Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000
        Vizepräsidentin Anke Fuchs
        11033
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        1) Anlage 9
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11035
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        Adler, Brigitte SPD 07.07.2000*
        Baumann, Günter CDU/CSU 07.07.2000
        Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 07.07.2000*
        Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 07.07.2000
        Bohl, Friedrich CDU/CSU 07.07.2000
        Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 07.07.2000Wolfgang
        Brunnhuber, Georg CDU/CSU 07.07.2000
        Büttner (Ingolstadt), SPD 07.07.2000Hans
        Bulmahn, Edelgard SPD 07.07.2000
        Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 07.07.2000Peter Harry
        Catenhusen, SPD 07.07.2000Wolf-Michael
        Flach, Ulrike F.D.P. 07.07.2000
        Formanski, Norbert SPD 07.07.2000
        Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 07.07.2000
        Prof. Frick, Gisela F.D.P. 07.07.2000
        Friedhoff, Paul K. F.D.P. 07.07.2000
        Friedrich (Altenburg), SPD 07.07.2000Peter
        Gebhardt, Fred PDS 07.07.2000
        Girisch, Georg CDU/CSU 07.07.2000
        Goldmann, F.D.P. 07.07.2000Hans-Michael
        Götz, Peter CDU/CSU 07.07.2000
        Griese, Kerstin SPD 07.07.2000
        Grießhaber, Rita BÜNDNIS 90/ 07.07.2000*DIE GRÜNEN
        Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 07.07.2000DIE GRÜNEN
        Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 07.07.2000
        Koschyk, Hartmut CDU/CSU 07.07.2000
        Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 90/ 07.07.2000Angelika DIE GRÜNEN
        Lambrecht, Christine SPD 07.07.2000
        Lennartz, Klaus SPD 07.07.2000
        Lippmann, Heidi PDS 07.07.2000
        Moosbauer, Christoph SPD 07.07.2000*
        Müller (Berlin), PDS 07.07.2000Manfred
        Niebel, Dirk F.D.P. 07.07.2000
        Oesinghaus, Günter SPD 07.07.2000
        Raidel, Hans CDU/CSU 07.07.2000*
        Rauen, Peter CDU/CSU 07.07.2000
        Romer, Franz CDU/CSU 07.07.2000
        Scharping, Rudolf SPD 07.07.2000
        Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 07.07.2000
        Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 07.07.2000Hans Peter
        von Schmude, Michael CDU/CSU 07.07.2000
        Schuhmann (Delitzsch), SPD 07.07.2000Richard
        Schumann, Ilse SPD 07.07.2000
        Schur, Gustav-Adolf PDS 07.07.2000
        Schwalbe, Clemens CDU/CSU 07.07.2000
        Sehn, Marita F.D.P. 07.07.2000
        Dr. Solms, Hermann F.D.P. 07.07.2000Otto
        Sothmann, Bärbel CDU/CSU 07.07.2000
        Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 07.07.2000
        Steen, Antje-Marie SPD 07.07.2000
        Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 07.07.2000*
        Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 07.07.2000
        Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 07.07.2000
        Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 07.07.2000DIE GRÜNEN
        Prof. Weisskirchen SPD 07.07.2000*(Wiesloch), Gert
        Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 07.07.2000*
        Wohlleben, Verena SPD 07.07.2000
        Zapf, Uta SPD 07.07.2000*
        * für die Teilnahme an der 9. Jahrestagung der ParlamentarischenVersammlung der OSZE
        entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Anlagen zum Stenographischen Bericht
        Anlage 2
        Erklärung
        der Abgeordneten Ina Lenke (F.D.P.) zur Ab-
        stimmung über die Beschlussempfehlung zu
        dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Ände-
        rung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Druck-
        sache 14/3808) (Tagesordnungspunkt 20 a)
        Die Fraktion der F.D.P. stimmt diesem Entschlie-
        ßungsantrag zu.
        Anlage 3
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Heinz Wiese (CDU/CSU) zur
        Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes
        zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Ver-
        antwortung und Zukunft“ (Drucksachen
        14/3206 und 14/3459) (114. Sitzung, Tagesord-
        nungspunkt 7 a)
        1. Mit dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erin-
        nerung, Verantwortung und Zukunft“ kommt der Deut-
        sche Bundestag seiner von der deutschen Geschichte auf-
        gegebenen Verantwortung nach, eines der furchtbarsten
        Kapitel unserer jüngsten Vergangenheit – die Entrech-
        tung, Verschleppung, Misshandlung und Ausbeutung von
        Sklaven- und Zwangsarbeitern – aufzuarbeiten.
        Wir bitten die Opfer um Vergebung. Mit diesem Gesetz
        übernehmen wir erneut und weltweit sichtbar die Verant-
        wortung für die Geschichte. Damit knüpfen wir an das
        Entschädigungs- und Versöhnungswerk an, das von
        Konrad Adenauer begonnen wurde. Insbesondere jene,
        die – hoch betagt und vielfach gebrechlich – bis heute
        noch nicht von den umfangreichen Wiedergutmachungs-
        und Entschädigungsleistungen der Bundesrepublik
        Deutschland erreicht wurden und als Opfer der Zwangs-
        arbeit unsäglich gelitten haben, erwarten zu Recht ein Zei-
        chen der Wiedergutmachung und Versöhnung.
        2. Einen Schlussstrich unter das dunkelste Kapitel un-
        serer Geschichte, die Verbrechen der Nazi-Tyrannei, kann
        und darf es nicht geben. Von der sich daraus ergebenden
        besonderen historischen Verantwortung unseres Landes
        können wir uns weder durch Worte noch durch Geld lö-
        sen. Aber dies kann nicht bedeuten, dass wir Jahr für Jahr
        in neue Entschädigungsdebatten eintreten und dadurch
        zwangsläufig in vielen Ländern der Welt und bei vielen
        Menschen Hoffnungen erwecken, die nicht erfüllt werden
        können.
        Zu Beginn eines neuen Jahrhunderts wollen die Bun-
        desrepublik Deutschland und deutsche Unternehmen
        mit der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und
        Zukunft“ die bisherigen umfangreichen Wiedergutma-
        chungsregelungen ergänzen und ein Zeichen ihrer mora-
        lischen Verantwortung für diese Geschehnisse setzen. Ab-
        schließend kann dies nur in finanzieller Hinsicht sein.
        3. Weil wir den Blick nach vorne richten müssen, ist
        der noch zu etablierende Zukunftsfonds von überragen-
        der Bedeutung. Ausgestattet mit einem Vermögen von
        700 Millionen DM muss er jetzt mit Leben erfüllt werden.
        Insbesondere mit Projekten, von denen vor allem junge
        Menschen profitieren sollen. Weil der Zukunftsfonds auf
        Dauer angelegt ist, kann und wird er in den kommenden
        Jahren für ein friedliches Miteinander der Menschen von
        besonderer Bedeutung sein.
        4. Wer Zukunft gestalten will, darf sie nicht mit dem
        belasten, was bereits seit langem abgeschlossen ist. Dies
        gilt insbesondere für die Frage der Reparationen.
        Spätestens seit dem Abschluss des Zwei-plus-Vier-
        Vertrages vom 12. September 1990 können derartige For-
        derungen aus völkerrechtlichen Gründen nicht mehr ge-
        gen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht
        werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekräftigt,
        dass sich auch durch dieses Gesetz die Frage der Repara-
        tionen nicht neu stellt.
        5. Die Bundesregierung hat zugesagt, die Stiftung noch
        in diesem Jahr mit einem Anteil in Höhe von 5 Milliar-
        den DM auszustatten. Die Stiftungsunternehmen haben
        für die Unternehmen der deutschen Wirtschaft erklärt,
        dass sie sich in der Verpflichtung sehen, dass auch der von
        der Stiftungsinitiative zugesagte Anteil in Höhe von
        5 Milliarden DM umgehend gezahlt wird.
        Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dankt allen Unter-
        nehmen, die sich bislang bereit erklärt haben, ihren Anteil
        in das Fondsvermögen einzuzahlen. Dieser Dank gebührt
        insbesondere den Gründungsunternehmen der Stiftungsi-
        nitiative der Deutschen Wirtschaft und denjenigen Fir-
        men, die sich am Stiftungsvermögen beteiligen, obwohl
        sie erst nach 1945 gegründet wurden und deshalb nie in
        das nationalsozialistische Unrechtssystem verstrickt wa-
        ren.
        Wir sehen es als unbedingt erforderlich an, dass insbe-
        sondere diejenigen Unternehmen, die oder deren Rechts-
        vorgänger Sklaven- oder Zwangsarbeiter eingesetzt ha-
        ben, unverzüglich ihren Beitrag zur Finanzierung leisten.
        6. Für uns ist von besonderer Bedeutung, dass mög-
        lichst rasch mit der Auszahlung der Stiftungsmittel an die
        jeweiligen Partnerorganisationen und von dort mit der
        Auszahlung der Leistungen an die heute betagten und
        vielfach kranken oder gebrechlichen Opfer begonnen
        werden kann. Voraussetzung hierfür ist neben der not-
        wendigen Mittelbereitstellung die rechtskräftige Abwei-
        sung aller vor den US-Gerichten anhängigen Klagen. Wir
        bitten die Kläger und ihre Rechtsvertreter, dafür Sorge zu
        tragen, dass möglichst rasch mit der Auszahlung der Stif-
        tungsmittel an die Opfer begonnen werden kann.
        Wir gehen dabei davon aus, dass durch dieses Gesetz
        und die damit verbundenen Abkommen und Erklärungen
        ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit für deutsche
        Unternehmen insbesondere in den USA bewirkt wird.
        7. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert die Bun-
        desregierung, das noch zu bildende Kuratorium und den
        Stiftungsvorstand auf, durch geeignete Maßnahmen si-
        cherzustellen, dass die Stiftungsmittel die Leistungsbe-
        rechtigten nach Maßgabe des Gesetzes auch tatsächlich in
        voller Höhe erreichen. Wir fordern die Bundesregierung
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011036
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        auf, den Deutschen Bundestag jährlich über die Arbeit der
        Stiftung, die Verteilung der Stiftungsmittel sowie über die
        Initiativen und Projekte des „Zukunftsfonds“ zu unter-
        richten.
        8. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht es als un-
        abdingbar an, dass nach diesem Gesetz Leistungsberech-
        tigte unabhängig von ihrem Wohnsitz sowie unter
        Berücksichtigung der gesetzlichen Gestaltungsmöglich-
        keiten die Chance auf gleiche Leistungen erhalten. Wir
        sind besorgt über eine mögliche Unterfinanzierung des
        Plafonds für Personenschäden der in diesem Gesetz be-
        zeichneten sechsten Partnerorganisation (IOM), die jene
        Opfer zu betreuen hat, die nicht in Ländern wohnen, für
        die eine andere Partnerorganisation zuständig ist. Ob und
        inwieweit diese Sorge berechtigt ist, kann aber erst nach
        dem Eingang der Anträge von allen Opfern abschließend
        beurteilt werden.
        9. Wir bitten die Unternehmen der deutschen Wirt-
        schaft, die unter dem NS-Regime Sklaven- und Zwangs-
        arbeiter beschäftigt haben, bzw. ihre Rechtsnachfolger so-
        wie die Länder und Kommunen, zur geeigneten Umset-
        zung von § 18 des Gesetzes (Auskunftsersuchen) die
        notwendigen Auskünfte und Unterlagen zum Nachweis
        der Leistungsberechtigung der Opfer so rasch wie mög-
        lich zu erteilen bzw. herauszugeben. Sofern erforderlich,
        sollten sie die Vernetzung der Archive verbessern, um da-
        mit den Opfern und Partnerorganisationen den Nachweis
        der Leistungsberechtigung zu erleichtern. Kopien der an-
        geforderten und benötigten Unterlagen sollten ebenso wie
        Angaben über bereits an ehemalige Zwangsarbeiter ge-
        zahlte Leistungen an die nach diesem Gesetz bezeichne-
        ten Partnerorganisationen weitergegeben werden.
        Wir bitten die Bundesregierung, durch zusätzliche or-
        ganisatorische, finanzielle oder personelle Maßnahmen
        die Leistungsfähigkeit des Archivs des Internationalen
        Suchdienstes in Arolsen zu erhöhen, um den einzelnen
        Opfern und den Partnerorganisationen den Nachweis der
        Leistungsberechtigung zu erleichtern.
        10. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht in der Er-
        richtung des Zukunftsfonds innerhalb der Stiftung eine
        besondere Chance, der Verantwortung von Staat, Gesell-
        schaft und Privatwirtschaft gerecht zu werden. Hierdurch
        wird auch den kommenden Generationen die Möglichkeit
        eröffnet, die Erinnerung an das NS-Unrecht weiter wach
        zu halten und der Ausbreitung von extremistischem und
        rassistischem Gedankengut sowie von totalitären Syste-
        men aller Art entgegenzuwirken.
        Wir sehen es deshalb als notwendig an, Schwerpunkte
        auf Projekte zu legen, die dem Jugendaustausch, der Ver-
        söhnung und Völkerverständigung, der Achtung von
        Menschenrechten und für die Pflege der Beziehungen zu
        überlebenden Opfern dienen. Dabei ist auch die Arbeit
        von und mit Zeitzeugen von Bedeutung. Darüber hinaus
        können in einer Übergangszeit auch Projekte im Interesse
        der Opfer und ihrer Hinterbliebenen gefördert werden.
        Die Mittel des Zukunftsfonds sind zusätzliche Auf-
        wendungen des Bundes und der deutschen Wirtschaft. Sie
        dürfen keinesfalls Finanzierungsersatz von bisher durch
        die öffentliche Hand geförderten Maßnahmen sein. Das
        Kuratorium wird gebeten zu prüfen, inwieweit ein eigener
        Beirat für die Konzeption des Zukunftsfonds berufen wer-
        den sollte.
        11. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert die
        Bundesregierung auf, mit denjenigen Staaten, die nach
        dem Ende des Zweiten Weltkrieges Deutsche verschleppt
        und unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit ge-
        zwungen haben, oder mit deren Nachfolgestaaten Kontakt
        aufzunehmen mit dem Ziel, dass auch die noch lebenden
        deutschen Opfer von diesen Staaten eine – der deutschen
        Regelung entsprechende – Entschädigung in Form einer
        humanitären Geste erhalten.
        12. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dankt Bundes-
        minister a. D. Dr. Otto Graf Lambsdorff für seine her-
        vorragende Arbeit als Beauftragter der Bundesregierung
        auf diesem ebenso wichtigen wie sensiblen Gebiet. Sie
        bittet ihn darum, seine Kenntnisse und Erfahrungen auch
        weiterhin der zu gründenden Stiftung zur Verfügung zu
        stellen.
        Anlage 4
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na-
        mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines
        Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
        Schwerbehinderter (Tagesordnungspunkt 24 a)
        Erstmals legt eine Bundesregierung ein Gesetz zur
        Bekämpfung der unakzeptabel hohen Arbeitslosigkeit
        von Schwerbehinderten vor – dies ist schon ein Wert an
        sich. Es enthält positive Ansätze, ist aber dennoch kein
        Reformgesetz, das den Erfordernissen entspricht, die sich
        aus der besonders schwierigen Situation für Menschen
        mit Behinderungen daraus ergibt, dass sie ihre Existenz
        aufgrund der Arbeitsmarktsituation nur selten durch ei-
        gene Erwerbstätigkeit sichern und sich so am Leben der
        Gesellschaft beteiligen können.
        Meine Stimmenthaltung zu dem von der Bundesregie-
        rung vorgelegten Gesetz begründe ich daher wie folgt:
        Erstens. 37,9 Prozent aller beschäftigungspflichtigen
        Arbeitgeber beschäftigen gegenwärtig überhaupt keinen
        einzigen Arbeitnehmer und zahlen stattdessen pro nicht
        besetzten Arbeitsplatz jeden Monat 200 DM als Aus-
        gleichsabgabe, die als Betriebsausgabe steuerlich geltend
        gemacht werden kann. Die nahezu doppelt so hohe Ar-
        beitslosenrate von Schwerbehinderten steht im Gegensatz
        zu Geist und Buchstaben des Diskriminierungsverbots
        von Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes.
        Zweitens. Das Gesetz soll dazu beitragen, dieser Aus-
        grenzung von Menschen mit Behinderungen in einem
        Kernbereich der Gesellschaft entgegenzuwirken. Dieser
        Ansatz ist zu begrüßen. Doch in der Umsetzung zeigen
        sich erhebliche Mängel und Unklarheiten. Bereits die
        Zielstellung bleibt hinter dem verkündeten Anspruch
        zurück.
        Im Text des Gesetzes – Art. 1 – geht es darum, „die
        Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten“ zum Oktober
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11037
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        2002 um mindestens 25 Prozent zu verringern. In der Be-
        gründung zum Gesetzentwurf wird dagegen als Ziel for-
        muliert, „etwa 50 000 arbeitslose Schwerbehinderte kurz-
        fristig möglichst dauerhaft auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
        einzugliedern“. Wir brauchen mindestens 50 000 voll-
        wertige Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen,
        aber keine potemkinschen Dörfer. Es ist allgemein be-
        kannt, dass viele Betroffene über Berufsunfähigkeit und
        Frühverrentung aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen
        werden.
        Drittens. Eine Neuordnung des Systems von Beschäf-
        tigungspflicht und Ausgleichsabgabe ist in der Tag not-
        wendig. Aber die Absenkung der Beschäftigungspflicht-
        quote von 6 auf 5 Prozent ist das falsche Signal an die
        Arbeitgeber – selbst wenn sie nur zeitlich befristet und
        für den Fall der Nichterreichung der von der Regierung
        definierten Ziele angewendet werden soll. Jetzt heißt es,
        5 Prozent seien eine „realistische“ Quote. Und wenn die
        Besserung nicht eintritt – denn die Regierung kann ja die
        Einstellung von Schwerbehinderten nicht erzwingen –
        heißt es dann, dass eben die 5 Prozent unrealistisch wa-
        ren? Wird man dann den Arbeitgebern über 4 Prozent „an-
        bieten“, weil dies dann eben „leider realistischer“ ist als
        eine Pflichtquote von 6 Prozent?
        Die Absenkung der Pflichtquote ist auch im öffentli-
        chen Dienst ein völlig falsches Signal, da somit seine in
        Teilbereichen vorhandene Vorbildwirkung ohne Not ge-
        schwächt wird. Denn nur bei den Arbeitgebern des Bun-
        des wird die Pflichtquote von 6 Prozent übertroffen. In
        den Behörden der Länder und erst recht in vielen Kom-
        munen besteht erheblicher Nachholbedarf. Gerade im Be-
        reich des öffentlichen Dienstes sollte die Pflichtquote eher
        noch angehoben werden.
        Eine im Gesetz vorgesehene Staffelung der Aus-
        gleichsabgabe ist im Ansatz richtig, aber viel zu niedrig in
        der Ausgestaltung. Sie bleibt eine milde Abgabe und ist
        auch mit der jetzigen Staffelung keine wirkliche Sanktion
        für die Arbeitgeber, die sich vor ihrer Pflicht drücken. Da-
        her hatte die PDS – ausgehend von den in der Anhörung
        zum Gesetz von Gewerkschaften und Behindertenverbän-
        den unterbreiteten Forderungen – in einem Änderungsan-
        trag vorgeschlagen, sie dort einsetzen, wo die Regierung
        aufhört, nämlich bei mindestens 500 DM, und sie dann
        mit 750 und 1 000 DM weiter zu staffeln. Aufgrund der
        im Gesetz vorgesehenen Kleinbetrieberegelung würden
        die kleinen und mittleren Unternehmen nicht erheblich
        mehr belastet als bisher.
        Viertens. Ich begrüße, dass die Regierung in ihrem Ge-
        setzentwurf erstmals eine langjährige Forderung der Be-
        hindertenverbände aufgreift und einen Rechtsanspruch
        auf Arbeitsassistenz festschreibt. Damit könnten neue
        Möglichkeiten geschaffen werden, eine stärkere Beteili-
        gung von Behinderten an Erwerbstätigkeit zu sichern. Zu-
        gleich deuten sich im Gesetzentwurf Einschränkungen an,
        zum Beispiel wird der Anspruch auf Übernahme von Kos-
        ten auf die – wörtlich – „notwendige Arbeitsassistenz“ be-
        zogen. Wer definiert hier für wen, was notwendig ist? Die
        PDS hatte daher vorgeschlagen, dass die notwendige Ar-
        beitsassistenz bedarfsdeckend sein sollte. Damit perso-
        nale Arbeitsassistenz auf einem hohen Niveau greifen
        kann, wurden in einem Änderungsantrag der PDS konkret
        fassbare Kriterien vorgeschlagen, die das Wunsch- und
        Wahlrecht der Betroffenen sichern sollen. Auch dieser
        Vorschlag fand keine Berücksichtigung.
