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    Vokabeln: 9
    1. Kollege: 1
    2. Waigel,: 1
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    6. Zwischenfrage: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung des ersten und letzten frei gewähl- ten Ministerpräsidenten der DDR, Herrn Lothar de Maizière . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10600 D Tagesordnungspunkt 19: Wahlvorschlag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wahl eines Mitgliedes des Parlamentarischen Kon- trollgremiums gemäß §§ 4 und 5 Abs. 4 des Gesetzes über die parlamentarische Kon- trolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremium – PKGrG) (Drucksache 14/3663) . . . . . . . . . . . . . . . 10593 A Wahl des Abgeordneten Hermann Bachmaier als Mitglied des Parlamentarischen Kontroll- gremiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10593 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10596 D Tagesordnungspunkt 17: Vereinbarte Debatte anlässlich des zehnten Jahrestages derWirtschafts-, Währungs- und Sozialunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10593 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10593 D Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 10596 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10601 A Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 10603 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10605 D Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 10607 D Dr. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident (Sachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10611 A Dr. Mathias Schubert SPD . . . . . . . . . . . . . . . 10614 D Zusatztagesordnungspunkt 14: Aktuelle Stunde betr. besserer Schutz der Bevölkerung – insbesondere von Kindern – vorAngriffen von Kampfhunden . . . . . . 10618 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 10618 B Hartmuth Wrocklage, Senator (Hamburg) . . . 10619 B Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 10620 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10621 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10622 C Rolf Stöckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10623 D Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 10624 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10626 A Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10627 A Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . . . . . . 10628 B Beatrix Philipp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 10629 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 10630 B Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/ CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10631 B Harald Friese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10632 A Hartmuth Wrocklage, Senator (Hamburg) . . . 10633 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 10633 C Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 10633 D Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Rainer Jork, Katherina Reiche, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Lehrstellenmangel Ost mit wirksamen Regelungen angehen (Drucksache 14/3185) . . . . . . . . . . . . . . . 10634 A Plenarprotokoll 14/112 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 112. Sitzung Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 I n h a l t : Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU . . . . . . . . . . . 10634 B Ingrid Holzhüter SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10636 A Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU . . . . . . . . . 10637 A Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10637 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10639 A Gerhard Jüttemann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 10640 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BF . . . 10640 D Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 10641 D Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Fraktion PDS: Erleichterte und erweiterte Rehabilitierung und Ent- schädigung für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR (Drucksache 14/2928) . . . . . . . . . . . . . . . 10643 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Abgeordneten Günter Nooke, Ulrich Adam, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion CDU/CSU ein- gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht (Drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz) (Drucksache 14/3665) . . . . . . . . . . . . . . . 10643 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Ulrich Adam, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Den jenseits von Oder und Neiße Verschleppten wirksam und dauerhaft helfen (Drucksache 14/3670) . . . . . . . . . . . . . . . 10643 D Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10644 A Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 10644 D Barbara Wittig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10646 C Jürgen Türk F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10648 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10649 A Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Reform der Juristenausbildung (Drucksache 14/2666) . . . . . . . . . . . . . . . 10650 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10650 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 10651 A Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl eines Mit- gliedes des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß §§ 4 und 5 des Gesetzes über die parla- mentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremium – PKGrG) teilgenommen haben (Tagesordnungs- punkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10652 B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf ei- nes Gesetzes zur Reform der Juris- tenausbildung – JurAusbReformG – (Tagesordnungspunkt 24) 10654 B Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 10654 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10655 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10657 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 10658 C Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 10659 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 10659 D Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10660 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 Hans-Christian Ströbele 10650 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 3 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10651 (C) (D) (A) (B) Altmaier, Peter CDU/CSU 30.06.2000 Becker-Inglau, Ingrid SPD 30.06.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 30.06.2000* Bernhardt, Otto CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 30.06.2000 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 30.06.2000 Brüderle, Rainer F.D.P. 30.06.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 30.06.2000* Klaus Buwitt, Dankward CDU/CSU 30.06.2000* Carstens (Emstek), CDU/CSU 30.06.2000 Manfred Deß, Albert CDU/CSU 30.06.2000 Doss, Hansjürgen CDU/CSU 30.06.2000 Eichhorn, Maria CDU/CSU 30.06.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 30.06.2000 Joseph DIE GRÜNEN Follak, Iris SPD 30.06.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 30.06.2000 Friedrich (Bayreuth), F.D.P. 30.06.2000 Horst Friedrich (Altenburg), SPD 30.06.2000 Peter Fromme, Jochen-Konrad CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Fuchs, Ruth PDS 30.06.2000 Gebhardt, Fred PDS 30.06.2000 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 30.06.2000 Haack (Extertal), Karl SPD 30.06.2000* Hermann Freiherr von Hammerstein, CDU/CSU 30.06.2000 Carl-Detlev Hauser (Rednitz- CDU/CSU 30.06.2000 hembach), Hansgeorg Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 30.06.2000 Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 30.06.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 30.06.2000 DIE GRÜNEN Hintze, Peter CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Höll, Barbara PDS 30.06.2000 Hörster, Joachim CDU/CSU 30.06.2000* Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 30.06.2000* Hornung, Siegfried CDU/CSU 30.06.2000* Jünger, Sabine PDS 30.06.2000 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 30.06.2000 Kampeter, Steffen CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Kolb, Heinrich F.D.P. 30.06.2000 Leonhard Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 30.06.2000 Lintner, Eduard CDU/CSU 30.06.2000* Lippmann, Heidi PDS 30.06.2000 Lüth, Heidemarie PDS 30.06.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 30.06.2000* Erich Marquardt, Angela PDS 30.06.2000 Prof. Dr. Meyer (Ulm), SPD 30.06.2000 Jürgen Michels, Meinolf CDU/CSU 30.06.2000 Mosdorf, Siegmar SPD 30.06.2000 Neumann (Gotha), SPD 30.06.2000* Gerhard Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 30.06.2000 Ronsöhr, CDU/CSU 30.06.2000 Heinrich-Wilhelm Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 30.06.2000 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 30.06.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 30.06.2000 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 30.06.2000* Feiherr von CDU/CSU 30.06.2000 Schorlemer, Reinhard entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Schröder, Gerhard SPD 30.06.2000 Schüßler, Gerhard F.D.P. 30.06.2000 Dr. Solms, Hermann F.D.P. 30.06.2000 Otto Sothmann, Bärbel CDU/CSU 30.06.2000 Steen, Antje-Marie SPD 30.06 .2000 Steinbach, Erika CDU/CSU 30.06.2000 Uldall, Gunnar CDU/CSU 30.06.2000 Wettig-Danielmeier, SPD 30.06.2000 Inge Wieczorek-Zeul, SPD 30.06.2000 Heidemarie Wiese (Hannover), SPD 30.06.2000 Heino Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 30.06.2000 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 30.06.2000* Dr. Wolf, Winfried PDS 30.06.2000 Zierer, Benno CDU/CSU 30.06.2000* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl eines Mitgliedes des Parlamentari- schen Kontrollgremiums gemäß §§ 4 und 5 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremium – PKGrG) teilgenommen ha- ben (Tagesordnungspunkt 19) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10652 (C) (D) (A) (B) SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans Peter Bartels Eckhardt Barthel (Berlin) Klaus Barthel (Starnberg) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding (Heidelberg) Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Dr. Eberhard Brecht Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Rainer Brinkmann (Detmold) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner (Ingolstadt) Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Rudolf Dreßler Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Dr. Peter Eckardt Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Peter Enders Gernot Erler Petra Ernstberger Annette Faße Lothar Fischer (Homburg) Gabriele Fograscher Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Dagmar Freitag Lilo Friedrich (Mettmann) Harald Friese Anke Fuchs (Köln) Arne Fuhrmann Prof. Monika Ganseforth Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf (Friesoythe) Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl Hermann Haack (Extertal) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller (Lübeck) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann (Chemnitz) Walter Hoffmann (Darmstadt) Iris Hoffmann (Wismar) Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Christel Humme Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Prof. Dr. Uwe Jens Volker Jung (Düsseldorf) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Dr. Uwe Küster Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange (Backnang) Detlev von Larcher Christine Lehder Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) Christa Lörcher Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß (Herne) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Ulrike Mascher Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Ulrike Merten Angelika Mertens Prof. Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller (Düsseldorf) Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Franz Müntefering Andrea Nahles Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Prof. Dr. Martin Pfaff Georg Pfannenstein Johannes Pflug Prof. Dr. Eckhart Pick Joachim Poß Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Renate Rennebach Bernd Reuter Reinhold Robbe Gudrun Roos René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Birgit Roth (Speyer) Gerhard Rübenkönig Marlene Rupprecht Thomas Sauer Dr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Dieter Schloten Horst Schmidbauer (Nürnberg) Ulla Schmidt (Aachen) Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt (Berg) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann (Delitzsch) Brigitte Schulte (Hameln) Reinhard Schultz (Everswinkel) Volkmar Schultz (Köln) Ewald Schurer Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz (Oldenburg) Dr. Angelica Schwall-Düren Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl (Amberg) Dr. Peter Struck Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Franz Thönnes Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Ute Vogt (Pforzheim) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis (Stendal) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen (Wiesloch) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek (Böhlen) Helmut Wieczorek (Duisburg) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz Heino Wiese (Hannover) Klaus Wiesehügel Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf (München) Waltraud Wolff (Zielitz) Heidemarie Wright Uta Zapf Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Meinrad Belle Dr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank Dr. Heribert Blens Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Paul Breuer Georg Brunnhuber Hartmut Büttner (Schönebeck) Cajus Caesar Manfred Carstens (Emstek) Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Renate Diemers Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Rainer Eppelmann Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ingrid Fischbach Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Dr. Heiner Geißler Georg Girisch Michael Glos Peter Götz Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther (Duisburg) Gottfried Haschke (Großhennersdorf ) Gerda Hasselfeldt Norbert Hauser (Bonn) Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Siegfried Helias Hans Jochen Henke Ernst Hinsken Klaus Hofbauer Martin Hohmann Klaus Holetschek Josef Hollerith Hubert Hüppe Susanne Jaffke Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Bartholomäus Kalb Dr.-Ing. Dietmar Kansy Irmgard Karwatzki Volker Kauder Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Rudolf Kraus Dr.-Ing. Paul Krüger Karl Lamers Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link (Diepholz) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) Dr. Manfred Lischewski Dr. Michael Luther Erwin Marschewski (Recklinghausen) Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Hans Michelbach Dr. Gerd Müller Bernward Müller (Jena) Elmar Müller (Kirchheim) Bernd Neumann (Bremen) Günter Nooke Franz Obermeier Friedhelm Ost Eduard Oswald Norbert Otto (Erfurt) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Marlies Pretzlaff Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Helmut Rauber Christa Reichard (Dresden) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Hannelore Rönsch (Wiesbaden) Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Adolf Roth (Gießen) Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Anita Schäfer Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard Scheu Norbert Schindler Bernd Schmidbauer Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10653 (C) (D) (A) (B) Christian Schmidt (Fürth) Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) Andreas Schmidt (Mülheim) Birgit Schnieber-Jastram Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Dr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe Dr. Christian Schwarz- Schilling Wilhelm-Josef Sebastian Horst Seehofer Heinz Seiffert Rudolf Seiters Bernd Siebert Werner Siemann Johannes Singhammer Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl (Heilbronn) Michael Stübgen Dr. Rita Süssmuth Dr. Susanne Tiemann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Angelika Volquartz Dr. Theodor Waigel Peter Weiß (Emmendingen) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Klaus-Peter Willsch Bernd Wilz Matthias Wissmann Werner Wittlich Aribert Wolf Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN Gila Altmann (Aurich) Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Annelie Buntenbach Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer (Berlin) Katrin Dagmar Göring- Eckardt Rita Grießhaber Antje Hermenau Ulrike Höfken Michaele Hustedt Monika Knoche Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Helmut Lippelt Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller (Köln) Winfried Nachtwei Christa Nickels Cem Özdemir Simone Probst Claudia Roth (Augsburg) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt (Hitzhofen) Werner Schulz (Leipzig) Christian Simmert Christian Sterzing Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Dr. Ludger Volmer Sylvia Voß Helmut Wilhelm (Amberg) Margareta Wolf (Frankfurt) F.D.P. Ina Albowitz Hildebrecht Braun (Augsburg) Ernst Burgbacher Jörg van Essen Ulrike Flach Gisela Frick Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Joachim Günther (Plauen) Dr. Karlheinz Guttmacher Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Ulrich Irmer Dr. Klaus Kinkel Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Ina Lenke Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Günter Rexrodt Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Irmgard Schwaetzer Marita Sehn Dr. Max Stadler Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Dr. Guido Westerwelle PDS Dr. Dietmar Bartsch Maritta Böttcher Eva-Maria Bulling-Schröter Roland Claus Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Ulla Jelpke Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Rolf Kutzmutz Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Petra Pau Dr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Dr. Ilja Seifert Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10654 (C) (D) (A) (B) Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPU Abgeordnete Bühler, Klaus, CDU/CSU Buwitt, Dankward CDU/CSU Hornhues, Dr., Karl-Heinz, CDU/CSU Hornung, Siegfried CDU/CSU Hörster, Joachim CDU/CSU Maaß (Wilhelmshaven), Erich, CDU/CSU Michels, Meinolf, CDU/CSU von Schmude, Michael CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden Zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Ju- ristenausbildung – JurAusbReformG(Tagesord- nungspunkt 24) Norbert Röttgen (CDU/CSU): Die Juristenausbil- dung in ihrer heutigen Grundkonzeption ist 200 Jahre alt. Seither wird über ihre Reform diskutiert, ohne dass sich bedeutende Änderungen wirklich haben durchsetzen kön- nen. Dennoch besteht Verbesserungsbedarf. Wenn sich die nunmehr erneut geführte Debatte dadurch von frühe- ren unterscheiden soll, dass sie zu Ergebnissen führt, ist es unerlässlich, drei Fragen klar zu beantworten: Erstens. Was sind die Reformgründe, also die Missstände in der gegenwärtigen Ausbildung? Zweitens. Was sind die Re- formziele? Drittens. Was sind die geeigneten Instru- mente? Ich komme zum ersten Punkt, den Reformgründen. Vier Probleme belasten die gegenwärtige Juristenausbil- dung in unserem Land. Als Erstes ist zu nennen, dass es sich bei dem gegenwärtigen Jurastudium um ein Mas- senstudium mit einem inakzeptablen Missverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden handelt. Dieses Ver- hältnis liegt bei 1:120 und muss zu einer abnehmenden Qualität der Ausbildung führen. Das zweite Problem liegt darin, dass die Studenten es im Studium und in den Examina mit einer Stofffülle zu tun haben, die praktisch kaum noch zu bewältigen ist. Tech- nisierung, Digitalisierung und Internationalisierung ma- chen nicht nur die Wirklichkeit komplex, sondern führen auch zu einem enormen Umfang und einer enormen Kom- plexität der juristischen Stofffülle. Zusammen mit der feh- lenden Verzahnung von Studien- und Prüfungsinhalten führt diese Stofffülle zu einer den wissenschaftlichen An- spruch des Studiums aushöhlenden Examensfixierung seitens der Studenten. Das dritte Problem der gegenwärtigen juristischen Ausbildung besteht darin, dass sie am Bedarf des Arbeits- marktes vorbeigeht. Leidtragende der weit über den Be- darf hinausgehenden Ausbildung ist insbesondere die An- waltschaft. Drei von vier Absolventen werden Rechtsan- walt, viele, weil sie diesen Beruf ergreifen wollen, viel zu viele mangels Alternative. Der vierte gravierende Mangel der gegenwärtigen Aus- bildung besteht darin, dass sie nach Art und Gesamtdauer dazu führt, dass die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Juristen abnimmt, obwohl sie wegen der In- ternationalisierung des Rechtsverkehrs immer wichtiger wird. Was sind angesichts dieser Missstände die Reformziele und die zu ihrer Verwirklichung nötigen Reformschritte? Die Ausbildung verbessern und nicht verbilligen ist mei- nes Erachtens die oberste Maxime. Wer sich diesem Ziel anschließt, muss im Hinblick auf das von der Justizminis- terkonferenz mehrheitlich befürwortete Einphasen-Mo- dell feststellen, dass es auf dem bisherigen Kostenniveau ohne Qualitätseinbußen nicht realisierbar ist. Wer also das Einphasen-Modell befürwortet und gleichzeitig sparen möchte, greift die Qualität der juristischen Ausbildung an. Ein positives Reformziel besteht darin, das Studium an die Universität zurückzuholen. Im Zentrum steht dabei die Einführung einer Universitätsprüfung als Studienab- schluss. Damit würde endlich die Verbindung geschaffen zwischen universitärer Ausbildung und Prüfung. Univer- sitätsprüfung heißt, dass diejenigen, die lehren, auch prü- fen, und dass das, was gelehrt wurde, auch geprüft wird. Das Studium würde dadurch eine angemessene Aufwer- tung erfahren. Weiterhin ist eine Universitätsprüfung die unerlässliche Voraussetzung für effektive Zwischenprü- fungen während des Studiums. Diese sind zwingend nötig, wenn das Problem der Massen nicht erst am Ende, sondern sinnvollerweise am Anfang der Ausbildung an- gegangen werden soll. Hierfür muss aber das Eigeninte- resse der Professoren begründet werden. Das juristische Studium bedarf weiterhin einer Er- neuerung auch im Hinblick auf die Studieninhalte. Nötig ist eine neue Definition einerseits von Kernkompetenzen, die jeder Jurist beherrschen muss und die die Grundlagen, Strukturen und die Methodik des Rechts und der Rechts- anwendung betreffen, sowie von Spezialkompetenzen, die für einzelne Rechtsgebiete Detailwissen beinhalten. Im Zusammenhang mit dieser Diskussion muss sicherlich auch über eine Modernisierung der Studieninhalte geredet werden. Dies bedeutet etwa, dass wir zumindest bereit sein müssen, darüber zu diskutieren, ob das Strafrecht, das in der Berufspraxis relativ weniger Juristen eine Rolle spielt, als a priori wichtiger angesehen werden muss als etwa das alle Lebens- und Rechtsbereiche durchdringende Europarecht. Schließlich ein weiterer Reformvorschlag: Die Uni- versitätsprüfung sollte als berufsqualifizierender Ab- schluss mit Ausnahme der Rechtspflegeberufe konzipiert sein. In den anderen Fällen fehlt dem Referendariat als staatlich finanzierte Ausbildung nämlich nicht nur die Rechtfertigung, sondern in weiten Teilen die Eignung. Das Rechtspflegereferendariat kann dabei kürzer sein als das heutige Referendariat und würde auf diese Weise auch einen Beitrag zur notwendigen Verkürzung der juristi- schen Ausbildung leisten. Insgesamt möchte ich für die CDU/CSU-Bundestags- fraktion feststellen: Auch wenn die Diskussion um die ju- ristische Ausbildung alt ist und vielleicht niemals beendet wird, müssen wir einen neuen, beherzten Reformversuch unternehmen. Oberstes Ziel muss eine Verbesserung der Qualität und der Konkurrenzfähigkeit der juristischen Ausbildung sein. Dies wird nur auf der Grundlage eines offenen und sachlichen Dialoges innerhalb des Bundesta- ges und zwischen Bundestag und Bundesrat möglich sein. Die CDU/CSU-Fraktion wird hierzu konstruktive, kon- zeptionell gute und realistische Vorschläge einbringen. Joachim Stünker (SPD): Bei allem sonstigen Streit in der Rechtspolitik, in einem sind sich im Grunde alle Akteure einig: Ob Sie sich in der juristischen Berufspra- xis, im rechtswissenschaftlichen Bereich, bei den Studie- renden oder unter Justizpolitikerinnen und Justizpoliti- kern erkundigen, eine grundlegende Reform der Juristen- ausbildung wird von allen für dringend notwendig erachtet. Insofern rennen die Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P. mit ihrem Gesetzentwurf offene Türen ein: In diversen Arbeitsgruppen, Landesjustizministerien und Universitätszirkeln wird intensiv an realisierbaren Kon- zepten gearbeitet. Und auch die Regierungsfraktionen haben in der Koalitionsvereinbarung im Kapitel „Justiz- reform“ vereinbart – Zitat –: „Die Aus- und Fortbildung der Juristinnen und Juristen werden wir unter Berück- sichtigung der Anforderungen einer modernisierten Rechtsordnung reformieren.