Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000
Dr. Jürgen Gehb
9716
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(A)
(B)
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9717
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(D)
Altmaier, Peter CDU/CSU 12.05.2000
Dr. Bartsch, Dietmar PDS 12.05.2000
Dr. Blank, CDU/CSU 12.05.2000
Joseph-Theodor
Brüderle, Rainer F.D.P. 12.05.2000
Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 12.05.2000
Peter H.
Dreßler, Rudolf SPD 12.05.2000
Dr. Dückert, Thea BÜNDNIS 90/ 12.05.2000
DIE GRÜNEN
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 12.05.2000
DIE GRÜNEN
Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 12.05.2000
Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ 12.05.2000
DIE GRÜNEN
Flach, Ulrike F.D.P. 12.05.2000
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 12.05.2000
Fuchs (Köln), Anke SPD 12.05.2000
Gebhardt, Fred PDS 12.05.2000
Glos, Michael CDU/CSU 12.05.2000
Göllner, Uwe SPD 12.05.2000
Gröhe, Hermann CDU/CSU 12.05.2000
Haschke (Großhenners- CDU/CSU 12.05.2000
dorf), Gottfried
Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 12.05.2000
Hoffmann (Chemnitz), SPD 12.05.2000
Jelena
Homburger, Birgit F.D.P. 12.05.2000
Dr. Hornhues, CDU/CSU 12.05.2000
Karl-Heinz
Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 12.05.2000
Imhof, Barbara SPD 12.05.2000
Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 12.05.2000
Klinkert, Ulrich CDU/CSU 12.05.2000
Kossendey, Thomas CDU/CSU 12.05.2000
Lehn, Waltraud SPD 12.05.2000
Leidinger, Robert SPD 12.05.2000
Lippmann, Heidi PDS 12.05.2000
Marquardt, Angela PDS 12.05.2000
Matschie, Christoph SPD 12.05.2000
Dr. Meister, Michael CDU/CSU 12.05.2000
Moosbauer, Christoph SPD 12.05.2000
Müller (Berlin), Manfred PDS 12.05.2000
Neuhäuser, Rosel PDS 12.05.2000
Neumann (Bremen), CDU/CSU 12.05.2000
Bernd
Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 12.05.2000
DIE GRÜNEN
Ohl, Eckhard SPD 12.05.2000
Pofalla, Ronald CDU/CSU 12.05.2000
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 12.05.2000
Ronsöhr,
Heinrich-Wilhelm CDU/CSU 12.05.2000
Rühe, Volker CDU/CSU 12.05.2000
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 12.05.2000
Schauerte, Hartmut CDU/CSU 12.05.2000
Schily, Otto SPD 12.05.2000
Schindler, Norbert CDU/CSU 12.05.2000
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 12.05.2000
Hans Peter
Schüßler, Gerhard F.D.P. 12.05.2000
Schuhmann (Delitzsch), SPD 12.05.2000
Richard
Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 12.05.2000
Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 12.05.2000
Dr. Freiherr von Stetten, CDU/CSU 12.05.2000
Wolfgang
Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 12.05.2000
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
(A)
(B)
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 12.05.2000
Uldall, Gunnar CDU/CSU 12.05.2000
Wagner, Hans Georg SPD 12.05.2000
Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 12.05.2000
Wieczorek (Duisburg), SPD 12.05.2000
Helmut
Wieczorek-Zeul, SPD 12.05.2000
Heidemarie
Wülfing, Elke CDU/CSU 12.05.2000
Zierer, Benno CDU/CSU 12.05.2000*
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Beatrix Philipp, Martin
Hohmann, Thomas Strobl (Heilbronn), Günter
Baumann, Sylvia Bonitz, Wolfgang Zeitlmann,
Hartmut Koschyk, Dr. Hans-Peter Uhl, Meinrad
Belle, Hartmut Büttner (Schönebeck), Irmgard
Karwatzki, Marie-Luise Dött, Franz Romer,
Anita Schäfer, Norbert Schindler, Ursula Lietz,
Wolfgang Schulhoff, Ingrid Fischbach, Renate
Diemers, Norbert Röttgen, Peter Hintze, Werner
Lensing, Heinz Schemken, Paul Breuer, Norbert
Königshofen, Arnold Vaatz, Dr. Paul Laufs,
Georg Girisch, Ilse Aigner, Kurt-Dieter Grill,
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Bernd Siebert
(alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung
über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuord-
nung seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchen-
rechtsneuordnungsgesetz – SeuchRNeuG) (Ta-
gesordnungspunkt 16)
Hiermit erklären wir, dass wir in der 2. und 3. Lesung
des o. a. Gesetzes mit „Nein“ stimmen werden.
Wir tun dies aus der Überzeugung, dass eine Absen-
kung der seuchenrechtlichen Vorschriften und Standards,
wie sie dieses Gesetz im Gegensatz zum bisher gültigen
Seuchengesetz beinhaltet, nicht zu verantworten ist.
Unsere Kritik bezieht sich im Wesentlichen auf fol-
gende drei Punkte:
Erstens. Auf die Einstellungsuntersuchungen bei in der
(offenen) Lebensmittelherstellung Beschäftigten soll ver-
zichtet und diese durch eine „Belehrung“ ersetzt werden.
Zweitens. Die Untersuchungspflicht für Prostituierte
soll ersatzlos wegfallen.
Drittens. Die personenbezogenen Daten von Hepatitis-
C-Virus-Trägern sollen spätestens nach drei Jahren
gelöscht werden.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung des Antrags: Modellprojekt zum
Heil- und Gewürzpflanzen-Anbau in Ostwestfa-
len-Lippe (Tagesordnungspunkt 19)
Marianne Klappert (SPD): Auch wenn die Presse in
eher despektierlicher Form über diesen F.D.P.-Antrag ge-
schrieben hat – von Artischocken im Bundestag war da
die Rede oder von Würzigem aus dem Bundestag –, wol-
len wir diesen Antrag dennoch ernst nehmen, weil er im
Grundsatz durchaus eine richtige Zielrichtung hat: einer
sich im Strukturwandel befindlichen Landwirtschaft an-
dere Produktions- und damit Einkommensmöglichkeiten
zu eröffnen.
Ich will aber nicht verhehlen, dass mir der Zeitpunkt
dieses Antrags – er datiert vom 5. April dieses Jahres –
und die Tatsache, dass eine Debatte darüber bereits heute
stattfindet, darauf abzuzielen scheinen, nicht allein dem
Heil- und Gewürzpflanzenanbau in Ostwestfalen-Lippe
auf die Sprünge zu helfen, sondern auch dem zarten
Pflänzchen F.D.P. in Nordrhein-Westfalen einen Vorwahl-
Wachstums-Schub zu geben.
Und ohne jetzt in eine Urheberrechtsdebatte eintreten
zu wollen, gestatte ich mir doch den Hinweis, dass der An-
trag der F.D.P. an eine Idee anknüpft, die durch die Bä-
derstädte in der Region und die zuständigen Kreise und
damit wesentlich durch Sozialdemokraten 1997 im Hin-
blick auf die EXPO 2000 geboren wurde: die Idee eines
Heilkräutergartens in der Region.
Aber auch diese Anknüpfung ist legitim, wenn es sich
dabei nicht um eine parlamentarische Initiative mit Halb-
wertzeit bis zum Wahltag handelt, sondern um ein durch-
dachtes und unterstützenswertes Konzept. Daran aber
habe ich – noch! – meine Zweifel.
Zunächst: Wir unterstützen jede Initiative, die darauf
abzielt, neue Einkommensmöglichkeiten für die Land-
wirtschaft zu eröffnen, jede Initiative, die durch die Be-
griffe Nachhaltigkeit, Produktsicherheit und Wirtschaft-
lichkeit gekennzeichnet ist.
Deshalb ist der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen
in Deutschland eine gute und – darüber besteht Konsens
auch mit dem Bundesminister – grundsätzlich förde-
rungswürdige Sache.
Da der Markt für pflanzliche Arzneimittel in Deutsch-
land und Europa eine steigende Tendenz aufweist, zudem
der Selbstversorgungsgrad in Deutschland ausgesprochen
gering ist – das schreiben Sie ja auch richtig in Ihrem An-
trag –, bietet sich hier eine Möglichkeit für einheimische
Produzenten.
Insofern wäre auch gegen einen Heil- und Gewürz-
pflanzenanbau in Ostwestfalen-Lippe nichts einzuwen-
den. Dass zumindest der Gewürzpflanzenanbau dort mög-
lich ist, geht nicht nur aus der Antragsbegründung hervor,
sondern auch aus der mir zugegangenen Information, dass
in dieser Region früher schon einmal Gewürzpflanzenan-
bau in größerem Stil betrieben worden ist – und das, wie
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9718
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mir die Landwirtschaftskammer gesagt hat, mit gutem Er-
folg.
Aber es bleiben Fragen, entscheidende Fragen, auf die
in der zukünftigen Ausschussberatung befriedigende Ant-
worten gefunden werden müssen.
Die erste wesentliche Frage: Gibt es überhaupt genü-
gend geeignete Fläche zum Anbau einer solchen Sonder-
kultur in größerem Umfang? Da gibt es durchaus wider-
sprüchliche Aussagen. Einerseits berichtet die Landwirt-
schaftskammer von durchaus vorhandenen Ackerflächen,
andererseits ist aber auch zu fragen, ob diese so ohne wei-
teres kurzfristig umgewidmet werden können. Es kann
dabei tatsächlich nur um frei gewordene Ackerflächen ge-
hen, keinesfalls darum, Grünland in Ackerfläche umzu-
wandeln. Das mittelfristige Entwicklungskonzept für Ost-
westfalen-Lippe weist darauf hin, dass seit vielen Jahren
ein erheblicher Rückgang von Grünland in Ostwestfalen-
Lippe durch Umwandlung in Ackerland festzustellen sei,
was für die auf diese Flächen spezialisierten Pflanzen und
frei lebende Tierwelt eine hohe Gefährdung darstelle.
Die zweite wesentliche Frage: Kann dauerhaft ge-
währleistet werden, dass die für die Rohstoffversorgung
aus heimischer Produktion besonders bedeutsamen
Aspekte wie höchste Qualität, Liefersicherheit, Anbau
unter hohen ökologischen und sozialen Standards und
Schutz von bedrohten Arten – kein Raubbau an der Wild-
flora – beachtet werden?
Die Kollegin Teuchner hat ja schon darauf hingewie-
sen, dass deutsche Produzenten nur wettbewerbsfähig
sind, wenn sie sich ganz auf Qualitätserzeugung konzen-
trieren, Stichwort: Kontrollierter Integrierter Anbau, der
die innere und äußere Qualität der Erzeugnisse garantiert
und gleichzeitig umweltschonende Anbauverfahren.
Dritte Frage: Bietet die Region besonders günstige
Voraussetzungen für einen großflächigen Anbau von
Heil- und Gewürzpflanzen? Dabei sind nicht nur die Bo-
denqualität und die klimatischen Voraussetzungen zu be-
achten, sondern auch die Frage, ob sich die Region Ost-
westfalen-Lippe gegenüber anderen Regionen besonders
auszeichnet. Da bin ich mir nicht sicher. Die Nähe von
Heilbädern allein und der Hinweis auf die Gesundheitsre-
gion Ostwestfalen-Lippe spielt nach meinem Dafürhalten
für den erfolgeichen Anbau und die Vermarktung eine
eher untergeordnete Rolle. Zwar formuliert das mittelfris-
tige Entwicklungskonzept für Ostwestfalen-Lippe, dass
die Möglichkeit des Anbaus landwirtschaftlicher Spezial-
kulturen für Marktnischen zu verfolgen und dabei der
Vorteil regionaler Absatzmöglichkeiten zu berücksichti-
gen sei. Aber es ist die Frage zu beantworten, ob das für
die Produktion von Heil- und Kräuterpflanzen möglich
ist.