        Fünftens. Mit ihrem Gesetz verpassen Koalition und
        Bundesregierung die Chance zu weitergehenden Reform-
        schritten. So wurde es versäumt, von dem inzwischen an-
        tiquierten Behindertenbegriff abzugehen und ein moder-
        nes Verständnis dieses Begriffs einzuführen. Noch immer
        werden durch die Grenzziehung „anerkannter Grad der
        Behinderung von 50 Prozent“ viele Betroffene unterhalb
        der Schwerbehinderung ausgeschlossen. Versäumt wurde
        auch eine konsequentere Ausweitung von Mitbestim-
        mungsrechten, so positiv die vorgesehenen Integrations-
        vereinbarungen auch sein mögen, sofern sie denn greifen.
        Integrationsvereinbarungen können ein Fortschritt sein,
        solange sich Arbeitgeber daran halten. Denn wenn sie es
        nicht tun, hat dieses Verhalten für sie keine Folgen. Hinzu
        kommt die Anbindung der betrieblichen Integrationspla-
        nung an die Existenz von Schwerbehindertenvertretungen
        oder – falls solche nicht bestehen – von Betriebsräten.
        Praktisch bedeutet dies, dass es in Ostdeutschland im Be-
        reich der privaten Wirtschaft nur sehr punktuell zu be-
        trieblichen Integrationsplanungen kommen wird.
        Das Gesetz stärkt die Chancengleichheit für Frauen
        und Männer mit Behinderungen nur unzureichend. Des-
        halb habe ich mich bei der Abstimmung enthalten.
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegeben Rede
        zurAktuellen Stunde: Regelmäßige Kontakte im
        Vorfeld von Zeugenvernehmungen im 1. Unter-
        suchungsausschuss des Deutschen Bundestages
        zwischen Untersuchungsausschussmitgliedern
        und dem Zeugen Dr. Kohl (Zusatztagesord-
        nungspunkt 16)
        Dr. Wolfgang Bötsch (CDU/CSU): Mit dem gegen-
        wärtigen Theaterdonner im Untersuchungsausschuss und
        nun auch im Plenum des Deutschen Bundestags versucht
        die SPD, von ihrem eigenen Dilemma abzulenken. Unter
        großem Bohai wird ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet,
        weil man beim eigentlichen Untersuchungsthema nicht
        vorankommt, weil der so überaus erfolgreichen Regie-
        rung Kohl eine Käuflichkeit von Regierungsentscheidun-
        gen nicht nachgewiesen werden kann, weil es sie auch gar
        nicht gab.
        Die Empörung der Sozialdemokraten ist umso mehr
        eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, als der Obmann
        unserer Fraktion im Untersuchungsausschuss niemals ei-
        nen Zweifel daran gelassen hat, dass er mit Herrn
        Dr. Kohl in Kontakt steht. Er hat selbstverständlich auch
        den Obmann der SPD darüber informiert. Zum anderen
        standen die sozialdemokratischen Mitglieder des Aus-
        schusses, selbst ständig im Kontakt mit dem Zeugen
        Dr. Peter Struck und ich möchte nicht wissen, welches
        Drehbuch hierbei abgesprochen wurde.
        Überhaupt täuschen die Sozialdemokraten sich und die
        Öffentlichkeit darüber, was ein Untersuchungsausschuss
        überhaupt zu leisten vermag. Gewiss sind Untersu-
        chungsausschüsse im Grundgesetz besonders erwähnt
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011038
        (C)
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        und mit besonderen Rechten ausgestattet. Gleichwohl
        bleiben sie Untergliederungen des Deutschen Bundesta-
        ges und sind – nach wie vor – Mittel der politischen Aus-
        einandersetzung.
        Untersuchungsausschüsse haben die Aufgabe, Sach-
        verhalte im Streit der politischen Parteien aufzuklären.
        Sie üben dadurch parlamentarische Kontrolle aus. Das
        Verfahren im Untersuchungsausschuss ist aber ein politi-
        sches Verfahren, das in der Auseinandersetzung mit den
        politischen Argumenten der Gegenseite seinen Sinn fin-
        det. Es wird durch die Interessen der Fraktionen geprägt,
        bei denen die Mitglieder des Ausschusses als Politiker,
        nicht aber als Richter auftreten. Deshalb haben die Mit-
        glieder auch keine richterliche Funktion und keine rich-
        terliche Unabhängigkeit.
        Deshalb sind auch die Kontakte meiner Kollegen mit
        unserem Altbundeskanzler Dr. Kohl nicht zu beanstan-
        den, zumal sie erwiesenermaßen nicht unlauteren Abspra-
        chen über Zeugenaussagen gedient haben.
        Würde man die Maßstäbe der Befangenheit eines
        Richters an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses
        anlegen, hätte der Vorsitzende des Ausschusses, unser
        Kollege Neumann, schon nach den ersten Sitzungen sei-
        nen Hut nehmen müssen. Kein Vorsitzender Richter hätte
        mit einem so wichtigen Zeugen wie dem Herrn Schreiber
        im stillen Kämmerlein über dessen Kenntnisse telefonie-
        ren dürfen, ohne sofort von seinem Amt entbunden wor-
        den zu sein.
        Nein, wir sind mit dem Untersuchungsausschuss im
        Verfahren der politischen Auseinandersetzung, was ge-
        rade auch die Aktuelle Stunde heute beweist. Es geht um
        die großen Erfolge von 16 Jahren der Regierung Kohl,
        welche die Sozialdemokraten kleinreden, ja tilgen wollen.
        Wer selbst keine Erfolge nachweisen kann, kann sie bei
        einem anderen nicht ertragen, schon gar nicht beim poli-
        tischen Gegner.
        Anlage 6
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        Änderung des Rechts an Grundstücken in den
        neuen Ländern (Grundstücksrechtsänderungs-
        gesetz) (Tagesordnungspunkt 23 a)
        Hans-Joachim Hacker (SPD): Mit dem vorliegen-
        den Entwurf eines Grundstücksrechtsänderungsgesetzes
        nimmt der Gesetzgeber heute Klarstellungen vor, die für
        die Betroffenen von erheblicher Bedeutung sind. Die Re-
        gelungen stehen in der Kontinuität der Gesetzgebung seit
        der deutschen Einheit. Die Koalitionsfraktionen beweisen
        mit diesem Gesetzentwurf, dass sie alles Erforderliche
        tun, um in den neuen Ländern Rechtsklarheit und Rechts-
        frieden auf dem Gebiet der Vermögensfragen zu schaffen.
        Ich kann die Opposition daher nur auffordern, unserem
        Gesetzentwurf zuzustimmen.
        Ich kann nur auf einige Aspekte des Gesetzentwurfes
        eingehen. Ich meine jedoch, dass gerade die von mir an-
        gesprochenen Themen von außerordentlicher Bedeutung
        sind.
        Ausgangspunkt für das Gesetzgebungsverfahren war
        die Umsetzung des vom Bundesverfassungsgericht erteil-
        ten Auftrages, für den Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum
        31. Dezember 1994 dem Grundstückseigentümer bei
        Fremdnutzung einen Nutzungsentgeltanspruch zu ver-
        schaffen. Diesen Auftrag erfüllen wir mit diesem Gesetz
        und haben, einer guten Tradition des Deutschen Bundes-
        tages folgend, nach der Anhörung vom Montag dieser
        Woche noch einige Präzisierungen vorgenommen, die be-
        reits in den Ausschusssitzungen ausführlich erörtert wor-
        den sind. Es geht hierbei zum einen um die Frage, unter
        welchen Umständen der Grundstückseigentümer auch für
        die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. März 1995 einen
        Nutzungsentgeltanspruch erwirbt. Zum anderen geht es
        darum, welcher Stichtag bei der Bemessung des zugrunde
        zu legenden Grundstückswertes herangezogen wird. Die
        Bestimmung des Entgeltes nach dem Bodenwert und dem
        Restwert eines überlassenen Gebäudes zum 22. Juli 1992
        ist sachgerecht und verhindert Streit zwischen den Part-
        nern. So sehr ich für vereinfachende Regelungen bin,
        muss doch auch an dieser Stelle nochmals nachdrücklich
        der PDS-Vorschlag zurückgewiesen werden, der eine
        Pauschalierung des Entgeltes für alle betroffenen Rechts-
        verhältnisse vorsah. Dieser Vorschlag ist lebensfremd und
        vernachlässigt völlig marktwirtschaftliche Überlegungen.
        Denn wie kann man allen Ernstes den Nutzungsentgelt-
        anspruch für ein Grundstück in Berlin-Mitte mit dem An-
        spruch für ein Grundstück in einem strukturschwachen
        Landkreis in den neuen Ländern vergleichen?
        Die Regelung zu Artikel 233 § 2 a EGBGB bezüglich
        des Nutzungsentgeltanspruches ist verbunden worden mit
        der Klärung weiterer Fragen. Uns kam es darauf an, klar-
        zustellen, dass die von den Nationalsozialisten verfolgten
        und enteigneten Gewerkschaften, so wie das Vermögens-
        gesetz es vorsieht, in ihre früheren Rechte eingesetzt wer-
        den. Die ausdrückliche Regelung, wonach die gewerk-
        schaftlichen Nachfolgeorganisationen ihre Ansprüche
        unmittelbar oder mittelbar auf gewerkschaftliche Immo-
        bilienverwaltungsgesellschaften abtreten können, führt
        zu einer Gleichbehandlung mit anderen verfolgten Grup-
        pen aus der Zeit von 1933 bis 1945. Wer diese Gleichstel-
        lung will, der muss auch die Kraft aufbringen, den ge-
        werkschaftlichen Organisationen im Investitionsvorrang-
        verfahren die Rechte eines Beteiligten einzuräumen.
        Diese Verfahrensweise, die in der Praxis schon so ge-
        handhabt wird, muss eine konkrete Rechtsgrundlage be-
        kommen. Damit es klar ist: Wir schaffen hier keine neuen
        Restitutionsansprüche, diese ergeben sich bereits aus der
        geltenden Fassung des § 1 Absatz 6 Vermögensgesetz.
        Daher ist es für mich völlig unverständlich, dass die Op-
        position an dieser Stelle blockiert. CDU/CSU, F.D.P. und
        PDS wollen mit ihren Forderungen die gewerkschaft-
        lichen Rückerstattungsrechte, die sich im Übrigen aus
        dem Zwei-plus-Vier-Vertrag ableiten, beschneiden.
        Völlig abwegig ist es, die Rückerstattungsansprüche
        der NS-Verfolgten, zu deren Rechtsgrundlagen ich bereits
        Ausführungen gemacht habe, mit den Restitutionsan-
        sprüchen der DDR-Geschädigten gleichzusetzen. Unver-
        ständlich ist für mich, dass sich die PDS dieser Argu-
        mentation anschließt, tritt sie doch sonst nach ihrem
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11039
        (C)
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        Selbstverständnis als antifaschistische Partei auf, die
        demzufolge auch die Vermögensinteressen der Naziopfer
        vertreten müsste. Hier hat wohl wieder ihre taktische
        Überlegung gesiegt, aktuellen Forderungen von Interes-
        sengruppen nachzugehen, ohne die rechtlichen Grund-
        lagen zu berücksichtigen.
        Eine weitere wichtige rechtliche Klarstellung im Ge-
        setzentwurf ist darin zu sehen, dass die Frage der Erlan-
        gung von Gebäudeeigentum durch LPG geregelt wird. Im
        bisherigen Gesetzestext gab es hier Unebenheiten. Klar ist
        nun, dass diese Betriebe selbstständiges Eigentum nur an
        von ihnen errichteten Gebäuden erlangt haben. Mit dieser
        Regelung greifen wir im Übrigen die damalige Rechts-
        lage in der DDR auf.
        Insbesondere nach einem Gespräch mit Herrn Parla-
        mentarischen Staatssekretär Dr. Thalheim möchte ich auf
        folgenden Punkt hinweisen: Die Klarstellung zur Begrün-
        dung von Gebäudeeigentum für LPG kann nicht dazu
        führen, dass werthaltige bauliche Investitionen und von
        den LPG bei Rechtsträgerwechsel am Grundstück ge-
        zahlte Ablösebeträge für den Zeitwert der baulichen In-
        vestition in der Zukunft bei Veräußerungen der Grund-
        stücke unberücksichtigt bleiben. Der Rechtsanspruch für
        die Auskehrung entsprechender Forderungsbeträge ergibt
        sich meines Erachtens zweifelsfrei aus den allgemeinen
        Vorschriften der §§ 812 ff. BGB sowie den Regelungen
        des § 7 Abs. 2 Vermögensgesetz. Dies ist jedenfalls die In-
        tention, die für mich maßgeblich ist.
        Dringend notwendig ist auch die im Gesetzentwurf
        enthaltene Klarstellung im EGBGB bezüglich des Über-
        gangs volkseigener Forderungen Grundpfandrechte und
        Verbindlichkeiten auf Kreditinstitute in der neuen Rechts-
        form.
        Sie sehen, wir haben einen in sich schlüssigen Gesetz-
        entwurf vorgelegt. Ich bitte sie um Zustimmung in der
        zweiten und dritten Lesung.
        Andrea Voßhoff (CDU/CSU): Mit der vorliegenden
        Initiative stellen die Regierungsfraktionen heute ein Ge-
        setz zur Abstimmung, das den ebenso unscheinbaren wie
        komplizierten Namen „Grundstücksrechtsänderungsge-
        setz“ trägt. In erster Linie soll es – so die Regierungsfrak-
        tionen – einen Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfas-
        sungsgerichtes umsetzen. Er sieht deshalb auch vor, dass
        Grundstückseigentümer in den neuen Ländern einen ge-
        setzlichen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentgelten
        durch den jeweiligen zum Besitz des Grundstücks Be-
        rechtigten auch für den Zeitraum von Juli 1992 bis
        31. März 1995 erhalten sollen.
        Diesen Handlungsauftrag hat man dann genutzt, im
        Huckepackverfahren gleich noch einige andere Änderun-
        gen und Ergänzungen im Vermögensgesetz, in der Grund-
        buchbereinigung und in den Übergangsvorschriften des
        EGBGB vorzunehmen. In der Begründung heißt es dazu
        unter anderem – ich zitiere auszugsweise – „Bei der Be-
        wältigung der mit dem Immobilienrecht der neuen Länder
        im Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten haben sich
        in der rechtlichen Praxis verschiedene Bedürfnisse für
        größtenteils technische Änderungen ... herausgebildet“.
        Soweit so gut und nicht zu beanstanden.
        Soweit sich der Entwurf also mit diesen Vorgaben be-
        fasst, haben wir auch schon in der Ausschussberatung un-
        sere Zustimmung signalisiert und deutlich gemacht, dass
        wir die rechtstechnischen und durch die Rechtsprechung
        notwendig gewordenen Klarstellungen mittragen. Eine
        Einschränkung müssen wir hierbei in Auswertung der An-
        hörung am Montag allerdings noch machen und darauf
        habe ich bereits in der Ausschusssitzung hingewiesen. So-
        wohl bei der rechtstechnischen Umsetzung als auch bei
        der endgültigen Festlegung der Höhe des mit dieser Ini-
        tiative neu zu schaffenden gesetzlichen Anspruchs des
        Grundstückseigentümers auf Zahlung eines Nutzungsent-
        gelts im Rahmen des sachenrechtlichen Moratoriums für
        die Zeit von 1992 bis 1994 bzw. 1995 hat die Anhörung
        überdeutlich gezeigt, dass hier noch rechtstechnische
        Mängel bestehen.
        Auch wenn wir den Regelungsansatz über den redu-
        zierten Erbbauzins als rechtssystematisch richtig ansehen
        und Sie nach der Anhörung noch Korrekturen vorgenom-
        men haben, sind diese für uns nicht ausreichend. Zur ab-
        schließenden Klärung der am Montag deutlich geworde-
        nen Bedenken zur Frage der Auswirkungen auf bereits ab-
        geschlossene Bereinigungsfälle, zu Fragen der klaren und
        vor Fehlinterpretationen geschützten Formulierungen
        hätten wir uns ein zeitlich solideres Beratungsverfahren
        gewünscht. Der frühere Bundespräsident Herzog hat ein-
        mal von einem Ruck gesprochen, der durch die Gesell-
        schaft gehen soll. Von einem Hauruck hat er nichts gesagt.
        Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktio-
        nen, an Ihre Art und Weise Gesetze durchzupauken, sind
        wir ja bereits gewöhnt. Bei dieser so komplexen Materie
        eine von uns beantragte Anhörung so kurzfristig anzube-
        raumen und ohne Vorlage der Anhörungsprotokolle be-
        reits zwei Tage danach abschließend zu beraten, lässt für
        uns nur den Schluss zu, ein Gesetz durchpauken zu wol-
        len, komme, was da wolle. Im Interesse der Betroffenen
        werden wir daher dazu unsere Hand nicht reichen.
        Ihre Argumentation, der Gesetzgebungsauftrag hätte
        bereits zum 30. Juni dieses Jahres umgesetzt sein müssen,
        ändert daran auch nichts. Ich kann dem nur entgegnen:
        Warum haben wir uns dann nicht früher in diesem Hohen
        Hause damit beschäftigt?
        Zu den inhaltlichen Kritikpunkten, weshalb wir dem
        Entwurf nicht zustimmen, zählt Ihre beabsichtigte Privi-
        legierung der Gewerkschaften. Der sehr geschätzte Kol-
        lege Wolfgang von Stetten hat daher dieser Initiative dann
        auch sehr schnell den wahren Namen gegeben. Er nennt
        es schlicht ein „Gewerkschaftsvermögensvermehrungs-
        gesetz“. Ja, meine Damen und Herren, diese Bezeichnung
        müssen Sie sich angesichts des Inhaltes schon gefallen
        lassen. Und wenn Sie uns diese verbale Bewertung als op-
        positionelle Polemik vorwerfen sollten, dann darf ich
        doch an dieser Stelle an die Anhörung zu diesem Gesetz
        am vergangenen Montag erinnern. Der nahezu einstim-
        mige Appell der Sachverständigen in der Anhörung am
        vergangenen Montag müsste Ihnen doch eigentlich noch
        im Ohr klingen.
        Sie begründen Ihre Initiative der politisch gebotenen
        Gleichstellung der gewerkschaftlichen Nachfolgeorgani-
        sationen und deren Immobiliengesellschaft BIO mit der
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011040
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        Jewish Claims Conference against Germany GmbH bei
        der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Vermö-
        gensgesetz mit dem historischen Ansatz der nationalsozi-
        alistischen Verfolgung und den daraus resultierenden Re-
        gelungen im Vermögensgesetz. Weil die BIO nach Ihrer
        Darstellung ähnlich wie die JCC GmbH ausschließlich
        zum Zwecke der besseren Durchsetzung von Restituti-
        onsansprüchen und nicht zu deren Verwertung gegründet
        worden sei, wollen Sie der BIO die Erleichterungen zu-
        kommen lassen, die der JCC GmbH vom Gesetzgeber bei
        der Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen zuge-
        billigt wurden. Sie sprechen dabei von der Erleichterung
        der Abwicklung von Ansprüchen. Wovon Sie nicht spre-
        chen, meine Damen und Herren von der Regierungsfrak-
        tion, ist, dass die Wirkungen dieser Erleichterungen eine
        massive Konzentration der Anspruchsdurchsetzung sind,
        die im Lichte der schwierigen wirtschaftlichen Situation
        gerade auch der regionalen Wohnungsbaugesellschaften
        zu einer erheblichen Beeinträchtigung der regionalen In-
        vestitionstätigkeit führt. Ich denke, die praktischen Erfah-
        rungen der Vertreter in der Anhörung haben dies über-
        deutlich gemacht.
