Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000
Dr. Uwe-Jens Rössel
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Adler, Brigitte SPD 09.06.2000
Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 09.06.2000
Gila DIE GRÜNEN
Andres, Gerd SPD 09.06.2000
Binding (Heidelberg), SPD 09.06.2000
Lothar
Bläss, Petra PDS 09.06.2000
Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 09.06.2000
Bohl, Friedrich CDU/CSU 09.06.2000
Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 09.06.2000
Braun (Augsburg), F.D.P. 09.06.2000
Hildebrecht
Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 09.06.2000**
Klaus
Bulmahn, Edelgard SPD 09.06.2000
Burgbacher, Ernst F.D.P. 09.06.2000
Bury, Hans Martin SPD 09.06.2000
Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 09.06.2000
Peter H.
Eichhorn, Maria CDU/CSU 09.06.2000
Erler, Gernot SPD 09.06.2000
Fischer (Homburg), SPD 09.06.2000
Lothar
Flach, Ulrike F.D.P. 09.06.2000
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 09.06.2000
Frick, Gisela F.D.P. 09.06.2000
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 09.06.2000
Gebhardt, Fred PDS 09.06.2000
Gehrcke, Wolfgang PDS 09.06.2000
Günther (Plauen), F.D.P. 09.06.2000
Joachim
Haack (Extertal), Karl SPD 09.06.2000**
Hermann
Hanewinckel, Christel SPD 09.06.2000
Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 09.06.2000
DIE GRÜNEN
Dr. Hornhues, CDU/CSU 09.06.2000
Karl-Heinz
Imhof, Barbara SPD 09.06.2000
Irmer, Ulrich F.D.P. 09.06.2000*
Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 09.06.2000
Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 09.06.2000
Kampeter, Steffen CDU/CSU 09.06.2000
Körper, Fritz Rudolf SPD 09.06.2000
Kolbow, Walter SPD 09.06.2000
Kossendey, Thomas CDU/CSU 09.06.2000
Lehn, Waltraud SPD 09.06.2000
Leidinger, Robert SPD 09.06.2000
Lengsfeld, Vera CDU/CSU 09.06.2000
Lenke, Ina F.D.P. 09.06.2000
Lintner, Eduard CDU/CSU 09.06.2000**
Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 09.06.2000
Klaus W.
Dr. Lucyga, Christine SPD 09.06.2000*
Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 09.06.2000**
Erich
Mascher, Ulrike SPD 09.06.2000
Müller (Berlin), PDS 09.06.2000*
Manfred
Müller (Zittau), SPD 09.06.2000
Christian
Neumann (Gotha), SPD 09.06.2000**
Gerhard
Otto (Frankfurt), F.D.P. 09.06.2000
Hans-Joachim
Poß, Joachim SPD 09.06.2000
Rauber, Helmut CDU/CSU 09.06.2000
Reinhardt, Erika CDU/CSU 09.06.2000
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Scharping, Rudolf SPD 09.06.2000
Scheffler, Siegfried SPD 09.06.2000
Schemken, Heinz CDU/CSU 09.06.2000
Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 09.06.2000
Irmingard DIE GRÜNEN
Schily, Otto SPD 09.06.2000
Schloten, Dieter SPD 09.06.2000**
Schmidt (Aachen), Ulla SPD 09.06.2000
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 09.06.2000
Hans Peter
von Schmude, Michael CDU/CSU 09.06.2000**
Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 09.06.2000
Andreas
Schröder, Gerhard SPD 09.06.2000
Schultz (Köln), SPD 09.06.2000
Volkmar
Sebastian, CDU/CSU 09.06.2000
Wilhelm-Josef
Dr. Freiherr von CDU/CSU 09.06.2000
Stetten, Wolfgang
Dr. Struck, Peter SPD 09.06.2000
Dr. Thalheim, Gerald SPD 09.06.2000
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 09.06.2000
DIE GRÜNEN
Violka, Simone SPD 09.06.2000
Widmann-Mauz, CDU/CSU 09.06.2000
Annette
Wieczorek-Zeul, SPD 09.06.2000
Heidemarie
Wilhelm (Mainz), CDU/CSU 09.06.2000
Hans-Otto
Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 09.06.2000
Wolff (Zielitz), SPD 09.06.2000
Waltraud
Zapf, Uta SPD 09.06.2000
Zierer, Benno CDU/CSU 09.06.2000*
Zumkley, Peter SPD 09.06.2000
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Altschuldenhilfe-Änderungsgesetzes (Zweites
Altschuldenhilfe-Änderungsgesetz–2-AHÄndG)
(Tagesordnungspunkt 20)
Christine Ostrowski (PDS): Ich lehne den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung und der Koalitionsfraktio-
nen ab und möchte diese Ablehnung begründen, damit mir
nicht vorgeworfen wird, dass ich gegen die bescheidenen
positiven Änderungen bin, die dieser Gesetzentwurf ent-
hält.
Meine Ablehnung begründet sich wie folgt:
Erstens. Die mit dem Gesetz beschlossenen Änderun-
gen sind zwar zu begrüßen, aber sie regeln in keiner Weise
jene Fragen, die das Gesetz hätte regeln müssen, nämlich:
Befreiung dauerhaft leerstehender Wohnungen von den
Restschulden und den weiteren Auflagen, Nichtanrech-
nung auf die Wohnungsunternehmen zurückgefallener re-
stitutionsbehafteter Wohnungen, wenigstens die Auf-
nahme einer Härtefallregelung in das Gesetz.
Damit wurden die außerordentlichen finanziellen Be-
lastungen der Wohnungsunternehmen nicht wesentlich
erleichtert.
Das Gesetz und der Vorgang seiner Entstehung zeigen
Unfähigkeit und Unwillen der Regierung und der Koaliti-
onsfraktionen, die ostdeutschen tiefgreifenden strukturel-
len Probleme zu lösen.
Das Gesetz ist ein virtueller, kein wirklicher Schluss-
strich unter das AHG.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
vergleichenden Werbung und zur Änderung
wettbewerbsrechtlicher Vorschriften (Tagesord-
nungspunkt 21)
Dirk Manzewski (SPD): Am heutigen Tag debattieren
wir an dieser Stelle über den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zur vergleichenden Werbung und zur Änderung
wettbewerbsrechtlicher Vorschriften. Nach der Beratung
des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen und
des Fernabsatzgesetzes beschäftigen wir uns damit hier
im Deutschen Bundestag im Rahmen der Rechtspolitik
erneut mit einem wirtschaftspolitischen Thema. Die Bun-
desregierung folgt ihrem Ziel, die wirtschaftlichen Rah-
menbedingungen für Mittelstand, Handwerk und Exis-
tenzgründungen zu verbessern.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll dabei vor allem
zum einen die entsprechende Richtlinie des Europäischen
Parlaments umsetzen und zum anderen längst fällige Kor-
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rekturen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
vornehmen. Durch die Umsetzung der Richtlinie des Eu-
ropäischen Parlaments soll primär das Recht der verglei-
chenden Werbung in Europa und damit eines wichtigen
Bestandteils des Werberechts im Bereich des Binnen-
marktes harmonisiert werden.
Bislang war vergleichende Werbung im deutschen
Recht nicht ausdrücklich geregelt. Sie wurde jedoch vor
der Verabschiedung der Richtlinie von der Rechtspre-
chung in den meisten Fällen als wettbewerbswidrig ange-
sehen. Die vorgeschlagene Ergänzung des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb wird zu einer Liberalisierung
des Wettbewerbsrechts und damit zu mehr Rechtsklarheit
und Rechtssicherheit in diesem Bereich führen. Verglei-
chende Werbung wird zukünftig grundsätzlich zulässig
sein.
Sie soll der Information der Verbraucher dienen und
transparente Marktbedingungen schaffen. Werbeverglei-
che werden helfen, die Besonderheiten von Produkten
oder Dienstleistungen hervorzuheben. Gerade Neuanbie-
ter werden hiervon profitieren, da ihnen die Möglichkeit
gegeben wird, Vorteile und Unterschiede zur Konkurrenz
darzustellen und herauszuheben. Der Gesetzentwurf defi-
niert dabei konkret, was hierunter zu verstehen ist.
Daneben wird in einem umfassenden Kriterienkatalog
entsprechend der Systematik des UWG in einem Verbots-
tatbestand jedoch deutlich klargestellt, wann verglei-
chende Werbung als sittenwidrig und damit unzulässig
anzusehen ist. So dürfen Kunden von einem Werbetrei-
benden nicht durch einen Werbevergleich irregeführt wer-
den. Ebenso wenig darf Werbung zu einer Verwechslung
der verglichenen Produkte führen oder den Mitbewerber
und die von ihm vertriebenen Produkte herabsetzen oder
verunglimpfen. Eine Einschränkung wird die Liberalisie-
rung der vergleichenden Werbung aus nachvollziehbaren
Gründen allerdings im Bereich der Humanarzneimittel
finden müssen. Um dies zu verdeutlichen war eine Ände-
rung des Heilmittelwerbegesetzes erforderlich.
Die Verpflichtung, die Richtlinie des Europäischen
Parlaments umzusetzen, ist zudem genutzt worden, um
zwei Empfehlungen aufzugreifen, die von der vom Bun-
desjustizministerium im Jahre 1995 eingesetzten Arbeits-
gruppe zur Überprüfung des Wettbewerbsrechts stam-
men. Die Arbeitsgruppe war seinerzeit eingesetzt worden,
um den Reformbedarf beim Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb umfassend zu prüfen und insbesondere zur
Klärung von Zweifelsfragen beizutragen. Dem wollen wir
nachkommen. So soll nunmehr zum einen klargestellt
werden, dass bei der so genannten progressiven Kunden-
werbung – besser bekannt als Schneeballsystem – künftig
auch die in der Praxis häufigen Gewinnspiele strafbar
sind, bei denen die Teilnehmer die erwarteten besonderen
Vorteile nicht vom Veranstalter selbst, sondern von Drit-
ten – insbesondere von den neu hinzugeworbenen Teil-
nehmern – erhalten.
Zum anderem soll klargestellt werden, dass der Ge-
richtsstand grundsätzlich am Ort der gewerblichen Nie-
derlassung bzw. des Wohnsitzes des Beklagten liegt. Am
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung soll der Beklagte
nur dann verklagt werden können, wenn weder ein inlän-
discher Wohnsitz noch eine inländische gewerbliche Nie-
derlassung vorliegt.
Gerne hätten wir an dieser Stelle noch weitere Verän-
derungen vorgenommen und zum Beispiel dem Einzel-
handel geholfen, indem wir schon jetzt dem immer häufi-
geren Missbrauch von Sonderveranstaltungen und Räu-
mungsverkäufen begegnet wären. Da dies ohne zeitliche
Verzögerung für das gesamte Gesetzeswerk aufgrund
mangelnder Bereitschaft von CDU/CSU und F.D.P. nicht
möglich gewesen wäre, haben wir es zunächst zurückge-
stellt. Wir sichern jedoch zu, diesen Bereich in einem um-
fassenderen Kontext zügig wieder aufzugreifen und zu re-
geln.
Wir wollen den Gesetzentwurf wenigstens dazu nut-
zen, eine dringende Änderung im Urheberrechtsgesetz
vorzunehmen, um zu verhindern, dass geschützte Urheber
bei der Vervielfältigung von Werken und Leistungen im
privaten Bereich durch Umgehung um eine angemessene
Vergütung gebracht werden. Dazu sollen Vervielfälti-
gungsgeräte künftig auch bei geringer Leistung eine Ver-
gütungspflicht auslösen. Dies wird zu keiner unangemes-
senen Belastung führen, zumal in der Praxis zwischen den
Verwertungsgesellschaften und den Nutzerverbänden in-
tern ohnehin niedrigere Sätze vereinbart werden.
Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht weitgehend
einem Referentenentwurf, der den Landesjustizverwal-
tungen, dem Bundesgerichtshof und den interessierten
Organisationen und Verbänden zur Stellungnahme über-
sandt worden war. Der Gesetzentwurf ist dabei grundsätz-
lich positiv aufgenommen worden. Ich gehe daher von ei-
ner breiten Zustimmung aus.
Die Instanzgerichte und der BGH wenden die Kriterien
der Richtlinie des Europäischen Parlaments im Vorgriff
auf deren Umsetzung im Übrigen bereits an.
Mir ist zwar durchaus bewusst, dass verschiedene
Wirtschaftsverbände und die AGV Forderungen nach ei-
ner grundlegenden Liberalisierung und Neuorientierung
des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb aufstellen.
Da es sich hierbei jedoch vielfach um Anregungen han-
delt, die einer viel vertiefenderen rechts- und wirtschafts-
politischen Diskussion bedürfen, sind diese angesichts
der knappen Umsetzungsfrist sowie des beschränkten Re-
gelungsziels dieses Gesetzgebungsvorhabens noch nicht
aufgegriffen worden. Ich gehe jedoch davon aus, dass die
Diskussion hierüber mit der heutigen Debatte noch nicht
beendet ist und eine umfassendere und intensivere Prü-
fung erfolgen wird.
Birgit Roth (Speyer) (SPD): Der Reformbedarf des
Wettbewerbsrechts ist seit längerem bekannt und wir ha-
ben mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf zur verglei-
chenden Werbung erste Schritte realisiert. Unsere Geset-
zesinitiative führt zu einer Liberalisierung des Wettbe-
werbsrechts, zu mehr Rechtsklarheit und Rechts-
sicherheit. Aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Historie
in Deutschland ist es uns ein besonderes Anliegen – denn
in diesen Bereich fällt ja zum Beispiel auch das Rabattge-
setz und die Zugabeverordnung –, die Umsetzung der
Richtlinie im Konsens herbeizuführen. Denn – gestatten
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(C)
(D)
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(B)
Sie mir diesen Vergleich – das Wettbewerbsrecht ist wie
ein rohes Ei, und es muss eine vernünftige und verant-
wortungsvolle Ausgewogenheit zwischen Wettbewerb
auf der einen Seite und Regelwerk auf der anderen Seite
geben, sonst könnte dies tiefgreifende Konsequenzen für
unsere Wirtschaftsordnung, für unsere soziale Marktwirt-
schaft haben.
Gerade im Zeitalter der Globalisierung, der großen Fu-
sionen, im Zeitalter von Multimedia und dem Internet
müssen wir den mittelständischen Unternehmen auch ein
modernes Wettbewerbsrecht an die Hand geben, das
Chancengleichheit gewährleistet. Denn wir nehmen die
Sorgen der Mittelständler, insbesondere des Einzelhan-
dels, sehr ernst. Die E-Commerce-Richtlinie ist bereits
Realität geworden, das heißt, im Internet wird das Recht
des Herkunftslandes angewendet. Damit haben wir fak-
tisch eine Benachteiligung inländischer Firmen gegen-
über ausländischen Wettbewerbern.
Wir sehen in der eingeleiteten Liberalisierung in erster
Linie eine Chance für den Mittelstand und die Verbrau-
cher. Das belegen auch die Ergebnisse einer Untersu-
chung des Forschungsinstitutes für Wirtschaftspolitik an
der Universität Mainz, die im Auftrag des BMF angefer-
tigt worden ist. Obwohl vergleichende Werbung
grundsätzlich von allen Anbietern, ob Marktführern oder
Newcomern, eingesetzt werden kann, wird in dieser Wer-
beform eher ein Instrument für kleinere bzw. mittlere An-
bieter und Newcomer gesehen. In den meisten Fällen pro-
fitieren die kleineren Anbieter durch den Vergleich mit
dem größeren, bekannteren Anbieter mehr. Die Darstel-
lung zweier oder mehrerer Konkurrenten erhöht den
Adressatenkreis und der Bekanntheitsgrad der Konkur-
renzprodukte konnte genutzt werden, um die eigenen Wa-
ren oder Dienstleistungen bekannter zu machen. Doch
vergleichende Werbung ist eher die Ausnahme. Obwohl
der direkte Vergleich mit den Konkurrenten möglich ge-
wesen wäre, entschieden sich die meisten gegen die Na-
mensnennung, da Reaktionen der Verbraucher eher als ne-
gativ für das werbetreibende Unternehmen eingeschätzt
würden.
Lassen Sie mich Ihnen noch ein sehr interessantes Bei-
spiel für vergleichende Werbung geben: Die Werbe-
schlacht zwischen Burger King und McDonald’s. Daran
konnte deutlich gesehen werden, dass, das Ergebnis der
vergleichenden Werbung auch von der entsprechenden
Fairness abhängig ist: Die Burger King-Kampagne, ge-
kennzeichnet durch witzige, vergleichende Werbesprüche
wurde sogar mit einem Werbe-Oskar ausgezeichnet und
kam beim Verbraucher sehr positiv an. Hingegen bei der
vergleichenden Werbeschlacht zwischen Telekom und
Mobilkom ging der Schuss nach hinten los – mit be-
trächtlichem Imageschaden für das Unternehmen. Aus
diesem Grunde ist bei der Anwendung von vergleichender
Werbung immer auch ein Stück weit Sensibilität gefragt.
Durch die Neuregelung ist der direkte Preisvergleich
erlaubt, wobei auch in diesem Falle der Konkurrent na-
mentlich genannt werden muss, was viele von verglei-
chender Werbung abhält, da automatisch auch der Kon-
kurrent in den Medien transportiert wird und der Be-
kanntheitsgrad mit ansteigt. Doch insbesondere durch
Preisvergleiche kann eine Preisspirale in Gang gesetzt
werden, die sich positiv für den Verbraucher auswirken
kann. Deswegen gehen wir davon aus, dass die Gesetzes-
initiative zur vergleichenden Werbung mehr Markttrans-
parenz ermöglicht. Dabei dürfen wir aber die Augen vor
den Risiken nicht verschließen. Wenn Marktführer sich
durch vergleichende Angebote Preisschlachten bieten,
können kleinere Anbieter oft nicht mithalten. Insbeson-
dere im Lebensmittelbereich herrscht ein harter Verdrän-
gungswettbewerb, der zulasten der kleinen Anbieter aus-
fallen könnte.
Abschließend möchte ich aus wirtschaftspolitischer
Hinsicht ein Fazit ziehen. Wir begrüßen die Liberalisie-
rung der vergleichenden Werbung, weil die Chancen-
gleichheit des Mittelstandes gewährleistet wird, sich die
Markttransparenz erhöht und klare Vorteile für den Ver-
braucher ersichtlich sind.
Dr. Susanne Tiemann (CDU/CSU): Als die Druck-
sache 14/2959 in der ersten Lesung hier im Bundestag be-
handelt wurde, stand die CDU/CSU-Fraktion dem Ge-
setzentwurf zwar nicht ablehnend, wohl aber mit kon-
struktiver Skepsis gegenüber. Im Laufe der konstruktiven
Beratungen, die wir im Rechtsausschuss geführt haben,
sind wir zu einem Ergebnis gekommen, dem alle Mitglie-
der zugestimmt haben. Als Folge dieses Ergebnisses stellt
die CDU/CSU-Fraktion ihre anfänglich geäußerten Be-
denken zurück, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass in
einem möglichst überschaubaren Zeitraum notwendige
weitere Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb und sonst den Handel betreffende Probleme
einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden sollten,
und zwar konzeptionell in einer Einheit.
Der im Rechtsausschuss gefundene Kompromiss sieht
im Wesentlichen die Umsetzung der vom Europäischen
Parlament und Rat am 6. Oktober 1997 verabschiedeten
Richtlinie 97/SS/EG in nationales Recht vor. Die Umset-
zung der Richtlinie ist zum einen europarechtlich drin-
gend geboten, da die Umsetzungsfrist bereits am 23. April
2000 abgelaufen ist, und zum anderen ein Beitrag zur
Rechtsklarheit, da der BGH in verschiedenen Rechtsstrei-
tigkeiten im Jahre 1998 erklärt hat, dass er von seiner bis-
herigen Rechtsprechung abweiche und im Rahmen des
§ 1 UWG die materiellen Bestimmungen der Richtlinie
anwende.
Damit hat sich bereits, in der Rechtsprechung ein Um-
bruch des Wettbewerbsrechts vollzogen, da die verglei-
chende Werbung bisher stets für grundsätzlich unzulässig
erklärt wurde.
Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit
war die Umsetzung somit erforderlich, damit die Werben-
den wissen, welche Rechte und Pflichten von ihnen kon-
kret zu beachten sind. Die Umsetzung der Richtlinie
wurde auch behutsam vorgenommen. Ziel war es immer,
mit dem Wettbewerbsrecht behutsam umzugehen, da es
eine wesentliche Basis für das Funktionieren unserer so-
zialen Marktwirtschaft darstellt. Denn wenn wir nicht
über ein ausgewogenes Wettbewerbsrecht verfügen, hat
dies tief greifende Folgen für unsere Wirtschaftsordnung,
für die Balance zwischen Freiheit und Bindung des
Markthandelns.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10338
(C)
(D)
(A)
(B)
Dementsprechend waren auch nicht alle Vorgaben der
Richtlinie zur Umsetzung vorgesehen, da das deutsche
Recht entweder der Richtlinie schon Rechnung trug oder
das europäische Recht schon an anderen Stellen entspre-
chende Regelungen vorgab. Die einzige am Katalog des
Art. 1 Nr. 1 vorgenommene Korrektur ( § 2 II Nr. 5 UWG)
war notwendig, um klarzustellen, dass die Herabsetzung
der geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers
gleichfalls zur Unzulässigkeit der Werbung führt. Inso-
weit bestand zwischen den Fraktionen auch Einigkeit.
Während unserer Regierungszeit wurde 1995 in vo-
rausschauender Weise, das möchte ich noch einmal aus-
drücklich betonen, die Arbeitsgruppe „Überprüfung des
Wettbewerbs“ eingesetzt. Von deren anfänglich in der
Drucksache 14/2959 beinhalteten Änderungsvorschlägen
sind in der jetzigen Fassung lediglich die Änderungen von
§ 6 c UWG und § 24 112 UWG vorgesehen.
Die Änderung dieser beiden Vorschriften wird von der
CDU/CSU-Fraktion inhaltlich begrüßt, wobei festgehal-
ten werden sollte, dass eine umfassende und abschlie-
ßende Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Ar-
beitsgruppe nach Ansicht meiner Fraktion den Bedürfnis-
sen des Wettbewerbs weitaus mehr Rechnung getragen
hätte.
Der am 17. Dezember 1996 vorgelegte Bericht der Ar-
beitsgruppe lehnte eine umfassende Überarbeitung des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ab, machte
aber gleichwohl Vorschläge, die im ursprünglichen Ge-
setzentwurf der Bundesregierung keine Berücksichtigung
fanden, obwohl die Vorschläge durchaus berücksichti-
genswert gewesen wären. Die Arbeitsweise der Bundes-
regierung, gesetzgeberische Vorhaben als Stückwerk ver-
abschieden zu wollen, hätte sich damit uneinsichtiger-
weise ungehemmt fortgesetzt. In dieser Hinsicht ist die
Bundesregierung, das kann man ruhig einmal sagen, sehr
konservativ.
Der Änderung der Bestimmungen der §§ 6 c UWG und
24 II 2 UWG kann grundsätzlich zugestimmt werden. Im
Rahmen des § 6 c UWG zwingt das Geschäftsgebaren ei-
niger Menschen den Gesetzgeber dazu, möglichst zügig
geeignete Vorschriften zu erlassen, um dem entgegenzu-
wirken. Der neue § 6 c UWG stellt nun unmissverständ-
lich klar, dass auch die Vorteilsgewährung durch Dritte,
z. B. durch neu geworbene Teilnehmer eines Kettenbrief-
systems, in den Anwendungsbereich der Norm fällt. Die
Präzisierungen, die im Laufe der Beratungen vorgenom-
men wurden, sollen dies noch eindeutiger zum Ausdruck
bringen.
Die Regelung des neuen § 24 II2 UWG beseitigt eine
bisher bestehende Unklarheit. Die Bestimmung des § 24
I UWG knüpft bei der Bestimmung des Gerichtstands bei
der gewerblichen Niederlassung oder hilfsweise am
Wohnsitz an. Entsprechend war somit auch § 24 II2 UWG
zu präzisieren, dass heißt, dass Verbände nur dann am De-
liktsort klagen können, wenn der Beklagte weder über
eine inländische gewerbliche Niederlassung noch über ei-
nen inländischen Wohnsitz verfügt.