“ Die Bundesjustizministerin hat ebenfalls öffentlich bekräftigt, dass die Reform der Juristenausbildung auf der rechtspolitischen Agenda der Bundesregierung stehe. Eine solche Reform ist auch bitter nötig: Juristische Fa- kultäten leiden seit Jahren an Überfüllung, darunter leidet die Qualität der Ausbildung. Zurzeit studieren genauso viele junge Menschen Jura wie Juristen in den traditio- nellen Berufen arbeiten. Starke Inanspruchnahme der Re- petitorien zeigt problematisches Auseinanderfallen von Ausbildungsinhalten und Prüfungsanforderungen. Exa- menfixiertes Lernen, eingepauktes Einzelwissen statt übergreifendes Verständnis; Anforderungen durch Eu- ropäisierung des Rechts; Referendariat bisher zu staats- und justizorientiert, obwohl überwiegend spätere Berufs- tätigkeit in anderen Feldern, zum Beispiel Rechtsgestal- tung fehlt; unzureichende Vorbereitung auf die juristische Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10655 (C) (D) (A) (B) Praxis. Die Berufssituation erfordert erweitere Fähigkei- ten: betriebswirtschaftliche Kenntnisse, soziale Kompe- tenzen, Teamfähigkeit. Die hohe Misserfolgsquote im Examen nach Jahren der Ausbildung ist Auszubildenden gegenüber nicht verantwortbar. Wartezeiten im Referen- dariat von bis zu weit über 12 Monaten sind jungen Men- schen nicht zumutbar und volkswirtschaftlich unverant- wortlich. Wie gesagt, offene Türen also! Der von der F.D.P.-Fraktion mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf eingeschlagene Weg ist allerdings kein taug- liches Mittel zur Unterstützung dieses Reformprozesses. Die Initiierung eines Bundesgesetzes zum jetzigen Zeit- punkt wirkt den Einigungsbestrebungen im Rahmen der Justizministerkonferenz des Bundes und der Länder ent- gegen und ist insofern kontraproduktiv. Wie Sie wissen, hat es hier in den letzten Jahren eine erstaunliche Entwicklung gegeben. Nach dem Appell des so genannten Ladenburger Kreises, einer Gruppe von Hochschullehrern um den ehemaligen Bundesverfas- sungsrichter Professor Dr. Bockenförde, zu einer grund- legenden Reform der juristischen Ausbildung im Jahr 1997 ist das Thema Juristenausbildung endlich wieder auf die rechtspolitische Agenda gesetzt worden. Am 5. No- vember 1998 haben sich die Justizministerinnen und Jus- tizminister auf ihrer Herbstkonferenz nach intensiver Dis- kussion mit breiter Mehrheit im Grundsatz für eine ein- phasige Ausbildungskonzeption nach dem Modell der praxisintegrierten universitären Juristenausbildung aus- gesprochen. Nach diesem Modell sollen die praktischen Ausbil- dungselemente in das Studium integriert und das Refe- rendariat sowie das zweite Staatsexamen abgeschafft wer- den. Das Studium soll in Grund- und Vertiefungsstudium mit Zwischenprüfung sowie einem einjährigen Praxis- block getrennt werden und direkt berufsqualifizierend sein. Gleichzeitig soll das Verhältnis zwischen Studieren- den und Lehrenden deutlich verbessert werden, um ver- mehrt in Seminaren und Kleingruppen ausbilden zu kön- nen – eine echte Qualitätssteigerung also, zu der die Kul- tusministerkonferenz schon ihre Zustimmung erteilt hat. In den konkreten Berufen sollen die Absolventen dann in einer berufsspezifischen Einarbeitungsphase nach dem Prinzip von Traineeprogrammen in Verantwortung der je- weiligen Arbeitgeber vorbereitet werden, allerdings ohne erneute Prüfung am Ende. Leitbild dieser Konzeption ist mit einer treffenden Formulierung des Ladenburger Ma- nifestes „der rechtsgelehrte, allseits einarbeitungsfähige Jurist, der über juristische Urteilskraft verfügt“. Diese Konzeption einer einphasigen praxisintegrierten universitären Juristenausbildung ist am 10. November 1999 auf der Herbst-Justizministerkonferenz erneut be- stätigt worden. Gleichzeitig ist eine Arbeitsgruppe unter der Federführung Baden-Württembergs beauftragt wor- den, das Modell weiterzuentwickeln und konkrete Ver- handlungen mit der Innenministerkonferenz sowie den Wissenschafts- und Finanzressorts über die Umsetzung zu führen. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen begrüßen diesen Einigungsprozess ausdrücklich. Die Ju- ristenausbildung ist zu wesentlichen Teilen Ländersache. Insbesondere für den wichtigen Bereich des Universitäts- studiums sind bundesgesetzlich allenfalls Rahmensetzun- gen unter anderem über das deutsche Richtergesetz mög- lich. Wir unterstützen deshalb die Bemühungen der Jus- tizministerkonferenz und sind zuversichtlich, dass es dort in nächster Zeit – eventuell schon im Rahmen der Herbst- Konferenz – zu einer endgültigen Einigung kommen wird. Auf der Grundlage einer solchen Einigung sollte dann ein zwischen Bund und Ländern abgestimmter Ge- setzgebungsprozess erfolgen. Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen: Im Rahmen der von uns angestrebtem großen Justizreform kommt insbesondere auch der Juristenausbildung eine große Bedeutung zu. Die grundlegende Reform sollte des- halb meines Erachtens noch in dieser Legislaturperiode legislativ zum Abschluss gebracht werden. Sollte sich herausstellen, dass es im Rahmen der Justizministerkon- ferenz nicht zur Einigung kommen kann, wird eine Ge- setzesinitiative in diesem Hohen Hause unerlässlich sein. Zum jetzigen Zeitpunkt aber sehen wir noch gute Chan- cen für eine Einigung und lehnen daher ein bundesge- setzliches Vorpreschen ab. Hinzu kommt, dass der hier vorgelegte Gesetzentwurf auch inhaltlich nicht auf der Höhe der Zeit ist und mir ehr- lich gesagt auch nicht besonders durchdacht erscheint. Ich will die wesentlichen Kritikpunkte kurz umreißen: Erstens. In der Fachdiskussion ist unstrittig, dass eine grundlegende Reform der Juristenausbildung gut abge- stimmt die Bereiche Universitätsstudium und Praxisaus- bildung umfassen muss. Nur so können die nötige Ver- besserung der Gesamtausbildung und die Verzahnung von Theorie und Praxis erreicht werden. Eine Reform, die sich nicht beiden Ausbildungsteilen widmet, wird notwendig Stückwerk bleiben. In dem Gesetzentwurf fehlt jedoch der Bereich der zukünftigen Gestaltung des Universitäts- studiums völlig. Sie widmen sich ausschließlich der Ab- schaffung bzw. Umgestaltung des Referendariats und greifen damit einfach zu kurz. Zweitens. Mit dem Entwurf verfolgt die F.D.P. die Ab- kehr von der Ausbildung zum Einheitsjuristen. Darin sehe ich einen schwerwiegenden Fehler. Das Modell des Ein- heitsjuristen bietet unbestreitbare Vorteile, um die uns viele Länder beneiden: So treten bei uns in weit geringe- rem Maße zum Beispiel Entfremdung und Gegensätze zwischen den juristischen Fachprofessionen auf als in an- deren Ländern. Niemand wird gezwungen, sich für oder gegen eine bestimmte Berufssparte zu entscheiden, bevor er sie kennengelernt hat. Die große Bandbreite der Aus- bildung bietet eine bessere berufliche Perspektive für Absolventinnen und Absolventen. Gerade im Zuge der Europäisierung des Rechts wird eine gute juristische All- gemeinausbildung immer wichtiger, da für jede Speziali- sierung ein Überblick über die gesamte Rechtsordnung erforderlich ist. Außerdem garantiert das Modell des Ein- heitsjuristen jedermann ohne Rücksicht auf Einkommen, Stand oder persönliche Beziehungen den Erwerb einer einheitlichen Zugangsberechtigung für jeden juristischen Beruf. Drittens. Sie halten zumindest für den Bereich von An- waltschaft, Justiz und öffentlicher Verwaltung an einem zweistufigen Ausbildungsmodell fest. Damit stehen Sie in Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10656 (C) (D) (A) (B) Widerspruch zu den Beschlüssen der Justizministerkonfe- renz und der überwiegenden Auffassung in der bundes- weiten Reformdiskussion. Es besteht inzwischen weitge- hend Zustimmung zum Modell einer praxisintegrierten universitären einphasigen Juristenausbildung. Viertens. Weiterhin sehe ich bei der vorgesehenen feh- lenden gesetzlichen Konkretisierung des Umfangs der Ausbildungszeit bei einem Rechtsanwalt und deren Ver- gütung die Gefahr des Fehlens einer ausreichenden Zahl von Ausbildungsplätzen bzw. der Vergabe von knappen Plätzen nach sachfremden Kriterien. Wenn wir sehen, wie sich die Situation im Bereich der Medizin bei Assistenz- ärzten darstellt, halte ich dies nicht für einen erstrebens- werten Zustand. Fünftens. Gerade bezüglich der Ausgestaltung des von Ihnen vorgeschlagenen Anwaltsvorbereitungsdienstes wäre der unumgängliche Einfluss des Staates nicht mehr gegeben. Dieser ist meines Erachtens aber für die Ausbil- dung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege unabweisbar geboten. Sechstens. Zu guter Letzt halte ich den Entwurf für in sich nicht stimmig. Sie wollen den Einheitsjuristen aus grundsätzlichen Erwägungen abschaffen. Für den Bereich von Anwaltschaft, Justiz und öffentlicher Verwaltung bleibt er aber im Ergebnis völlig aufrechterhalten. Sie führen zwar separate Spartenausbildungen mit Abschluss- prüfungen ein, im Ergebnis berechtigt jedoch jeder Spar- tenabschluss auch zum Berufszugang für alle anderen Sparten. Wie dies mit der Kritik an fehlender Spezialisie- rung und Verbesserung der Praxisausbildung zu vereinba- ren sein soll, ist mir unverständlich. Im Ergebnis hinterlässt Ihr Entwurf daher den Ein- druck: Der Anwaltschaft soll die Möglichkeit eingeräumt werden, den Zugang zum Anwaltsberuf durch das „Na- delöhr“ eines besonderen Vorbereitungsdienstes zu steu- ern und zu begrenzen. Das kann aber nicht Maßstab einer verantwortbaren Reform der Juristenausbildung sein. Die Einführung eines berufsqualifizierenden juristi- schen Abschlusses bereits am Studienende halte ich zwar grundsätzlich für begrüßenswert. In ihrem Vorschlag er- folgt sie aber ohne Absicherung der notwendigen Stär- kung der Praxisorientierung und weiterer qualitativer Ver- besserungen des Studiums und dient nur dazu, eine Zu- gangsbegrenzung für die Spartenausbildungen als Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt oder Verwaltungsbe- amter zu ermöglichen. Abschließend kann ich nur feststellen, dass Ihr Ent- wurf entgegen der Überschrift keine echte „Reform der Juristenausbildung“ darstellt, sondern ein Herumdoktern an Symptomen und damit nur Stückwerk. Halten Sie sich lieber an die Justizministerkonferenz und Ihren Partei- freund Goll aus Baden-Württemberg. Dessen Ideen und Vorschläge passen besser zum Titel „Reform“ und hätten uns heute eine bessere Debatte beschert. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Einigkeit besteht darüber, dass die Ausbildung der Juristinnen und Juristen reformbedürftig ist; diese Not- wendigkeit ist im Entwurf der F.D.P. auch eindrucksvoll dargelegt. Allerdings stellt der F.D.P.-Entwurf aus vielen Gründen nicht die Lösung des Problems dar: Erstens. Die Abschaffung des obligatorischen ersten Staatsexamens wird in der Realität dazu führen, dass die- jenigen Absolventinnen und Absolventen ohne Staatsexa- men als Juristinnen und Juristen zweiter Klasse eingestuft werden. Nach bisherigem Stand werden mindestens sie- ben Bundesländer die ausschließlich universitäre Prüfung nicht mitmachen. Die „Universitätsabschlussjuristinnen und -juristen“ werden sowohl bei der Vergabe der Ausbildungsplätze für den Vorbereitungsdienst als auch als Bewerberinnen und Bewerber auf dem Arbeitsmarkt erheblich schlechtere Chancen haben als die „Staatsexamensjuristinnen und -ju- risten“. Einheitlichkeit, Vergleichbarkeit und Chancen- gleichheit sind mit diesem Modell nicht gewahrt. Die Beibehaltung des obligatorischen ersten Staatsexa- mens ist deshalb dringend geboten; allerdings sollte der Bundesgesetzgeber den Prüfern der jeweiligen Univer- sitäten mehr Einfluss auf die Prüfungen ermöglichen, zum Beispiel die Federführung bei der Auswahl der Aufgaben den Hochschullehrern zu überlassen. Zweitens. Entschieden abzulehnen ist die Eingangs- prüfung für den Vorbereitungsdienst. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken – Art. 12: entweder ist die universitäre Abschlussprüfung die Qualifikation für den Vorbereitungsdienst oder nicht –, ist dies der un- taugliche Versuch, die nicht gegebene Einheitlichkeit der Abschlussprüfungen nachträglich auf Kosten der Uni-Ab- solventinnen und -Absolventen herzustellen. Was sollen diejenigen tun, die diese Prüfung nicht be- stehen? Wer bereitet auf diese Prüfung – wahrscheinlich mit bis zu diesem Zeitpunkt nur unzulänglich vermittel- tem Praxiswissen gespickt – vor? Bei der Eingangsprü- fung für den Anwaltsvorbereitungsdienst droht die Gefahr einer Bedarfsprüfung. Drittens. Zwar ist die Dreiteilung des Vorbereitungs- dienstes zu begrüßen. Allerdings sollen die heikelsten Punkte – Gestaltung der Ausbildungssituation, Finanzie- rung des Anwaltsvorbereitungsdienstes und Besetzung der Prüfungsorgane per Rechtsverordnung des BMJ im Benehmen mit der Bundesrechtsanwaltskammer unter Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Als zentrale Ausbildungsstelle wird als Ort eine An- waltsakademie vorgeschlagen, die es noch zu gründen gelte. Dabei wird verschwiegen, dass es bundesweit be- reits Fortbildungsakademien für Anwälte gibt, für deren Seminare hohe Gebühren gezahlt werden müssen. Nicht gesagt wird, wer in welcher Höhe den Anwalts- vorbereitungsdienst finanzieren soll. Viertens. Die im Rahmen der Kosten aufgeführten Ein- schätzungen, dass die Landesjustizhaushalte entlastet und der Zuwachs bei den Wissenschaftshaushalten zur Ver- besserung der universitären Ausbildung kaum ins Ge- wicht fallen würden, gehen in mehrfacher Hinsicht an der Realität vorbei. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10657 (C) (D) (A) (B) a) Die Entlastungen bei den Landesjustizhaushalten werden wahrscheinlich nicht in dem erhofften Maße eintreten, weil sowohl für den Justizvorbe- reitungs- als auch den Verwaltungsvorbereitungs- dienst Vorhaltekosten entstehen. Mit der Abschaf- fung der bisher obligatorischen Staatsanwalt- schaftsstation wird der staatsanwaltschaftliche Sitzungsdienst auf Amtsgerichtsebene, der bisher überwiegend von Rechtsreferendarinnen und -re- ferendaren wahrgenommen wird, bundesweit zu- sammenbrechen. Der Sitzungsdienst muss dann von neu eingestellten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten wahrgenommen werden. Da eine Praxisphase – wo auch immer verortet – unerläss- lich ist, muss diese auch finanziert werden. Die Finanzierung sollte nicht mehr, wie bisher, im Rahmen eines starren Beamtenverhältnisses auf Widerruf erfolgen, sondern flexibler als Angestell- tenverhältnis ausgestaltet werden. Auch die Höhe der Bezüge bzw. des Gehalts muss bei einem allein stehenden Referendar nicht unbedingt circa 2 000 DM brutto betragen; allerdings erfordert eine sozialverträgliche Ausgestaltung des Vorbe- reitungsdienstes ein Mindestgehalt von 1 700 DM brutto; von einer Entlastung der Justizhaushalte kann also keinesfalls die Rede sein. b) Die Einschätzung, dass der Zuwachs der Mittel für die universitäre Ausbildung kaum ins Gewicht fal- len werde, ist entschieden zu verneinen. Abgesehen davon, dass aus den oben genannten Grün- den kaum Mittel aus den Justizhaushalten an die Univer- sitäten zu verteilen sein werden, sind für eine studentin- nen- und studentengerechte universitäre Ausbildung strukturelle – insbesondere personelle – Veränderungen der bisherigen Lehrkörper an den Universitäten ebenso erforderlich, wie eine erheblich bessere Finanzausstat- tung der ausbildenden Institute: Ohne den kostenintensiven Ausbau bzw. die Neuschaf- fung eines im Verhältnis zu den bisherigen Lehrstuhlin- haberinnen und -inhabern und im Rahmen der Institute unabhängigen sowie eigenständigen akademischen Mit- tel- und Oberbaus, der unabhängig von Forschungsinte- ressen und -verpflichtungen die Studentinnen und Stu- denten mit didaktisch modernen Lehrmethoden kontinu- ierlich und systematisch Theorie und Praxis miteinander verzahnend ausbildet, ist jede Ausbildungsreform zum Scheitern verurteilt. Im Unterschied zu heute müssen die Lehrstuhlinha- ber/Dozentinnen und Dozenten keine akademische Lauf- bahn an der Universität einschlagen. Die Qualitätskontrolle der Lehre erfolgt durch eine echte Evaluierung, wie sie bei Privatakademien schon bis- her üblich ist. Diese strukturelle und personelle Neuerung wird die Landeswissenschaftshaushalte für die 38 deutschen Uni- versitätsstandorte mit rechtswissenschaftlichen Fakultä- ten Milliarden kosten. Es gäbe noch weitere Kritikpunkte, die ich aus Zeit- gründen leider nicht mehr ansprechen kann. Eines ist jedenfalls klar, das Modell der F.D.P. kann so nicht unsere Zustimmung finden. Die Koalition wird nach Diskussion und Abstimmung mit den Justizministerien der Länder einen eigenen Vorschlag vorlegen. Die Juris- tenausbildung muss der Änderung der Gesellschaft und des Berufsbildes der Juristen angepasst werden. Sie darf nicht zur Heranbildung von „Fachidioten“ des Rechts führen, sondern muss interdisziplinärer werden und Juris- tinnen und Juristen bilden, die gewohnt sind, über den Tellerrand des Juristischen zu blicken und gesellschaftli- che Zusammenhänge zu begreifen und in ihre Arbeit ein- zubeziehen. Die Juristenausbildung muss aber auch für alle, die diese wollen, offen bleiben, unabhängig von eigenem Ein- kommen und Vermögen und den finanziellen Verhältnis- sen der Eltern. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Mit der heuti- gen ersten Lesung des von uns eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Reform der Juristenausbildung kommt endlich das parlamentarische Verfahren zu einem wirklich überfälligen Modernisierungsprojekt in Gang. Schon seit vielen Jahren wird die Malaise der überkommenen Juris- tenausbildung beklagt. Das Studium ist längst aus ver- nünftigen Kanalisierungen ausgebrochen. Die Stofffülle ist zu groß, die wissenschaftlichen Lehrmethoden halten mit einer Effektivitätsausrichtung längst nicht mehr Schritt, die betreffenden Fakultäten und Fachbereiche sind unzureichend ausgestattet und die faktische Studien- zeit ist nach wie vor zu lang. Natürlich sind hierfür letzt- lich die Länder zuständig. Aber der Bund gibt über seine Zulassungsregeln zum Richter- und Anwaltsberuf sowie zum höheren Verwaltungsdienst die maßgeblichen Richt- werte vor. Erst recht der zum vollen Qualifikationsausweis uner- lässliche Referendardienst – samt Zweitem Staats- examen – ist in seinem heutigen Zuschnitt total veraltet und ineffektiv. Wirtschaft und Anwaltschaft kritisieren schon seit langem, dass er schwerpunktmäßig auf den Richterberuf ausgerichtet ist, obwohl nur noch knapp 3 Prozent der jungen Juristen in diese Berufssparte und die Staatsanwaltschaft gelangen. Auch soll der „normale“ Nachwuchsjurist natürlich stärkere Fremdsprachenkom- petenz erwerben, sich in Ökonomie, Politik und Sozialem auskennen und am Ende schließlich nicht wesentlich älter sein als seine Konkurrenten aus den anderen EU-Staaten auf dem zunehmend europäischen Berufsmarkt. Das alles erbringt die überkommene Referendarausbildung in kei- ner Weise. Dass die Länder zudem über die hohen Refe- rendariatskosten klagen, die insgesamt bei rund 1 Milli- arde DM liegen dürften und die ohnehin strapazierten Justizhaushalte belasten, kann immerhin die Reformbe- reitschaft voranbringen. Eine Antwort auf die drängenden Forderungen des Er- neuerungsbedarfs sollte allemal beherzt statt halbherzig ausfallen. Sie muss den Realitäten gewandelter juristi- scher Berufsziele, begrenzter berufsplanerischer Lernzeit und staatlicher Finanzausstattung ebenso Rechnung tra- gen wie den gewandelten Anforderungsbedingungen, der fortgeschrittenen Spezialisierung und dem europäischen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10658 (C) (D) (A) (B) Angleichungsdruck. Und sie muss tunlichst nicht nur die herkömmliche zweite Phase der Juristenausbildung, also das Referendariat, reformieren, sondern auch die erste, die Studienphase mit einbeziehen. Insgesamt jedenfalls sind nicht Nivellierung und Qualitätsabstriche die Devise, sondern Konzentration, inhaltliches Durchparieren und Qualitätssteigerung. Der von der F.D.P.-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf sieht demzufolge vor, dass das gestraffte, reorganisierte und verbesserte Studium mit seiner betreffenden Ab- schlussprüfung die allgemeine Berufsqualifikation als Ju- rist erbringt. Lediglich die spezifischen Juristenberufe, für die der Staat Verantwortung trägt, brauchen dann noch eine zusätzliche, praktische Ausbildung, zu welcher die Bewerber nunmehr nach entsprechend qualitativer Aus- wahl zugelassen werden. Ein allgemeines Referendariat, das zum Regelwerdegang gehört und auf dessen Absol- vierung jeder Bewerber nach dem Ersten Staatsexamen einen Anspruch hat, wird es also nicht mehr geben. Die spezifische Zusatzausbildung findet in drei Sparten statt – daher die Bezeichnung „Neptunmodell“ – nämlich einem Justiz-, einem Verwaltungs- und einem Anwaltsvorberei- tungsdienst, zwischen denen volle Durchlässigkeit si- chergestellt wird. Die selektierte Zusatzausbildung endet jeweils mit einer bereichsspezifischen Staatsprüfung, die den beiden Nachbarexamen qualitativ gleichwertig ist. Über die Einzelheiten wird in den Ausschussberatungen hoffentlich noch ausführlich diskutiert. Das vorgeschlagene Modell hat gegenüber dem von den meisten Ländern wohl favorisierten Konzept einer Einstufigkeit den Vorteil, dass es den notwendigen Re- form- und Straffungsbedarf nicht mit Qualitätsabstrichen erkauft, sondern inhaltlich durchstarten will. Deshalb sollte es im Weiteren die definitive Richtung angeben. Denn nur gut ausgebildeter und vorbereiteter Nachwuchs kann in Zukunft den hohen Qualitätsanforderungen des rechtswissenschaftlich geschulten, europäisch orientier- ten Juristenbedarfs genügen. Die F.D.P.