Und die vierte wesentliche Frage: Rechnet sich das auf
Dauer? Ein Modellprojekt macht ja nur dann Sinn, wenn
es in absehbarer Zeit aus dem Modellstadium heraustre-
ten und sich aus eigener Kraft am Markt behaupten kann.
Das berührt unmittelbar die Frage, in welcher Weise und
auf welche Dauer ein solches Produkt durch öffentliche
Mittel gefördert werden kann.
Sie formulieren in der Begründung Ihres Antrags, dass
die EU-Agrarpolitik zu einer immer stärkeren Abhängig-
keit der Landwirte von staatlichen Zuschüssen führe.
Wenn Sie dann in Ihrem Antrag eine Anschubfinanzie-
rung fordern, dann nehme ich Ihnen ab, dass Sie auch nur
eine Anschubfinanzierung meinen. Es kann ja nicht sein –
und widerspräche Ihrem Begründungstext –, dass der An-
bau von Heil- und Kräuterpflanzen dauerhaft am Subven-
tionstropf hinge.
Aber auch sonst habe ich – ebenso wie meine Kollegin
Teuchner – Bedenken gegen eine finanzielle Förderung
des Projektes durch den Bund, und das nicht nur aus haus-
haltspolitischen Überlegungen, sondern auch, um Be-
nachteiligungen bereits am Markt etablierter Produzenten
zu vermeiden. Aus diesem Grunde kann nach meinem
Dafürhalten der Bund auch nicht sozusagen Veranstalter
eines solchen Projektes sein, wie Sie es fordern. Er kann
aber – und darüber können wir in den Ausschussberatun-
gen reden – entsprechende Eigeninitiativen begleitend –
begleitend, aber nicht verantwortlich! – fördern, zum Bei-
spiel durch die Bereitstellung von Beratungsleistungen.
Sie schreiben in Ihrem Antrag richtig, dass ein Ver-
tragsabschluß von Landwirten mit Arzneimittelherstel-
lern oder sonstigen Abnehmern die wichtigste Vorausset-
zung für die erfolgreiche Produktion ist. Insofern halte ich
Ihre Anstrengungen, Erzeuger und Verarbeiter in der Re-
gion Ostwestfalen-Lippe zusammenzubringen, für durch-
aus begrüßenswert. Und dann erscheint es mir sinnvoll,
wenn kooperationswillige Landwirte und Firmen in der
Region versuchen, über schon vorhandene Strukturen,
zum Beispiel über den Fachausschuss für Arznei-, Ge-
würz- und Aromapflanzen, behutsam und strategisch und
gut geplant Fuß zu fassen.
Wir halten die Idee, Landwirten eine Nischenproduk-
tion durch Heil- und Gewürzpflanzen zu ermöglichen, für
durchaus begrüßenswert. Ob das allerdings in der Form
der in Ihrem Antrag erhobenen Forderungen möglich ist
oder ob eine andere Form der Unterstützung von Eigen-
initiative in diesem Bereich gefunden werden muss, darü-
ber wird in den Beratungen zu reden sei.
Jella Teuchner (SPD): 10 000 Hektar Arznei- und
Gewürzpflanzen werden in Deutschland angebaut. Etli-
che landwirtschaftliche Betriebe haben sich mit dem An-
bau dieser Sonderkulturen eine Einkommensalternative
erschließen können. Zentren des Anbaus haben sich he-
rausgebildet, vor allem in Bayern und Thüringen. Nach
dem Willen der F.D.P. soll in der Region Ostwestfalen-
Lippe ein weiteres Zentrum des Arznei- und Gewürz-
pflanzenanbaus als Modellprojekt mit Anschubfinanzie-
rung aus Bundesmitteln entstehen. Ich halte es für richtig,
den Landwirten Einkommensalternativen zu erschließen.
Arznei- und Gewürzpflanzen sind für einige Betriebe
eine Möglichkeit. Ich finde es allerdings interessant, dass
gerade die Liberalen dazu Wettbewerbsverzerrungen in
einem sensiblen Marktsegment in Kauf nehmen.
Arzneipflanzen gewinnen heute wieder zunehmend an
Bedeutung. Damit ergeben sich auch weitere Absatz-
möglichkeiten für die Hersteller der Arzneipflanzen. Der
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9719
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vermehrte Anbau macht dies deutlich; er macht auch deut-
lich, dass etliche landwirtschaftliche Betriebe diese
Marktchance bereits für sich nutzen konnten. Der Anbau
von Arznei- und Gewürzpflanzen ist eine Nische, die aus-
gefüllt werden sollte. Wir müssen uns aber auch darüber
klar sein, dass in einer Nische nicht unbegrenzt Platz ist.
Ein Blick auf den Markt für Arznei- und Gewürzpflanzen
zeigt folgendes Bild: 95% des Anbaus von Arznei- und
Gewürzpflanzen erfolgt als Vertragsanbau. Der Standort-
vorteil der deutschen Produktion ist die enge Verzahnung
von Produzent und Abnehmer. Sowohl Qualitätsstandards
als auch Sorten können koordiniert gesetzt bzw. angebaut
und abgesetzt werden. Als Hemmnisse gelten aus Sicht
der Anbauer die langjährig gewachsenen Geschäftsbezie-
hungen zwischen Importeuren und ausländischen Han-
delspartnern, die Unkenntnis vieler Abnehmer über die
Anbaumöglichkeiten im Inland, fehlende Beratungsinsti-
tutionen für die Landwirte und fehlende Sorten, Pflan-
zenschutzmittel und Anbautechnologien.
Ein Vertragsabschluss von Landwirten mit Arzneimit-
telherstellern ist somit eine wichtige Voraussetzung für
eine erfolgreiche Produktion. Sie sind trotz billigerer Lie-
feranten aus dem Ausland wettbewerbsfähig, wenn sie
eine reproduzierbare und standardisierte Qualität liefern
können. Ständige Qualitätskontrolle ist die Grundvoraus-
setzung dafür, dass die Produkte auch abgesetzt werden
können. Qualitätssicherung nach ISO 9002 wird dazu ge-
nauso eingesetzt wie ein abnehmerkontrollierter Vertrags-
anbau.
Wir sollten die Landwirte unterstützen, die Hemmnisse
zu überwinden, wo es möglich und sinnvoll ist. Ich sehe
dazu verschiedene Möglichkeiten: die Unterstützung der
Landwirte in der Qualitätssicherung, die Förderung der
Kooperation von Landwirten und Abnehmern und die
fachliche Hilfestellung beim Einstieg in die Produktion
von Arznei- und Gewürzpflanzen. Eine Anschubfinanzie-
rung für notwendige Erstinvestitionen für zusätzliche
Produktion ist dagegen problematisch: Die Pioniere im
Heil- und Gewürzpflanzenanbau haben mit erheblichen
Eigenmitteln Methoden und Maschinen entwickelt, ver-
bessert und finanziert. Eine Finanzierung der Erstausstat-
tung für die Konkurrenzproduktion würde den Wettbe-
werb erheblich verzerren. Anreize zur Verbesserung der
Anbautechnologien würden genommen. Der unkoordi-
nierte, zusätzliche Anbau von Arznei- und Gewürzpflan-
zen kann zum Einbrechen der Märkte führen.
Der Anbau von Arznei- und Heilpflanzen soll unter-
stützt werden. Die Unterstützung muss die Chancen, die
sich bieten, erschließen; sie darf sie allerdings nicht ge-
fährden.
Meinolf Michels (CDU/CSU): Frau Kopp hat mit
ihrem Antrag eine Nische aufgezeigt. Für die Gesund-
heitsregion Ostwestfalen-Lippe mit vielfältiger Bäder-
landschaft, mit ihrer landwirtschaftlichen Struktur könnte
der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen eine Chance
bedeuten.
Fest steht, dass die Nachfrage an Heil- und Gewürz-
pflanzen zunimmt. Steigender Bedarf der Bäder vor Ort
besonders für Kamille, Fenchel, Johanniskraut, Spitzwe-
gerich, Majoran, Thymian, so genannte Arznei- und Ge-
würzdrogen, ist festzustellen. Auf einer Anbaufläche von
circa 6 000 Hektar werden zurzeit in Deutschland aber nur
10 Prozent des Bedarfs gedeckt. Das bedeutet, dass circa
90 Prozent der Heil- und Gewürzkräuter importiert wer-
den. Hierbei handelt es sich um die Produktion von circa
55 000 Hektar. Das Ziel muss sein: Bedarf durch eigene
Produktion decken.
Für das Pilotprojekt muss die Bundesregierung die
Rahmenbedingungen schaffen:
a) Zur EU-Konformität. Es ist zu bedenken, dass für
den pflanzlichen Bereich, eingeschlossen die Heil- und
Gewürzpflanzen, die Harmonisierungsvorhaben zum
Pflanzenschutz, zum Saat- und Pflanzgut, zum Dünge-
mitteleinsatz und zum Lebensmittelrecht noch nicht ab-
geschlossen sind.
b) Eine Prüfung hat zu erfolgen, wie die Pilotmaß-
nahme ans Laufen gebracht und die Abnahme sicherge-
stellt werden kann.
Seitens der Regierung sollte die Übernahme der Kos-
ten im nächsten Haushalt für einen Projektberater, der als
Katalysator und Berater für zu bildende Erzeugergemein-
schaften tätig ist, zugesagt werden.
Denn es ist richtig: Erzeugergemeinschaften sichern
Weltmarktpreise; mehrjährige Vertragsbindungen wegen
Ertragszeit sind notwendig; von der Abnehmerseite wer-
den homogene Produkte und größere, marktinteressante
Mengen gefragt.
Für die Landwirte kann der Anbau nur auf der Grund-
lage sicherer Anbauverträge erfolgen.
Zur Rentabilität. Beispiel: Bernburg in Sachsen-An-
halt. Hohe Trockenkosten bedingten den Ausstieg dieser
Firma. Für einzelne Kräuterarten fallen pro Hektar im
Schnitt 5 000 DM Trockenkosten an; Beispiel: Johannis-
kraut. Voraussetzung ist daher: sinkende Energiekosten.
Zum Beispiel hatte die Anbaugemeinschaft Bernburg
allein durch die Verteuerung der Energiekosten zusätzli-
che Kosten von 32 000 DM.
Der Ausblick. Der Antrag ist prüfungswürdig. Die Re-
gierung muss Rahmenbedingungen festlegen und EU-
Konformität herstellen. Unsere Fraktion beteiligt sich
konstruktiv und fördernd an der Pilotmaßnahme.
Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Es
wird wieder spannend im Bundestag“, schrieb gestern die
„Berliner Morgenpost“ unter dem Titel „Liberale und ihre
Leidenschaften“. In der Tat beobachtet meine Fraktion
mit Spannung, wie die F.D.P. versucht, sich zwei Tage vor
der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen noch flugs ein
grünes Image zu verpassen. Bedauerlich für Sie, dass Sie
nicht schon vor der Bundestagswahl 1998 auf die Idee ge-
kommen sind, den Antrag zu stellen, das neue Regie-
rungsviertel in Berlin – bzw. den Platz vor dem Reichs-
tagsgebäude – mit Heil- und Gewürzpflanzen zu begrü-
nen. Womöglich hätten Sie damit die rot-grüne
Bundesregierung verhindert und die Besucherinnen und
Besucher Berlins könnten jetzt die Düfte von Rosmarin,
Thymian oder Oregano genießen
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9720
(C)
(D)
(A)
(B)
Ihrem agrarpolitischen Sprecher ist aber offenbar nicht
ganz wohl bei diesem Antrag, daher hat er die Brennnes-
seln Frau Kopp überlassen. Es wundert mich schon, dass
Sie von der F.D.P., die Sie sich doch als Sachwalter des
freien Marktes verstehen, hier plötzlich nach staatlicher
Subvention rufen. Und dies für eine Produktionsnische,
die Sie zufällig im Wahlkreis von Frau Kopp als beson-
ders geeignet lokalisieren.
An dieser Stelle muss endlich einmal darauf hingewie-
sen werden, dass auch die Region Anhalt mit den Städten
Dessau, Wittenberg, Bitterfeld und Bernburg besonders
geeignet für verschiedene Modellprojekte ist. Das erheb-
liche Potenzial der Region mit Bauhaus, Wörlitzer Gar-
tenreich, Lutherstadt Wittenberg oder der „Stadt aus Ei-
sen“ Ferropolis und den reichhaltigen Erfahrungen ihrer
Bewohnerinnen und Bewohner bietet vielfältige Mög-
lichkeiten in dieser Hinsicht.
Aber sehen wir uns einmal an, worum es beim Heil-
und Gewürzpflanzenanbau geht: In Deutschland werden
heute zwischen 4 000 und 10 000 Hektar Heil- und Ge-
würzpflanzen angebaut. Bereits die Variationsbreite die-
ser Größenordnungen weist darauf hin, dass Unterschiede
in der Wirtschaftlichkeit von Heil- und Gewürzpflanzen
zu beachten sind: Heil- und Gewürzpflanzen, deren An-
bau als nachwachsende Rohstoffe auf stillgelegten
Flächen erlaubt ist, haben andere wirtschaftliche Rah-
menbedingungen als diejenigen, die sich ohne Stillle-
gungsprämie zu Weltmarktpreisen behaupten müssen.
Richtig ist, dass sich aus dem geringen Selbstversor-
gungsgrad mit Heil- und Gewürzpflanzen in Deutschland
erhebliche Anbaupotenziale ergeben. Aber die Schlüssel-
frage ist doch nicht, welche Mengen an Heil- und Ge-
würzpflanzen wir in Deutschland aufgrund der Tempera-
tur- und Niederschlagsverhältnisse anbauen könnten, son-
dern: Wie wirtschaftlich ist deren Anbau für den einzelnen
Landwirt und wie finden diese Erzeugnisse ihre Abneh-
mer?
Bündnis 90/Die Grünen sehen ebenso wie die rot-
grüne Bundesregierung einen Schwerpunkt zukunftsfähi-
ger Landwirtschaft in Deutschland im Anbau nachwach-
sender Rohstoffe. Hierzu zählt auch das Segment der
Heil- und Gewürzpflanzen. Das Landwirtschaftsministe-
rium des Landes Nordrhein-Westfalen hat in diesem Be-
reich Modellprojekte gefördert, wie beispielsweise das
Modellprojekt zur Gewinnung ätherischer Öle aus Ge-
würzpflanzen im Kreis Borken. Die Erfahrungen, die dort
gewonnen wurden, sind durchaus auch auf den Kreis
Westfalen-Lippe übertragbar. Die Landwirte zeigen einen
hohen Grad an Flexibilität bei anbautechnischen und Auf-
arbeitungsfragen. Hier besteht auch im Kreis Westfalen-
Lippe das fachmännische Know-how. Hierin sehe ich
kein Problem.
Eine Anschubförderung für den Anbau, wie sie die
F.D.P. in ihrem Antrag verlangt, zielt aber am Kern des
Problems vorbei: Anbau und Absatz von Heil- und Ge-
würzpflanzen wird in der Region Westfalen-Lippe wie
auch andernorts nur dann ein langfristig tragfähiges
Standbein für die regionalen Erzeuger und Verarbeiter,
wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Hier mit staat-
lichen Geldern einen neuen Subventionstatbestand aufzu-
machen, der an den wirtschaftlichen Realitäten vorbei-
geht, wäre grundfalsch. Die Erfahrungen aus NRW zei-
gen, dass an erster Stelle immer die Erkundung des Mark-
tes stehen muss. Zunächst müssen die Marktlücken und
Absatzpotenziale identifiziert sowie Abnahmeverträge
zwischen Landwirten und Verarbeitern ausgehandelt wer-
den. Der Anbau ist dann das geringste Problem.
Bundesregierung und Landesregierung NRW stimmen
hierin völlig überein, dass eine finanzielle Anbauförde-
rung nicht der richtige Weg ist, sondern dass neue Pro-
duktlinien im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe all-
gemein, aber auch im Heil- und Gewürzpflanzenbereich
nur dann langfristig zu tragfähigen wirtschaftlichen Ent-
wicklungen führen, wenn zu Marktbedingungen produ-
ziert werden kann. Wenn ich mir daraufhin den F.D.P.-An-
trag ansehe, so ist dieser Aspekt vollkommen ausgeblen-
det. Der Heil- und Gewürzpflanzenanbau könnte
tatsächlich ein interessantes Projekt in der Region Ost-
westfalen-Lippe sein, aber er stagniert ja nicht deswegen,
weil es keine Fördermittel dafür gibt, sondern weil die
Länder Mittel- und Osteuropas hier erhebliche Preis- und
Produktionsvorteile haben, mit denen unsere Erzeuger
häufig nicht konkurrieren können.
Ich glaube, dass wir hier nur über das Qualitätssegment
weiterkommen. Unsere heimischen Erzeuger müssen sich
so weit qualifizieren, dass sie Marktbereiche mit gehobe-
nen Qualitätsansprüchen bedienen können. Hier sehe ich
in der Tat Möglichkeiten der staatlichen Unterstützung in
Form von Forschung und Beratung. Bündnis 90/Die Grü-
nen werden den Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in
diesem Sinne auch in Zukunft unterstützen.
Kersten Naumann (PDS): Heil- und Gewürzpflan-
zen werden mit langer Tradition in vielen Gegenden
Deutschlands angebaut. Zu den größten Anbaugebieten
gehören Bayern und Thüringen. Hier haben sich feste
Strukturen mit Verbänden und engen Beziehungen zur
Pharmaindustrie herausgebildet.
Nun argumentiert die F.D.P. in ihrem Antrag damit,
dass der Selbstversorgungsgrad bei Arznei- und Gewürz-
pflanzen nur 10 Prozent beträgt. Sie verschweigt aber,
dass landwirtschaftliche Betriebe, die bisher diese Roh-
stoffe produzieren, erhebliche Absatzschwierigkeiten ha-
ben. Die Hauptursache dafür sind die Einsparungsmaß-
nahmen im Gesundheitsbereich durch die alte und neue
Bundesregierung.
Hinzu kommen Auseinandersetzungen um die ge-
sundheitliche Wirksamkeit von Arzneipflanzen bzw.
über die durch sie verursachten Nebenwirkungen. Natur-
heilverfahren haben gegen die Pharmaindustrie einen
schweren Stand. Sie will ihre Präparate verkaufen und
duldet keine Konkurrenz. Lässt sich die Wirksamkeit ei-
nes Naturprodukts trotz gut bezahlter Wissenschaftler
nicht widerlegen, dann wird versucht, ein Patent darüber
zu erwerben und am Weltmarkt Gewinn bringend umzu-
setzen.
Der Markt für Heil- und Gewürzpflanzen ist unregu-
liert, unterliegt also ungeschützt den Schwankungen auf
dem Weltmarkt. Das erfahren die Anbauer von Johannis-
kraut gerade sehr schmerzlich. Der Markt dafür ist in den
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9721
(C)
(D)
(A)
(B)
USA zusammengebrochen. In Deutschland wurden des-
halb die Anbauverträge gekündigt. Als Folge davon müs-
sen aktuell im Thüringer Verband für Heil- und Gewürz-
pflanzen 200 Hektar Johanniskraut umgebrochen werden.
Der dadurch entstehende Schaden wir auf 1,2 Millionen
DM geschätzt.
Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen ist nur wirt-
schaftlich zu betreiben, wenn die Erzeuger langfristige
Verträge mit der Pharmaindustrie haben. Die kauft aber
dort, wo die Rohstoffe oder die Grundprodukte – Essen-
zen – am billigsten zu bekommen sind. Und das ist bei
90 Prozent des Gesamtumsatzes im Ausland, nicht zuletzt
in China.
Besonders der Import aus Osteuropa wächst. Mit der
Osterweiterung der EU werden sich die Chancen für den
Heil- und Gewürzpflanzenanbau in Deutschland weiter
verschlechtern.
In den vergangenen Jahren wurden in dem Thüringer
Verband etwa 1 500 Hektar angebaut. Der Verband be-
fürchtet in diesem Jahr einen Rückgang auf etwa
1 000 Hektar. Wenn es den Antragstellern aus der F.D.P.
darum ginge, ein Beispiel für einen modernen Heil- und
Gewürzpflanzenanbau zu schaffen, dann könnte man das
viel besser in Thüringen oder Bayern realisieren. Die
Landwirtschaft in Ostdeutschland hat noch immer mit
dem Transformationsprozess der deutschen Einheit zu
kämpfen. 80 Prozent der Arbeitsplätze gingen verloren.
Und in der Landwirtschaft Thüringens beträgt die Ar-
beitslosigkeit 24 Prozent. Wenn also im Bundeshaushalt
Geld übrig sein sollte, dann ist ein Modellprojekt in
Thüringen besonders gut durchzuführen.
Eine Verschärfung des Wettbewerbs bei Heil- und Ge-
würzpflanzen mit staatlichen Mitteln halten wir für kon-
traproduktiv. Der Anbau dieser Sonderkulturen setzt zum
Beispiel den Aufbau geeigneter Trocknungsanlagen vo-
raus. Soll sich durch das Modellprojekt Ostwestfalen-
Lippe der Auslastungsgrad der Anlagen in Thüringen und
Bayern weiter verschlechtern? Könnten sich die Betriebs-
wirtschaftler in der F.D.P. vorstellen, dass die Pharmain-
dustrie vor allem an großen und einheitlichen Partien in-
teressiert ist, die in Ostdeutschland besonders günstig
hergestellt werden können? Halten die F.D.P.-Betriebs-
wirtschaftler die Bauern in Ostdeutschland für so dumm,
dass sie Marktchancen nicht nutzen würden, wenn es sie
denn gäbe?
Abschließend kann man den Anhängern des Neolibe-
ralismus in der F.D.P. nur sagen: Versuchen Sie nicht, we-
gen eines Erfolgs bei den Landtagswahlen ein betriebs-
wirtschaftliches Projekt auf die Schienen zu setzen, das
Sie entsprechend Ihrer Wirtschaftsphilosophie eigentlich
ablehnen müssten. Diese Inszenierung glaubt ihnen doch
keiner.
Die Heil- und Gewürzpflanzenanbauer in der Bundes-
republik brauchen das Modellprojekt nicht. Eine wirkli-
che Hilfe für sie wäre, wenn die Pharmaindustrie dazu ge-
drängt würde, mehr Verträge abzuschließen. Tatsächlich
würde die F.D.P. bei der Annahme ihres Antrags diese In-
dustrie bedienen. Sie könnte bei einem steigenden Ange-
bot von Heil- und Gewürzpflanzen einen noch stärkeren
Druck auf die Anbauer ausüben und die Aufkaufpreise
weiter drücken.
