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ID1411601300

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    Nachruf auf die Abgeordnete Ilse Schumann 11059 A Nachruf auf den Alterspräsidenten des Deut- schen Bundestages Fred Gebhardt . . . . . . . . 11059 B Eintritt der Abgeordneten Pia Maier und Ulrich Kelber in den Deutschen Bundestag . 11059 C Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Norbert Blüm, Wolfgang Weiermann, Dr. Peter Danckert, Dr. Manfred Lischewski und Rudolf Bindig 11059 D Absetzung des Tagesordnungspunktes: Erste Beratung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes . . . . . . . . . . . . . 11059 D Tagesordnungspunkt 1 a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . 11059 D b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11060 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 11060 A Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 11068 A Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11072 D Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11076 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11081 B Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11085 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11086 D Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11088 A Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11089 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11091 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11094 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 11096 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11097 B Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11098 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11101 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . . 11103 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . 11104 D Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11105 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 11107 B Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11111 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11113 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11116 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 11118 A Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 11119 A Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11121 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11122 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11124 B Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11126 B Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11127 B Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11128 B Plenarprotokoll 14/116 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 116. Sitzung Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 I n h a l t : Ulrich Irmer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11128 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11130 C Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister AA . . . . 11130 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 11131 A Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11133 A Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11135 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11138 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11139 A Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 11139 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11141 D Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11143 D Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11145 D Hildegard Wester SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11147 A Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11148 D Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11149 B Christian Simmert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11151 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11152 B Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11153 C Christel Hanewinckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11154 C Manfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11156 C Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG . . . . 11159 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 11161 B Eckhart Lewering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11163 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 A Dr. Dieter Thomae F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 11165 C Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11166 D Dr. Martin Pfaff SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11167 D Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11171 C Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 11172 A Monika Knoche BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11174 A Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11175 A Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11175 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11177 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11178 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11179 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errich- tung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (114. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 7 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11179 C Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Vererblichkeit von Bodenreformeigentum (105. Sitzung) . . . . . . 11179 D Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Rede- beitrages (115. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11180 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 Dr. Ilja Seifert 11178 (C) (D) (A) (B) Berichtigung 114. Sitzung, Seite IV; Rednerliste zu Zusatztagesordnungspunkt 7, statt „Dr. Heinrich Fink (PDS)“ ist „Ulf Fink (CDU/CSU)“ zu lesen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11179 (C) (D) (A) (B) Altmaier, Peter CDU/CSU 12.09.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 12.09.2000* Brudlewsky, Monika CDU/CSU 12.09.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 12.09.2000* Klaus Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 12.09.2000 Frick, Gisela F.D.P. 12.09.2000 Hauer, Nina SPD 12.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Hörster, Joachim CDU/CSU 12.09.2000 Hoffmann (Chemnitz), SPD 12.09.2000 Jelena Dr. Hornhues, CDU/CSU 12.09.2000* Karl-Heinz Marquardt, Angela PDS 12.09.2000 Dr. Meyer (Ulm), SPD 12.09.2000 Jürgen Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 12.09.2000 Rauber, Helmut CDU/CSU 12.09.2000 Rupprecht, Marlene SPD 12.09.2000 Scheffler, Siegfried SPD 12.09.2000 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 12.09.2000 DIE GRÜNEN Zapf, Uta SPD 12.09.