-Fraktion hofft dringend, dass damit die notwendige politische Erörte- rung des Komplexes nun endlich vorankommt. Dr. Evelyn Kenzler (PDS): Gleich welche Stellung- nahme man zur gegenwärtigen Juristenausbildung in Deutschland einholt, sie sind sich alle in ihrem Urteil ei- nig: reformbedürftig! Untersuchungen zeigen, dass die bislang immer wieder versuchten Reformen weniger aus inhaltlichen Gründen gescheitert sind. Sie scheiterten meist an der unzureichenden Gesetzesvorbereitung. Wenn es also eine zentrale Erfahrung gibt, dann ist es diese: Es muss von der Rechtspolitik ein Forum für die Konsens- findung aller Akteure bereitgestellt werden, auf dem die Leitbilder und Profile moderner Juristenberufe erarbeitet werden können, bevor dann das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird. Und genau das ist das Problem des vor- liegenden Entwurfs. Der Gesetzentwurf enthält Richtiges und Wichtiges, genügt aber letztlich nicht dem, was die F.D.P. zumindest ansatzweise als Herausforderungen an eine moderne Juris- tenausbildung selbst benennt. Bedauerlicherweise ist der Entwurf maßgeblich von dem Gedanken der Entlastung der Landesjustizhaushalte getragen, statt konsequent von den inhaltlichen Erfordernissen einer modernen Juristen- ausbildung in Gänze auszugehen. Die für den juristischen Vorbereitungsdienst als zu hoch empfundenen Kosten dürfen nicht die zentrale Überlegung bei der Ausbildung der Fachleute sein. Ich bin für Kosteneinsparungen dort, wo sie Sinn machen und nicht zulasten der zukünftigen Juristengeneration gehen. Doch man sollte hier nicht das Pferd von hinten aufzäumen. Es geht in erster Linie um Qualität und Dauer und dann um die Kosten. Im Mittelpunkt des vorliegenden Entwurfs steht die Trennung der Vorbereitungsdienste speziell für die Justiz, die Anwaltschaft und die Verwaltung. Dies würde ohne Zweifel eine verbesserte Vorbereitung auf das Berufsle- ben bedeuten. Doch kann man sich damit begnügen? Ein Juristenausbildungsreformgesetz, das sich im Wesentli- chen in einer Spezifizierung der Vorbereitungsdienste er- schöpft, reicht angesichts des von manchen als miserabel bezeichneten Zustands der juristischen Ausbildung insge- samt nicht aus. Theorie und Praxis müssen so frühzeitig wie möglich verzahnt werden, weshalb eine praxisinte- grierte universitäre Juristenausbildung von vornherein sinnvoll ist. Das bedeutet für mich keinen Abschied vom rechtswissenschaftlichen Studium, zu dem ich nicht zu- letzt auch die Beibehaltung einer rechtsphilosophischen, soziologischen und historischen Ausbildung zähle. Sowohl an der Struktur und als auch den Inhalten des Studiums müssen Veränderungen vorgenommen werden. Darauf näher einzugehen reicht die Zeit nicht. Deshalb nur so viel: Solange das juristische Repetitorium – außer- halb der Universitäten mit den damit verbundenen Kos- ten – für die Mehrzahl der Studenten unverzichtbar zum Bestehen des Examens ist, ist für mich das Jura-Studium nicht in Ordnung. Der Vorschlag, das Studienabschlus- sexamen in die Verantwortung der Universitäten zurück- zugeben, ist nicht nur deshalb zu begrüßen. Aber alles in allem möchte ich, dass der F.D.P.-Entwurf in einen größe- ren Wurf zur Neugestaltung der juristischen Ausbildung einfließt. Dr. Eckart Pick, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister der Justiz:Die Juristenausbildung gilt allgemein als reformbedürftig. Als erstes Argument für eine Reform wird meist darauf hingewiesen, dass die gegenwärtige Ju- ristenausbildung in ihrer Grundkonzeption seit 200 Jah- ren besteht. Dies gilt auch für die Begründung des Ent- wurfs der F.D.P.-Fraktion. Wenn wir über eine Ausbil- dungsreform diskutieren, dürfen wir aber gerade nicht außer Acht lassen, dass wir im Kern über Strukturen spre- chen, die über diesen langen Zeitraum gewachsen sind und sich auch zu einem großen Teil bewährt haben. Ich möchte damit nicht die Reformbedürftigkeit außer Rede stellen. Jedoch kann die lange Tradition allein kein Argu- ment für eine Reform sein. Auch ich bin der Ansicht, dass es an der Zeit ist, die Ju- ristenausbildung zu reformieren. Die Anforderungen an den Juristen von heute müssen angepasst werden. Ich bin jedoch für eine durchdachte und ausgereifte Lösung. Schnellschüsse helfen niemandem, am wenigsten den jungen Menschen, die ein Recht auf eine arbeitsmarktge- rechte, aber auch gründliche Ausbildung haben. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10659 (C) (D) (A) (B) Der vorliegende Entwurf kann nicht überzeugen. An- statt Lösungen für die drängende Frage, wie die Juristen- ausbildung in Zukunft ausgestaltet werden kann, anzubie- ten, wirft der Entwurf mehr Probleme auf, als es bisher zu bewältigen gilt. Wird einerseits eine Spezialisierung der Juristen ange- strebt, bleibt völlig unklar, wie diese aussehen soll. Eben- falls offen bleibt die genauere Ausgestaltung des vorge- schlagenen Anwaltsvorbereitungsdienstes. Aber genau um diese Frage müsste es doch gehen! Die Durchlässig- keit zwischen den einzelnen Berufssparten gilt es in Zu- kunft zu erhalten. Da stimme ich dem Anliegen des Ent- wurfs zu. Aber einerseits werden die Ausbildungsgänge getrennt und sollen zu einer Spezialisierung führen, um dann andererseits doch einen faktisch voraussetzungslo- sen Übergang in einen anderen juristischen Beruf zuzu- lassen. So lässt sich die Schaffung von drei verschiede- nen, organisatorisch getrennten Vorbereitungsdiensten nicht rechtfertigen. Schließlich bleibt eine zentrale Frage völlig ungeklärt, nämlich wie der Zugang zu den einzelnen Vorbereitungs- diensten geregelt wird. Hieran schließt sich die für die Kandidaten wichtige Frage an, ob ihnen trotz eines Uni- versitätsabschlusses ein Zugang verwehrt werden kann, und für die Länder bleibt unklar, welcher Finanzierungs- bedarf sich tatsächlich ergibt. Es dürfen nicht allein fiskalische Gründe ausschlagge- bend sein, wenn über eine Reform der Juristenausbildung gesprochen wird. Dieser Entwurf lädt jedoch geradezu dazu ein. Es soll vielleicht auch über die finanziellen Mit- tel die Zahl der Absolventen der Vorbereitungsdienste und so mittelbar die der Juristen insgesamt beschränkt werden. Die Juristenausbildung ist die ureigene Domäne der Länder. Sie sind es daher auch, die für ihre Reform zu sor- gen haben. Die Länder haben sich des Themas zwar an- genommen, bisher allerdings ohne greifbaren Erfolg. Bereits 1996 hat die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister über verschiedene Grundmodelle dis- kutiert. Ein konkretes Reformmodell wurde intensiv wei- terentwickelt. Dann sind die Reformbestrebungen der Länder allerdings ins Stocken geraten. Auch auf der Ju- stiz-ministerkonferenz im vergangenen Mai konnten die Reformüberlegungen trotz langer Diskussionen nicht fi- nalisiert werden. Ich bedaure das sehr, war dieses Thema aufgrund von Analysen doch sehr gründlich vorbereitet worden. Die Verunsicherung, die diese lang andauernden, zum Teil inhaltlich kontroversen Überlegungen für die an- gehenden Juristen bewirken, ist erheblich. Ich spüre dies regelmäßig an der Zahl der Anfragen verunsicherter Exa- menskandidaten. Dies muss nun bald ein Ende haben. Ich unterstütze deshalb nachdrücklich die Initiative der Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitiker der Koalitions- fraktionen, im Herbst hier einen Schwerpunkt der Bera- tungen zu bilden. Dabei wird das wichtigste Anliegen sein, eine Reform der Juristenausbildung zu begleiten, die durchdacht und ausgereift ist. Die Bedürfnisse der jun- gen, in der Ausbildung befindlichen Juristen sind wesent- lich zu beachten. Die Interessen von Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft und Wirtschaft werden Berücksichtigung finden müssen. Gerade aber auch die Belange des Recht suchenden Publikums dürfen hierüber nicht vergessen werden. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundesrat hat in seiner 752. Sitzung am 9. Juni 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Sicherstellung der Rentenauszahlung im Vormonat (Rentenauszahlungsgesetz) – Zweites Gesetz zur Fortentwicklung der Alters- teilzeit – Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. StBÄndG) – Zehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittel- gesetzes – Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vor- schriften (Seuchenrechtsneuordnungsgesetz– SeuchRNeuG) – Gesetz zu der Vierten Änderung des Überein- kommens über den Internationalen Währungs- fonds (IWF) – Gesetz zu den Übereinkommen vom 19. Dezember 1996 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zum Schengener Durchführungsüber- einkommen und zu dem Übereinkommen vom 18. Mai 1999 über die Assoziierung der Republik Island und des Königreichs Norwegen – Gesetz zu dem Protokoll vom 9. September 1998 zur Änderung des Europäischen Übereinkom- mens vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschrei- tende Fernsehen – Gesetz zu dem Vertrag vom 5. November 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Antigua und Barbuda über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Gesetz zu dem Vertrag vom 25. August 1998 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die För- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapi- talanlagen – Gesetz zur Änderung; und Ergänzung des Straf- verfahrensrechts – Strafverfahrensänderungsge- setz 1999 (StVÄG 1999) – Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes – Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10660 (C) (D) (A) (B) – Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstel- lung von Vorschriften auf Euro – Viertes Gesetz zur Änderung des Futtermittelge- setzes Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 28. Juni 2000 den Koalitionsantrag „25 Jahre KSZE/OSZE“ – Drucksache 14/3399 – zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Wahlkreiskommission für die 14. Wahlperi- ode des Deutschen Bundestages gemäß § 3 Bundeswahl- gesetz (BWG) – Drucksachen 14/2597, 14/3084 Nr. 1 – Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erfahrungsbericht der Bundesregierung zu den Auswir- kungen des im Jahre 1996 in Kraft getretenen Ände- rungsgesetzes zum Ladenschlussgesetz – Drucksachen 14/2489, 14/2736 Nr. 2 – Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Europä- ischen Parlaments 1999 – Drucksachen 14/2835, 14/2947 Nr. 1.3 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 14/2817 Nr. 1.3 Drucksache 14/2817 Nr. 1.9 Innenausschuss Drucksache 14/2952 Nr. 2.6 Drucksache 14/2952 Nr. 2.22 Drucksache 14/3050 Nr. 2.18 Drucksache 14/3050 Nr. 2.20; Finanzausschuss Drucksache 14/3341 Nr. 2.5 Drucksache 14/3341 Nr. 2.15 Drucksache 14/3341 Nr. 2.40 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/3146 Nr. 2.3 8 Drucksache 14/3207 Nr. 1.1 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/3428 Nr. 2.5 Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 14/2952 Nr. 1.3 Drucksache 14/2952 Nr. 2.1 Drucksache 14/2952 Nr. 2.2 . Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnhngswesen Drucksache 14/2104 Nr. 2.23 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- schätzung Drucksache 14/3146 Nr. 2.34 Drucksache 14/3146 Nr. 2.35. Drucksache 14/3146 Nr. 2:36 Drucksache 14/3146 Nr. 2.37 Drucksache 14/3341 Nr. 2.8 Drucksache 14/3341 Nr. 2.14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/2952 Nr. 2.15 Drucksache 14/2952 Nr. 2.26 Drucksache 14/3146 Nr. 1.2 Drucksache 14/3146 Nr. 2.5 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 30. Juni 2000 10661 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Liebe Kolleginnen
    und Kollegen, ich darf Ihnen zwischendurch das Ergebnis
    der Wahl eines Mitglieds des Parlamentarischen Kon-
    trollgremiums bekannt geben. Abgegebene Stimmen 573.
    Ungültige Stimmen 1. Mit Ja haben gestimmt 390, mit
    Nein haben gestimmt 167, Enthaltungen 15. 1)


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Der Abgeordnete Hermann Bachmaier hat die nach § 4
    Abs. 4 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle
    nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes erforderli-
    che Mehrheit von 335 Stimmen erreicht. Er ist damit als
    Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums ge-
    wählt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)


    Wir fahren in der Debatte fort. Ich gebe dem Kollegen
    Theodor – – Theo Waigel, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

    Dr. Theodor Waigel (CDU/CSU) (von der CDU/CSU
    mit Beifall begrüßt): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine




    Sabine Kaspereit
    10596


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    1) Anlage 2

    Damen und Herren! Herr Präsident, Sie dürfen ruhig
    Theodor zu mir sagen. Auch Franz Josef Strauß hat das
    gesagt. Theodor heißt „Geschenk Gottes“. Nicht alle wis-
    sen das.


    (Heiterkeit im ganzen Hause – Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Ich bin also durchaus auf den ganzen Vornamen stolz.
    Der Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts-

    und Sozialunion war ein entscheidender Meilenstein im
    Prozess der Wiedervereinigung zwischen dem 9. Novem-
    ber 1989 und dem 3. Oktober 1990. Die politische Be-
    deutung des Vertrages liegt auf der Hand: Er war der un-
    umkehrbare Schritt zur staatlichen Einheit Deutschlands.
    Das wussten wir und das wollten wir.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit der Übertragung der währungspolitischen Souve-

    ränität auf die Bundesbank war ein eigenständiger ost-
    deutscher Staat nicht zu vereinbaren. Es dauerte mehr
    als 40 Jahre von der letzten gesamtdeutschen Konferenz
    der Ministerpräsidenten in München bis zur ersten
    Sitzung des gesamtdeutschen Bundestages. Viele hatten
    das Ziel der Wiedervereinigung schon aufgegeben. Frau
    Kaspereit, manches von dem, was Sie gesagt haben, war
    richtig; nicht alles war ganz richtig. Manchmal waren es
    ganze Fraktionen, die den Gedanken an die Wiederverei-
    nigung schon aufgegeben hatten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber ich will in die heutige Debatte keine zusätzliche
    Schärfe hineinbringen.

    Die Teilung des deutschen Vaterlandes konnte nicht
    das letzte Wort der Geschichte sein.
    Jedes Volk hat das Recht auf Selbstbestimmung.

    Auch namhafte Persönlichkeiten aus dem Bereich von
    Kunst und Kultur erhielten den Willen nach Gemeinsam-
    keiten aufrecht. Ich erinnere stellvertretend für viele an
    Martin Walser, der in den Münchner Kammerspielen ein
    Jahr vor der Wiedervereinigung ausführte:

    Aus meinem historischen Bewusstsein ist Deutsch-
    land nicht zu tilgen. Sie können neue Landkarten
    drucken, aber sie können mein Bewusstsein nicht neu
    herstellen. Ich weigere mich, an der Liquidierung
    von Geschichte teilzunehmen.... Wir müssen die
    Wunde namens Deutschland offenhalten.

    Respekt, Martin Walser!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Heute wissen wir: Es war richtig, am Ziel der Einheit
    in Freiheit festzuhalten, auch wenn der Zeitpunkt der
    Vereinigung nicht voraussehbar war. Es war die große his-
    torische Leistung von Helmut Kohl, die damalige Chance
    zur Wiedervereinigung mit Mut und mit Augenmaß er-
    griffen zu haben.


    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der F.D.P.)


    Otto von Bismarck lag sicherlich richtig mit seinem Hin-
    weis, die Geschichte habe nicht immer das große Los im
    Topf. Ob die staatliche Wiedervereinigung Jahre später
    noch möglich gewesen wäre, ist mehr als fraglich. Ich bin
    überzeugt: Der Preis für die Zustimmung der Nachfolge-
    staaten der Sowjetunion zur Wiedervereinigung wäre mit
    Sicherheit um ein Vielfaches höher gewesen als die
    18 Milliarden DM, die wir für den Abzug der letzten Rot-
    armisten von deutschem Boden bezahlt haben.

    Auch die ökonomische Bedeutung des Angebots der
    Währungsunion dürfte heute nicht mehr umstritten sein.
    Es war für die Ausreisewilligen ein Signal zum Bleiben,
    gleichsam der Startschuss für einen ökonomischen
    Neuanfang durch endgültige Absage an die sozialistische
    Planwirtschaft und Übergang zum Modell der sozialen
    Marktwirtschaft.

    Das Konzept der Währungsunion steht historisch
    ohne Vorbild da. Die handelnden Politiker diesseits wie
    jenseits der Elbe konnten weder auf wissenschaftliche
    noch auf empirische Untersuchungen zurückgreifen.
    Beiträge zur so genannten Transformationstheorie haben
    erst in späteren Jahren das Licht der Welt erblickt. Ich
    sage das vor allem an die Adresse der Ex-post-Besserwis-
    ser, die Jahre später lautstarke Kritik erhoben, von denen
    aber in den entscheidenden Wochen und Monaten nichts
    zu hören war.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Außer bedenkens- und dankenswerten Beiträgen von

    Kurt Biedenkopf und Karl Schiller sowie des Wissen-
    schaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium galt da-
    mals unbestritten das Primat der Politik.

    Wer das Konzept der Währungsunion würdigen will,
    der muss sich der politischen Großwetterlage Ende der
    80er-Jahre erinnern. Der NATO-Doppelbeschluss hatte
    die sicherheitspolitische Entschlossenheit des Westens
    unterstrichen. Die Ergebnisse der Helsinki-Konferenz
    blieben auch den Menschen in Osteuropa nicht unbe-
    kannt. Michail Gorbatschow bemühte sich, mit systemim-
    manenten Reformen das sozialistische Wirtschafts- und
    Gesellschaftsmodell im Osten zu reformieren. Die gra-
    vierenden Wirtschaftsprobleme des Ostblocks allerdings
    beruhten auf einem Versagen des Systems. Was folgte,
    war eine politische Eigendynamik sondergleichen, an de-
    ren Ende die friedlichen Revolutionen in Warschau, Prag
    und Budapest standen.

    Dieser Entwicklung konnte sich der SED-Staat nicht
    entziehen. In 40 Jahren war es in Ostdeutschland nicht ge-
    lungen, eine eigene nationale Identität zu entwickeln.
    Trotz schön gefärbter Bilanzen nahmen die Wirt-
    schaftsprobleme zu. Die Transferleistungen der Bundes-
    republik und die Kredite des Westens trugen trotz gegen-
    teiliger Äußerungen keineswegs zur Verlängerung der Le-
    benszeit der DDR bei. Sie waren schon von ihrem
    Volumen her nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen
    Stein.

    Die Demonstrationen von Ostberlin bis Leipzig ver-
    deutlichten ohne Wenn und Aber den Willen der Ostdeut-
    schen nach Veränderung. Das Streben nach Freiheit,




    Dr. TheodorWaigel

    10597


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Selbstbestimmung und Demokratie lässt sich auf Dauer
    nicht unterdrücken.

    Die Öffnung der Mauer war die Folge. Die Bundes-
    regierung antwortete darauf mit dem Angebot zur poli-
    tischen und ökonomischen Zusammenarbeit. Die Zeit
    drängte. Spielraum für Zwischen- oder Übergangslösun-
    gen bestand faktisch nicht. Die politische und ökonomi-
    sche Entwicklung hatte eine unaufhaltsame Eigendyna-
    mik gewonnen.

    Beim Angebot der Währungsunion spielten ökonomi-
    sche Notwendigkeiten eine wichtige Rolle. Es zeigte sich
    schnell: Eine eigenständige DDR würde aus eigener Kraft
    die Defizite bei der Infrastruktur, im Umweltbereich, bei
    der Arbeitsproduktivität, bei der Wettbewerbsfähigkeit
    und beim Konsumniveau nicht beseitigen können. Dies
    war nur durch Mobilisierung westlichen Kapitals mög-
    lich. Entscheidend waren jedoch politische Gesichts-
    punkte. Bis Ende Dezember 1989 belief sich die Zahl
    der Übersiedler auf über 120 000. Nur dadurch, dass ih-
    nen ökonomische Zukunftsperspektiven eröffnet wurden,
    konnte eine weitere Abstimmung mit den Füßen verhin-
    dert werden. Dies war der politische Aspekt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Bereits im Dezember, Frau Kaspereit, wurde im BMF
    eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Ich erinnere mich noch
    gut an die Diskussionen, die wir damals im Rahmen einer
    Klausurtagung des Bundesministeriums der Finanzen zur
    Konkretisierung des Währungsprojekts führten. Zur glei-
    chen Zeit, am 19. Januar 1990, wies Kurt Biedenkopf auf
    die Unmöglichkeit hin, die Währungsfrage behutsam zu
    lösen, und die frühere Kollegin Ingrid Matthäus-Maier
    forderte in der „Zeit“ einen Währungsverbund mit einer
    einheitlichen Währung, also eine Währungsunion. Der
    Sprung ins Wasser war unvermeidlich; mit den Worten
    von Vaclav Havel ausgedrückt: Man kann einen Abgrund
    nicht mit zwei Sprüngen überqueren. Man muss den mu-
    tigen Schritt auf einmal tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In der Tat war dies ein revolutionärer Schritt mit weit-
    reichenden, teilweise ungewissen Folgen. Aber gab es da-
    mals wirklich Erfolg versprechende Optionen für andere
    Lösungen? Entscheidend war für mich die politische Dy-
    namik. Die Menschen im Osten verlangten überzeugende
    Signale. Die Stimmen wurden lauter: Kommt die D-Mark,
    bleiben wir; kommt sie nicht, gehen wir zu ihr.

    Eine Alternative bestand sicherlich in der „Österreich-
    Lösung“, das heißt der Aufrechterhaltung einer politisch
    und ökonomisch selbstständigen DDR. Ich will heute
    nicht die Schlachten von gestern wiederholen. Nur, eine
    neue Paragraphenmauer zum Stopp der Zuwanderung war
    moralisch nicht mehr vertretbar. Wer heute glaubt, wir
    hätten damals noch die Zeit für Stufenlösungen gehabt,
    der muss den Menschen gleichzeitig sagen, dass wir eine
    neue Mauer aus Paragraphen, eine neue Mauer für den
    Handel, eine neue Mauer in Form von Ausreisebeschrän-
    kungen aufgerichtet hätten. Das wäre mit unserem Selbst-

    verständnis und mit der Verfassung Deutschlands nicht
    vereinbar gewesen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Übrigens hätte auch der Verzicht auf die Einheit den
    Ostdeutschen einen tief gehenden Strukturwandel mit Re-
    zession und Arbeitslosigkeit nicht erspart.

    Es gab damals Stimmen, die sich für einen Wirt-
    schafts- und Währungsverbund aussprachen. Nur wäre
    ein Festkurs zwischen Ost-Mark und D-Mark mit ent-
    sprechender Interventionsverpflichtung der Bundesbank
    ganz sicher politisch nicht durchsetzbar gewesen und auf
    den geschlossenen Widerstand aller deutschen Wirt-
    schaftsexperten gestoßen. Auch Kapitaltransfers, die der
    westdeutsche Steuerzahler hätte aufbringen müssen, um
    ein neues Wirtschaftsexperiment auf deutschem Boden
    mit plan- und marktwirtschaftlichen Elementen zu finan-
    zieren, wären im Westen auf wenig Gegenliebe gestoßen.

    Es bleibt der wiederholte Hinweis auf Stufenlösun-
    gen. Doch auch diese Option hält im Rückblick nicht
    stand. Hätten wir gewartet, bis die ostdeutsche Wirtschaft
    das westdeutsche Leistungs- und Produktionsniveau
    annähernd erreicht hätte, gäbe es noch heute keine
    Währungsunion, geschweige denn die Wiedervereini-
    gung.

    Meine Damen und Herren, als das Statistische Bundes-
    amt uns bei der Umsetzung der Europäischen Währungs-
    union mitteilte, dass unser Defizit 2,7 Prozent beträgt,
    wollte uns ein bestimmtes Wirtschaftsforschungsinstitut
    aufgrund seiner Berechnungen glauben machen – das hat
    viel Verwirrung geschaffen –, dass es bei 3,4 Prozent
    liege. Später hat sich herausgestellt, dass es bei 2,6 Pro-
    zent lag. Ausgerechnet dieses Institut kommt jetzt, nach
    zehn Jahren, im Rückblick zu dem Ergebnis, man hätte
    den Kurs auf 1:4 oder 1:5 festsetzen sollen. Ich frage Sie:
    Was hätten wohl die Menschen in Ostdeutschland gesagt,
    wenn wir die Rentner mit 150 bis 200 DM und die Ar-
    beitnehmer mit 350 bis 400 DM zurückgelassen hätten?
    Es ist doch geradezu abstrus, welche Vorstellungen zehn
    Jahre später entwickelt werden!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kollege Waigel, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Meckel?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege
    Meckel, ich schätze Sie sehr, aber ich bitte um Verständ-
    nis, dass ich hier im Zusammenhang vortragen möchte.

    Ich sehe bis heute kein besseres Konzept als die von
    uns gewählte Währungsunion. Die DDR-Planwirtschaft
    war am Ende. Ohne Marktwirtschaft und Gemeinschafts-
    währung wäre der dringend erforderliche Zufluss von öf-
    fentlichem und privatem Kapital aus Westdeutschland Il-
    lusion geblieben.




    Dr. TheodorWaigel
    10598


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Sicherlich: Der ökonomische Wiederaufbau dauerte
    länger und erfordert mehr Finanzmittel als ursprünglich
    geplant. Exakte Daten über das tatsächliche Produkti-
    vitätsniveau und den Kapitalstock lagen nicht vor. Was
    den erforderlichen Finanzaufwand betraf, gab es eben-
    falls nichts als vage Schätzungen. Selbst die Wirtschafts-
    forschungsinstitute standen weitgehend mit leeren Hän-
    den da. So bezifferte das von mir bereits apostrophierte
    Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung den jährlichen
    Sanierungsbedarf auf 50 Milliarden DM, während nach
    Auffassung der Berliner Experten die Sanierung der Be-
    triebe ausschließlich durch privates Kapital erfolgen
    sollte.

    Noch bei den Verhandlungen über den Staatsvertrag
    wurde von einem dreistelligen Milliardengewinn in der
    Privatisierungsbilanz ausgegangen, der dann für die Be-
    teiligung der Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden
    sollte. Hans Modrow ging von 1 000 Milliarden Ostmark
    bzw. 500 Milliarden DM aus. Detlef Rohwedder, der sein
    Leben auf tragische Weise verlor und dessen zu gedenken
    gerade heute Anlass ist,


    (Beifall im ganzen Hause)

    ging von 600 Milliarden DM aus. Es gehört zu der Tragik
    in jenen Zeiten, dass Detlef Rohwedder damals um die
    Jahreswende seinen Posten verlassen wollte. Wir haben
    ihn aber eindringlich gebeten, seine verdienstvolle Arbeit
    fortzuführen. Seiner und seiner Familie zu gedenken steht
    uns in dieser Stunde gut an.

    Sicherlich mussten damals Kompromisse geschlossen
    werden. Das gilt vor allem für die Regelung der Vermö-
    gensfragen. Ungeachtet unterschiedlicher Rechtsauffas-
    sungen über die Enteignungen in der Zeit von 1945 bis
    1949 bleibt daran zu erinnern, dass es ohne die damals ge-
    fundene Lösung nicht zur Zweidrittelmehrheit der DDR-
    Volkskammer zum Einigungsvertrag gekommen wäre.