Sollten Sie noch Fragen haben, dann informieren Sie
sich bitte bei den Landwirten, die um den Absatz ihrer
Produkte kämpfen.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge: – Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln auf nationaler und EU-
Ebene beschleunigen: – Wettbewerbsnachteile
durch unterschiedliche Zulassungspraxis von
Pflanzenschutzmitteln in Europa zügig abbauen
(Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord-
nungspunkt 3)
Gustav Herzog (SPD): Im September 1997 präsen-
tierte die frühere Bundesregierung ihren Gesetzentwurf
zur Änderung des Pfanzenschutzgesetzes. Der damalige
Parlamentarische Staatssekretär Gröbl sagte in der De-
batte: „Damit in den Betrieben keine Lücken bei der
Bekämpfung von Schadorganismen auftreten, hat die
Bundesregierung im vorliegenden Gesetzentwurf Vor-
sorge getroffen“.
Heute, meine Damen und Herren, beraten wir zwei An-
träge der gleichen Fraktionen, die das Eingeständnis der
Tatsache sind, dass diese Kalkulation völlig daneben ge-
legen hat. Das Lückenproblem besteht seit mehr als zehn
Jahren und die Indikationszulassung im neuen Pflanzen-
schutzgesetz, die zum 1. Juli 2001 vorgeschrieben ist,
würde das Problem ohne die geeigneten Lösungsstrate-
gien – mein Kollege Thalheim wird darauf eingehen –
verschärfen.
So ganz verstehe ich im Übrigen nicht, warum Sie,
meine Damen und Herren von der Opposition, nicht die
Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der
F.D.P.-Fraktion im September abwarten, denn dann wer-
den wir ohnehin eine längere Debatte haben. Jetzt er-
scheint es mir eher so, dass Sie mit diesen ziemlich sub-
stanzlosen Anträgen einfach ein bisschen Stunk machen
wollen und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo sich
erste Erfolge der harten Arbeit der beteiligten Behörden
und aller anderen Beteiligten einstellen. Ihre Anträge zei-
gen zwar zu Recht ein Problem auf, aber leider keine ge-
eignete Lösung dazu.
313 Lücken veröffentlichte der Bundesanzeiger 1993,
davon konnten 212 geschlossen werden. Die Bundesre-
gierung hat alle nur möglichen administrativen Voraus-
setzungen zum Schließen von Lücken geschaffen. Dazu
sind in der vergangenen Zeit enorme Anstrengungen un-
ternommen worden. Biologische Bundesanstalt und Um-
weltbundesamt wurden mehrfach an einen Tisch geholt.
Ich darf daran erinnern, dass wir uns auch im Ernährungs-
ausschuss schon öfter damit beschäftigt haben. Diese
Bemühungen waren in manchen Fällen bereits sehr er-
folgreich vor allem der Kernobstanbau hat hiervon profi-
tiert.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9722
(C)
(D)
(A)
(B)
Im Grunde ist die Diskussion um die Lücken doch ei-
gentlich eines der vielen „Wer hat den schwarzen Peter?“-
Spiele. Für mich hat einen der schwarzen Peter eindeutig
die agrarchemische Industrie. Ihre Vertreter haben an-
gekündigt, dass sie von den derzeit 800 alten Wirkstoffen
nur 200 gegenüber der EU-Kommission verteidigen wol-
len, sprich: Nur mit diesen 200 will man sich Mühe geben,
und damit meine ich auch finanzielle Mühe.
Das heißt: Die Pflanzenschutzmittel-Industrie, die sich
doch so oft und gerne als guter Freund und Helfer der
Landwirtschaft versteht, versagt der Landwirtschaft und
vor allem dem Obst- und Gartenbau an dieser Stelle ein
wenig Solidarität. Für große Kulturen mit gängigen
Pflanzenschutzproblemen gibt es immer genügend zuge-
lassene Wirkstoffe und auch innovative, umweltfreundli-
chere Lösungen. Dafür werden dann auch zuhauf Berater
und Vertreter herumgeschickt, denn hier sind die Profite
zu erwarten. Für kleinere Kulturen, wie Tabak und Hop-
fen, lohnen sich weder Forschungs- und Entwicklungs-
kosten noch Zulassungsverfahren für neue innovative
Wirkstoffe. Das mag unter rein ökonomischen Gesichts-
punkten Sinn machen, ich nenne es trotzdem unsolida-
risch. Ich verspreche mir einiges davon, dass sich die In-
dustrie mit den beteiligten Behörden an einen Tisch setzt,
um so genannte „Round-Table-Gespräche“ zu führen.
Genauso nehmen wir an dieser Stelle ausdrücklich
auch die berufsständischen Vertretungen in die Pflicht:
Auch Sie, die Bauernverbände, die Gartenbau- und die
Weinbauverbände, die Zierpflanzenbauer etc., etc. haben
sich bereits seit In-Kraft-Treten des neuen Pflanzen-
schutzgesetzes 1998 die Möglichkeit, eigene Anträge zur
Schließung von Lücken nach § 18 des Pflanzenschutzge-
setzes zu stellen. Ich habe einmal nachgefragt: Die Ant-
wort war ernüchternd: 1, in Worten: Ein einziger Antrag
ist von den Tabakanbauern gestellt worden!
Wir fordern Sie dazu auf mitzuarbeiten: Befragen Sie
Ihre regionalen Anbauer nach den tatsächlichen Lücken!
Machen Sie eine Bestandsaufnahme und stellen Sie die
Anträge bei der Biologischen Bundesanstalt! Vor allem,
wenn es sich um „einfache“ Fälle handelt, zum Beispiel
wenn nur eine weitere Zierpflanze hinzugenommen wer-
den soll. Solche einfachen Fälle kosten Sie in den meisten
Fällen nichts oder kaum etwas und erleichtern vielen
Landwirten die Arbeit.
Kommen Sie herunter von dem Ross: Das ist Sache der
Industrie, die haben die Zulassungen immer selber bean-
tragt, die sollen auch dafür haften, wenn was schief geht,
und der Staat soll sehen, wie er die Industrie zum Jagen
trägt. Fordern Sie die agrarchemischen Unternehmen
ebenfalls dazu auf, nicht nur an der Landwirtschaft ver-
dienen zu wollen. Und wenn Sie sich die Bilanzen der
agrarchemischen Abteilungen der großen Unternehmen
ansehen: Man verdient gut an der Landwirtschaft!
Die Bundesregierung wird derweil ihre Anstrengungen
in Brüssel intensivieren und auf die zügige Überprüfung
der alten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe drängen. Mir
scheint, dass der Kommission die Brisanz der Lage immer
noch nicht wirklich klar ist. Außerdem brauchen wir aus
Brüssel eine schnellere Zulassung der Altwirkstoffe, da-
mit wir gleichzeitig den teilweise bestehenden ungleichen
Wettbewerbsbedingungen begegnen können.
Im Herbst werden wir uns, wie schon erwähnt, hier zu
einer großen Pflanzenschutzdebatte sehen. Kurz vorher
hat sich die Bundesregierung nochmals mit allen Betei-
ligten zusammengesetzt und beraten, mit wie vielen Kom-
plikationen wir in das Jahr der Umstellung auf die Indi-
kationslösung gehen werden. Ich hoffe, dass es nicht so
viele sind, damit wir auch andere interessante Entwick-
lungen im Pflanzenschutz diskutieren können.
Helmut Heiderich (CDU/CSU): In den Debatten um
die Zukunft der Landwirtschaft hört man – insbesondere
vonseiten der Regierungsparteien – immer wieder den
Einwurf, die bäuerlichen Betriebe müssen sich dem inter-
nationalen Wettbewerb stellen. Abgesehen von den neuen
wettbewerbsverzerrenden Belastungen, welche die Bun-
desregierung zurzeit der deutschen Landwirtschaft auf-
bürdet, stellt sich die Lage bei genauerem Hinsehen meist
anders dar, so auch jetzt wieder bei der Zulassung von be-
währten Pflanzenschutzmitteln im integrierten Pflanzen-
bau.
1991 hatte die EU beschlossen, die gut 800 Pflanzen-
schutzwirkstoffe auf EU-Ebene in den nächsten zwölf
Jahren zu harmonisieren. Für ganze zwei Wirkstoffe ist
dies nunmehr nach neun Jahren gelungen. Diese Erfah-
rung können wir gar nicht anders beantworten als mit der
Forderung, die Abschlussfrist um weitere drei Jahre auf
2006 zu verlängern. Denn es ist für alle Beteiligten ein-
deutig klar, dass es im vorgegebenen Zeitrahmen zu kei-
ner auch nur annähernden Problemlösung kommen wird.
Hinzu kommt, dass in Deutschland Pflanzenschutzmit-
tel ab dem 1. Juli 2001 nur noch im beantragten und fest-
gesetzten Anwendungsbereich eingesetzt werden dürfen.
Dies hat zur Folge, dass in vielen Bereichen des inte-
grierten Pflanzenbaus, vor allem aber bei der Obst- und
Gemüseerzeugung bewährte und zuverlässige Präparate
nicht mehr angewandt werden dürfen. Damit entstehen,
wie schon jetzt absehbar, Anwendungslücken, das heißt,
Situationen, in denen der Landwirt keine Möglichkeit
mehr hat, eintretenden Schädlingsbefall zu verhindern
oder diesem entgegenzuwirken. Setzt der Landwirt seine
gute fachliche, wissenschaftlich und umweltrechtlich an-
erkannte Praxis unter Nutzung der alten Präparate fort, be-
gibt er sich in die Gefahr eines Gesetzesverstoßes.
Wir sind als CDU/CSU-Fraktion nicht bereit, die ne-
gativen Auswirkungen von überhöhten bürokratischen
Anforderungen einerseits und der Unfähigkeit, mit den
selbst vorgegebenen Zielen fertig zu werden, andererseits
den deutschen Landwirten aufzubürden. Sie sind an die-
sen Problemen nicht nur unbeteiligt, sie haben im Gegen-
teil über Jahre hinweg das System des an Schadschwellen
orientierten integrierten Pflanzenbaus entwickelt und da-
mit deutliche Vorteile für Umwelt und Verbraucher ge-
schaffen.
Ein Zustand breiter Anwendungslücken würde ihnen
zudem einen deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber
anderen europäischen Ländern bringen. Dort hat man
den Einsatz der altbewährten Pflanzenschutzmittel ein-
fach so lange für unverzichtbar erklärt, solange nicht ein
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9723
(C)
(D)
(A)
(B)
entsprechender Wirkstoff von der EU neu zugelassen ist.
Die Bundesregierung muss deshalb unverzüglich dafür
Sorge tragen, dass der deutschen Landwirtschaft an dieser
Stelle nicht einseitig neue Nachteile aufgelastet werden.
Auch der Bundesrat hat bereits mit Beschluss vom ver-
gangenen Dezember auf die unbefriedigende Situation im
Bereich des Pflanzenschutzes hingewiesen und eine Ver-
schlankung des EU-Vorgehens eingefordert. Hier muss
insbesondere darauf hingewirkt werden, dass das von der
EU angelegte Verfahren vereinfacht, verkürzt und von un-
effektiver Doppelarbeit befreit wird. Zudem müssen die
noch immer unterschiedlichen Mess- und Prüfanforde-
rungen in den einzelnen Ländern angeglichen werden. Es
stellt sich in diesem Zusammenhang beispielsweise die
Frage, ob ein Stoff, der im andalusischen Baumwollanbau
eingesetzt wird, unbedingt auch unter schwedischen Ein-
satzbedingungen geprüft werden muss.