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Peter Letzgus (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Ver- antwortung und Zukunft“ (Drucksachen 14/3206 und 14/3459) (114. Sitzung, Tagesordnungspunkt 7 a) Die NS-Herrschaft hat vielen Menschen großes Leid zugefügt. Zwangsarbeiter wurden deportiert, inhaftiert und ausgebeutet. Deutsche Unternehmen, die an diesem Unrecht betei- ligt waren, tragen eine hohe Verantwortung. Ihre Bereitschaft zur finanziellen Wiedergutmachung begrüße ich. Da in den Verhandlungen jedoch keine optimale Rechtssicherheit erzielt werden konnte, gehe ich davon aus, dass weitere Forderungen an Deutschland und deut- sche Unternehmen gestellt werden. Der Zwangsarbeiter- fonds wird kein finanzieller Schlussstrich werden. Ich bin nicht damit einverstanden, dass einige Opfer- gruppen, an die bisher bereits Entschädigungsleistungen gezahlt wurden, gegenüber anderen Opfergruppen privi- legiert werden, obwohl Letztere einem gleich schweren Schicksal ausgesetzt waren. Die Diskussion um Zwangsarbeit hat auch viele Deut- sche, die ähnliche Schicksale zu erdulden hatten (darunter auch meine Mutter), in ihrem Gerechtigkeitssinn getrof- fen. Lösungen zur Wiedergutmachung für diese Menschen sind weder in der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ noch an anderer Stelle vorgesehen. Ich stimme dem Gesetzentwurf nicht zu. Anlage 3 Neudruck einer zu Protokoll gegebenen Rede zurBeratung des Antrags: Vererblichkeit von Bo- denreformeigentum (105. Sitzung, Seite 9916 D) Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir ha- ben den Antrag der PDS-Fraktion zum Thema „Ver- erblichkeit von Bodenreformeigentum“, Drucksache 14/1063, bereits vor einem Jahr, am 24. Juni 1999, an die- ser Stelle behandelt. Gegenstand der heutigen Debatte ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Angele- genheiten der neuen Länder vom 16. Dezember 1999 zu dieser Thematik. Die mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungs- gesetz 1992 in das EGBGB eingefügten Regelungen des Art. 233, §§ 11 bis 16 waren und sind die notwendigen Konsequenzen aus unregelmäßiger Rechtsanwendung in der ehemaligen DDR. Die Quelle der Ungerechtigkeit müssen Sie dort verorten, werte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, und für diesen Zustand tragen Sie ein Stück Mitverantwortung. Der Bundesgesetzgeber hat sich 1992 aus gutem Grund für die so genannte Nachzeichnungsregelung entschieden. Nur so konnte eine Gleichbehandlung aller Erben von Bo- denreformland erreicht werden. Es ging dabei nicht nur darum, eine formale Rege- lungslücke zu schließen; es ging vielmehr darum, eine Gleichbehandlung zu erreichen, und zwar zwischen den- jenigen Neubauern-Erben, die bereits zu DDR-Zeiten ihr Bodenreformgrundstück verloren hatten, weil die zustän- digen Behörden die Besitzwechselvorschriften konse- quent angewandt haben, und denjenigen Personen, bei denen die Behörden aufgrund der praktischen Bedeu- tungslosigkeit des Privateigentums an Grund und Boden eine konsequente Löschung im Grundbuch vernachlässigt haben. Es geht also im Kern um die Frage: Welche Lösung hat der bundesdeutsche Gesetzgeber, welche Lösung hat die- ses Parlament gewählt, um ein inkonsistentes und will- kürliches Handeln der DDR-Behörden im Nachhinein unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu korrigieren? Unter diesen Vorbedingungen war die Nachzeich- nungsregelung der einzig gangbare Weg. Man kann die Nachzeichnungsregelung mit der einfachen Formel ver- anschaulichen: Kein Neubauern-Erbe soll dadurch be- nachteiligt sein, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften konsequent umgesetzt haben, bzw. umgekehrt: Kein Neubauer-Erbe soll dadurch einen Vor- teil gewinnen, dass die DDR-Behörden die Besitzwech- selvorschriften nachlässig angewendet haben. Es ging hier also darum, den durch die Willkür der DDR-Behörden entstandenen Zustand nach dem Gleichbehandlungs- grundsatz aufzulösen. Dies war nur über die Nachzeich- nungsregelung möglich, mit der das Kriterium der Zutei- lungsfähigkeit in das bundesdeutsche Recht eingefügt wurde. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen vom De- zember 1998 zwar anerkannt, dass eine grundsätzliche Vererbbarkeit von Bodenreformland in der DDR gegeben war – aber er ist nicht so weit gegangen, daraus einen Än- derungsbedarf beim geltenden Recht abzuleiten. Vielmehr gilt nach wie vor die Definition der Zuteilungsfähigkeit, die der BGH mit seinem Urteil vom 18. Juli 1997 gegeben hat. Danach ist zuteilungsfähig im Wesentlichen nur der- jenige Erbe, der am 15. März 1990 in der Landwirtschaft tätig war. Inzwischen sind zehn Jahre vergangen, und die Länder haben mit unterschiedlichem Nachdruck die Überprüfung der Grundbücher betrieben, um das Eigentum an Boden- reformgrundstücken zu klären. Das Land Mecklenburg- Vorpommern, in dem auch die meisten Bodenreform- grundstücke liegen, ist hierin am weitesten fortgeschritten: 97 Prozent der Fälle sind bislang überprüft worden. In 7 Prozent der Fälle wurde ein Anspruch des Landes als so genannter „Besserberechtigter“ an einem Bodenreform- grundstück festgestellt, weil kein zuteilungsfähiger Erbe vorhanden war. In 0,1 Prozent der Fälle hat das Land auf- grund persönlicher Härten der Betroffenen auf seine An- sprüche verzichtet. Ich bin der Auffassung, dass sich an diesen Zahlen zeigt, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle die An- wendung der bestehenden Gesetze zu Klarheit und einer abschließenden Regelung der Eigentumsfragen geführt hat. Damit ist zehn Jahre nach der deutschen Einheit die rechtmäßige Zuordnung der Bodenreformgrundstücke weitestgehend abgeschlossen. Ich glaube, dass wir zehn Jahre nach der deutschen Ein- heit auf einem guten Weg sind, dieses schwierige Kapitel des Einigungsprozesses abzuschließen. Klar ist aber auch – und das möchte ich der Ehrlichkeit halber sagen –, dass vollständige Gerechtigkeit auf diesem Gebiet nicht zu er- reichen ist. Anlage 4 Technisch bedingter Neudruck eines Redebei- trages (115. Sitzung, Seite 11022 C) Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich die Debatte über die europäische Grundrechte-Charta mit zwei Vorbemerkungen beginnen. In der letzten Sitzung des Konvents in Brüssel hat das Präsidium mitgeteilt, dass Roman Herzog den Vorsitz des Konvents demnächst wieder übernehmen wird. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.) Wir alle wissen, dass er wegen der schweren Erkrankung seiner Frau den Vorsitz im Konvent niedergelegt hatte. Die Rückkehr von Roman Herzog ist vom Konvent und, wie ich sehe, auch von Ihnen sehr positiv aufgenommen worden. Roman Herzog gelingt es, mit seiner Kompetenz und seinem Ansehen, auch widerstreitende Gruppen im Konvent zusammenzuführen und das Projekt der Grund- rechte-Charta zum Erfolg zu führen. Meine zweite Vorbemerkung gilt der Rede von Präsi- dent Chirac, die er im Deutschen Bundestag gehalten hat. Ich fand es sehr erfreulich, dass Präsident Chirac deutlich gemacht hat, dass es auch bei der Grundrechte-Charta da- rum geht, mehr Demokratie in Europa zu wagen. Dies spiegelt sich bereits in der Zusammensetzung des Kon- vents wider, denn drei Viertel der Mitglieder dieses Gre- miums sind Parlamentarier. Es ist ein Signal für mehr De- mokratie, wenn eine Weichenstellung in Richtung einer Konkretisierung der Werteordnung in Europa durch ein solches Gremium vorgenommen wird. Deshalb sollten wir alle dazu beitragen, das Projekt zum Erfolg zu führen. Weil wir in früheren Debatten und auch in der Debatte im Mai in diesem Hause ein hohes Maß an Konsens fest- gestellt hatten, habe ich seinerzeit vorgeschlagen, nach- dem die Anträge der Koalitionsfraktionen einerseits und der Oppositionsfraktionen andererseits vorgelegt worden waren, diese zu einer gemeinsamen Entschließung zu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011180 (C) (D) (A) (B) sammenzufassen. Die fast zweimonatigen Bemühungen nach der letzten Debatte schienen erfolgreich zu sein. Lei- der ist es heute doch nicht möglich, eine gemeinsame Ent- schließung zu verabschieden. Bevor ich dazu eine Bemerkung mache, möchte ich aber feststellen, dass alle Fraktionen in diesem Parlament in zahlreichen Punkten inhaltlich übereinstimmen. Wir sind uns darin einig, dass die Arbeiten des Konvents zur Erarbeitung der Grundrechte-Charta weiter unterstützt werden. Wir sind uns einig darin, dass die Bedeutung der Grundrechte-Charta auch in der deutschen Öffentlichkeit erkannt und gewürdigt und darüber eine breite gesell- schaftliche Debatte geführt werden sollte. Gemeinsam fordern wir die Bundesregierung auf, für den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention einzutreten. Wir sind uns ei- nig darin, dass der Konvent fortschrittliche und für die eu- ropäische Integration zentrale Grundrechte formulieren sollte, wozu insbesondere ein Diskriminierungsverbot, ein aktives Gleichstellungsgebot sowie kulturelle Grundrech- te gehören. Wir sind uns auch einig darin, dass die Auf- nahme von wirtschaftlichen und sozialen Rechten unter Berücksichtigung der europäischen Sozialcharta und der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Ar- beitnehmer in die Charta unterstützt werden sollte. Und: Ich denke, wir sind uns einig darüber, dass sich die Bun- desregierung im Europäischen Rat für die Rechtsverbind- lichkeit der Grundrechte-Charta mit individueller Kla- gemöglichkeit einsetzen sollte. Nun werden manche mit Recht fragen: Warum legen die Fraktionen des Deutschen Bundestages angesichts ei- ner derart weitreichenden inhaltlichen Übereinstimmung nicht eine gemeinsame Entschließung vor? Dabei kann es natürlich nicht darum gehen, so etwas wie einen „Ein- heitsbrei“ herzustellen oder abstrakte Formulierungen zu Papier zu bringen, die letztlich wenig aussagen. Die Sub- stanz dessen, was uns verbindet, ist so groß, dass die Fra- ge, warum es nicht zu einer gemeinsamen Entschließung gekommen ist, nur schwer beantwortet werden kann. Die uns Anfang dieser Woche von der CDU/CSU-Frak- tion mitgeteilte Ablehnung kam für viele von uns völlig überraschend. Ich habe natürlich versucht, rational nach- zuvollziehen, worauf sich diese Ablehnung gründet, und festzustellen, ob sie vielleicht nur ein Mittel ist, Profil auf einem ungeeigneten Feld der Auseinandersetzung zu ge- winnen. Vonseiten der CDU/CSU wurde – es hat ja keinen Sinn, darum herumzureden – bezüglich des Grundrechts auf Asyl auf angeblich unüberbrückbare Meinungs- unterschiede hingewiesen. Dies verwundert uns, da wir uns ursprünglich auch mit der CDU/CSU darauf verstän- digt hatten, uns dem Bekenntnis des Europäischen Rates von Tampere, dem künftigen europäischen Asylrecht die Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt und all- umfassend zugrunde zu legen, anzuschließen. Ich bin der Auffassung, dass die auf nationaler Ebene sicherlich notwendige Auseinandersetzung um das von der CDU/CSU-Fraktion lediglich gewünschte institutio- nelle Asylrecht und das von uns weiterhin für richtig er- achtete einklagbare individuelle Grundrecht auf Asyl auch geführt werden muss. Aber heute geht es um die Beratun- gen des Konvents in Brüssel. Ich finde, man sollte die Aus- einandersetzung, die auf nationaler Ebene zu führen ist, vor allem dann nicht nach Brüssel verlagern, wenn man sie auf nationaler Ebene nicht gewinnen kann; denn für eine Grundgesetzänderung gibt es keine Mehrheit. Außerdem werden wir in die Grundrechte-Charta auf- nehmen, dass das Niveau weiter gehender nationaler Grundrechte durch die Charta nicht abgesenkt werden darf. Diese Forderung wurde von Delegierten verschiede- ner Länder erhoben. Die Finnen sind zum Beispiel in Sorge, dass das Niveau ihrer hochmodernen Verfassung durch die Grundrechte-Charta gesenkt werden könnte. Dies darf nicht geschehen. Deshalb sind wir der Auffas- sung – mit den eben skizzierten Folgen für das deutsche Asylrecht –, dass durch die Grundrechte-Charta der hohe Grund-rechtsstandard der nationalen Verfassungen in kei- nem Fall gesenkt werden darf. Darauf haben wir uns be- reits verständigt. Warum also streiten wir im Zusammen- hang mit der Charta dann über diesen Punkt? Ein weiteres Thema, mit dem wir uns in den nächsten zwei Wochen im Konvent sehr intensiv beschäftigen wer- den, sind die sozialen Grundrechte. Wir hatten uns ei- gentlich darauf verständigt, klarzustellen: Es ist an der Zeit, die immer wieder beschworene Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte auch dadurch zu doku- mentieren, dass – dem Auftrag von Köln entsprechend – die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte Eingang in die Charta finden. Warum streiten wir also darüber? Im Konvent besteht Einigkeit, dass durch die