Die Arbeitsgruppe „Überprüfung des Wettbewerbs“
hat eine Reihe von wichtigen und umsetzungsbedürftigen
Vorschlägen ausgearbeitet. Diese können aber nicht, wie
ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehen, mit heißer
Nadel gestrickt, einfach dem Gesetz über die Umsetzung
einer EU-Richtlinie als punktuelle Regelung angehängt
werden. Sie bedürfen einer konzeptionell geschlossenen
und stimmigen Einfügung in das UWG. Daher begrüßen
wir, dass die Art. 1 Nr. 5 und 6 (§ 7 UWG – Sonderveran-
staltungen, § 8 UWG – Räumungsverkauf) aus dem Ge-
setzentwurf gestrichen wurden.
Die Fraktion der CDU/CSU ist nach wie vor der An-
sicht, dass die bisher nicht berücksichtigten Vorschläge
der Arbeitsgruppe sowie weitere Ergänzungen, zum Bei-
spiel die Aufnahme einer dem alten § 6 d UWG entspre-
chenden Norm, im Rahmen eines umfassenden Gesetz-
entwurfs beraten werden sollten. Wir werden daher Acht
geben, dass dieses Vorhaben nicht auf die lange Bank ge-
schoben wird, und gegebenenfalls eigene Schritte unter-
nehmen.
Die CDU/CSU-Fraktion hält die Einführung einer dem
alten § 6 d UWG entsprechenden Norm nach wie vor für
geeignet und notwendig, vielfach aufgetretene und kriti-
sierte Missstände zu beseitigen.
Im Einzelhandel fand in den letzten Jahren ein uner-
bittlicher Preiskampf statt, der zur Vernichtung vieler mit-
telständischer Existenzen führte. Dieser Prozess ist volks-
wirtschaftlich schädlich und nicht gewollt, da am Ende
eine Monopolisierung stünde. Ziel sollte es vielmehr sein,
die Anzahl der Anbieter auf einem hohen Niveau zu hal-
ten, damit eine stetige Konkurrenz der Anbieter unterei-
nander für einen dauerhaften Wettbewerb sorgt. Das Ziel,
einer Monopolisierung entgegenzuwirken, mit gleichzei-
tiger Stärkung des Wettbewerbs, könnte dadurch erreicht
werden, dass den konkurrierenden Wettbewerbern ein In-
strument in die Hand gegeben wird, welches ihnen er-
möglicht, gegen so genannte „Lockvogelangebote“ mit
Unterlassungsansprüchen vorzugehen. Der Handel würde
so mit marktwirtschaftlichen Mitteln Einkaufsvorteilen
und möglichen ungerechtfertigten Konditionsspreizun-
gen der Industrie im Interesse des Nachteilsausgleichs für
kleinere und mittlere Unternehmen die Spitze nehmen
können.
Die alte Regelung des § 6 d UWG hatte zwar keinen
Bestand vor der Rechtsprechung, weil der damalige Wort-
laut zwischen Kunde und Wiederverkäufer differenzierte,
wobei gegenüber dem Wiederverkäufer allerdings nur ein
völliger Ausschluss, nicht aber eine mengenmäßige Be-
schränkung der Warenabgabe für einen Unterlassungsan-
spruch ausreichte. Bei den Überlegungen, ob eine ver-
gleichbare Neuregelung abermals in das UWG aufge-
nommen wird, sollte dies keinen Hinderungsgrund
darstellen.
Der Mittelstand ist nicht nur Rückgrat der Volkswirt-
schaft, sondern auch Basis eines funktionierenden Wett-
bewerbs in der sozialen Marktwirtschaft. Ein modernes
Wettbewerbsrecht kann auf eine starke mittelständische
Wirtschaft daher unmöglich verzichten, weshalb den be-
rechtigten Anliegen des Mittelstandes mehr Rechnung ge-
tragen werden sollte.
Noch zu einem konkreten Punkt: Der in den Beratun-
gen neu eingeführte Art. 3 war deshalb notwendig, weil
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10339
(C)
(D)
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(B)
sich gezeigt hat, dass die Tendenz, gesetzliche Regelun-
gen zu umgehen, mittlerweile Volkssportcharakter ange-
nommen hat. Die bisherige Regelung in den Vorschriften
§§ 53, 54, 54 a, einschließlich der Anlage zu § 54 d Urhe-
berrechtsgesetz, sieht vor, dem Urheber bei der Verviel-
fältigung von Leistungen und Werken im privaten Bereich
eine angemessene Vergütung zu gewähren. Dies erfolgt
durch die Festlegung von Vergütungssätzen, mit denen
Überspielgeräte und -medien sowie Reprografie und Ab-
lichtungen zugunsten der Berechtigten belastet werden,
wenn erwartet werden kann, dass die privaten Vervielfäl-
tigungen und privaten Überspielungen erlaubnisfrei ge-
nutzt werden dürfen. Dabei sind Geräte mit einem Leis-
tungsvermögen von unter zwei Vervielfältigungen pro
Minute vergütungsfrei. Die Vergütungspflicht gilt dabei
auch für Scanner.
Diese Grenze wurde in der Vergangenheit nun vielfach
„künstlich“ unterschritten, indem man die Leistungskapa-
zität verminderte, wobei gleichzeitig zum Beispiel bei
Scannern damit geworben wurde, dass die Leistung durch
kostenloses Herunterladen von Treibern aus dem Internet
wieder erhöht werden könnte.
Da diese Praxis die Urheber um ihre von der Eigen-
tumsgarantie des Art. 14 GG umfassten Vergütung bringt,
war eine gesetzliche Regelung mehr als geboten. Findige
Geister können die geltenden Gesetze zwar umgehen,
doch sie sollten wissen, der Gesetzgeber ist so intelligent,
dieses zu bemerken. Die Freude wird also immer nur von
kurzer Dauer sein.
Insgesamt können wir dem Gesetz zustimmen, werden
aber auf weiterführende Regelungen zur Umsetzung der
Vorschläge der Arbeitsgruppe „Überprüfung des Wettbe-
werbs“ drängen.
Werner Schulz (Leipzig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Durch das vorliegende Gesetz wird die verglei-
chende Werbung in der Europäischen Union harmonisiert.
Die vergleichende Werbung ist künftig möglich. Es ist da-
mit gelungen, die Richtlinie der EU über irreführende
Werbung einstimmig in deutsches Recht umzusetzen. Da-
durch dürfen Produkte aufgrund objektiver und beweis-
barer Kriterien, beispielsweise über den Preis, in der Wer-
bung miteinander verglichen werden. Nicht gestattet ist
es, den Mitbewerber oder sein Produkt herabzusetzen
oder zu verunglimpfen.
Die Verbesserung der Kontrolle von Räumungsverkäu-
fen wird zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen
Kontext aufgegriffen. Neben der verbesserten Kontrolle
zum Räumungsverkauf erfordert die Verabschiedung der
E-Commerce-Richtlinie sicher noch mittelfristig die eine
oder ändere Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb. Dieses wird zurzeit von den beteiligten Mi-
nisterien geprüft; denn das Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb gerät durch die in Kürze zu verabschiedende
EG-Richtlinie unter Druck: Nach Art. 3 des Entwurfs der
Richtlinie müssten europäische Unternehmen, die via In-
ternet auf dem deutschen Markt anbieten wollen, in Zu-
kunft nur noch das Recht ihres Herkunftslandes anwen-
den.
Der sich aus der E-Commerce-Richtlinie auf das Ge-
setz gegen unlauteren Wettbewerb, UWG, ergebende Än-
derungsdruck ist mit Sorge zu verfolgen. Das Recht des
unlauteren Wettbewerbs in der EU ist durch eine kaum
noch überschaubare Zahl sekundärrechtlicher Harmoni-
sierungsmaßnahmen geprägt. Trotz dieser Vielzahl ge-
meinschaftsrechtlicher Rechtsakte sind aber bislang nur
begrenzte Bereiche von der Angleichung erfasst.
Im Übrigen handelt es sich zumeist um eine Anglei-
chung durch Richtlinien, die zudem oft nur Mindestan-
forderungen enthalten. Da sich die nationalen Wettbe-
werbsrechtsordnungen in ihren Systemen, ihrer Zielrich-
tung und vor allem in ihrem Schutzumfang zum Teil
beträchtlich voneinander unterscheiden, Deutschland
aber über ein relativ hohes Schutzniveau beim unlauteren
Wettbewerb verfügt, kommt der Frage nach der Zukunft
des deutschen UWG und einer weiteren europäischen
Harmonisierung eine erhebliche Bedeutung zu.
Die Bundesregierung muss sich bei der Europäischen
Kommission dafür einsetzen dass es zu keiner wesentli-
chen Absenkung des Schutzniveaus sowohl aus wettbe-
werbs- als auch verbraucherpolitischer Sicht kommt! Al-
lerdings gibt es auch beim Gesetz gegen unlauteren Wett-
bewerb einige alte Zöpfe, die infolge einer europäischen
Harmonisierung abgeschnitten werden könnten: Bei-
spielsweise dürfen zum einen beim Sommerschlussver-
kauf keine „normalen“ Fahrräder, sondern nur Sporträder,
also saisonale Produkte, heruntergesetzt und zum anderen
keine durch Werbeblöcke unterbrochene kostenlose Tele-
fongespräche angeboten werden. Es ist zweifelhaft, ob
solche Angebote dem Wettbewerb wirklich schaden.
Darüber hinausgehend fordert Bündnis 90/Die Grünen
schon seit längerer Zeit, durch Aufhebung des Rabattge-
setzes sowie eine deutliche Lockerung der Zugabeverord-
nung den Wettbewerb von veralteten Beschränkungen zu
befreien, wie es die Bundesregierung jetzt prüft. Wir wol-
len den Verbrauchern günstigere Angebote nicht länger
vorenthalten und ihnen mehr Spielraum bei Preisver-
handlungen geben. Ziel ist es auch, die Rahmenbedin-
gungen für den grenzüberschreitenden elektronischen
Handel zu verbessern und dadurch die Marktposition
deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb
zu stärken.
Das Gesetz schränkt einen Teilbereich des Preiswett-
bewerbs im Einzelhandel und damit die Freiheit der
Verbraucher ein: die situationsbedingte oder auf einen
bestimmten Kunden oder Kundenkreis abzielende Redu-
zierung des angekündigten Preises. Damit hat Deutsch-
land eine der strengsten Regelungen in Europa und auf
der Welt gegen Rabatte. Überspitzt ausgedrückt: Nur das
3-prozentige Skonto ist erlaubt. Alle weiteren Rabatte
sind verboten. Das deutsche Wettbewerbsrecht ist in vie-
len Teilen überreguliert und unterschätzt die Marktkennt-
nis von Verbrauchern: Es schränkt die Kreativität von Ver-
brauchern und Händlern erheblich ein.
Von einigen Einzelhändlern wird die Befürchtung
geäußert, damit werde der Strukturwandel im Einzelhan-
del zulasten der kleinen und mittleren Unternehmen be-
schleunigt. Diese Bedenken sind sehr ernst zu nehmen;
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10340
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denn dazu darf es auf keinen Fall kommen. Für die über-
wiegende Zahl der kleinen Einzelhandelsunternehmen
bietet sich aber gerade durch die Liberalisierung eine
Chance, sich in ihrer Nische zu behaupten: Sie haben die
Möglichkeit, situationsbedingt auf eine bestimmte Wett-
bewerbssituation mit Preisnachlässen zu reagieren.
Reiner Funke (F.D.P.): Der vorliegende Gesetzent-
wurf hinsichtlich der vergleichenden Werbung ist mit den
Berichterstattern gründlich beraten und nach einigen
Streichungen im wettbewerbsrechtlichen Bereich akzep-
tiert worden. Die Umsetzung der europäischen Richtlinie
zur vergleichenden Werbung hätte bis zum 23. April die-
ses Jahres erfolgen müssen und insoweit ist ein gewisser
zeitlicher Druck des Justizministeriums durchaus ver-
ständlich. Die Umsetzungsfrist hat man nicht einhalten
können, obwohl dieser Teil des Gesetzes unproblematisch
war und ist. Als Berichterstatter bin ich dankbar dafür,
dass man in den Berichterstattergesprächen davon Ab-
stand genommen hat, die sonstigen wettbewerbsrechtli-
chen Vorschriften aus dem Gesetzentwurf herauszuneh-
men, weil in der Tat eine bruchstückhafte Novellierung
des Wettbewerbsrechts wenig Sinn gemacht hätte. Die
Berichterstatter waren auch insoweit einer Meinung, dass
über das Wettbewerbsrecht nach wie vor grundlegend
nachgedacht werden muss.
Wenn wir dennoch diesem Artikelgesetz nicht zustim-
men können, so liegt dies an der Begründung zu Art. 3 des
vorliegenden Gesetzentwurfs. Das Bundesjustizministe-
rium hat während der Beratungen den Wunsch geäußert,
einen Art. 3 zur Änderung der Anlage zu § 54 d Abs. 1 auf-
zunehmen, weil eine Bedürftigkeit bestehe und weil eine
entsprechende Regelung unproblematisch und durch die
technischen Entwicklungen notwendig sei. Tatsächlich ist
diese Änderung aber nicht unproblematisch. Ursprüng-
lich hatte das Bundeswirtschaftsministerium erhebliche
Vorbehalte und der bedeutende Verband VDMA hatte er-
hebliche Bedenken schriftlich geäußert. Die Berichter-
statter wurden von diesem Tatbestand nicht informiert.
Ich halte dies für einen Skandal. Wenn Berichterstatterge-
spräche im Beisein des Parlamentarischen Staatsse-
kretärs, des Abteilungsleiters und des zuständigen Refe-
ratsleiters geführt werden, muss – und das ist eine Bring-
schuld des Justizministeriums – sachgemäß berichtet
werden.
Ich habe gebeten, die heutige Beratung abzusetzen, um
mit den betroffenen Verbänden und den Berichterstattern
Gespräche führen zu können, und angeboten, noch vor der
Sommerpause die Beratungen abzuschließen. Dies haben
die Koalitionsfraktionen in der Rechtsausschusssitzung
am letzten Mittwoch verwehrt. Wir werden daher diesem
Gesetz die Zustimmung verweigern und uns der Stimme
enthalten, vor allem, weil eine ordnungsgemäße Beratung
des Gesetzes durch das Verhalten des Bundesjustizminis-
teriums nicht möglich war. Dass die Parlamentarier der
Regierungskoalition sich dieses Verhalten gefallen lassen,
spricht nicht gerade für das Selbstverständnis eines frei
gewählten und unabhängigen Abgeordneten.
Rolf Kutzmutz (PDS): Die PDS unterstützt das heute
zu beschließende Gesetz aus den schon in seiner ersten
Lesung genannten Gründen: Die Klarstellungen zur ver-
gleichenden Werbung, zur Einbeziehung der Schneeball-
systeme im strafbaren unlauteren Wettbewerb, zur Be-
werbung von Arzneimitteln und zum Gerichtsstand bei
ausländischen Beklagten erscheinen sinnvoll und not-
wendig.
Besonders begrüßen wir auch den im parlamentari-
schen Verfahren neu aufgenommenen „Kopierer-Paragra-
phen“ zur Sicherung von Urheberrechten. Gerade die
durch grassierende Umgehungspraktiken in diesem Be-
reich dringend notwendige gesetzgeberische Reaktion
zeigt einmal mehr die Grenzen des „Bürokratie-Vorwur-
fes“, des Rufes nach Deregulierung, mit dem Kollegen
insbesondere der F.D.P. in der ersten Lesung wie auch den
Berichterstattergesprächen Vorbehalte gegen diese UWG-
Novelle äußerten. Zwar wurde wegen solcher Kritik nun
einvernehmlich die eigentlich vorgeschlagene Änderung
des Rechtes bei Sonderveranstaltungen und Räumungs-
verkäufen zurückgestellt. Mit diesem Verzicht erhöht sich
aber – zumindest für uns von der PDS-Fraktion – der
Druck auf eine weitere Novelle des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb. Sie sollte umgehend in Angriff
genommen werden. Sonst reißen die Unzulänglichkeiten
des bestehenden Gesetzes noch mehr Mittelständler gänz-
lich unverschuldet in den Ruin. Und das kann ja wohl
auch jene Partei nicht wollen, die sich selbst gern als Vor-
kämpferin des Mittelstandes bezeichnet.
So kann ich nicht verstehen, wieso ausgerechnet im
Falle eines Räumungsverkaufs wegen endgültiger Ge-
schäftsaufgabe bei Unterlageneinsicht und beschränkter
Auskunftspflicht durch Berufsvertretungen die Gefahr
der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen besonders
groß sein soll – wo doch das Geschäft beendet werden
soll! Ebenso unverständlich bleibt die Weigerung der
Bundesregierung, die Häufigkeit von Räumungsverkäu-
fen zu reglementieren. Man kann ja darüber streiten, ob –
wie vom Bundesrat angeregt – es im ersten Geschäftsjahr
zu keinem Räumungsverkauf kommen darf. Aber die
Häufigkeit solcher Verkäufe in einem Berufsleben sollte
schon beschränkt sein.
Schließlich muss es darum gehen, durch geeignete
Maßnahmen den immer mehr grassierenden Profi-Räu-
mern das Handwerk zu legen. Bei Goldschmieden oder
Uhrmachern beispielsweise entfallen 30 bis 40 Prozent
der Einnahmen auf das Weihnachtsgeschäft. Für diese ist
es zweifellos existenzbedrohend, wenn andere Leute es
als ihr Geschäft ansehen, Räume nur zu dem Zweck an-
zumieten, mit entsprechender Ware Ende November in
den Räumungsverkauf zu gehen. Vergleichbare Probleme
gibt es mit dem Missbrauch des Räumungsverkaufsrech-
tes bei angeblichem teilweisem Umbau von Geschäfts-
räumen. Eine umfassende und vor allem zügige Prüfung
aller Vorschläge – bis hin zur Wiedereinführung von Ord-
nungswidrigkeitstatbeständen – tut Not.
In diesem Zusammenhang gehört unseres Erachtens
auch die Aufnahme einer Neufassung des einstigen Para-
graphen 6 d UWG – die Untersagung der Mengenbe-
schränkung bei Angeboten – auf den Prüfstand. Sie
scheint mir nicht nur im Zusammenhang mit der Debatte
um Verkauf unter Einstandspreis im Einzelhandel, son-
dern auch mit den aktuellen Auseinandersetzungen zwi-
schen freien Tankstellen und dem Öloligopol von Aral bis
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Shell sinnvoll. Nicht nur am Rande: Das Payback-System
ist gewiss vom Rabattgesetz gedeckt. Wenn aber DEA im
Unterschied zu anderen Systempartnern vielleicht nicht
an allen, aber zumindest an einzelnen Tankstellen Rabatt-
punkte nur bei Barzahlung gewährt oder, wie es auch vor-
kommt, der Kunde seine Punkte selber bei der Payback-
Zentrale erst anmelden muss, dann scheint mir der aktu-
elle Kampf auf dem Tankstellenmarkt die Bekämpfung
eines Phantoms zu sein, eines Phantoms, das schon ohne
Gesetzesänderung unlauterer Wettbewerb ist.
Das sei an dieser Stelle an die Adresse der Befürworter
eines generellen Falles des Rabattgesetzes in der Koali-
tion erwähnt. Die Beispiele ließen sich noch fortsetzen. In
diesem Sinne sehen wir die heutige Beschlussfassung
nicht als Abschluss, sondern vielmehr als Auftakt für wei-
teres Handeln in diesem ordnungspolitisch eminent wich-
tigen Feld, dem Kampf gegen Wettbewerbsverzerrungen.
Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
desministerin der Justiz: Das Gesetz zur vergleichenden
Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vor-
schriften setzt die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates zur vergleichenden Werbung
um. lch bin daher sehr dankbar, dass dank Ihrer Unter-
stützung das Gesetz zügig in den Ausschüssen beraten
werden konnte. Wir werden deshalb die Umsetzungsfrist
(23. April 2000) nur geringfügig überschreiten und das
Gesetz hoffentlich noch vor der Sommerpause im Bun-
desgesetzblatt verkünden können.
Warum ist dieses – zugegeben kleine Gesetzespro-
jekt – durchaus von Bedeutung? Die Umsetzung der
Richtlinie in den Mitgliedstaaten führt zu angeglichenen
rechtlichen Rahmenbedingungen für vergleichende Wer-
bung in Europa. Das hat für alle Werbetreibenden den
Vorteil der Rechtssicherheit, denn bei grenzüberschrei-
tenden Werbeaktionen gelten nun europaweit einheitliche
Kriterien. Diese Vorgaben dienen der sachgerechten In-
formation des Verbrauchers, schaffen transparente Markt-
bedingungen und sorgen für die Fairness der Wettbewer-
ber untereinander.
Nach dem neuen § 2 UWG wird vergleichende Wer-
bung künftig grundsätzlich zulässig sein, sofern nicht ein
Verstoß gegen folgende Kriterien festgestellt wird:
Erstens. Der Vergleich von Waren oder Dienstleistun-
gen muss sachlich sein, darf nicht irreführen oder Ver-
wechslungen der Produkte oder Dienstleistungen hervor-
rufen. Täuschende Werbeaussagen soll es nicht geben.
Zweitens. Es dürfen nur wesentliche, typische und
nachprüfbare Eigenschaften von Waren und Dienstleis-
tungen oder – und das ist nach meiner Beobachtung für
die Praxis besonders wichtig – der Preis gegenübergestellt
werden.
Drittens. Der Mitbewerber und die von ihm vertriebe-
nen Produkte dürfen nicht herabgesetzt oder verunglimpft
werden. Das heißt: keine Polemik oder Rufschädigung
auf Kosten des Konkurrenten.
Die neuen Werbeformen werden bereits jetzt von der
Praxis genutzt, auch wenn die überwiegende Zahl der An-
zeigen bislang auf Vergleiche verzichtet.
Neben den bekannten Aktionen der Telekommunikati-
onsunternehmen und Autovermieter sind mir in letzter
Zeit besonders zwei ganzseitige Werbevergleiche einer
Bank aufgefallen: So werden in pfiffig aufgemachten Ge-
genüberstellungen – in Form einer „kleinen Farbenleh-
re“ – unterschiedliche Bankgebühren für Wertpapierde-
pots und Girokonten aufgelistet. Dass der Vergleich zu-
gunsten der inserierenden Bank ausgeht, versteht sich von
selbst.
Wie Sie wissen, wollte die Bundesregierung dieses Ge-
setz ursprünglich auch zum Anlass nehmen, mehrere
Empfehlungen der Arbeitsgruppe des Bundesministeri-
ums der Justiz zur Überprüfung des Wettbewerbsrechts
aus dem Jahre 1996 aufzugreifen. Umgesetzt werden nun-
mehr nur zwei Empfehlungen, nämlich die zur Bekämp-
fung systematisch betriebener Kettenspiele in § 6 c UWG
und die Präzisierung des § 24 UWG.
Darüber hinaus hatten uns insbesondere die beteiligten
Wirtschaftskreise darum gebeten, die Möglichkeiten zur
Bekämpfung des Missbrauchs von Räumungsverkäufen
zu verbessern und zu erweitern. Der Rechtsausschuss hat
jetzt empfohlen, auf diese vorgesehenen Änderungen
zunächst zu verzichten. Sie sollen aber – und das möchte
ich gerade im Hinblick auf die nachdrückliche Zustim-
mung der mittelständischen Wirtschaft zu diesen Vor-
schlägen hervorheben – nicht unter den Tisch fallen, son-
dern im Kontext der anstehenden Diskussion über eine
Liberalisierung des deutschen Werberechts erneut und
vertieft beraten werden.
Worum geht es bei dieser Diskussion? Im Mai hat das
Europäische Parlament den „Gemeinsamen Standpunkt
des Ministerrates zur Richtlinie über bestimmte Aspekte
des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt“
gebilligt. Die Richtlinie, die in einer Rekordzeit von ei-
nem Jahr ausgehandelt wurde, wird in Kürze im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht und
muss dann innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht
umgesetzt werden.
Art. 3 der Richtlinie sieht vor, dass sich Unternehmen,
die Waren und Dienstleistungen über das Internet vertrei-
ben, an die Vorschriften des Mitgliedstaats halten müssen,
in dem sie ihre Niederlassung haben (Herkunftslandprin-
zip).
Sieht man von noch offenen Fragen über das nach dem
internationalen Privatrecht anwendbare Recht ab, werden
sich die deutschen Anbieter in ihrem Werbeverhalten an
deutschem Recht ausrichten müssen.
Gerade wegen der Vielfalt der werberechtlichen Rege-
lungen in den Mitgliedstaaten hat die Bundesregierung
bei der politischen Einigung über die Richtlinie betont,
dass sie eine europäische Harmonisierung des Werbe-
rechts für dringend erforderlich erachtet, denn nur dann
können Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen wer-
den.
Welche Harmonisierungsvorschläge die Europäische
Kommission für das Werberecht in absehbarer Zeit vorle-
gen wird, kann man derzeit schwer einschätzen. Sie hat
vor zwei Jahren eine Gruppe von nationalen Regierungs-
experten eingesetzt, die den Bestand der rechtlichen Rah-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10342
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menbedingungen für die so genannte „Kommerzielle
Kommunikation“ in den Mitgliedstaaten sichtet und eine
Stellungnahme zum Harmonisierungsbedarf abgegeben
wird. Wahrscheinlich wird die Gruppe empfehlen, allen-
falls Teilbereiche des Werberechts anzugleichen und sich
im Übrigen auf das Prinzip der gegenseitigen Anerken-
nung zu beschränken.
Doch so lange kann und will die Bundesregierung nicht
warten. Das Bundesministerium der Justiz und das Bun-
desministerium für Wirtschaft stimmen darin überein,
dass nicht abgewartet werden kann, welche Auswirkun-
gen die Richtlinie auf die Marktchancen deutscher Wirt-
schaftskreise haben wird. Insbesondere ist es das Ziel der
Bundesregierung, zu vermeiden, dass es wegen einzigar-
tig strenger Regelungen – besonders im Rabattrecht – zu
einer Benachteiligung deutscher Anbieter im grenzüber-
schreitenden Handel kommen wird.
Vor gesetzgeberischen Initiativen sollen zunächst die
betroffenen Verbände, Organisationen und Institutionen
dazu angehört werden, ob eine Liberalisierung vor allem
des deutschen Rabatt- und Zugaberechts zu besseren
Chancen für deutsche Anbieter im freien Wettbewerb mit
der europäischen Konkurrenz beitragen kann.
Selbstverständlich sind die Auswirkungen auf die mit-
telständische Wirtschaft und den Einzelhandel zu beach-
ten, außerdem die Marktsituation und die besonderen Be-
lange von Branchen, die nicht vom elektronischen Handel
profitieren. Auf die berechtigten Interessen der Verbrau-
cher am ehrlichen Preiswettbewerb, an Preisklarheit und
Preiswahrheit werden wir – das versichere ich Ihnen – un-
ser besonderes Augenmerk richten.
Gegenstand dieser Debatte werden dann auch die in
diesem Gesetz jetzt ausgeklammerten Themen – die Fra-
gen nach einer Reform des Sonderveranstaltungsrechts
des § 7 UWG und der Kontrolle von Räumungsverkäufen
nach § 8 UWG – sein.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf die Änderung
im Urheberrecht zu sprechen kommen, die der Rechts-
ausschuss auf Anregung des Bundesministeriums der Jus-
tiz hin in dieses Gesetzes aufgenommen hat. Hinter-
grund dieser Änderung ist ein Missbrauch, der in den
letzten Jahren verstärkt beobachtet werden konnte, ein
Missbrauch, der die Urheber und Leistungsschutzbe-
rechtigten um ihre durch die Eigentumsgarantie des
Art. 14 GG gebotene gesetzliche Vergütung bringt.
Worum geht es? Das Urheberrechtsgesetz erlaubt die
private Kopie. Als Ausgleich dafür, dass Werke und Leis-
tungen – zum Beispiel künstlerische Darbietungen – ko-
piert werden dürfen, sind den Rechteinhabern – über die
Verwertungsgesellschaften – Vergütungen zu zahlen.
Diese Vergütungen werden zum Teil über die so genannte
Gerätevergütung eingezogen; die Hersteller und Impor-
teure von solchen Geräten, mit denen kopiert werden
kann, zahlen für jedes in den Verkehr gebrachte Gerät die
Vergütung.
Die Vergütungspflicht für Kopiergeräte setzt freilich
erst bei einer Kopierleistung von mindestens zwei Kopien
pro Minute ein. Diese Regelung hat dazu geführt, dass die
zahlungspflichtigen Hersteller und Importeure insbeson-
dere bei Scannern dazu übergegangen sind, ihre Geräte
mit elektronischen Treibern auszurüsten, die die Geräte so
langsam machen, dass keine Vergütungspflicht besteht.
Gleichzeitig besteht aber die Möglichkeit, aus dem Inter-
net dort kostenlos angebotene Treiber herunterzuladen,
die diese langsamen Geräte wieder beschleunigen. Eine
Vergütung wird dann natürlich nicht mehr bezahlt. Diese
Praxis soll mit dem Gesetzentwurf unterbunden werden,
indem die Untergrenze von zwei Kopien pro Minute er-
satzlos gestrichen wird, sodass alle Geräte der Vergü-
tungspflicht unterfallen.
Zu unangemessenen Belastungen der Gerätehersteller
wird es dabei nicht kommen. Es ist bereits jetzt Praxis
der zuständigen Verwertungsgesellschaft Wort und der
betroffenen Herstellerverbände, für leistungsschwache
Geräte eine Vergütung zu vereinbaren, die deutlich unter
dem vom Gesetz vorgeschlagenen Betrag liegt. Diese Pra-
xis wird mit Sicherheit fortgesetzt werden.
Ich bitte Sie auch insoweit um Ihre Zustimmung.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung der gesetzlichen Maßnahmen ge-
genüber Kinder- und Jugenddelinquenz (Tages-
ordnungspunkt 22)
Erika Simm (SPD):Mit dem „Entwurf eines Gesetzes
zur Verbesserung der gesetzlichen Maßnahmen gegen-
über Kinder- und Jugenddelinquenz“ offeriert uns die
CDU/CSU ein Sammelsurium aus drei Gesetzesinitiati-
ven von 1998 und 1999, mit denen sich das Land Bayern
schon im Bundesrat nicht durchsetzen konnte. Wie wenig
seriös dieser Gesetzentwurf ist, erkennt man schon daran,
dass eingangs der Begründung ein Anstieg der Jugendkri-
minalität allgemein und der Kinderdelinquenz im Beson-
deren behauptet, mit Zahlen der Kriminalstatistik von
1996 und 1997 belegt und dabei einfach ignoriert wird,
dass die mittlerweile vorliegende Statistik für 1999 einen
Rückgang der Kriminalität sowohl bei Kindern als auch
bei den Jugendlichen ausweist. Wenn Sie, sehr verehrte
Kollegen und Kolleginnen von der CDU/CSU, meinen,
die Notwendigkeit der von Ihnen vorgeschlagenen Geset-
zesänderungen mit dem angeblichen Anstieg der Jugend-
kriminalität begründen zu können, dann sollten Sie einen
Blick in die neueste Kriminalstatistik werfen, um einen
guten Grund zu finden, Ihren Gesetzentwurf zurückzuzie-
hen. Sie würden uns damit unnötige Arbeit ersparen, denn
zustimmen werden wir diesem Gesetzentwurf auch aus
anderen Gründen nicht.
Und wenn wir das nicht tun, dann nicht etwa deshalb,
weil wir – wie Sie uns sicherlich gern unterstellen möch-
ten – das Problem der Kinder- und Jugendkriminalität
gleich ob sie nun weiter ansteigt oder nicht weniger ernst
nehmen als Sie. Nur, was Sie uns hier an Gesetzesände-
rungen vorschlagen, ist zum Teil überflüssig und zum Teil
aus fachlichen Gründen nicht sinnvoll.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10343
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(B)
Lassen Sie mich das an einigen Beispielen belegen,
wobei ich mich auf die Änderungen des Jugendgerichts-
gesetzes, JGG, beschränke. Nach dem vorliegenden Ge-
setzentwurf soll künftig auf Heranwachsende, also die
18- bis 21-Jährigen, im Regelfall Erwachsenenstrafrecht
angewandt werden. Diese Forderung geht von der unzu-
treffenden Annnahme aus, das Jugendstrafrecht stelle
grundsätzlich das mildere Recht dar. Wer sich einmal die
ganze Bandbreite und Differenziertheit der Sanktions-
möglichkeiten des JGG anschaut, erkennt leicht, dass dem
nicht so ist. Eine Arbeitsauflage in Kombination mit der
Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs zum Beispiel,
die der freizeitorientierte Heranwachsende in Person er-
bringen muss, trifft diesen im Zweifel sehr viel härter als
die nach Erwachsenenstrafrecht fällige Geldstrafe, die er
möglicherweise nicht einmal aus eigener Tasche leistet,
weil es da eine mitleidige Oma gibt, die aushilft. Oder
nehmen Sie die Jugendstrafe, die im Mindestmaß 6 Mo-
nate beträgt, während sich das Mindestmaß der Erwach-
senenfreiheitsstrafe auf nur 1 Monat beläuft. Ich halte
auch den im Raum stehenden Vorwurf für ungerechtfer-
tigt, die unbestreitbare Zunahme der Anwendung des Ju-
gendstrafrechts bei Heranwachsenden habe ihre Ursache
in einem nicht zu tolerierenden Hang der Jugendgerichte
zur Milde. Könnte es nicht auch sein, dass die Jugend-
richter einfach in den letzten Jahrzehnten gelernt haben,
genauer hinzuschauen? Ich denke, dass dies auch damit zu
tun hat, dass wir mehr und besser ausgebildete Jugendge-
richtshelfer haben, die mit ihren Berichten den Jugend-
richtern eine differenziertere Beurteilung der Person des
jungen Angeklagten ermöglichen mit der Folge, dass De-
fizite in der Persönlichkeitsentwicklung häufiger erkannt
werden und dementsprechend Jugendstrafrecht ange-
wandt wird.
Was die Anhebung des Höchstmaßes der Jugendstrafe
für Heranwachsende von 10 auf 15 Jahren, das Höchst-
maß derzeitigen Erwachsenenfreiheitsstrafe, betrifft, so
möchte ich nur darauf verweisen, dass eine solche Straf-
maßerhöhung weder von der Praxis noch in der wissen-
schaftlichen Diskussion gefordert wird.
Auch den im Gesetz vorgesehenen so genannten Ein-
stiegsarrest halte ich für nicht sinnvoll. Zum einen wider-
spricht er der Systematik und Logik des jugendstrafrecht-
lichen Sanktionensystems, wonach eine Jugendstrafe nur
dann verhängt werden darf, wenn aufgrund festgestellter
„schädlicher Neigungen“ das minderschwere „Zuchtmit-
tel“ des Arrestes als Sanktion nicht ausreicht. Jugendar-
rest und Jugendstrafe schließen sich von ihrer unter-
schiedlichen erzieherischen Intention her also aus. Zum
anderen ignoriert dieser Vorschlag die Realität des Arrest-
vollzuges, so wie ich sie jedenfalls aus Bayern kenne, wo
der Jugendarrest heimatfern in einigen wenigen Arrestan-
stalten vollstreckt wird, im Vollzug wenig mit dem Ju-
gendlichen geschieht und die Vollstreckung wegen der ge-
ringen Zahl an Arrestplätzen viel zu spät stattfindet. Nicht
zufällig sind viele Jugendrichter bei der Verhängung von
Jugendarrest sehr zurückhaltend, weil sie angesichts der
Ausgestaltung des Vollzuges den erzieherischen Erfolg
des Arrestes ernsthaft bezweifeln.
Der Aufnahme einer neuen „Weisung“ in Form der
Meldepflicht in das JGG bedarf es schon deswegen nicht,
weil eine derartige Weisung schon jetzt aufgrund der of-
fenen Formulierung des § 10 JGG, der die konkret aufge-
führten Weisungen ausdrücklich nur als Beispielsfälle
benennt, angeordnet werden kann. Ich könnte mir auch
denken, dass die Polizei wegen der damit auf sie zu-
kommenden Mehrarbeit über die ja offensichtlich ge-
wollte häufigere Erteilung solcher Meldeauflagen nicht
sonderlich erbaut wäre. Denn sie müsste ja die Befolgung
überwachen und entsprechende Mitteilungen an die Ju-
gendgerichte machen.
Auch die vorgeschlagene Einführung eines neuen
„Zuchtmittels“ Fahrverbot, das nach dem vorliegenden
Entwurf auch dann verhängt werden können soll, wenn
die Tat in keinerlei Zusammenhang mit dem Straßenver-
kehr steht, begegnet schwerwiegenden Zweifeln. Jeden-
falls erscheint es nicht sachgerecht, das Fahrverbot als ei-
genständige Sanktion isoliert nur für das Jugendstrafrecht
einzuführen.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, Ihr Gesetzentwurf ist
ein guter Beweis dafür, dass Änderungen des Strafrechts
und zumal des Jugendstrafrechts wohlüberlegt sein soll-
ten. Schnellschüsse aus der Hüfte verbieten sich gerade
auf diesem Rechtsgebiet. Ein populistischer Schnell-
schuss war dieser Gesetzesvorschlag, als er von Bayern
im Bundesrat eingebracht wurde; war er doch die Reak-
tion der Bayerischen Staatsregierung auf die aufgeregte
Mediendiskussion im Fall „Mehmet“. Durch die erneute
Einbringung dieses Gesetzentwurfs durch die CDU/CSU
nun im Bundestag ist dieser nicht besser geworden. Sie
werden dafür keine Mehrheit finden.
Anni Brandt-Elsweier (SPD): Der vorliegende Ge-
setzentwurf ist ein erneuter Versuch der CDU/CSU, dem
Problem der Kinder- und Jugendkriminalität mittels un-
angebrachter Verschärfung der Gesetze zu begegnen.
Also fangen wir doch einmal mit der guten Nachricht
an: Laut der polizeilichen Kriminalstatistik von 1999 ist
die Anzahl der tatverdächtigen Kinder insgesamt um
1,4 Prozent und die der tatverdächtigen Jugendlichen um
1,9 Prozent gesunken. Von dieser erfreulichen Entwick-
lung abgesehen, muss die nach wie vor beachtliche De-
linquenz Minderjähriger gleichwohl – und hier stimme
ich mit Ihnen überein – weiterhin Schwerpunkt staatlicher
und gesellschaftlicher Aktivitäten bleiben. Auch bin ich
mit Ihnen der Auffassung, dass den vielfältigen Ursachen
und Erscheinungsformen der Kinder- und Jugendkrimi-
nalität durch ein wirksames und umfangreiches Maßnah-
menbündel begegnet werden muss. Aber Ihr Gesetzent-
wurf, meine Damen und Herren der CDU/CSU-Fraktion,
wird Ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht, da er kein
wirksames Maßnahmenbündel enthält, sondern lediglich
sein Heil in einer Verschärfung der Gesetze und der Re-
pression und Bestrafung der Minderjährigen sucht.
Dabei finde ich es erstaunlich, dass gerade Ihre Frak-
tion, die doch sonst den Schutz von Ehe und Familie aus
Art. 6 GG wie ein Banner vor sich her trägt, mit einer Er-
gänzung des § 1666 BGB das Bestimmungsrecht der El-
tern über ihre Kinder auflockern und die staatliche Inter-
ventionsschwelle absenken will. In der Praxis liegen die
Probleme nicht etwa darin, dass die Familiengerichte
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10344
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(B)
nicht in der Lage wären, eine Kindeswohlgefährdung zu
erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen,
sondern vielmehr darin, dass sie häufig viel zu spät von
Fehlentwicklungen Kenntnis erlangen und es dement-
sprechend erst viel zu spät zu sorgerechtlichen Maßnah-
men kommt. Das von Ihnen vorgeschlagene Weisungs-
recht des Gerichts gegenüber den Kindern verwischt in
höchst bedenklicher Weise die Unterschiede zwischen
Strafrecht und Zivilrecht. Unabhängig davon, dass ein
solches Weisungsrecht allein aus diesen Gründen abzu-
lehnen ist, dürfte es auch praktisch nicht erfolgverspre-
chend sein, den Eltern aufzugeben, durch erzieherische
Maßnahmen das Kind zur Befolgung dieser Weisungen zu
bewegen.
Auch Ihr Versuch, die Unterbringung von Kindern in
geschlossenen Heimen zu erleichtern, ist äußerst unange-
messen. Alleiniges Kriterium für die Entscheidung über
eine – geschlossene Unterbringung nach § 1631 b BGB
sollte stets lediglich die Frage sein, ob eine solche Maß-
nahme erzieherisch erforderlich und geeignet erscheint,
das Kind positiv zu beeinflussen. Im Hinblick auf die
Grundrechte des Kindes, insbesondere auf Artikel 2
Abs. 2 GG, sollten die Anforderungen hieran nicht herab-
gesetzt werden.
Prävention muss im Bereich der Bekämpfung der Kin-
derdelinquenz und Jugendkriminalität Vorrang vor Sank-
tionen haben. So vielschichtig wie die möglichen Ursa-
chen müssen die Ansätze zur Bekämpfung sein. Notwen-
dig sind Kontakte, Absprachen und gegebenenfalls
gemeinsame Maßnahmen der zuständigen Behörden und
Stellen – insbesondere der Jugendämter – in Zusammen-
arbeit mit freien Organisationen und Verbänden.
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht verhält sich
lediglich eine Minderheit unter den Jugendlichen extrem
auffällig und begeht mehrere, oft schwere Straftaten. Für
diese Jugendlichen sind neue Ansätze in der Jugendhilfe-
praxis gefordert – und da ist es zuweilen hilfreich, über
die eigenen Landesgrenzen hinaus zu blicken. So hat das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend bereits im Sommer letzten Jahres das „Hamburger
Institut des Rauhen Hauses für soziale Praxis“ (isp) be-
auftragt, den aus den Niederlanden stammenden Ansatz
der „Ambulanten Intensiven Betreuung“ (A.I.B.) in das
deutsche Jugendhilfesystem zu übertragen. Mit Hilfe en-
ger und intensiver Teambetreuung sollen auffällig gewor-
dene Kinder und Jugendliche innerhalb von drei Monaten
in ein stabiles soziales Umfeld reintegriert werden.
Der Ansatz „Ambulante Intensive Begleitung“ wird
derzeit in den Städten Nürnberg, Dortmund, Leipzig,
Magdeburg und dem Landkreis Harburg angewandt. Die
niederländischen Erfahrungen zeigen, dass eine Intensi-
vierung und Vernetzung vorhandener Hilfsangebote nicht
nur auffällig gewordene Kinder und Jugendliche stabili-
siert, sondern auch dazu beiträgt, langwierige „Jugendhil-
fekarrieren“ zu vermeiden. Auch wenn es zur Zeit noch
keine Auswertung des Projektes hier in Deutschland gibt,
lassen geringe Abbrecher- und Rückfallquoten eine posi-
tive Grundtendenz erkennen.
Sie sehen also, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU-Fraktion, es gibt jenseits von Repression und
Strafe auch die Möglichkeiten der Prävention und Hilfe –
einen Weg, den wir für weitaus erfolgversprechender und
sinnvoller halten. Aus diesem Grunde lehnen wir den Ge-
setzentwurf ab.
Norbert Geis (CDU/CSU): Die Kriminalität ist eine
starke Herausforderung für Staat und Gesellschaft. Die
Jugendkriminalität und die wachsende Anzahl von kind-
lichen Tätern im strafunfähigen Alter unter 14 Jahren be-
reitet dabei besondere Sorgen.
Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass kriminelle
Jugendliche nur eine kleine Minderheit darstellen. Die
meisten Jugendlichen begehen keine Straftaten. Und
selbst dann, wenn ein Jugendlicher straffällig geworden
ist, bleibt dies in der Regel nur eine Episode in seinem Ju-
gendalter und hat keine Auswirkungen auf sein späteres
Leben.
Dennoch aber kann uns die in den letzten Jahren stark
angestiegene Zahl von kindlichen und jugendlichen Tä-
tern nicht egal sein. Während sich bei der Kinderdelin-
quenz der Ladendiebstahl als häufigstes Delikt findet,
kommt bei der Jugendkriminalität zur allgemeinen Dieb-
stahlskriminalität noch ein hoher und stetig ansteigender
Anteil von Raubdelikten und schweren Körperverlet-
zungsdelikten hinzu.
Es fällt auf, dass viele Jugendliche und Kinder, die
Straftaten begehen, aus Familien mit Eltern ausländischer
Herkunft kommen. Meist ist der Grund mangelnde Inte-
gration. Leicht entsteht ein Getto. Das führt schnell zu Ju-
gendbanden, die zur Kriminalität neigen. Hinzu kommen
die hohe Arbeitslosigkeit gerade bei Jugendlichen auslän-
discher Herkunft und in der Folge davon Langeweile,
Müßiggang, Perspektivlosigkeit und Frust. Daraus ent-
steht sehr schnell kriminelles Verhalten. Im Kampf gegen
Kriminalität von Jugendlichen ausländischer Herkunft
geht es also zuerst um Integration und um Arbeitsplätze,
erst dann um eine gesetzliche Regelung.
Interessant ist auch, dass Jugendliche in Norddeutsch-
land häufiger straffällig werden als Gleichaltrige im Sü-
den. Gründe dafür sind, wie der Leiter des Krimino-
logischen Instituts der Universität Hannover, Christian
Pfeiffer, in einer Studie festgestellt hat, das stärkere so-
ziale Gefälle, die höheren Scheidungszahlen der Eltern
und eine geringere Bindung an die christlichen Gemein-
den.
In der Tat muss uns Sorge bereiten, dass vieles nicht
mehr selbstverständlich ist, was früher Konsens war. Das
Wertbewusstsein schwindet mehr und mehr. Die Erzie-
hungskraft der Eltern und der Schule geht zurück. Kinder
und Jugendliche lassen sich nicht mehr so leicht in Ver-
eine einbinden. Es herrscht ein Konsumdenken vor, das
unfähig macht, auf die Belange anderer zu achten. Es
wächst der Egoismus, der immer ein Nährboden für Kri-
minalität ist. Gewaltdarstellungen in Videos und zweifel-
hafter Umgang mit gewaltbereiten Jugendlichen sind oft
Auslöser für kriminelles Verhalten.
Diese Entwicklung können wir nicht tatenlos hinneh-
men. Zunächst aber geht es nicht um Strafrecht. Das steht
an letzter Stelle. Es geht darum, dass die gesellschaftli-
chen Kräfte wieder mobilisiert werden, dass wieder
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10345
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vieles im Staat von selbst läuft, dass wieder ein breiter
Konsens für ein wertbewusstes Verhalten entsteht.
Aber auch der Gesetzgeber muss prüfen, mit welchen
gesetzlichen Maßnahmen er die Kriminalität bei Jugend-
lichen und Kindern bekämpfen kann. Deswegen legen wir
unseren Gesetzentwurf vor, der sich im Rahmen der
Prävention mit Änderungen im BGB beschäftigt. Auf der
anderen Seite macht der Entwurf aber auch Vorschläge für
neue Sanktionsmaßnahmen.
Angesichts der Delinquenz von Kindern unter 14 Jahre
sehen wir die Notwendigkeit, in geeigneten Fällen mit
Mitteln des Familienrechtes und des Kinder- und Jugend-
hilferechtes frühzeitig zu intervenieren. Bei allem Res-
pekt vor dem elterlichen Sorgerecht muss der Staat die
Möglichkeit haben, im Interesse des Kindes einschreiten
zu können, wenn die Eltern versagen.
Nach § 1666 BGB besteht eine solche Möglichkeit des
Eingriffs in das elterliche Sorgerecht jetzt schon. Voraus-
setzung ist, dass das Wohl des Kindes gefährdet ist. Darin
aber liegt zugleich die Schwachstelle dieser Regelung. Ob
eine Gefährdung im Einzelfall vorliegt, kann durchaus
strittig sein. So können notwendige richterliche Maßnah-
men unter Umständen deshalb unterbleiben, weil Unsi-
cherheit darüber besteht, ob im konkreten Fall ein solch
schwerwiegender Eingriff in das Elternrecht gerechtfer-
tigt ist. Deshalb sieht unser Entwurf eine gesetzliche Ver-
mutung für die Gefährdung des Kindes dann vor, wenn
das Kind oder der Jugendliche fortlaufend schwere Kri-
minaltaten begeht oder aber Anzeichen von Drogenab-
hängigkeit bestehen.
Liegen diese Voraussetzungen vor, soll der Richter
künftig leichter und schneller Eltern und Kind zu einem
so genannten Erziehungsgespräch laden können. Darüber
hinaus gibt der vorgelegte Gesetzentwurf dem Richter die
Handhabe, in geeigneten Fällen selbst Weisungen an die
Eltern und an das Kind zu erteilen.
Neben diesen Ergänzungen im BGB, die den präventi-
ven Bereich betreffen, schlagen wir aber auch Änderun-
gen im Jugendstrafrecht vor. Das im Jugendstrafrecht be-
stehende Sanktionensystem weist erkennbare Defizite
auf. Die Jugendgerichte müssen über mehr Möglichkeiten
verfügen, im Einzelfall differenziert reagieren zu können.
Über solche Reaktionsmöglichkeiten wurde natürlich
in Fachkreisen längst nachgedacht. Ein Diskussionspunkt
ist der so genannte „Einstiegsarrest“, der neben einer auf
Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe ausgesprochen
werden kann. Die zur Bewährung ausgesetzte Jugend-
strafe wird von vielen Jugendlichen als Sanktion kaum
wahrgenommen. Wird aber im Einzelfall gleichzeitig ein
Jugendarrest angeordnet, dann spürt der Jugendliche in
empfindlicher Weise den Ernst der Lage. Zugleich ändern
wir damit den Missstand, dass Jugendliche und Heran-
wachsende mit schädlichen Neigungen in der Regel zu
Gefängnisstrafen mit Bewährung verurteilt werden,
während der Jugendliche ohne schädliche Neigungen nur
mit einem Arrest zu rechnen hat, aber übers Wochenende
hinter Gitter muss. Die dagegen erhobenen dogmatischen
Bedenken wiegen nach unserer Auffassung nicht so
schwer wie das Anliegen, das hinter unserem Antrag steht.
Ein anderer Diskussionspunkt ist das Fahrverbot, das
als eine eigenständige, nicht auf Taten im Zusammenhang
mit dem Straßenverkehr beschränkte Sanktion ausgebaut
werden soll. Die Verhängung des Fahrverbots verspricht
eine deutliche erzieherische Wirkung. Das Auto spielt für
das Prestige und für die Mobilität eine große Rolle. Es
entfaltet deshalb eine hohe Denkzettelwirkung.
Die in unserem Gesetzentwurf vorgesehene Melde-
pflicht ist eine weitere Möglichkeit, dem Jugendlichen
eindringlich vor Augen zu führen, dass er sich fehlverhal-
ten hat und dass er sich bessern muss.
Unser Vorschlag, das Strafmaß für Heranwachsende
auf 15 Jahre zu erhöhen, wird sehr kontrovers diskutiert.
Derzeit beträgt das Höchstmaß der Jugendstrafe 10 Jahre.
Dies gilt bis zum 21. Lebensjahr. Bei brutalen Straftaten,
die von Heranwachsenden begangen werden, kann das
Gericht derzeit nur mit einem Strafmaß von 10 Jahren rea-
gieren, während der gerade 21-jährige Mittäter mit le-
benslanger Freiheitsstrafe bestraft wird. Dies ist nicht
nachvollziehbar. Deshalb muss der Richter die Möglich-
keit haben, im Einzelfall bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe
zu verhängen. Die Erhöhung auf 15 Jahre wäre auch
systematisch gerechtfertigt, weil bei Erwachsenen nach
15 Jahren regelmäßig geprüft werden muss, ob die Strafe
nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Wir unternehmen erneut den Versuch, § 105 JGG zu
verbessern. Unbestritten war es Wille des Gesetzgebers,
dass der Richter im Einzelfall sehr genau prüfen muss, ob
auf den Heranwachsenden das Jugendstrafrecht anzuwen-
den ist. Gerade aber bei Gewaltdelikten neigen die Ge-
richte dazu, dem heranwachsenden Täter grundsätzlich
die Wohltat des Jugendstrafrechts zuteil werden zu lassen.
Dazu kommt, dass diese Wohltaten in Deutschland sehr
unterschiedlich verteilt werden. Im Norden ist es leichter,
als Heranwachsender in den Genuss des Jugendstrafrech-
tes zu gelangen, während im Süden genauer geprüft wird,
ob der heranwachsende Zwanzigjährige aufgrund seiner
geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleich-
gestellt werden kann. Aus diesen Gründen ist eine Präzi-
sierung des Gesetzes notwendig.
Schließlich ist es geboten, die Bedeutung des verein-
fachten Jugendverfahrens zu stärken. Die Strafe muss der
Tat auf dem Fuß folgen, nur dann hat sie erzieherische
Wirkung. Nur dann wächst bei dem Jugendlichen die Ein-
sicht, dass er sich falsch verhalten hat. Wenn zwischen Tat
und Bestrafung ein zu langer Zeitraum liegt, ist eine der
Tat angemessene Strafe oft genug deplatziert. Die erzie-
herische Wirkung verpufft, weil der Jugendliche gar nicht
mehr die Einsicht haben kann, weshalb er jetzt noch be-
straft werden soll. Deshalb sehen wir in unserem Gesetz-
entwurf vor, dass der Jugendliche, wenn er ohne genü-
gende Entschuldigung nicht zur Hauptverhandlung
kommt, genau wie im Erwachsenenstrafrecht durch Er-
lass eines Haftbefehls vorgeführt werden kann.
Die von uns vorgeschlagenen präventiven Maßnahmen
im Bereich des Bürgerlichen Gesetzbuches, aber auch die
Ergänzungen im Jugendstrafrecht, haben den Sinn, den
Jugendlichen zu helfen. Sie sollen aber auch dem Sicher-
heitsbedürfnis der Bevölkerung gerecht werden. Die Bür-
gerinnen und Bürger haben Anspruch darauf, dass der
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Staat auch auf dem Gebiet der Jugenddelinquenz für Si-
cherheit sorgt.
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN):
Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik signalisiert für
den Bereich Kinder- und Jugendkriminalität keineswegs
Entwarnung, aber doch erfreuliche Tendenzen: Bei den
Jugendlichen ging die Zahl der Tatverdächtigen erstmals
im Vergleich zu den Vorjahren um knapp 2 Prozent
zurück. Beim Ladendiebstahl, beim schweren Diebstahl
und beim Raub ist die Entwicklung erfreulich. Ähnlich
gute Zahlen sind auch bei der Kinderkriminalität und
auch, was den Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger an-
belangt, zu vermelden.
Deshalb, meine Damen und Herren von der Union:
Wenn Sie schon alte bayerische Gesetzentwürfe abschrei-
ben, dann sollten Sie doch zumindest aktuellen Entwick-
lungen Rechnung tragen. Der angeblich „Besorgnis erre-
gende Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität“ war
für die Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung vielleicht noch
zutreffend. Heute aber nicht mehr!
Wirkungsvolle Vermeidung von Jugenddelinquenz er-
fordert keine höheren Strafrahmen, schärfere Auflagen
oder neue Zuchtmittel. Es ist hinlänglich bekannt, dass
gerade im Bereich der Jugendkriminalität Strafschärfun-
gen – und übrigens auch Strafmilderungen – keine fest-
stellbaren Auswirkungen auf die Kriminalitätsrate haben.
Auch jetzt hat die gemeinsame Arbeitsgruppe der Innen-,
Justiz-, Jugend- und Kultusministerkonferenz wieder zu-
treffend festgestellt: „Das vorhandene Instrumentarium
des Jugendgerichtsgesetzes reicht aus: Es bietet den
StaatsanwältInnen und RichterInnen ein breit gefächertes
und vielschichtiges Instrumentarium, um auf Straffällig-
keit junger Menschen und damit verbundene Erziehungs-
defizite angemessen zu reagieren.“
Wie angemessen Jugendstrafe verhängt werden kann,
haben wir im so genannten Eggesin-Verfahren gegen bru-
tale rechtsradikale Schläger erfreulicherweise gesehen.
Das OLG Rostock war dazu in der Lage, rechtsstaatlich
angemessene, hohe Jugendstrafen – zwischen vier und
sechs Jahren wegen versuchten Mordes – zu verhängen.
Was wir brauchen, ist also keine gesetzgeberische
Schaumschlägerei, sondern ein präventives Gesamtkon-
zept. Ein Bündel von Maßnahmen, das dem vielschichti-
gen Phänomen der Jugendkriminalität gerecht wird. Eine
SchIüsselrolle wird hier übrigens das noch im Aufbau be-
findliche Forum für Kriminalprävention leisten. Die An-
satzpunkte für eine wirksame Vorbeugung von Kinder-
und Jugenddelinquenz sind so vielfältig, wie es die Kri-
minalitätsursachen selbst sind: Zerrüttete Familienver-
hältnisse, Erziehungsdefizite und Integrationsprobleme,
soziale Benachteiligung, Perspektivlosigkeit, Frustration
und Anonymität – eine ganze Reihe von individuellen,
zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Ursachen
spielten eine Rolle. Der Bundesinnenminister hat kürzlich
zu Recht ausgeführt, dass diese Ursachen weit über den
Einflussbereich von Polizei und Justiz hinausweisen.
Sämtliche am Erziehungsprozess Beteiligten – Familie
und Schulen, Kommunen, Vereine, Verbände, Wirtschaft,
aber auch die Medien – müssen sich in der Pflicht sehen
und kooperieren. Wie das konkret aussehen kann, hat jetzt
die ressortübergreifende Länderarbeitsgruppe eindrucks-
voll in ihrem Bericht „Präventionsstrategien zur Vermei-
dung von Kinder- und Jugenddelinquentz“ aufgeführt. Ich
teile die Einschätzung, dass vor allem frühzeitige, famili-
enunterstützende Maßnahmen zur Vermeidung von Kri-
minalität notwenig sind. Zerrüttete Familienverhältnisse
und Gewalt in den Familien sind oft die Keimzelle von
Kriminalität. Die Kindertagesstätten und Schulen als
wichtige Sozialisationsinstanzen müssen eine Art
„Frühwarnsystem“ entwickeln. Die Mitarbeiter dieser
Einrichtungen müssen durch Fortbildungsprogramme
verstärkt auf die Arbeit mit Eltern ausgerichtet werden.
Und natürlich trifft bei Gefährdung des Kindeswohles den
Staat wegen seines Wächteramtes auch die Pflicht zum
Handeln. Aber – meine Damen und Herren von der
Union –. Die Experten betonen den Ultima-Ratio-Cha-
rakter: „Der Arbeit mit Familien müsse im Jugendhilfe-
system der Vorrang vor Eingriffen in das Erziehungsrecht
eingeräumt werden.“ Schaut man sich dagegen Ihre Vor-
schläge im Zivilrecht an, wollen Sie offensichtlich das
Gegenteil.
In der Substanz bietet der Gesetzentwurf nichts Neues:
Er betont repressive Elemente, mit denen Bayern bereits
mehrfach in den letzten Jahren abgeblitzt ist. Zu Recht:
Wer etwa die Heranwachsenden aus dem Jugendstrafrecht
herauslösen will, verkennt völlig, dass auch die Krimina-
lität Heranwachsender zumeist noch Episodencharakter
besitzt. Jugend- und Heranwachsendenkriminalität be-
deutet nicht generell den Beginn einer kriminellen Kar-
riere. Hier ist gerade das flexible Sanktioneninstrumenta-
rium des Jugendstrafrechts wichtig. Und wer neben einer
Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt ist, dem Ju-
gendlichen trotzdem mit einem Einstiegsarrest die
„schöne Welt hinter Gittern“ schmackhaft machen will,
der handelt in meinen Augen verantwortungslos.
Nein, meine Damen und Herren von der Union: Be-
schäftigen Sie sich statt mit veralteten, repressiven Geset-
zesinitiativen lieber mit den Präventionsempfehlungen,
die uns jetzt allen auf dem Tisch liegen. Helfen Sie so mit,
der Kinder und Jugendkriminalität wirksam vorzubeugen.
Jörg van Essen (F.D.P.): Es ist zu begrüßen, dass
sich der Deutsche Bundestag heute mit dem wichtigen
Thema der Kinder- und Jugendkriminalität beschäftigt.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf von CDU/CSU ist je-
doch nicht geeignet, um Kinder- und Jugendkriminalität
wirksam zu begegnen. Es fällt insgesamt auf, dass der Ge-
setzentwurf mit heißer Nadel gestrickt wurde. Er enthält
ein buntes Sammelsurium von Maßnahmen und Forde-
rungen, bei denen Skepsis angebracht ist, ob sie den ge-
wünschten Erfolg tatsächlich bringen.
Die Einführung des Fahrverbotes als Zuchtmittel im
Jugendstrafrecht lehnen wir entschieden ab. Bereits in der
Diskussion um die Reform des strafrechtlichen Sanktio-
nensystems haben wir gesagt, dass wir die Ausdehnung
des sachlichen Anwendungsbereiches des Fahrverbotes
auf Straftaten ablehnen, die nicht im Zusammenhang mit
dem Führen von Kraftfahrzeugen begangen sind. Das
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10347
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Fahrverbot ist eine typische verkehrsrechtliche Sanktion.
In diesem Punkt besteht auch Einigkeit mit der Kommis-
sion zur Reform des Sanktionensystems.
Wir lehnen es weiterhin ab, dass Straftaten Heran-
wachsender in der Regel nach allgemeinem Strafrecht ge-
ahndet werden sollen. Die bisherige flexible Handhabung
hat sich in der Praxis bewährt. Es muss auch weiterhin
dem entscheidenden Richter überlassen bleiben, welches
Recht er zur Anwendung kommen lässt.
Im Übrigen ist es durchaus bedenklich, dass durch eine
Änderung des § 1666 BGB nun jugendstrafrechtliche Ge-
sichtspunkte im zivilrechtlichen Familienrecht verankert
werden sollen. § 1666 BGB hat eine gänzlich andere In-
tention und stellt ausschließlich das Kindeswohl in den
Mittelpunkt.
Der Gesetzentwurf verweist zu Recht auf einen hohen
Anstieg von Kinder- und Jugendkriminalität in den letz-
ten Jahren. Dies ist in der Tat ein Problem, das gerade uns
Rechtspolitiker beunruhigen sollte. In diesem Zusam-
menhang muss jedoch erwähnt werden, dass im letzten
Jahr die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendli-
chen zurückgegangen ist. Diese durch und durch positive
Entwicklung darf jedoch nicht den Blick dafür ver-
schließen, dass der Bereich der Kinder- und Jugendkrimi-
nalität insgesamt weiterhin sehr groß ist. Das Jugendhil-
fegesetz, das sich allgemein bewährt hat, bietet schon jetzt
viele Möglichkeiten, diesem Problem zu begegnen. Wir
müssen hier auch über die Verteilung öffentlicher Gelder
im Jugendhilfebereich reden. Großangelegte Haushalts-
kürzungen haben oftmals verheerende Auswirkungen.
Die effektivste Präventionsarbeit findet in den kommuna-
len Jugendeinrichtungen statt. Diese Arbeit muss gestärkt
werden und verdient die Unterstützung von uns allen. Der
Präventionsgedanke muss auch stets berücksichtigt wer-
den bei allen Reformvorhaben im Bereich des materiellen
Strafrechts und des Strafprozessrechts, über die wir in den
kommenden Monaten noch debattieren werden.
Der Gesetzentwurf von CDU/CSU gibt uns nun Gele-
genheit, in den anstehenden Beratungen in den Gremien
darüber zu diskutieren, auf welche Weise wir einen wirk-
lichen Abbau von Kinder- und Jugendkriminalität errei-
chen können.
Sabine Jünger (PDS): Kinderdelinquenz und Ju-
gendkriminalität sind deutliche Anzeichen gesellschaftli-
cher Probleme und Fehlentwicklungen. Ihre Ursachen lie-
gen in den vielfältigen sozialen Problemen wie Armut,
Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Konkurrenzdruck und
Konsumzwang, um nur einige zu nennen. Gerade für die
so genannten Mehrfachtäter ist deutlich eine Ballung so-
zialer Probleme festzustellen.
Während ihrer Regierungszeit hat die CDU/CSU diese
gesellschaftliche Situation nach Kräften mit verursacht
und befördert. Indem sie auf die vorgeblich so kriminelle
Jugend zeigt, verdrängt sie ihre eigene gesellschaftliche
Verantwortlichkeit.
In ihrem Gesetzentwurf spricht die CDU/CSU-Frak-
tion von einer „Besorgnis erregenden Entwicklung der Ju-
gendkriminalität“. Es ist aber unzulässig, aus den
schrecklichen Einzelfällen der letzten Monate eine Ge-
samtbedrohung zu konstruieren und die Bürgerinnen und
Bürger zu verunsichern statt aufzuklären. Die eigentli-
chen Verhältnisse liegen nämlich ganz anders. Das weiß
aber auch die CDU/CSU, die Zahlen sind ja bekannt: Für
1999 ist laut Polizeilicher Kriminalstatistik, PKS, ein
Rückgang bei tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen
zu verzeichnen. Aber selbst der gemessene Anstieg bei
den jugendlichen Straftätern in den vorangegangenen Jah-
ren lag deutlich hinter dem allgemeinen Anstieg der ge-
samten Kriminalität.
Jugenddelinquenz ist weitgehend durch Bagatell-
delikte bestimmt und hat vorübergehenden Charakter:
Zwei Drittel der tatverdächtigen Kinder und 30–40 Pro-
zent in der PKS registrierten Jugendlichen werden nur ein
einziges Mal auffällig, meist als Ladendiebe.
Aus den genannten Ursachen und wegen ihrer speziel-
len Ausprägung ist der Jugendkriminalität nicht mit dem
Strafrecht beizukommen. Zwingend hingegen sind der
Abbau der sozialen Probleme, die konsequente Anwen-
dung des KJHG mit seiner präventiven Zielsetzung und
die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Jugend-
hilfe.
Der CDU/CSU-Entwurf hingegen setzt auf stärkere
Repression und schlägt Strafverschärfungen vor, die dem
Charakter des Jugendstrafrechts und seiner erzieherischen
Wirkung vollständig zuwider laufen. Dabei zielt sie spe-
ziell auf bisher strafunmündige Kinder ab. Durch die Hin-
tertür will die CDU/CSU Sanktionen gegen Kinder ein-
führen, ohne explizit das Alter der Strafmündigkeit he-
runter zu setzen. Die vorgeschlagenen Änderungen in
§ 1666 BGB enthalten unter anderem die Möglichkeit,
strafunmündigen Kindern die Teilnahme an sozialen Trai-
ningskursen oder einen Täter-Opfer-Ausgleich aufzuerle-
gen. Der Gipfel liegt in der Absicht, Kinder zu verpflich-
ten, zur Strafe Arbeitsleistungen zu erbringen. Kinder sind
deshalb strafunmündig, weil sie nicht bewusst oder ge-
zielt handeln, sondern gefühlsbestimmt. Sie sind daher
auch per Strafrecht nicht mit Sanktionen zu belegen. Die
Hintertür, dies über § 1666 BGB doch zu tun, ist ein Un-
ding. Dann auch noch das Arbeitsverbot für Kinder aus-
zuhöhlen ist ein unglaublicher Vorgang.
Auf die anderen Zumutungen und Verkennungen der
Situation, die die CDU/CSU vorschlägt, kann ich nicht
weiter eingehen. Insgesamt beabsichtigt die CDU/CSU
mit ihrem Gesetzentwurf einen tiefen Einschnitt in die
Logik und die Systematik des Jugendstrafrechts. Das wer-
den wir auf keinen Fall mittragen.
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Eigentumsrechte
nicht durch falsche Naturschutzpolitik aus-
höhlen (Tagesordnungspunkt 23)
Karsten Schönfeld (SPD): Die SPD-Bundestags-
fraktion setzt beim Umweltschutz auf Kooperation und
nicht auf Konfrontation. Wir setzen auf einen vernünfti-
gen Ausgleich zwischen Nutzungsinteressen und dem
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10348
(C)
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Schutzbedürfnis der Natur. Wir wollen eine breite Akzep-
tanz für die Ziele des Naturschutzes erreichen, und dies
geht nur mit der Land- und Forstwirtschaft. Nur so kön-
nen wir die Natur dauerhaft schützen. Eine flächen-
deckend umweltverträgliche Landwirtschaft ist unser
Ziel.
Die Bundesregierung wird eine umfassende Reform
des Bundesnaturschutzgesetzes vornehmen, die diesen
Zielen gerecht wird. Dieses Vorhaben ist der alten Bun-
desregierung trotz mehrerer Versuche in der letzten Wahl-
periode nicht gelungen.
Die alte Bundesregierung hat kurz vor der letzten Wahl
gegen den Widerstand der SPD-Bundestagsfraktion und
der Bundesländer einige Änderungen des Naturschutzge-
setzes vorgenommen. Im Wesentlichen wurde damals nur
die Verpflichtung der Bundesländer festgeschrieben, Aus-
gleichszahlungen für jede Einschränkung aufgrund von
Naturschutzauflagen zu leisten. Diese Regelung nahm
den Ländern, die ohnehin schon Ausgleichsleistungen
zahlen und entsprechende gesetzliche Regelungen erlas-
sen konnten, den bis dahin vorhandenen Spielraum zur
Ausgestaltung ihrer Naturschutzpolitik.
Die Reform damals war nicht mehr als ein Trick einer
abgewirtschafteten Regierung, Stimmen im ländlichen
Raum zu fangen, und das auf Kosten der Länderhaushalte.
Das Wahlergebnis hat sehr eindeutig gezeigt, wie die
Wählerinnen und Wähler auf diese Art von Politik reagie-
ren.
Kosten sollten nicht nur auf die Länder abgeschoben
werden, sondern auch auf die Naturschutzhaushalte. Dass
dies nicht gelingen kann, zeigt sich letztlich auch daran,
wie die Länder die bestehende Ausgleichsregelung umge-
setzt haben: meist überhaupt nicht, und wenn, dann sehr
unterschiedlich.
Wir setzen uns konsequent für eine Landwirtschafts-
politik ein, die den Landwirten hilft, flächendeckend um-
weltverträglich zu wirtschaften. Unsere Verhandlungser-
gebnisse zur Agenda 2000, die uns erlauben, Ausgleichs-
zahlungen für umweltgerechte Landbewirtschaftung zu
zahlen, zeigen das ebenso deutlich wie unsere Agrarum-
weltprogramme.
Vertragsnaturschutz soll Vorrang vor „staatlich verord-
netem Dirigismus“ haben, fordert die Partei der Besser-
verdienenden in ihrem Antrag. Wir wollen Sonne statt Re-
gen, könnte die F.D.P. mit gleicher Logik in den Antrag
schreiben. Es handelt sich natürlich um zwei völlig ver-
schiedene Dinge. Natürlich wird es auch in Zukunft bei-
des geben, eine Gesetzgebung mit Geboten und Verboten,
die einen notwendigen gesetzlichen Rahmen setzt, und
Ausgleichszahlungen für Leistungen der Landwirte hin-
sichtlich der natürlichen Umwelt, die der Markt nicht hin-
reichend entlohnt.
Die alte Bundesregierung hatte in ihrem Bundesnatur-
schutzgesetz zur Definition der guten fachlichen Praxis
lediglich auf die landwirtschaftlichen Fachgesetze und
das Bundes-Bodenschutzgesetz verwiesen. Weder diese
Gesetzgebung noch die landwirtschaftliche Praxis liefern
aber eine eindeutige Definition einer naturschutzgerech-
ten Landwirtschaft. Es zeigt sich, dass die Auslegung der
guten fachlichen Praxis zu sehr unterschiedlichen und
sehr differenzierten Aussagen führt. Das alte in diesem
Punkt unklare Bundesnaturschutzgesetz hilft weder der
Natur noch der Landwirtschaft. Das Gesetz ist unklar und
nicht anwendbar, es hilft auch dem Rechtsfrieden nicht.
Ein Gesetz ohne praktische Anwendungsmöglichkei-
ten ist überflüssig. Wir sind gegen überflüssige Bürokra-
tie und ersparen unseren Bürgerinnen und Bürgern des-
halb überflüssige Gesetze. Es ist ein Musterbeispiel für
die mangelnde Regierungsfähigkeit der F.D.P. Sie werden
im Bund und auch in den wenigen Ländern, in denen Ihre
Vertreter in den Landtagen sitzen, noch lange Oppositi-
onsjahre vor sich haben und können in aller Ruhe üben,
vernünftige Gesetze zu formulieren, ohne den Bürgerin-
nen und Bürgern mit den Ergebnissen Ihrer Kunst zu
schaden.
Im neuen Bundesnaturschutzgesetz werden wir ergän-
zende Kriterien zur guten fachlichen Praxis aus natur-
schutzfachlicher Sicht festlegen, die – in Anlehnung an
die Regelungen im Bundes-Bodenschutzgesetz – die An-
forderungen an eine standortangepasste Bewirtschaftung
näher beschreiben. Landwirtschaft muss standortange-
passt erfolgen. Die Kriterien in einem Rahmengesetz des
Bundes müssen deshalb allgemein formuliert werden. Es
kann nicht jedes Detail festgeschrieben werden, sondern
diese müssen vor Ort, von den Ländern definiert werden.
Sie ergänzen die Regelungen im landwirtschaftlichen
Fachrecht.
Als „landwirtschaftliches Fachrecht“ verstehen wir
zum Beispiel das Düngemittelgesetz, das Pflanzenschutz-
gesetz, das Bundes-Bodenschutzgesetz, aber auch
das Wasserhaushaltsgesetz, das Chemikaliengesetz, das
Raumordnungsgesetz, das Bundesbaugesetz, das Flurbe-
reinigungsgesetz und das Bundesjagdgesetz sind in die-
sem Zusammenhang zu nennen. Bei diesen Gesetzen
hatte die F.D.P. kräftig mitgeholfen, diesen „staatlich ver-
ordneten Dirigismus“ – wie sie es heute in ihrem Antrag
nennt – zu formulieren. Will die F.D.P. mit dem abquali-
fizierenden Begriff des „staatlich verordneten Dirigis-
mus“ zum Ausdruck bringen, dass sie dazu heute nicht
mehr steht?
Nein, wenn wir die gute fachliche Praxis sowohl als
Richtschnur für eine umweltverträgliche Landwirtschaft
als auch als Grundlage für die Ausgleichszahlungen nach
EG-Recht ansehen, muss diese so definiert werden, dass
sie den Prinzipen einer standortgerechten Bewirtschaf-
tung entsprechen. Die hierzu vorliegenden Formulie-
rungsvorschläge müssen sicherlich noch intensiv disku-
tiert werden. Sie verlangen von der Landwirtschaft nichts
Unmögliches, weil eine nachhaltige Bewirtschaftung oh-
nehin nur mit der Natur und nicht gegen sie möglich ist.
Für Anforderungen, die über die gute fachliche Praxis
hinausgehen, muss ein Ausgleich gewährt werden. Ent-
sprechende Vorschriften müssen die Länder erlassen. Sie
erhalten mit dem neuen Gesetz hierfür den nötigen Spiel-
raum, müssen diesen aber auch ausfüllen. Damit haben
wir gute Erfahrungen vor allem im Gewässerschutz ge-
macht. Wir werden sicherstellen, dass die Regelungen in
den Bundesländern möglichst einheitlich ausgestaltet
werden, um vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu
gewährleisten.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10349
(C)
(D)
(A)
(B)
Die Bedeutung vertraglicher Vereinbarungen wird
auch im neuen Naturschutzgesetz herausgestellt. Wir wol-
len möglichst wenig Ordnungsrecht und möglichst viel
vertraglichen Naturschutz. Beides ist notwendig.
Erstaunlich ist immer die Haltung der F.D.P. zu staat-
lichen Zahlungen. Da fordern Vertreter dieser Partei in
Sonntagsreden Kürzungen, Einsparungen und Steuersen-
kungen, und immer dann, wenn es um praktische Politik
geht, fordern sie den staatlichen Dirigismus öffentlich
verordneter Ausgleichszahlungen für einzelne Wähler-
gruppen.
Wir sind in unserem Politikansatz wesentlich fort-
schrittlicher. Wir unterstützen die Landwirtschaft in ihrem
Bemühen, umweltgerecht zu wirtschaften. Schließlich
kann die Entlohnung für Umweltleistungen – das sollte
auch die F.D.P. wissen – zumindest zum Teil am Markt
erfolgen. Wir werden die Landwirtschaft konsequent
unterstützen, diese Marktchancen zu nutzen. Die guten
Preise, die ökologisch wirtschaftende Betriebe über viele
Jahre für ihre Produkte erzielen konnten, sollten uns er-
mutigen, in dieser Richtung weiterzuarbeiten.
Kreativität ist auch hier gefragt und sicher besser, als
nur auf das altmodische Instrument staatlicher Dauersub-
ventionen zu setzen. Naturschutz kann auch ökonomi-
schen Gewinn einbringen, nicht nur wegen der Aus-
gleichszahlungen aus den öffentlichen Haushalten, son-
dern auch, weil den Verbraucherinnen und Verbrauchern
die umweltgerechte Produktion ihrer Lebensmittel immer
wichtiger wird.
Christel Deichmann (SPD): Die Gesamtnovelle des
Bundesnaturschutzgesetzes wird kommen. Die am
25. Deutschen Naturschutztag in Bamberg durch den
Bundes-umweltminister vorgestellten Eckpunkte geben
die Richtung vor, die immer noch fortschreitende Natur-
zerstörung und die Bedrohung vieler einzigartiger Tiere
und Pflanzen effektiver zu stoppen. Wir fordern die Län-
der und Verbände ausdrücklich auf, sich an der Diskus-
sion der Detailregelungen im Referentenentwurf zu betei-
ligen.
Für uns Umweltpolitikerinnen und Umweltpolitiker
der SPD-Fraktion ist die Kooperation zwischen Natur-
schützern und den Land- und Forstwirten schon immer
ein zentraler Punkt in der Naturschutzpolitik gewesen.
Nur durch das Miteinander von Umweltschützern und
Landnutzern kann eine flächendeckende naturverträg-
liche Nutzung ermöglicht werden.
Damit dieses Ziel flächendeckend erreicht wird, darf
Naturschutz nicht nur auf Schutzgebiete, nur auf die
Schaffung eines Biotopverbundsystems oder auf sporadi-
sche Förderprogramme beschränkt bleiben. Auch in in-
tensiv genutzten Gebieten müssen in unser aller Interesse
naturschutzfachliche Mindestkriterien eingehalten wer-
den.
Hierbei übernimmt der Vertragsnaturschutz eine wich-
tige Aufgabe. Derartige Verträge werden immer auf frei-
williger Basis abgeschlossen, was insbesondere die Ak-
zeptanz durch die Flächennutzer erhöht.
Der Vertragsnaturschutz ist jedoch nicht das alleinige
Allheilmittel, um einen umfassenden Schutz der heimi-
schen Pflanzen- und Tierarten zu gewährleisten und un-
sere Kulturlandschaft zu pflegen. Im Vergleich zu ord-
nungsrechtlichen Instrumenten ist der Vertragsnatur-
schutz viel personalintensiver. So sind während der
gesamten Vertragslaufzeit individuelle Beratungen und
auch ein erhöhter Kontrollaufwand erforderlich. Außer-
dem reichen die finanziellen Anreize für die Ausübung
von Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes oft nicht aus,
um die erhofften Teilnehmerzahlen zu erreichen. Ein um-
fassender Schutz sensibler Biotope kann somit nicht im-
mer im erforderlichen Maße gewährleistet werden. Ord-
nungsrechtliche Regelungen – wie Schutzgebietsauswei-
sungen, Naturschutzverordnungen – sind also auch zukünftig
ebenso erforderlich wie notwendig.
In der Begründung des F.D.P.-Antrages sind Formulie-
rungen eingebaut, die ein großes Verständnis für den Na-
turschutz mal wieder unter Beweis stellen. Hier behaup-
ten Sie, dass durch die in dem 3. Änderungsgesetz zum
Bundesnaturschutzgesetz neu geschaffene Ausgleichsre-
gelung „der Weg zur Kooperation im Natur- und Um-
weltschutz mit den Land- und Forstwirten fortgesetzt und
weiterentwickelt wurde“.
Fest steht, dass bereits mehrere Anträge oder sogar
Klagen auf Entschädigungen bei Gerichten vorliegen, da
eine entsprechende Ausgleichszahlung für erwarteten
Nutzen bisher nicht gezahlt werden konnte. Grund: Den
Ländern fehlen entsprechende Finanzmittel. Praktisch
führen solche Beispiele dazu, dass die Schutzgebietsver-
ordnungen „entschärft“ werden. Faktisch hat der § 3 b
dem Naturschutz einen „Bärendienst“ erwiesen: Er hat
zur Blockade in diesem Bereich geführt. Zu den von
Minister Trittin im Vorfeld vorgestellten Eckpunkten zur
Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes sprachen
Sie, verehrter Kollege Heinrich, gegenüber der Agentur
„Agrar-Europe“, Ausgabe vom 15. Mai, sogar von einer
„Mogelpackung“ und einer „Enteignung auf kaltem
Wege“. Weiterhin formulierten Sie in ihrem Antrag: „Auf-
lagen, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen,
sind Eingriffe ins Eigentum“. All diese Äußerungen sind
rechtlich nicht haltbar und das wissen Sie auch ganz ge-
nau. Darüber werden wir an anderer Stelle noch zu reden
haben. Heute nur so viel dazu: Das Gutachten 2000 des
Sachverständigenrates für Umweltfragen bestätigt die
Einschätzung der SPD-Bundestagsfraktion, dass derar-
tige Nutzungsbeschränkungen im Rahmen der Sozial-
pflichtigkeit des Eigentums liegen. Der Umweltrat spricht
sich sogar für die Abschaffung der finanziellen Aus-
gleichsregelung nach § 3 b Bundesnaturschutzgesetz aus.
Fest steht auch weiterhin, dass die Ausgleichsregelung
bisher nur von Bayern umgesetzt wurde, in Hessen wird
eine entsprechende Umsetzung vorbereitet.
Eines ist gewiss: Die bestehende Vorschrift über Aus-
gleichszahlungen von Nutzungsausfällen bei Natur-
schutzmaßnahmen wird künftig neu zu regeln sein. Wir
haben immer wieder beklagt, dass der bisherige gesetzli-
che Rahmen der „guten fachlichen Praxis“ zu unpräzise
ist. So bleiben Naturschutzaspekte in den landwirtschaft-
lichen Fachgesetzen vollkommen unberücksichtigt. Die
Umweltpolitikerinnen und Umweltpolitiker der SPD-
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Bundestagsfraktion fordern daher seit langem, Natur-
schutzkriterien in die Definition der „guten fachlichen
Praxis“ mit aufzunehmen. Die europäische Rechtsgrund-
lage, die EAGFL-Verordnung, gibt ebenfalls vor, dass die
„gute fachliche Praxis“ auch im Sinne des biotischen Res-
sourcenschutzes näher zu definieren ist. Sie gibt weiterhin
vor, dass überprüfbare Kriterien festgelegt werden müs-
sen.
Auch das vom Bundesamt für Naturschutz in Auftrag
gegebene Gutachten „Entwicklung eines Kriterienkata-
logs zur Bewertung der guten fachlichen Praxis“ vom
14. Januar 2000 sowie die SRU-Gutachten 1998 und 2000
weisen ebenfalls darauf hin, dass es in den landwirt-
schaftlichen Fachgesetzen Defizite im Naturschutzbe-
reich gibt. Die Einbindung von naturschutzfachlichen
Kriterien in die gute fachliche Praxis birgt nach unserer
Auffassung Vorteile für die Landwirtschaft im Sinne einer
nachhaltigen Produktion sowie für den Imagegewinn in
der Bevölkerung.
Der F.D.P.-Antrag greift nur einen Punkt aus der anste-
henden Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes he-
raus. Die Debatte ist jedoch im Zusammenhang mit der
Gesamtnovelle und anderen Maßnahmen zur Stärkung
des Naturschutzes zu sehen. Dazu zählen die stärkere
Ausrichtung der GAK an den Zielen des Naturschutzes –
wie zum Beispiel Gewährung eines Ausgleichs für Nut-
zungseinschränkungen in FFH-Gebieten, die zurzeit
durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe geprüft wird, Un-
terstützung des Vertragsnaturschutzes sowie die Förde-
rung von betrieblichen Investitionen zur Verbesserung des
Umweltschutzes im Landwirtschaftlichen Bereich, die
Öffnung der DBU für Naturschutzbelange, der personelle
Ausbau des Bundesamtes für Naturschutz, die Sicherung
der Mittel für Großschutzprojekte und Verbändeförde-
rung, die verbesserte Förderung von Kooperationen zwi-
schen Umweltschützern und der Landwirtschaft im länd-
lichen Raum, zum Beispiel über das Leader-plus-Pro-
gramm, sowie die verbesserte Akzeptanzförderung für
Maßnahmen des Naturschutzes.
Letztendlich ist Ihr Antrag aus folgenden Gründen ab-
zulehnen: Die Argumentation hinsichtlicht der Eigen-
tumsrechte ist falsch, die Ausgleichsregelung wird im
Einvernehmen zwischen Bundeslandwirtschaftsministe-
rium und Bundesumweltministerium neu zu regeln sein,
der Vertragsnaturschutz wird selbstverständlich weiterhin
als eine wichtige Maßnahme zur Gewährleistung des
Prinzips „Schutz durch Nutzung“ gesehen.
Cajus Caesar (CDU/CSU): Es war das besondere An-
liegen der CDU/CSU bei der Novellierung der Natur-
schutzgebung im Jahr 1998, dass die Ausgleichsregelung
Bestandteil des Gesetzes wird. Naturschutz geht nur im
Miteinander. Belastungen des Naturkreislaufs, aber auch
Einschnitte für unsere Bürger, insbesondere in der Land-
und Forstwirtschaft, müssen weitgehend vermieden wer-
den.
Dieses von meiner Fraktion stets verfolgte Prinzip
droht nun durch die rot-grüne Bundesregierung und ihren
Umweltminister Trittin ausgehöhlt, wenn nicht gar aus-
gelöscht zu werden. Daher unterstützen meine Fraktion
und ich den Antrag der F.D.P., der den Bundestag auffor-
dert, sich dafür einzusetzen, dass Ausgleichsregelungen
auch weiterhin Bestand haben.
Wir setzen auch zukünftig im Bereich der Land- und
Forstwirtschaft auf Kooperation statt Konfrontation.
Auch dies ein wichtiger Hinweis der Kollegen von der
F.D.P., die ja wie wir auch wissen, dass gerade Herr
Minister Trittin es darauf anlegt, alle Beteiligten vor den
Kopf zu stoßen. Ihre bisherige Politik, Herr Minister
Trittin, war nicht durch besondere Kooperationsfreudig-
keit gekennzeichnet. Ich will nur an die Diskussionen bei
der Altautoverordnung erinnern, bei denen Herr Trittin
beinahe alle unsere europäischen Partner vergrault hat.
Auch seine Atompolitik ist nicht gerade ein Paradebei-
spiel für kooperatives Handeln. Aber dies sei nur am
Rande bemerkt.
Was wir heute brauchen, ist eine Naturschutzpolitik,
die sich zum Ziel setzt, alle Betroffenen in die Diskussio-
nen mit einzubeziehen. Diese Diskussionen über Natur-
schutz dürfen nicht nur hier im Plenum des Bundestages
geführt werden, sondern müssen auch und vor allem vor
Ort mit den Menschen geführt werden. Und in diesem Be-
reich weist die Politik der Regierung leider enorme Defi-
zite auf. Auf diese Probleme haben wir in der Vergangen-
heit schon wiederholt hingewiesen und nun wird unsere
Position erneut von der F.D.P. unterstützt.
Erklärtes Ziel von CDU und der CSU ist es immer ge-
wesen, die gemeinsamen Interessen von Naturschutz und
Landwirtschaft herauszuarbeiten und Zukunftschancen
für ein wirkungsvolles Miteinander aufzuzeigen. Dieses
Ziel sehen wir durch die aktuelle Politik der rot-grünen
Regierung gefährdet: Daher ist notwendig, noch einmal
auf die Problematik hinzuweisen:
Eigentumsrechte sind höchste Rechtsgüter, die unser
Grundgesetz ausdrücklich in Art. 14 schützt. Es darf nicht
sein, dass ein Grundrecht aufgrund einer falsch verstan-
denen Naturschutzpolitik dauerhaft ausgehöhlt und un-
brauchbar gemacht wird. Ich kann daher nur ausdrücklich
davor warnen, die verfassungsmäßig garantierten Eigen-
tumsrechte durch gesetzliche Neuregelungen im Bundes-
naturschutzgesetz zu schwächen. Dies wird sicherlich in
Karlsruhe keinen Bestand haben.
Was wir zukünftig brauchen, ist nicht die Konfronta-
tion, sondern das gemeinsame Miteinander und das wer-
den wir nur durch eine Erweiterung des Vertragsnatur-
schutzes erreichen. Dieses Prinzip wurde von Frau
Dr. Merkel eingeführt, vor allem um die Beteiligten vor
Ort in den Prozess des Naturschutzes einzubinden.
Nicht noch mehr gesetzliche Regelungen, Rahmen-
pläne, Verordnungen und andere bürokratische Hemm-
nisse bringen uns im Umweltschutz voran, sondern nur
gemeinsames und praktisches Handeln. Ich fordere daher
den Vorrang des Vertragsnaturschutzes vor verwaltungs-
rechtlichen Auflagen. Wir müssen die Menschen dazu be-
wegen, Selbstverpflichtungen einzugehen, um die ökolo-
gischen Probleme selbst zu erkennen, aufzugreifen und zu
lösen. Dies ist eine Umweltpolitik, die auf die Zukunft
ausgerichtet ist.
So hat etwa die Umsetzung der FFH-Richtlinie ge-
zeigt, dass aufgrund der wenig konkreten Auswirkungen
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für die in den vorgesehenen Gebieten Wirtschaftenden nur
wenig bisher erreicht wurde. Wenn die Menschen nicht
wissen, was genau auf sie zukommt, sind sie auch nicht
bereit, etwas zu unternehmen. So gilt es, zukünftig mehr
darauf zu achten, dass die Ausweisung der Schutzgebiete
nicht über die Köpfe der Menschen hinweg erfolgt. „Mo-
tivation statt Naturschutzauflagen!“ sollte unser Motto für
die anstehende Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes
sein. Die Ausweisung von Schutzgebieten darf nicht in ei-
nen prozentualen Wettlauf münden. So halte ich es nicht
für sinnvoll, dass Rot-Grün sich in der Koalitionsverein-
barung von 1998 darauf festgelegt hat, dass 10 Prozent der
Landschaftsfläche Schutzgebiete werden müssen.
Wenn beispielsweise Landschaftspläne, wie etwa im
Kreis Lippe geschehen, 95 Prozent durch Naturschutzge-
biete, Landschaftsschutzgebiete mit besonderen Festset-
zungen, Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmäler und
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen bis vor die Haustür
jeden Handgriff des Bürgers führen wollen, wird dies
nicht zu Akzeptanz, sondern zu Verdrossenheit und enor-
men Widerständen führen, wie auch die entsprechenden
Veranstaltungen gezeigt haben. Es mutet geradezu gro-
tesk an, wenn in einem Gebiet mit unter 10 Prozent Be-
waldungsprozentsatz ein Landschaftsplan ein generelles
Erstaufforstungsverbot über alle Flächen hinweg vor-
sieht, während EU, Bund und Land sogar Fördermittel
vorsehen. Dies ist nur ein Beispiel für die verfehlte rot-
grüne Umweltpolitik vor Ort.
Neben Erhalt, Schutz und Weiterentwicklung von
Schutzgebieten über den Vertragsnaturschutz hinaus, gilt
es, den Naturschutz auf der gesamten Fläche zu betrach-
ten. Hier gilt es, Möglichkeiten extensiver Bewirtschaf-
tung, Möglichkeiten der Biomasse zur Biogas- und Bio-
dieselproduktion sowie Möglichkeiten der Biomasse zur
Primärenergieerzeugung insgesamt besser zu nutzen und
Anreize zu schaffen.
Wir warnen die Bundesregierung davor, den betroffe-
nen Land- und Forstwirten die bisher zustehenden Aus-
gleichsmaßnahmen zu streichen. Sie werden sonst kaum
mehr bereit sein, etwas für den Naturschutz zu tun. Dies
kann nicht in unserem Sinne sein.
Die noch gültigen gesetzlichen Regelungen über die
gute fachliche Praxis sichern bisher ein möglichst kon-
fliktfreies Nebeneinander von Landwirtschaft, Natur-,
Gewässer- und Emissionsschutz und den Ansprüchen der
Gesellschaft auf Freizeit und Erholung. Für Rot-Grün ist
diese negative Haltung gegenüber den betroffenen Bür-
gern und der Wirtschaft jedoch nichts Neues. Bereits bei
der Debatte um die Änderung des Naturschutzgesetzes im
April 1998 haben Sie sich gegen die Ausgleichsregelun-
gen ausgesprochen und diese mit dünnen Argumenten ab-
gewiesen. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass
gerade diese Ausgleichsmaßnahmen ein geeignetes In-
strument waren, um die Menschen vor Ort zum Umwelt-
schutz zu bewegen. Wer ist denn bereit, sich freiwillig für
den Naturschutz einzusetzen, wenn er dafür auch noch fi-
nanziell bestraft wird – und dies zu einem Zeitpunkt, wo
rot-grüne Politik für erhebliche Einschnitte in das soziale
Netz sowie für zusätzliche Belastungen durch Ökosteuer
und weitere Nachteile gesorgt hat?
So hat die Agenda 2000 schon große finanzielle Ein-
bußen für die betroffene Landwirtschaft mit sich ge-
bracht. Schon jetzt wird die Landwirtschaft mit 5 Milliar-
den DM zusätzlich belastet. Dies darf nicht weiter fort-
gesetzt werden. Dies ist hochgradig kontraproduktiv. Na-
turschutz ist nicht gegen den Willen der vor Ort Arbeiten-
den möglich. Wir fordern daher Landwirtschaftsminister
Funke nachdrücklich auf, sich für den Erhalt der Aus-
gleichsregelungen gegenüber Minister Trittin durchzuset-
zen und nicht einzuknicken. Wir dürfen den Land- und
Forstwirten nicht noch mehr Steine in den Weg legen als
es Rot-Grün bisher getan hat. Die Landwirtschaft hat in
den letzten Jahren sehr viel für den Naturschutz getan. So
ist etwa der Einsatz von mineralischem Dünger seit 1987
um rund 20 Prozent zurückgegangen. Die Qualität unse-
rer Flüsse und Bäche hat sich enorm verbessert und die
Zahl der Fische ist wieder gestiegen. Dies ist auch ein Er-
folg der bisherigen Naturschutzpolitik im Bereich der
Landwirtschaft. Auf diesen Erfolgen müssen wir weiter-
hin aufbauen. Allerdings lässt die Politik der Bundesre-
gierung nichts Gutes ahnen, wenn sie die Mittel im Be-
reich der Land- und Forstwirtschaft weiter zurück-
schraubt und damit den Bauern auch noch die letzte
Motivation nimmt.
Meine Fraktion und ich fordern die Regierung daher
nachdrücklich auf, bei ihren weiteren Beratungen zur No-
velle des Naturschutzgesetzes genau zu überlegen, wie
die Bürger beteiligt werden können. Lassen Sie nicht die
Bürger die Zeche bezahlen! Bemühen Sie sich stattdes-
sen, die Betroffenen zu vertragsnaturschutzlichen Rege-
lungen zu bewegen; diesen Weg werden wir mitgehen. Ich
verspreche Ihnen: Sie werden damit mehr Erfolg haben
und unsere Umwelt freut sich. Nur eine die Menschen
überzeugende Naturschutzpolitik wird auf die Dauer er-
folgreich sein.
Sylvia Voß (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der An-
trag der Fraktion der F.D.P. erinnert mich doch sehr an die
Fernsehwerbung für den Kaffee „Gala Nr. 1“, wo eine of-
fensichtlich wohlhabende Dame auf die Frage: „Was wür-
dest du dir wünschen, wenn du einen Wunsch frei hät-
test?“, die wenig geistreiche Antwort gibt: „Alles soll so
bleiben, wie es ist.“ – Nicht gerade beeindruckend für eine
Partei, die sich als freidemokratische Turbopartei geriert.
Für uns ist es jedenfalls nicht einsichtig, warum uns
heute ein Antrag vorgelegt wird, der festhält, dass sich in
Bezug auf den § 3 b des Bundesnaturschutzgesetzes
nichts ändern möge, zumal Sie wissen, dass sich der Deut-
sche Bundestag in Kürze mit dem Entwurf der 4. Novelle
des Bundesnaturschutzgesetzes befassen wird.
Eines der Hauptziele der Novelle des Bundesnatur-
schutzgesetzes – Minister Trittin hat die Öffentlichkeit da-
rüber vorgestern in Bamberg informiert – ist in der Tat die
Neuregelung des Verhältnisses von Landwirtschaft und
Naturschutz. Ein zentraler Punkt ist dabei der Regelungs-
gehalt des § 3 b, von dem alle wissen, dass er in der der-
zeit geltenden Fassung ein kooperatives Verhältnis von
Naturschutz und Landwirtschaft behindert.
Seit August 1998 leisten die Länder bei staatlichen Na-
turschutzauflagen, die über die gute fachliche Praxis hi-
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nausgehen, für Land- und Forstwirte Ausgleichszahlun-
gen. Mit der 3. Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes
erhielten sie einen gesetzlichen Anspruch auf diese Zah-
lungen. Bei diesen Zahlungen handelt es sich allerdings
nicht um den Ausgleich für eine Enteignung, einen ent-
eignungsgleichen Eingriff oder eine Eigentumsbeschrän-
kung. Vielmehr werden allein Nutzungsbeschränkungen
kompensiert, die bis dahin im Rahmen der Sozialpflich-
tigkeit des Eigentums verhältnismäßig waren und deshalb
ohne finanziellen Ausgleich hingenommen werden muss-
ten.
Wir lehnen, wie Ihnen bekannt ist, diese Regelung ab.
Sie ist unvernünftig und nicht zielführend. Sie stellt einen
einseitigen Anspruch für Land- und Forstwirte dar und
führt zu keinem Fortschritt für den Naturschutz bei der
Landnutzung.
Wichtig ist uns, dass die gute fachliche Praxis nicht al-
lein durch landwirtschaftliche Fachgesetze, wie das Dün-
gemittel- und das Pflanzenschutzgesetz, definiert wird,
sondern mit naturschutzfachlichem Inhalt angereichert
wird.
Es ist ein ausgezeichneter Start für die Arbeit an der
Novelle, dass Minister Trittin und Minister Funke sich auf
naturschutzfachliche Grundsätze einer natur- und land-
schaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirt-
schaft geeinigt haben. Wir haben es immer für erforder-
lich gehalten, dass Landwirtschaft und Naturschutz ge-
meinsam festlegen, was für die Nutzung und den Schutz
der Natur richtig ist.
Mit der neuen Regelung wird der Grundsatz überwun-
den, dass nahezu jede naturschutzrechtliche Auflage den
Anspruch auf Ausgleichszahlungen durch die Länder er-
zwingt. Die daraus resultierenden Belastungen der öffent-
lichen Hand verhinderten zunehmend die Ausweisung
neuer Naturschutzflächen.
Was die Ausgleichszahlung angeht, so wird hier die
Kompetenz der Länder erhöht werden. Es wird ihnen die
Möglichkeit eingeräumt werden, ihren politischen und fi-
nanziellen Möglichkeiten entsprechend den Ausgleich
von Nutzungsbeschränkungen zu regeln. Das ist im Sinne
der Stärkung des Föderalismus und, im Gegensatz zur
derzeitig geltenden Regelung, verfassungsrechtlich unbe-
denklich.
Der § 3 b des Bundesnaturschutzgesetzes gewährt
nämlich in seiner jetzigen Form einen sonst nicht beste-
henden Geldleistungsanspruch, der vollen Umfangs und
unausweichlich von den Ländern aufzubringen ist. Eine
solche bundesrechtliche Anspruchsgewährung wider-
spricht aber der Rahmengesetzgebungskompetenz des
Bundes und wurde deshalb von den Ländern im Bundes-
rat abgelehnt. Wir werden hier die Kompetenzbeschnei-
dung der Länder in dieser Frage beenden und das ein-
führen, was verfassungsrechtlich geboten ist: eine Rah-
menregelung.
Inhaltlich sprechen wir uns dafür aus, dass die Länder
eine Regelung einführen, die die Honorierung solcher
ökologischer Leistungen vorsieht, die über die gute fach-
liche Praxis hinausgehen und gleichzeitig zu Einkom-
menseinbußen führen.
Vertragliche Vereinbarungen halten wir für einen sinn-
vollen Weg im Naturschutz, der neben den unverzichtba-
ren ordnungsrechtlichen Maßnahmen zu Fortschritten im
Arten- und Biotopschutz führen kann. Den Vorrang einer
Seite kann es allerdings nicht geben. Es geht um vernünf-
tige wechselseitige Ergänzungen. Dass Sie, liebe Ideolo-
ginnen und Ideologen von der F.D.P., das Ordnungsrecht
als „verordneten Dirigismus“ denunzieren, ist sicherlich
kein konstruktiver Beitrag für eine Sachdebatte. Die von
Ihnen hier vorgeführte Einseitigkeit schadet dem Natur-
schutz und nutzt den Land- und Forstwirten nicht.
Auch ihre apodiktische Feststellung, dass Auflagen,
die über die gute fachliche Praxis hinausgehend, „Ein-
griffe ins Eigentum“ sind, zeugt von ideologiegetränkter
Sichtweise.
Denn nach übereinstimmender Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts und des BGH sind Regelun-
gen, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen
des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, grund-
sätzlich keine Enteignungen im Sinne des Art. 14
Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken
des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.
Ein Entschädigungsanspruch entstünde hiernach allen-
falls, wenn die Beschränkung der Eigentümerbefugnis
unverhältnismäßige, das heißt unzumutbare wirtschaftli-
che Härten nach sich zieht.
Der Gesetzgeber hat Inhalt und Schranken des Eigen-
tums zu bestimmen und hierbei den privaten und sozialen
Nutzen des Eigentumsgebrauchs in ein ausgewogenes
Verhältnis zu bringen. Das beinhaltet auch das Recht, die
Eigentümerbefugnis im Interesse des Gemeinwohls zu
beschränken.
Werden zur Verwirklichung der Ziele des Natur-
schutzes und der Landschaftspflege Anforderungen fest-
gesetzt, durch die der Eigentümer schwer und unzumut-
bar betroffen wird, ist nach Maßgabe des Landesrechts
eine angemessene Entschädigung in Geld unter den Vo-
raussetzungen des Art. 14 des Grundgesetzes zu leisten.
Wird der Eigentümer erheblich, aber nicht schwer und
unzumutbar in der Ausübung seiner Eigentümerbefugnis
beeinträchtigt, ist zu prüfen, ob ein Ausgleich in Geld
durch vertragliche Vereinbarungen geleistet werden kann.
Ulrich Heinrich (F.D.P.): Der F.D.P.-Antrag zum Na-
turschutz passt optimal in die aktuelle Diskussion: Die
von Umweltminister Jürgen Trittin auf dem Deutschen
Naturschutztag vorgestellten Eckpunkte zum Natur-
schutzgesetz drohen die bewährte Kooperation zwischen
Naturschutz und Landwirten zu sprengen. Genau das ist
wohl aus parteipolitischen Motiven von Herrn Trittin ge-
wollt. Trittin will offensichtlich mit seinem eigentums-
politischen Amoklauf die grüne Basis und die Umwelt-
verbände zurückgewinnen. Ein Schuss in den Ofen:
Nicht nur Land- und Forstwirte sind entsetzt, selbst der
Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert
den Umweltminister heftig. Die erfolgreiche Zusammen-
arbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft wird
auch durch die Tatsache, dass bereits mehr als 40 Pro-
zent der Fläche Deutschlands von Land- und Forstwirten
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freiwillig in Naturschutzprogramme eingebracht wurde,
dokumentiert.
Vor allem folgende Eckpunkte erhitzen die Gemüter:
Erstens. Naturschutz ist Ländersache, dennoch erklärt
der grüne Umweltminister seine Novelle für nicht zu-
stimmungspflichtig und hofft so, die Länder umgehen zu
können.
Zweitens. Zehn Prozent der Landesfläche sollen
zukünftig Vorrangfläche für den Naturschutz sein – für ein
dicht besiedeltes Industrieland wie Deutschland ist das
schlicht weltfremd.
Drittens. Jürgen Trittin plant zudem, Verbandsklage-
rechte einzuführen. Obwohl es gerade im Naturschutz be-
reits mehr als genug Ordnungsrecht gibt, will der Minis-
ter auch hier noch eins draufsetzen.
Viertens. Damit nicht genug: Die vorgesehene Neude-
finition der guten fachlichen Praxis zielt auf die Aushöh-
lung der mühsam von der F.D.P. durchgesetzten Aus-
gleichsregelung für Land- und Forstwirte.
Die F.D.P. hat diesen Irrweg im Naturschutz frühzeitig
erkannt und bereits im vergangenen Jahr einen Antrag ein-
gebracht, den wir heute diskutieren, der den klaren und
konsequenten Kurs der F.D.P. für den Schutz der Eigen-
tumsrechte und den Naturschutz fortführt. Die F.D.P. for-
dert daher:
Erstens. Das Eigentum darf nicht weiter unter dem
Deckmantel der Sozialpflichtigkeit ausgehöhlt werden.
Zweitens.DiePlänevonTrittin,40000bis100000Hek-
tar land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen aus dem
Privatisierungsauftrag in den neuen Ländern auszuklam-
mern und an Naturschutzverbände zu verschenken, tritt
die berechtigten Eigentumsrechte der Alteigentümer mit
Füßen und müssen deshalb gestoppt werden.
Drittens. Land- und Forstwirte erhalten für wirtschaft-
liche Nachteile durch Auflagen des Naturschutzes, die
über die so genannte gute fachliche Praxis hinausgehen,
einen angemessenen Ausgleich nach Maßgabe des Lan-
desrechts. Für die F.D.P. ist das eine Grundsatzfrage! Auf-
lagen die über die gute fachliche Praxis hinausgehen, sind
Eingriffe ins Eigentum. Sie sind deshalb ausgleichs-
pflichtig,
Viertens. Die F.D.P. fordert die Länder nachdrücklich
auf, die Ausgleichsregelung – sofern das noch nicht ge-
schehen ist – zügig in ihre Landesgesetze aufzunehmen.
Fünftens. Die GRÜNEN – insbesondere Umweltminis-
ter Trittin – müssen ihren Konfrontationskurs gegen die
Land- und Forstwirte einstellen.
Sechstens. Eine Vorrangfläche von zehn Prozent für
den Naturschutz ist aus wirtschafts-, agrar-, umwelt- und
eigentumspolitischen Gründen abzulehnen.
Siebentens. Ein Verbandsklagerecht ist der ordnungs-
politisch falsche Weg und muss korrigiert werden.
Achtens. Eine Neudefinition der guten fachlichen Pra-
xis ist völlig überflüssig, da in Deutschland die ohnehin
strengsten Gesetze in diesem Bereich gelten.
Neuntens. Der Vertragsnaturschutz muss erhalten und
ausgebaut werden.
Noch auf der Internationalen Grünen Woche Anfang
des Jahres in Berlin hat sich der Bundeslandwirtschafts-
minister, Karl Heinz Funke, unter dem Applaus der an-
wesenden Landwirte für seine Ankündigung zum Erhalt
der Ausgleichsregelung in der bestehenden Form feiern
lassen. Herr Minister Funke, lassen Sie Ihren Worten Ta-
ten folgen und stoppen Sie endlich Umweltminister
Trittin!
Aus Sicht der F.D.P. sind die Pläne von Minister Trittin
eine Mogelpackung. Eine „Enteignung auf kaltem Wege“
ist mit der Eigentumspartei F.D.P. nicht zu machen.
Eva-Maria Bulling-Schröter (PDS): Ich freue mich
ja immer, wenn die Kategorie Eigentum wieder einmal
thematisiert wird. Wenn wir die juristische Definition zur
Grundlage nehmen, dann gibt es da Eigentumsrechte, wie
sie die F.D.P. mit ihrem Antrag meint einfordern zu kön-
nen, und da gibt es Eigentumspflichten, auf die gelegent-
lich hinzuweisen sich auch lohnt.
Die F.D.P. will den von Frau Merkel ins Bundesnatur-
schutzgesetz eingestrickten § 3 b ins neue Naturschutzge-
setz hinüberretten: Schlägt der Naturschutz zu, dann sol-
len Bauern oder Waldbesitzer entschädigt werden.
Es ist auch Auffassung der PDS, dass Land- und Forst-
wirte, die durch Naturschutzauflagen Aufwendungen ha-
ben, welche über ein bestimmtes Maß hinausgehen, Kom-
pensationszahlungen erhalten. Niemand soll über Nacht
in den Ruin getrieben werden. Doch die Belastungen müs-
sen tatsächlich außerhalb dessen liegen, was im Rahmen
der Sozialpflichtigkeit des Eigentums schlichtweg hinzu-
nehmen ist. Und: Das Ganze darf lediglich Übergangs-
charakter haben. Konkret hieße das, durch eine Mischung
von Übergangshilfen und Vertragsnaturschutz eine Nut-
zungskonversion vom Staat finanziell zu begleiten. Pau-
schale Ausgleichzahlungen für Flächen, die in Natur-
schutzgebieten liegen und teilweise nie bewirtschaftet
wurden, sind dagegen unsinnige Geldgeschenke.
Notwendig ist eine verlässliche und umsetzbare Grenz-
ziehung zwischen unentgeltlich einzufordernder Rück-
sichtnahme der Landnutzer auf die natürliche Umwelt
und entgeltwürdigen ökologischen Leistungen. Hierfür
müssen Kriterien aus naturschutzfachlicher Sicht ent-
wickelt werden. Der Verweis auf die „gute fachliche Pra-
xis“ im Bodenschutzgesetz reicht nicht, denn damit wer-
den momentan längst nicht alle naturschützerisch rele-
vanten Belange abgedeckt. Wir sind auch hier gespannt
auf den BMU-Entwurf zum neuen Bundesnaturschutzge-
setz.
Abschließend noch ein klares Wort: Boden ist ein be-
grenztes Gut und ein natürliches dazu, ein Gut, welches
gemeinschaftlichen Charakter hat, auch wenn es privat
genutzt wird. Vielen fällt der Boden sogar allein durch die
Herkunft in den Schoß, was im urliberalen Sinne eigent-
lich ja auch ein Unding ist. Lesen sie mal bei Ihrem Kol-
legen Eucken nach, Frau Homburger, Stichwort 100 Pro-
zent Erbschaftsteuer.
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Wir denken, die Gesellschaft kann deshalb berechtig-
terweise von den Land- und Forstwirten erwarten, dass sie
Beschränkungen in Kauf nehmen, die einzig die nachhal-
tige Erhaltung der natürlichen Umwelt zum Ziel haben.
Soll die öffentliche Hand denn bis in alle Ewigkeit allein
dafür Ausgleichzahlungen vornehmen, dass wertvolle
Flora und Fauna nicht zerstört wird? Das kann doch wohl
niemand ernsthaft wollen!
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes
(EkrG) (Tagesordnungspunkt 24)
Wieland Sorge (SPD): Der Gesetzentwurf der PDS
zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes ist dahin-
gehend ausgerichtet, die Kommunen in den neuen Län-
dern finanziell zu entlasten. Sie sollen von den Kosten für
die Grunderneuerung von Straßenbrücken über Schienen-
wege der ehemaligen Deutschen Reichsbahn freigestellt
werden, und der Bund soll zukünftig – statt wie bisher die
Kommunen – die Kosten bei Eisenbahnkreuzungsmaß-
nahmen der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ und bei
Anpassungsmaßnahmen technischer Sicherungen im Be-
reich von Bahnübergängen übernehmen. Dabei werden
vom Bund tatsächlich schon eine Reihe von Kosten ge-
tragen.
Meiner Meinung nach sind die Vorschläge der PDS
weder vertretbar noch machbar. Zum einen – und dies ist
im Hinblick auf die Durchführbarkeit sicherlich der aus-
schlaggebende Grund – sind die Vorschläge der PDS gar
nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. In Art. 104 a Abs. 1
haben auch die Kommunen die aus der Wahrnehmung ih-
rer Aufgaben entstehenden Kosten zu tragen. Die ge-
nannten Straßenbrücken sind Bestandteil der jeweiligen
Kommunalstraßen und stehen auch seit einer Verwal-
tungsvereinbarung der beteiligten DDR-Ministerien vom
Jahre 1953 in der Baulast eines kommunalen Straßenbau-
lastträgers. Die Kommunen der DDR befanden sich in ei-
ner schizophrenen Situation. Einerseits waren sie für die
Erhaltung bzw. Sanierung der kommunalen bzw. ge-
meindlichen Bahnübergänge verantwortlich, andererseits
besaßen sie weder die eigene Finanzhoheit noch Einfluss
auf die Verteilung der dringend benötigten Baustoffe, die
wegen ihres Mangels an anderen notwendigen Stellen ein-
gesetzt wurden. Dem Bund ist es verwehrt, die Kosten für
die aufgelaufenen Unterhaltungsrückstände der kommu-
nalen Straßenbrücken zu übernehmen. Weder der Bund
noch die DB AG sind für die Versäumnisse der DDR ver-
antwortlich. Trotzdem hat der Bund – und dies ist durch
das Gesetz zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgeset-
zes und anderer Gesetze vom 9. September 1998 er-
möglicht worden – von 1999 bis 2003 jährlich 50 Mil-
lionen DM in den neuen Bundesländern als Finanzhilfe
bereitgestellt, und damit ist die verfassungsrechtlich
zulässige Grenze für Finanzhilfen erreicht. Es ist sehr be-
dauerlich, dass Gemeinden und Städte für etwas teilweise
aufkommen müssen, was sie nicht verschuldet haben.
Sollte es wirklich solche Gemeinden bzw. Städte geben,
die mit Millionenbeträgen belastet werden bzw. haus-
haltsmäßig am Ende wären, müssten wir Mittel und Wege
finden, dies zu verhindern. Bisher sind solche Beispiele
namentlich nicht bekannt. Da die Länder in erster Linie
für ihre Kommunen Verantwortung haben, müssen sie
auch die Finanzierungsmöglichkeiten voll nutzen, um die
Kommunen zu entlasten.
Zum anderen – und das werden die meisten von uns
noch wissen – hat es bereits 1997 einen ähnlichen Antrag
der PDS gegeben, der vom Bundestag am 11. Dezember
1997 abgelehnt wurde. Außerdem gab es 1999 einen Ent-
schließungsantrag der PDS zu diesem Thema, welcher
ebenfalls abgelehnt wurde.
Im Grunde sind die damals aufgeführten Gründe auch
noch heute gültig: Soweit im Zuge neuer Schienen-
strecken neue, höhenfreie Kreuzungen mit bestehenden
Straßen hergestellt werden müssen, trägt das Eisenbahn-
unternehmen nach § 11 Abs. 1 EkrG hierfür die Kosten al-
lein. Anderes gilt nur, wenn eine Gemeinde, das heißt in
dem Fall der Straßenbaulastträger, ebenfalls Änderungen
verlangt; dann hat sie nach dem Veranlasserprinzip zu den
Kosten beizutragen.
Bei der Beseitigung bestehender höhengleicher Kreu-
zungen – Bahnübergänge – hätten die Beteiligten, also das
Eisenbahnunternehmen und – soweit die Straße in ihrer
Baulast steht – die jeweilige Gemeinde aufgrund des
kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses zu
gleichen Teilen die Kosten zu tragen. Da der Bund auch
unter dem verkehrspolitischen Gesichtspunkt zur Sicher-
heit an der Beseitigung der höhenfreien Kreuzungen stark
interessiert ist, übernimmt er ein Drittel der Änderungs-
kosten. Deshalb haben Eisenbahnunternehmen und Ge-
meinden nur je ein Drittel der Kosten zu tragen. Dies gilt
auch, wenn der Bahnübergang nicht beseitigt wird, son-
dern die Sicherungsanlagen geändert werden. Diese Ko-
stendrittelung wurde vom Bundesverfassungsgericht für
rechtmäßig erklärt und ist im EkrG – § 13 Abs. 1 – veran-
kert. Alle Finanzhilfen, die darüber hinausgehen, sind al-
lerdings nicht mehr mit Art. 104 Abs. 1 des Grundgeset-
zes vereinbar.
Auch nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsge-
setz kann die Gemeinde, wenn sie für eine Baumaßnahme
verantwortlich ist, Fördermittel für Kreuzungsmaßnah-
men beantragen. 75 Prozent der Kosten sind zuwen-
dungsfähig. Auch hier stellt der Bund diese Mittel zur Ver-
fügung, wenngleich er über die Verteilung durch die Län-
der natürlich keinen Einfluss hat. Es liegt nun an den
Ländern, in welchem Maße sie ihre Kommunen unter-
stützen; die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten
sind vorhanden. In einzelnen Härtefällen müssen geson-
derte Möglichkeiten zur Anwendung kommen.
Zu guter Letzt gibt es da noch das Investitionsförde-
rungsgesetz Aufbau Ost, wonach den ostdeutschen Bun-
desländern seit 1995 zehn Jahre lang jeweils 6,6 Milliar-
den DM als Investitionshilfe vom Bund zur Verfügung ge-
stellt werden. Diese können selbstverständlich auch für
Bahnübergangsbeseitigungen eingesetzt werden.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10355
(C)
(D)
(A)
(B)
Sie sehen, dass es keinen Grund gibt, den Bund noch
mehr zur Kasse zu bitten. Die von der PDS geforderte Ge-
setzesänderung ist zwar für die Kommunen die ideale Lö-
sung, die ich auch gerne sehen würde. Aber sie ist weder
rechtlich noch finanzpolitisch möglich. Aus diesem
Grunde lehnen wir den Antrag der PDS erneut ab.
Zur Gewährleistung der Sicherheit im Straßen- und
Schienenverkehr bleibt uns nur der Weg, in Abstimmung
mit der DB AG und den Ländern für die rasche Umset-
zung der notwendigen Baumaßnahmen zu sorgen, ohne
dabei die Städte und Gemeinden finanziell in den Ruin zu
führen.
Norbert Otto (Erfurt) (CDU/CSU):Man könnte mei-
nen, es ist schon Sommerpause und die Saure-Gur-
ken-Zeit steht vor der Tür. Wie anders ist es sonst zu er-
klären, dass die PDS wieder einmal ganz tief in der Mot-
tenkiste gewühlt hat und dort auf ein paar alte Kamellen
gestoßen ist, die sie nun als frische Neuheiten präsentie-
ren will? Tatsächlich ist das Thema Eisenbahnkreu-
zungsgesetz bis zu seiner Novellierung 1998 ausgiebig
diskutiert und mit einem für alle Seiten hinnehmbaren
Kompromiss abgeschlossen worden. Dass die PDS nun
hingeht und diesen Kompromiss, dessen Ausführung sich
in der Praxis bisher weitgehend bewährt hat, wieder in-
frage stellt, ist vollkommen unverständlich und überflüs-
sig.
An schieren Populismus grenzt es, verehrte Kollegin-
nen und Kollegen von der PDS, wenn Sie hier in Ihrem
Antrag – kurz zusammengefasst – eine vollkommene Ent-
lastung bzw. Ausgliederung der Kommunen in Finanzie-
rungsfragen fordern. Sie wissen genauso gut wie wir, dass
diese Forderung in der gegenwärtigen Finanzlage absurd
ist und in letzter Konsequenz nur zu einer Umvertei-
lung der Kosten von den Kommunen auf den Bund und
die Bahn bzw. Bahnbetreiber führen würde. Die verein-
barte Kostendrittelung bei Eisenbahnkreuzungsmaßnah-
men wird von allen Trägern akzeptiert und für die bes-
te Lösung gehalten. Wenn man jedoch Ihre Vorschläge zu
Ende denken würde, hätten Ihre Forderungen als Konse-
quenz, dass in erheblichem Maße Gelder umgelenkt wer-
den müssten, die derzeit für den Ausbau der Schienen-
strecken und deren Sicherheit aufgewendet werden. Bei
der Bahn zum Beispiel würden Ihre Forderungen, sollten
sie denn Realität werden, zu erheblichen Einbußen bei der
Betriebssicherheit führen. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass dies in Ihrer Absicht liegt, verehrte Kolleginnen und
Kollegen von der PDS.
Zudem würde Ihr Antrag eines der maßgeblichen Ziele
der Bahnreform, nämlich die Befreiung der Bahn von öf-
fentlichen Lasten, umkehren. Mit der Umsetzung ihrer
Vorschläge würden der Bahn und den Bahnbetreibern
weitere Kosten aufgehalst, von denen sie eigentlich ent-
lastet werden sollten.