    (Zustimmung bei der SPD)

    Richard Schröder hat dies hier vor wenigen Wochen, wie
    ich meine, eindrucksvoll und sehr ehrlich dargestellt.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Treuhand wurde später zu Unrecht zum Sünden-
    bock gestempelt. Auch wenn es in Einzelfällen zu Fehlern
    gekommen sein mag, so hat doch die Treuhand mit über
    40 000 Privatisierungen hervorragende Arbeit geleistet.
    Es war damals richtig, auf Experimente eines dritten
    Weges, auf staatliche und genossenschaftliche Eigen-
    tumskonstruktionen sowie auf dirigistische Strukturpoli-
    tik und Ähnliches zu verzichten. Unsere Leitlinie, von
    Rohwedder geprägt, war: schnelle Privatisierung, ent-
    schlossene Sanierung und behutsame Stilllegung.

    Die Währungsunion brachte für die ostdeutsche Wirt-
    schaft gewaltige Anpassungslasten mit sich. Der Über-
    gang zur Marktwirtschaft legte die Wettbewerbs-
    schwächen der Ostbetriebe offen. Aber die entscheiden-
    den Probleme resultieren nicht aus dem gewählten
    Wechselkurs, der ziemlich genau den Vorstellungen der
    Bundesbank entsprach, sondern vor allem aus dem nicht

    voraussehbaren Wegbrechen der Ostmärkte und der –
    darin sind sich nahezu alle deutschen Wirtschaftsforscher
    einig – zu schnellen Angleichung des Lohnniveaus.

    Wer den Erfolg der Währungsunion infrage zu stellen
    versucht, der hat den Kontakt mit den Realitäten verloren.
    Die Angleichung der Einkommens- und Lebensver-
    hältnisse in Deutschland ist in nur zehn Jahren spürbar
    vorankommen. Wer heute den Mangel an blühenden
    Landschaften beklagt, der verschweigt bewusst, wie die
    Situation vor fünf oder vor zehn Jahren ausgesehen hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Umweltverschmutzung hat drastisch ab- und die Pro-
    duktivität kräftig zugenommen. Die Modernisierung der
    Infrastruktur ist für jeden sichtbar. Ein breiter Mittelstand
    hat sich etabliert. Viele Betriebe haben Anschluss an das
    Weltmarktniveau gefunden.

    Wer heute Kosten und vermeintliche Erblasten beklagt,
    der hätte vor zehn Jahren, gerade aus dem Bereich der
    Bundesländer, durchaus mehr Solidarität unter Beweis
    stellen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Innerhalb von zehn Jahren lässt sich jedoch das De-

    saster einer 40-jährigen Misswirtschaft nicht beseitigen.
    Die noch bestehenden Herausforderungen bezüglich des
    Kapitalstocks, der Pro-Kopf-Produktion, der Export-
    schwäche und vor allem der Arbeitslosigkeit und des
    nachlassenden Wachstums können nur durch die Fortset-
    zung des Solidarpaktes bewältigt werden. Es wäre je-
    doch falsch, einer dauerhaften Subventionsmentalität
    Vorschub zu leisten. Deshalb müssen die Hilfen schritt-
    weise zurückgeführt werden.

    Die von vielen befürchteten gesamtwirtschaftlichen
    Verwerfungen blieben aus. Eine Überforderung der deut-
    schen Volkswirtschaft konnte verhindert werden. Die
    Dämme haben gehalten! Sowohl bei der Wachstums- und
    Beschäftigungs- als auch bei der Preisentwicklung schnit-
    ten wir im Zeitraum 1990 bis 1998 besser ab als unsere
    EU-Partner. Der Vorsitzende des Währungsausschusses,
    der Brite Sir Nigel Wicks, hat vor ein paar Jahren im Eco-
    fin gesagt: Die deutsche Volkswirtschaft hat im letzten
    Jahrzehnt Herausforderungen bewältigt wie keine andere
    Volkswirtschaft der Welt und wie sie vielleicht auch keine
    andere bewältigt hätte. Vier bis fünf Prozent des Brut-
    toinlandsproduktes für eine große nationale Herausforde-
    rung zur Verfügung zu stellen ist eine große nationale
    Leistung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch bei der Finanzierung der Wiedervereinigung

    wurden weitgehend die richtigen Schritte gewählt. Trotz
    der einigungsbedingten Sonderlasten haben wir das Defi-
    zitkriterium von Maastricht erreicht. Wie das Rheinisch-
    Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in einer Si-
    mulationsrechnung ermittelt hat, war der von uns ge-
    wählte Mix von Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen
    und Ausweitung der Neuverschuldung unter den gegebe-
    nen Umständen und Rahmenbedingungen richtig. Aller-
    dings war die einseitige Lastenverschiebung auf den Bun-
    deshaushalt kein Ruhmesblatt für den deutschen Födera-
    lismus.




    Dr. TheodorWaigel

    10599


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wie haltlos das Gerede von der Erblast ist, hat die Bun-
    desbank in ihrem Monatsbericht April dargelegt. Dort
    heißt es,

    dass die Finanzpolitik im letzten Jahrzehnt trotz der
    überwiegend schwachen Wirtschaftsentwicklung auf
    Konsolidierungskurs war. Über den gesamten Zeit-
    raum hinweg wurde das konjunkturbereinigte Defizit
    stark reduziert, und zwar von 4 Prozent des BIP im
    Jahr 1991 auf ½ Prozent im Jahr 1999.

    Verehrter Herr Staatssekretär, veranlassen Sie einmal,
    dass sich Ihr Minister das von seinem Freund Welteke zu-
    faxen lässt, damit er das nachlesen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Zehn Jahre nach dem In-Kraft-Treten der Währungs-
    union besteht wahrlich kein Anlass zum Lamentieren. Die
    größte Solidaraktion in der deutschen Geschichte greift.
    Wer sich schon 1990 eine Schweiß-und-Tränen-Rede des
    Bundeskanzlers gewünscht hätte, sei daran erinnert, dass
    sich in einer konsumorientierten Gesellschaft die Solida-
    ritätsbereitschaft, ausgedrückt als nationale Begeisterung
    für Steuererhöhungen, in recht engen Grenzen hält.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Wer immer noch über die hohen Kosten der Einheit

    klagt, der sei an Ernst Jünger erinnert, der in diesem Zu-
    sammenhang auf die Frage „Was kostet die deutsche Ein-
    heit?“ geantwortet hat: „Wenn dein Bruder vor der Tür
    steht, lässt du ihn rein und fragst nicht, was es dich kosten
    wird.“


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich füge hinzu: Was hätten nicht Adenauer, Schumacher,
    Heuss und Strauß gegeben, wenn sich ihnen die Chance
    zur Wiedervereinigung eröffnet hätte!


    (Zuruf von der SPD: Bei Strauß: ein Geschäft machen!)


    Meine Damen und Herren, ich darf mit einigen per-
    sönlichen Worten schließen. Das waren für mich damals
    spannende und aufregende Tage: die Diskussionen in der
    Fraktion, im Kabinett, im Bundestag, im Bundesrat,
    ebenso die Verhandlungen mit Walter Romberg, Walter
    Siegert, Lothar de Maizière und die Pressekonferenz da-
    mals am 1. Juli, die Angela Merkel in Ostberlin geleitet
    hat. Wir hatten es nicht immer leicht miteinander.

    Man kann nicht allen danken, die zum Gelingen der
    Währungsunion beigetragen haben. Aber einige wenige
    Namen seien genannt: für die CDU/CSU der damalige
    Bundeskanzler Kohl, die Bundesminister Seiters und
    Schäuble, der Fraktionsvorsitzende Dregger, der Landes-
    gruppenvorsitzende Bötsch und Michael Glos; für die
    F.D.P. Bundesminister Genscher, der Vorsitzende Graf
    Lambsdorff und der unvergessene Fraktionsvorsitzende
    Wolfgang Mischnick; für die SPD der Fraktionsvorsit-
    zende Dr. Vogel, Frau Matthäus-Maier, Wolfgang Roth
    und natürlich der große alte Willy Brandt; für die Bun-
    desbank die Herren Pöhl, Schlesinger und Tietmeyer.
    Außerdem möchte ich – das sei mir erlaubt – vor allen
    Dingen den Frauen und Männern im Bundesministerium
    der Finanzen danken, die wirklich über Monate hinweg

    rund um die Uhr viel mehr geleistet haben, als man ei-
    gentlich normalerweise von jemandem erwarten kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich nenne nur die Namen Köhler, Klemm, Haller,
    Schmidt-Bleibtreu und Sarrazin und aus dem Kreis der
    Staatssekretäre Klaus Kinkel und von Würzen. Das war
    eine großartige Zusammenarbeit.

    Wir sind stolz, dass wir am Projekt der Währungsunion
    mitarbeiten und dadurch einen Beitrag zur Wiederverei-
    nigung leisten durften. Die Wiedervereinigung war, ist
    und bleibt der entscheidende Schritt zur Entspannung
    auf dem Kontinent, das heißt zur Sicherung des Frie-
    dens durch die Beseitigung des größten Spannungsherdes
    in Europa. Damit erfolgte ein Paradigmenwechsel der
    Weltpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die 90er-Jahre haben all jene widerlegt, die als Folge
    der Wiedervereinigung ein Wiederaufflammen des deut-
    schen Nationalismus befürchtet hatten. Das vereinigte
    Deutschland hat sich zum berechenbaren und geschätzten
    Partner auf der Bühne der internationalen Politik ent-
    wickelt. Zusammen mit Frankreich haben wir das Projekt
    der Europäischen Union mit einem gemeinsamen Wirt-
    schaftsverbund und einer einheitlichen Währung auf den
    Weg gebracht. Wenn wir diesen Weg mit Mut und mit Be-
    sonnenheit weiter verfolgen, dann können wir mit Opti-
    mismus auf Deutschlands Zukunft blicken.

    Die Jahre von 1990 bis 2000 werden einmal als das
    beste Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts in die deutsche
    Geschichte eingehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist etwas Großartiges und es war uns vergönnt, die
    Präambel des Grundgesetzes, das politische Vermächtnis
    der Gründungsväter unserer Republik, zu verwirklichen.
    Im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott und den
    Menschen waren wir von dem Willen beseelt, die natio-
    nale und staatliche Einheit zu wahren und in einem ver-
    einten Europa dem Frieden in der Welt zu dienen. Das
    deutsche Volk hat in freier Selbstbestimmung seine Ein-
    heit und Freiheit vollendet.

    Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Beifall bei Abgeordneten der SPD)