Grundrechte- Charta die Kompetenzen der EU-Organe nicht erweitert werden dürfen. Ich bin der Auffassung, wir sollten gemeinsam überle- gen, ob die bevorstehende Debatte im Konvent in Brüssel nicht auch von uns unterstützt werden sollte. Es ist offen- sichtlich, dass es Streit über die sozialen Grundrechte gibt. Wer wollte das in Abrede stellen? Es ist auch offensicht- lich, dass einige Länder großen Wert darauf legen, eine Vielzahl sozialer Grundrechte zu formulieren. Wir sind da- gegen der Auffassung – ich habe das eben als gemeinsa- me Auffassung dargestellt –, dass man nur Grundrechte formulieren sollte, die auch einklagbar sind. Deshalb wer- be ich um Unterstützung für den Versuch – den ich ge- meinsam mit dem Delegierten der französischen Regie- rung, Herrn Braibant, unternommen habe –, in dieser Frage einen Mittelweg zu finden. Roman Herzog hat, als die Debatten im Konvent sehr streitig ausgetragen wurden, die Mitglieder des Konvents ausdrücklich aufgefordert, einen solchen Mittelweg zu suchen. Dieser sollte auf drei Säulen beruhen. In die Präambel der Charta und in die Überschrift des Kapitels über die so- zialen Grundrechte sollte – als erste Säule – der Grundsatz der Solidarität festgeschrieben werden. Als zweite Säule sollten in acht Artikeln, gruppiert um die Elemente Arbeit, Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit, die Respek- tierung und der Schutz sozialer Grundrechte in die Charta aufgenommen werden. In der dritten Säule sollte deutlich gemacht werden: Es wird auch künftig Konventionen mit neuen – auch sozialen – Grundrechten geben. Diese sind, wenn alle Mitgliedstaaten zugestimmt haben, Grundlage der Auslegung und Anwendung der Charta. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 2000 11181 (C) (D) (A) (B) Um deutlich zu machen, dass wir uns eigentlich ver- ständigen könnten, will ich einmal die drei Sätze vorlesen, die Herr Braibant und ich in Bezug auf das Recht auf Ar- beit vorgeschlagen haben. Ich wüsste gerne, ob irgendje- mand in diesem Raum ist, der der folgenden Formulierung nicht zustimmen kann: Jeder hat das Recht zu arbeiten und das Recht auf Schutz seines Arbeitsplatzes. Insbesondere hat jeder das Recht, seinen Beruf frei zu wählen und auszu- üben, sowie das Recht auf freien Zugang zu unent- geltlicher Arbeitsvermittlung. Jeder hat Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter oder missbräuchlicher Entlassung. Wer kann gegen ein so formuliertes soziales Grundrecht auf Arbeit sein? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich habe gehört, dass die Debatte in der CDU/CSU- Fraktion letztlich deshalb zur Ablehnung einer gemeinsa- men Entschließung geführt hat, weil man sich über die Aufnahme eines kleinen Satzes nicht einig geworden ist. Wir haben im Entwurf der gemeinsamen Entschließung folgenden Satz vorgesehen: Die Charta soll klarstellen, dass gleichgeschlechtli- che Paare nicht benachteiligt werden dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Was haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, gegen diesen Satz? Mir ist schon klar, dass ich eigentlich diejenigen Ihrer Kollegen anspre- chen müsste, die nicht da sind. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Herr Altmaier wird das gleich in vernichtender Deut- lichkeit klarmachen!) Bezogen auf den von Ihnen kritisierten Satz darf ich Ih- nen in Erinnerung rufen, was Sie vor kurzem auf Ihrem Parteitag in Essen zu diesem Thema beschlossen haben und auch von Ihrer Vorsitzenden, Frau Merkel, sehr un- terstützt worden ist. Ich zitiere aus Ihrem Parteitagsbe- schluss: Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Le- bensentwurf zu verwirklichen suchen. (Peter Hintze [CDU/CSU]: So ist es!) Wir anerkennen, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden können, die für unsere Gesell- schaft grundlegend sind. Dies gilt für nicht eheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern; dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. (Beifall im ganzen Hause) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, genau dies hatten wir für unsere gemeinsame Entschließung vorgesehen. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Schreiben Sie das in die Charta und wir stimmen zu!) Mir ist klar, dass Sie in Ihrer Fraktion dafür gekämpft haben, sich aber letztlich gegenüber Ihren CSU-Kollegen nicht durchsetzen konnten. Ich bitte Sie dringend, dieses Problem zu lösen und nicht zuzulassen, dass das, was Frau Merkel zu diesem Thema gesagt und durchgesetzt hat, von Herrn Stoiber wieder aus dem Gefecht gezogen wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir stehen ja gar nicht im Gefecht! Nicht so martialisch!) Ich habe sehr genau beobachtet, dass Sie in unserer letz- ten Debatte am 18. Mai irritiert reagierten, als der CSU- Kollege Dr. Müller als ausdrückliche Bedingung für die Ratifizierung der Charta bezeichnete: Wir wollen keine Kompetenzausweitung, sondern er- warten Kompetenzbeschränkungen. Wie kann man so etwas von der Grundrechte-Charta, die sich mit der Kompetenzfrage bekanntlich nicht zu befas- sen hat, überhaupt erwarten? Kommen Sie zu einer ver- nünftigen Einigung mit den CSU-Kollegen in Ihrer Frak- tion! Wenn das geschehen ist, dann legen wir – das ist meine Überzeugung – wieder gemeinsame Entschließun- gen vor. Die Grundlage dafür ist breit genug. Lassen Sie uns gemeinsam feststellen: Es geht bei der Grundrechte-Charta um die Identität der Europäer, die ih- re Werteordnung, an die sie gebunden sind, deutlich ma- chen sollten. Genauso wichtig ist: Es geht um die Kon- trolle von Machtausübung durch die EU-Organe in Brüssel. (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [F.D.P.]: Das ist der Kern!) Dass wir dafür gemeinsam eintreten, sollte künftig wieder deutlicher werden, als es heute durch Mehrheitsentschei- dungen über einen Antrag der Koalition deutlich werden kann. Überlegen Sie bitte, ob Taktik nicht Übertaktieren bedeutet, wenn man die Taktik über die Sache stellt. Ich werde mich jedenfalls durch die Abstimmungen, die heute leider nicht im Konsens erfolgen werden, nicht davon abhalten lassen, auch mit den Europapolitikern der Oppositionsfraktionen, die für eine gemeinsame Ent- schließung gekämpft haben und denen es in erster Linie um die Sache und nicht um parteitaktischen Vorteil geht, weiter konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 12. September 200011182 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Dr. Barbara Höll


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Da-
    men und Herren! Die Regierung hat ihren Haushaltsent-
    wurf für das Jahr 2001 in erster Linie mit dem Konsoli-
    dierungskurs begründet. Nun muss man ja konstatieren,
    dass die Politik des Schuldenabbaus zum Teil Resonanz
    in der Bevölkerung findet. Auch die PDS hat entgegen
    allen Vorurteilen nichts gegen eine sparsame Haushalts-
    politik und gegen den Abbau von Staatsschulden einzu-
    wenden.

    Ich kann Ihnen versichern: Eine Vielzahl demokrati-
    scher Sozialistinnen und Sozialisten agiert in kommunal-
    politischer und landespolitischer Verantwortung genauso.
    Wir unterscheiden uns jedoch in einem Punkt wesentlich.
    Für uns mutiert die sparsame Haushaltspolitik nicht zum
    alleinigen Selbstzweck von Politik.


    (Beifall bei der PDS)

    Es kann nicht darum gehen, den Schuldenabbau um

    jeden Preis zu erreichen. Sicher kann man nur das ausge-
    ben, was man hat, und nicht zweifach oder dreifach, pri-
    vat und als Staat. Wenn man aber an der falschen Stelle
    spart, muss man es später doppelt, dreifach, vierfach
    draufzahlen. Auf diesem Weg befinden Sie sich.


    (Beifall bei der PDS)

    In der Politik sollte es doch darum gehen, zu diskutie-

    ren, wie man tatsächlich effektiv wirtschaften kann, wo
    man einsparen kann, aber auch darüber zu diskutieren, wo
    die drängendsten Probleme unseres Gemeinwesens liegen
    und wie wir unsere Steuergroschen dort tatsächlich Mark
    für Mark sinnvoll einsetzen.

    Herr Eichels Vergleich mit dem schuldenfreien Erbe
    hinkt sehr. Ich möchte kein hoch verschuldetes Haus er-
    ben. Ich möchte aber auch kein Haus erben, welches ma-
    rode ist. Gleichzeitig wünsche ich keine Situation, in der
    meine Mithausbewohner vielleicht eine so schlechte Aus-
    bildung mit auf den Weg bekommen haben, dass sie nicht
    einmal mehr in der Lage sind, das Haus richtig instand zu
    halten.


    (Beifall bei der PDS)

    Wenn wir uns diesen Aufgaben und Problemen heute

    nicht stellen, beschneiden wir die Zukunftschancen unse-
    rer Kinder und Enkel genauso.


    (Zuruf von der SPD: Ach Gott!)

    Ist nicht hier ein grundsätzliches Umdenken erforderlich?
    Stimmt die enge haushaltspolitische Sicht denn noch, dass
    die Ausgaben für Kinderbetreuung, Jugend, Sport, Bil-
    dung einfach als konsumtive Ausgaben diskreditiert wer-
    den?


    (Zuruf von der SPD: Quatsch!)

    Oder sind nicht genau diese Ausgaben höchst profitable
    Anlagen in unsere gemeinsame Zukunft?

    Wenn Sie in Ihrem Haushaltsentwurf vorschlagen, zum
    Beispiel die Bundeszuschüsse für die Bundesanstalt für
    Arbeit zu streichen, so ist das nichts anderes als der Ein-
    stieg in den Abschied von einer aktiven Arbeitsmarkt-
    politik.


    (Beifall bei der PDS – Widerspruch bei der SPD)


    Politikerinnen und Politiker, die sich in ihrem Handeln
    nur noch von den so genannten objektiven Haushalts-
    zwängen leiten lassen, machen sich tendenziell überflüs-
    sig, weil sie überhaupt keinen Gestaltungsanspruch mehr
    haben.


    (Beifall bei der PDS – Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Es wird 44,5 Milliarden an aktiver Arbeitsmarktpolitik geben!)


    Herr Eichel, aber auch Herr Metzger hat noch einmal
    betont, dass diese straffe Haushaltsdisziplin alternativlos
    von einer nachhaltigen Entlastung aller Steuerzahler und
    Unternehmen begleitet werden muss. Schaut man sich
    aber die Inhalte dieser beiden Stränge genauer an, so wird
    offensichtlich, wie sozial ungerecht Sie agieren. Die
    Haushaltssanierung lief – Stichwort: Haushaltssanie-
    rungsgesetz – eindeutig auf Kosten von Rentnerinnen und
    Rentnern, auf Kosten zukünftiger Rentenansprüche von
    Arbeitslosen, auf Kosten von sozial schwachen Men-
    schen.

    Diese Menschen sind zusätzlich betroffen von den
    Einsparungen, die an die anderen Ebenen der öffentlichen
    Hand, an die Länder, an die Kommunen, weiter gereicht
    werden. Die Schließung von Bibliotheken stört einen Mil-
    lionär überhaupt nicht, sehr wohl aber einen Studenten,
    weil er sich nicht einfach jedes Buch von dem nicht vor-
    handenen BAföG kaufen kann.


    (Beifall bei der PDS)

    Das heißt, hier haben wir bereits eine doppelte Belas-

    tung. Sie haben eine Steuerbelastung eingeführt, die Öko-
    steuer. Sie haben uns erst verkündet, es gebe als Aus-
    gleich die Senkung der Rentenbeiträge. Nun frage ich
    Sie: Wo haben Rentner und Rentnerinnen den Ausgleich
    für die Ökosteuer? Weder durch die Senkung der Renten-
    beiträge noch – wie Herr Eichel ja heute verkündet hat –
    durch die Senkung im Einkommensteuerbereich. Hier
    funktioniert Ihre Argumentation doch nicht!

    Sie können reden, wie Sie wollen: Die Ökosteuerbelas-
    tung wird ohne jeglichen Ausgleich sozial völlig unge-
    recht an Millionen von Menschen in diesem Land weiter
    gereicht,


    (Beifall bei der PDS)

    die keine Möglichkeiten haben, bei ihrem Energie-
    verbrauch zu sparen oder sich vielleicht ein sparsameres
    Auto zu kaufen.


    (Detlef von Larcher [SPD]: Sagt die PDS auch, „Weg mit der Ökosteuer“?)


    Wir waren deshalb von Anfang an für eine Verteuerung
    des Umweltverbrauchs, aber auf eine andere Art und
    Weise. Das wissen Sie. Wir können nicht einfach den Um-






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    (A)



    (B)


    weltverbrauch verteuern, ohne Alternativen anzubieten.
    Dazu müssen wir jetzt handeln.

    Herr Eichel hatte übrigens vorhin nicht Recht, als er
    sagte, die Regierung habe mit der Erhöhung der Rohöl-
    preise nichts zu tun. Wenn ich nicht ganz falsch liege, ha-
    ben Sie immerhin mächtig viel mit den Mehreinnahmen
    bei der Mehrwertsteuer zu tun. Denn wenn der Preis
    steigt, steigen die Einnahmen bei der Mehrwertsteuer.
    Natürlich erhöht sich auch auf diesem Wege Ihr Steuer-
    aufkommen.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist eine Milchmädchenrechnung! Betrachten Sie das mal gesamtwirtschaftlich!)


    Sie haben keine Alternativen angeboten. Sie haben
    das nicht verwirklicht, was Sie noch in der letzten Legis-
    laturperiode gefordert haben: die Umwandlung der Kilo-
    meterpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Ent-
    fernungspauschale. Machen Sie das jetzt endlich und
    erhöhen Sie sie von 70 Pfennig auf 1 DM, sodass tatsäch-
    lich Alternativen geboten werden, aber auch Autofahrer
    und Autofahrerinnen eine unmittelbare Hilfe erhalten.


    (Beifall bei der PDS)

    Ihre Arbeitsplätze hängen oftmals von diesem Verkehrs-
    mittel ab, da andererseits auch Strecken der Bahn ge-
    schlossen werden und die Bahn oft unpünktlich und sehr
    teuer ist.

    Betrachten wir dann noch Ihre scheinbar unabweisbare
    Politik der Steuersenkungen. Herr Eichel hat vorhin die
    Fachverkäuferin locker mit 40 000 DM Bruttojahresver-
    dienst angesetzt. Das stimmt nicht ganz; der Durchschnitt
    bei den Fachverkäufern ist 35 000 DM pro Jahr. Ein allein
    stehender Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttolohn von
    20 000 DM wird im nächsten Jahr um immerhin 99 DM
    entlastet. 100 DM haben oder nicht haben – das sind
    schon fast 200 DM.


    (Zurufe von der SPD: Oh!)

    Der allein stehende Arbeitnehmer ohne Kinder mit ei-
    nem Jahresbruttoeinkommen von 140 000 DM wird um
    2 187 DM entlastet. Das ist doch schon ein beträchtlicher
    Unterschied.

    Zusammenfassend kann man feststellen, dass Arbeit-
    nehmer im nächsten Jahr 10 Milliarden DM Lohnsteuer
    weniger abführen müssen. Das entspricht einer Steuerent-
    lastung von 3 Prozent – gut. Bei Kapitalgesellschaften be-
    trägt die steuerliche Entlastung allerdings 40 Prozent. Die
    Überschrift „Über Großverdiener ergießt sich Eichels
    Füllhorn“ stammt nicht von mir, sondern aus der – wie
    man sagt – bürgerlichen Presse. Sie haben mit Ihrem
    Steuergesetz einen massiven Rückzug insbesondere der
    Großverdiener und Großunternehmen aus der Finanzie-
    rung des Gemeinwesens verankert. Dies geht wiederum
    zulasten von sozial Schwächeren, die auf das öffentliche
    Schulsystem angewiesen sind. Dies geht aber auch zulas-
    ten von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die
    sich nicht mit sehr viel Geld die Absolventen der
    Hochschulen einkaufen können oder sie vorfinanziert auf
    private Unis schicken können. Das ist eine sozial zutiefst
    ungerechte Politik.

    Sie können keine solide, zukunftsorientierte Haus-
    haltspolitik machen, wenn Sie nicht sinnvoll sparen. Erst
    einmal müsste man gegen Verschwendungen ordentlich
    vorgehen. Wir müssten zum Beispiel darauf hinwirken,
    dass die Zahl der Betriebsprüfer massiv erhöht wird, dass
    Finanzämter ordentlich ausgestattet werden und nicht
    wie in Berlin-Charlottenburg bei der Zusammenlegung
    zweier Finanzämter das zweite Faxgerät gestrichen wird,
    sodass sie fast nicht mehr arbeitsfähig sind, dass das, was
    die Landesrechnungshöfe und der Bundesrechnungshof
    anmahnen, tatsächlich verwirklicht wird. Wir müssen uns
    hier auch über eine sozial gerechte Einnahmengestaltung
    unterhalten.

    Ein letztes Wort, da ich die einzige Frau bin, die in der
    ersten Runde spricht, und Frauen meistens mit Kindern
    verbunden werden:


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Ohne Männer gibt es keine Kinder!)


    Herr Eichel hat ja Recht, dass die schwarz-gelbe Koalition
    sehr wenig für Kinder getan hat. Aber das, was wir jetzt
    verwirklicht haben, war zum großen Teil nicht freiwillig,
    sondern Auflage des Bundesverfassungsgerichtes. So,
    wie es umgesetzt wurde, ist es wieder sozial ungerecht,
    weil die Großverdiener eine Steuerersparnis von 423 DM
    pro Monat haben und die normale Arbeitnehmerin ein er-
    höhtes Kindergeld von jetzt 270 DM bekommt. Das ist
    nicht das, was wir von der PDS uns vorstellen. Unsere
    Vorschläge hören Sie in der nächsten Rede.


    (Beifall bei der PDS)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat der Kollege Hans Georg Wagner von
der SPD-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Georg Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine
    sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin
    Dr. Höll, vielleicht können Sie sich in Mecklenburg-Vor-
    pommern, wo Sie an der Regierung beteiligt sind, darum
    kümmern, dass dort mehr Finanzbeamte eingestellt wer-
    den; denn es ist Sache der Länder, dafür zu sorgen, dass
    die Steuereinnahmen fließen. Der Kollege Urbaniak wird
    nachher noch darauf hinweisen, wo in den Ländern durch
    Steuerersparnisse und durch Steuerhinterziehungsmög-
    lichkeiten Standortvorteile gegenüber anderen Ländern
    erzielt werden sollen. Ich meine, dies sollte man auf die
    Ebene schieben, wo es hingehört.

    Wenn ich die Debatte jetzt etwas Revue passieren
    lasse, dann stelle ich fest, dass bis jetzt von der Opposi-
    tion nichts Neues gekommen ist. Es ist immer das Alte,
    was man schon kennt und längst weiß.


    (Widerspruch der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS])


    Man kann sich gar nicht mehr überraschen lassen, etwa
    wenn der Kollege Austermann einen Nachtragshaushalt
    fordert. Das fordert er schon seit Monaten. Auch weiß er
    seit Monaten, dass das unsinnig ist; denn die Ausgaben für
    die Zwangsarbeiterregelung stehen als Leertitel im Haus-
    halt. Das kann man also ausfüllen. Auch die Einnahmen
    sind geregelt.




    Dr. Barbara Höll
    11086


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Dann kommt ein Punkt, Herr Kollege Austermann, zu
    dem ich Ihnen sagen muss: Das verstehe ich nicht ganz.
    Sie fordern offen – Herr Merz hat das wieder eingesam-
    melt –, dass wir von dem Ertrag aus dem Verkauf der
    Handylizenzen, die wir erzielt haben, 80 Milliarden DM
    für die Schuldentilgung und 20 Milliarden DM für ir-
    gendwelche Investitionsmaßnahmen vorsehen sollten.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Steuersenkungen!)


    Das ist ein Aufruf zum Gesetzesbruch; denn im Gesetz
    steht, dass alle Einnahmen des Bundes, die über diesen
    Weg hereinkommen, zur Schuldentilgung verwendet wer-
    den müssen. Das gilt gemäß Koalitionsbeschluss auch für
    die Steuermehreinnahmen, Herr Kollege Austermann.


    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie die Koalition zum Gesetzesbruch aufrufen,
    dann sage ich Ihnen: Wir werden kein Gesetz brechen. Sie
    haben auf dem Gebiet des Gesetzesbrechens mehr Erfah-
    rung als wir. Wir werden Ihnen da nicht folgen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jetzt bitte vorsichtig!)


    Herr Merz hat sich heute Morgen im Frühstücksfern-
    sehen über die Ökosteuer ausgelassen. Nun hat hierbei
    Herr Merz einschlägige Erfahrungen.


    (Zuruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

    – Herr Kollege Hinsken, Sie sind immer ein lebhafter
    Zwischenrufer. Ich empfehle Ihnen, vor Zwischenrufen,
    und zwar im Psalm 141 Vers 3. einmal zu lesen. Wissen Sie
    warum? Sie können es dort nachlesen. Es heißt dort:
    „Herr, stell eine Wache vor meinen Mund, eine Wehr vor
    das Tor meiner Lippen!“ Ich empfehle Ihnen wirklich, den
    Psalm 141 Vers 3 einmal einzuhalten. Dann werden Ihre
    Zwischenrufe qualifizierter sein, als sie es bisher gewesen
    sind.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Kollege Friedrich Merz hat heute Morgen gesagt,
    dass die Ökosteuereinnahmen nur zum geringsten Teil
    in die Sozialversicherung gehen würden. Das ist schlicht-
    weg falsch. Er ist jetzt nicht da. Aber ich bedaure außer-
    ordentlich, dass Herr Merz schon wieder einmal bei einer
    Haushaltsberatung auf seine Mitarbeiterinnen und Mitar-
    beiter oder auf die Einflüsterungen des Herrn Austermann
    hereingefallen ist.


    (Joachim Poß [SPD]: Ja!)

    Wenn man sich die Zahlen zur Ökosteuer genau ansieht,
    bemerkt man, dass im Jahre 2000 mit 17,4Milliarden DM
    gerechnet wird. Für die Sozialversicherung werden
    16,8 Milliarden DM ausgegeben. Für das Jahr 2001 gibt
    es die Prognose, dass 22,2MilliardenDM hereinkommen.
    Ausgegeben werden 22,4 Milliarden DM. Das alles sind
    Einnahmen aus der Ökosteuer, die in die Sozialversiche-
    rung fließen.


    (Zuruf des Abg. Walter Hirche [F.D.P.] – Herr Hirche, es ist egal, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Das heißt also, 95 Prozent der Einnahmen aus der Ökosteuer gehen im Jahre 2000 in die Sozialversicherung, 101 Prozent im Jahre 2001 und 99 Prozent im Jahre 2002. Wie können Sie da sagen, es sei ein geringfügiger Betrag, der für die Sozialversicherung ausgegeben werde? Sagen Sie einmal Herrn Merz, er möge sich darüber besser informieren. Ich unterstelle, dass er gar keine Zeit hat, sich alles genau anzusehen. Aber er muss langsam merken, dass alles, was ihm an Haushaltszahlen eingeflüstert wird, bisher nicht gestimmt hat. Deshalb sollte er sich einmal selber um die Zahlen kümmern. Nun zur Ökosteuer selber. Auch dabei geht es rund. Da sagte Herr Merz im November 1998 – ich zitiere –: Durch die Ökosteuer sollen Steuern erzielt werden, um auf der anderen Seite Sozialabgaben zu reduzieren. Über ein solches Konzept kann man reden. Das machen wir doch. Dabei kann er mitmachen. Er kann sagen: Was die Koalition macht, ist genau richtig. Es ist wichtig, bei den Forderungen und der Preisgestaltung im Ölbereich nicht einzuknicken. Hier wird immer wieder die OPEC genannt. Wer ist denn für Deutschland der Hauptlieferant für Erdöl? Russland, England, Norwegen. Das sind keine OPEC-Staaten. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Eichel hat OPEC gesagt!)


    Wenn man sagt, man müsse jetzt mit der Ökosteuer
    heruntergehen, dann erscheint mir das makaber! Sie for-
    dern beständig, die Subventionen – Herr Rexrodt, das
    geht auch an Sie – für den Steinkohlenbergbau herunter-
    zufahren, egal ob Arbeitsplätze vernichtet werden oder
    nicht. Subventionsabbau muss sein. Im Zusammenhang
    mit der Ökosteuer und den Ölpreisgestaltungen fordern
    Sie jetzt Subventionen für die Erdöl produzierenden Län-
    der und für die multinationalen Konzerne. Das ist doch
    falsch. Eine solche Politik machen wir nicht mit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Günter Rexrodt [F.D.P.]: Steuersenkungen! Das war ein Denkfehler!)


    – Herr Rexrodt, warten Sie einmal; ich komme auf Sie
    noch gerne zurück.

    Frau Merkel, die sich ja gestern auch nicht schämte,
    hinsichtlich der Ökosteuer so zu argumentieren, hat noch
    als Ministerin am 28. Oktober 1997 gesagt – man höre
    bitte zu –:

    Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) hält
    eine jährliche Anhebung der Mineralölsteuer von
    etwa fünf Pfennig für angemessen. Auf dem umwelt-
    politischen Forum der Thüringer CDU „Bewahrung
    der Schöpfung – Chancen und Grenzen der ökologi-
    schen Steuerreform“ trat die Ministerin gestern
    Abend für eine Besteuerung des Energieverbrauches
    „mit Augenmaß“ und damit eine Entlastung des Fak-
    tors Arbeit ein.

    (Matthias Wissmann [CDU/CSU]: Wo ist denn die Entlastung der Arbeit?)





    Hans Georg Wagner

    11087


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Das ist genau richtig. Ich habe ja überhaupt nichts dage-
    gen. Nur, Frau Merkel muss dann bitte bei ihrer eigenen
    Politik das machen, was sie dort gesagt hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das, was 1997 richtig war, kann doch nicht im Jahre 2000
    plötzlich falsch und dann noch Grund und Anlass sein,
    eine Kampagne gegen die Koalition zu machen.