Lassen Sie mich aber noch einmal zurückgehen auf die
Entwicklung: Der im Gesetzentwurf enthaltene Vorschlag
zur kommunalen Entlastung bei Unterhaltsrückständen an
Straßenüberführungen wurde bereits im Jahr 1995 ent-
wickelt. Schon damals kam zum Beispiel das Thüringer
Justizministerium zu der Auffassung, dass die Anbindung
der Finanzierungsprobleme im Zusammenhang mit der
Unterhaltungslast von Eisenbahnkreuzungen am engen
Geltungsbereich des ursprünglichen Gemeindeprivilegs
des § 19 (1) Sätze 3 und 4 EkrG scheitert. Für die alten
Bundesländer war mit dem Gemeindeprivileg eine auf-
schiebende bedingte Übergangsregelung verbunden. Die
Übernahme der Pflichten zur Erhaltung von Straßenüber-
führungen über Eisenbahnlinien erfolgte erst nach einer
wesentlichen Änderung oder Ergänzung der Anlage. In
den alten Ländern blieben somit zahlreiche kommunale
Straßenüberführungen in der Verantwortlichkeit und un-
ter der Kostendeckung der Deutschen Bundesbahn. Mit
dem ENeuOG wurde endgültig die Verteilung der In-
standhaltungskosten für Kreuzungsanlagen von dem Prin-
zip der Veranlassung auf die wegerechtliche Verantwor-
tung übergeleitet. Mit dem Gesetz zur Änderung des
Eisenbahnkreuzungsgesetzes vom 9. September 1998
wurde klargestellt, dass der im Straßenrecht übliche Ge-
währleistungsanspruch gilt.
Für die neuen Länder wurde hingegen eine andere
Regelung getroffen. Da auf dem Gebiet der ehemaligen
DDR die Unterhaltung der kommunalen Straßenbrücken
bereits 1953 von der Deutschen Reichsbahn auf die kom-
munalen Straßenbaulastträger überging, brachte diese
Regelung keine finanzielle Entlastung für die Straßen-
baulastträger in den neuen Bundesländern. Um für die
aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituation ent-
standenen finanziellen Probleme der Kommunen eine
Kompromisslösung zu finden, wurde eine Arbeitsgruppe
vom Vermittlungsausschuss gebildet. Im Ergebnis wur-
den in den Artikeln 2 und 3 des Gesetzes zur Änderung
des EkrG Änderungen des Investitionsförderungsgesetzes
Aufbau Ost (IFG) und des Gemeindeverkehrsfinanzie-
rungsgesetzes (GVFG) vorgesehen.
Im Zeitraum von 1999 bis 2003 stehen den neuen Bun-
desländern für die Grunderneuerung von Straßenbrücken
in ihrer Baulast über Schienenwege über die ehemalige
Deutsche Reichsbahn insgesamt 250 Millionen DM zur
Verfügung. Davon werden 50 Millionen DM aus dem
GVFG, 50 Millionen DM aus dem IFG und 150 Millionen
DM aus dem Altlastentilgungsfonds gewährleistet.
Da dieser Kompromiss zum damaligen Zeitpunkt von
den neuen Bundesländern angenommen wurde und be-
reits entsprechend verfahren wird, ist eine erneute Geset-
zesinitiative, wie sie die PDS nun vorlegt, weder notwen-
dig noch sinnvoll.
Der Bezug auf die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit
(VDE) allgemein erscheint sowohl wegen der fehlenden
Unterscheidung nach Neu- und Ausbau als auch wegen
der Abgrenzung zu anderen Schienenverkehrsprojekten
nicht korrekt. Zum Beispiel wurde in Thüringen die Saale-
bahn im Rahmen des Lückenschlussprogramms ausge-
baut. Entsprechend dem Gesetzentwurf wäre bei einer
solchen Maßnahme keine gesamtvorhabensbezogene Ko-
stenzuscheidung vorgesehen. Da dieses Ausbauvorhaben
inhaltlich den VDE entspricht, brächte eine Abgrenzung
auf die VDE keine kostenmäßige Entlastung für verschie-
dene Kommunen analogen Sachverhalts.
Die Anpassung an die Eisenbahn-Bau- und Betriebs-
ordnung erfolgte im Wesentlichen im Zusammenhang mit
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10356
(C)
(D)
(A)
(B)
technischen Veränderungen am betreffenden Bahnüber-
gang. Die sukzessive Veränderung des äußeren Erschei-
nungsbildes und der technischen Sicherungen erfolgte
nach Abschluss einer entsprechenden Kreuzungsverein-
barung. Da nach § 3 EkrG sicherheitsrelevante Maßnah-
men von allen Beteiligten zu vertreten sind, kann auch die
finanzielle Verantwortung der Straßenbaulastträger für
die Sicherheit an Eisenbahnkreuzungen nicht aufgehoben
werden. Denn dass im Bereich der Eisenbahnkreuzungen
eine erhöhte Unfallgefahr auf der Straße und der Schiene
besteht, belegen zahlreiche Unfälle. Die Erhöhung der Si-
cherheit im Gefahrenbereich liegt daher im Interesse aller
Beteiligten.
Auch aus diesem Grund werden wir den vorliegenden
Antrag nicht unterstützen, weil es durch die mit dem An-
trag verbundenen höheren Belastungen des Bundeshaus-
haltes zu weiteren Einschränkungen in der Mittelbereit-
stellung für Schienenverkehrsprojekte und letztlich auch
zu einer Einschränkung der Sicherheit im Bahnbetrieb
kommen würde.
Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist verdienstvoll, dass sich die PDS mit
ihrem Antrag zum Anwalt der ostdeutschen Kommunen
macht und auf Unterschiede hinweist: beispielsweise da-
rauf, dass die ostdeutschen Kommunen nie die finanzielle
Eigenständigkeit wie in Westdeutschland hatten. Das Ar-
gument, dass sie deshalb ihrer Rolle als kommunaler
Straßenbaulastträger nur eingeschränkt gerecht werden
konnten, ist durchaus richtig und der heutige Hinweis des
Bundesverkehrsministeriums auf das Grundgesetz, auf
Art. 104 a Abs. 1 und 4, mag daher in der Tat etwas for-
mal wirken. Richtig ist aber auch, dass sich die Kommu-
nen in Ostdeutschland jetzt ihrer Verantwortung bewusst
werden und entsprechend handeln müssen. Das Problem
reduziert sich damit zu einem Problem der richtigen Fi-
nanzmittelverteilung und -zuweisung.
Immerhin ist der Bund in dieser Hinsicht durchaus auf
die ostdeutschen Verhältnisse eingegangen: Zum Ersten
hat der Bund im September 1998 das Eisenbahnkreu-
zungsgesetz und andere Gesetze auf der Grundlage des
Deutschen Bahn Gründungsgesetzes, des Gemeindever-
kehrsfinanzierungsgesetzes und des Investitionsförde-
rungsgesetzes Ost so verändert, dass von 1999 bis 2003
jährlich 50 Millionen DM, insgesamt 250 Millionen DM,
für die Grunderneuerung der Straßenbrücken über Schie-
nenstrecken zur Verfügung stehen. Dies ist ein erheblicher
Schritt, der bereits einen Großteil der Brisanz des Pro-
blems entschärft.
Zum Zweiten sind auch die ostdeutschen Länder ge-
fordert, ihren eigenen Kommunen beizustehen, zumal sie
dafür zehn Jahre lang seit 1995 jeweils 6,6Milliarden DM
als Finanzhilfen des Bundes im investiven Bereich erhal-
ten, die auch zur Finanzierung von Bahnübergangsbesei-
tigungen eingesetzt werden können. Die Entscheidung
über die Verteilung dieser Finanzmittel liegt in der allei-
nigen Kompetenz der Länder! Vergleicht man die
Gesamtsumme von immerhin 66 Milliarden DM über
10 Jahre mit dem Finanzbedarf für Eisenbahnkreuzungen,
den die PDS selbst auf rund 0,5Milliarden DM ansetzt, so
wird die relative Problemdimension sehr deutlich: Natür-
lich müssen aus dem Gesamttopf von 66 Milliarden DM
sehr viele nachzuholende Investitionen getätigt werden;
aber in diesem großen Rahmen stellen die neuen Bahnü-
bergänge kein übergroßes Finanzproblem dar. Sie sind an-
dererseits ein ganz wesentlicher Beitrag zur Modernisie-
rung der Infrastruktur.
Machen wir uns nichts vor: Sicherlich gibt es noch für
viele Jahre Probleme bei der Infrastrukturanpassung zwi-
schen Ost und West. Ständig bei Detailproblemen nach fi-
nanzieller Unterstützung zu rufen bringt uns in der Sache
aber nicht weiter. Sehen wir doch lieber das Positive, näm-
lich dass der Bund den Ländern Brandenburg, Mecklen-
burg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin-
gen in erheblichem Umfang Finanzmittel zum Ausgleich
früherer Benachteiligungen überwiesen und gleichzeitig die
Möglichkeit eingeräumt hat, darüber eigenständig zu ent-
scheiden.
Vor diesem Hintergrund sollten die Finanzprobleme
ostdeutscher Kommunen nicht gleich zum Ruf nach zu-
sätzlichen Sondermitteln des Bundes führen, sondern eine
sinnvolle Verteilung der bei den Ländern bereits ankom-
menden Bundesmittel herausfordern.
Horst Friedrich (Bayreuth) (F.D.P.): Mit dem von der
PDS im Mai diesen Jahres eingebrachten Gesetzentwurf
wird eine Gesetzgebungsmaschinerie wieder in Gang ge-
setzt, die bereits in der 13. Wahlperiode nach langen Dis-
kussionen mit der am 9. September 1998 nach einem Ver-
mittlungsausschussverfahren abgeschlossenen Gesetzge-
bung ausreichend geregelt worden ist.
1995 und auch 1997 hatte die PDS mit ihren Gesetzes-
anträgen versucht, die nach der Bahnreform vorgenom-
menen grundsätzlichen Änderungen der Baulastträger-
schaft für Eisenbahnkreuzungsmaßnahmen zu revidieren.
Wie bekannt, hat im Rahmen der Eisenbahnneuordnung
eine seit 30 Jahren bestehendeAusnahmeregelung im Be-
reich der Deutschen Bundesbahn ein Ende gefunden,
nach der bisher die Bahn als Sonderregelung auch für
Straßenüberführungen über Schienen als Baulastträger
eingetreten ist. Im Sinne des Grundgesetzes Art. 104 a
Abs. 1 ist festgelegt, dass Bund und Länder und auf deren
Seite auch die Gemeinden die Ausgaben zu tragen haben,
die sich aus der Wahrnehmung ihrer Ausgaben ergeben.
Dies gilt sowohl für Brückenbauwerke als auch für Kreu-
zungsbauwerke an Schienenstrecken.
Im Zusammenhang mit den Eisenbahnbrücken, die
von der Bahn an die Kommunen zurückgegeben wurden,
ergaben sich langanhaltende Streitfälle, insbesondere
über den baulichen Zustand. Der Bundesrat hatte darüber
hinaus gefordert, daß eine uneingeschränkte Nutzungs-
fähigkeit von 10 weiteren Jahren nach Übergang des
Bauwerkes genehmigt werden sollte. Dieser strittige
Punkt ist im Gesetzgebungsverfahren durch die Anfü-
gung des dritten Absatzes im § 19 des Eisenbahnkreu-
zungsgesetzes abschließend und einvernehmlich geregelt
worden. Eine über diesen Tatbestand hinausgehende wei-
tere Regelung ist aus Sicht der F.D.P. in Abwägung des
Regelwerkes und der gegenseitigen Kostenteilung nicht
notwendig. Dies ist mittlerweile so von den Ländern als
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10357
(C)
(D)
(A)
(B)
auch von den Kommunen in der Bundesrepublik akzep-
tiert.
Die PDS versucht mit ihrem Antrag jetzt unter Verweis
auf eine angeblich rechtlich strittige DDR-Verwaltungs-
anordnung ein weiteres Sonderrecht für die Kommunen
der neuen Bundesländer zu erreichen. Es ist unstrittig,
auch für die F.D.P., dass die Finanzierungssituation der
ostdeutschen Kommunen nicht einfach ist. Durch die Las-
tenteilung des Aufbaus Ost ist allerdings auch in den
Kommunen der alten Bundesländer ein gewisser Finan-
zierungsengpass eingetreten. Unabhängig davon ist im
bereits erwähnten Vermittlungsverfahren eine Zahlung
von 250 Millionen DM an die Kommunen der neuen Bun-
desländer für die Sanierung von Straßenbrücken über
Schienenwege vereinbart worden. In der Neufassung des
Eisenbahnkreuzungsgesetzes ist darüber hinaus im § 11
festgehalten, dass bei Neubaustrecken der Deutschen
Bahn AG die Kommunen aus der Kostenpflicht befreit
sind. Hier hat die Deutsche Bahn AG die Kosten alleine
zu tragen.
Bei vorhandenen Kreuzungen, auch im Zuge von Aus-
baustrecken, haben alle Beteiligten, also auch die Ge-
meinden, soweit in ihrer Baulast stehende Verkehrswege
betroffen sind, die aufgrund des kreuzungsrechtlichen
Gemeinschaftsverhältnisses zu gleichen Teilen notwendi-
gen Kosten zu tragen. Der Bund beteiligt sich hierbei
gemäß § 13 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsgesetz mit einem
Drittel an den Änderungskosten unter dem Gesichtspunkt,
die zur Sicherheit an Kreuzungen dringlichen Maßnah-
men nicht an der Finanzschwäche eines der Baulastträger
scheitern zu lassen. Diese Kostendrittelung wurde 1969
vom Bundesverfassungsgericht für rechtens erachtet.
Eine darüber hinaus gehende unmittelbare Finanzierung
durch den Bund – wie von der PDS gefordert – insbeson-
dere die vollständige Übernahme der auf die Kommunen
entfallenden Kosten würde sich nicht mit Art. 104 a
Abs. 1 im Grundgesetz in Einklang bringen lassen.
Die Unterhaltung von Gemeindestraßen ist und bleibt
eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die der Bund
nicht übernehmen oder unmittelbar finanzieren darf.
Neben den im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzie-
rungsgesetzes geleisteten Investitionshilfen des Bundes,
die über die Länder an die Kommunen weiter zu geben
sind und die insbesondere im Zeitraum von 1992 bis 1994
eine Sonderförderung in den neuen Ländern vorsahen, er-
halten die neuen Bundesländer darüber hinaus seit 1995
nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost zehn
Jahre lang jeweils 6,6 Milliarden DM als Finanzhilfen des
Bundes im investiven Bereich, wobei damit ebenfalls im
Verkehrssektor Bahnübergangsbeseitigungen finanziert
werden können. Für die tatsächliche Verwendung dieser
Mittel sind nach unseren Gesetzesregeln die Länder zu-
ständig.
Die Liberalen haben Verständnis für die Forderungen
finanzschwacher ostdeutscher Kommunen. Das darf
allerdings nicht dazu führen, dass es nach einer Rechts-
angleichung zum Stand 1. Januar 1994, die auch im
Einklang mit dem Einigungsvertrag ist, ein neues „Son-
derrecht“ für die Kommunen der neuen Bundesländer ge-
ben darf. Wir werden diese Gesichtspunkte sicherlich in
der entsprechend sachlichen Art im Verkehrsausschuss
thematisieren
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Reden
Zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Rechts an Grundstücken in den
neuen Ländern (Grundstücksrechtsänderungs-
gesetz) (Tagesordnungspunkt 25)
Hans-Joachim Hacker (SPD): Mit dem vorgelegten
Koalitionsgesetzentwurf greifen wir erneut den Problem-
bereich der Vermögens- und Immobilienfragen der neuen
Länder auf. Man könnte meinen, im zehnten Jahr nach der
deutschen Einheit wäre auf diesem Gebiet alles geregelt.
Dies ist jedoch nicht der Fall.
Die Bundesregierung unter Gerhard Schröder und die
sie tragenden Fraktionen verfolgen das Ziel, auf dem Ge-
biet des Vermögens- und Immobilienrechts der neuen
Länder endgültig Klarheit zu schaffen und zwar gründlich
und konsequent.
An dieser Stelle könnte ich die Debatte um die von der
damaligen Bundesregierung verfochtene Politik nach
dem Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ eröffnen.
Dies brächte heute wenig, vor allem nichts für die betrof-
fenen Bürgerinnen und Bürger und die kommunalen Ge-
bietskörperschaften. Wir greifen die Probleme, die sich
im Vollzug der Gesetzesanwendung ergeben haben, auf
und führen sie einer Lösung zu, wobei wir die entspre-
chenden Auflagen des Bundesverfassungsgerichts erfül-
len.
Ich möchte jetzt auf die einzelnen Punkte des vorge-
legten Gesetzentwurfs eingehen:
Erstens. Auf dem Gebiet der offenen Vermögensfragen
soll durch eine Ergänzung des § 2 des Vermögensgesetzes
die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass den
Nachfolgeorganisationen der von den Nazis zerschla-
genen Gewerkschaften in Verfahren nach dem Investiti-
onsvorranggesetz die Rechte eines Beteiligten eingeräumt
werden. Gleichzeitig soll eine Möglichkeit eröffnet wer-
den, dass sie die Anteile von Beteiligungsunternehmen
zusammenfassen können, um den Anspruch auf Einräu-
mung von Bruchteilseigentum realisieren zu können. In
einem weiteren Regelungsbereich schaffen wir Rechts-
klarheit hinsichtlich des Termins, bis zu dem in Fällen rus-
sischer Rehabilitierungen Anträge nach dem Vermögens-
gesetz gestellt werden können.
Zweitens. Durch die beabsichtigten Regelungen zur
Ergänzung des Einführungsgesetzes zum BGB beseitigen
wir Unklarheiten, ob die von volkseigenen Kreditinstitu-
ten verwalteten Grundpfandrechte auf diejenigen Kredit-
institute übergegangen sind, die nach der Privatisierung
deren Geschäfte fortgeführt haben.
Im Weiteren wird das EGBGB durch eine Regelung er-
gänzt, wonach vom Zeitpunkt 22. Juli 1992 bis zum
31. Dezember 1994 Ansprüche des Grundstückseigentü-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10358
(C)
(D)
(A)
(B)
mers gegen den Besitzer auf Zahlung eines Nutzungsent-
geltes realisiert werden können. Diese im Gesetzentwurf
im Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB verankerte Regelung
setzt die entsprechende Forderung des Bundesverfas-
sungsgerichts in seinem Beschluss vom 8. April 1998 um.
In einem weiteren Punkt – es handelt sich um Art. 233
§ 2 b Abs. 1 EGBGB – wird Klarheit geschaffen, inwie-
weit Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften
selbstständiges Eigentum an Gebäuden auf von ihnen ge-
nutzten Grundstücken erwerben konnten. Diese klarstel-
lende Regelung hat erhebliche Bedeutung für die Nach-
folgeeinrichtungen der LPG und die Eigentümer der be-
troffenen Grundstücke.
Drittens. Sie wissen, dass im Hinblick auf die Um-
strukturierung der Bundesanstalt für vereinigungsbe-
dingte Sonderaufgaben die Zuständigkeiten für die Ertei-
lung von Grundstücksverkehrsgenehmigungen angepasst
werden müssen. Dieser Regelungsvorschlag ist rein tech-
nischer Natur, ebenso wie die Übertragung der sich aus
dem Parteiengesetz der DDR ergebenen Zuständigkeiten.
Im Interesse der bereits eingangs beschriebenen Ziel-
stellung, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit im Bereich
des Vermögens- und Immobilienrechts zu schaffen, bitte
ich Sie um Unterstützung des Gesetzentwurfs.
Andrea Voßhoff (CDU/CSU): Vor den Erfolg hat der
Herrgott bekanntermaßen den Schweiß gesetzt und vor
hoffentlich erholsame Pfingsttage die Mehrheit dieses
Hauses zum Schluss der heutigen Tagesordnung noch den
vorliegenden Gesetzentwurf.
Uns liegt ein Maßnahmenpaket vor, das – so die Re-
gierungsfraktionen – der Ergänzung, Klarstellung und
Verwaltungsvereinfachung verschiedener spezifischer
Regelungen des Immobilienrechts in den neuen Ländern
dienen soll.
Dabei geht es konkret zum einen um die Erfüllung
eines Gesetzgebungsauftrages, den das Bundesverfas-
sungsgericht mit seinem Beschluss vom 8. April 1998 die-
sem Hohen Hause aufgegeben hat.
Zum anderen haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen
die Umsetzung vorgenannten Auftrags mit einem Maß-
nahmenpaket unter anderem in den Bereichen der offenen
Vermögensfragen, dem Übergangsrecht im EGBGB so-
wie in Fragen der Zuständigkeitsregelungen im Hinblick
auf die Umstrukturierung der BvS verbunden.
Wie immer werden wir von der CDU/CSU-Fraktion
konstruktiv an Maßnahmen, die der Rechtsklarheit und
der Anwendungsvereinfachung des Immobilienrechts Ost
dienen, mitwirken und das gilt auch für den vorliegenden
Entwurf. Dann aber muss der Gesetzentwurf auch diesen
Vorgaben entsprechen.
Worum geht es? Zum einen hat das Bundesverfas-
sungsgericht in dem bereits genannten Beschluss festge-
stellt, dass die Regelung in Art. 233 § 2 a EGBGB, wo-
nach Ansprüche des Grundstückseigentümers gegen den
Besitzer auf Zahlung eines Nutzungsentgelts in der Zeit
vom 22. Juli 1992 bis 31.Dezember1994 nicht vorgesehen
sind, mit Artikel 14 des Grundgesetzes unvereinbar ist.
Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, die verfas-
sungswidrige Regelung bis zum 30. Juni dieses Jahres
durch eine verfassungskonforme Regelung zu ersetzen.
In Erfüllung dieses Auftrages soll im vorliegenden Ent-
wurf nunmehr für den genannten Zeitraum ein Entgeltan-
spruch in Höhe des in § 51 Sachenrechtsbereinigungsge-
setz vorgesehenen abgesenkten Erbbauzinses eingeführt
werden.
Dies erscheint auf den ersten Blick konsequent und
hinsichtlich der Höhe auch konform mit der Intention der
Zinsregelung in § 51 des Sachenrechtsbereinigungsgeset-
zes. Die dort geregelte Eingangsphase sollte ja – so auch
die Entwurfsbegründung – angesichts der damaligen ge-
ringen Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Privathaus-
halten einen allmählichen Übergang auf die gesetzlich
vorgesehene Verzinsung herstellen.
Grundsätzlich können wir dem auch zustimmen.
Gleichwohl melden wir Zweifel an der auf den ersten
Blick konsequenten Umsetzung des künftigen Entgeltan-
spruches hinsichtlich der Höhe an. Hier erscheint uns
klärungsbedürftig, inwieweit die Neuregelung nicht im
Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtsho-
fes steht. Dieser hatte bereits mit Urteil vom 18. Februar
2000 entschieden, dass die Verweisung der bisherigen
Regelung in Art. 233 § 2 a EGBGB nicht die in § 51 Sa-
chenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehene Möglichkeit
zur Herabsetzung des Erbbauzinses in den ersten Jahren
einschließt.
Der BGH führt dazu sinngemäß aus, dass im Falle einer
Herabsetzung des Erbbauzinses gemäß § 51 Sachen-
rechtsbereinigungsgesetz die vom Bundesverfassungsge-
richt gerügte Vorenthaltung eines gesetzlichen Anspruches
des Grundstückseigentümers auf Nutzungsentschädigung
weitergehe, und hat im zu entscheidenden Fall die Höhe
des Nutzungsentgelts ausschließlich an § 43 Sachen-
rechtsbereinigungsgesetz orientiert.
Ich konzediere, dass der Bundesgerichtshof einen Fall
zu entscheiden hatte, in dem es sich um die Geltendma-
chung von Ansprüchen im Zusammenhang mit einem Bo-
densonderungsverfahren handelte, gleichwohl bedarf
es der Klärung, inwieweit der Urteilsinhalt auch hier
Berücksichtigung finden muss.
Zudem stellt sich die Frage, inwieweit die Entgeltrege-
lung auch in bereits abgeschlossene Sachverhalte der Sa-
chenrechtsbereinigung eingreift und ob die Neuregelung
zu Rechtsunsicherheiten in diesen Fällen führt.
Auch hinsichtlich der weiteren Maßnahmen in diesem
Gesetzentwurf, die der Klarstellung in einigen vermö-
gensrechtlichen Fragen und der Verwaltungsvereinfa-
chung dienen sollen, besteht unsererseits noch Gesprächs-
und Klärungsbedarf.
Ich benenne nur einige:
Die Begründung zum Beispiel, nach der für die ge-
werkschaftlichen Nachfolgeorganisationen im Rahmen
der Regelungen des § 2 Vermögensgesetz die gleichen
verfahrensrechtlichen Erleichterungen gelten sollen wie
für die Conference an Jewish Material Claims, ist unzu-
reichend.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10359
(C)
(D)
(A)
(B)
Auch die für diese Fälle dann geplante Suspendie-
rung der bestehenden Beurkundungsbedürftigkeit der An-
spruchsübertragung bedarf im Lichte des § 313 BGB der
Prüfung, die ja in der inhaltlichen Auseinandersetzung im
Rechtsausschuss sicher erfolgen wird.
Klärungsbedarf besteht unsererseits auch hinsichtlich
der faktischen Auswirkungen der geplanten Änderungen,
so in der Frage der Zusammenfassung von Anteilen an
Beteiligungsunternehmen im Rahmen des § 3 Vermö-
gensgesetz einschließlich der in der Neufassung des
§ 3 Abs. l Satz 4 enthaltenen Ausschlussregelung.
Auch die künftige Zuständigkeit der treuhänderischen
Verwaltung der Vermögen der Parteien und Massenorga-
nisationen in der ehemaligen DDR bedarf der ergänzen-
den Klärung.
Nicht nur die von mir aufgeworfenen Fragen, sondern
auch – nach unserer Auffassung – im vorliegenden Ent-
wurf bestehende rechtstechnische Detailmängel, die ich
hier nicht aufzählen will, machen deutlich, dass wir von
der CDU/CSU-Fraktion zur abschließenden Bewertung
des Gesetzentwurfes noch Beratungsbedarf haben.
Zur Vermeidung von Missverständnissen: Wir werden
unsere Mitarbeit an einer zügigen Umsetzung insbeson-
dere des vom Bundesverfassungsgericht erteilten Gesetz-
gebungsauftrages, der bis zum Monatsende erfüllt sein
soll, nicht verweigern. Aber unser Misstrauen gegen Ihre
gesetzgeberischen Schnellschüsse ist ja – wie wir oft ge-
nug erlebt haben – begründet. In den anstehenden Bera-
tungen haben Sie Gelegenheit, diese auszuräumen.
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/Die GRÜ-
NEN):Auch zehn Jahre nach der Einheit hält die Frage der
Vermögensregelung in den neuen Ländern den Gesetzge-
ber in Trab. Ich habe es mittlerweile aufgegeben, zu
zählen, wie oft in den vergangenen Jahren das Vermö-
gensrecht der Regierung Kohl nachgebessert werden
musste. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.
Sowohl bei der Regelung über die Bereitstellung von Er-
satzgrundstücken als auch bei den Datschen geht die Dis-
kussion weiter.
Bei dem vorliegenden Grundstücksrechtsänderungs-
gesetz kann es nicht darum gehen, grundlegend neue Wei-
chen zu stellen. Auf der Basis der bestehenden Gesetze
müssen wir aber eine Reihe von Punkten ändern, die sich
in der Praxis als hinderlich erwiesen haben.
Zunächst geht es wieder einmal darum, eine Verfas-
sungswidrigkeit zu bereinigen, die von der alten Bundes-
regierung zu verantworten ist. Das Bundesverfassungsge-
richt hatte in seinem Beschluss vom 8. April 1998 be-
kanntlich das Fehlen eines Nutzungsentgelts für die Zeit
des sachenrechtlichen Moratoriums von 1992 bis 1994
gerügt: Da hier die gesetzliche Umsetzung dieses Be-
schlusses bis zum Sommer befristet ist, muss jetzt gehan-
delt werden. Es wird von daher dem Eigentümer ein An-
spruch auf Zahlung des Nutzungsentgelts für den entspre-
chenden Zeitraum eingeräumt. Diese Regelung wird bei
den Nutzern der Grundstücke gewiss wenig Begeisterung
auslösen. Die Entscheidung des höchsten deutschen Ge-
richts lässt aber keine andere Lösung des Problems zu.
Die Höhe des Entgelts richtet sich nach dem Sachen-
rechtsänderungsgesetz. Sie ist für den Nutzer durchaus
tragbar.
Bei den weiteren Neuregelungen handelt es sich
vielfach um rechtstechnische Vereinfachungen. Einige
Punkte möchte ich aber herausgreifen. Sie gehen über
die reine Verwaltungsvereinfachung hinaus. Es ist zum
einen die Möglichkeit der Übertragung von Rechtsan-
sprüchen auf die Jewish Material Claims against Ger-
many GmbH und der gewerkschaftlichen BGAG Immo-
bilien Ost GmbH. Die Erleichterung der Arbeit für die
Jewish Claims Conference war ja schon im Registerver-
fahrensbeschleunigungsgesetz geregelt worden. Es ist
sachgerecht, nun auch die BGAG Immobilien Ost ebenso
zu behandeln.
Froh bin ich darüber; dass wir in diesem Zusammen-
hang ein nicht unerhebliches Problem bei der Vermö-
gensrestitution politisch Verfolgter besser in den Griff be-
kommen. Die Regelung der bisherigen Ausschlussfrist
von sechs Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der
Entscheidung hat zu Ungerechtigkeiten geführt. Gerade
im Fall der Rehabilitierung durch russische Stellen ist die-
ser Zeitpunkt schwer oder gar nicht feststellbar. Es soll
deshalb auf den Zugang beim Antragsteller abgestellt
werden. Die bisherige Benachteiligung gegenüber ande-
ren Betroffenen wird damit abgebaut.
Ich hoffe, dass wir die Ausschussberatungen zügig
über die Bühne bringen, damit die Neuregelungen in Kraft
treten können. Gerade in den von mir aufgezählten Berei-
chen sollten wir die Betroffenen nicht zu lange auf die Än-
derungen warten lassen.
Rainer Funke (F.D.P.): Der vorliegende Entwurf ei-
nes Gesetzes zur Änderung des Rechts an Grundstücken
in den neuen Ländern ist ein Artikelgesetz mit unter-
schiedlichsten rechtlichen Regelungen. Einige Regelun-
gen sind von Bedeutung, einige Vorschläge dienen ledig-
lich der Klarstellung oder der Reparatur aufgrund der zwi-
schenzeitlich erfolgten Rechtsprechung. Dies ist alles
normal und nicht zu kritisieren.
Kritisch ist zu beurteilen, dass diese Gesetzesvor-
schläge – zum Teil kompliziertester Art – als Anträge der
Koalitionsfraktionen formuliert worden sind. Man fragt
sich automatisch, warum dieser verkürzte Weg beschrit-
ten wird und nicht eine abgestimmte Regierungsvorlage
dem Bundesrat und anschließend dem Bundestag in ers-
ter Lesung vorgelegt wird. Normalerweise geschieht dies
nur dann, wenn große Eilbedürftigkeit gegeben ist. Diese
liegt erkennbar nicht vor. Oder liegt es gar an der kompli-
zierten Materie, bei der gegebenenfalls unterschiedliche
Positionen des Bundesrates erst später erkennbar gemacht
werden sollen? Oder soll damit verwischt werden, dass
doch ein zeitlicher Handlungsbedarf für einzelne Bestim-
mungen besteht, weil das Bundesverfassungsgericht dem
Gesetzgeber aufgegeben hat, die verfassungswidrigen
Regelungen des Sachenrechtsänderungsgesetzes bis zum
30. Juli 2000 durch eine verfassungskonforme Regelung
zu ersetzen? Dann hätte man die Novellierung auf das
Sachenrechtsänderungsgesetz beschränken können und
hätte dies in angemessener Zeit vor Ablauf der gesetzten
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10360
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(B)
Frist erledigen können. Hinsichtlich dieses merkwürdigen
Verhaltens wird es sicherlich noch Aufklärung geben.
Die Änderungen des Vermögensgesetzes, soweit die
Gewerkschaften besonders begünstigt werden, machen
mich misstrauisch. Warum diese Begünstigung der Ge-
werkschaften und keine adäquate Lösung für andere Un-
ternehmen? Bei der Änderung hinsichtlich des Übergangs
volkseigener Forderungen, Grundpfandrechte und Ver-
bindlichkeiten auf Kreditinstitute ist die Begründung für
diese Regelung nicht sehr erhellend. Sie zeigt die wirt-
schaftlichen – sprich: finanziellen – Risiken der Regelung
für die Betroffenen – also einschließlich der Kunden der
Kreditinstitute – nicht auf.
Es ist daher abschließend festzustellen, dass dieser
Gesetzentwurf noch gründlich beraten werden muss. Die
F.D.P.-Fraktion wird sich dem nicht verschließen und ge-
rade im Interesse der neuen Länder dafür sorgen, dass
vernünftige Regelungen getroffen werden. Wir erwarten
dann aber auch, dass die Bundesregierung in den dazu
notwendigen Berichterstattergesprächen offen und ehr-
lich die zweifellos vorhandenen Probleme und finanziel-
len Risiken offen legt; denn sonst haben solche Be-
richterstattergespräche keinen Sinn.
Dr. Evelyn Kenzler (PDS): Ich halte – offen gesagt –
den Entwurf der Koalitionsfraktionen für eine Enttäu-
schung. Anstatt einen durchdachten Entwurf eines Geset-
zes vorzulegen, der die aus der DDR überkommenen
Grundstückrechtsfragen endgültig und vernünftig regelt,
wird – wie schon so oft – ein Sammelsurium von De-
tailänderungen von Änderungsgesetzen vorgeschlagen,
die das Paragraphengestrüpp immer undurchdringlicher
machen. Das Recht der so genannten offenen Vermögens-
fragen ist auf einen Umfang angewachsen, der dem des
BGB nicht viel nachsteht, mit dem Unterschied, dass sich
dieses Recht auf etwa 50 Einzelgesetze verteilt, die auf-
einander und auf das BGB verweisen. Die Undurch-
schaubarkeit mag Rechtsanwälten auf unabsehbare Zeit
Arbeit und Honorare verschaffen. Von den Beteiligten
wird sie als Rechtsunsicherheit empfunden.
Ich weiß natürlich, dass der Regierung der vom Bun-
desverfassungsgericht verordnete Termin des 30. Juni
2000 im Nacken sitzt. Der Gesetzgeber wurde durch den
Beschluss des Gerichts vom 8. April 1998 verpflichtet,
spätestens bis dahin eine Regelung für die Nachzahlung
von Nutzungsentgelten an die Grundstückseigentümer
zustande zu bringen. Mehr als zwei Jahre hat das Justiz-
ministerium gebraucht, um diese Schularbeit zu machen!
Überhaupt tendiert die Bilanz der Regierung kurz vor
Ablauf der Hälfte ihrer Amtszeit in puncto Regelung of-
fener Grundstückrechtsfragen gegen Null. Nach dem mit
einjähriger Verspätung vorgelegten Bericht über die Nut-
zungsentgeltverordnung zu urteilen wird sich daran nichts
ändern. Die Erwartungen der oft in ihrer Existenz be-
drohten Eigentümer und Nutzer von Wohn- und Erho-
lungsgrundstücken in Ostdeutschland wurden bitter ent-
täuscht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem genannten
Beschluss die Regelungen im EGBGB über den vorläufi-
gen Besitzschutz von Gebäudeeigentümern, die nicht zu-
gleich Bodeneigentümer sind, für verfassungskonform er-
klärt. Insoweit schafft der Beschluss ein Stück Rechtssi-
cherheit.
Zugleich hält es das Gericht für verfassungswidrig,
dass Nutzer fremder Grundstücke, also Eigentümer von
Gebäuden auf einem Boden, der nicht ihr Eigentum ist, im
Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994
kein Nutzungsentgelt entrichten mussten. Bekanntlich
konnten sie zu DDR-Zeiten den Boden unentgeltlich nut-
zen. Ich halte die Entscheidung des Bundesverfassungs-
gerichts für wirklich problematisch. Unter dem Gesichts-
punkt des Vertrauens- und Bestandsschutzes, der ja
auf jeden Fall bis zum 22. Juli 1992, dem Tag des In-
Kraft-Tretens des Zweiten Vermögensrechtsänderungsge-
setzes, galt, wäre auch eine andere Entscheidung denkbar
gewesen.
Die Konsequenz des Beschlusses sind enorme Nach-
zahlungsverpflichtungen der Bodennutzer. Die Koaliti-
onsfraktionen haben zwar eine Variante gewählt, die das
nachzuzahlende Nutzungsentgelt auf den ermäßigten Erb-
bauzins nach § 51 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes
begrenzt. Es bleibt aber dabei, dass hier ein weiterer
Akt finanzieller Strangulierung von ostdeutschen Nut-
zern fremden Bodens, von landwirtschaftlichen Genos-
senschaften, Wohnungsgenossenschaften und privaten
Gebäudeeigentümern vorgesehen ist, der von vielen Be-
troffenen nicht mehr verkraftbar ist. Dem werden wir uns
widersetzen.
Dr. Eckhard Pick, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
desministerin der Justiz: Im zehnten Jahr nach der
Wiedervereinigung sind viele Eigentumsfragen in den
neuen Ländern geklärt. Obwohl dabei manche Regelung
sicherlich mit Härten für die Betroffenen verbunden war,
bleibt zu hoffen, dass die Klärung der Eigentumsverhält-
nisse letztlich dazu beitragen wird, dass der Übergang des
sozialistischen Bodenrechts in das Eigentumsrecht des
Grundgesetzes die Deutschen einigt und nicht dauerhaft
trennt. Der vorliegende Gesetzentwurf will und kann nicht
die getroffenen Grundentscheidungen revidieren; er will
Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten innerhalb des
geltenden Systems beseitigen, Lücken füllen und Ver-
fahren beschleunigen.
Erstens. An erster Stelle ist dabei die notwendige Um-
setzung des vom Bundesverfassungsgericht erteilten Ge-
setzgebungsauftrags zu nennen, der den engen zeitlichen
Rahmen für das vorliegende Vorhaben vorgibt. Das Bun-
desverfassungsgericht hatte den im sachenrechtlichen Be-
sitzmoratorium – Art. 233 § 2 a EGBGB – bisher enthal-
tenen Ausschluss des Grundstückseigentümers von An-
sprüchen auf ein Nutzungsentgelt für die Zeit vom 22. Juli
1992 bis zum 31. Dezember 1994 für verfassungswidrig
erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum
30. Juni 2000 Abhilfe zu schaffen. Nach dem im Entwurf
enthaltenen Vorschlag soll dem Grundstückseigentümer
im benannten Zeitraum ein Nutzungsentgeltanspruch in
der Höhe des nach dem Sachenrechtsbereinigungsge-
setz in der Eingangsphase zu zahlenden Erbbauzinses
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10361
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(B)
zustehen. Dieser Vorschlag vermeidet Brüche in der Höhe
des Entgelts im Verhältnis zu dem nach Einleitung der Sa-
chenrechtsbereinigung forderbaren Entgelt, denn dessen
Höhe bemisst sich anfangs ebenfalls nach den genannten
Kriterien. Die vorgeschlagene zeitliche Erstreckung um
drei Monate über den vom Bundesverfassungsgericht ge-
nannten Zeitraum hinaus stellt sicher, dass der gesetzliche
Entgeltanspruch so lange besteht, bis der Grundstücks-
eigentümer das Entstehen eines entsprechenden An-
spruchs durch aktives Mitwirken an der Sachenrechtsbe-
reinigung selbst in der Hand hat. Der Rechtssicherheit
dient die Festlegung, dass der nunmehr eingeräumte neue
Entgeltanspruch innerhalb von zwei Jahren nach dem In-
Kraft-Treten des Gesetzes verjähren soll.
Der Entwurf enthält außerdem einen Regelungsvor-
schlag zur Frage des Übergangs ehemals volkseigener
Forderungen und Grundpfandrechte auf die entsprechen-
den Kreditinstitute. Bedeutung erlangt diese Klarstellung
vor allem, weil den Kreditinstituten die Sicherheit gege-
ben werden muss, dass die in Bezug auf diese Forderun-
gen zwischenzeitlich vorgenommenen Kündigungen oder
Zinsanpassungen wirksam sind; ferner erleichtert er das
Grundbuchverfahren.
Schließlich sollen mit dem vorliegenden Entwurf Un-
klarheiten beseitigt werden, die in der Rechtspraxis zur
Entstehung von rechtlich selbstständigem Gebäudeeigen-
tum von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaf-
ten aufgetreten sind. Zugegebenermaßen gibt die sprach-
liche Fassung der zu ändernden Vorschrift –Art. 233 § 2 b
Abs. 1 b EGBGB – den Rechtsanwendern bei bestimmten
Sachverhalten Rätsel auf. Es bedarf deshalb der Klarstel-
lung, dass die genannte Vorschrift im Verhältnis zum
DDR-Recht keine zusätzlichen Tatbestände der Entste-
hung von selbständigem LPG-Gebäudeeigentum schaffen
sollte, sondern diese Eigentumsrechte nur unter den im
ehemaligen DDR-LPG-Recht bestimmten Voraussetzun-
gen entstanden sind.
Zweitens. Ungerechtigkeiten beseitigen sollen die vor-
gesehenen Änderungen des Vermögensgesetzes. Die Nach-
folgeorganisationen der Gewerkschaften, die aufgrund
nationalsozialistischer Verfolgung aufgelöst wurden und
die damals ihr gesamtes Vermögen verloren, haben ihre
vermögensrechtlichen Ansprüche vielfach an die BGAG
Immobilien Ost abgetreten. Obwohl diese wiederum eine
gewerkschaftseigene Gesellschaft ist, wird sie wegen der
Abtretung nicht an Verfahren nach dem Investitionsvor-
ranggesetz beteiligt, und dies, obwohl sie ihre Ansprüche
auf Rückübertragung in diesen Verfahren verlieren kann.
Der Gesetzentwurf sieht vor, diese Ungereimtheit zu be-
seitigen; die BGAG Immobilien Ost wird zukünftig an
Investitionsvorrangverfahren beteiligt werden.
Auch eine weitere Änderung wird eine Ungerechtig-
keit beseitigen, die sich gerade bei den Gewerkschaften
auswirkt. Wurde ein Mutterunternehmen aufgrund natio-
nalsozialistischer Verfolgung enteignet, so hat der An-
teilseigner nur dann Anspruch auf Einräumung von
Bruchteilseigentum an einem Vermögenswert des Toch-
terunternehmens, wenn dem Mutterunternehmen über
20 Prozent des Tochterunternehmens gehörten. Damit soll
eine zu große Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse
verhindert werden. Vielfach war es so, dass verschiedene
Gewerkschaften Anteile an einem Tochterunternehmen
besaßen, die zwar nicht jeder für sich, aber alle zusammen
einen Anteil von über 20 Prozent ausmachten. Die da-
raus resultierenden vermögensrechtlichen Ansprüche sind
heute alle in der Hand der BGAG Immobilien Ost. Und
obwohl folglich eine Zersplitterung der Eigentumsver-
hältnisse ausgeschlossen ist, wird der BGAG Immobilien
Ost kein Bruchteilseigentum eingeräumt. Diese Unge-
rechtigkeit soll mit dem Grundstücksrechtsänderungsge-
setz beseitigt werden, indem Anteile, die sich heute in ei-
ner Hand befinden, addiert werden. Dies gilt natürlich
nicht nur für die Gewerkschaften, sondern für alle Rechts-
nachfolger.
Drittens. Die weiteren in dem Gesetzentwurf vorgese-
henen Änderungen sind verfahrensrechtlicher Natur. So
sind aufgrund der Umstrukturierung der Bundesanstalt
für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben neue Zustän-
digkeitsregelungen erforderlich. Außerdem soll das bis-
lang sehr kostenintensive Aufgebotsverfahren vereinfacht
werden, das erforderlich wird, wenn die Eigentümer
früher staatlich verwalteter Grundstücke nicht bekannt
sind. Der materielle Rechtsschutz wird dabei nicht ange-
tastet.
Viertens. Wie Sie sehen, sind alle in dem Gesetzent-
wurf vorgesehenen Gesetzesänderungen dringend erfor-
derlich, und zwar unabhängig von politischen Grundein-
stellungen. Ich appelliere deshalb an Sie, dem Gesetzent-
wurf zuzustimmen.
Anlage 8
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-
gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla-
ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung
abgesehen hat.
Rechtsausschuss
Drucksache 14/272 Nr. 39
Drucksache 14/272 Nr. 51
Drucksache 14/272 Nr. 55
Drucksache 14/309 Nr. 2.4
Drucksache 14/1188 Nr. 2.1
Drucksache 14/1276 Nr. 1.5
Drucksache 14/2295 Nr. 1.1
Drucksache 14/2747 Nr. 2.30
Drucksache 14/2747 Nr. 2.33
Drucksache 14/2747 Nr. 2.34
Drucksache 14/2747 Nr. 2.35
Drucksache 14/2817 Nr. 2.26
Drucksache 14/3341 Nr. 1.3
Finanzausschuss
Drucksache 14/2952 Nr. 2.28
Drucksache 14/3050 Nr. 2.13
Drucksache 14/3050 Nr. 2.19
Drucksache 14/3050 Nr. 2.23
Drucksache 14/3050 Nr. 2.27
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10362
(C)
(D)
(A)
(B)
Haushaltsausschuss
Drucksache 14/2952 Nr. 2.3
Drucksache 14/3050 Nr. 2.5
Ausschuss fürWirtschaft und Technologie
Drucksache 14/2295 Nr. 1.2
Drucksache 14/2554 Nr. 2.3
Drucksache 14/2554 Nr. 2.4
Drucksache 14/2554 Nr. 2.10
Drucksache 14/2747 Nr. 2.28
Drucksache 14/2747 Nr. 2.31
Drucksache 14/2747 Nr. 2.40
Drucksache 14/2747 Nr. 2.44
Drucksache 14/2747 Nr. 2.48
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Drucksache 14/3146 Nr. 2.8
Drucksache 14/3341 Nr. 2.44
Drucksache 14/3341 Nr. 2.51
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Drucksache 14/155 Nr. 1.2
Drucksache 14/595 Nr. 1.3
Drucksache 14/1617 Nr. 2.9
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 14/2817 Nr. 1.4
Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
Drucksache 14/2554 Nr. 2.11
Drucksache 14/3050 Nr. 2.7
Drucksache 14/3050 Nr. 2.11
Drucksache 14/3050 Nr. 2.12
Drucksache 14/3050 Nr. 2.22
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung
Drucksache 14/1617 Nr. 2.22
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Uni-
on
Drucksache 14/2747 Nr. 1.1
Drucksache 14/2817 Nr. 2.1
Drucksache 14/2817 Nr. 2.3
Der Bundesrat hat in seiner 751. Sitzung am
19. Mai 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen
zuzustimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab-
satz 2 Grundgesetz nicht zu stellen:
– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 4. August
1995 zur Durchführung der Bestimmungen des
Seerechtsübereinkommens derVereinten Nationen
vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und
Bewirtschaftung von gebietsübergreifenden Fisch-
beständen und Beständen weit wandernder Fische
– Gesetz zu dem Protokoll von 1996 zur Änderung
des Übereinkommens von 1976 über die Beschrän-
kung der Haftung für Seeforderungen
– Ausführungsgesetz zu dem Protokoll von 1996 zur
Änderung des Übereinkommens von 1976 über die
Beschränkung der Haftung für Seeforderungen
– Gesetz zu dem Protokoll vom 29. November 1996 auf-
grund von Artikel K . 3 des Vertrags über die Europä-
ische Union betreffend die Auslegung des Überein-
kommens über den Schutz der finanziellen Interessen
der Europäischen Gemeinschaften durch den Ge-
richtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege
derVorabentscheidung (EG-Finanzschutz-Auslegungs-
protokollgesetz)
Die Fraktion der F.D.P. hat mit Schreiben vom
6. Juni 2000 ihren Antrag auf Drucksache 14/3402 zurück-
gezogen und durch einen neuen Antrag mit gleichlauten-
dem Titel (Mutige EU-Reform als Voraussetzung für eine
erfolgreiche Erweiterung) ersetzt.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 109. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Juni 2000 10363
(C)
(D)
(A)
(B)
Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin