    deutlich, dass wir einen Modernisierungsprozess voran-
    treiben; denn wir wollen ermöglichen, dass junge Väter
    mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen können.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie sagen, dass sie das möchten. Nun erhalten sie das
    Recht auf Teilzeitarbeit. Sie dürfen bis zu 30 Wochen-
    stunden während der Elternzeit arbeiten. Ich hoffe, dass
    viele junge Väter davon auch Gebrauch machen werden.
    Wir brauchen jetzt mutige Väter im Land, und wir alle
    können dazu beitragen, dass die Väter ermuntert werden.

    Wir werden dieses Gesetz, wenn es Anfang nächsten
    Jahres in Kraft tritt, mit einer Väter-Kampagne begleiten.
    Dadurch wollen wir versuchen, an die Rollenbilder he-
    ranzugehen und deutlich zu machen, dass für uns auch
    Väter, die sich um die Erziehungsarbeit kümmern, „ganze
    Männer“ sind. Wir werden außerdem natürlich auch mit
    den Unternehmen zusammenarbeiten. Darüber hinaus
    wird es einige andere Projekte geben.




    Günter Gloser

    11135


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Es gibt auch schon einige gute Beispiele. An ihnen
    wird deutlich, dass diese Entwicklung gut für die Unter-
    nehmen ist. Ich freue mich, wenn ich einen Personalchef
    treffe, der sagt, – davon gibt es nicht sehr viele – er wolle
    auch in der Führungsetage Männer haben, die sich nach-
    weislich um die soziale Kompetenz bemüht haben, die
    also reduziert gearbeitet, vom Erziehungsurlaub Ge-
    brauch gemacht haben und sich wirklich um Familie und
    Eltern kümmern. Das werden wir weiter unterstützen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In der Politik dieser Bundesregierung für mehr Chan-
    cengleichheit von Frauen und Männern geht es auch um
    gesellschaftliche Modernisierung. Wir haben hier
    schon ausführlich über das Programm „Frau und Beruf“,
    unser gleichstellungspolitisches Regierungsprogramm,
    diskutiert. Davon sind bereits viele Punkte umgesetzt.
    Ich will nur einige nennen: Wir fördern Existenzgrün-
    dungen von Frauen – das läuft im Übrigen gut –, wir be-
    reiten sie im Rahmen des Projektes „Change/Chance“
    auf die Betriebsnachfolge in mittelständischen Betrieben
    vor. Außerdem kümmern wir uns in der Initiative
    „D 21“ zusammen mit den führenden Computerfirmen in
    unserem Land darum, dass Frauen ihre Berufschancen in
    diesem wichtigen und zukunftsträchtigen Bereich besser
    ergreifen können und dass darum geworben wird, dass
    Mädchen auch Ausbildungsplätze in diesem Bereich an-
    nehmen. Ich denke, das ist genau der richtige Weg.

    Wir sind uns aber doch vielleicht darüber einig, dass
    das nicht reicht; wir können nicht nur auf solche Angebote
    und auf Freiwilligkeit setzen. Deswegen habe ich vorige
    Woche Eckpunkte für ein Gleichstellungsgesetz vorge-
    legt. Unser Ziel ist es, in diesem kommenden Gesetz alle
    Unternehmen zu verpflichten, Maßnahmen zur Gleich-
    stellung zu ergreifen. Es ist aber auch klar, dass unter-
    nehmerische Freiheit und Tarifautonomie Vorrang vor
    staatlichen Interventionen haben. Wir wollen die Eigen-
    verantwortung der Betriebe erhalten, sodass zum Beispiel
    jeder Betrieb diejenige Betriebsvereinbarung abschließen
    kann, die gerade notwendig ist.

    Deswegen soll dieses Gesetz zwei wesentliche Struk-
    turelemente enthalten: In der ersten Stufe soll die Ver-
    pflichtung festgeschrieben sein, zu solchen Vereinbarun-
    gen zu kommen. Dazu werden zurzeit noch Kataloge
    entwickelt, in denen steht, welche Punkte wir uns vorstel-
    len können. Daran können noch viele Unternehmen mit-
    wirken. Es gibt also für die Unternehmen bei dem, was sie
    tun, viel Freiheit. Klar ist aber: Alle müssen etwas tun.
    Wir können nicht nur auf Freiwilligkeit setzen. Das haben
    wir schon bitter gespürt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In der zweiten Stufe heißt es deswegen: „Wer nicht
    hören will, muss fühlen.“ Wer sich nicht engagiert hat, für
    den legen wir fest, was zu tun ist. Es müssen dann zum
    Beispiel Mindestanforderungen erfüllt werden. Ich denke,
    das ist eine vernünftige Struktur: Wir schreiben den Be-
    trieben nur vor, dass sie hinsichtlich der Gleichstellung
    und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwas tun
    müssen. Wie sie das aber machen, das ist ihre Sache.

    Das ist – das will ich nochmals sagen – wirklich wich-
    tig für den notwendigen Modernisierungsprozess in der
    Wirtschaft. Wenn Sie sich einmal die positiven Beispiele
    ansehen – ich nenne Ihnen gerne einige Beispielunterneh-
    men, bei denen Sie sich informieren können; wir haben
    dazu gerade eine Broschüre erstellt – und sich anhören,
    was Unternehmen sagen, die diesen Weg gegangen sind,
    dann stellen sie fest, dass alle sagen, dass das nicht Kos-
    ten verursacht, sondern spart. Die Unternehmen profitie-
    ren davon. Sie haben diese kreativen Frauen an den ent-
    sprechenden Stellen eingesetzt. Sie kümmern sich um
    familienfreundliche Arbeitszeiten und anderes mehr. Ich
    denke, das müsste eigentlich für alle zu vertreten sein.

    Wir werden, nachdem wir mit den entsprechenden Ex-
    perten weitergearbeitet haben, sicher noch über einen Ge-
    setzentwurf zu diskutieren haben; wir haben für diese
    Eckpunkte vieles aufgegriffen, was wir in einem langen
    Dialogprozess gemeinsam mit Gewerkschaften, mit der
    Wirtschaft, mit Unternehmen und mit der Wissenschaft
    erarbeitet haben. Darauf freue ich mich schon. Eines vor-
    neweg: Ich habe vonseiten der CDU/CSU unterschiedli-
    che Äußerungen gehört. Von Ihnen, Frau Böhmer, habe
    ich gehört, dass Ihnen dies nicht genug ist. Da habe ich
    richtig gejubelt und gesagt: Na prima!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich denke, Sie werden jetzt etwas vorlegen, das noch
    über das hinaus geht, was ich vorgeschlagen habe. Wir
    können darüber reden, ob wir noch mehr verlangen wol-
    len. Ich bin durchaus dazu bereit. Ich habe auch andere
    Meinungen dazu gehört. Das kann ja noch ganz spannend
    werden.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir an
    die letzten Wochen zurückdenken, stellen wir fest, dass
    uns ein Thema sehr bewegt hat – das ist ein sehr bit-
    teres –, und zwar die rechtsextremen, die fremdenfeindli-
    chen Gewaltexzesse in unserem Land. Diese Morde, diese
    Terrorakte, auch die Ausrufungen von so genannten na-
    tional befreiten Zonen durch Banden sind etwas, was wir
    sehr ernst nehmen müssen. Dies ist eine Kampfansage an
    unser demokratisches Gemeinwesen, eine Kampfansage,
    die wir sehr entschieden beantworten müssen.

    Einzelne Maßnahmen allein sind dazu nicht ausrei-
    chend. Wir müssen wissen, dass wir uns auf einen langen
    Prozess einrichten müssen. Natürlich geht es darum, dass
    der Staat handelt, wirklich unnachgiebige Sanktionen er-
    lässt. Aber wir brauchen das Engagement aller Kräfte, die
    sich vor Ort gegen Ausländerfeindlichkeit einsetzen und
    engagieren – es können gar nicht genug sein –: Eltern,
    Lehrerinnen und Lehrer, Unternehmer, Unternehmerin-
    nen, Gewerkschafter, Gewerkschafterinnen.

    Es war wichtig, dass wir diese Politik, über die wir hier
    schon mehrfach diskutiert haben, zum Schwerpunkt ge-
    macht haben, dass wir gefragt haben: Wie schaffen wir es,
    dass alle Jugendlichen in diesem Land eine Chance ha-
    ben?


    (Ina Lenke [F.D.P.]: Das sind doch nicht die arbeitslosen Jugendlichen, die Rechtsradikalen!)





    Bundesministerin Dr. Christine Bergmann
    11136


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Dafür machen wir das Sofortprogramm. Deshalb küm-
    mern wir uns ja so um Ausbildungsplätze. Das muss
    natürlich konsequent fortgeführt werden. Natürlich brau-
    chen wir eine präventive Jugendarbeit auf allen Ebenen,
    die uns hierbei unterstützt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir müssen die Gegenkräfte, die es ja wirklich gibt,
    stärken. Das heißt, wir müssen das alltägliche demokrati-
    sche Engagement, auch die Netzwerke für Demokratie,
    unterstützen. Dabei sind mir besonders die Projekte wich-
    tig, in denen sich junge Leute, Jugendliche zum Ziel ge-
    setzt haben, sich mit anderen Jugendlichen auseinander zu
    setzen, die ausländerfeindliche Einstellungen haben.

    Sie haben vielleicht schon das eine oder andere über
    das Projekt gelesen, das es in Sachsen gibt – ich habe es
    mir vor Monaten angesehen –, „Für Demokratie Courage
    zeigen“, wo junge Leute Schulprojekttage durchführen,
    sich mit Gleichaltrigen auseinander setzen, sich wirklich
    in diese Thematik hineinbegeben. Ich denke, dass dieses
    direkte Gespräch sehr wirksam sein kann.

    Solche Ansätze zu unterstützen, das verfolgen wir mit
    der Initiative „Arbeit und Qualifizierung gegen Rassis-
    mus und Fremdenfeindlichkeit“, für die die Bundesregie-
    rung für die nächsten drei Jahre 75Millionen DM aus dem
    Europäischen Sozialfonds bereitstellt. Wir wollen hiermit
    nicht wieder irgendein neues Programm auflegen, bei
    dem nach drei Jahren gefragt wird: Was machen wir denn
    nun wieder? Wer finanziert das weiter? Wir wollen die
    Initiativen, die es vor Ort gibt, unterstützen. Ich denke,
    dass das enorm wichtig ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sehen in diesen Debatten natürlich auch, dass die
    Erziehung zur Akzeptanz, zur Toleranz, zur Weltoffenheit
    etwas ist, für das man gar nicht genug tun kann. Deswe-
    gen will ich hier noch einmal sagen, in welchem Umfang
    wir nach wie vor den internationalen Jugendaustausch
    fördern: Es gehen immerhin – Sie kennen den Haus-
    halt ja – 60 Millionen DM in den internationalen Jugend-
    austausch, in die Jugendwerke, in die Begegnungen. Wir
    alle sind uns wohl darin einig, dass wir das aus-
    bauen müssen. Wir haben den Etat im Haushalt des nächs-
    ten Jahres schon ein bisschen ausgebaut. Wir wollen nicht
    nur das Bewährte fortführen, sondern zusätzlich mit der
    Einrichtung des Koordinierungsbüros für den deutsch-
    israelischen Jugendaustausch mit Sitz in Wittenberg in
    Sachsen-Anhalt einen wichtigen Schwerpunkt dieser Ar-
    beit setzen.

    Ich will einmal die Zahlen nennen. Im letzten Jahr wa-
    ren es 340 000 junge Menschen, die an einem solchen
    Austauschprogramm teilgenommen haben. Das ist gut
    und wichtig. Das darf aber nicht dazu führen, dass Länder
    und Kommunen ihre Förderung zurückfahren, weil wir
    unser Niveau halten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, Gewalt hat viele Facetten.
    Aber wir können die Gewalt in der Gesellschaft nur

    zurückdrängen, wenn wir damit schon bei den Kindern
    anfangen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [F.D.P.])


    Eine moderne Kinder- und Familienpolitik muss deutlich
    machen, dass Gewalt kein akzeptiertes Mittel der Erzie-
    hung ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es muss in unserer Gesellschaft selbstverständlich wer-
    den – das ist mir wirklich bitterernst –, dass Kinder ohne
    Gewalt erzogen werden.

    Wir haben vor der Sommerpause in diesem Haus das
    Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung verab-
    schiedet. Nur reicht ein Gesetz nicht aus, um den not-
    wendigen Bewusstseinswandel zu erzielen. Das wissen
    wir auch. Deswegen werden wir nächste Woche mit einer
    Kampagne zur gewaltfreien Erziehung beginnen, die El-
    tern Unterstützung geben will. Wir wollen Eltern auch ge-
    genüber der Gesellschaft helfen. Es erziehen ja nicht nur
    die Eltern. Andere erziehen mit, und andere sorgen mit
    dafür, dass Eltern gelegentlich ausrasten, indem sie sich
    nicht gerade solidarisch mit Eltern, die einmal ein Pro-
    blem mit ihrem Kind haben – die sind auch nicht immer
    nur friedlich und freundlich, süß und nett, wie wir wis-
    sen –, verhalten.

    Wir werden die Kampagne unter dem Motto „Mehr
    Respekt vor Kindern“ durchführen. Es geht uns wirklich
    um eine Veränderung des Bewusstseins. Wir werden nicht
    nur eine Kampagne mit Plakaten und Material durch-
    führen. Wir wollen viele Einzelprojekte und Vor-Ort-Ak-
    tionen im ganzen Land unterstützen und Eltern in Erzie-
    hungsfragen helfen. Ich bitte alle in diesem Haus, sich
    daran zu beteiligen. Ich denke, es lohnt sich.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es lohnt sich, den Weg zu gehen und es zu versuchen. Wir
    wissen, dass wir das Problem nicht von heute auf morgen
    lösen können. Aber wenn wir Gewalt in der Gesellschaft
    abbauen wollen, dann müssen wir bei den Kindern anfan-
    gen.

    Meine Damen und Herren, auch in der Seniorenpoli-
    tik stehen wir in den nächsten Wochen und Monaten vor
    wichtigen Entscheidungen. Wir haben in der letzten Sit-
    zungswoche vor der Sommerpause ebenfalls das Gesetz
    über die Berufe in der Altenpflege verabschiedet, das eine
    bundeseinheitliche Altenpflegeausbildung vorsieht. Das
    ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Qualität in der
    Pflege, zur Aufwertung des Berufsbildes, zur Weiterent-
    wicklung der Pflegeberufe. Nun wissen wir, dass am
    29. September der Bundesrat darüber entscheiden muss.
    Wir haben fast alle Vorschläge, die aus den Ländern
    kamen, umgesetzt. Aber wir haben das Problem, dass von
    der bayerischen Seite versucht wird, dieses Gesetz zu Fall
    zu bringen, obwohl – das muss man einmal deutlich sa-
    gen – die Bayern selbst, die zurzeit eine zweijährige schu-
    lische Ausbildung haben, sehen, dass das so eigentlich




    Bundesministerin Dr. Christine Bergmann

    11137


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    nicht geht. Das müssen wir ändern. Wir brauchen wenigs-
    tens drei Jahre. Warum dann nicht gleich dieses bundes-
    einheitliche Gesetz? Müssen Sie denn in einem solchen
    Punkt, wenn es um Pflegequalität und Sicherheit für ältere
    Leute geht, einen parteipolitischen Streit führen? Ich
    glaube, das kann man vor den Menschen, die Pflege brau-
    chen, nicht vertreten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Als zweiten Punkt haben wir – das wissen Sie – die
    Novelle des Heimgesetzes auf der Tagesordnung.


    (Ina Lenke [F.D.P.]: Da muss aber noch was gemacht werden!)


    Wir haben in den letzten Monaten viel mit Verbänden über
    das Altenpflegegesetz beraten. Schon seit zehn Jahren
    geht es um das Thema der bundeseinheitlichen Altenpfle-
    geausbildung. Das kenne ich schon aus der Landespolitik.
    Sie wollten es eigentlich auch immer, Ihre Regierung hat
    es nur irgendwie nicht hingekriegt. Jetzt haben wir das auf
    dem Tisch. Nun lasst es uns endlich machen. Ich denke,
    es ist einfach wichtig.


    (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Es geht um das Heimgesetz!)


    – Jetzt sind wir beim Heimgesetz, ja. Das wird nächsten
    Monat im Kabinett sein. Da haben wir eine ganze Menge
    zu leisten.


    (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Zu ändern!)

    Ich denke, das ist klar. Wir haben sehr viele Abstim-
    mungsprozesse durchgeführt; das wird vernünftig.

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum
    Schluss noch ein paar Sätze zum Zivildienst sagen. Ich
    denke, dass die Situation jetzt klar ist. Die Bundesregie-
    rung hat gesagt, die Wehrpflicht bleibt. Damit bleibt auch
    der Zivildienst. Die Erfahrungen, die wir im Sommer mit
    der verkürzten Zivildienstdauer gemacht haben, haben
    gezeigt, dass die Kassandrarufe, die prophylaktisch aus
    allen Ecken und Enden kamen, unberechtigt waren. Es
    gibt immer wieder das eine oder andere Problem. Aber
    diese Probleme, zum Beispiel bei der individuellen
    Schwerstbehindertenbetreuung, haben wir – ich sage das
    ganz klar, weil mir das ernst ist – schon seit Jahren. Schon
    seit Jahren erklären sich immer weniger Zivildienstleis-
    tende bereit – das beruht ja auf Freiwilligkeit –, in diesem
    Bereich zu arbeiten. Wir haben alle Freiheiten gelassen.
    Die Steuerung hat gut funktioniert, was aus den Zahlen er-
    sichtlich ist, die ich auf dem Tisch habe. Ich denke, wir
    werden auch das, was jetzt auf dem Tisch liegt, hinbe-
    kommen.

    Auch die Verbände sehen das so. Sie wissen, dass bei
    einer Verkürzung des Zivildienstes auf zehn Monate – da-
    rüber freut sich niemand, jeder hätte seine Zivis gerne län-
    ger – die Arbeit im Prinzip weitergehen kann. Es bedarf
    natürlich einer organisatorischen Umstellung. Deswegen
    haben wir die Arbeitsgruppe zur Zukunft des Zivil-
    dienstes eingerichtet. Sie wird noch diese Woche ihre
    Empfehlung vorlegen.



Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Bundesministe-
rin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend: Ja, ich bin am
Schluss.

Ich möchte Ihnen noch das Internationale Jahr der
Freiwilligen ans Herz legen. Wir haben in diesem Bereich
noch viel Potenzial, das wir nicht genutzt haben. Das kön-
nen wir im nächsten Jahr gemeinsam unterstützen.

Wir stehen für eine Politik, die den Menschen in unse-
rem Land gleiche Chancen eröffnet. Wir stehen für eine
Politik, die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass die
Menschen ihr Leben nach ihren Vorstellungen gestalten
können. Wir stehen für eine Politik, die Bürgerinnen und
Bürger aktiv beteiligt und den gesellschaftlichen Zusam-
menhalt in diesem Land endlich wieder fördert. Das sind
die Richtlinien unserer Politik.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Seiters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Zu einer Kurzinter-
    vention gebe ich dem Kollegen Dr. Ilja Seifert das Wort.