Insgesamt besteht dringender Handlungsbedarf, der ja
auch von der Bundesregierung und Vertretern der Koali-
tion mehrfach bestätigt worden ist. Deshalb muss ich Sie
sicher nicht um Zustimmung zu unserem Antrag bitten.
Sie haben längst selbst erkannt, dass Sie im Interesse der
deutschen Landwirtschaft hier Ihre Unterstützung geben
müssen.
Albert Deß (CDU/CSU):Mit unserem Antrag „Zulas-
sung von Pflanzenschutzmitteln auf nationaler und EU-
Ebene beschleunigen“ tragen wir der Tatsache Rechung,
dass es derzeit in Deutschland gravierende Probleme bei
der Verfügbarkeit und der Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln gibt. Die Ursachen dafür sind bekannt:
Erstens. Mit der Verabschiedung der EWG-Richtlinie
91/414-EWG vom 15. Juli 1991 hatte man sich zum Ziel
gesetzt, die Zulassung von Pflanzenschutzmittel-Wirk-
stoffen EU-weit zu harmonisieren. Dieses Vorhaben
sollte bis zum Jahre 2003 abgeschlossen sein. In Wirk-
lichkeit sind aber bis heute lediglich zwei von 800 alten,
das heißt vor dem 27. Juli 1993 zugelassenen Wirkstof-
fen in dem vorgesehenen Anhang 1 der Richtlinie aufge-
nommen.
Zweitens. Mit der Novellierung des deutschen Pflan-
zenschutzgesetzes vom 1. Juli 1998 sind gemeinschaftli-
che Vorschriften in nationales Recht übernommen wor-
den. Dies wird dazu führen, dass ab 2001 statt der vormals
gültigen Verkehrszulassung von Pflanzenschutzmitteln
dann eine Zulassung mit Festsetzung von Anwendungs-
gebieten gilt, allgemein bekannt unter dem Stichwort „In-
dikationszulassung“. Dies wird bei Nichtstun zweifellos
große Anwendungslücken bringen.
Das neue Pflanzenschutzgesetz hatte aber auch dem
Umweltbundesamt eine erweiterte Kompetenz innerhalb
des Zulassungsverfahren zugebilligt. Den neuen Aufga-
benzuwachs hat das UBAwohl mit etwas zu viel Eifer ge-
nutzt. Die Folge war eine scharfe Auslegung der Umwelt-
kriterien durch das UBA: spezifische Toxizität hinsicht-
lich von Lebewesen im Wasser, zum Beispiel Wasserfloh
oder Nicht-Zielpflanzen; daraus folgende Festsetzung
von Mindestabständen zum nächsten Wasserlauf bzw. zur
nächsten Kultur. Der Schuss ging aber nach hinten los. Er-
gebnis war nämlich, dass wichtige und nachweislich nütz-
lingsschonende Pflanzenschutzmittel nicht mehr oder nur
noch mit verlustmindernden Recycling-Geräten ange-
wendet werden dürfen. Mit einem Schlag wurde so der
Aufbau der integrierten Produktion über den Haufen ge-
worfen.
Es kann doch wohl nicht sein, dass uns in Deutschland
aufgrund besonderer Anwendungsbestimmungen und
Auflagen in weiten Bereichen des integrierten Obst-,
Wein- und Gemüsebaus wichtige Pflanzenschutzmittel
mit nützlingsschonenden Eigenschaften nicht mehr zur
Verfügung stehen. Diese Situation belastet unsere Obst-,
Wein- und Gemüsebaubetriebe schwer, weil sie so ihre
nützlingsschonende Anbauweise nicht mehr durchführen
können. Dadurch wird der Verbraucher das Vertrauen ver-
lieren und deshalb werden über Jahre hinweg aufgebaute
Absatzwege zerstört. Bei der ganzen Problematik müssen
wir natürlich auch sehen, dass es nicht nur um den Anbau
von einigen Sonderkulturen geht; letztlich – wenn hier
nicht rasch Lösungen gefunden werden – wird es auch um
die Frage gehen, ob wir unsere Kulturlandschaft, die ja
besonders in den Gegenden mit Sonderkulturen beson-
ders reizvoll ist, erhalten können.
Der Hopfenanbau prägt in ganz besonderem Maße die
Landschaft, mit ihm ist auch eine traditionsreiche Kultur
verbunden. Ich will deshalb nachfolgend auf die Pflan-
zenschutzprobleme beim Hopfenanbau zu sprechen kom-
men. Die Hopfenanbauer haben nämlich große Sorge,
dass gegen die wichtigsten Krankheiten und Schädlinge
bei Hopfen nur eine sehr begrenzte Mittelpalette zur Ver-
fügung steht bzw. zum Teil nur ein Mittel zugelassen ist.
Daraus erwächst natürlich die ernsthafte Gefahr der Re-
sistenzbildung, so vor allem bei Blattläusen und beim
Mehltau. Darüber hinaus gibt es Schwierigkeiten da-
durch, das Hopfen, der nach den USA ausgeführt wird,
nur mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden darf, die
eine so genannte USA-Import-Toleranz besitzen, aber
auch gleichzeitig bei uns in Deutschland zugelassen sind.
Ich will berichten, was ein Vertreter von Anheuser-
Busch, der weltgrößten Brauerei, die deutlich mehr Bier
produziert als alle deutschen Brauereien zusammen, auf
einem parlamentarischen Abend zu der Pflanzenschutz-
problematik gesagt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass
Anheuser-Busch als großer Einkäufer von Hopfen bei der
Qualität nie Kompromisse machen und immer schöne,
saubere Hopfen verlangen werde. Den werden sie aller-
dings dort kaufen, wo sie ihn bekommen können; dafür
bezahlen sie auch sehr gutes Geld. Zum Z weiten wies er
darauf hin, dass eine große Brauerei keine großen Risiken
eingehen kann, sie braucht Verlässlichkeit; deshalb kau-
fen sie Hopfen auf Vorvertragsbasis zwei Jahre in die Zu-
kunft. Dieser Hopfen muss natürlich auch dann wirklich
verfügbar sein.
Das heißt für unsere Hopfenanbauer, dass es für sie un-
tragbar ist, wenn sie Jahr für Jahr darum bitten und betteln
müssen, dass ihnen genügend Pflanzenschutzmittel zur
Verfügung stehen. Hopfen wächst von Anfang Mai bis
Ende Juni 7 Meter hoch, am Tag bis zu 30 Zentimeter,
deshalb ist die Pflanzenschutzbedürftigkeit bei Hopfen
weit höher als bei anderen Kulturen. Man muss auch wis-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9724
(C)
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(B)
sen, dass die deutschen Hopfenpflanzer heute noch nach
USA mehr als 20 Prozent der Aromahopfen, die hier bei
uns erzeugt werden, importieren.
Die Hopfenpflanzer haben in der Vergangenheit von
sich aus schon viel getan, um die Probleme beim Pflan-
zenschutz in den Griff zu bekommen. Durch die Ein-
führung des Warndienstes für Peranospera wurde erreicht,
dass heute nicht wie früher 20-mal im Jahr mit Kupfer-
mitteln gespritzt wird, sondern nur noch drei- oder vier-
mal. Dazu kommt die Einführung von Schadschwellen
und der Anbau von resistenten Sorten. Dies alles kann
aber auf Dauer nicht eine möglichst breite Palette von
Pflanzenschutzmitteln ersetzen, aus denen je nach Bedarf
ausgewählt werden kann und bei denen auch die Entste-
hung von Resistenzen mitbedacht wird.
Es ist also dringend notwendig, dass wir beim Hop-
fenanbau zu flexibleren Lösungen bei der Zulassung
kommen, ebenso wie bei Obst, Wein oder Gemüse und für
den gesamten Pflanzenbau in Deutschland. Die ganzen
Probleme sind natürlich auch bei der Politik aufgelaufen,
was wir zum Anlass genommen haben, alle Verantwortli-
chen und Betroffenen seitens der Zulassung an einen
Tisch zu bringen. Es hat in der Vergangenheit dazu meh-
rere Gespräche gegeben, auch der Agrarausschuss hat sich
damit beschäftigt. Ein deutliches Signal ist auch von der
Agrarministerkonferenz ausgegangen. Erfreulicherweise
hat beim UBA als Einvernehmungsbehörde ein gewisses
Umdenken stattgefunden. Man hat wohl eingesehen, dass
man mit der eingeschlagenen Strategie der Umweltbe-
wertung der Landwirtschaft und letztlich auch dem Um-
weltschutz einen Bärendienst erweist. Man hat sich in-
zwischen dazu durchgerungen, die Aquatox-Kriterien –
Abstand zu Wasserläufen – in Anpassung an die landwirt-
schaftliche Praxis zu verringern. Man steht zurzeit unmit-
telbar davor, die nützlingsschonenden Mittel wieder zu-
zulassen. Dies ist zweifellos ein Erfolg, auf diesem Weg
muss weitergegangen werden.
Ebenso müssen wir die anderen Wege der Beschleuni-
gung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nutzen,
die wir in unserem Antrag beschrieben haben. Ich fordere
dabei die Bundesregierung auf, besonders das schnells-
tens zu tun, was in ihrer eigenen Macht steht und die
Pflanzenschutzverordnung im Sinne des Antrages von
Niedersachsen entsprechend zu ändern.
In dem Wissen, dass aufgrund der Bevölkerungsent-
wicklung weltweit in den nächsten 25 Jahren die Erträge
der wichtigsten Nahrungspflanzen um 50 Prozent gestei-
gert werden müssen, hat der Pflanzenschutz eine heraus-
ragende Bedeutung. Gerade der integrierte Pflanzen-
schutz mit dem gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmit-
teln nach dem Motto „So wenig wie möglich, so viel wie
nötig“ erfordert eine breite Palette von Wirkstoffen. Die
CDU/CSU-Fraktion gibt der Bundesregierung und dem
Bundeslandwirtschaftsminister Rückendeckung, sich
dafür einzusetzen, dass auch in nächster Zeit ein breites
Angebot von Wirkstoffen zur Verfügung steht, um mit
dem geringstmöglichen Aufwand Pflanzenschutz auch im
Sinne der Agenda 21 zu ermöglichen. Auf keinen Fall darf
es durch nationale Einschränkungen und Auflagen zu ei-
ner einseitigen Benachteiligung der deutschen Landwirt-
schaft kommen. Wenn Minister Funke immer wieder for-
dert, dass die deutsche Landwirtschaft wettbewerbsfähig
wird, ist er auch gefordert, alles zu unternehmen, um die
deutsche Landwirtschaft nicht einseitig zu benachteili-
gen.
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):An die
Zulassung von Pestiziden müssen folgende Anforderun-
gen gestellt werden: Sie muss Sicherheit für Verbraucher,
Anwender und Umwelt garantieren. Sie muss transparent
und überprüfbar sein. Sie muss den neuesten Stand der
Technik gewährleisten. Sie muss anwendungsbezogen
und problemgerecht sein. Und sie muss zeitnah Pla-
nungssicherheit herstellen.
Der CDU-Antrag beschäftigt sich ausschließlich mit
dem letzten Aspekt. Aber auch hier gilt: Qualität ist wich-
tiger als Geschwindigkeit. Die Überprüfung und Harmo-
nisierung der Pestizidzulassungen in der EU sind aus ge-
sundheitspolitischen, ökologischen und Wettbewerbs-
gründen längst überfällig, und es ist gut, dass sie jetzt
angegangen werden. Die hohen Anforderungen an die
EU-Wirkstoffprüfung dürfen nicht unterminiert werden.
Die entsprechende Richtlinie des Rates 91/414/EWG
datiert vom 15. Juli 1991. Am 4. Mai 2000 fiel der
CDU/CSU-Fraktion auf, dass die Verfahren beschleu-
nigt werden sollen. Am 5. Mai 2000 dämmerte auch der
F.D.P. diese Erkenntnis. Dazwischen lagen acht Jahre
CDU/CSU/F.D.P.-Regierung. Die gesamte Gesetzeslage
ist heute dieselbe wie vor dem Regierungswechsel
1998. Was hat die alte Bundesregierung denn für eine
Beschleunigung der Verfahren getan? Was wollen
CDU/CSU und F.D.P. nun?
Sehen wir uns die Vorschläge von CDU/CSU und
F.D.P. im Einzelnen an: Auf nationaler Ebene sollen die
rechtlichen und administrativen Voraussetzungen für die
weitere Verwendung von Pflanzenschutzmitteln geschaf-
fen werden, die im integrierten Anbau – auch von Son-
derkulturen – benötigt werden. Das hört sich ganz so an,
als ob wir in Deutschland bisher im rechts- und behör-
denfreien Raum leben würden.
Selbstverständlich ist es eine gewaltige Aufgabe für die
EU-Behörden, alle der über 800 zugelassenen Wirkstoffe
vor dem Hintergrund des neuesten Standes von Wissen-
schaft und Technik neu zu prüfen. Aber zwischenzeitlich
leben wir ja nicht im pestizidfreien Raum. Ganz im Ge-
genteil: Die Bundesbehörden haben bisher noch in jedem
Fall so gehandelt, dass die wichtigsten Indikationslücken
geschlossen werden konnten. Und der Europäische Ver-
band der Pestizide herstellenden Industrie, ECPA, hat be-
reits erklärt, dass nur noch an 220 Wirkstoffen Interesse
besteht. Das wird den Anhang der EU-Richtlinie verkür-
zen, die künftige Anwendung übersichtlicher machen, an-
dererseits die der Landwirtschaft zur Verfügung stehen-
den Mittel erheblich einschränken.
Erschwert wird die Situation in einigen Sonderkulturen
dadurch, dass eine immer stärker auf immer weniger Kon-
zerne konzentrierte Pestizidindustrie ihre Ausrichtung im-
mer stärker auf die weltweiten Märkte ausrichtet. Da ist
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9725
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(B)
mangels Gewinnaussichten immer Platz für die aufwen-
dige Entwicklung von speziellen Mitteln für den schma-
len Einsatzbereich in Sonderkulturen.
Die beteiligten Bundesbehörden – BBAund UBA– ar-
beiten intensiv daran, auch in Zukunft eine hinreichende
Verfügbarkeit von geeigneten Pestiziden zur Sicherstel-
lung der Lebensmittelproduktion in allen Bereichen in
ausreichender Menge und gewünschter Qualität abzusi-
chern. Wir setzen darauf, dass auch die zuständigen Län-
derbehörden, die landwirtschaftlichen Berufsverbände
und die Pestizidproduzenten alles dafür tun werden, glei-
chermaßen den Pflanzenschutz, den Umweltschutz und
den Verbraucherschutz sicherzustellen.
Als Problem wird angesehen, dass Deutschland bei der
Umsetzung harter Kriterien an die Pestizide heute schon
weiter ist als andere EU-Staaten. Darin sehen einige einen
Wettbewerbsnachteil. Mittelfristig ergibt sich aber daraus
ein Vorteil, wenn wir schon da sind, wo andere erst hin-
kommen. Und kurzfristig werden alle Lücken über Indi-
kationszulassungen geschlossen, sodass unter dem Strich
Vorteile für Verbraucher und Umwelt und keine gravie-
renden Nachteile für die Landwirtschaft entstehen.
Der Ball für eine Beschleunigung liegt zurzeit aber bei
der Industrie. Sie verfügt über die nötigen Informationen
und kann die Ressourcen zur Verfügung stellen, wenn ihr
wirklich an schnelleren Verfahren gelegen ist. Die Zulas-
sungsverfahren werden immer wieder dadurch erschwert,
dass unvollständige Anträge ohne die notwendigen wis-
senschaftlichen Unterlagen eingereicht werden. So wird
ein langwieriges Zulassungsverfahren zur sich selbst er-
füllenden Prophezeiung. Eine vorzeitige Verlängerung
des „Altwirkstoffprogramms“, wie von der CDU/CSU
und F.D.P. jetzt vorgeschlagen, wirkt hier nur kontrapro-
duktiv und behindert notwendige Innovationen.
Für das Problem schnellstmögliche Verfahren und Pla-
nungssicherheit für die Wirtschaft einerseits und regel-
mäßige Anpassung der Zulassung an den Stand von For-
schung und Technik für größtmögliche Sicherheit für
Mensch und Umwelt und effiziente Anwendung im Pflan-
zenschutz andererseits gibt es keine Patentlösung. Die hat
auch der Bundesrat nicht. BBA und UBA sowie die zu-
ständigen Ministerien sind dabei, eine praxistaugliche
Strategie zu formulieren, die all diesen berechtigten Inte-
ressen gerecht wird.
Unser Ziel ist es, die Probleme des Pflanzenschutzes
möglichst durch biologische und ökologisch verträgliche
Wirkstoffe und Verfahren zu lösen. Nur ein Pflanzen-
schutz, der mit der Natur und nicht gegen sie wirkt, ist für
uns langfristig zukunftsfähig. Gerade der ökologische
Landbau, der trotz aller Probleme erfolgreiche Wege für
eine ökologische Produktion qualitativ hochstehender ge-
sunder Produkte aufgezeigt hat, ist dafür ein Modell, das
wir weiterhin unterstützen. Wir haben ein Bundesfor-
schungsinstitut Ökologischer Landbau und andere For-
schungsvorhaben initiiert, die ökologische Lösungen für
den Pflanzenschutz weiterentwickeln.
Am Schluss noch zwei Sätze zum F.D.P.-Antrag.
Selbstverständlich setzen wir uns vehement für den
schnellstmöglichen Ausstieg aus der TBT-Verwendung
ein; das ist doch unser ureigenstes Anliegen. Es ist schön,
dass auch die F.D.P. sich jetzt dafür engagiert. Wie sie al-
lerdings aus den Bemühungen der Bundesregierung um
eine Verbesserung der EU-Wasserrichtlinie ein Verbot für
den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und gar für „jegli-
ches menschliches Handeln“ herausliest, lässt an ihrer
umweltpolitischen Kompetenz allerdings arge Zweifel
aufkommen.
Fazit: Die Anträge von CDU/CSU sind überflüssig und
rückwärts gewandt, weil die darin gemachten Vorschläge
weder Verbraucher, noch Landwirtschaft, noch Umwelt
nutzen. Sofern sie berechtigte Problemstellungen anspre-
chen, werden diese bereits von der Bundesregierung und
den zuständigen Behörden adäquat und so gut wie derzeit
möglich gelöst.
Marita Sehn (F.D.P.): Die Deutschen wollen den Was-
serfloh schützen, sodass – ginge es nach Jürgen Trittin –
deutsche Landwirte notfalls ganz auf den Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln verzichten müssten. Offensichtlich
wird der Wasserfloh von Franzosen und Niederländern –
für uns Deutsche geradezu unvorstellbar! – nicht als eine
„Frage der nationalen Sicherheit“ eingestuft. Anders ist es
nicht zu erklären, dass in Frankreich und den Niederlan-
den das seit fast einem Jahrzehnt in Deutschland aus dem
Verkehr gezogene Atrazin immer noch im Pflanzenschutz
eingesetzt wird.
Was nicht ganz so ernst gemeint ist, hat doch einen
wahren Kern: Wenn fast zehn Jahre nach Verabschiedung
der EU-Richtlinie zum „Inverkehrbringen von Pflanzen-
schutzmitteln“ in Europa solche Harmonisierungsdefizite
herrschen, zeigt das, wie weit wir von einer wirklichen
Harmonisierung in Europa entfernt sind. Es ist etwas faul
im Staate Europa!
Im Pflanzenschutz müssen die deutschen Landwirte
ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile hinnehmen. Die
F.D.P. wird mit ihrer Großen Anfrage und ihrem Antrag
zum Pflanzenschutz dafür sorgen, dass dieser untragbare
Missstand endlich behoben wird. Daher begrüßen wir die
Initiative von Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz
Funke ausdrücklich. Allerdings werden wir sehr genau
darauf achten, dass die großen Versprechen, die der Land-
wirtschaftsminister anlässlich der Internationalen Grünen
Woche gegeben hat, tatsächlich eingelöst werden. Damit
wir im Pflanzenschutz endlich einen Schritt vorwärts
kommen, müssen wir den Blick nach vorne richten. Die
Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Ministern und
dem zuständigen Umweltbundesamt, UBA, sowie der
Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirt-
schaft, BBA, gehören hoffentlich der Vergangenheit an.
Die in diesen Tagen erfolgte Zulassung des Wirkstoffs
Plantomycin durch die BBA ist sehr zu begrüßen. Weitere
Schritte in diese Richtung müssen dringend erfolgen, um
insbesondere die dramatischen Lücken im Bereich der
Sonderkulturen zu schließen. Diese Entwicklung war je-
doch nur möglich, weil die Mitglieder des Ernährungs-
ausschusses immer wieder auf Gespräche zwischen den
Präsidenten von UBA und BBA gedrängt haben.
Im Interesse unserer Landwirte müssen wir diesen er-
folgversprechenden Weg weitergehen. Ansonsten wird es
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9726
(C)
(D)
(A)
(B)
für die deutschen Produzenten, vor allem bei den Sonder-
kulturen im Obst-, Gemüse-, Wein- und Hopfenanbau,
Jahr für Jahr Probleme im Pflanzenschutz geben. Dem
schleichenden Verlust von Marktanteilen wegen fehlen-
der zugelassener Pflanzenschutzmittel muss endlich ein
Riegel vorgeschoben werden.
Die bisherige Harmonisierung der so genannten Alt-
wirkstoffe ist aus agrar-, umwelt- und europapolitischer
Sicht ein glatter Fehlschlag mit verheerenden Folgen für
unsere Landwirte. Heute sind von über 800 auf dem Prüf-
stand stehenden Substanzen lediglich zwei abschließend
beurteilt worden. Wie soll denn die Bewertung der restli-
chen über 800 Substanzen in nicht einmal zwei Jahren ge-
lingen? In dieser Frage muss schnellstens ein Beschluss
des EU-Ministerrates zur Änderung der entsprechenden
EU-Richtlinie erwirkt werden, damit die Frist für die Zu-
lassung um drei Jahre verlängert wird.
Für den integrierten und umweltschonenden Pflanzen-
schutz ist die Verfügbarkeit selektiver und nützlingsscho-
nender Pflanzenschutzmittel unabdingbar. Durch den
Einsatz von modernen Pflanzenschutzmittelwirkstoffen
konnte der Wirkstoffaufwand je Hektar von 1988 bis 1998
von 3,1 auf 1,9 Kilogramm verringert werden. Solch in-
novative Pflanzenschutzmittel entfalten ihre Wirksamkeit
in erheblich geringeren Mengen und sind außerdem bio-
logisch besser abbaubar. Für einen umweltschonenden
Pflanzenschutz müssen möglichst spezifisch gegen den
jeweiligen Schadorganismus wirkende Mittel zur Verfü-
gung stehen. Gleichzeitig müssen Nützlinge verschont
werden, da sie zur Regulierung der Schädlinge beitragen.
Deshalb müssen die modernen Pflanzenschutzmittel ein
breites zugelassenes Einsatzspektrum haben. Natürlich ist
in erster Linie die Pflanzenschutzmittelindustrie gefor-
dert. Allerdings hat die Politik die Aufgabe, die notwen-
digen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu set-
zen. Ansonsten schrecken eine übermäßige Bürokratie so-
wie die damit verbundenen Kosten die Wirtschaft
zumindest von einem Engagement bei Sonderkulturen ab.
Sie wird sich dann auf einige wichtige große Kulturen
konzentrieren. Wenn wir eine wettbewerbsfähige Land-
wirtschaft und vor allem die verschiedenen Sonderkultu-
ren in Deutschland erhalten wollen, müssen wir auf na-
tionaler und europäischer Ebene schnell und entschlossen
handeln.
Beim Abbau der Wettbewerbsverzerrungen wird die
F.D.P. die Bundesregierung unterstützen. Was allerdings
nicht geht, ist, die überzogenen Umweltstandards hier in
Deutschland zu kritisieren und gleichzeitig in Europa ge-
nau diese Entwicklung weiter zu forcieren. Auf europä-
ischer Ebene schießen SPD und Grüne bei der EU-Was-
serrahmenrichtlinie weit über das Ziel hinaus. Das Vor-
sorgeprinzip darf auch beim Gewässerschutz nicht dazu
missbraucht werden, dass über die Einführung einer
„Nullemission“ jegliches menschliche Handeln praktisch
unmöglich gemacht wird. Abschließend fordere ich des-
halb Rot-Grün nachdrücklich auf, auch auf europäischer
Ebene wieder zu einer realistischen und ausgewogenen
Politik zurückzufinden.
Kersten Naumann (PDS):Wir sind heute in einer ei-
genartigen Situation. Zur Debatte steht ein Antrag und
eine unbeantwortete Große Anfrage. Ohne die Antwort
der Bundesregierung ist eine Debatte zur Großen Anfrage
kaum mit Erfolg zu führen. Außerdem ist für uns schwer
nachzuvollziehen, warum von der Zulassung von Pflan-
zenschutzmitteln die Zukunft der deutschen Landwirt-
schaft abhängen soll. Ich halte es auch für eine Illusion,
dass meine Vorredner mit ihren Beiträgen Punkte im
Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen gesammelt haben.
In der bisherigen Debatte war viel von Wettbewerbs-
fähigkeit, Harmonisierung, bürokratischen Hindernissen
und Versagen der Regierung die Rede. Die Probleme des
Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln für Umwelt und Ver-
braucher spielten nur am Rande eine Rolle. Es wurde ver-
sucht, den Eindruck zu erwecken, als ob vom Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln das Wohl und Wehe der Landwirt-
schaft abhinge. Dabei ist es noch gar nicht so lange her,
dass landwirtschaftliche Produktion ohne die Vielzahl
dieser Mittel möglich war und in vielen Ländern noch im-
mer möglich ist.
Auch in Deutschland wächst die Zahl derer, die auf den
Einsatz von Pflanzenschutzmittel ganz verzichten oder
verzichten wollen. Der Hunger auf der Welt kann nicht
durch die Vergiftung der Umwelt und der Nahrungsmittel
bekämpft werden. Die Umweltbelastung daran zu mes-
sen, wie viel Kilogramm Pflanzenschutzmittel je Hektar
ausgebracht werden, ist einfach grotesk.
Wo die Probleme tatsächlich liegen, möchte ich ihnen
an einigen Beispielen über die Arbeit des deutschen Che-
miekonzerns Bayer AG deutlich machen:
Gaucho ist das meistverkaufte Pestizid des Unterneh-
mens Bayer (weltweiter Umsatz: 460 Mio. Euro). Der
Wirkstoff von Gaucho, Imidacloprid, wird in Deutschland
unter dem Namen Confidor vertrieben. Das Spritzmittel
wird für das Absterben von 40 Prozent aller französischen
Bienenvölker während der vergangenen 5 Jahre verant-
wortlich gemacht. Deshalb nahm das französische Land-
wirtschafts-Ministerium am 15. Januar 1999 die Zulas-
sung des Pestizids zurück. Das Unternehmen Bayer klagte
vor dem höchsten französischen Verwaltungsgericht –
umsonst. Im Januar 2000 bestätigte der französische
Staatsrat das Verbot bis auf weiteres. Es ist nicht bekannt,
welche Konsequenzen die deutschen Zulassungsbehör-
den aus der Gefährlichkeit von Imidacloprid gezogen ha-
ben.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO
erleiden jährlich Millionen Menschen schwere Pestizid-
Vergiftungen. Mindestens 40 000 Fälle verlaufen tödlich.
Die Bayer AG hat vor vielen Jahren angekündigt, die ge-
fährlichsten Pestizide weltweit vom Markt zu nehmen.
Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Noch heute
verkauft Bayer Wirkstoffe, die von der WHO als „extrem
gefährlich“ bezeichnet werden.
Am 22. Oktober 1999 wurden 22 Kinder in Peru mit
Parathion tödlich vergiftet. Parathion wird in Peru ohne
Kontrolle auf den Märkten verkauft. In Deutschland ver-
kauft Bayer das Pestizid unter dem Namen E 605.
In Brasilien wurden Hunderte von Kaffeebauern durch
das Pestizid Baysiston geschädigt, zwölf Fälle verliefen
tödlich. Alleiniger Hersteller von Baysiston ist Bayer.
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Spanische Paprika waren so stark mir dem Pestizid
Methamidophos belastet, dass sie vernichtet werden
mussten. Hersteller des Wirkstoffs ist Bayer.
Das Landesumweltamt NRW fand im Abwasser des
Bayer-Werks Dormagen die Pestizide Diuron, Metabenz-
thiazuron und Triadimefon.
Statt Anträge und Anfragen zu stellen, wie der Einsatz
von gesundheitsschädlichen Pflanzenschutzmitteln ver-
hindert und der zugelassener weiter reduziert werden
kann, sind sich CDU/CSU und F.D.P. darin einig, dass die
„nationalen Anforderungen an die Zulassung nicht über
die entsprechenden EU-Bestimmungen hinausgehen“
dürfen.
Diese EU-Bestimmungen sind ein Kompromiss zwi-
schen den Interessen der Chemiekonzerne, der Verbrau-
scher und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der EU-
Mitgliedsländer. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
der Bundesrepublik und damit verbunden das Umweltbe-
wusstsein ihrer Bürger ist besonders hoch. Sie hat deshalb
die große Chance, eine Vorreiterrolle bei einem ökologi-
schen Umbau der Agrarproduktion zu spielen. Die EU-
Verträge kennen mit gutem Recht das Subsidiaritätsprin-
zip. Dänemark wendet es zum Beispiel an, indem es den
Stickstoff besteuert. Deutschland kann nicht untersagt
werden, beim Pflanzenschutz strengere Maßstäbe anzule-
gen als in den übrigen EU-Mitgliedsstaaten.
Nur durch eine solche Politik kann eine höheres Ni-
veau bei einem umweltverträglichen Pflanzenschutz er-
reicht werden. Die ausgewählten Beispiele von „An-
wendungslücken im Pflanzenschutz“ haben nicht unver-
zichtbar den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur
Konsequenz.
Pflanzenschutz ist auch ohne Pflanzenschutzmittel
möglich, wenn man auf andere Weise gegen die Ursachen
von Pflanzenerkrankungen vorgeht, zum Beispiel durch
Wiedereinführung bewährter Fruchtfolgen.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel ist die Strategie
des Kampfes gegen die Natur. Was wir brauchen ist eine
Strategie, wieder im Einklang mit der Natur zu leben und
zu produzieren. Als Politiker sollten wir uns weniger Sor-
gen um die Profite der chemischen Industrie machen und
mehr überlegen, wie die Leistungen der Landwirtschaft in
einer naturgemäßen Weise erbracht werden können.
In diesem Sinne treten wir allen Versuchen entgegen,
Abstriche an einem hohen Niveau der Prüfung von Pflan-
zenschutzmitteln zu machen und Ausnahmeregelungen
zuzulassen. Wir fordern im Gegenteil eine Agrarpolitik,
durch die Kalamitätssituationen, auf die nur noch mit
Sondergenehmigungen für den Einsatz von Pflanzen-
schutzmitteln reagiert werden kann, von vornherein ver-
mieden werden.
Ich bin überzeugt, wenn unsere chemischen Analyse-
methoden noch besser wären, als sie schon sind, und wir
die tatsächlichen Belastungen der Umwelt und unsere
Nahrungsmittel kennen würden, dann würden die Druck-
sacheneinbringer ihre Papiere sicher zurückziehen.
Lesen sie dazu bitte noch einmal im Sondergutachten
des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, BT-
Drs. 14/2300 nach. Daraus nur ein Zitat: „Der Stellenwert
umweltbezogener Gesundheitsforschung in der medizini-
schen Forschung insgesamt ist zu gering“.
Ich wünsche ihnen allen eine gute Gesundheit.
Dr. Gerald Thalheim (Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten):
Die Bundesregierung verfolgt auch im Agrarbereich
das Ziel, Umweltbelastungen zu reduzieren. Im Pflanzen-
schutz bedeutet das vor allem, integrierte Verfahren anzu-
wenden. Das heißt, die Anwendung von Pflanzenschutz-
mitteln wird abhängig vom tatsächlichen Krankheits- und
Schädlingsauftreten auf die Fälle konzentriert, bei denen
es keine Alternativen gibt, bei denen ohne Anwendung
chemischer Präparate nicht hinnehmbare Qualitäts- und
Ertragseinbußen eintreten würden oder bei denen die
Ernte unverhältnismäßig erschwert würde.
Besonders im integrierten Anbau ist eine breite Palette
von Präparaten für die einzelnen Anwendungsgebiete not-
wendig, um Resistenzen vorzubeugen. Gerade das wird in
jüngster Zeit infrage gestellt, weil unter anderem für Spe-
zialkulturen immer weniger Präparate zugelassen sind
bzw. frühere Zulassungen auslaufen und Folgeanträge
nicht gestellt werden.
Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion der CDU/CSU
die Bundesregierung zum Handeln auf, ohne dass der
Sachverhalt richtig dargestellt wird, geschweige denn ge-
eignete Empfehlungen gegeben werden. Das betrifft im
Prinzip auch den Antrag der F.D.P.
So wird im Antrag der CDU/CSU die so genannte In-
dikationszulassung problematisiert und Kritik an dem
Stand der Harmonisierung auf EU-Ebene geübt. Wie so
oft hilft auch hier ein Blick ins Gesetz oder – noch kon-
kreter – in die Richtlinie. Mit der Zustimmung der dama-
ligen CDU/CSU-geführten Bundesregierung ist 1991 mit
der Richtlinie 91/414 folgendes für die EU verbindlich
festgeschrieben worden: 1. Einführung der Indikationszu-
lassung, 2. Überprüfung der Altwirkstoffe nach EU-ein-
heitlichen Kriterien, 3. Harmonisierung der Zulassungs-
verfahren.
Es ist also unseriös, die Bundesregierung wegen der
Indikationszulassung bzw. der schleppenden Umsetzung
zu kritisieren. Von 1991 bis 1998 ist so gut wie nichts ge-
schehen. Erst vor 2 Jahren wurde die EU-Richtlinie in na-
tionales Recht umgesetzt. Dadurch ging wertvolle Zeit
verloren, um auf EU-Ebene die Altwirkstoffprüfung vo-
ranzutreiben und national die Umstellung auf die Indika-
tionszulassung vorzubereiten.
Unmittelbar nach Regierungsübernahme hat sich die
rot-grüne Bundesregierung – insbesondere das BML– der
Aufgabe gestellt: die Entscheidungen über die Aufnahme
der Altwirkstoffe in Anhang 1 der Richtlinie 91/414 auf
europäischer Ebene zu forcieren und vorrangig die
Lücken national zu schließen, die zu erheblichen Wettbe-
werbsnachteilen für deutsche Landwirte und Gärtner
führen. Einzelheiten hierzu können Sie in dem Bericht des
BML über die Situation bei der Zulassung von Pflanzen-
schutzmitteln vom 14. Januar 2000 – Ausschussdrucksa-
che 14/234 – nachlesen.
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Ich möchte von dieser Stelle dem Fachreferat im BML
und der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forst-
wirtschaft dafür danken, dass es bereits gelungen ist, mehr
als 200 der insgesamt 313 prioritären Lücken zu
schließen.
Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass trotz der erheb-
lichen Anstrengungen damit nicht alle Probleme gelöst
sind. Aber eine einfache Lösung – wie in dem
CDU/CSU-Antrag suggeriert – existiert nicht, denn für
die vorhandenen Lücken gibt es eine Reihe Gründe, zum
Beispiel: Es liegt bei der BBA kein Antrag vor (zum Bei-
spiel „Amidthin“ zur Blütenausdünnung). Oder es liegt
bei der BBA kein vollständiger Antrag vor (zum Beispiel
„Dimilin“ gegen Apfelwickler). Oder es sind überhaupt
keine geeigneten Pflanzenschutzmittel für den Anwen-
dungszweck bekannt (zum Beispiel gegen Kirschfrucht-
fliege).
Trotz erreichter Fortschritte bleibt für die Zukunft noch
viel zu tun. Seitens der Bundesregierung ist positiv zu
werten, dass es zwischen der BBA und dem UBA inner-
halb sehr kurzer Fristen gelungen ist, einige schwierige
Probleme bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
auszuräumen.
Widersprüchlichkeiten im Zulassungsverfahren müs-
sen ausgeräumt werden, unverständliche Auflagen für die
Praxis sollen verschwinden und Planungssicherheit für
Pflanzenschutzmittel herstellende Firmen – aber auch für
die Praxis – soll wieder hergestellt werden.
Im Herbst wird sich die Bundesregierung darüber ver-
ständigen, welchen Erfolg die vereinbarten Maßnahmen
hatten und ob gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen er-
forderlich sein werden, um weitere Verbesserungen für
die nächste Saison zu erzielen.
Sie können den Erfolg dieser Maßnahmen bereits heute
daran ablesen, dass insbesondere für den Obstbau – aber
auch für andere Kulturen – von der Zulassungsbehörde
und den Einvernehmensbehörden gemeinsam getragene
Lösungen erarbeitet wurden, die schon in dieser Saison
wirksam sind. Als Beispiel führe ich nur das „Alte Land“
an, für das gemeinsam mit dem Land Niedersachsen ein
Weg gefunden wurde, der die Anwendung der erforderli-
chen Pflanzenschutzmittel und damit auch die Praktizie-
rung integrierter Pflanzenschutzverfahren ermöglicht und
gleichzeitig den erforderlichen Gewässerschutz sicher-
stellt.
Daraus sind folgende Schlussfolgerungen zu ziehen:
Erstens. Eine möglichst schnelle Überprüfung der Alt-
wirkstoffe in der EU ist nach wie vor erforderlich, da nur
so die bestehenden Wettbewerbsunterschiede zwischen
uns und den anderen Mitgliedstaaten beseitigt werden
können. Hier hilft keine Verschiebung von Terminen.
Zweitens. Dies hat – bezogen auf die Entscheidungen –
gleichzeitig so behutsam zu erfolgen, dass die landwirt-
schaftliche Praxis nicht unnötig durch neue große Lücken
belastet wird. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn,
allein gestützt auf theoretische Risikoberechnungen, not-
wendige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe die Prüfungen
nicht überstehen oder von der Industrie nicht „verteidigt“
werden und alle Zulassungen für diese Mittel zurückge-
zogen werden müssen. Die Kommissionsverordnung zur
Überprüfung der alten Wirkstoffe sieht hierfür vorüberge-
hende Maßnahmen vor.
Drittens. Im Rahmen eines Memorandums soll die
Kommission gebeten werden, die Punkte 1. und 2. hinrei-
chend zu berücksichtigen und geeignete Vorschläge vor-
zulegen.
Viertens. Wir appellieren an die Industrie, ihre An-
strengungen auch in den weniger wirtschaftlich interes-
santen Kulturen zu erhöhen, um Anträge auf Zulassung
und auf Ergänzung von Anwendungsgebieten einzurei-
chen.
Eine generelle Verlängerung der Fristen halte ich nicht
für hilfreich, da die Überprüfung der alten Pflanzen-
schutzmittel-Wirkstoffe dadurch nur noch weiter hinaus-
gezögert wird – und damit auch die Harmionisierung. Das
würde nicht weniger, sondern mehr Wettbewerbsverzer-
rungen bedeuten, da die Vorteile, die andere Mitgliedstaa-
ten durch die Nutzung „alter Zulassungen“ haben, weiter
fortbestehen würden.
Die CDU/CSU-Fraktion hätte besser getan, während
ihrer Regierungszeit intensiver an der Umsetzung der
Richtlinie 91/414 in Deutschland zu arbeiten.
Die rot-grüne Bundesregierung hat sich sofort nach
Regierungsübernahme bemüht, die Versäumnisse nachzu-
holen. Deshalb kommt der Antrag nicht nur zu spät, son-
dern die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nur bedingt
für eine nachhaltige Problemlösung geeignet.
Es ist das Ziel der Bundesregierung, durch eine konse-
quente Umsetzung der Richtlinie und des Pflanzen-
schutzgesetzes von 1998 die notwendige Harmonisierung
auf europäischer Ebene zu erreichen, ohne dass die deut-
sche Landwirtschaft auf die für sie notwendigen Pflan-
zenschutzmittel verzichten muss.
Ich fordere deshalb an dieser Stelle nachdrücklich die
chemische Industrie auf, ihren Beitrag zu leisten und sich
nicht nur auf einige wenige gewinnträchtige Kulturen zu
beschränken.
Eine zukunftsorientierte Pflanzenschutzmittelanwen-
dung setzt das Vertrauen der Verbraucher voraus. Die vor-
geschlagenen Lösungen im Antrag sind eher geeignet, das
Vertrauen der Verbraucher in eine umweltschonende und
sichere Pflanzenschutzmittelanwendung zu untergraben.
Deshalb empfehle ich, den Antrag abzulehnen.
So sehr wie wir uns gegen eine Lockerung wenden, so
sehr wenden wir uns auch gegen weitere Verschärfungen,
wie sie erst jüngst vom Naturschutzbund Deutschland
veröffentlicht wurden.
Vor allem offenbaren die Autoren die mangelnden
Kenntnisse der bereits heute geltenden Vorschriften im
Rahmen der guten fachlichen Praxis. So gehört es bereits
heute zur guten fachlichen Praxis, dass die Anwendung
von Pflanzenschutzmitteln ab einer Geschwindigkeit
von mehr als 5 m/s und bei Temperaturen über 25°C un-
terbleiben sollte, dass ausreichende Sicherheitsabstände,
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zum Beispiel zu gefährdeten Lebensräumen und Ober-
flächengewässern, einzuhalten sind und dass Antitriftdü-
sen zu verwenden sind.
Zum Verbot der flächenhaften Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln auf Grünland ist zu sagen, dass, abgese-
hen von Ausnahmen – Tipula-Arten und Feldmäusen –,
ohnehin keine Ganzflächenbehandlung mehr vorgenom-
men wird.
Zum Fazit: Die Zielrichtung des Antrages der
CDU/CSU-Fraktion unterstütze ich. Die vorgeschlagenen
Maßnahmen eignen sich jedoch nicht für eine nachhaltige
Problemlösung. Der Antrag ist daher abzulehnen, sodass
die Bundesregierung ihren Weg zielstrebig weiterverfol-
gen kann.
Dies gilt gleichermaßen auch für die Forderung der
F.D.P., sich für den Ausstieg aus der Verwendung von
TBT einzusetzen. Auch hier hat die Bundesregierung,
wenn Sie den Sachstand richtig analysieren, keinen Nach-
holbedarf, sodass die Forderung ins Leere geht.
Im Antrag der F.D.P. wird auch die Wasserrahmen-
richtlinie angesprochen. Nach dem derzeitigen Stand der
Verhandlungen der Wasserrahmenrichtlinie steht an kei-
ner Stelle des Richtlinienentwurfs die Forderung nach ei-
ner „Nullemission“, welche die Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln verbieten würde. Vielmehr soll die
Wasserrahmenrichtlinie dazu beitragen, eine gute Ge-
wässerqualität und eine wesentliche Verminderung der
anthropogen bedingten Grundwasserverschmutzung zu
erreichen. Dabei sollen nach Verabschiedung der Wasser-
rahmenrichtlinie auf Vorschlag der Kommission mit Zu-
stimmung des Rates und des Europäischen Parlaments
für bestimmte Stoffe, die für die aquatische Umwelt als
ein nicht akzeptables Risiko angesehen werden, europa-
weit Beschränkungen oder Verbote ausgesprochen wer-
den. Für welche Stoffe dies gelten wird, ist derzeit völlig
offen.
Anlage 5
Amtliche Mitteilungen
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla-
gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla-
ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung
abgesehen hat.
Innenausschuss
Drucksache 14/1936 Nr. 1.17
Finanzausschuss
Drucksache 14/2609 Nr. 1.18
Drucksache 14/2747 Nr. 2.36
Drucksache 14/2747 Nr. 2.39
Drucksache 14/2817 Nr. 1.1
Drucksache 14/2817 Nr. 2.6
Drucksache 14/2817 Nr. 2.16
Drucksache 14/2817 Nr. 2.18
Drucksache 14/2952 Nr. 2.13
Drucksache 14/3050 Nr. 2.8
Drucksache 14/3050 Nr.2.16
Haushaltsausschuss
Drucksache 14/2747 Nr. 2.43
Drucksache 14/2747 Nr. 2.49
Drucksache 14/2817 Nr. 2.2
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten
Drucksache 14/2609 Nr. 1.10
Drucksache 14/2747 Nr. 2.24
Drucksache 14/2747 Nr. 2.46
Drucksache 14/2817 Nr. 2.24
Drucksache 14/2817 Nr. 2.25
Druchsache 14/3050 Nr. 1.3
Drucksache 14/3146 Nr. 2.3
Drucksache 14/3146 Nr. 2.32
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union
Drucksache 14/2747 Nr. 2.53
Ausschuss für Kultur und Medien
Drucksache 14/1342 Nr. 2.2
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9730
(C)
(D)
(A)
(B)
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