        Sie müssen sich aber auch die Frage gefallen lassen,
        wieso Sie diesen Freifahrtschein für die gewerkschaftli-
        che Immobiliengesellschaft nicht auch anderen Restituti-
        onsberechtigten zukommen lassen wollen. Das mit dieser
        Regelung in bestimmten – nicht unwahrscheinlichen –
        Sachverhaltskonstellationen der BIO in konzentrierter
        Form finanzielle Ansprüche erwachsen, erwähnen Sie
        nicht. Ist nämlich die BIO künftig Beteiligte am Investiti-
        onsvorrangsverfahren und erreicht sie es in dieser Funk-
        tion, dass eine Veräußerung an einen investitionsbereiten
        Dritten nicht stattfindet, dann kann sie die Mieterlösaus-
        kehr beanspruchen.
        Aber auch die Suspendierung von der Beurkundungs-
        pflicht bei der Übertragung von Ansprüchen auf die BIO
        ist nicht nachvollziehbar. Sie wissen, dass der Beurkun-
        dung – als der wichtigsten und strengsten Formvor-
        schrift – eine außerordentliche Bedeutung zukommt, die
        im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit
        nicht durch Ausnahmeregelungen durchbrochen werden
        sollte. Wenn von diesem Grundsatz einmalig für die JCC
        eine Ausnahme gemacht wurde, dann ist dies ausschließ-
        lich in der Verbindung mit dem internationalen Pri-
        vatrecht zu sehen. Dieser Ausnahmegrund kann jedoch
        für die BIO nicht gelten.
        In Ihrer Initiative ist weiter vorgesehen, dass zur Rea-
        lisierung der Ansprüche nach § 3 VermG eine Bündelung
        der Anteile zulässig sein soll, die für sich gesehen nicht
        das gesetzlich vorgeschriebene Quorum erreichen würden
        und deshalb einzeln auch nicht geltend gemacht werden
        könnten. Zu Recht hat Herr Staatssekretär Dr. Pick darauf
        hingewiesen, dass diese Bündelung der Anteile, die die
        20-Prozent-Hürde überbrückt, in der Gesetzesformulie-
        rung nicht allein für die Gewerkschaften gilt, sondern
        auch für alle Rechtsnachfolger. Gleichwohl dürften fak-
        tisch die Gewerkschaften Hauptbegünstigte dieser Rege-
        lung sein.
        Dies lässt sich sicher noch damit begründen, dass die
        Gewerkschaften eben auch Kleinanteile an den Unter-
        nehmen hatten, die zwischenzeitlich heute in der Hand
        der BIO sind. Aber Sie müssen dann auch die Frage be-
        antworten, wieso Sie mit dieser Initiative die Tür zur Gel-
        tendmachung der gebündelten Ansprüche mit In-Kraft-
        Treten dieses Gesetzes auch gleich wieder zumachen
        wollen, also einen Stichtag einführen wollen? Miss-
        brauchsverhinderung und die Vermeidung der Gefahr der
        Zersplitterung von Unternehmen sind sicher berechtigte
        Gründe. Die Konsequenz dieser Regelung – ich darf das
        einmal salopp ausdrücken: Tür auf, Gewerkschaften rein,
        Tür wieder zu – halte ich im Lichte unserer Verfassung
        für nicht tragbar.
        Im Übrigen darf ich an dieser Stelle auf die erheblichen
        verwaltungstechnischen Umsetzungsprobleme hinweisen,
        die ja auch in der Anhörung sehr deutlich wurden. Die Sta-
        tements in der Anhörung waren ja nahezu schon Appelle,
        die Abwicklung der Restitutionsansprüche dadurch nicht
        noch zusätzlich und auch noch erheblich zu verkompli-
        zieren. Jede Investitionsbremse, die jetzt noch zusätzlich
        in das Vermögensgesetz Einzug halten soll, erschwert den
        Fortgang der Abwicklung vermögensrechtlicher An-
        sprüche. Dem können wir nicht zustimmen.
        Lassen Sie mich abschließend noch auf unseren Antrag
        auf Drucksache 14/1003 eingehen, in dem wir Sie auffor-
        dern, die Entschädigungspflicht nach dem Vermögensge-
        setz bei der Einziehung von beweglichen Sachen zu re-
        geln. An der Drucksachennummer können Sie erkennen,
        dass dieser Antrag mehr als ein Jahr alt ist. Hin- und her-
        geschoben wurde die Umsetzung unserer Initiative: erst
        als Annex im Vermögensrechtsergänzungsgesetz, das
        heute gleich im Anschluss beraten wird; dann fand sie sich
        kurzfristig in diesem Artikelgesetz und seit Mittwoch fin-
        den sich die Entschädigungsregelungen wieder im Ver-
        mögensrechtsergänzungsgesetz. Dies zeigt beispielhaft
        Ihren Umgang mit Gesetzesinitiativen.
        Zu dem Inhalt unserer Initiative wird gleich noch der
        Kollege von Stetten einige Ausführungen machen.
        Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Das Artikelgesetz bringt Änderungen und Korrek-
        turen für verschiedene andere Gesetze zur Regelung von
        Vermögensfragen nach der deutschen Vereinigung in der
        ehemaligen DDR. Wieder mal folgt der Bundestag damit
        in einigen Bereichen den Vorgaben des Bundesverfas-
        sungsgerichts. Das betrifft insbesondere den Artikel 233
        § 2 a EGBGB.
        Bis zum 30. Juni 2000 soll eine Regelung geschaffen
        werden, die Grundstückseigentümern Nutzungsentgelt
        auch für die Zeit vom 22. Juli 1992 bis 31. März 1995 zu-
        gesteht. Bisher war das anders geregelt. Aus gutem
        Grund, wie der Bundestag bei Erlass des Gesetzes meinte.
        Das Bundesverfassungsgericht war anderer Meinung und
        sah darin einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz
        des Eigentums. Selbstverständlich kommen wir der Ent-
        scheidung des höchsten deutschen Gerichts nach und ge-
        ben nunmehr den Grundstückseigentümern auch für diese
        Zeitspanne einen Anspruch auf Nutzungsentgelt, auch
        wenn es schwerfällt, weil viele Nutzer nun mit erhebli-
        chen Nachzahlungen rechnen müssen. Aber es führt kein
        Weg daran vorbei. Die Entscheidung des Gerichts ist für
        das Parlament bindend.
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11041
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        Die Höhe dieses Anspruchs richtet sich nach den Re-
        gelungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes zu den
        Erbbauzinsen. Allerdings muss der Anspruch innerhalb
        von zwei Jahren geltend gemacht werden. Sonst verjährt
        er. Damit soll möglichst rasch Rechtssicherheit geschaf-
        fen werden. Die redlichen Nutzer von Grundstücken sol-
        len bald wissen, was auf sie zukommt und nicht nach wei-
        teren Jahren plötzlich mit der hohen Nachzahlung kon-
        frontiert werden. So weit wird die Opposition zustimmen.
        Anders ist es mit der Änderung des Vermögensgeset-
        zes in Art. 1 unseres Grundstücksrechtsänderungsgeset-
        zes. Hierzu hat auch eine besondere Anhörung stattge-
        funden.
        Um die Abwicklung ihrer Ansprüche nach dem Ver-
        mögensgesetz zu erleichtern, soll die Jewish Claims
        Conference ihre Rechte auf die gleichnamige GmbH ein-
        fach schriftlich übertragen können. Das ist noch unstrit-
        tig. Anders ist es mit der entsprechenden Regelung für
        die gewerkschaftlichen Nachfolgeorganisationen. Sie
        sollen ebenso erleichtert ihre Ansprüche auf die BGAG
        Immobilien Ost übertragen können. Damit tragen wir ei-
        nem Anliegen der Gewerkschaften Rechnung. Das ist
        gerechtfertigt. Denn diese gewerkschaftliche GmbH
        wurde aus-schließlich, wie auch die Jewish Claims Con-
        ference GmbH, zur besseren Durchsetzung von Restitu-
        tionsansprüchen gegründet, nicht zu deren Verwertung
        durch Verkauf an Dritte und damit nicht zur Gewinn-
        erzielung.
        Vor allem aber hat die rechtliche Situation, die es zu re-
        geln gilt, ihren Ursprung in der NS-Zeit. Sie ist insoweit
        vergleichbar der der Ansprüche, deren Durchsetzung die
        Jewish Claims Conference zur Aufgabe hat. Diese Be-
        sonderheit eines Verfolgungstatbestandes rechtfertigt es,
        die Gewerkschaften in gewissem Maße zu privilegieren
        gegenüber anderen Unternehmen. Wichtig ist, dass mit
        der Regelung kein eigener Rechtsanspruch geschaffen
        wird, sondern nur eine Beteiligungsmöglichkeit am In-
        vestitutionsvorrangverfahren. Allerdings gibt es hier eine
        Einschränkung, dass die Beteiligung am Investitutions-
        vorrangverfahren nur dann gilt, wenn zurzeit des In-
        Kraft-Tretens des Gesetzes noch keine endgültige Ver-
        waltungsentscheidung getroffen wurde. Wenn CDU/CSU
        und F.D.P. hierin eine unzulässige Bevorzugung der Ge-
        werkschaften sehen wollen und dahinter gar eine Klien-
        telbedienung zu entdecken glauben, dann kann ich solche
        Vorwürfe für die Fraktion der Bündnisgrünen nur ent-
        schieden zurückweisen. Wir haben keinen Grund einer
        besonderen Klientelbedienung. Und die Argumente, die
        Regelung auch auf die gewerkschaftliche GmbH auszu-
        dehnen, überzeugen. Sie sind ein ausreichender Grund, ei-
        nen Unterschied zur Regelung für andere Unternehmen
        zu machen. Wenn Unternehmen, für die entsprechende
        Voraussetzungen gegeben sind, solche Anliegen an uns
        herantragen, sind wir gern bereit, diese zu prüfen und viel-
        leicht geeignete Veränderungen zu ergänzen, wenn die Si-
        tuation wirklich voll vergleichbar ist.
        Die Regelungen zur Aufteilung der Rechte an Vermö-
        gen und insbesondere Grundstücken aus der Hinterlas-
        senschaft der DDR werden immer komplizierter, unver-
        ständlicher und auch unübersichtlicher. Das heute zu ver-
        abschiedende Gesetzeswerk ist ein Beispiel dafür. Die
        Änderungen sind aber unvermeidbar, wenn es gilt, Ent-
        scheidungen des Verfassungsgerichts nachzukommen.
        Sie sind auch notwendig, um mehr Gerechtigkeit zu
        schaffen und die gegensätzlichen Interessen besser auszu-
        gleichen.
        Die Regelungen sind für viele Menschen häufig von
        existenzieller Bedeutung. Es geht zum Beispiel um ge-
        werkschaftliches Wohnungsvermögen. Von der heute zu
        verabschiedenden Regelung können mehr als 6 000 Woh-
        nungen betroffen sein.
        Auch wenn kaum noch jemand durchblickt: Verab-
        schieden wir das richtige Gesetz noch heute vor der Som-
        merpause. Viele in der ehemaligen DDR warten darauf,
        die einen mehr bangend, die anderen mehr hoffend.
        Rainer Funke (F.D.P.): Dieser Gesetzentwurf ist
        wahrlich kein Meisterstück und wimmelt von handwerk-
        lichen Mängeln. Nicht nur, dass die vom Bundesverfas-
        sungsgericht vorgeschriebenen Fristen vom 30. Juni die-
        ses Jahres hinsichtlich der Entgeltlösung nicht eingehal-
        ten werden können, sondern auch die gleichzeitige
        Umgestaltung dieser notwendigen gesetzlichen Änderung
        zu einem Artikelgesetz, in dem Wichtiges und Unwichti-
        ges, formelles und materielles Recht durcheinander gere-
        gelt werden, ist nicht gelungen.
        Ich will im Einzelnen nicht auf die Art. 2 bis 7 einge-
        hen. Mit diesen Regelungen, insbesondere hinsichtlich
        des Nutzungsentgeltes, ist, glaube ich, eine tragfähige Lö-
        sung gefunden worden, auch wenn die betreffenden Ver-
        bände in der Anhörung zum Teil massive Kritik geäußert
        haben. Ich will aber auch zum Zustandekommen dieses
        Artikelgesetzes sagen, dass vor zwei Sitzungswochen die-
        ser Gesetzentwurf von den Koalitionsfraktionen holter-
        diepolter eingebracht worden ist. Offensichtlich weil das
        Bundesjustizministerium nicht in der Lage war, ein Ge-
        setz rechtzeitig durch Kabinettsbeschluss zu verabschie-
        den und den Weg ordnungsgemäß über den Bundesrat zu
        beschreiten. Der Gesetzentwurf sollte schnell durchge-
        peitscht werden, im Übrigen mit dem inzwischen zurück-
        genommenen Ansinnen, noch Änderungen zum Vermö-
        gensrechtsänderungsgesetz vorzunehmen. Auf Interven-
        tion der Oppositionsparteien hat eine Anhörung
        stattgefunden, die ergeben hat, dass erhebliche Beden-
        ken, insbesondere hinsichtlich Art. 1, der gravierenden
        Bevorzugung der Gewerkschaften, bestehen.
        Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum den Ge-
        werkschaften gegenüber anderen gesellschaftlichen Kräf-
        ten oder auch Bürgern bessere Rechtspositionen hinsicht-
        lich des Vermögens, was sie unter der Naziherrschaft ver-
        loren haben, eingeräumt werden sollen. Dies gilt auch für
        die Frage des § 313 BGB. Mit anderen Worten: Warum
        sollen entsprechende grundbuchliche Vorgänge für Ge-
        werkschaften ohne Inanspruchnahme eines Notars beur-
        kundet werden? Zu Recht haben wir den Formzwang des
        § 313 BGB für alle grundbuchlichen Vorgänge vorge-
        geben.
        Die Rechtstellung aller gesellschaftlichen Kräfte muss
        gleich sein und deswegen habe ich erhebliche verfas-
        sungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Bevorzugung
        einer gesellschaftlichen Gruppierung. Aber offensichtlich
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011042
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        hat im politischen Leben alles seinen Preis. Die Römer ha-
        ben dafür das Sprichwort: Manus manum lavat.
        Dr. Evelyn Kenzler (PDS): Die Art und Weise wie
        Einzelregelungen offener Vermögensfragen in der letzten
        Woche vor der Sommerpause durch den Bundestag gejagt
        werden, halte ich, offen gesagt, für unwürdig. So sollten
        Gesetzgebungsverfahren im Interesse der Solidität unse-
        rer Arbeit nicht gehandhabt werden. Ich habe zwei Be-
        merkungen zu dem Entwurf zu machen.
        Erstens zu Art. 1. Die Probleme, die mit den vorgese-
        henen Erleichterungen für die gewerkschaftlichen Nach-
        folgeorganisationen verbundenen sind, sind aus meiner
        Sicht nicht einfach. Einerseits verstehe ich, dass die Ge-
        werkschaften ähnlich behandelt werden wollen wie die
        Jewish Claims Conference. Die Gewerkschaften wurden
        vom faschistischen Regime verfolgt und ihr Vermögen
        wurde enteignet. Andererseits stehen dem berechtigte In-
        teressen der Wohnungswirtschaft in Ostdeutschland und
        letzten Endes der Mieter gegenüber. Die Leerstände von
        Wohnungen wegen ungeklärter Vermögensfragen sind
        schon jetzt sehr hoch. Durch die neuen Regelungen – so
        der Verband Sächsischer Wohnungsunternehmen – „be-
        steht die Gefahr, dass sinnvolle Schritte im Rahmen der
        Stabilisierung von Investitionen blockiert werden“. Mit
        der Möglichkeit der Bündelung von Ansprüchen wird – so
        der Verband – „die Vermögenszuordnung zehn Jahre nach
        der Wende nochmals erheblich beeinträchtigt“.
        Zweitens zu Art. 4 Nummer 2. Dort ist die Nachzah-
        lung von Nutzungsentgelten für die Zeit vom 22. Juli
        1992 bis zum 31. März 1995 geregelt. Ich vertrete dazu
        folgenden Standpunkt: Der Gesetzgeber kann sich natür-
        lich nicht über die Entscheidung des Bundesverfassungs-
        gerichts hinwegsetzen. Die vorgeschlagene Lösung, näm-
        lich die Begrenzung der Entgelte entsprechend den §§ 51,
        43 und 45 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, ist zwar nicht
        die schlechteste. Sie ist juristisch machbar. Aber wirt-
        schaftlich belastet sie vor allem die ostdeutschen Woh-
        nungsunternehmen ganz empfindlich. Auf der Anhörung
        des Rechtsausschusses am letzten Montag wurden ent-
        sprechende Zahlen genannt.
        Es wäre auch eine andere Lösung möglich gewesen,
        die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
        ebenfalls entsprochen und den Wohnungsunternehmen
        weniger finanzielle Lasten aufgebürdet hätte; zum Bei-
        spiel die Festlegung eines angemessenen Pauschalsatzes
        pro Quadratmeter.
        Offen bleibt in dem Entwurf, ob eine Beteiligung des
        Nutzers an den öffentlichen Grundstückslasten in dem
        fraglichen Zeitraum auf die Höhe des nachzuzahlenden
        Nutzungsentgelts angerechnet werden kann und ob früher
        abgeschlossene Verträge zwischen Eigentümer und Nut-
        zer Vorrang vor den nun zu treffenden gesetzlichen Rege-
        lungen haben. Die sich aus der Überlappung in der Zeit
        zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 1995 ergeben-
        den Probleme scheinen nach dem letzten Stand einiger-
        maßen zufriedenstellend gelöst zu sein.
        Die PDS-Fraktion wird dem Entwurf ihre Zustimmung
        aus den angeführten Gründen nicht geben.
        Dr. Eckhart Pick (Parl. Staatssekretär bei der Bun-
        desministerin der Justiz): Ich freue mich, dass wir das
        Grundstücksrechtsänderungsgesetz – nach zum Teil recht
        kontroversen Debatten in den Ausschüssen – heute in
        zweiter und dritter Lesung beraten und damit hoffentlich
        zu einem guten Abschluss bringen können. Das Gesetz
        enthält eine Reihe von Regelungen, von denen auch die
        Damen und Herren der Opposition nicht in Abrede stel-
        len, dass sie sinnvoll, ja notwendig sind und denen Sie
        dankenswerter Weise in den Ausschüssen Ihre Zustim-
        mung größtenteils nicht verweigert haben; ich denke da
        zunächst an die Regelungen über ein schlankeres, kos-
        tensparenderes, aber zugleich bürgerfreundliches Aufge-
        botsverfahren für nicht beanspruchte Vermögenswerte
        im Entschädigungs- und Grundbuchbereinigungsgesetz.
        Gleiches gilt für die Änderungen in der Grundstücksver-
        kehrsordnung und dem Parteiengesetz der DDR. Hier
        sind Zuständigkeitsverlagerungen vorgesehen bzw. wer-
        den wegen der geplanten Umstrukturierung der Bundes-
        anstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben ermög-
        licht.
        Nicht umstritten waren auch Änderungen des EGBGB,
        die einerseits den Übergang von Althypotheken und Alt-
        forderungen auf die Nachfolgeinstitute der DDR-Kredit-
        institute und andererseits das Entstehen von selbstständi-
        gem Gebäudeeigentum landwirtschaftlicher Produktions-
        genossenschaften betreffen. Beide Bestimmungen sind in
        der vom Rechtsausschuss durchgeführten Anhörung aus-
        drücklich als notwendig und richtig begrüßt worden. Ich
        will daher hier darauf nicht weiter eingehen.
        Von der Opposition heftig kritisiert wurden dagegen ei-
        nige Änderungen, die das Gesetz zur Regelung offener
        Vermögensfragen betreffen. Hier scheint es, dass sich die
        Kollegen insbesondere daran stören, dass Regelungen zu-
        gunsten der Gewerkschaften aufgenommen wurden. Es
        geht uns aber nicht darum, dass die Gewerkschaften ge-
        genüber anderen NS-Verfolgten bevorzugt werden sollen.
        Es wird vielmehr eine Gleichbehandlung der NS-Verfolg-
        ten untereinander hergestellt und eine unbillige Rechts-
        lage bereinigt. Nach geltendem Recht führt die Organisa-
        tionsstruktur der Gewerkschaften dazu, dass diese nie an
        Verfahren nach dem Investitionsvorranggesetz beteiligt
        werden, obwohl in diesen Verfahren ihre Ansprüche auf
        Restitution ehemals gewerkschaftseigenen Vermögens
        betroffen sind. Die Gewerkschaften haben nämlich Un-
        ternehmen gegründet, die abgetretene gewerkschaftliche
        Ansprüche konzentriert geltend machen. Die Ansprüche
        bleiben zwar im „Lager“ der Gewerkschaften; die ge-
        werkschaftlichen Unternehmen haben aber gleichwohl
        formal kein Beteiligungsrecht. Hier besteht ein Unter-
        schied zur Conference on Jewish Material Claims against
        Germany, die Ansprüche für jüdische Verfolgte geltend
        macht: Ihr ist gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt wor-
        den, eine GmbH zu gründen, auf die sie ihre Ansprüche
        abtreten kann, ohne dass dadurch das Recht, am Verfah-
        ren nach dem Investitionsvorranggesetz beteiligt zu wer-
        den, verloren geht. Es ist aus meiner Sicht kein Grund er-
        sichtlich, den ebenfalls in der NS-Zeit verfolgten Ge-
        werkschaften das gleiche Recht nicht einzuräumen.
        Auch eine weitere Gesetzesänderung betrifft An-
        sprüche der NS-Verfolgten. Wurden ihnen Unternehmens-
        anteile verfolgungsbedingt entzogen, so haben sie nach
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11043
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        geltendem Recht Anspruch auf Einräumung von Bruch-
        teilseigentum an den Gegenständen, die früher zu dem
        Unternehmen gehört hatten. Dies gilt auch dann, wenn ih-
        nen Anteile am Mutterunternehmen entzogen wurden.
        Um zu große Eigentumszersplitterungen zu vermeiden,
        enthielt das geltende Recht eine Grenze. Hatte das Mut-
        terunternehmen lediglich einen Anteil von bis zu 20 Pro-
        zent an dem Tochterunternehmen, so besteht der An-
        spruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum nicht. In-
        zwischen befinden sich aber häufig mehrere Ansprüche,
        die verschiedene Mutterunternehmen betreffen, in einer
        Hand. Durch das Grundstücksrechtsänderungsgesetz soll
        klargestellt werden, dass in diesen Fällen die Anteile der
        Mutterunternehmen zu addieren sind, da es bei der Kon-
        zentration auf einen Anspruchsinhaber nicht zu einer Ei-
        gentumszersplitterung kommen kann. Dies soll aber nur
        dann gelten, wenn nicht die vermögensrechtlichen An-
        sprüche durch Abtretungen erlangt werden, die erst nach
        In-Kaft-Treten dieses Gesetzes, das heißt in Ansehung der
        Neuregelung, erfolgen. So wird einem möglichen Miss-
        brauch entgegengewirkt, den es geben könnte, wenn meh-
        rere Berechtigte sich zunächst zusammenschließen, um
        das Bruchteilseigentum zu erlangen, und sich anschlie-
        ßend wieder auseinander setzen. Denn dann käme es ge-
        nau zu der Eigentumszersplitterung, die gerade verhindert
        werden soll.
        Einem Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungs-
        gerichts folgend verabschieden wir hier auch eine Rege-
        lung, mit der ein gesetzlicher Entgeltanspruch für Grund-
        stückseigentümer eingeführt wird. Bisher mussten sie in-
        folge des sachenrechtlichen Moratoriums die Nutzung
        ihres Grundstücks unentgeltlich hinnehmen, sofern sie
        mit dem Nutzer nicht zu einer Einigung gelangen konn-
        ten. Das Bundesverfassungsgericht hat einen gesetzlichen
        Nutzungsentgeltanspruch für den Zeitraum vom 22. Juli
        1992 – das ist das In-Kraft-Treten des 2. Vermögens-
        rechtsänderungsgesetzes – bis zum 31. Dezember 1994
        für notwendig erachtet. Die vorgeschlagene Regelung
        geht über diesen, dem Bundesverfassungsgericht allein
        zur Entscheidung unterbreiteten Zeitraum insofern hi-
        naus, als sie den Anspruch des Eigentümers auch auf die
        Zeit bis zum 31. März 1995 erstreckt. Dies ist kritisiert
        worden, erscheint mir aber im Lichte der bundesverfas-
        sungsgerichtlichen Entscheidung notwendig: Für die Zeit
        ab dem 1. Januar 1995 ist der Nutzungsentgeltanspruch
        des Eigentümers im Interesse beschleunigter Sachen-
        rechtsbereinigung bewusst auch von seiner eigenen Ini-
        tiative in der Sachenrechtsbereinigung abhängig; formal
        sind ihm die entscheidenden Schritte aber nicht vor Ab-
        lauf des März 1995 möglich gewesen. Deshalb muss der
        Eigentümer bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich in den
        Genuss des neu geschaffenen Entgeltanspruchs kommen
        können. Es ist aber auch richtig, die in der Anhörung vor-
        getragenen Bedenken aufzugreifen: Für diesen weiterge-
        henden Zeitraum muss ein Nutzungsentgeltanspruch dann
        versagt werden, wenn der Eigentümer sich einer vom Nut-
        zer eingeleiteten Sachenrechtsbereinigung verweigert hat.
        Die Frage, in welcher Höhe ein Nutzungsentgeltan-
        spruch einzuräumen war, bewegt sich in einem Span-
        nungsfeld ganz unterschiedlicher Erwartungen und auch
        wirtschaftlicher Gegebenheiten. Neben dem Interesse der
        Eigentümer an einer angemessenen Verzinsung des von
        ihnen zur Verfügung gestellten Grund und Bodens muss
        die wirtschaftliche Situation der Nutzer berücksichtigt
        werden. Genossenschaften, Wohnungsbauunternehmen,
        aber auch der private Nutzer sehen sich unter Umständen
        erheblichen Nachzahlungen für einen inzwischen weit
        zurückliegenden Zeitraum ausgesetzt. Insbesondere die
        Wohnungsunternehmen haben dies in der Anhörung ein-
        drücklich geschildert. Ich denke, dass mit der Anknüp-
        fung der Entgelthöhe an den in der Eingangsphase der Sa-
        chenrechtsbereinigung zu zahlenden Erbbauzins eine ins-
        gesamt zumutbare und systemgerechte Lösung gefunden
        wurde. Die vorgeschlagenen, niedrigen Entgeltpauscha-
        len halte ich nicht für vertretbar, da sie – vom Grund-
        stückswert abgekoppelt – in wertvolleren Lagen dem
        Grundstückseigentümer kaum eine marginale Verzinsung
        seines Bodens ließen. Die gefundene Regelung trägt zu-
        dem auch dem Interesse der Nutzer am Bestand in der
        Vergangenheit abgeschlossener Vereinbarungen Rech-
        nung.
        Die in den Beratungen erzielten Ergebnisse sind insge-
        samt ausgewogen und stimmig. Ich bitte deshalb um Ihre
        Zustimmung zu dem Entwurf.
        Anlage 7
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        Änderung und Ergänzung vermögensrechtlicher
        und anderer Vorschriften (Vermögensrechtser-
        gänzungsgesetz) (Zusatztagesordnungsunkt 15)
        Dr. Mathias Schubert (SPD): Das Vermögensrechts-
        ergänzungsgesetz beinhaltet eine Reihe wichtiger Rege-
        lungen, die mehr Klarheit und Berechenbarkeit innerhalb
        des ganzen Problemkreises um Entschädigungen, Natur-
        schutz und Flächenerwerb bringen werden.
        Ich gehe auf zwei Themen besonders ein. Auf der ei-
        nen Seite die Naturschutzflächen: Der Bund stellt hier-
        für 50 000 Hektar kostenlos zur Verfügung. Weitere
        50 000 Hektar können wertgleich bzw. flächengleich mit
        den Ländern getauscht werden. Dieser Tausch ist deshalb
        möglich, weil die Länder über mehr als ausreichend ge-
        eignetes Land verfügen. Allein bei der Übereignung des
        Preußenwaldes vom Bund auf die Länder handelt es sich
        um 1 Million Hektar.
        Wer also behaupten sollte, mit dieser Regelung würde
        der Bund die Länder übervorteilen, liegt falsch. Ganz im
        Gegenteil wird der Gesetzentwurf sowohl den Interessen
        des Naturschutzes als auch denen der Land- und Forst-
        wirtschaft gerecht. Beide Seiten erhalten damit Klarheit.
        Der in manchen Fällen jahrelang währende Streit um die
        Nutzung einzelner Flächen wird beendet werden.
        Das politische Signal an beide Seiten ist dabei eindeu-
        tig. Landwirtschaft und Naturschutz haben neben unter-
        schiedlichen Zielen eben auch gemeinsame, übrigens
        mehr und mehr gemeinsame. Dies wird mit dem Gesetz-
        entwurf unterstützt und gefördert. Wer in diesem Zusam-
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011044
        (C)
        (D)
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        menhang zum Beispiel einwendet, die Antragsfristen für
        die Naturschutzverbände seien zu kurz, dem muss be-
        scheinigt werden, dass er keine Ahnung hat vom Engage-
        ment und von der Professionalität, mit der Naturschutz-
        verbände arbeiten.
        Zum anderen gehe ich kurz ein auf die Regelungen
        zum Flächenerwerb. Hier heißt die entscheidende politi-
        sche Botschaft: Der Flächenerwerbsstopp wird beendet.
        Bekanntermaßen hat die EU-Kommission vor etwa zwei
        Jahren faktisch einen Verkaufsstopp verhängt, weil die
        Subventionierungsquoten zu hoch waren. Das hat uns da-
        mals – übrigens im ganzen Hause – im Blick auf die ost-
        deutsche Landwirtschaft nicht gerade begeistert. Nun
        wird im Gesetzentwurf für die potenziellen Käufer eine
        Abschlagsquote auf den Verkehrswert von 35 Prozent
        festgelegt. Schon schreit die CDU/CSU-Opposition „Ach
        und weh“, wir würden die ostdeutsche Landwirtschaft
        platt machen wollen. Ich erinnere Sie nur an Ihre wieder-
        holten Versuche in der vergangenen Legislaturperiode,
        die Bodenreform umzukehren, zum Teil gegen den Willen
        Ihrer eigenen Regierung. Das wäre die ultimative Enteig-
        nung der ostdeutschen Landwirte gewesen. Wenn Sie hier
        also politisch ernst genommen werden wollen, dann han-
        deln Sie nicht nach der Methode: „Was schert mich mein
        Geschwätz von gestern“, sondern betrachten Sie ganz
        nüchtern die Situation.
        Die Verkehrswerte in Ostdeutschland liegen bei 4 000 bis
        6 000 DM pro Hektar, im Vergleich in Bayern und Baden-
        Württemberg bei bis zu 40 000 DM pro Hektar. 6 000 mi-
        nus 35 Prozent macht circa 4 000 DM pro Hektar, also
        10 Prozent vom Südstaatenniveau. Zudem arbeitet die
        Landwirtschaft im Osten produktiver als im Westen. Das
        hat auch etwas damit zu tun, dass die Betriebe im Durch-
        schnitt im Osten fünfeinhalb mal größer sind als im Wes-
        ten. Wie gut die Landwirtschaft in Ostdeutschland ist,
        kann jeder aus dem Agrarbericht 1999 herauslesen, zum
        Beispiel wenn man die Gewinnentwicklung vergleicht:
        Mecklenburg-Vorpommern plus 26,4 Prozent, Sachsen
        plus 16,2 Prozent, Niedersachsen plus 0,1 Prozent,
        Schleswig-Holstein plus 5,2 Prozent usw. Außerdem wer-
        den die LPG-Nachfolger steuerlich wie verarbeitendes
        Gewerbe behandelt, ein weiterer Vorteil. Und schließlich:
        Landwirte können rechnen. Deshalb rechnen die auf die
        Mark genau vor, dass es für sie in der Regel wirtschaftlich
        günstiger ist, für 18 Jahre zu pachten statt zu kaufen.
        Ihre oppositionelle Empörung mag vielleicht für Ihre
        eigene Ermutigung ganz gut sein, an der Sache selbst geht
        sie vorbei. Was bleibt, ist Blockade. Und wenn Herr Merz
        gestern sagte, er werde uns zwingen, dann klingt das nach
        blanker Ideologie, und die steht in gefährlicher Nähe zur
        Verantwortungslosigkeit.
        Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU):
        Die von der Koalition in dieser letzten Sitzungswoche vor
        der Sommerpause durchzupeitschenden Gesetze – so das
        Grundstücksrechtsänderungsgesetz und das Vermögens-
        rechtsänderungsgesetz – sind ein Skandal. Durch Heraus-
        nahme und Wiedereinfügung in die obigen Gesetze ist ein
        Paragraphen- bzw. Gesetzessalat vorgelegt worden, um
        die wahren Hintergründe zu verschleiern.
        Schon bei der Frage des doppelten Durchgriffs bei ehe-
        maligem jüdischen Vermögen gab es erhebliche recht-
        liche und verfassungsrechtliche Bedenken, die aber im
        Hinblick auf das Schicksal dieser Gemeinschaft zurück-
        gestellt wurden. Die Gleichstellung von Gewerkschaften
        ist durch nichts gerechtfertigt, auch wenn die Gewerk-
        schaften Vermögenswerte erheblicher Art verloren haben.
        Sie aber mit jüdischen Gemeinschaften, persönlichen
        Schicksalen von Juden gleichzustellen ist eine Verhöh-
        nung der Toten. So ist dieses Gesetz ein reines „Gewerk-
        schaftsvermögensvermehrungsgesetz“ und deswegen ab-
        zulehnen.
        Das Vermögensrechtsergänzungsgesetz hat das von der
        EU-Kommission vorgegebene Verbot von vergünstigten
        Verkäufen an nicht Systemgeschädigte auf den Kopf ge-
        stellt. Statt die Berechtigten, insbesondere die Alteigentü-
        mer zu begünstigen, sind alle Kaufwilligen gleichgestellt
        und somit erneut die Eigentumsrechte der Alteigentümer
        mit Füßen getreten. Dabei wurde sogar nicht einmal der
        Rahmen der von der EU vorgegebenen Verbilligungs-
        möglichkeit ausgeschöpft, sodass die früheren Eigentü-
        mer ihren Grund und Boden erheblich über dem Preis
        zurückkaufen müssen, wie es nach den EU-Richtlinien
        möglich gewesen wäre.
        Dass dies alles im Vorfeld einer für Herbst zu erwar-
        tenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in
        der letzten Woche vor der Sommerpause durchgepeitscht
        wird, ist völlig unverständlich, weil das Bundesverfas-
        sungsgericht zur Enteignungsproblematik 1945–1949 si-
        cher das eine oder andere zu sagen hat bzw. sogar gege-
        benenfalls Regelungen vorschreibt.
        Richtigerweise wurde die Wohnsitzregelung geändert,
        da die Festlegung eines willkürlichen Datums aufgehoben
        wurde und eine Diskriminierung anderer Kaufwilliger
        darstellte.
        Nicht zu verantworten ist die ersatzlose Streichung des
        § 9 des Vermögensgesetzes, der Rechte von Enteigneten,
        insbesondere nach 1949, erneut in unzuträglicher Weise
        abschneidet, nur weil die Bundesregierung Sorge hat, dass
        enorme finanzielle Risiken aufgrund des Urteils des Bun-
        desverwaltungsgerichts vom 17. September 1998 entstän-
        den. Hier handelt es sich insbesondere um die Bereitstel-
        lung von Ersatzgrundstücken wegen Ausschlusses der
        Restitution aufgrund redlichen Erwerbs, aber auch andere
        Unmöglichkeitstatbestände der Rückgabe. Genau das soll-
        te mit den Bestimmungen des § 9 des Vermögensgesetzes
        möglich sein und war vom Gesetzgeber bei der Verab-
        schiedung so gewollt.
        Auch die betroffenen Kommunen, die Ersatzgrund-
        stücke zur Verfügung stellen sollen, sind dadurch nicht in
        ihren Rechten oder finanziellen Möglichkeiten geschmä-
        lert, da sie Ersatz zum Verkehrswert aus dem allgemeinen
        Wiedervereinigungsfonds erhalten. Hier wird in eigen-
        tumsähnliche Rechte eingegriffen ohne Entschädigungs-
        regelung und daher ist Art. 14 des Grundgesetzes verletzt.
        § 9 des Vermögensgesetzes wurde auch aufgenommen,
        um zu verhindern, dass die Schere zwischen denen, die ihr
        komplettes Eigentum zurückbekommen und denen, die
        nur nach dem mageren Entschädigungsgesetz Geldan-
        sprüche haben, nicht zu groß wird. Im Hinblick auf Art. 3
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11045
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        des Grundgesetzes soll sich der Gesetzgeber bemühen, ei-
        nen möglichst gerechten Ausgleich zu finden bei tatsäch-
        licher Unmöglichkeit der Restitution.
        Dies war ein ausgewogener Kompromiss, den das
        Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat. Das vorliegende
        Gesetz ist ein schwerer Eingriff in die Rechte von durch
        kommunistische Gewaltherrscher Enteignete. Es ist auch
        falsch zu behaupten, dass dadurch notwendige Investitio-
        nen verzögert oder gefährdet werden. Im Gegenteil: Be-
        rechtigte werden, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben
        ist, ein Ersatzgrundstück zu erhalten, dieses viel zügiger
        in den Kreislauf von Investitionen zurückbringen als die
        überforderten Gemeinden. Die Gemeinden werden sehr
        schnell für diese Ersatzgrundstücke in Geld entschädigt,
        das sie dringend brauchen.
        Auch so würden finanzielle Mittel in den Kreislauf von
        Investitionen hineingepumpt, die dringend notwendig
        sind im gesamten Gebiet der neuen Länder. Die Strei-
        chung des § 9 des Vermögensgesetzes ist daher nicht nur
        verfassungswidrig, sie ist auch rechtlich bedenklich im
        Hinblick auf den Vertrauensschutz der Bürger und wirt-
        schaftlich absolut unsinnig.
        Auf Vorschlag der Union wurde eine Lücke in § 10
        Abs. 2 des Vermögensgesetzes geschlossen, indem nun
        auch für bewegliche Sachen, für die kein Erlös bei der
        Verwertung erzielt wurde, eine – wenn auch beschei-
        dene – Entschädigung gewährt wird. Als Bemessungs-
        grundlage wurde der Wert der Sache zum Zeitpunkt der
        Entziehung im Verhältnis 2:1 auf Deutsche Mark festge-
        setzt. Hier hätte die Union lieber keine Verminderung
        durch die Währungsumstellung gehabt und auch gerne die
        Höchstbeträge erhöht.
        Entschieden abzulehnen ist die durch Druck der Grü-
        nen ins Gesetz gekommene kostenlose Abgabe von
        50 000 bzw. 100 000 Hektar land- und forstwirtschaftli-
        cher Fläche aus den zur Verfügung stehenden zu privati-
        sierenden Flächen. Dies geht wiederum zulasten von Be-
        rechtigten, vermutlich insbesondere auch von Alteigen-
        tümern. Man hätte durchaus warten können, wie viel
        Flächen und was für Flächen nach dem Ende der Repri-
        vatisierung übrig geblieben wären, um diese dann gege-
        benenfalls als Naturschutzgebiete auszuweisen.
        Man kann sicher auch im unbeschränkten Eigentum
        des Bundes bestehende Flächen, wie Truppenübungs-
        plätze oder Ähnliches, verwenden, ohne dass in Rechte
        von berechtigten Alteigentümern, aber auch Neuerwerbs-
        berechtigten eingegriffen wird.
        Das Justizministerium, das selbst noch vor ein paar
        Wochen vor übereilter Verabschiedung des gesamten Ge-
        setzes gewarnt und auf die Entscheidung des Bundesver-
        fassungsgerichts hinwiesen hat, wird seine eigenen Be-
        denken bestätigt sehen und Recht behalten, dass das von
        ihm selbst eingebrachte, nun von den Koalitionsfraktio-
        nen durchgepeitschte Gesetz in vielen Punkten keinen Be-
        stand haben wird.
        Dr. Michael Luther (CDU/CSU): Die Art und Weise
        des Gesetzgebungsverfahrens, welches die rot-grüne Bun-
        desregierung pflegt, spiegelt sich auch in dem heute in
        zweiter und dritter Lesung zur Verabschiedung stehenden
        Vermögensrechtsergänzungsgesetz wider. Erst wird ein
        Gesetzentwurf der Bundesregierung erstellt, der dem
        Bundestag zugeleitet und dann in einer Anhörung beraten
        wird. Dann ist über ein halbes Jahr Schweigen im Walde.
        Plötzlich einigt man sich am Freitagnachmittag in der
        Bundesregierung noch auf einen völlig neuen Sachver-
        halt, nämlich auf eine Regelung über die Herausnahme
        von 100 000 Hektar aus dem Bodenfonds, der zur Befrie-
        digung von Entschädigungen nach dem Entschädigungs-
        und Ausgleichsleistungsgesetz dienen soll, für den Natur-
        schutz, worüber das Parlament dann offiziell am Diens-
        tagmorgen informiert wurde. De facto bestand zeitlich
        keine Möglichkeit, intensiv über diese neu in die Diskus-
        sion des Parlamentes eingebrachten schwierigen Fragen
        zu diskutieren.
        Dann wird das Gesetz durch den Ausschuss gepeitscht,
        ohne dass die Regierungsfraktionen mit Ausnahme einer
        einzigen Wortmeldung zu irgendeinem Paragraphen über-
        haupt irgendeine Wortäußerung von sich gegeben haben.
        Das ist eine Herabwürdigung des Parlaments.
        Aber zum Gesetz selbst: Das Gesetz hat drei Teile.
        Zu Art. 1: Hier soll Paragraph 9 Vermögensgesetz ge-
        strichen werden. Dieser eröffnete die Möglichkeit, den
        Berechtigten, der wegen redlichen Erwerbs des Verfü-
        gungsberechtigten von der Restitution ausgeschlossen ist,
        auf seinen Antrag hin statt in Geld durch Übereignung ei-
        nes Ersatzgrundstückes zu entschädigen.
        Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom
        17. September 1998 entschieden, dass die Gemeinden die
        Bereitstellung von Ersatzgrundstücken nicht aus Haus-
        haltsgründen generell verweigern dürfen, denn sie könn-
        ten vom Bund den vollen Ersatz ihrer Aufwendungen,
        also den Verkehrswert des Ersatzgrundstückes, verlangen.
        Die Koalition will diese Vorschrift aufheben. Diese
        Vorschrift darf aus unserer Sicht nicht gestrichen werden,
        weil ihre Aufhebung enteignenden Charakter hätte. Das
        ist in der Anhörung sehr deutlich geworden. Die Koalition
        greift wieder einmal willkürlich in die Rechte der Bürger
        ein.
        Zudem schilt die Bundesregierung das Bundesverwal-
        tungsgericht, weil sie der Meinung ist, dass die Rechts-
        auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes an der Ratio
        des § 9 Vermögensgesetz vorbei gehe. So etwas habe ich
        noch nicht erlebt.
        Für die Auslegung der Gesetze, die der Deutsche Bun-
        destag beschlossen hat, sind die obersten Gerichte zu-
        ständig. Und deshalb ist die Ratio, die das Bundesverwal-
        tungsgericht aus dem Gesetz gelesen hat, nicht zu kriti-
        sieren. Der Hauptgrund ist, dass der Bund in die nun
        gegebene Entschädigungspflicht nicht eintreten will.
        Zu Art. 2: Begrüßen möchte ich ausdrücklich, dass die
        Bundesregierung dem Antrag der CDU/CSU-Bundes-
        tagsfraktion nachgekommen ist und nun eine Entschädi-
        gungspflicht nach dem Vermögensgesetz bei der Einzie-
        hung von beweglichen Sachen regelt. Aus diesem Grunde
        haben wir auch in der Ausschussberatung dem Art. 2 zu-
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011046
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        gestimmt. Das führte jedoch nicht dazu, dass wir dem ge-
        samten Gesetz zustimmen können.
        Die weiteren Regelungsgegenstände, Art. 1, 3 und 4,
        sind schwerwiegender, denn diese verletzen die Interes-
        sen der Bürger und ganz besonders die der Landwirtschaft
        in den neuen Bundesländern.
        Zu Art. 3 und 4: In der Anhörung vom 19. Januar die-
        sen Jahres wurden sehr kritisch die jetzt vorgeschlagenen
        Regelungen für das Entschädigungs- und Ausgleichsleis-
        tungsgesetz und der Flächenerwerbsverordnung bewertet.
        Die EU-Kommission hat mit ihrer Entscheidung vom
        20. Januar 1999 Beihilfetatbestände im bisherigen EALG
        kritisiert, aber nur dort, wo keine Wiedergutmachungs-
        pflicht besteht. Dies trifft also nicht die so genannten Alt-
        eigentümer und trifft auch nicht die so genannten „Wie-
        dereinrichter ohne Restitutionsanspruch“. Im Zuge einer
        scheinbaren Gleichbehandlung verlangt nun die Bundes-
        regierung beim Kauf von landwirtschaftlichen Flächen
        nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsge-
        setz den Verkehrswert abzüglich einer 35-prozentigen
        Verbilligung.
        Sie hat dabei vollkommen ignoriert, dass es für Altei-
        gentümer und für so genannte „Wiedereinrichter ohne Re-
        stitutionsanspruch“ bei der bestehenden Regelung bleiben
        könnte, und hat außerdem ignoriert, dass mit der Agenda
        2000 auch die Rahmenregeln für die Förderbedingungen
        in der Europäischen Union geändert worden sind. Jetzt
        gelten die Fördersätze 40 Prozent und in benachteiligten
        Gebieten 50 Prozent – bisher 35 Prozent und in benach-
        teiligten Gebieten 75 Prozent. Also selbst die Beihilfe
        rechtlich kritischer Fälle könnte eine Kaufpreisverbilli-
        gung von 40 bis 50 Prozent erhalten.
        Da Familienbetriebe in den neuen Ländern eine Eigen-
        tumsquote von nur circa 15 Prozent haben, wäre es gut,
        wenn diese Bundesregierung sich darum kümmern wür-
        de, wenn sie Voraussetzungen schaffen würde, dass die
        Landwirtschaft in den neuen Bundesländern mehr Eigen-
        tum bekommt.
        Sie nutzen die Möglichkeiten, die die EU-Kommission
        zulässt, nicht aus, sondern ich muss unterstellen, dass sie
        nur deshalb einen Verbilligungssatz von 35 Prozent ak-
        zeptieren, weil sie damit einen hohen Preis für landwirt-
        schaftliche Nutzflächen verlangen können. Sie wollen,
        dass die Landwirtschaft aus den neuen Bundesländern zu-
        sätzlich Geld an die Bundeskasse abgibt. Das können wir
        nicht mit tragen.
        Das Verfahren im Ausschuss selbst und speziell die erst
        am Dienstag vorliegende Einigung der Bundesregierung
        zum Thema „100 000 ha für den Naturschutz“ ließen
        keine qualifizierte Beratung im Ausschuss zu. Das ist ein
        unmöglicher Vorgang, passt aber zu dem, was SPD und
        Grüne von Parlamentarismus halten.
        Aus diesem Grunde haben wir uns als CDU/CSU-Bun-
        destagsfraktion im federführenden Ausschuss nicht wei-
        ter dazu geäußert. Im Parlament wäre zumindest ein Ge-
        spräch mit Experten aus den Ländern und Sachverständi-
        gen nötig gewesen.
        Sylvia Voß (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kernstück
        des Vermögensrechtsergänzungsgesetzes ist das Aus-
        gleichsleistungsgesetz. Mit seiner Änderung werden
        wettbewerbsrechtliche Beanstandungen der EU-Kom-
        mission an der früheren Verkaufspraxis der Treuhand-
        nachfolgerin BVVG geheilt.
        Bei der Erarbeitung dieses Änderungsgesetzes blieb
        zunächst die Forderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
        nen und der Naturschutzverbände außen vor, die Natur-
        schutzflächen der neuen Bundesländer von der Privatisie-
        rung auszunehmen.
        Kurz vor der Wiedervereinigung wurden, sozusagen in
        letzter Sekunde und auf Initiative einer Gruppe um Pro-
        fessor Michael Succow, dem heutigen Träger des alterna-
        tiven Nobelpreises, wertvolle Naturräume der DDR
        rechtswirksam unter Schutz gestellt: fünf Nationalparke,
        sechs Biosphärenreservate und 15 Naturparke „neuer Prä-
        gung“. Eine – wie sich angesichts des Zustandes von Na-
        tur und Landschaft in Deutschland zeigt – wertvolle Gabe
        der Ostdeutschen, die Professor Töpfer völlig zu Recht als
        „Tafelsilber der deutschen Einheit“ bezeichnete.
        Es war der größte Erfolg des Naturschutzes in
        Deutschland in diesem Jahrhundert. Jeder, der diese Ge-
        biete auch nur ein einziges Mal wirklich erleben konnte,
        schwärmte von der Schönheit dieser Natur, vom Arten-
        reichtum und von im Westen längst verloren gegangenen
        Kostbarkeiten.
        Welche Bedeutung die Sicherung dieser ökologisch
        kostbaren Flächen des Ostens hat, mögen Ihnen auch ei-
        nige wenige Zahlen zeigen: In den letzten 25 Jahren
        wurde im alten Bundesgebiet Natur in der dreifachen
        Fläche des Saarlandes zerstört. 40 Prozent der in Deutsch-
        land heimischen Pflanzen sind ausgestorben, verschollen
        oder gefährdet. Die Situation ist bei einigen Tiergruppen
        noch dramatischer. Die Bilanzierung der Gefährdungssi-
        tuation von Biotopen ergibt, dass in Deutschland über
        zwei Drittel, 69 Prozent, aller vorkommenden Biotopty-
        pen als gefährdet eingestuft sind.
        Wer dies alles wirklich verinnerlicht, kann verstehen,
        warum unsere Fraktion und die Naturschutzverbände mit
        so großer Leidenschaft und so großem Engagement da-
        rum gekämpft haben, diese arten- und biotopreichen Ge-
        biete langfristig zu sichern und sie damit für uns und für
        nachkommende Generationen als Lebensgrundlagen zu
        erhalten. Das war durchaus nicht einfach. Denn in für uns
        völlig unverständlicher Weise gab die alte Bundesregie-
        rung diese Flächen zur Privatisierung frei und konterka-
        rierte damit ihre in Sonntagsreden geäußerte Wertschät-
        zung des „Tafelsilbers“.
        Dabei geht es uns nicht darum, die Privatisierung von
        Naturschutzflächen per se zu verteufeln. Es gibt viele po-
        sitive Beispiele auf der Welt und auch in unserem Land für
        sehr engagierten privaten Schutz kostbarer Areale – wozu
        ich letztlich natürlich auch den Erwerb durch Natur-
        schutzverbände zähle. Leider kommt es jedoch immer
        wieder dort zu Konflikten, und zwar dort, wo der Erwerb
        von Naturschutzflächen mit Nutzungsinteressen zusam-
        menfällt. Es gibt erschreckende Beispiele dafür, wie Na-
        turschutzauflagen in zum Teil dreister Weise verletzt wer-
        den. Das Ordnungsrecht kann hier nur wenig helfen –
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11047
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        schließlich können wir nicht hinter jeden Baum eine Ord-
        nungskraft stellen. Deshalb war und ist es unser Ziel, die
        ökologisch wertvollsten Flächen in Hände zu geben, die
        sich mit Leidenschaft und hoher Kompetenz der Siche-
        rung der Naturschutzflächen verpflichtet wissen.
        Da die Privatisierung trotz wohlfeiler Worte selbst des
        damaligen Kanzlers, Helmut Kohl, weitergeführt wurde,
        war es einer der ersten Amtshandlungen der neuen Bun-
        desregierung unter Gerhard Schröder, einen Privatisie-
        rungsstopp zu erlassen, um in Ruhe über vernünftige Lö-
        sungen des Problems verhandeln zu können und zu retten,
        was noch zu retten war.
        Wir haben durch hartnäckiges Verhandeln, besonders
        vonseiten des Umweltministeriums und der Koalitions-
        fraktionen und mit großer Unterstützung der Natur-
        schutzverbände erreicht, dass große Teile des „Tafel-
        silbers der deutschen Einheit“ gesetzlich abgesichert
        werden. Die betroffenen Bundesländer waren in diese
        Verhandlungen involviert. Von ihnen wurden jene
        Flächen vorgeschlagen, welche unter naturschutzfachli-
        chen Kriterien unbedingt in ihrer ökologischen Qualität
        zu sichern sind.
        Dabei stand die konkrete Festlegung der Flächenku-
        lisse immer unter dem Druck, die EU-rechtliche Auflage
        zu erfüllen, dass für den neuen Erwerberkreis genügend
        Flächen in verschiedenen Losgrößen zur Verfügung ge-
        stellt werden. Vor diesem Hintergrund wurde in einem für
        uns – ich verhehle es nicht – durchaus schmerzlichen
        Kompromiss die jetzige Lösung erzielt: Statt der erfor-
        derlichen 173 000 Hektar können nur 100 000 der Priva-
        tisierung entzogen werden, wovon die Hälfte kostenlos an
        die Länder oder gegebenenfalls an Naturschutzverbände
        übertragen werden.
        Dabei handelt es sich keinesfalls, wie gerne unbedacht
        der Vorwurf erhoben wird, um ein Geschenk der Bundes-
        regierung oder gar von Minister Trittin. Die Bundesländer
        und Verbände übernehmen eine große Verantwortung für
        unser nationales Naturerbe, wofür wir sehr dankbar sein
        sollten. Nicht zuletzt kommen auf sie auch finanzielle Be-
        lastungen für den Unterhalt der Flächen zu. Diese Seite
        wird gerne ausgeblendet.
        Es wird jetzt darauf ankommen, den tatsächlichen Er-
        werb der zweiten 50 000 Hektar zu ermöglichen, die lei-
        der nicht kostenlos abgegeben werden können. Wir ap-
        pellieren daher an Herrn Minister Eichel, die Durch-
        führungsbestimmungen zu diesem Gesetz so
        auszugestalten, dass den Ländern und Verbänden ein rea-
        listischer Zeitraum verbleibt, um die organisatorischen
        und finanziellen Voraussetzungen für den Erwerb der
        Flächen zu schaffen. Dass das kurzfristig nicht möglich
        ist, weiß niemand besser als der Bundesfinanzminister.
        Sorgen Sie, sehr geehrter Herr Minister Eichel, deshalb
        bitte dafür, dass das heute zu beschließende Ergebnis, die
        Sicherung von 100 000 Hektar wertvollster ökologischer
        Flächen, tatsächlich realisiert wird. Das wäre nicht nur
        redlich, es wäre auch ein großer Dienst für unsere und
        kommende Generationen.
        Rainer Funke (F.D.P.): Der Gesetzentwurf der Bun-
        desregierung muss abgelehnt werden, wenn es nicht ge-
        lingt, ihn wenigstens in zwei wesentlichen Punkten zu än-
        dern, auf die sich der Änderungsantrag meiner Fraktion
        bezieht.
        Erstens. Die Ersatzgrundstücksregelung des § 9 Ver-
        mögensgesetz darf nicht gestrichen werden. Es muss da-
        bei bleiben, dass derjenige, dessen Grundstück nicht
        zurückgegeben werden kann, weil es inzwischen einem
        gutgläubigen Erwerber oder dessen Rechtsnachfolger
        gehört, einen Rechtsanspruch gegen die Gemeinde auf ein
        Ersatzgrundstück hat.
        Das Recht auf ein Ersatzgrundstück ist bereits in der
        „Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 zur Rege-
        lung offener Vermögensfragen“ enthalten. Es wurde mit
        Artikel 41 im Einigungsvertrag Gesetz und Vermögens-
        gesetz wiederholt und höchstrichterlich als Rechtsan-
        spruch bestätigt.
        Nun will die Koalition dieses Recht entschädigungslos
        streichen und weicht damit für alle sichtbar und zum ers-
        ten Mal ab vom Einigungsvertrag und der Gemeinsamen
        Erklärung. Wenn es so leicht ist, sich über den Einigungs-
        vertrag und die Gemeinsame Erklärung hinwegzusetzen,
        dann kann ich diejenigen verstehen, die sich auch hin-
        sichtlich des so genannten Restitutionsverbotes für Bo-
        denreformflächen nicht an den Einigungsvertrag und die
        Vereinbarungen von damals gebunden sehen.
        Zweitens. Mit dem zweiten Teil unseres Änderungsan-
        trages wollen wir dafür sorgen, dass die Entscheidung der
        Europäischen Kommission vom Dezember 1998 endlich
        richtig umgesetzt wird. Dort wurde entschieden, dass aus
        beihilferechtlichen Gründen die Preise für Bodenreform-
        flächen, die der Bund nach dem Entschädigungs- und
        Ausgleichsleistungsgesetz an Wiedereinrichter abzuge-
        ben hat, erhöht werden müssen. Diese Forderung bezieht
        sich ausdrücklich nicht auf die so genannten Alteigentü-
        mer, für die der verbilligte Rücklauf Teil des Ausgleichs
        für entschädigungslose Enteignungen ist. Sie dürfen nicht
        in die Preiserhöhungen einbezogen werden. Es ist un-
        glaublich, dass der Gesetzentwurf hier nicht differenziert.
        Wir können die Fehler des Gesetzes noch heilen. Stim-
        men Sie dem Antrag meiner Fraktion zu. Sie ersparen sich
        ein Vermittlungsverfahren. Denn ich kann mir nicht vor-
        stellen, dass der Bundesrat, in dem die neuen Länder ihre
        Recht aus dem Einigungsvertrag zu wahren haben, einem
        Gesetz zustimmt, das in eklatanter Weise das Grundgesetz
        und den Einigungsvertrag verletzt und die Entscheidun-
        gen der Europäischen Kommission fehlerhaft nachvoll-
        zieht.
        Schließlich würde es auch guter parlamentarischer
        Sitte entsprechen, den Gesetzesbeschluss zurückzustel-
        len, bis das Bundesverfassungsgericht über die fünf Ver-
        fassungsbeschwerden gegen das EALG entschieden hat,
        über die es im April dieses Jahres bereits mündlich ver-
        handelt hat.
        Kersten Naumann (PDS): Leif Miller, Leiter der
        NABU-Bundesvertretung Berlin, schätzt die Konsequenz
        des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs des
        Vermögensrechtsergänzungsgesetzes wie folgt ein: „Da-
        mit ist die Hälfte des nationalen Naturerbes in den neuen
        Bundesländern verloren.“
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011048
        (C)
        (D)
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        (B)
        Mit dem Gesetz sollen 50 000 Hektar ostdeutscher Na-
        turschutzflächen kostenlos an die Länder oder an Natur-
        schutzverbände abgegeben werden. Die anderen 50 000 Hek-
        tar werden ihnen mit Halbjahresfrist zum vollen Verkehrs-
        wert angeboten.
        Doch weder die Bundesländer noch die Umweltver-
        bände können innerhalb so kurzer Zeit das erforderliche
        Geld aufbringen. Oder hat die Bundesregierung vor, zins-
        lose Kredite zur Verfügung zu stellen? Letztlich werden
        damit diese 50 000 Hektar höchstwahrscheinlich privati-
        siert. Diverse Detailregelungen behindern zusätzlich einen
        Erwerb im Sinne des Naturschutzes.
        So müssen beispielsweise vom Erwerber die Vermes-
        sungs- und andere Verwaltungskosten der Übertragung ge-
        tragen werden. Die von der BVVG festgelegten Verkaufs-
        lose sind unteilbar, womit ein effizienter Flächenschutz er-
        schwert und verteuert wird.
        Für die PDS ist klar: Naturschutzflächen dürfen nicht
        privatisiert werden. Deshalb fordern wir mit unserem Ent-
        schließungsantrag, die Zulässigkeit des Verkaufs von
        Flächen in Schutzgebieten aufzuheben und eine kosten-
        lose Übertragung dieser Flächen an Naturschutzverbände
        sowie Träger öffentlicher Verwaltungen zu ermöglichen.
        Was in England und Holland hervorragend funktioniert,
        sollte wohl auch für Deutschland möglich sein.
        Wenn sich schon wieder Graf Lambsdorff und Prinz zu
        Salm zu Wort melden und unüberhörbar den Widerstand
        der Alteigentümer anmelden, sollte das selbst die Bundes-
        regierung hellhörig machen. Trotz anders lautender Mel-
        dungen aus Brüssel behaupten sie, dass durch die Heraus-
        nahme von 100 000 Hektar Bodenreformfläche aus der
        Privatisierung die EU-Kommission ihre Zustimmung zum
        Gesetzentwurf rückgängig machen könnte.
        Wir sind der Auffassung, nicht mehr Alteigentümer
        oder Neureiche sollen sich – wie mehrfach geschehen –
        mit dem Tafelsilber der deutschen Einheit schmücken kön-
        nen, sondern diejenigen sollen es pflegen, für die nachhal-
        tiger Naturschutz Lebensmaxime ist.
        Da die Koalition den Antrag der PDS in den Ausschüs-
        sen abgelehnt hat, sollte sie wenigstens nach Lösungen su-
        chen, um die Fristen für den Erwerb durch Naturschutz-
        verbände oder Länder deutlich zu verlängern. Wir wissen,
        dass dies einige Umweltpolitiker der Grünen und SPD be-
        antragen wollten, aber von den Finanzpolitikern der Ko-
        alition daran gehindert wurden. Schon allein daran wird
        das Vorrangige deutlich: Es geht wieder einmal um das
        Füllen von Haushaltslöchern auf Kosten der Umwelt.
        Abschließend möchte ich noch ausdrücklich unterstrei-
        chen, dass wir den Einwand des Deutschen Bauernverban-
        des nicht teilen, der behauptet, dass „Umweltverbände ...
        eine kostengünstige und dauerhafte Bewirtschaftung nicht
        sicherstellen können“. Ist dem Bauernverband eventuell
        entgangen, dass auch Landwirte in Umweltverbänden ak-
        tiv sind?
        Bei allen Entscheidungen sollte sich auch die Bundes-
        regierung von dem uralten indianischen Sprichwort leiten
        lassen: „Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht ge-
        erbt, sondern wir haben sie von unseren Kindern nur ge-
        liehen.“
        Rolf Schwanitz (Staatsminister im Bundeskanzler-
        amt): Wir ergänzen heute einen zentralen Teil der Rege-
        lungen, die sich mit den Folgen der Wiedervereinigung be-
        fassen: Der von Anfang an sehr problematische Bereich
        der offenen Vermögensfragen wirft weiterhin Fragen auf,
        mit denen sich der uns heute zur Verabschiedung vorlie-
        gende Gesetzentwurf befasst: mit der so genannten Er-
        satzgrundstücksregelung, mit der Entschädigung für be-
        wegliche Sachen und mit der Privatisierung land- und
        forstwirtschaftlicher Flächen in den neuen Ländern.
        Hinter diesen bürokratisch klingenden Stichworten ver-
        bergen sich Fragen, die für die Betroffenen sehr wichtig,
        zum Teil sogar existenziell wichtig sind.
        Nach der bisherigen Rechtslage besteht die Möglich-
        keit, Alteigentümern, die wegen redlichen Erwerbs von
        der Restitution ausgeschlossen sind, statt in Geld durch
        Übereignung eines von den Kommunen zu stellenden Er-
        satzgrundstücks zu entschädigen. Diese Regelung war in
        der Praxis leergelaufen, weil die Gemeinden den Ämtern
        zur Regelung offener Vermögensfragen für diesen Zweck
        keine Grundstücke zur Verfügung stellten, unter anderem
        weil sie vom Entschädigungsfonds für die Bereitstellung
        nur die nach dem Entschädigungsgesetz vorgesehene Ent-
        schädigung erhielten.
        Überraschend hat das BVerwG zunächst mit dem Urteil
        vom 17. September 1998 den Kommunen den vollen Er-
        satz ihrer Aufwendungen, das heißt den Verkehrswert des
        Ersatzgrundstücks zugebilligt. Dies geht allerdings an der
        Ratio des § 9 VermG vorbei. Von Anfang an war die Rege-
        lung nicht gedacht als Surrogat für die ausgeschlossene
        Restitution, sondern bezog sich wertmäßig auf die Höhe
        der Entschädigung. Die Rechtsauffassung des BVerwG
        wirft neue Gleichbehandlungsprobleme auf und würde
        zudem den Bund mit unüberblickbaren finanziellen Risi-
        ken in Milliardenhöhe belasten. Zudem würden die redli-
        chen Erwerber durch Wiederaufgreifen zahlreicher be-
        reits abgeschlossener Verfahren erneut verunsichert. Des-
        wegen haben die neuen Länder sich übereinstimmend
        schon im Frühjahr 1999 für die Streichung ausgespro-
        chen.
        Nach bisheriger Rechtslage erhält ein Alteigentümer
        den Veräußerungserlös, wenn die Restitution einer be-
        weglichen Sache nicht mehr möglich ist. Ist kein Erlös
        erzielt worden, bestand kein Entschädigungsanspruch.
        Demgegenüber hatte das BVerwG am 19. November 1998
        entschieden, dass auch für bewegliche Sachen eine Ent-
        schädigung zu gewähren und dafür der Gesetzgeber eine
        Bemessungsgrundlage zu schaffen habe. Der im Entwurf
        vorgesehene neue § 5 a EntschG trägt dieser Entscheidung
        in differenzierter Weise Rechnung. Ausgangspunkt ist im-
        mer der Wert der Sache zum Schädigungszeitpunkt in der
        DDR. Durch Pauschalierungen wird der Verwaltungsvoll-
        zug vereinfacht. Erhöhte Nachweispflichten sollen einem
        Missbrauch entgegenwirken. Die Regelung kommt vor
        allem den Rehabilitierten zugute. Sie ist insgesamt einge-
        bunden in das System der Wiedergutmachungsleistungen
        nach dem EALG. Sie ist bereits im Vorfeld mit den neuen
        Ländern abgestimmt worden.
        Änderungsbedarf bezüglich der Privatisierung land-
        und forstwirtschaftlicher Flächen ergab sich durch eine
        Entscheidung der Europäischen Kommission vom Januar
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11049
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        1999. Die Kommission stellte darin fest: Die verbilligte
        Abgabe von Grundstücken an bestimmte Bewerbergrup-
        pen sei als Beihilfe anzusehen und mit dem Gemeinsamen
        Markt unvereinbar, weil sie teilweise zu hoch ausgefallen
        sei. Außerdem schließe die für die Erwerbergruppe der
        Pächter aufgestellte Erwerbsvoraussetzung der Orts-
        ansässigkeit zum 3. Oktober 1990 andere EU-Bürger vom
        Flächenerwerb aus. Sie sei deshalb diskriminierend.
        Die Bundesregierung war aufgefordert, die unzulässi-
        gen Beihilfen künftig nicht mehr zu gewähren, die in der
        Vergangenheit zuviel gewährten Beihilfen zurückzufor-
        dern und die Diskriminierung zu beseitigen.
        Der Gesetzentwurf sieht daher neben der Rückforde-
        rung der zuviel gewährten Beihilfen vor, den vergünstig-
        ten Kaufpreis einheitlich für alle Bewerbergruppen auf
        ein EU-konformes Niveau anzuheben. Die kritisierte Er-
        werbsvoraussetzung der Ortsansässigkeit am 3. Oktober
        1990 wird gestrichen.
        Besonders schwierig gestaltete sich die Ausräumung
        des Vorwurfs der Diskriminierung bei bereits abgeschlos-
        senen Kaufverträgen. Es ging darum, die Diskriminierung
        zu beseitigen, ohne alle betroffenen Verträge rückgängig
        zu machen. Gemeinsam mit der Europäischen Kommis-
        sion wurde ein Weg gefunden: Es reicht aus, wenn genü-
        gend Flächen nachgewiesen werden können, die bisher
        nicht berücksichtigten, nicht ortsansässigen Bewerbern
        angeboten werden können.
        Bei der Verteilung der vorhandenen Flächen auf die
        verschiedenen Interessenentengruppen waren deren wi-
        derstrebende Interessen zu berücksichtigen und zum Aus-
        gleich zu bringen. Betroffen sind hier vor allem – die Rei-
        henfolge stellt keine Wertung dar – Alteigentümer und
        Pächter, bei den Pächtern solche, die bereits in der DDR
        auf diesen Flächen Landwirtschaft betrieben haben, ohne
        Eigentum erwerben zu können, aber auch solche, die neu
        landwirtschaftliche Betriebe gegründet haben.
        Hinzu kamen noch die Interessen des Umweltschutzes:
        Viele Flächen in den neuen Ländern sind unter Umwelt-
        schutzgesichtspunkten in besonderem Maße wertvoll und
        schutzwürdig. Sowohl die Koalitionsvereinbarung als
        auch der Bundesrat in der Stellungnahme im ersten
        Durchgang und Sachverständige in der Anhörung vom
        19. Januar 2000 problematisieren die Behandlung von
        Naturschutzflächen im Zuge der Privatisierung.
        Bei der zu findenden Regelung galt es also, einerseits
        ausreichend Flächen für den Naturschutz bereitzustellen,
        andererseits aber bestehende Erwerbspositionen nicht un-
        zulässig zu beeinträchtigen und der Kommission zudem
        genügend Flächen nachweisen zu können, die bisher nicht
        berücksichtigten Bewerbern zur Verfügung stehen. Ein
        besonderes Anliegen des Finanzministers war es noch,
        dass die Regelung verkraftbar für die öffentlichen Haus-
        halte sein muss.
        Der nunmehr gefundene Kompromiss erfüllt diese Be-
        dingungen; er wird insbesondere den Vorgaben gerecht,
        welche die Europäische Kommission an eine Ausräu-
        mung der Diskriminierung gestellt hat: Für den Natur-
        schutz werden bis zu 100 000 Hektar zur Verfügung ge-
        stellt. Bis zu 50 000 Hektar erhalten Länder bzw. Natur-
        schutzverbände oder -stiftungen unentgeltlich; im
        Einzelnen sind das 20 000 Hektar Totalreservate, bis zu
        20 000 Hektar Forstflächen in bestimmten Schutzkatego-
        rien sowie bis zu 10 000 Hektar kleine Forstflächen. Wei-
        tere bis zu 50 000 Hektar können wert- und annähernd
        flächengleich mit landeseigenen Wirtschaftsflächen ge-
        tauscht werden; bei landwirtschaftlichen Flächen oder
        kleinen Waldflächen ist auch ein Kauf zum Verkehrswert
        möglich.
        Übrigens sprechen auch die kritischen Anmerkungen,
        die während des Gesetzgebungsverfahrens von praktisch
        allen Interessengruppen gemacht wurden, dafür, dass ein
        ausgewogener Kompromiss gefunden wurde: Wenn keine
        Seite völlig zufrieden mit dem Ergebnis ist, ist zumindest
        niemand einseitig bevorzugt worden.
        Man darf deshalb zu Recht hoffen, dass mit dem Ge-
        setzentwurf ein Schlussstrich unter ein wichtiges Kapitel
        der deutschen Wiedervereinigungsgeschichte gezogen
        wird.
        Anlage 8
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zu den Anträgen:
        – Charta der Grundrechte der Europäischen
        Union
        – Die Rechte der Bürger stärken – für eine
        bürgernahe Charta der Grundrechte der
        Europäischen Union
        – Verbindlichkeit der Europäischen Grund-
        rechtecharta und Beitritt der Europäischen
        Union zur europäischen Menschenrechts-
        konvention
        – Für eine rechtsverbindliche Europäische
        Grundrechtecharta
        (Tagesordnungspunkt 25)
        Dr. Klaus Grehn (PDS): Es liegen dem Hohen Hause
        vier Anträge vor, mit denen die Fraktionen des Deutschen
        Bundestages Einfluss nehmen wollen auf die Ausarbei-
        tung einer Charta der Grundrechte, die in der Europä-
        ischen Union gelten sollen. Unser Land hat Verdienste um
        ein solches Vorhaben, denn vom EU-Gipfel in Köln Ende
        vergangenen Jahres erging die Aufforderung zur Ausar-
        beitung eines solchen Regelwerkes an den später berufe-
        nen Konvent unter der Leitung von Roman Herzog. Wir
        möchten von dieser Stelle aus dem Alt-Bundespräsiden-
        ten danken für seine bisherige Arbeit, für die umsichtige
        und kompetente Leitung des Konvents bei den Beratun-
        gen, öffentlichen Anhörungen und Fachdiskussionen.
        Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten bei dem Ver-
        such, überall in der Europäischen Union und für jeder-
        mann gleichermaßen geltende Grundrechte festzuschrei-
        ben. Dennoch lassen die Anträge aller Fraktionen ein ho-
        hes Maß an Übereinstimmung in den Standpunkten
        erkennen, sieht man einmal davon ab, dass der Antrag der
        CDU/CSU allzu bescheiden ist und sich gerade der Aner-
        kennung gleicher sozialer Grundrechte in der Union ver-
        weigert. Unter anderem wegen dieses entscheidenden Un-
        terschiedes werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011050
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        Wir verweisen darauf, dass es jenseits aller juristischen
        Spitzfindigkeiten auf den politischen Gestaltungswillen
        der Bundesrepublik Deutschland und all der anderen Mit-
        gliedsländer und ihrer Regierungen ankommt. Es ist
        falsch, dass Gesetze und bisherige Praxis den Rahmen
        vorgeben, in dem etwas Neues sich vollziehen darf. Ge-
        setze können verändert, neue können beschlossen wer-
        den, wenn sie das als richtig und notwendig Erkannte ver-
        hindern. Das ist die alltägliche Praxis in der parlamenta-
        rischen Demokratie und unser täglich Brot. Und es besteht
        dringender Handlungsbedarf, die durch die Wirtschafts-
        und Währungsunion geschaffene Einheit durch einklag-
        bare Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu ergänzen.
        Denn die Europäische Union muss für ihre Bürgerinnen
        und Bürger erkennbar werden – damit kann Misstrauen
        und Desinteresse abgebaut werden, das nicht zuletzt
        durch die Art und Weise sowie den Inhalt von Entschei-
        dungen zur Wirtschafts- und Währungsunion gewachsen
        ist, die über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen
        wurden. Sie müssen nun ihre Rechte verständlich, schrift-
        lich fixiert und konkret einklagbar gegenüber EU-Institu-
        tionen in einem Grundrechtekatalog wiederfinden. Denn
        schon jetzt greifen Entscheidungen der EU stärker in das
        Alltagsleben ein, als mancher wahrhaben will. Die Bürger
        Europas wollen keine EU mit einem „Krieg der Stand-
        orte“, gnadenloser Konkurrenz zwischen Arbeitnehme-
        rinnen und Arbeitnehmern und europaweitem Sozialab-
        bau. Soziale Grundrechte und ihre Fixierung entlang der
        am deutlichsten im PDS-Antrag vorgegebenen Linien
        sind unverzichtbar. Das Recht auf eine menschenwürdige
        und einkommenssichernde Erwerbsarbeit, eine soziale
        Grundsicherung – solange für die Menschen massenhaft
        keine Arbeitsplätze zur Verfügung stehen – ohne Er-
        werbsarbeitszwang im Niedriglohnbereich, das Recht auf
        umfassende Gesundheitsvorsorge und der kostenlose Zu-
        gang zu Bildung sind notwendig, um aus dem Europa des
        freien Waren- und Kapitalverkehrs ein soziales Europa zu
        schaffen. Dazu haben sich im Übrigen alle Fraktionen die-
        ses Hauses bekannt. Warum wehrt man sich bei der
        CDU/CSU und F.D.P. gegen die Aufnahme des Rechtes
        auf Arbeit in die Charta, obwohl es doch selbst in der
        bayerischen Landesverfassung verankert ist? Nebenbei
        bemerkt: Bereits 1905 stellte der politisch unverdächtige
        Schweizer Moralist Hilthy fest, dass das Recht auf Arbeit
        das ursprünglichste aller Menschenrechte ist.
        Ein Europa ohne Sozialunion geht an den Bürgern vor-
        bei. Sie alle kennen den in Umfragen überdeutlich sicht-
        baren Trend zunehmender Skepsis gegenüber der EU an-
        gesichts der Gefahren von Sozialdumping, zunehmender
        Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Obwohl soziale Grund-
        rechte zweifelsfrei ein Standortvorteil für Europa sind,
        wenden manche sich gegen soziale Grundrechte, weil sie
        nicht bezahlbar wären und als rein ideelle Zielbestim-
        mung von Staaten im Grunde ausreichend berücksichtigt
        wären. Gleichzeitig aber erleben wir, dass die Schere zwi-
        schen Arm und Reich immer weiter aufgeht und sich re-
        gionale Ungleichgewichte trotz aller Förderprogramme
        ausweiten. Dieser Entwicklung müssen wir entgegensteu-
        ern. Für allzu viele nämlich bedeutet das, dass sie durch
        ihr Leben am oder unter dem Existenzminimum ihre
        Grund- und Freiheitsrechte praktisch verlieren.
        Der Antrag der PDS sieht deshalb vor, dass in Durch-
        setzung des Sozialstaatsprinzips soziale Grundrechte in
        der Charta verankert werden und ein politischer Wille der
        europäischen Regierungen sichtbar wird, der die Grund-
        lagen schafft, diese Rechte auch durchzusetzen. Wir hof-
        fen, dass auch mit der zu vermutenden Annahme des An-
        trages der regierenden Koalition der gegenwärtig zu
        verzeichnende Trend zur Ausblendung aller wirklichen
        Fortschritte für die Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich
        ihrer politischen und sozialen Rechte gestoppt wird. Die
        Bundesregierung muss ihr durch den Deutschen Bundes-
        tag verliehenes Mandat tatsächlich anwenden, um ihren
        Einfluss und ihr Gewicht einzusetzen, die groß und hoff-
        nungsvoll angekündigte Charta der Grundrechte in ihrer
        Substanz auch gegen den Widerstand anderer Staaten der
        EU zu retten. Diese Charta darf nicht zu einem bedeu-
        tungslosen Anhang, zu einer weiteren bloßen Willenser-
        klärung verkommen. Sie muss Bestandteil des Vertrages
        von Amsterdam werden und einklagbare politische und
        soziale Grundrechte auf der europäischen Ebene schaffen.
        Anlage 9
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Fünften Geset-
        zes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (Ta-
        gesordnungspunkt 26)
        Joachim Stünker (SPD): Mit dem vorliegenden Ge-
        setzentwurf unterbreiten die Koalitionsfraktionen einen
        Vorschlag zur Neugestaltung der Gefangenenentlohnung
        im Strafvollzugsgesetz. Diese Neuregelung ist dringend
        erforderlich. In seinem Urteil vom 1. Juli 1998 hat das
        Bundesverfassungsgericht die bisherige Entlohnungspra-
        xis für verfassungswidrig erklärt, da sie keine angemes-
        sene Anerkennung für zugewiesene Arbeit im Strafvoll-
        zug gewährleistet. Die weitere Anwendung der geltenden
        Regelung ist daher in dem Urteil bis längstens 31. De-
        zember 2000 beschränkt worden. Sollte bis dahin keine
        Neuregelung in Kraft getreten sein, entscheiden künftig
        die zuständigen Gerichte über die Bemessung des Ar-
        beitsentgelts.
        Das Verfassungsgericht hat in seiner Entscheidung be-
        tont, dass unser Grundgesetz den Gesetzgeber zur Ent-
        wicklung und Umsetzung eines wirksamen Konzeptes der
        Resozialisierung im Strafvollzug verpflichtet. Für die
        Ausgestaltung der Gefangenentlohnung bedeutet dies –
        ich zitiere –: „Arbeit im Strafvollzug, die dem Gefange-
        nen als Pflichtarbeit zugewiesen ist, ist nur dann ein wirk-
        sames Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit
        angemessene Anerkennung findet. Diese ... Anerkennung
        muss geeignet sein, dem Gefangenen den Wert regel-
        mäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortliches
        und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren
        Vorteils vor Augen zu führen.“
        Dieses Resozialisierungsgebot, das ja in unserer heuti-
        gen Gesellschaft leider immer weniger auf Zustimmung
        zu stoßen scheint, ist eben nicht sozialromantische Spin-
        nerei, sondern folgt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 in Ver-
        bindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG und hat
        damit Verfassungsrang.
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11051
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        Sie alle wissen, die Ausgestaltung des Strafvollzugs
        und die Situation von Gefangenen ist in unserer Medien-
        gesellschaft ein schwieriges Thema. Oft wird verkürzt
        und unsachlich berichtet oder Stimmungsmache betrie-
        ben. Ich möchte daher an dieser Stelle betonen, wie froh
        ich darüber bin, dass das Bundesverfassungsgericht im-
        mer wieder – auch gegen den Zeittrend – die Wertent-
        scheidungen unserer Verfassung unterstreicht und für ihre
        Gewährleistung gerade auch im Interesse der Schwachen
        Sorge trägt.
        Ich bin der festen Überzeugung, ohne besagte Ent-
        scheidung des Bundesverfassungsgerichts würden wir
        hier heute in diesem Hohen Hause nicht über das Reso-
        zialisierungsgebot und einen Gesetzentwurf zur Erhö-
        hung der Gefangenenentlohnung diskutieren.
        Die Befürchtung, dass dieses Thema von interessierter
        Seite für Desinformationszwecke missbraucht wird, ist
        leider traurige Realität. So bin ich nach einem Bericht der
        „Bild“-Zeitung aus meinem Wahlkreis mit der Frage kon-
        frontiert worden, ob es richtig sei, dass die Bundesregie-
        rung eine Erhöhung der Bezüge von Strafgefangenen um
        40 Prozent plane, wohingegen Tariferhöhungen in ande-
        ren Bereichen doch nur zwischen 1,5 und 5 Prozent lägen.
        Einem solchen Umgang mit dem sensiblen Thema sollten
        wir im Interesse unserer Verfassungsgüter alle gemeinsam
        entgegentreten.
        Fakt ist doch, dass die bei In-Kraft-Treten des Straf-
        vollzugsgesetzes kontinuierlich vorgesehene Steigerung
        der Gefangenenentlohnung vonseiten des Gesetzgebers
        eben nicht in die Wege geleitet worden ist. Die in § 200
        StVollzG festgeschriebene Höhe der Eckvergütung be-
        trägt seit 1976 kontinuierlich 5 Prozent der Bezugsgröße
        des Durchschnittseinkommens aller in der gesetzlichen
        Rentenversicherung Versicherten. De facto bedeutet das
        eine Entlohnung von 10 DM für einen sechsstündigen Ar-
        beitseinsatz. Der Feststellung des Bundesverfassungsge-
        richts, dass Pflichtarbeit mit solcher Entlohnung kein ge-
        eignetes Resozialisierungsmittel darstelle, da es an einer
        angemessenen Anerkennung fehle, die den Gefangenen
        den Wert regelmäßiger Arbeit in Gestalt eines für ihn
        greifbaren Vorteils vor Augen führe, kann man sich kaum
        entziehen.
        Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
        im Jahr 1998 hat es zwischen Bund und Ländern diverse
        Versuche gegeben, sich gemeinsam auf eine Neuregelung
        zu verständigen. Dieses ist jedoch letztendlich im Span-
        nungsfeld zwischen einer den verfassungsrechtlichen An-
        forderungen genügenden Ausgestaltung des Strafvollzugs
        und den sich daraus ergebenden erheblichen finanziellen
        Folgen für die Bundesländer gescheitert.
        Ich denke, in diesem Hohen Hause stimmen wir alle
        darin überein: Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber,
        dafür Sorge zu tragen, dass vor Ablauf der Übergangsfrist
        Ende des Jahres eine Neuregelung zustande kommt. Wir
        dürfen nicht sehenden Auges eine Rechtszersplitterung
        hinnehmen, wie sie bei Vergütungsentscheidungen im Er-
        messen der einzelnen Gerichte droht. Mit unserem heuti-
        gen Gesetzentwurf legen wir deshalb einen Vorschlag zur
        Ausgestaltung der Gefangenenentlohnung vor.
        Im Einzelnen: Der Gesetzentwurf sieht vor, die Höhe
        der Eckvergütung von 5 Prozent auf 15 Prozent der Be-
        zugsgröße zu erhöhen. In der Praxis bedeutet dies für voll-
        beschäftigte Gefangene eine deutliche Erhöhung von der-
        zeit circa 215 DM monatlich auf circa 660 DM monatlich.
        Damit wird dem Petitum nach einer angemessenen Ent-
        lohnung Genüge getan.
        Der Vorschlag einiger Länder, die Eckvergütung nur
        auf 7 Prozent der Bezugsgröße zu erhöhen, ist zwar aus
        Sicht der Finanzsituation der Länder verständlich, verfas-
        sungsrechtlich aber problematisch. Er wird im Übrigen
        auch von Justizvollzugspraktikern, wie der Beitrag von
        Thomas Ullenbruch in der ZRP vom Mai dieses Jahres
        zeigt, nicht unterstützt.
        Wichtig ist aber nicht nur die absolute Höhe der künf-
        tigen Gefangenenentlohnung. Viel entscheidender ist aus
        meiner Sicht die Möglichkeit der Verwendung, die wir
        den Gefangenen einräumen. Hier setzt der Gesetzentwurf
        besondere Maßstäbe. Die Erhöhung der Entlohnung soll
        insbesondere drei Zwecken dienen: erstens der Wieder-
        gutmachung gegenüber den Opfern der Straftaten; zwei-
        tens dem Abbau der oft erheblichen Schuldenlast der
        Gefangenen während ihrer Inhaftierung; drittens der
        Möglichkeit zur Ansparung eines deutlich höheren Über-
        brückungsgeldes.
        Dieses wird dadurch sichergestellt, dass den Gefange-
        nen künftig statt eines Anteils von bisher zwei Dritteln nur
        noch ein Viertel ihrer monatlichen Bezüge im Strafvoll-
        zug als Hausgeld für Einkaufszwecke zur Verfügung
        steht. Nominal bedeutet dies aufgrund der Erhöhung der
        Eckvergütung bei vollbeschäftigten Gefangenen immer
        noch eine Anhebung um circa 22 DM. Der überwiegende
        Teil der Erhöhung von über 420 DM steht aber durch
        diese Ausgestaltung nicht für den Einkauf zur Verfügung,
        sondern kann für die oben genannten Zwecke eingesetzt
        werden.
        Der Entwurf setzt dadurch auch inhaltliche Maßstäbe,
        indem wir im Einklang mit unseren rechtspolitischen Be-
        strebungen im Bereich des materiellen Strafrechts und des
        Strafprozessrechts eine Verbesserung der Stellung von
        Verbrechensopfern ermöglichen, wie sie von Kriminolo-
        gen und Strafrechtswissenschaftlern seit mehr als 20 Jah-
        ren mit Nachdruck gefordert wird. So kann künftig aus
        den erhöhten Gefangenenbezügen vom Täter verstärkt
        Wiedergutmachung für die Opfer seiner Straftaten geleis-
        tet werden. Dadurch kann der Gefangene stärker als bis-
        her angehalten werden, sich im Strafvollzug mit den Fol-
        gen seiner Tat sowie dem Opfer und dem diesen entstan-
        denen Schaden auseinander zusetzen.
        Weiterhin verstärken wir das Resozialisierungselement
        im Strafvollzug: Heute sind nach Angaben der Bundesar-
        beitsgemeinschaft Straffälligenhilfe etwa drei Viertel aller
        Gefangenen erheblich verschuldet. Es ist unbestritten,
        dass die Bewältigung dieser Schuldenlast während und
        nach der Haft eine wesentliche Rolle bei der Wiederein-
        gliederung von Gefangenen spielt. Durch die Neurege-
        lung verbessern wir die Möglichkeit zum Schuldenabbau
        und steigern damit auch die Resozialisierungschancen der
        Betroffenen.
        Entsprechende Bedeutung kommt auch der verbesser-
        ten Möglichkeit zur Ansparung des Überbrückungsgel-
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011052
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        des zu. Viele Gefangene benötigen unmittelbar nach der
        Entlassung, noch bevor staatliche Mittel verfügbar sind,
        größere Geldbeträge, insbesondere zur Wohnungs- und
        Arbeitssuche. Die Verfügbarkeit entsprechend hoher
        Überbrückungsgeldbeträge stärkt die Wiedereingliede-
        rung und trägt auch dem Gedanken, finanzielle Vorsorge
        für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige zu treffen,
        Rechnung.
        Der Gesetzentwurf stellt auch sicher, dass die Vergü-
        tungserhöhung Gefangenen, die an Maßnahmen der
        Schul- und Berufsbildung teilnehmen, zugute kommt.
        Damit stärken wir den Anreiz zur Teilnahme an Bildungs-
        und Qualifizierungsmaßnahmen – auch das ein Beitrag
        zur Stärkung des Resozialisierungsgedankens im Straf-
        vollzug.
        Fazit: Mit unserem Gesetzentwurf legen wir dem Bun-
        destag ein gelungenes Konzept zur verfassungsgerichtlich
        geforderten Umgestaltung der Gefangenenentlohnung
        vor, das die Resozialisierung im Strafvollzug nachhaltig
        unterstützen wird. Ich hoffe, der Entwurf findet breite Zu-
        stimmung in diesem Hohen Haus.
        Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU):Wir beschäftigen
        uns heute mit dem Gesetzentwurf der Regierungskoali-
        tion zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes, bei dem es
        um die Neuregelung der Gefangenenentlohnung geht.
        Es besteht zwingender Handlungsbedarf, weil die der-
        zeitige Regelung der Gefangenenentlohnung nach dem
        Urteil des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Resozia-
        lisierungsgebot unvereinbar ist. Die Regierungskoalition
        hat sich Zeit gelassen mit der Erarbeitung und Einbrin-
        gung des Gesetzentwurfes und es gerade noch geschafft,
        die erste Lesung zum letztmöglichen Zeitpunkt vor der
        parlamentarischen Sommerpause auf die Tagesordnung
        zu setzen. Die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte
        Frist für eine verfassungskonforme Neuregelung läuft be-
        kanntlich am 31. Dezember dieses Jahres aus.
        Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die
        Höhe des Arbeitsentgelts als einen Faktor angesehen, von
        dem abhängt, ob die nach Art. 12 Abs. 3 GG zulässige
        Pflichtarbeit und die Arbeitszuweisung im Strafvollzug
        als Mittel der verfassungsrechtlich gebotenen Resoziali-
        sierung geeignet sind. Arbeit im Strafvollzug, die den Ge-
        fangenen als Pflichtarbeit zugewiesen wird, sei nur dann
        ein wirksames Resozialisierungsmittel, wenn die geleis-
        tete Arbeit eine angemessene Anerkennung finde. Den
        Gefangenen müsste in einem Mindestmaß bewusst ge-
        macht werden können, dass Erwerbsarbeit zur Herstel-
        lung einer Lebensgrundlage sinnvoll ist. Voraussetzung
        dafür, dass einem Gefangenen die Angemessenheit der
        Vergütung der Arbeit vor Augen geführt werde, sei jedoch
        ein transparentes und nachvollziehbares Berechnungs-
        system.
        Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht dem Ge-
        setzgeber bei der Regelung dessen, was angemessen ist,
        einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt, innerhalb
        dessen die typischen Bedingungen des Strafvollzugs in
        Rechnung gestellt werden können. Hiermit hat das Bun-
        desverfassungsgericht ausdrücklich klargestellt, dass die
        zu gewährende Anerkennung der Pflichtarbeit nicht dem
        tatsächlichen Wert der von den Gefangenen geleisteten
        Arbeit entsprechen muss, sondern in verfassungsrechtlich
        unbedenklicher Weise auch unterhalb dieses Wertes lie-
        gen kann.
        Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht ausgespro-
        chen, dass die Anerkennung der geleisteten Arbeit nicht
        notwendig finanzieller Art sein muss. Anerkennung sei
        nicht nur ein monetäres Konzept; vielmehr sei die mo-
        derne Gesellschaft geradezu darauf angewiesen, dass frei-
        willig geleistete oder auch zugewiesene Arbeit andere als
        finanzielle Formen der Anerkennung erfahre.
        Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes
        besteht grundsätzlich eine Vielzahl verschiedener Mög-
        lichkeiten, um Gefangenen, denen eine Arbeit oder eine
        sonstige Beschäftigung zugewiesen oder zugeteilt worden
        ist oder die zu einer Hilfstätigkeit verpflichtet worden
        sind, eine angemessene Anerkennung ihrer regelmäßigen
        Arbeit zu gewähren, nämlich monetäre Konzepte, nicht
        monetäre Konzepte oder Kombinationsmöglichkeiten aus
        beiden.
        Soweit die Ausgangslage aufgrund der Karlsruher Vor-
        gabe.
        Der heute zu beratende Gesetzentwurf der Regierungs-
        koalition geht über diese Vorgaben des Bundesverfas-
        sungsgerichts weit hinaus – und ist dennoch kein großer
        Wurf. Das Bundesjustizministerium hätte sich besser ori-
        entieren sollen an dem ohne Gegenstimmen beschlosse-
        nen Vorschlag der Herbstkonferenz der Justizministerin-
        nen und Justizminister der Länder. Stattdessen will Frau
        Däubler-Gmelin die Gefangenenentlohnung um ganze
        200 Prozent erhöhen. So sieht der Entwurf unter anderem
        vor, das Arbeitsentgelt von 5 Prozent der Eckvergütung
        auf 15 Prozent zu verdreifachen.
        Eine solche Regelung würde nicht nur die Länder-
        haushalte in kaum zu vertretender Weise belasten, son-
        dern auch in erheblichem Maße zum Abbau von Arbeits-
        plätzen führen. Allein den bayerischen Staatshaushalt
        beispielsweise würde die Verdreifachung der Gefangene-
        nentlohnung mit Mehrkosten in Höhe von etwa 33,4 Mil-
        lionen DM belasten.
        Die Bundesjustizministerin will also die Länder zwin-
        gen, den Gefangenen weit mehr als das von Verfassungs
        wegen Gebotene zu bezahlen. Dies ist nicht nur eine ab-
        solut unnötige Mehrbelastung der Länderhaushalte, son-
        dern gleichzeitig eine Maßnahme, die sich de facto mit-
        telfristig nachteilig auf die Arbeitsplatzsituation in den
        Justizvollzugsanstalten und damit auf die Resozialisie-
        rungsmöglichkeiten im Vollzug auswirken würde.
        Eine Erhöhung des Arbeitsentgeltes in dieser Dimen-
        sion würde insgesamt zu einer so erheblichen Verteuerung
        der Arbeitsleistung der Gefangenen führen, dass damit
        die – schon jetzt angesichts der Öffnung der Grenzen
        schwierige – Konkurrenzsituation der Justizvollzugsan-
        stalten gegenüber Billiglohnländern weiter verschärft
        würde. Die Justizvollzugsanstalten wären gezwungen,
        das erhöhte Arbeitsentgelt wenigstens zu erheblichen Tei-
        len selbst zu erwirtschaften. Die Folge: Die Gefangenen-
        arbeit würde sich deutlich verteuern. Für private Unter-
        nehmen wäre es aber dann kaum mehr interessant, in den
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11053
        (C)
        (D)
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        (B)
        JVAs eigene Arbeitsbetriebe zu unterhalten; viele dieser
        Unternehmerbetriebe würden abwandern. Die Justizvoll-
        zugsanstalten müssten die erhöhten Arbeitskosten auf die
        Preise umlegen und könnten deshalb weniger Aufträge
        einholen. Das Ergebnis wäre eine drastische Zunahme der
        Arbeitslosigkeit in den Justizvollzugsanstalten.
        Dies liefe nicht nur dem Anliegen des Bundesverfas-
        sungsgerichts diametral entgegen, die Bedingungen für
        eine Resozialisierung der Gefangenen zu verbessern, son-
        dern würde infolge der Zusammenballung beschäfti-
        gungsloser Strafgefangener auch zu einer erheblichen Ge-
        fährdung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvoll-
        zugsanstalten führen.
        Auch in einem weiteren Punkt geht der Gesetzentwurf
        über das hinaus, was das Bundesverfassungsgericht ver-
        langt: Während Karlsruhe seine Vorgaben allein auf das
        Arbeitsentgelt für die zur Arbeit verpflichteten Strafge-
        fangenen bezieht, will die Bundesjustizministerin auch
        die Löhne für die auf freiwilliger Basis Beschäftigten, die
        Untersuchungsgefangenen und die jugendlichen Gefan-
        genen, einbeziehen. Außerdem hat das Bundesverfas-
        sungsgericht, wie bereits erwähnt, in seiner Entscheidung
        ausdrücklich klargestellt, dass die zu gewährende Aner-
        kennung der Pflichtarbeit nicht notwendig finanzieller Art
        sein muss. Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht jedoch
        keine Regelung zur immateriellen Vergütung der Gefan-
        genenarbeit vor.
        Die CDU/CSU-Fraktion lehnt deshalb den von der
        Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf ab und
        wird in Kürze einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen,
        der sich an dem einmütigen Beschluss der Justizministe-
        rinnen und Justizminister der Länder vom Herbst 1999
        orientiert.
        Wir wollen die Erhöhung des Arbeitsentgelts für die
        zur Arbeit verpflichteten Strafgefangenen auf das von
        Verfassungs wegen erforderliche Maß beschränken. Das
        heißt konkret: Wir befürworten eine Steigerung der Löhne
        der Gefangenen in Höhe von 40 Prozent statt 200 Prozent.
        Für die Länderhaushalte und damit die Steuerzahler be-
        deutet das, dass sie jährlich um circa 189 Millionen DM
        weniger belastet werden als nach den Vorstellungen der
        Bundesjustizministerin. Die weder zweckmäßige noch
        verfassungsrechtlich gebotene Einbeziehung von Unter-
        suchungsgefangenen, Gefangenen in freien Beschäfti-
        gungsverhältnissen und jugendlichen Strafgefangenen
        lehnen wir ab. Dafür wollen wir den Vorgaben des Bun-
        desverfassungsgerichtes entsprechend die Möglichkeit
        von bis zu sechs zusätzlichen Freistellungstagen vorse-
        hen, die durch Ableistung von Pflichtarbeit angespart
        werden können. Der Strafgefangene kann diese dann zur
        Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes oder zur Ge-
        währung von Urlaub aus der Haft nutzen. Dies dürfte
        nicht nur im Interesse des Gefangenen sein, sondern ent-
        lastet auch den Steuerzahler.
        Außerdem bin ich der Meinung, dass wir uns anlässlich
        dieser Diskussion um die Änderung des Strafvollzugs
        auch einmal intensiv mit dem Gedanken beschäftigen
        sollten, in welchem Umfang eine teilweise Privatisierung
        des Strafvollzugs bei uns möglich und sinnvoll ist. Die Er-
        fahrungen in Frankreich und England mit teilprivatisier-
        ten Haftanstalten sind durchweg gut. In Hessen gibt es ja
        unter der von CDU und F.D.P. geführten Regierung hierzu
        erste Ansätze. Ich glaube, dass man damit den Staat ent-
        lasten, Geld sparen und die Resozialisierung verbessern
        kann.
        Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Mehr als zwanzig Jahre hat es gedauert, bis dem Bundes-
        verfassungsgericht im Juli 1998 bei der Strafgefangenen-
        entlohnung der Geduldsfaden gerissen ist. Über zwei
        Jahrzehnte lang ist eine mit dem Grundgesetz kompatible
        Entlohnung vor allem am Widerstand der Länder ge-
        scheitert.
        Der heutige Gesetzentwurf macht endlich Schluss mit
        einem verfassungswidrigen und auch menschenunwürdi-
        gen Zustand in unseren Gefängnissen: Ein Stundenlohn
        von DM 1,72 stellt keine angemessene Anerkennung der
        Arbeitsleistung klar. Diese Unterbezahlung – man kann
        sie auch als Ausbeutung bezeichnen – läuft dem Zweck
        des Strafvollzuges, die Täter zu resozialisieren, zuwider:
        Wer die Gefangenen auf ein straffreies Leben in Freiheit
        vorbereiten will, muss ihnen auch den Sinn einer bezahl-
        ten Tätigkeit bewusst machen. Wer sie jedoch hinter Git-
        tern noch zusätzlich desillusioniert, darf sich später über
        die Folgen nicht wundern: Denn wer im Knast gelernt hat,
        dass sich Arbeit nicht lohnt, geht später auch in Freiheit
        lieber klauen.
        Sinn dieser Lohnerhöhung ist ja nicht, dass dem Ge-
        fangenen künftig mehr (Haus)-Geld für den Einkauf beim
        Anstaltskaufmann zur Verfügung steht. Nein, viel wichti-
        ger ist, dass wir den Gefangenen helfen, ihren Schulden-
        berg zu tilgen oder ihre Unterhaltsverpflichtungen zu er-
        füllen. Nach Berechnungen der Bundesarbeitsgemein-
        schaft für Straffälligenhilfe sind rund drei Viertel aller
        Gefangenen erheblich verschuldet. Auch viele Opfer von
        Straftaten gehen deshalb leer aus. Diese Mittel aber dür-
        fen den Gefangenen nicht vorenthalten werden. Auch das
        folgt aus dem Resozialisierungsgebot des Grundgesetzes.
        Wie in den Jahren zuvor protestieren auch jetzt wieder
        die Länder. Wer jetzt aber die „maßvollen“, weil kosten-
        sparenden Vorschläge von der Justizministerkonferenz im
        letzten Herbst begrüßt, sollte sich bitte einmal zurück-
        erinnern: Der verfassungswidrige Bezugsgrößen-Eckwert
        von 5 Prozent war bei In-Kraft-Treten des Strafvollzugs-
        gesetzes 1977 nur als Basiswert für die Anfangszeit des
        Gesetzes vorgesehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers
        sollte er eigentlich stufenweise bis 1986 auf 40 Prozent
        angehoben werden. 7 Prozent sind zu wenig. („tageszei-
        tung“, 7. Juli 2000)
        Im Vergleich zum Willen des Gesetzgebers ist also un-
        ser heutiger Vorschlag durchaus ein maßvoller: Eine Er-
        höhung des Wertes auf 15 Prozent – also ein Monatslohn
        von knapp 660 DM – stellt nach Einschätzung von Ex-
        perten sogar nur die Untergrenze des verfassungsrechtlich
        Vertretbaren dar. Der frühere Verfassungsrichter Kruis,
        der selbst an dem Urteil von 1998 mitgewirkt hat, sagt:
        „Ein zweistelliger Betrag sollte es schon sein.“
        Die Eckwerte der Justizminister vom November 1999
        halten einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011054
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        stand. Auch jetzt hat sich der rheinland-pfälzische Justiz-
        minister Mertin wieder für eine Erhöhung des Bezugs-
        größenanteils um gerade mal zwei Prozentpunkte ausge-
        sprochen. So nachvollziehbar angesichts der knappen
        Länderkassen dieser Vorschlag auch ist: Mit welchen Mit-
        teln bitte sollen die Gefangenen dann Wiedergutmachung
        an die Opfer und Unterhalt an ihre ohnehin schon gebeu-
        telten Familien leisten? Herr Kollege Funke, Sie haben
        kürzlich den Vorschlag der Koalition als „zu niedrig“ be-
        zeichnet. In Ordnung. Ich wäre Ihnen aber sehr dankbar,
        wenn Sie ihre Parteifreunde in den Ländern von dieser
        Meinung überzeugen könnten.
        Richtig ist: Karlsruhe hat sich nicht auf eine rein mo-
        netäre Lösung festgelegt. Und eine solche präsentieren
        wir Ihnen heute auch nicht. Ich nenne nur die Ausdehnung
        des Freistellungszeitraumes von 18 auf 24 Tage. Auch
        Haftzeitverkürzungen („good-time-Konzepte“), wie es
        die Länder vorschlagen, haben wir geprüft. Aber soll der
        Entlassungszeitpunkt etwa davon abhängen, ob in der An-
        stalt zufällig ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder
        aber ob ein Gefangener entschuldigt oder unentschuldigt
        der Pflichtarbeit ferngeblieben ist? Die verfassungsrecht-
        lichen Bedenken liegen auf der Hand. Und eine weitere
        Rüge aus Karlsruhe sollten wir uns alle ersparen.
        Rainer Funke (F.D.P.): Auch das Änderungsgesetz
        zum Strafvollzugsgesetz zeigt in eklatanter Weise, wie
        wenig sorgfältig zurzeit Vorgaben des Bundesverfas-
        sungsgerichts umgesetzt werden. Das Verfassungsgericht
        hat angeordnet, dass längstens bis zum 31. Dezember
        2000 § 200 Strafvollzugsgesetz zu ändern ist. Offensicht-
        lich weil das Justizministerium noch keine beschlussreife
        Vorlage für das Bundeskabinett hat fertigen können, ist
        wie bei anderen Gesetzesvorschlägen, die wir heute bera-
        ten haben, der Weg über die Fraktionsanträge gewählt
        worden. Bei einer solch wichtigen Frage, die die Länder
        massiv, auch finanziell, betrifft, wäre der ordnungs-
        gemäße Weg über Kabinett und Zuweisung an Bundesrat
        der einzig richtige gewesen, damit der Bundestag auch
        unter Berücksichtigung der Bundesratsinteressen hätte
        beraten können. Durch den jetzt gewählten Weg wird dem
        Bundestag nur nachträglich die Möglichkeit gegeben,
        seine Meinung zu äußern; das ist wenig länderfreundlich.
        Aber auch in der Sache ist der Gesetzesentwurf nicht
        ausgereift. Tatsächlich wird nur an der Schraube der Ver-
        gütung gedreht, statt auch sonstige Strafvollzugsfragen
        mit zu berücksichtigen.
        Die Arbeit von Strafgefangenen muss nach dem Urteil
        des Bundesverfassungsgerichts angemessen vergütet
        werden. Ich halte das auch für richtig, weil Anreize zur
        Arbeit der Resozialisierung des Strafgefangenen dienen.
        Er wird ausgebildet, hat auch während der Strafhaft eine
        sinnvolle Beschäftigung und soll mit seinem Entgelt auch
        dazu beitragen, später nicht der Sozialhilfe zur Last zu fal-
        len. Ich teile daher nicht die Auffassung der Länder, dass
        eine Erhöhung des Arbeitsentgeltes einseitig zur Belas-
        tung der Justizhaushalte wird; vielmehr kann dadurch
        auch eine Entlastung des Sozialetats eintreten. Dieses gilt
        nicht nur für die unmittelbare Zeit nach der Haftentlas-
        sung, sondern auch für die Zeit im Rentenalter, da der
        Strafgefangene durch angemessene Entlohnung in der
        Strafhaft bei Arbeitsaufnahme auch Rentenansprüche er-
        wirbt.
        Die bisher bekannt gewordenen Einlassungen der Lan-
        desjustizminister zeigen auch zu Recht, dass eine Insel-
        lösung, die lediglich die Vergütungsregelung betrifft, we-
        nig hilfreich ist. Auch die Frage, ob mit dem Arbeitsent-
        gelt eine Auflage verbunden werden kann und muss, ob
        der Strafgefangene angerichtete Schäden von dem erwor-
        benen Arbeitsentgelt zu begleichen hat, sollte berücksich-
        tigt werden. Mit anderen Worten: Wir Freien Demokraten
        regen eine umfassendere Regelung an. Es wäre daher bes-
        ser gewesen, dies nicht unter Zeitdruck machen zu müs-
        sen, wie es jetzt die Bundesregierung offensichtlich tat.
        Vielmehr sollten wir jetzt die Zeit nutzen, intensiv die
        Frage der Entlohnung von Strafgefangenen grundsätzlich
        im Rechtsausschuss zu beraten.
        Ulla Jelpke (PDS): SPD und Grüne behaupten im vor-
        liegenden Gesetzentwurf, sie wollten, ich zitiere, „eine
        Neuregelung der Gefangenenentlohnung schaffen, die
        verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und die den
        Strafvollzug den Zielen der Schadenswiedergutmachung
        und der Opferentschädigung näher bringt.“
        Ich bestreite das. Außerdem geht es nicht nur um Scha-
        denswiedergutmachung und Opferentschädigung. Es geht
        auch um Resozialisierung der Gefangenen. Schon 1977,
        also vor 23 Jahren, war im damaligen Strafvollzugsgesetz
        eine Erhöhung der Gefangenenentlohnung bis 1986 auf
        40 Prozent vorgesehen. Bei den Beratungen war damals
        sogar ein Tariflohn oder ein Lohn von 75 Prozent des Ta-
        rifs überlegt worden.
        Es ist schlimm, dass 20 Jahre später das Bundesverfas-
        sungsgericht kommen musste, um mit seinem Urteil vom
        1. Juli 1998 wieder etwas Bewegung zu erzwingen. Das
        Gericht hat ganz richtig die derzeitige Entlohnung der Ge-
        fangenen als Verstoß gegen das Resozialisierungsgebot
        und gegen das Grundgesetz kritisiert. Ich finde, das zeigt,
        wie weit sich die Debatte in letzter Zeit vom Resoziali-
        sierungsgebot und der Humanisierung des Strafvollzugs
        weg bewegt hat.
        Jetzt sollen sich die Gefangenen mit einer Anhebung
        von 5 Prozent auf 15 Prozent zufrieden geben. Statt durch-
        schnittlich 200 DM bekommen sie dann vielleicht künftig
        600 DM im Monat.
        Eine solche Anhebung reicht einfach nicht aus. Viele
        Gefangene sind mittellos, haben aber zugleich beträcht-
        liche finanzielle Verpflichtungen. Sie sind verpflichtet:
        zum Schadenausgleich für ihre Taten, zur Leistung von
        Unterhalt an Familienangehörige und zur Tilgung sonsti-
        ger Schulden. Etwa drei Viertel aller Gefangenen sind er-
        heblich verschuldet. Schon 1994 wurde in einer Untersu-
        chung festgestellt, dass Schulden zwischen 12 000 und
        45 000 DM nicht selten sind.
        Wie soll da mit 600 DM im Monat eine Schadenswie-
        dergutmachung, ein Opferausgleich und außerdem noch
        eine Resozialisierung dieser Gefangenen möglich sein?
        Das geht einfach nicht. Das wissen auch alle. Die CDU/
        CSU scheint deshalb das Gebot der Resozialisierung ganz
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11055
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        aufgeben zu wollen. Sie will einfach nur noch mehr Ge-
        fängnisse bauen.
        Eine solche Abkehr vom Resozialisierungsgebot ma-
        chen wir nicht mit. Wer Inhumanität im Strafvollzug will,
        hat uns zum Gegner.
        Bei meinen Besuchen in den JVAs im Mai in Nord-
        rhein-Westfalen haben alle Anstaltsleiter die tarifliche
        Entlohnung verlangt. Der stellvertretende Leiter der Jus-
        tizvollzugsanstalt in Freiburg hält eine Entlohnung von
        unter 20 Prozent sogar für verfassungswidrig.
        Auch im europäischen Vergleich liegt die Bundesrepu-
        blik bei der Gefangenenentlohnung nur auf Platz neun,
        also weit hinten.
        Die PDS hatte deshalb schon 1995 einen Antrag einge-
        bracht, der die Bezahlung der Gefangenen nach Tariflohn
        sowie die gesetzliche Einbeziehung der Strafgefangenen
        in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung for-
        derte. Ich finde, diese Forderung ist weiter richtig. Die
        Absicht der Justizminister der Länder, den Eckwert nur
        auf 7 Prozent anzuheben, ist demgegenüber schlicht und
        einfach ein Skandal.
        Ich finde, es ist höchste Zeit, in der Diskussion über
        den Strafvollzug wieder den Gedanken der Resozialisie-
        rung und der Humanität – auch gegenüber den Gefange-
        nen – zu stärken. Der Gesetzentwurf der Regierungspar-
        teien genügt diesem Anspruch in meinen Augen nicht.
        Dr. Eckhart Pick (Parl. Staatssekretär bei der Bun-
        desministerin der Justiz): Der Gesetzentwurf, der heute
        beraten wird, hat eine lange Vorgeschichte: Mit dem
        Strafvollzugsgesetz aus dem Jahr 1977 wurde die „Ar-
        beitsbelohnung“ für Gefangene durch einen Anspruch
        auf Arbeitsentgelt ersetzt. Gefangene sollten grundsätz-
        lich freien Arbeitnehmern gleichstehen. Das Arbeitsent-
        gelt sollte ein Mittel zur Resozialisierung der Gefangenen
        sein. Es sollte ihnen die Früchte ihrer Arbeit unmittelbar
        vor Augen führen.
        Strafgefangene bekommen seither für ihre Pflichtarbeit
        ein Arbeitsentgelt in Höhe von 5 Prozent des Durch-
        schnittsentgeltes der Arbeitnehmer, die in die gesetzliche
        Rentenversicherung einzahlen. Dies sind zur Zeit etwa
        220 DM im Monat „bei freier Kost und Logis“. Alle Ver-
        suche, das Arbeitsentgelt zu erhöhen, sind bisher unter
        Hinweis auf die zusätzlichen finanziellen Belastungen für
        die Länder gescheitert.
        Nimmt man die Zielsetzung des Strafvollzugsgesetzes
        ernst, muss die Arbeit von Gefangenen eine angemessene
        Anerkennung finden. Nur so kann auch der gesetzliche
        Auftrag erfüllt werden, Gefangene dabei zu unterstützen,
        für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und den durch die
        Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen. Von
        einem Monatslohn von 220 DM kann ein Gefangener kei-
        nen Unterhalt leisten, geschweige denn Entschädigung an
        die Opfer seiner Straftaten leisten.
        So war es deshalb nicht überraschend, dass das Bun-
        desverfassungsgericht die derzeitige Regelung über die
        Gefangenenentlohnung für verfassungswidrig erklärt hat.
        Sie ist mit dem im Grundgesetz verankerten Resozialisie-
        rungsgebot nicht vereinbar. Dabei hat das Bundesverfas-
        sungsgericht die geltend gemachten finanziellen Schwie-
        rigkeiten der Länder durchaus gesehen und in seine Über-
        legungen einbezogen.
        Es hat ausgeführt, dass Arbeit im Strafvollzug, die den
        Gefangenen als Pflichtarbeit zugewiesen wird, nur dann
        ein wirksames Resozialisierungsmittel sei, wenn die ge-
        leistete Arbeit „angemessene“ Anerkennung finde. Die
        Arbeit müsse geeignet sein, den Gefangenen den Wert re-
        gelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortliches
        und straffreies Leben in Gestalt eines für sie greifbaren
        Vorteils vor Augen zu führen.
        Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, die Gefangenen-
        entlohnung bis zum Ende diesen Jahres neu zu regeln. Wir
        müssen nun tätig werden. Das Berufen auf leere Kassen
        hilft nicht weiter. Denn: Gelingt es nicht, die Gefangenen-
        entlohnung bis zum 1. Januar 2001 verfassungsgemäß
        auszugestalten, werden die Gerichte darüber entscheiden,
        wie das Arbeitsentgelt zu bemessen ist. Es ist davon aus-
        zugehen, dass die gerichtliche Festsetzung des Arbeits-
        entgeltes die Länder stärker belasten wird als die im Ent-
        wurf vorgeschlagene Neuregelung.
        Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden die For-
        derungen des Bundesverfassungsgerichts durch die Er-
        höhung des Bezugsgrößenanteils von 5 auf 15 Prozent
        umgesetzt. Wer meint, dies sei zu großzügig bemessen,
        dem halte ich entgegen, dass wir eine Regelung brauchen,
        mit der wir verfassungsrechtlich auf der sicheren Seite
        sind, eine Regelung also, die die Forderung des Bundes-
        verfassungsgerichts sicher erfüllt und die konsequent auf
        das Vollzugsziel der Resozialisierung gerichtet ist.
        Halbherzige Entscheidungen, die Gefahr laufen, einer
        sicher zu erwartenden erneuten verfassungsgerichtlichen
        Überprüfung nicht standzuhalten, werden insbesondere
        den Ländern schaden. Auch sollten wir die Gefahr ver-
        meiden, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz-
        geber ein weiteres Mal vorschreibt, was er zu tun hat.
        Die Erhöhung der Gefangenenentlohnung eröffnet
        mehr Spielraum für die Opferentschädigung, für Unter-
        haltszahlungen und für die Schuldenregulierung. Dem
        Gefangenen selbst steht dagegen für den persönlichen Be-
        darf monatlich nur ein geringfügig größerer Betrag als
        bislang zur Verfügung. Damit werden die Gefangenen
        endlich – wenn auch nur ein kleines Stück weit – lernen
        können, Verantwortung zu übernehmen. Die Bundesre-
        gierung unterstützt deshalb diesen Koalitionsentwurf
        nachdrücklich.
        Durch die Erhöhung der Gefangenenentlohnung wer-
        den die Länder ohne Zweifel belastet. Ich möchte aber
        eindringlich davor warnen, zu glauben, es gäbe billigere
        Möglichkeiten. Der Gesetzentwurf berücksichtigt die Fi-
        nanzsituation in den Ländern. Obwohl es wünschenswert
        wäre, die Gefangenen endlich auch in die Kranken- und
        Rentenversicherung einzubeziehen, wird dies gerade mit
        Rücksicht auf die schlechte Haushaltslage der Länder
        nicht vorgeschlagen. Bei allem Verständnis für die Fi-
        nanznöte der Länder: Eine Erhöhung der Gefangenenent-
        lohnung in dem Umfang, wie sie der Koalitionsentwurf
        vorsieht, muss möglich sein.
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 200011056
        (C)
        (D)
        (A)
        (B)
        Anlage 10
        Amtliche Mitteilung
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
        geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-
        gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla-
        ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung
        abgesehen hat.
        Finanzausschuss
        Drucksache 14/3341 Nr. 2.34
        Ausschuss für Ernährung,
        Landwirtschaft und Forsten
        Drucksache 14/3341 Nr. 2.45
        Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
        Drucksache 14/2952 Nr. 1.2
        Ausschuss für Gesundheit
        Drucksache 14/3050 Nr. 2.24
        Drucksache 14/3428 Nr. 2.3
        Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
        Reaktorsicherheit
        Drucksache 14/3428 Nr. 2.21
        Drucksache 14/3428 Nr. 2.22
        Ausschuss für die Angelegenheiten der
        Europäischen Union
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.3
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.4
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.5
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.6
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.7
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.8
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.9
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.10
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.11
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.12
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.13
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.14
        Drucksache 14/2747 Nr. 2.29
        Drucksache 14/2952 Nr. 2.11
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
        geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der
        Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der
        nachstehenden Vorlage absieht:
        Auswärtiger Ausschuss
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der West-
        europäischen Union für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezem-
        ber 1999
        – Drucksachen 14/2657, 14/2947 Nr. 1.2 –
        – Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen
        Gruppe der Bundesrepublik Deutschland
        über die 102. Interparlamentarische Konferenz vom 10. bis
        16. Oktober 1999 in Berlin
        – Drucksachen 14/2856, 14/3048 Nr. 2 –
        Innenausschuss
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwick-
        lung des Fonds fürWiedergutmachungsleistungen an jüdi-
        sche Verfolgte
        – Drucksachen 14/2436, 14/2736 Nr. 1 –
        Haushaltsausschuss
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 –
        Von der EU nicht übernommene Marktordnungsausgaben –
        bis zur Höhe von 42 780 TDM
        – Drucksachen 14/3291, 14/3419 Nr. 3 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung bei Kapitel
        09 01 Titel 517 01 – Bewirtschaftung der Grundstücke, Ge-
        bäude und Räume –
        – Drucksachen 14/3289, 14/3419 Nr. 2 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel
        15 10 Titel 712 11 – Baumaßnahmen von mehr als 2 Milli-
        onen DM im Einzelfall; Neubau eines Labor- und Verwal-
        tungsgebäudes für das Bundesinstitut fürArzneimittel und
        Medizinprodukte
        – Drucksachen 14/3347, 14/3419 Nr. 4 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Über- und außerplanmäßige Ausgabe im ersten Vierteljahr
        des Haushaltsjahres 1998
        – Drucksachen 13/10856, 14/272 Nr. 78 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Über- und außerplanmäßige Ausgaben im zweiten Viertel-
        jahr des Haushaltsjahres 1998
        – Drucksachen 13/11328, 14/69 Nr. 1.26 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Über- und außerplanmäßige Ausgaben im dritten Viertel-
        jahr des Haushaltsjahres 1998
        – Drucksachen 14/55, 14/69 Nr. 1.32 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Über- und außerplanmäßige Ausgaben im vierten Viertel-
        jahr des Haushaltsjahres 1998
        – Drucksachen 14/455, 14/592 Nr. 1 –
        Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
        – Unterrichtung durch die Regulierungsbehörde für Tele-
        kommunikation und Post
        Tätigkeitsbericht 1998/1999 der Regulierungsbehörde für
        Telekommunikation und Post – Bericht nach § 81 Abs. 1 Te-
        lekommunikationsgesetz und nach § 47 Abs. 1 Postgesetz
        und
        Sondergutachten der Monopolkommission gemäß
        § 81 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz und § 44 Postgesetz
        – Drucksachen 14/2321, 14/2555 Nr. 1.2 –
        Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Zweiter Bericht nach § 70 des Dritten Buches Sozialgesetz-
        buch i. V. m. § 35 des Bundesausbildungsförderungsgeset-
        zes zur Überprüfung der Bedarfssätze der Berufsausbil-
        dungsbeihilfe
        – Drucksache 14/2424 –
        Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 115. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juli 2000 11057
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        Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin