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  • tocInhaltsverzeichnis
    Eintritt der Abgeordneten Kerstin Griese in den Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . 9645 A Tagesordnungspunkt 14: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2000 (Drucksache 14/3244) . . . . . . . . . . . . . . . . 9645 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 9645 B Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU . . . . . . . . . . . 9648 C Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9650 D Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9652 B Stephan Hilsberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . 9655 C Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9656 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9658 B Heinz Wiese (Ehingen) CDU/CSU . . . . . . . . 9659 B Willi Brase SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9661 A Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9661 D Eva-Maria Bulling-Schröter PDS . . . . . . . 9662 C Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9663 B Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9664 D Tagesordnungspunkt 15: a) Große Anfrage der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Reinhard Frhr. von Schorlemer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Schadenser- satzforderungen und -prozesse des Bundes gegen das Bundesland Nie- dersachsen im Zusammenhang mit Baustopps für das EndlagerGorleben in den Jahren 1990 bis 1994 (Drucksachen 14/1375, 14/2639) . . . . 9667 A b) Beschlussempfehlung des Petitionsaus- schusses Sammelübersicht 31 zu Petitionen (Gegen die friedliche Nutzung der Kern- energie) (Drucksache 14/564) . . . . . . . . . . . . . . 9667 A c) Beschlussempfehlung des Petitionsaus- schusses Sammelübersicht 69 zu Petitionen (Stilllegung von Atomkraftwerken und Ausstieg aus der Kernenergie) (Drucksache 14/1562) . . . . . . . . . . . . . 9667 A Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9667 B Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9668 C Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 9670 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 9672 C Eva-Maria Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . 9674 A Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9674 D Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . . . . 9676 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9677 D Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . 9678 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9680 D Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . 9682 A Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9682 C Plenarprotokoll 14/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung seuchen- rechtlicher Vorschriften (Seuchenrechts- neuordnungsgesetz) (Drucksachen 14/2530, 14/3194) . . . . . . . 9684 B Andrea Fischer, Bundesministerin BMG . . . . 9684 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl CDU/CSU . . . . . 9686 A Dr. Wolfgang Wodarg SPD . . . . . . . . . . . . . . . 9688 A Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9689 D Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9690 C Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksachen 14/2292, 14/2355, 14/3320) 9691 B Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . . . . . . 9691 C Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . . . . . 9693 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9695 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9697 A Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9697 D Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von den Abgeordneten Maritta Böttcher, Dr. Heinrich Fink, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums (Drucksache 14/3005) . . . . . . . . . . . . . . . . 9698 D Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9698 D Stephan Hilsberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9700 A Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 9701 C Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9702 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9703 C Cornelia Pieper F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9705 A Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Modellprojekt zum Heil- und Gewürzpflanzen-Anbau in Ostwestfalen-Lippe (Drucksache 14/3107) . . . . . . . . . . . . . . . . 9706 A Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9706 A Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Fraktion CDU/CSU: Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf nationa- ler und EU-Ebene beschleunigen (Drucksache 14/3096) . . . . . . . . . . . . . . . . 9706 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Marita Sehn, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Wettbewerbs- nachteile durch unterschiedliche Zulas- sungspraxis von Pflanzenschutzmitteln in Europa zügig abbauen (Drucksache 14/3298) . . . . . . . . . . . . . . . . 9706 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung derBundes- regierung zu Veröffentlichungen, wonach Bundesfinanzminister Eichel eine Er- höhung derMehrwertsteuer im nächsten Jahr plant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9707 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9707 A Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9708 B Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9708 C Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9709 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . . . . . . . . 9710 B Klaus-Peter Willsch CDU/CSU . . . . . . . . . . . 9711 B Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9712 A Diethard Schütze (Berlin) CDU/CSU . . . . . . 9713 B Nina Hauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9714 C Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9715 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9716 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 9717 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beatrix Philipp, Martin Hohmann, Thomas Strobl (Heilbronn), Günter Baumann, Sylvia Bonitz, Wolfgang Zeitlmann, Hartmut Koschyk, Dr. Hans-Peter Uhl, Meinrad Belle, Hartmut Büttner (Schönebeck), Irmgard Karwatzki, Marie-Luise Dött, Franz Romer, Anita Schäfer, Norbert Schindler, Ursula Lietz, Wolfgang Schulhoff, Ingrid Fischbach, Renate Diemers, Norbert Röttgen, Peter Hintze, Werner Lensing, Heinz Schemken, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000II Paul Breuer, Norbert Königshofen, Arnold Vaatz, Dr. Paul Laufs, Georg Girisch, Ilse Aigner, Kurt-Dieter Grill, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Bernd Siebert (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuord- nung seuchenrechtlicher Vorschriften (Seu- chenrechtsneuordnungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9718 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Modellprojekt zum Heil- und Gewürzpflanzen-Anbau in Ostwestfalen-Lippe (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 9718 C Marianne Klappert SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 9718 C Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9719 D Meinolf Michels CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9720 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 9720 D Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9721 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf nationaler und EU-Ebene beschleunigen – Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln in Europa zügig abbauen (Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . 9722 C Gustav Herzog SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9722 C Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9723 C Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9724 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9725 C Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9726 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9727 B Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BML 9728 C Anlage 5 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9730 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 III Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 Dr. Jürgen Gehb 9716 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9717 (C) (D) Altmaier, Peter CDU/CSU 12.05.2000 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 12.05.2000 Dr. Blank, CDU/CSU 12.05.2000 Joseph-Theodor Brüderle, Rainer F.D.P. 12.05.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 12.05.2000 Peter H. Dreßler, Rudolf SPD 12.05.2000 Dr. Dückert, Thea BÜNDNIS 90/ 12.05.2000 DIE GRÜNEN Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 12.05.2000 DIE GRÜNEN Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 12.05.2000 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ 12.05.2000 DIE GRÜNEN Flach, Ulrike F.D.P. 12.05.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 12.05.2000 Fuchs (Köln), Anke SPD 12.05.2000 Gebhardt, Fred PDS 12.05.2000 Glos, Michael CDU/CSU 12.05.2000 Göllner, Uwe SPD 12.05.2000 Gröhe, Hermann CDU/CSU 12.05.2000 Haschke (Großhenners- CDU/CSU 12.05.2000 dorf), Gottfried Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 12.05.2000 Hoffmann (Chemnitz), SPD 12.05.2000 Jelena Homburger, Birgit F.D.P. 12.05.2000 Dr. Hornhues, CDU/CSU 12.05.2000 Karl-Heinz Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 12.05.2000 Imhof, Barbara SPD 12.05.2000 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 12.05.2000 Klinkert, Ulrich CDU/CSU 12.05.2000 Kossendey, Thomas CDU/CSU 12.05.2000 Lehn, Waltraud SPD 12.05.2000 Leidinger, Robert SPD 12.05.2000 Lippmann, Heidi PDS 12.05.2000 Marquardt, Angela PDS 12.05.2000 Matschie, Christoph SPD 12.05.2000 Dr. Meister, Michael CDU/CSU 12.05.2000 Moosbauer, Christoph SPD 12.05.2000 Müller (Berlin), Manfred PDS 12.05.2000 Neuhäuser, Rosel PDS 12.05.2000 Neumann (Bremen), CDU/CSU 12.05.2000 Bernd Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 12.05.2000 DIE GRÜNEN Ohl, Eckhard SPD 12.05.2000 Pofalla, Ronald CDU/CSU 12.05.2000 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 12.05.2000 Ronsöhr, Heinrich-Wilhelm CDU/CSU 12.05.2000 Rühe, Volker CDU/CSU 12.05.2000 Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 12.05.2000 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 12.05.2000 Schily, Otto SPD 12.05.2000 Schindler, Norbert CDU/CSU 12.05.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 12.05.2000 Hans Peter Schüßler, Gerhard F.D.P. 12.05.2000 Schuhmann (Delitzsch), SPD 12.05.2000 Richard Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 12.05.2000 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 12.05.2000 Dr. Freiherr von Stetten, CDU/CSU 12.05.2000 Wolfgang Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 12.05.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (A) (B) Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 12.05.2000 Uldall, Gunnar CDU/CSU 12.05.2000 Wagner, Hans Georg SPD 12.05.2000 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 12.05.2000 Wieczorek (Duisburg), SPD 12.05.2000 Helmut Wieczorek-Zeul, SPD 12.05.2000 Heidemarie Wülfing, Elke CDU/CSU 12.05.2000 Zierer, Benno CDU/CSU 12.05.2000* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beatrix Philipp, Martin Hohmann, Thomas Strobl (Heilbronn), Günter Baumann, Sylvia Bonitz, Wolfgang Zeitlmann, Hartmut Koschyk, Dr. Hans-Peter Uhl, Meinrad Belle, Hartmut Büttner (Schönebeck), Irmgard Karwatzki, Marie-Luise Dött, Franz Romer, Anita Schäfer, Norbert Schindler, Ursula Lietz, Wolfgang Schulhoff, Ingrid Fischbach, Renate Diemers, Norbert Röttgen, Peter Hintze, Werner Lensing, Heinz Schemken, Paul Breuer, Norbert Königshofen, Arnold Vaatz, Dr. Paul Laufs, Georg Girisch, Ilse Aigner, Kurt-Dieter Grill, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Bernd Siebert (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuord- nung seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchen- rechtsneuordnungsgesetz – SeuchRNeuG) (Ta- gesordnungspunkt 16) Hiermit erklären wir, dass wir in der 2. und 3. Lesung des o. a. Gesetzes mit „Nein“ stimmen werden. Wir tun dies aus der Überzeugung, dass eine Absen- kung der seuchenrechtlichen Vorschriften und Standards, wie sie dieses Gesetz im Gegensatz zum bisher gültigen Seuchengesetz beinhaltet, nicht zu verantworten ist. Unsere Kritik bezieht sich im Wesentlichen auf fol- gende drei Punkte: Erstens. Auf die Einstellungsuntersuchungen bei in der (offenen) Lebensmittelherstellung Beschäftigten soll ver- zichtet und diese durch eine „Belehrung“ ersetzt werden. Zweitens. Die Untersuchungspflicht für Prostituierte soll ersatzlos wegfallen. Drittens. Die personenbezogenen Daten von Hepatitis- C-Virus-Trägern sollen spätestens nach drei Jahren gelöscht werden. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Modellprojekt zum Heil- und Gewürzpflanzen-Anbau in Ostwestfa- len-Lippe (Tagesordnungspunkt 19) Marianne Klappert (SPD): Auch wenn die Presse in eher despektierlicher Form über diesen F.D.P.-Antrag ge- schrieben hat – von Artischocken im Bundestag war da die Rede oder von Würzigem aus dem Bundestag –, wol- len wir diesen Antrag dennoch ernst nehmen, weil er im Grundsatz durchaus eine richtige Zielrichtung hat: einer sich im Strukturwandel befindlichen Landwirtschaft an- dere Produktions- und damit Einkommensmöglichkeiten zu eröffnen. Ich will aber nicht verhehlen, dass mir der Zeitpunkt dieses Antrags – er datiert vom 5. April dieses Jahres – und die Tatsache, dass eine Debatte darüber bereits heute stattfindet, darauf abzuzielen scheinen, nicht allein dem Heil- und Gewürzpflanzenanbau in Ostwestfalen-Lippe auf die Sprünge zu helfen, sondern auch dem zarten Pflänzchen F.D.P. in Nordrhein-Westfalen einen Vorwahl- Wachstums-Schub zu geben. Und ohne jetzt in eine Urheberrechtsdebatte eintreten zu wollen, gestatte ich mir doch den Hinweis, dass der An- trag der F.D.P. an eine Idee anknüpft, die durch die Bä- derstädte in der Region und die zuständigen Kreise und damit wesentlich durch Sozialdemokraten 1997 im Hin- blick auf die EXPO 2000 geboren wurde: die Idee eines Heilkräutergartens in der Region. Aber auch diese Anknüpfung ist legitim, wenn es sich dabei nicht um eine parlamentarische Initiative mit Halb- wertzeit bis zum Wahltag handelt, sondern um ein durch- dachtes und unterstützenswertes Konzept. Daran aber habe ich – noch! – meine Zweifel. Zunächst: Wir unterstützen jede Initiative, die darauf abzielt, neue Einkommensmöglichkeiten für die Land- wirtschaft zu eröffnen, jede Initiative, die durch die Be- griffe Nachhaltigkeit, Produktsicherheit und Wirtschaft- lichkeit gekennzeichnet ist. Deshalb ist der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in Deutschland eine gute und – darüber besteht Konsens auch mit dem Bundesminister – grundsätzlich förde- rungswürdige Sache. Da der Markt für pflanzliche Arzneimittel in Deutsch- land und Europa eine steigende Tendenz aufweist, zudem der Selbstversorgungsgrad in Deutschland ausgesprochen gering ist – das schreiben Sie ja auch richtig in Ihrem An- trag –, bietet sich hier eine Möglichkeit für einheimische Produzenten. Insofern wäre auch gegen einen Heil- und Gewürz- pflanzenanbau in Ostwestfalen-Lippe nichts einzuwen- den. Dass zumindest der Gewürzpflanzenanbau dort mög- lich ist, geht nicht nur aus der Antragsbegründung hervor, sondern auch aus der mir zugegangenen Information, dass in dieser Region früher schon einmal Gewürzpflanzenan- bau in größerem Stil betrieben worden ist – und das, wie Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9718 (C) (D) (A) (B) mir die Landwirtschaftskammer gesagt hat, mit gutem Er- folg. Aber es bleiben Fragen, entscheidende Fragen, auf die in der zukünftigen Ausschussberatung befriedigende Ant- worten gefunden werden müssen. Die erste wesentliche Frage: Gibt es überhaupt genü- gend geeignete Fläche zum Anbau einer solchen Sonder- kultur in größerem Umfang? Da gibt es durchaus wider- sprüchliche Aussagen. Einerseits berichtet die Landwirt- schaftskammer von durchaus vorhandenen Ackerflächen, andererseits ist aber auch zu fragen, ob diese so ohne wei- teres kurzfristig umgewidmet werden können. Es kann dabei tatsächlich nur um frei gewordene Ackerflächen ge- hen, keinesfalls darum, Grünland in Ackerfläche umzu- wandeln. Das mittelfristige Entwicklungskonzept für Ost- westfalen-Lippe weist darauf hin, dass seit vielen Jahren ein erheblicher Rückgang von Grünland in Ostwestfalen- Lippe durch Umwandlung in Ackerland festzustellen sei, was für die auf diese Flächen spezialisierten Pflanzen und frei lebende Tierwelt eine hohe Gefährdung darstelle. Die zweite wesentliche Frage: Kann dauerhaft ge- währleistet werden, dass die für die Rohstoffversorgung aus heimischer Produktion besonders bedeutsamen Aspekte wie höchste Qualität, Liefersicherheit, Anbau unter hohen ökologischen und sozialen Standards und Schutz von bedrohten Arten – kein Raubbau an der Wild- flora – beachtet werden? Die Kollegin Teuchner hat ja schon darauf hingewie- sen, dass deutsche Produzenten nur wettbewerbsfähig sind, wenn sie sich ganz auf Qualitätserzeugung konzen- trieren, Stichwort: Kontrollierter Integrierter Anbau, der die innere und äußere Qualität der Erzeugnisse garantiert und gleichzeitig umweltschonende Anbauverfahren. Dritte Frage: Bietet die Region besonders günstige Voraussetzungen für einen großflächigen Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen? Dabei sind nicht nur die Bo- denqualität und die klimatischen Voraussetzungen zu be- achten, sondern auch die Frage, ob sich die Region Ost- westfalen-Lippe gegenüber anderen Regionen besonders auszeichnet. Da bin ich mir nicht sicher. Die Nähe von Heilbädern allein und der Hinweis auf die Gesundheitsre- gion Ostwestfalen-Lippe spielt nach meinem Dafürhalten für den erfolgeichen Anbau und die Vermarktung eine eher untergeordnete Rolle. Zwar formuliert das mittelfris- tige Entwicklungskonzept für Ostwestfalen-Lippe, dass die Möglichkeit des Anbaus landwirtschaftlicher Spezial- kulturen für Marktnischen zu verfolgen und dabei der Vorteil regionaler Absatzmöglichkeiten zu berücksichti- gen sei. Aber es ist die Frage zu beantworten, ob das für die Produktion von Heil- und Kräuterpflanzen möglich ist. Und die vierte wesentliche Frage: Rechnet sich das auf Dauer? Ein Modellprojekt macht ja nur dann Sinn, wenn es in absehbarer Zeit aus dem Modellstadium heraustre- ten und sich aus eigener Kraft am Markt behaupten kann. Das berührt unmittelbar die Frage, in welcher Weise und auf welche Dauer ein solches Produkt durch öffentliche Mittel gefördert werden kann. Sie formulieren in der Begründung Ihres Antrags, dass die EU-Agrarpolitik zu einer immer stärkeren Abhängig- keit der Landwirte von staatlichen Zuschüssen führe. Wenn Sie dann in Ihrem Antrag eine Anschubfinanzie- rung fordern, dann nehme ich Ihnen ab, dass Sie auch nur eine Anschubfinanzierung meinen. Es kann ja nicht sein – und widerspräche Ihrem Begründungstext –, dass der An- bau von Heil- und Kräuterpflanzen dauerhaft am Subven- tionstropf hinge. Aber auch sonst habe ich – ebenso wie meine Kollegin Teuchner – Bedenken gegen eine finanzielle Förderung des Projektes durch den Bund, und das nicht nur aus haus- haltspolitischen Überlegungen, sondern auch, um Be- nachteiligungen bereits am Markt etablierter Produzenten zu vermeiden. Aus diesem Grunde kann nach meinem Dafürhalten der Bund auch nicht sozusagen Veranstalter eines solchen Projektes sein, wie Sie es fordern. Er kann aber – und darüber können wir in den Ausschussberatun- gen reden – entsprechende Eigeninitiativen begleitend – begleitend, aber nicht verantwortlich! – fördern, zum Bei- spiel durch die Bereitstellung von Beratungsleistungen. Sie schreiben in Ihrem Antrag richtig, dass ein Ver- tragsabschluß von Landwirten mit Arzneimittelherstel- lern oder sonstigen Abnehmern die wichtigste Vorausset- zung für die erfolgreiche Produktion ist. Insofern halte ich Ihre Anstrengungen, Erzeuger und Verarbeiter in der Re- gion Ostwestfalen-Lippe zusammenzubringen, für durch- aus begrüßenswert. Und dann erscheint es mir sinnvoll, wenn kooperationswillige Landwirte und Firmen in der Region versuchen, über schon vorhandene Strukturen, zum Beispiel über den Fachausschuss für Arznei-, Ge- würz- und Aromapflanzen, behutsam und strategisch und gut geplant Fuß zu fassen. Wir halten die Idee, Landwirten eine Nischenproduk- tion durch Heil- und Gewürzpflanzen zu ermöglichen, für durchaus begrüßenswert. Ob das allerdings in der Form der in Ihrem Antrag erhobenen Forderungen möglich ist oder ob eine andere Form der Unterstützung von Eigen- initiative in diesem Bereich gefunden werden muss, darü- ber wird in den Beratungen zu reden sei. Jella Teuchner (SPD): 10 000 Hektar Arznei- und Gewürzpflanzen werden in Deutschland angebaut. Etli- che landwirtschaftliche Betriebe haben sich mit dem An- bau dieser Sonderkulturen eine Einkommensalternative erschließen können. Zentren des Anbaus haben sich he- rausgebildet, vor allem in Bayern und Thüringen. Nach dem Willen der F.D.P. soll in der Region Ostwestfalen- Lippe ein weiteres Zentrum des Arznei- und Gewürz- pflanzenanbaus als Modellprojekt mit Anschubfinanzie- rung aus Bundesmitteln entstehen. Ich halte es für richtig, den Landwirten Einkommensalternativen zu erschließen. Arznei- und Gewürzpflanzen sind für einige Betriebe eine Möglichkeit. Ich finde es allerdings interessant, dass gerade die Liberalen dazu Wettbewerbsverzerrungen in einem sensiblen Marktsegment in Kauf nehmen. Arzneipflanzen gewinnen heute wieder zunehmend an Bedeutung. Damit ergeben sich auch weitere Absatz- möglichkeiten für die Hersteller der Arzneipflanzen. Der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9719 (C) (D) (A) (B) vermehrte Anbau macht dies deutlich; er macht auch deut- lich, dass etliche landwirtschaftliche Betriebe diese Marktchance bereits für sich nutzen konnten. Der Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen ist eine Nische, die aus- gefüllt werden sollte. Wir müssen uns aber auch darüber klar sein, dass in einer Nische nicht unbegrenzt Platz ist. Ein Blick auf den Markt für Arznei- und Gewürzpflanzen zeigt folgendes Bild: 95% des Anbaus von Arznei- und Gewürzpflanzen erfolgt als Vertragsanbau. Der Standort- vorteil der deutschen Produktion ist die enge Verzahnung von Produzent und Abnehmer. Sowohl Qualitätsstandards als auch Sorten können koordiniert gesetzt bzw. angebaut und abgesetzt werden. Als Hemmnisse gelten aus Sicht der Anbauer die langjährig gewachsenen Geschäftsbezie- hungen zwischen Importeuren und ausländischen Han- delspartnern, die Unkenntnis vieler Abnehmer über die Anbaumöglichkeiten im Inland, fehlende Beratungsinsti- tutionen für die Landwirte und fehlende Sorten, Pflan- zenschutzmittel und Anbautechnologien. Ein Vertragsabschluss von Landwirten mit Arzneimit- telherstellern ist somit eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Produktion. Sie sind trotz billigerer Lie- feranten aus dem Ausland wettbewerbsfähig, wenn sie eine reproduzierbare und standardisierte Qualität liefern können. Ständige Qualitätskontrolle ist die Grundvoraus- setzung dafür, dass die Produkte auch abgesetzt werden können. Qualitätssicherung nach ISO 9002 wird dazu ge- nauso eingesetzt wie ein abnehmerkontrollierter Vertrags- anbau. Wir sollten die Landwirte unterstützen, die Hemmnisse zu überwinden, wo es möglich und sinnvoll ist. Ich sehe dazu verschiedene Möglichkeiten: die Unterstützung der Landwirte in der Qualitätssicherung, die Förderung der Kooperation von Landwirten und Abnehmern und die fachliche Hilfestellung beim Einstieg in die Produktion von Arznei- und Gewürzpflanzen. Eine Anschubfinanzie- rung für notwendige Erstinvestitionen für zusätzliche Produktion ist dagegen problematisch: Die Pioniere im Heil- und Gewürzpflanzenanbau haben mit erheblichen Eigenmitteln Methoden und Maschinen entwickelt, ver- bessert und finanziert. Eine Finanzierung der Erstausstat- tung für die Konkurrenzproduktion würde den Wettbe- werb erheblich verzerren. Anreize zur Verbesserung der Anbautechnologien würden genommen. Der unkoordi- nierte, zusätzliche Anbau von Arznei- und Gewürzpflan- zen kann zum Einbrechen der Märkte führen. Der Anbau von Arznei- und Heilpflanzen soll unter- stützt werden. Die Unterstützung muss die Chancen, die sich bieten, erschließen; sie darf sie allerdings nicht ge- fährden. Meinolf Michels (CDU/CSU): Frau Kopp hat mit ihrem Antrag eine Nische aufgezeigt. Für die Gesund- heitsregion Ostwestfalen-Lippe mit vielfältiger Bäder- landschaft, mit ihrer landwirtschaftlichen Struktur könnte der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen eine Chance bedeuten. Fest steht, dass die Nachfrage an Heil- und Gewürz- pflanzen zunimmt. Steigender Bedarf der Bäder vor Ort besonders für Kamille, Fenchel, Johanniskraut, Spitzwe- gerich, Majoran, Thymian, so genannte Arznei- und Ge- würzdrogen, ist festzustellen. Auf einer Anbaufläche von circa 6 000 Hektar werden zurzeit in Deutschland aber nur 10 Prozent des Bedarfs gedeckt. Das bedeutet, dass circa 90 Prozent der Heil- und Gewürzkräuter importiert wer- den. Hierbei handelt es sich um die Produktion von circa 55 000 Hektar. Das Ziel muss sein: Bedarf durch eigene Produktion decken. Für das Pilotprojekt muss die Bundesregierung die Rahmenbedingungen schaffen: a) Zur EU-Konformität. Es ist zu bedenken, dass für den pflanzlichen Bereich, eingeschlossen die Heil- und Gewürzpflanzen, die Harmonisierungsvorhaben zum Pflanzenschutz, zum Saat- und Pflanzgut, zum Dünge- mitteleinsatz und zum Lebensmittelrecht noch nicht ab- geschlossen sind. b) Eine Prüfung hat zu erfolgen, wie die Pilotmaß- nahme ans Laufen gebracht und die Abnahme sicherge- stellt werden kann. Seitens der Regierung sollte die Übernahme der Kos- ten im nächsten Haushalt für einen Projektberater, der als Katalysator und Berater für zu bildende Erzeugergemein- schaften tätig ist, zugesagt werden. Denn es ist richtig: Erzeugergemeinschaften sichern Weltmarktpreise; mehrjährige Vertragsbindungen wegen Ertragszeit sind notwendig; von der Abnehmerseite wer- den homogene Produkte und größere, marktinteressante Mengen gefragt. Für die Landwirte kann der Anbau nur auf der Grund- lage sicherer Anbauverträge erfolgen. Zur Rentabilität. Beispiel: Bernburg in Sachsen-An- halt. Hohe Trockenkosten bedingten den Ausstieg dieser Firma. Für einzelne Kräuterarten fallen pro Hektar im Schnitt 5 000 DM Trockenkosten an; Beispiel: Johannis- kraut. Voraussetzung ist daher: sinkende Energiekosten. Zum Beispiel hatte die Anbaugemeinschaft Bernburg allein durch die Verteuerung der Energiekosten zusätzli- che Kosten von 32 000 DM. Der Ausblick. Der Antrag ist prüfungswürdig. Die Re- gierung muss Rahmenbedingungen festlegen und EU- Konformität herstellen. Unsere Fraktion beteiligt sich konstruktiv und fördernd an der Pilotmaßnahme. Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Es wird wieder spannend im Bundestag“, schrieb gestern die „Berliner Morgenpost“ unter dem Titel „Liberale und ihre Leidenschaften“. In der Tat beobachtet meine Fraktion mit Spannung, wie die F.D.P. versucht, sich zwei Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen noch flugs ein grünes Image zu verpassen. Bedauerlich für Sie, dass Sie nicht schon vor der Bundestagswahl 1998 auf die Idee ge- kommen sind, den Antrag zu stellen, das neue Regie- rungsviertel in Berlin – bzw. den Platz vor dem Reichs- tagsgebäude – mit Heil- und Gewürzpflanzen zu begrü- nen. Womöglich hätten Sie damit die rot-grüne Bundesregierung verhindert und die Besucherinnen und Besucher Berlins könnten jetzt die Düfte von Rosmarin, Thymian oder Oregano genießen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9720 (C) (D) (A) (B) Ihrem agrarpolitischen Sprecher ist aber offenbar nicht ganz wohl bei diesem Antrag, daher hat er die Brennnes- seln Frau Kopp überlassen. Es wundert mich schon, dass Sie von der F.D.P., die Sie sich doch als Sachwalter des freien Marktes verstehen, hier plötzlich nach staatlicher Subvention rufen. Und dies für eine Produktionsnische, die Sie zufällig im Wahlkreis von Frau Kopp als beson- ders geeignet lokalisieren. An dieser Stelle muss endlich einmal darauf hingewie- sen werden, dass auch die Region Anhalt mit den Städten Dessau, Wittenberg, Bitterfeld und Bernburg besonders geeignet für verschiedene Modellprojekte ist. Das erheb- liche Potenzial der Region mit Bauhaus, Wörlitzer Gar- tenreich, Lutherstadt Wittenberg oder der „Stadt aus Ei- sen“ Ferropolis und den reichhaltigen Erfahrungen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner bietet vielfältige Mög- lichkeiten in dieser Hinsicht. Aber sehen wir uns einmal an, worum es beim Heil- und Gewürzpflanzenanbau geht: In Deutschland werden heute zwischen 4 000 und 10 000 Hektar Heil- und Ge- würzpflanzen angebaut. Bereits die Variationsbreite die- ser Größenordnungen weist darauf hin, dass Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit von Heil- und Gewürzpflanzen zu beachten sind: Heil- und Gewürzpflanzen, deren An- bau als nachwachsende Rohstoffe auf stillgelegten Flächen erlaubt ist, haben andere wirtschaftliche Rah- menbedingungen als diejenigen, die sich ohne Stillle- gungsprämie zu Weltmarktpreisen behaupten müssen. Richtig ist, dass sich aus dem geringen Selbstversor- gungsgrad mit Heil- und Gewürzpflanzen in Deutschland erhebliche Anbaupotenziale ergeben. Aber die Schlüssel- frage ist doch nicht, welche Mengen an Heil- und Ge- würzpflanzen wir in Deutschland aufgrund der Tempera- tur- und Niederschlagsverhältnisse anbauen könnten, son- dern: Wie wirtschaftlich ist deren Anbau für den einzelnen Landwirt und wie finden diese Erzeugnisse ihre Abneh- mer? Bündnis 90/Die Grünen sehen ebenso wie die rot- grüne Bundesregierung einen Schwerpunkt zukunftsfähi- ger Landwirtschaft in Deutschland im Anbau nachwach- sender Rohstoffe. Hierzu zählt auch das Segment der Heil- und Gewürzpflanzen. Das Landwirtschaftsministe- rium des Landes Nordrhein-Westfalen hat in diesem Be- reich Modellprojekte gefördert, wie beispielsweise das Modellprojekt zur Gewinnung ätherischer Öle aus Ge- würzpflanzen im Kreis Borken. Die Erfahrungen, die dort gewonnen wurden, sind durchaus auch auf den Kreis Westfalen-Lippe übertragbar. Die Landwirte zeigen einen hohen Grad an Flexibilität bei anbautechnischen und Auf- arbeitungsfragen. Hier besteht auch im Kreis Westfalen- Lippe das fachmännische Know-how. Hierin sehe ich kein Problem. Eine Anschubförderung für den Anbau, wie sie die F.D.P. in ihrem Antrag verlangt, zielt aber am Kern des Problems vorbei: Anbau und Absatz von Heil- und Ge- würzpflanzen wird in der Region Westfalen-Lippe wie auch andernorts nur dann ein langfristig tragfähiges Standbein für die regionalen Erzeuger und Verarbeiter, wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Hier mit staat- lichen Geldern einen neuen Subventionstatbestand aufzu- machen, der an den wirtschaftlichen Realitäten vorbei- geht, wäre grundfalsch. Die Erfahrungen aus NRW zei- gen, dass an erster Stelle immer die Erkundung des Mark- tes stehen muss. Zunächst müssen die Marktlücken und Absatzpotenziale identifiziert sowie Abnahmeverträge zwischen Landwirten und Verarbeitern ausgehandelt wer- den. Der Anbau ist dann das geringste Problem. Bundesregierung und Landesregierung NRW stimmen hierin völlig überein, dass eine finanzielle Anbauförde- rung nicht der richtige Weg ist, sondern dass neue Pro- duktlinien im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe all- gemein, aber auch im Heil- und Gewürzpflanzenbereich nur dann langfristig zu tragfähigen wirtschaftlichen Ent- wicklungen führen, wenn zu Marktbedingungen produ- ziert werden kann. Wenn ich mir daraufhin den F.D.P.-An- trag ansehe, so ist dieser Aspekt vollkommen ausgeblen- det. Der Heil- und Gewürzpflanzenanbau könnte tatsächlich ein interessantes Projekt in der Region Ost- westfalen-Lippe sein, aber er stagniert ja nicht deswegen, weil es keine Fördermittel dafür gibt, sondern weil die Länder Mittel- und Osteuropas hier erhebliche Preis- und Produktionsvorteile haben, mit denen unsere Erzeuger häufig nicht konkurrieren können. Ich glaube, dass wir hier nur über das Qualitätssegment weiterkommen. Unsere heimischen Erzeuger müssen sich so weit qualifizieren, dass sie Marktbereiche mit gehobe- nen Qualitätsansprüchen bedienen können. Hier sehe ich in der Tat Möglichkeiten der staatlichen Unterstützung in Form von Forschung und Beratung. Bündnis 90/Die Grü- nen werden den Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in diesem Sinne auch in Zukunft unterstützen. Kersten Naumann (PDS): Heil- und Gewürzpflan- zen werden mit langer Tradition in vielen Gegenden Deutschlands angebaut. Zu den größten Anbaugebieten gehören Bayern und Thüringen. Hier haben sich feste Strukturen mit Verbänden und engen Beziehungen zur Pharmaindustrie herausgebildet. Nun argumentiert die F.D.P. in ihrem Antrag damit, dass der Selbstversorgungsgrad bei Arznei- und Gewürz- pflanzen nur 10 Prozent beträgt. Sie verschweigt aber, dass landwirtschaftliche Betriebe, die bisher diese Roh- stoffe produzieren, erhebliche Absatzschwierigkeiten ha- ben. Die Hauptursache dafür sind die Einsparungsmaß- nahmen im Gesundheitsbereich durch die alte und neue Bundesregierung. Hinzu kommen Auseinandersetzungen um die ge- sundheitliche Wirksamkeit von Arzneipflanzen bzw. über die durch sie verursachten Nebenwirkungen. Natur- heilverfahren haben gegen die Pharmaindustrie einen schweren Stand. Sie will ihre Präparate verkaufen und duldet keine Konkurrenz. Lässt sich die Wirksamkeit ei- nes Naturprodukts trotz gut bezahlter Wissenschaftler nicht widerlegen, dann wird versucht, ein Patent darüber zu erwerben und am Weltmarkt Gewinn bringend umzu- setzen. Der Markt für Heil- und Gewürzpflanzen ist unregu- liert, unterliegt also ungeschützt den Schwankungen auf dem Weltmarkt. Das erfahren die Anbauer von Johannis- kraut gerade sehr schmerzlich. Der Markt dafür ist in den Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9721 (C) (D) (A) (B) USA zusammengebrochen. In Deutschland wurden des- halb die Anbauverträge gekündigt. Als Folge davon müs- sen aktuell im Thüringer Verband für Heil- und Gewürz- pflanzen 200 Hektar Johanniskraut umgebrochen werden. Der dadurch entstehende Schaden wir auf 1,2 Millionen DM geschätzt. Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen ist nur wirt- schaftlich zu betreiben, wenn die Erzeuger langfristige Verträge mit der Pharmaindustrie haben. Die kauft aber dort, wo die Rohstoffe oder die Grundprodukte – Essen- zen – am billigsten zu bekommen sind. Und das ist bei 90 Prozent des Gesamtumsatzes im Ausland, nicht zuletzt in China. Besonders der Import aus Osteuropa wächst. Mit der Osterweiterung der EU werden sich die Chancen für den Heil- und Gewürzpflanzenanbau in Deutschland weiter verschlechtern. In den vergangenen Jahren wurden in dem Thüringer Verband etwa 1 500 Hektar angebaut. Der Verband be- fürchtet in diesem Jahr einen Rückgang auf etwa 1 000 Hektar. Wenn es den Antragstellern aus der F.D.P. darum ginge, ein Beispiel für einen modernen Heil- und Gewürzpflanzenanbau zu schaffen, dann könnte man das viel besser in Thüringen oder Bayern realisieren. Die Landwirtschaft in Ostdeutschland hat noch immer mit dem Transformationsprozess der deutschen Einheit zu kämpfen. 80 Prozent der Arbeitsplätze gingen verloren. Und in der Landwirtschaft Thüringens beträgt die Ar- beitslosigkeit 24 Prozent. Wenn also im Bundeshaushalt Geld übrig sein sollte, dann ist ein Modellprojekt in Thüringen besonders gut durchzuführen. Eine Verschärfung des Wettbewerbs bei Heil- und Ge- würzpflanzen mit staatlichen Mitteln halten wir für kon- traproduktiv. Der Anbau dieser Sonderkulturen setzt zum Beispiel den Aufbau geeigneter Trocknungsanlagen vo- raus. Soll sich durch das Modellprojekt Ostwestfalen- Lippe der Auslastungsgrad der Anlagen in Thüringen und Bayern weiter verschlechtern? Könnten sich die Betriebs- wirtschaftler in der F.D.P. vorstellen, dass die Pharmain- dustrie vor allem an großen und einheitlichen Partien in- teressiert ist, die in Ostdeutschland besonders günstig hergestellt werden können? Halten die F.D.P.-Betriebs- wirtschaftler die Bauern in Ostdeutschland für so dumm, dass sie Marktchancen nicht nutzen würden, wenn es sie denn gäbe? Abschließend kann man den Anhängern des Neolibe- ralismus in der F.D.P. nur sagen: Versuchen Sie nicht, we- gen eines Erfolgs bei den Landtagswahlen ein betriebs- wirtschaftliches Projekt auf die Schienen zu setzen, das Sie entsprechend Ihrer Wirtschaftsphilosophie eigentlich ablehnen müssten. Diese Inszenierung glaubt ihnen doch keiner. Die Heil- und Gewürzpflanzenanbauer in der Bundes- republik brauchen das Modellprojekt nicht. Eine wirkli- che Hilfe für sie wäre, wenn die Pharmaindustrie dazu ge- drängt würde, mehr Verträge abzuschließen. Tatsächlich würde die F.D.P. bei der Annahme ihres Antrags diese In- dustrie bedienen. Sie könnte bei einem steigenden Ange- bot von Heil- und Gewürzpflanzen einen noch stärkeren Druck auf die Anbauer ausüben und die Aufkaufpreise weiter drücken. Sollten Sie noch Fragen haben, dann informieren Sie sich bitte bei den Landwirten, die um den Absatz ihrer Produkte kämpfen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf nationaler und EU- Ebene beschleunigen: – Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln in Europa zügig abbauen (Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord- nungspunkt 3) Gustav Herzog (SPD): Im September 1997 präsen- tierte die frühere Bundesregierung ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Pfanzenschutzgesetzes. Der damalige Parlamentarische Staatssekretär Gröbl sagte in der De- batte: „Damit in den Betrieben keine Lücken bei der Bekämpfung von Schadorganismen auftreten, hat die Bundesregierung im vorliegenden Gesetzentwurf Vor- sorge getroffen“. Heute, meine Damen und Herren, beraten wir zwei An- träge der gleichen Fraktionen, die das Eingeständnis der Tatsache sind, dass diese Kalkulation völlig daneben ge- legen hat. Das Lückenproblem besteht seit mehr als zehn Jahren und die Indikationszulassung im neuen Pflanzen- schutzgesetz, die zum 1. Juli 2001 vorgeschrieben ist, würde das Problem ohne die geeigneten Lösungsstrate- gien – mein Kollege Thalheim wird darauf eingehen – verschärfen. So ganz verstehe ich im Übrigen nicht, warum Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der F.D.P.-Fraktion im September abwarten, denn dann wer- den wir ohnehin eine längere Debatte haben. Jetzt er- scheint es mir eher so, dass Sie mit diesen ziemlich sub- stanzlosen Anträgen einfach ein bisschen Stunk machen wollen und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo sich erste Erfolge der harten Arbeit der beteiligten Behörden und aller anderen Beteiligten einstellen. Ihre Anträge zei- gen zwar zu Recht ein Problem auf, aber leider keine ge- eignete Lösung dazu. 313 Lücken veröffentlichte der Bundesanzeiger 1993, davon konnten 212 geschlossen werden. Die Bundesre- gierung hat alle nur möglichen administrativen Voraus- setzungen zum Schließen von Lücken geschaffen. Dazu sind in der vergangenen Zeit enorme Anstrengungen un- ternommen worden. Biologische Bundesanstalt und Um- weltbundesamt wurden mehrfach an einen Tisch geholt. Ich darf daran erinnern, dass wir uns auch im Ernährungs- ausschuss schon öfter damit beschäftigt haben. Diese Bemühungen waren in manchen Fällen bereits sehr er- folgreich vor allem der Kernobstanbau hat hiervon profi- tiert. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9722 (C) (D) (A) (B) Im Grunde ist die Diskussion um die Lücken doch ei- gentlich eines der vielen „Wer hat den schwarzen Peter?“- Spiele. Für mich hat einen der schwarzen Peter eindeutig die agrarchemische Industrie. Ihre Vertreter haben an- gekündigt, dass sie von den derzeit 800 alten Wirkstoffen nur 200 gegenüber der EU-Kommission verteidigen wol- len, sprich: Nur mit diesen 200 will man sich Mühe geben, und damit meine ich auch finanzielle Mühe. Das heißt: Die Pflanzenschutzmittel-Industrie, die sich doch so oft und gerne als guter Freund und Helfer der Landwirtschaft versteht, versagt der Landwirtschaft und vor allem dem Obst- und Gartenbau an dieser Stelle ein wenig Solidarität. Für große Kulturen mit gängigen Pflanzenschutzproblemen gibt es immer genügend zuge- lassene Wirkstoffe und auch innovative, umweltfreundli- chere Lösungen. Dafür werden dann auch zuhauf Berater und Vertreter herumgeschickt, denn hier sind die Profite zu erwarten. Für kleinere Kulturen, wie Tabak und Hop- fen, lohnen sich weder Forschungs- und Entwicklungs- kosten noch Zulassungsverfahren für neue innovative Wirkstoffe. Das mag unter rein ökonomischen Gesichts- punkten Sinn machen, ich nenne es trotzdem unsolida- risch. Ich verspreche mir einiges davon, dass sich die In- dustrie mit den beteiligten Behörden an einen Tisch setzt, um so genannte „Round-Table-Gespräche“ zu führen. Genauso nehmen wir an dieser Stelle ausdrücklich auch die berufsständischen Vertretungen in die Pflicht: Auch Sie, die Bauernverbände, die Gartenbau- und die Weinbauverbände, die Zierpflanzenbauer etc., etc. haben sich bereits seit In-Kraft-Treten des neuen Pflanzen- schutzgesetzes 1998 die Möglichkeit, eigene Anträge zur Schließung von Lücken nach § 18 des Pflanzenschutzge- setzes zu stellen. Ich habe einmal nachgefragt: Die Ant- wort war ernüchternd: 1, in Worten: Ein einziger Antrag ist von den Tabakanbauern gestellt worden! Wir fordern Sie dazu auf mitzuarbeiten: Befragen Sie Ihre regionalen Anbauer nach den tatsächlichen Lücken! Machen Sie eine Bestandsaufnahme und stellen Sie die Anträge bei der Biologischen Bundesanstalt! Vor allem, wenn es sich um „einfache“ Fälle handelt, zum Beispiel wenn nur eine weitere Zierpflanze hinzugenommen wer- den soll. Solche einfachen Fälle kosten Sie in den meisten Fällen nichts oder kaum etwas und erleichtern vielen Landwirten die Arbeit. Kommen Sie herunter von dem Ross: Das ist Sache der Industrie, die haben die Zulassungen immer selber bean- tragt, die sollen auch dafür haften, wenn was schief geht, und der Staat soll sehen, wie er die Industrie zum Jagen trägt. Fordern Sie die agrarchemischen Unternehmen ebenfalls dazu auf, nicht nur an der Landwirtschaft ver- dienen zu wollen. Und wenn Sie sich die Bilanzen der agrarchemischen Abteilungen der großen Unternehmen ansehen: Man verdient gut an der Landwirtschaft! Die Bundesregierung wird derweil ihre Anstrengungen in Brüssel intensivieren und auf die zügige Überprüfung der alten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe drängen. Mir scheint, dass der Kommission die Brisanz der Lage immer noch nicht wirklich klar ist. Außerdem brauchen wir aus Brüssel eine schnellere Zulassung der Altwirkstoffe, da- mit wir gleichzeitig den teilweise bestehenden ungleichen Wettbewerbsbedingungen begegnen können. Im Herbst werden wir uns, wie schon erwähnt, hier zu einer großen Pflanzenschutzdebatte sehen. Kurz vorher hat sich die Bundesregierung nochmals mit allen Betei- ligten zusammengesetzt und beraten, mit wie vielen Kom- plikationen wir in das Jahr der Umstellung auf die Indi- kationslösung gehen werden. Ich hoffe, dass es nicht so viele sind, damit wir auch andere interessante Entwick- lungen im Pflanzenschutz diskutieren können. Helmut Heiderich (CDU/CSU): In den Debatten um die Zukunft der Landwirtschaft hört man – insbesondere vonseiten der Regierungsparteien – immer wieder den Einwurf, die bäuerlichen Betriebe müssen sich dem inter- nationalen Wettbewerb stellen. Abgesehen von den neuen wettbewerbsverzerrenden Belastungen, welche die Bun- desregierung zurzeit der deutschen Landwirtschaft auf- bürdet, stellt sich die Lage bei genauerem Hinsehen meist anders dar, so auch jetzt wieder bei der Zulassung von be- währten Pflanzenschutzmitteln im integrierten Pflanzen- bau. 1991 hatte die EU beschlossen, die gut 800 Pflanzen- schutzwirkstoffe auf EU-Ebene in den nächsten zwölf Jahren zu harmonisieren. Für ganze zwei Wirkstoffe ist dies nunmehr nach neun Jahren gelungen. Diese Erfah- rung können wir gar nicht anders beantworten als mit der Forderung, die Abschlussfrist um weitere drei Jahre auf 2006 zu verlängern. Denn es ist für alle Beteiligten ein- deutig klar, dass es im vorgegebenen Zeitrahmen zu kei- ner auch nur annähernden Problemlösung kommen wird. Hinzu kommt, dass in Deutschland Pflanzenschutzmit- tel ab dem 1. Juli 2001 nur noch im beantragten und fest- gesetzten Anwendungsbereich eingesetzt werden dürfen. Dies hat zur Folge, dass in vielen Bereichen des inte- grierten Pflanzenbaus, vor allem aber bei der Obst- und Gemüseerzeugung bewährte und zuverlässige Präparate nicht mehr angewandt werden dürfen. Damit entstehen, wie schon jetzt absehbar, Anwendungslücken, das heißt, Situationen, in denen der Landwirt keine Möglichkeit mehr hat, eintretenden Schädlingsbefall zu verhindern oder diesem entgegenzuwirken. Setzt der Landwirt seine gute fachliche, wissenschaftlich und umweltrechtlich an- erkannte Praxis unter Nutzung der alten Präparate fort, be- gibt er sich in die Gefahr eines Gesetzesverstoßes. Wir sind als CDU/CSU-Fraktion nicht bereit, die ne- gativen Auswirkungen von überhöhten bürokratischen Anforderungen einerseits und der Unfähigkeit, mit den selbst vorgegebenen Zielen fertig zu werden, andererseits den deutschen Landwirten aufzubürden. Sie sind an die- sen Problemen nicht nur unbeteiligt, sie haben im Gegen- teil über Jahre hinweg das System des an Schadschwellen orientierten integrierten Pflanzenbaus entwickelt und da- mit deutliche Vorteile für Umwelt und Verbraucher ge- schaffen. Ein Zustand breiter Anwendungslücken würde ihnen zudem einen deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Ländern bringen. Dort hat man den Einsatz der altbewährten Pflanzenschutzmittel ein- fach so lange für unverzichtbar erklärt, solange nicht ein Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9723 (C) (D) (A) (B) entsprechender Wirkstoff von der EU neu zugelassen ist. Die Bundesregierung muss deshalb unverzüglich dafür Sorge tragen, dass der deutschen Landwirtschaft an dieser Stelle nicht einseitig neue Nachteile aufgelastet werden. Auch der Bundesrat hat bereits mit Beschluss vom ver- gangenen Dezember auf die unbefriedigende Situation im Bereich des Pflanzenschutzes hingewiesen und eine Ver- schlankung des EU-Vorgehens eingefordert. Hier muss insbesondere darauf hingewirkt werden, dass das von der EU angelegte Verfahren vereinfacht, verkürzt und von un- effektiver Doppelarbeit befreit wird. Zudem müssen die noch immer unterschiedlichen Mess- und Prüfanforde- rungen in den einzelnen Ländern angeglichen werden. Es stellt sich in diesem Zusammenhang beispielsweise die Frage, ob ein Stoff, der im andalusischen Baumwollanbau eingesetzt wird, unbedingt auch unter schwedischen Ein- satzbedingungen geprüft werden muss. Insgesamt besteht dringender Handlungsbedarf, der ja auch von der Bundesregierung und Vertretern der Koali- tion mehrfach bestätigt worden ist. Deshalb muss ich Sie sicher nicht um Zustimmung zu unserem Antrag bitten. Sie haben längst selbst erkannt, dass Sie im Interesse der deutschen Landwirtschaft hier Ihre Unterstützung geben müssen. Albert Deß (CDU/CSU):Mit unserem Antrag „Zulas- sung von Pflanzenschutzmitteln auf nationaler und EU- Ebene beschleunigen“ tragen wir der Tatsache Rechung, dass es derzeit in Deutschland gravierende Probleme bei der Verfügbarkeit und der Anwendung von Pflanzen- schutzmitteln gibt. Die Ursachen dafür sind bekannt: Erstens. Mit der Verabschiedung der EWG-Richtlinie 91/414-EWG vom 15. Juli 1991 hatte man sich zum Ziel gesetzt, die Zulassung von Pflanzenschutzmittel-Wirk- stoffen EU-weit zu harmonisieren. Dieses Vorhaben sollte bis zum Jahre 2003 abgeschlossen sein. In Wirk- lichkeit sind aber bis heute lediglich zwei von 800 alten, das heißt vor dem 27. Juli 1993 zugelassenen Wirkstof- fen in dem vorgesehenen Anhang 1 der Richtlinie aufge- nommen. Zweitens. Mit der Novellierung des deutschen Pflan- zenschutzgesetzes vom 1. Juli 1998 sind gemeinschaftli- che Vorschriften in nationales Recht übernommen wor- den. Dies wird dazu führen, dass ab 2001 statt der vormals gültigen Verkehrszulassung von Pflanzenschutzmitteln dann eine Zulassung mit Festsetzung von Anwendungs- gebieten gilt, allgemein bekannt unter dem Stichwort „In- dikationszulassung“. Dies wird bei Nichtstun zweifellos große Anwendungslücken bringen. Das neue Pflanzenschutzgesetz hatte aber auch dem Umweltbundesamt eine erweiterte Kompetenz innerhalb des Zulassungsverfahren zugebilligt. Den neuen Aufga- benzuwachs hat das UBAwohl mit etwas zu viel Eifer ge- nutzt. Die Folge war eine scharfe Auslegung der Umwelt- kriterien durch das UBA: spezifische Toxizität hinsicht- lich von Lebewesen im Wasser, zum Beispiel Wasserfloh oder Nicht-Zielpflanzen; daraus folgende Festsetzung von Mindestabständen zum nächsten Wasserlauf bzw. zur nächsten Kultur. Der Schuss ging aber nach hinten los. Er- gebnis war nämlich, dass wichtige und nachweislich nütz- lingsschonende Pflanzenschutzmittel nicht mehr oder nur noch mit verlustmindernden Recycling-Geräten ange- wendet werden dürfen. Mit einem Schlag wurde so der Aufbau der integrierten Produktion über den Haufen ge- worfen. Es kann doch wohl nicht sein, dass uns in Deutschland aufgrund besonderer Anwendungsbestimmungen und Auflagen in weiten Bereichen des integrierten Obst-, Wein- und Gemüsebaus wichtige Pflanzenschutzmittel mit nützlingsschonenden Eigenschaften nicht mehr zur Verfügung stehen. Diese Situation belastet unsere Obst-, Wein- und Gemüsebaubetriebe schwer, weil sie so ihre nützlingsschonende Anbauweise nicht mehr durchführen können. Dadurch wird der Verbraucher das Vertrauen ver- lieren und deshalb werden über Jahre hinweg aufgebaute Absatzwege zerstört. Bei der ganzen Problematik müssen wir natürlich auch sehen, dass es nicht nur um den Anbau von einigen Sonderkulturen geht; letztlich – wenn hier nicht rasch Lösungen gefunden werden – wird es auch um die Frage gehen, ob wir unsere Kulturlandschaft, die ja besonders in den Gegenden mit Sonderkulturen beson- ders reizvoll ist, erhalten können. Der Hopfenanbau prägt in ganz besonderem Maße die Landschaft, mit ihm ist auch eine traditionsreiche Kultur verbunden. Ich will deshalb nachfolgend auf die Pflan- zenschutzprobleme beim Hopfenanbau zu sprechen kom- men. Die Hopfenanbauer haben nämlich große Sorge, dass gegen die wichtigsten Krankheiten und Schädlinge bei Hopfen nur eine sehr begrenzte Mittelpalette zur Ver- fügung steht bzw. zum Teil nur ein Mittel zugelassen ist. Daraus erwächst natürlich die ernsthafte Gefahr der Re- sistenzbildung, so vor allem bei Blattläusen und beim Mehltau. Darüber hinaus gibt es Schwierigkeiten da- durch, das Hopfen, der nach den USA ausgeführt wird, nur mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden darf, die eine so genannte USA-Import-Toleranz besitzen, aber auch gleichzeitig bei uns in Deutschland zugelassen sind. Ich will berichten, was ein Vertreter von Anheuser- Busch, der weltgrößten Brauerei, die deutlich mehr Bier produziert als alle deutschen Brauereien zusammen, auf einem parlamentarischen Abend zu der Pflanzenschutz- problematik gesagt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass Anheuser-Busch als großer Einkäufer von Hopfen bei der Qualität nie Kompromisse machen und immer schöne, saubere Hopfen verlangen werde. Den werden sie aller- dings dort kaufen, wo sie ihn bekommen können; dafür bezahlen sie auch sehr gutes Geld. Zum Z weiten wies er darauf hin, dass eine große Brauerei keine großen Risiken eingehen kann, sie braucht Verlässlichkeit; deshalb kau- fen sie Hopfen auf Vorvertragsbasis zwei Jahre in die Zu- kunft. Dieser Hopfen muss natürlich auch dann wirklich verfügbar sein. Das heißt für unsere Hopfenanbauer, dass es für sie un- tragbar ist, wenn sie Jahr für Jahr darum bitten und betteln müssen, dass ihnen genügend Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen. Hopfen wächst von Anfang Mai bis Ende Juni 7 Meter hoch, am Tag bis zu 30 Zentimeter, deshalb ist die Pflanzenschutzbedürftigkeit bei Hopfen weit höher als bei anderen Kulturen. Man muss auch wis- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9724 (C) (D) (A) (B) sen, dass die deutschen Hopfenpflanzer heute noch nach USA mehr als 20 Prozent der Aromahopfen, die hier bei uns erzeugt werden, importieren. Die Hopfenpflanzer haben in der Vergangenheit von sich aus schon viel getan, um die Probleme beim Pflan- zenschutz in den Griff zu bekommen. Durch die Ein- führung des Warndienstes für Peranospera wurde erreicht, dass heute nicht wie früher 20-mal im Jahr mit Kupfer- mitteln gespritzt wird, sondern nur noch drei- oder vier- mal. Dazu kommt die Einführung von Schadschwellen und der Anbau von resistenten Sorten. Dies alles kann aber auf Dauer nicht eine möglichst breite Palette von Pflanzenschutzmitteln ersetzen, aus denen je nach Bedarf ausgewählt werden kann und bei denen auch die Entste- hung von Resistenzen mitbedacht wird. Es ist also dringend notwendig, dass wir beim Hop- fenanbau zu flexibleren Lösungen bei der Zulassung kommen, ebenso wie bei Obst, Wein oder Gemüse und für den gesamten Pflanzenbau in Deutschland. Die ganzen Probleme sind natürlich auch bei der Politik aufgelaufen, was wir zum Anlass genommen haben, alle Verantwortli- chen und Betroffenen seitens der Zulassung an einen Tisch zu bringen. Es hat in der Vergangenheit dazu meh- rere Gespräche gegeben, auch der Agrarausschuss hat sich damit beschäftigt. Ein deutliches Signal ist auch von der Agrarministerkonferenz ausgegangen. Erfreulicherweise hat beim UBA als Einvernehmungsbehörde ein gewisses Umdenken stattgefunden. Man hat wohl eingesehen, dass man mit der eingeschlagenen Strategie der Umweltbe- wertung der Landwirtschaft und letztlich auch dem Um- weltschutz einen Bärendienst erweist. Man hat sich in- zwischen dazu durchgerungen, die Aquatox-Kriterien – Abstand zu Wasserläufen – in Anpassung an die landwirt- schaftliche Praxis zu verringern. Man steht zurzeit unmit- telbar davor, die nützlingsschonenden Mittel wieder zu- zulassen. Dies ist zweifellos ein Erfolg, auf diesem Weg muss weitergegangen werden. Ebenso müssen wir die anderen Wege der Beschleuni- gung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nutzen, die wir in unserem Antrag beschrieben haben. Ich fordere dabei die Bundesregierung auf, besonders das schnells- tens zu tun, was in ihrer eigenen Macht steht und die Pflanzenschutzverordnung im Sinne des Antrages von Niedersachsen entsprechend zu ändern. In dem Wissen, dass aufgrund der Bevölkerungsent- wicklung weltweit in den nächsten 25 Jahren die Erträge der wichtigsten Nahrungspflanzen um 50 Prozent gestei- gert werden müssen, hat der Pflanzenschutz eine heraus- ragende Bedeutung. Gerade der integrierte Pflanzen- schutz mit dem gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmit- teln nach dem Motto „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“ erfordert eine breite Palette von Wirkstoffen. Die CDU/CSU-Fraktion gibt der Bundesregierung und dem Bundeslandwirtschaftsminister Rückendeckung, sich dafür einzusetzen, dass auch in nächster Zeit ein breites Angebot von Wirkstoffen zur Verfügung steht, um mit dem geringstmöglichen Aufwand Pflanzenschutz auch im Sinne der Agenda 21 zu ermöglichen. Auf keinen Fall darf es durch nationale Einschränkungen und Auflagen zu ei- ner einseitigen Benachteiligung der deutschen Landwirt- schaft kommen. Wenn Minister Funke immer wieder for- dert, dass die deutsche Landwirtschaft wettbewerbsfähig wird, ist er auch gefordert, alles zu unternehmen, um die deutsche Landwirtschaft nicht einseitig zu benachteili- gen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):An die Zulassung von Pestiziden müssen folgende Anforderun- gen gestellt werden: Sie muss Sicherheit für Verbraucher, Anwender und Umwelt garantieren. Sie muss transparent und überprüfbar sein. Sie muss den neuesten Stand der Technik gewährleisten. Sie muss anwendungsbezogen und problemgerecht sein. Und sie muss zeitnah Pla- nungssicherheit herstellen. Der CDU-Antrag beschäftigt sich ausschließlich mit dem letzten Aspekt. Aber auch hier gilt: Qualität ist wich- tiger als Geschwindigkeit. Die Überprüfung und Harmo- nisierung der Pestizidzulassungen in der EU sind aus ge- sundheitspolitischen, ökologischen und Wettbewerbs- gründen längst überfällig, und es ist gut, dass sie jetzt angegangen werden. Die hohen Anforderungen an die EU-Wirkstoffprüfung dürfen nicht unterminiert werden. Die entsprechende Richtlinie des Rates 91/414/EWG datiert vom 15. Juli 1991. Am 4. Mai 2000 fiel der CDU/CSU-Fraktion auf, dass die Verfahren beschleu- nigt werden sollen. Am 5. Mai 2000 dämmerte auch der F.D.P. diese Erkenntnis. Dazwischen lagen acht Jahre CDU/CSU/F.D.P.-Regierung. Die gesamte Gesetzeslage ist heute dieselbe wie vor dem Regierungswechsel 1998. Was hat die alte Bundesregierung denn für eine Beschleunigung der Verfahren getan? Was wollen CDU/CSU und F.D.P. nun? Sehen wir uns die Vorschläge von CDU/CSU und F.D.P. im Einzelnen an: Auf nationaler Ebene sollen die rechtlichen und administrativen Voraussetzungen für die weitere Verwendung von Pflanzenschutzmitteln geschaf- fen werden, die im integrierten Anbau – auch von Son- derkulturen – benötigt werden. Das hört sich ganz so an, als ob wir in Deutschland bisher im rechts- und behör- denfreien Raum leben würden. Selbstverständlich ist es eine gewaltige Aufgabe für die EU-Behörden, alle der über 800 zugelassenen Wirkstoffe vor dem Hintergrund des neuesten Standes von Wissen- schaft und Technik neu zu prüfen. Aber zwischenzeitlich leben wir ja nicht im pestizidfreien Raum. Ganz im Ge- genteil: Die Bundesbehörden haben bisher noch in jedem Fall so gehandelt, dass die wichtigsten Indikationslücken geschlossen werden konnten. Und der Europäische Ver- band der Pestizide herstellenden Industrie, ECPA, hat be- reits erklärt, dass nur noch an 220 Wirkstoffen Interesse besteht. Das wird den Anhang der EU-Richtlinie verkür- zen, die künftige Anwendung übersichtlicher machen, an- dererseits die der Landwirtschaft zur Verfügung stehen- den Mittel erheblich einschränken. Erschwert wird die Situation in einigen Sonderkulturen dadurch, dass eine immer stärker auf immer weniger Kon- zerne konzentrierte Pestizidindustrie ihre Ausrichtung im- mer stärker auf die weltweiten Märkte ausrichtet. Da ist Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9725 (C) (D) (A) (B) mangels Gewinnaussichten immer Platz für die aufwen- dige Entwicklung von speziellen Mitteln für den schma- len Einsatzbereich in Sonderkulturen. Die beteiligten Bundesbehörden – BBAund UBA– ar- beiten intensiv daran, auch in Zukunft eine hinreichende Verfügbarkeit von geeigneten Pestiziden zur Sicherstel- lung der Lebensmittelproduktion in allen Bereichen in ausreichender Menge und gewünschter Qualität abzusi- chern. Wir setzen darauf, dass auch die zuständigen Län- derbehörden, die landwirtschaftlichen Berufsverbände und die Pestizidproduzenten alles dafür tun werden, glei- chermaßen den Pflanzenschutz, den Umweltschutz und den Verbraucherschutz sicherzustellen. Als Problem wird angesehen, dass Deutschland bei der Umsetzung harter Kriterien an die Pestizide heute schon weiter ist als andere EU-Staaten. Darin sehen einige einen Wettbewerbsnachteil. Mittelfristig ergibt sich aber daraus ein Vorteil, wenn wir schon da sind, wo andere erst hin- kommen. Und kurzfristig werden alle Lücken über Indi- kationszulassungen geschlossen, sodass unter dem Strich Vorteile für Verbraucher und Umwelt und keine gravie- renden Nachteile für die Landwirtschaft entstehen. Der Ball für eine Beschleunigung liegt zurzeit aber bei der Industrie. Sie verfügt über die nötigen Informationen und kann die Ressourcen zur Verfügung stellen, wenn ihr wirklich an schnelleren Verfahren gelegen ist. Die Zulas- sungsverfahren werden immer wieder dadurch erschwert, dass unvollständige Anträge ohne die notwendigen wis- senschaftlichen Unterlagen eingereicht werden. So wird ein langwieriges Zulassungsverfahren zur sich selbst er- füllenden Prophezeiung. Eine vorzeitige Verlängerung des „Altwirkstoffprogramms“, wie von der CDU/CSU und F.D.P. jetzt vorgeschlagen, wirkt hier nur kontrapro- duktiv und behindert notwendige Innovationen. Für das Problem schnellstmögliche Verfahren und Pla- nungssicherheit für die Wirtschaft einerseits und regel- mäßige Anpassung der Zulassung an den Stand von For- schung und Technik für größtmögliche Sicherheit für Mensch und Umwelt und effiziente Anwendung im Pflan- zenschutz andererseits gibt es keine Patentlösung. Die hat auch der Bundesrat nicht. BBA und UBA sowie die zu- ständigen Ministerien sind dabei, eine praxistaugliche Strategie zu formulieren, die all diesen berechtigten Inte- ressen gerecht wird. Unser Ziel ist es, die Probleme des Pflanzenschutzes möglichst durch biologische und ökologisch verträgliche Wirkstoffe und Verfahren zu lösen. Nur ein Pflanzen- schutz, der mit der Natur und nicht gegen sie wirkt, ist für uns langfristig zukunftsfähig. Gerade der ökologische Landbau, der trotz aller Probleme erfolgreiche Wege für eine ökologische Produktion qualitativ hochstehender ge- sunder Produkte aufgezeigt hat, ist dafür ein Modell, das wir weiterhin unterstützen. Wir haben ein Bundesfor- schungsinstitut Ökologischer Landbau und andere For- schungsvorhaben initiiert, die ökologische Lösungen für den Pflanzenschutz weiterentwickeln. Am Schluss noch zwei Sätze zum F.D.P.-Antrag. Selbstverständlich setzen wir uns vehement für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der TBT-Verwendung ein; das ist doch unser ureigenstes Anliegen. Es ist schön, dass auch die F.D.P. sich jetzt dafür engagiert. Wie sie al- lerdings aus den Bemühungen der Bundesregierung um eine Verbesserung der EU-Wasserrichtlinie ein Verbot für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und gar für „jegli- ches menschliches Handeln“ herausliest, lässt an ihrer umweltpolitischen Kompetenz allerdings arge Zweifel aufkommen. Fazit: Die Anträge von CDU/CSU sind überflüssig und rückwärts gewandt, weil die darin gemachten Vorschläge weder Verbraucher, noch Landwirtschaft, noch Umwelt nutzen. Sofern sie berechtigte Problemstellungen anspre- chen, werden diese bereits von der Bundesregierung und den zuständigen Behörden adäquat und so gut wie derzeit möglich gelöst. Marita Sehn (F.D.P.): Die Deutschen wollen den Was- serfloh schützen, sodass – ginge es nach Jürgen Trittin – deutsche Landwirte notfalls ganz auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten müssten. Offensichtlich wird der Wasserfloh von Franzosen und Niederländern – für uns Deutsche geradezu unvorstellbar! – nicht als eine „Frage der nationalen Sicherheit“ eingestuft. Anders ist es nicht zu erklären, dass in Frankreich und den Niederlan- den das seit fast einem Jahrzehnt in Deutschland aus dem Verkehr gezogene Atrazin immer noch im Pflanzenschutz eingesetzt wird. Was nicht ganz so ernst gemeint ist, hat doch einen wahren Kern: Wenn fast zehn Jahre nach Verabschiedung der EU-Richtlinie zum „Inverkehrbringen von Pflanzen- schutzmitteln“ in Europa solche Harmonisierungsdefizite herrschen, zeigt das, wie weit wir von einer wirklichen Harmonisierung in Europa entfernt sind. Es ist etwas faul im Staate Europa! Im Pflanzenschutz müssen die deutschen Landwirte ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile hinnehmen. Die F.D.P. wird mit ihrer Großen Anfrage und ihrem Antrag zum Pflanzenschutz dafür sorgen, dass dieser untragbare Missstand endlich behoben wird. Daher begrüßen wir die Initiative von Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke ausdrücklich. Allerdings werden wir sehr genau darauf achten, dass die großen Versprechen, die der Land- wirtschaftsminister anlässlich der Internationalen Grünen Woche gegeben hat, tatsächlich eingelöst werden. Damit wir im Pflanzenschutz endlich einen Schritt vorwärts kommen, müssen wir den Blick nach vorne richten. Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Ministern und dem zuständigen Umweltbundesamt, UBA, sowie der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirt- schaft, BBA, gehören hoffentlich der Vergangenheit an. Die in diesen Tagen erfolgte Zulassung des Wirkstoffs Plantomycin durch die BBA ist sehr zu begrüßen. Weitere Schritte in diese Richtung müssen dringend erfolgen, um insbesondere die dramatischen Lücken im Bereich der Sonderkulturen zu schließen. Diese Entwicklung war je- doch nur möglich, weil die Mitglieder des Ernährungs- ausschusses immer wieder auf Gespräche zwischen den Präsidenten von UBA und BBA gedrängt haben. Im Interesse unserer Landwirte müssen wir diesen er- folgversprechenden Weg weitergehen. Ansonsten wird es Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9726 (C) (D) (A) (B) für die deutschen Produzenten, vor allem bei den Sonder- kulturen im Obst-, Gemüse-, Wein- und Hopfenanbau, Jahr für Jahr Probleme im Pflanzenschutz geben. Dem schleichenden Verlust von Marktanteilen wegen fehlen- der zugelassener Pflanzenschutzmittel muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Die bisherige Harmonisierung der so genannten Alt- wirkstoffe ist aus agrar-, umwelt- und europapolitischer Sicht ein glatter Fehlschlag mit verheerenden Folgen für unsere Landwirte. Heute sind von über 800 auf dem Prüf- stand stehenden Substanzen lediglich zwei abschließend beurteilt worden. Wie soll denn die Bewertung der restli- chen über 800 Substanzen in nicht einmal zwei Jahren ge- lingen? In dieser Frage muss schnellstens ein Beschluss des EU-Ministerrates zur Änderung der entsprechenden EU-Richtlinie erwirkt werden, damit die Frist für die Zu- lassung um drei Jahre verlängert wird. Für den integrierten und umweltschonenden Pflanzen- schutz ist die Verfügbarkeit selektiver und nützlingsscho- nender Pflanzenschutzmittel unabdingbar. Durch den Einsatz von modernen Pflanzenschutzmittelwirkstoffen konnte der Wirkstoffaufwand je Hektar von 1988 bis 1998 von 3,1 auf 1,9 Kilogramm verringert werden. Solch in- novative Pflanzenschutzmittel entfalten ihre Wirksamkeit in erheblich geringeren Mengen und sind außerdem bio- logisch besser abbaubar. Für einen umweltschonenden Pflanzenschutz müssen möglichst spezifisch gegen den jeweiligen Schadorganismus wirkende Mittel zur Verfü- gung stehen. Gleichzeitig müssen Nützlinge verschont werden, da sie zur Regulierung der Schädlinge beitragen. Deshalb müssen die modernen Pflanzenschutzmittel ein breites zugelassenes Einsatzspektrum haben. Natürlich ist in erster Linie die Pflanzenschutzmittelindustrie gefor- dert. Allerdings hat die Politik die Aufgabe, die notwen- digen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu set- zen. Ansonsten schrecken eine übermäßige Bürokratie so- wie die damit verbundenen Kosten die Wirtschaft zumindest von einem Engagement bei Sonderkulturen ab. Sie wird sich dann auf einige wichtige große Kulturen konzentrieren. Wenn wir eine wettbewerbsfähige Land- wirtschaft und vor allem die verschiedenen Sonderkultu- ren in Deutschland erhalten wollen, müssen wir auf na- tionaler und europäischer Ebene schnell und entschlossen handeln. Beim Abbau der Wettbewerbsverzerrungen wird die F.D.P. die Bundesregierung unterstützen. Was allerdings nicht geht, ist, die überzogenen Umweltstandards hier in Deutschland zu kritisieren und gleichzeitig in Europa ge- nau diese Entwicklung weiter zu forcieren. Auf europä- ischer Ebene schießen SPD und Grüne bei der EU-Was- serrahmenrichtlinie weit über das Ziel hinaus. Das Vor- sorgeprinzip darf auch beim Gewässerschutz nicht dazu missbraucht werden, dass über die Einführung einer „Nullemission“ jegliches menschliche Handeln praktisch unmöglich gemacht wird. Abschließend fordere ich des- halb Rot-Grün nachdrücklich auf, auch auf europäischer Ebene wieder zu einer realistischen und ausgewogenen Politik zurückzufinden. Kersten Naumann (PDS):Wir sind heute in einer ei- genartigen Situation. Zur Debatte steht ein Antrag und eine unbeantwortete Große Anfrage. Ohne die Antwort der Bundesregierung ist eine Debatte zur Großen Anfrage kaum mit Erfolg zu führen. Außerdem ist für uns schwer nachzuvollziehen, warum von der Zulassung von Pflan- zenschutzmitteln die Zukunft der deutschen Landwirt- schaft abhängen soll. Ich halte es auch für eine Illusion, dass meine Vorredner mit ihren Beiträgen Punkte im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen gesammelt haben. In der bisherigen Debatte war viel von Wettbewerbs- fähigkeit, Harmonisierung, bürokratischen Hindernissen und Versagen der Regierung die Rede. Die Probleme des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln für Umwelt und Ver- braucher spielten nur am Rande eine Rolle. Es wurde ver- sucht, den Eindruck zu erwecken, als ob vom Einsatz von Pflanzenschutzmitteln das Wohl und Wehe der Landwirt- schaft abhinge. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass landwirtschaftliche Produktion ohne die Vielzahl dieser Mittel möglich war und in vielen Ländern noch im- mer möglich ist. Auch in Deutschland wächst die Zahl derer, die auf den Einsatz von Pflanzenschutzmittel ganz verzichten oder verzichten wollen. Der Hunger auf der Welt kann nicht durch die Vergiftung der Umwelt und der Nahrungsmittel bekämpft werden. Die Umweltbelastung daran zu mes- sen, wie viel Kilogramm Pflanzenschutzmittel je Hektar ausgebracht werden, ist einfach grotesk. Wo die Probleme tatsächlich liegen, möchte ich ihnen an einigen Beispielen über die Arbeit des deutschen Che- miekonzerns Bayer AG deutlich machen: Gaucho ist das meistverkaufte Pestizid des Unterneh- mens Bayer (weltweiter Umsatz: 460 Mio. Euro). Der Wirkstoff von Gaucho, Imidacloprid, wird in Deutschland unter dem Namen Confidor vertrieben. Das Spritzmittel wird für das Absterben von 40 Prozent aller französischen Bienenvölker während der vergangenen 5 Jahre verant- wortlich gemacht. Deshalb nahm das französische Land- wirtschafts-Ministerium am 15. Januar 1999 die Zulas- sung des Pestizids zurück. Das Unternehmen Bayer klagte vor dem höchsten französischen Verwaltungsgericht – umsonst. Im Januar 2000 bestätigte der französische Staatsrat das Verbot bis auf weiteres. Es ist nicht bekannt, welche Konsequenzen die deutschen Zulassungsbehör- den aus der Gefährlichkeit von Imidacloprid gezogen ha- ben. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erleiden jährlich Millionen Menschen schwere Pestizid- Vergiftungen. Mindestens 40 000 Fälle verlaufen tödlich. Die Bayer AG hat vor vielen Jahren angekündigt, die ge- fährlichsten Pestizide weltweit vom Markt zu nehmen. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Noch heute verkauft Bayer Wirkstoffe, die von der WHO als „extrem gefährlich“ bezeichnet werden. Am 22. Oktober 1999 wurden 22 Kinder in Peru mit Parathion tödlich vergiftet. Parathion wird in Peru ohne Kontrolle auf den Märkten verkauft. In Deutschland ver- kauft Bayer das Pestizid unter dem Namen E 605. In Brasilien wurden Hunderte von Kaffeebauern durch das Pestizid Baysiston geschädigt, zwölf Fälle verliefen tödlich. Alleiniger Hersteller von Baysiston ist Bayer. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9727 (C) (D) (A) (B) Spanische Paprika waren so stark mir dem Pestizid Methamidophos belastet, dass sie vernichtet werden mussten. Hersteller des Wirkstoffs ist Bayer. Das Landesumweltamt NRW fand im Abwasser des Bayer-Werks Dormagen die Pestizide Diuron, Metabenz- thiazuron und Triadimefon. Statt Anträge und Anfragen zu stellen, wie der Einsatz von gesundheitsschädlichen Pflanzenschutzmitteln ver- hindert und der zugelassener weiter reduziert werden kann, sind sich CDU/CSU und F.D.P. darin einig, dass die „nationalen Anforderungen an die Zulassung nicht über die entsprechenden EU-Bestimmungen hinausgehen“ dürfen. Diese EU-Bestimmungen sind ein Kompromiss zwi- schen den Interessen der Chemiekonzerne, der Verbrau- scher und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der EU- Mitgliedsländer. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik und damit verbunden das Umweltbe- wusstsein ihrer Bürger ist besonders hoch. Sie hat deshalb die große Chance, eine Vorreiterrolle bei einem ökologi- schen Umbau der Agrarproduktion zu spielen. Die EU- Verträge kennen mit gutem Recht das Subsidiaritätsprin- zip. Dänemark wendet es zum Beispiel an, indem es den Stickstoff besteuert. Deutschland kann nicht untersagt werden, beim Pflanzenschutz strengere Maßstäbe anzule- gen als in den übrigen EU-Mitgliedsstaaten. Nur durch eine solche Politik kann eine höheres Ni- veau bei einem umweltverträglichen Pflanzenschutz er- reicht werden. Die ausgewählten Beispiele von „An- wendungslücken im Pflanzenschutz“ haben nicht unver- zichtbar den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Konsequenz. Pflanzenschutz ist auch ohne Pflanzenschutzmittel möglich, wenn man auf andere Weise gegen die Ursachen von Pflanzenerkrankungen vorgeht, zum Beispiel durch Wiedereinführung bewährter Fruchtfolgen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel ist die Strategie des Kampfes gegen die Natur. Was wir brauchen ist eine Strategie, wieder im Einklang mit der Natur zu leben und zu produzieren. Als Politiker sollten wir uns weniger Sor- gen um die Profite der chemischen Industrie machen und mehr überlegen, wie die Leistungen der Landwirtschaft in einer naturgemäßen Weise erbracht werden können. In diesem Sinne treten wir allen Versuchen entgegen, Abstriche an einem hohen Niveau der Prüfung von Pflan- zenschutzmitteln zu machen und Ausnahmeregelungen zuzulassen. Wir fordern im Gegenteil eine Agrarpolitik, durch die Kalamitätssituationen, auf die nur noch mit Sondergenehmigungen für den Einsatz von Pflanzen- schutzmitteln reagiert werden kann, von vornherein ver- mieden werden. Ich bin überzeugt, wenn unsere chemischen Analyse- methoden noch besser wären, als sie schon sind, und wir die tatsächlichen Belastungen der Umwelt und unsere Nahrungsmittel kennen würden, dann würden die Druck- sacheneinbringer ihre Papiere sicher zurückziehen. Lesen sie dazu bitte noch einmal im Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, BT- Drs. 14/2300 nach. Daraus nur ein Zitat: „Der Stellenwert umweltbezogener Gesundheitsforschung in der medizini- schen Forschung insgesamt ist zu gering“. Ich wünsche ihnen allen eine gute Gesundheit. Dr. Gerald Thalheim (Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten): Die Bundesregierung verfolgt auch im Agrarbereich das Ziel, Umweltbelastungen zu reduzieren. Im Pflanzen- schutz bedeutet das vor allem, integrierte Verfahren anzu- wenden. Das heißt, die Anwendung von Pflanzenschutz- mitteln wird abhängig vom tatsächlichen Krankheits- und Schädlingsauftreten auf die Fälle konzentriert, bei denen es keine Alternativen gibt, bei denen ohne Anwendung chemischer Präparate nicht hinnehmbare Qualitäts- und Ertragseinbußen eintreten würden oder bei denen die Ernte unverhältnismäßig erschwert würde. Besonders im integrierten Anbau ist eine breite Palette von Präparaten für die einzelnen Anwendungsgebiete not- wendig, um Resistenzen vorzubeugen. Gerade das wird in jüngster Zeit infrage gestellt, weil unter anderem für Spe- zialkulturen immer weniger Präparate zugelassen sind bzw. frühere Zulassungen auslaufen und Folgeanträge nicht gestellt werden. Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion der CDU/CSU die Bundesregierung zum Handeln auf, ohne dass der Sachverhalt richtig dargestellt wird, geschweige denn ge- eignete Empfehlungen gegeben werden. Das betrifft im Prinzip auch den Antrag der F.D.P. So wird im Antrag der CDU/CSU die so genannte In- dikationszulassung problematisiert und Kritik an dem Stand der Harmonisierung auf EU-Ebene geübt. Wie so oft hilft auch hier ein Blick ins Gesetz oder – noch kon- kreter – in die Richtlinie. Mit der Zustimmung der dama- ligen CDU/CSU-geführten Bundesregierung ist 1991 mit der Richtlinie 91/414 folgendes für die EU verbindlich festgeschrieben worden: 1. Einführung der Indikationszu- lassung, 2. Überprüfung der Altwirkstoffe nach EU-ein- heitlichen Kriterien, 3. Harmonisierung der Zulassungs- verfahren. Es ist also unseriös, die Bundesregierung wegen der Indikationszulassung bzw. der schleppenden Umsetzung zu kritisieren. Von 1991 bis 1998 ist so gut wie nichts ge- schehen. Erst vor 2 Jahren wurde die EU-Richtlinie in na- tionales Recht umgesetzt. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren, um auf EU-Ebene die Altwirkstoffprüfung vo- ranzutreiben und national die Umstellung auf die Indika- tionszulassung vorzubereiten. Unmittelbar nach Regierungsübernahme hat sich die rot-grüne Bundesregierung – insbesondere das BML– der Aufgabe gestellt: die Entscheidungen über die Aufnahme der Altwirkstoffe in Anhang 1 der Richtlinie 91/414 auf europäischer Ebene zu forcieren und vorrangig die Lücken national zu schließen, die zu erheblichen Wettbe- werbsnachteilen für deutsche Landwirte und Gärtner führen. Einzelheiten hierzu können Sie in dem Bericht des BML über die Situation bei der Zulassung von Pflanzen- schutzmitteln vom 14. Januar 2000 – Ausschussdrucksa- che 14/234 – nachlesen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9728 (C) (D) (A) (B) Ich möchte von dieser Stelle dem Fachreferat im BML und der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forst- wirtschaft dafür danken, dass es bereits gelungen ist, mehr als 200 der insgesamt 313 prioritären Lücken zu schließen. Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass trotz der erheb- lichen Anstrengungen damit nicht alle Probleme gelöst sind. Aber eine einfache Lösung – wie in dem CDU/CSU-Antrag suggeriert – existiert nicht, denn für die vorhandenen Lücken gibt es eine Reihe Gründe, zum Beispiel: Es liegt bei der BBA kein Antrag vor (zum Bei- spiel „Amidthin“ zur Blütenausdünnung). Oder es liegt bei der BBA kein vollständiger Antrag vor (zum Beispiel „Dimilin“ gegen Apfelwickler). Oder es sind überhaupt keine geeigneten Pflanzenschutzmittel für den Anwen- dungszweck bekannt (zum Beispiel gegen Kirschfrucht- fliege). Trotz erreichter Fortschritte bleibt für die Zukunft noch viel zu tun. Seitens der Bundesregierung ist positiv zu werten, dass es zwischen der BBA und dem UBA inner- halb sehr kurzer Fristen gelungen ist, einige schwierige Probleme bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auszuräumen. Widersprüchlichkeiten im Zulassungsverfahren müs- sen ausgeräumt werden, unverständliche Auflagen für die Praxis sollen verschwinden und Planungssicherheit für Pflanzenschutzmittel herstellende Firmen – aber auch für die Praxis – soll wieder hergestellt werden. Im Herbst wird sich die Bundesregierung darüber ver- ständigen, welchen Erfolg die vereinbarten Maßnahmen hatten und ob gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen er- forderlich sein werden, um weitere Verbesserungen für die nächste Saison zu erzielen. Sie können den Erfolg dieser Maßnahmen bereits heute daran ablesen, dass insbesondere für den Obstbau – aber auch für andere Kulturen – von der Zulassungsbehörde und den Einvernehmensbehörden gemeinsam getragene Lösungen erarbeitet wurden, die schon in dieser Saison wirksam sind. Als Beispiel führe ich nur das „Alte Land“ an, für das gemeinsam mit dem Land Niedersachsen ein Weg gefunden wurde, der die Anwendung der erforderli- chen Pflanzenschutzmittel und damit auch die Praktizie- rung integrierter Pflanzenschutzverfahren ermöglicht und gleichzeitig den erforderlichen Gewässerschutz sicher- stellt. Daraus sind folgende Schlussfolgerungen zu ziehen: Erstens. Eine möglichst schnelle Überprüfung der Alt- wirkstoffe in der EU ist nach wie vor erforderlich, da nur so die bestehenden Wettbewerbsunterschiede zwischen uns und den anderen Mitgliedstaaten beseitigt werden können. Hier hilft keine Verschiebung von Terminen. Zweitens. Dies hat – bezogen auf die Entscheidungen – gleichzeitig so behutsam zu erfolgen, dass die landwirt- schaftliche Praxis nicht unnötig durch neue große Lücken belastet wird. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn, allein gestützt auf theoretische Risikoberechnungen, not- wendige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe die Prüfungen nicht überstehen oder von der Industrie nicht „verteidigt“ werden und alle Zulassungen für diese Mittel zurückge- zogen werden müssen. Die Kommissionsverordnung zur Überprüfung der alten Wirkstoffe sieht hierfür vorüberge- hende Maßnahmen vor. Drittens. Im Rahmen eines Memorandums soll die Kommission gebeten werden, die Punkte 1. und 2. hinrei- chend zu berücksichtigen und geeignete Vorschläge vor- zulegen. Viertens. Wir appellieren an die Industrie, ihre An- strengungen auch in den weniger wirtschaftlich interes- santen Kulturen zu erhöhen, um Anträge auf Zulassung und auf Ergänzung von Anwendungsgebieten einzurei- chen. Eine generelle Verlängerung der Fristen halte ich nicht für hilfreich, da die Überprüfung der alten Pflanzen- schutzmittel-Wirkstoffe dadurch nur noch weiter hinaus- gezögert wird – und damit auch die Harmionisierung. Das würde nicht weniger, sondern mehr Wettbewerbsverzer- rungen bedeuten, da die Vorteile, die andere Mitgliedstaa- ten durch die Nutzung „alter Zulassungen“ haben, weiter fortbestehen würden. Die CDU/CSU-Fraktion hätte besser getan, während ihrer Regierungszeit intensiver an der Umsetzung der Richtlinie 91/414 in Deutschland zu arbeiten. Die rot-grüne Bundesregierung hat sich sofort nach Regierungsübernahme bemüht, die Versäumnisse nachzu- holen. Deshalb kommt der Antrag nicht nur zu spät, son- dern die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nur bedingt für eine nachhaltige Problemlösung geeignet. Es ist das Ziel der Bundesregierung, durch eine konse- quente Umsetzung der Richtlinie und des Pflanzen- schutzgesetzes von 1998 die notwendige Harmonisierung auf europäischer Ebene zu erreichen, ohne dass die deut- sche Landwirtschaft auf die für sie notwendigen Pflan- zenschutzmittel verzichten muss. Ich fordere deshalb an dieser Stelle nachdrücklich die chemische Industrie auf, ihren Beitrag zu leisten und sich nicht nur auf einige wenige gewinnträchtige Kulturen zu beschränken. Eine zukunftsorientierte Pflanzenschutzmittelanwen- dung setzt das Vertrauen der Verbraucher voraus. Die vor- geschlagenen Lösungen im Antrag sind eher geeignet, das Vertrauen der Verbraucher in eine umweltschonende und sichere Pflanzenschutzmittelanwendung zu untergraben. Deshalb empfehle ich, den Antrag abzulehnen. So sehr wie wir uns gegen eine Lockerung wenden, so sehr wenden wir uns auch gegen weitere Verschärfungen, wie sie erst jüngst vom Naturschutzbund Deutschland veröffentlicht wurden. Vor allem offenbaren die Autoren die mangelnden Kenntnisse der bereits heute geltenden Vorschriften im Rahmen der guten fachlichen Praxis. So gehört es bereits heute zur guten fachlichen Praxis, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ab einer Geschwindigkeit von mehr als 5 m/s und bei Temperaturen über 25°C un- terbleiben sollte, dass ausreichende Sicherheitsabstände, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9729 (C) (D) (A) (B) zum Beispiel zu gefährdeten Lebensräumen und Ober- flächengewässern, einzuhalten sind und dass Antitriftdü- sen zu verwenden sind. Zum Verbot der flächenhaften Anwendung von Pflan- zenschutzmitteln auf Grünland ist zu sagen, dass, abgese- hen von Ausnahmen – Tipula-Arten und Feldmäusen –, ohnehin keine Ganzflächenbehandlung mehr vorgenom- men wird. Zum Fazit: Die Zielrichtung des Antrages der CDU/CSU-Fraktion unterstütze ich. Die vorgeschlagenen Maßnahmen eignen sich jedoch nicht für eine nachhaltige Problemlösung. Der Antrag ist daher abzulehnen, sodass die Bundesregierung ihren Weg zielstrebig weiterverfol- gen kann. Dies gilt gleichermaßen auch für die Forderung der F.D.P., sich für den Ausstieg aus der Verwendung von TBT einzusetzen. Auch hier hat die Bundesregierung, wenn Sie den Sachstand richtig analysieren, keinen Nach- holbedarf, sodass die Forderung ins Leere geht. Im Antrag der F.D.P. wird auch die Wasserrahmen- richtlinie angesprochen. Nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen der Wasserrahmenrichtlinie steht an kei- ner Stelle des Richtlinienentwurfs die Forderung nach ei- ner „Nullemission“, welche die Anwendung von Pflan- zenschutzmitteln verbieten würde. Vielmehr soll die Wasserrahmenrichtlinie dazu beitragen, eine gute Ge- wässerqualität und eine wesentliche Verminderung der anthropogen bedingten Grundwasserverschmutzung zu erreichen. Dabei sollen nach Verabschiedung der Wasser- rahmenrichtlinie auf Vorschlag der Kommission mit Zu- stimmung des Rates und des Europäischen Parlaments für bestimmte Stoffe, die für die aquatische Umwelt als ein nicht akzeptables Risiko angesehen werden, europa- weit Beschränkungen oder Verbote ausgesprochen wer- den. Für welche Stoffe dies gelten wird, ist derzeit völlig offen. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 14/1936 Nr. 1.17 Finanzausschuss Drucksache 14/2609 Nr. 1.18 Drucksache 14/2747 Nr. 2.36 Drucksache 14/2747 Nr. 2.39 Drucksache 14/2817 Nr. 1.1 Drucksache 14/2817 Nr. 2.6 Drucksache 14/2817 Nr. 2.16 Drucksache 14/2817 Nr. 2.18 Drucksache 14/2952 Nr. 2.13 Drucksache 14/3050 Nr. 2.8 Drucksache 14/3050 Nr.2.16 Haushaltsausschuss Drucksache 14/2747 Nr. 2.43 Drucksache 14/2747 Nr. 2.49 Drucksache 14/2817 Nr. 2.2 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/2609 Nr. 1.10 Drucksache 14/2747 Nr. 2.24 Drucksache 14/2747 Nr. 2.46 Drucksache 14/2817 Nr. 2.24 Drucksache 14/2817 Nr. 2.25 Druchsache 14/3050 Nr. 1.3 Drucksache 14/3146 Nr. 2.3 Drucksache 14/3146 Nr. 2.32 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/2747 Nr. 2.53 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 14/1342 Nr. 2.2 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Mai 2000 9730 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Maritta Böttcher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Sehr geehrte
    Damen und Herren! Die Bundesregierung entpuppt sich
    zunehmend als eine Regierung der leeren Versprechen.
    Auf dem Gebiet der Bildungs- und Wissenschaftspolitik
    ist die Koalition gerade dabei, gleich drei ambitionierte
    Reformprojekte gegen die Wand zu fahren und damit eine
    Jahrhundertchance zur Erneuerung unserer Hochschulen
    zu verspielen.




    Dr. Ruth Fuchs
    9698


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Anfang des Jahres musste sich die Bundesbildungsmi-
    nisterin dem Druck eines Kanzlermachtwortes beugen
    und das Scheitern der versprochenen Strukturreform der
    Ausbildungsförderung eingestehen. Auch bei der Reform
    der aus dem vorletzten Jahrhundert stammenden Perso-
    nalstruktur der Hochschulen ist die Regierung drauf und
    dran, nach der Devise zu verfahren: Reparaturreförmchen
    statt Strukturreform.

    Schließlich zeichnet sich auch in der Studiengebühren-
    frage ein Bruch der rot-grünen Wahlversprechen ab. In Ih-
    rer Koalitionsvereinbarung haben Sie noch unmissver-
    ständlich angekündigt:

    Wir werden das Hochschulrahmengesetz im Einver-
    nehmen mit dem Bundesrat weiterentwickeln und
    dabei die Erhebung von Studiengebühren aus-
    schließen sowie die verfasste Studierendenschaft ab-
    sichern.

    Inzwischen ist beinahe die Hälfte der Legislaturperi-
    ode verstrichen, aber es ist keine Gesetzesinitiative der
    Bundesregierung in Sicht. Ich erinnere daran, dass Sie
    noch vor zwei Jahren Ihre Zustimmung zur Novellierung
    des HRG verweigerten, weil der vom Rüttgers-Ministe-
    rium vorgelegte Gesetzentwurf kein Studiengebührenver-
    bot enthielt. Damals, vor der Bundestagswahl, drohten Sie
    zu Recht mit einer Verfassungsklage, weil der Bundesrat
    übergangen worden ist. Heute, nach der Wahl, sehen Sie
    der schrittweisen Einführung von Studiengebühren in den
    Ländern tatenlos zu. Das ist schon enttäuschend.

    Die Studentinnen und Studenten sind mit ihrer Geduld
    übrigens am Ende. Das Aktionsbündnis gegen Studien-
    gebühren hat bekanntermaßen 123 000 Unterschriften
    für ein gebührenfreies Studium ohne Wenn und Aber ge-
    sammelt. Doch die Bundesregierung stellt sich weiter
    taub, sodass die Studierenden ihren Forderungen im Juni
    dieses Jahres mit bundesweiten Demonstrationen und Ak-
    tionen Nachdruck verleihen wollen.


    (Beifall bei der PDS – Jörg Tauss [SPD]: Wenden Sie sich doch mal darüber! Nicht die Bundesregierung ist der Adressat!)


    – Hören Sie doch einmal zu, Herr Tauss.
    Mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Sicherung der Ge-

    bührenfreiheit des Hochschulstudiums unterstützt die
    PDS-Fraktion im Bundestag den außerparlamenta-ri-
    schen Protest und fordert die Regierungskoalition auf, ihr
    1998 gegebenes Wahlversprechen endlich einzulösen.


    (Beifall bei der PDS)

    Für die Sicherung der Gebührenfreiheit des Hoch-

    schulstudiums gibt es gute Gründe. Es ist geradezu gro-
    tesk: Zu einem Zeitpunkt, zu dem in anderen Industrie-
    ländern bereits mehr als die Hälfte eines Altersjahrgangs
    eine Hochschulausbildung absolviert, wird in Deutsch-
    land, das gerade einmal eine Studentenquote von 30 Pro-
    zent aufweisen kann, über eine Verteuerung und Priva-
    tisierung des Studiums nachgedacht. Es kann doch nicht
    sein, dass wir als Antwort auf die in der Green Card-De-
    batte offen gelegte deutsche Bildungsmisere Studienge-
    bühren einführen und die Nachfrage nach einer qualifi-

    zierten Hochschulausbildung drosseln. Studiengebühren
    sind sozial ungerecht und stellen die Chancengleichheit in
    Bildung und Wissenschaft grundsätzlich in Frage.


    (Beifall bei der PDS)

    Das neueste Argument der Studiengebührenbefürwor-

    ter, ohne Gebühren würde die Krankenschwester dem
    Arztsohn das Studium finanzieren, ist übrigens zynisch
    und falsch; zynisch, weil es den erschwerten Hoch-
    schulzugang einkommensschwacher Schichten zum An-
    lass für weitere soziale Zugangsbarrieren nimmt, falsch,
    weil eine kürzlich vom DSWvorgelegte Studie den Nach-
    weis erbracht hat, dass Akademikerinnen und Akademi-
    ker nach ihrem Studium an den Staat weit mehr zurück-
    zahlen, als ihre Ausbildung gekostet hat.

    Zu einer gesetzlichen Sicherung der Gebührenfreiheit
    des Hochschulstudiums gibt es keine Alternative. Der
    Versuch von Frau Ministerin Bulmahn, Studiengebühren
    über einen Staatsvertrag mit den Ländern zu verhindern,
    ist gescheitert. Die Kultusminister diskutieren heute über
    ein Studienkontenmodell, das nichts anderes als einen
    modern verpackten Vorstoß zur Einführung von Stu-
    diengebühren darstellt. Studiengebühren gefährden die
    Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesge-
    biet substanziell. Zweifel an der verfassungsrechtlichen
    Zulässigkeit eines Studiengebührenverbots halte ich da-
    her für absolut unbegründet.

    Um eine unterschiedliche Entwicklung der Hochschul-
    systeme der Länder in der zentralen Frage des Hoch-
    schulzugangs zu verhindern, brauchen wir eine verbindli-
    che Regelung im Hochschulrahmengesetz. Ich mache
    auch nachdrücklich auf den internationalen Pakt über die
    wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte auf-
    merksam, mit dem sich die Bundesrepublik völkerrecht-
    lich dem Ziel der Unentgeltlichkeit des Hochschulunter-
    richts verschrieben hat.

    Mit den Worten „Bei mir rennen Sie offene Türen ein“
    hat die Ministerin Bulmahn die Unterschriften gegen Stu-
    diengebühren entgegengenommen.


    (Jörg Tauss [SPD]: Ja, das ist die Wahrheit!)

    Frau Ministerin, meine Damen und Herren, erlauben Sie,
    dass sich die PDS heute als Türöffnerin betätigt. Das seit
    Jahren chronisch unterfinanzierte Hochschulsystem steht
    vor einer Fülle von Problemen. Studiengebühren lösen
    kein einziges Problem, aber sie erzeugen neue.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Lassen Sie uns daher mit den Studentinnen und Stu-

    denten die Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums und
    damit eine zentrale sozialstaatliche Errungenschaft in die-
    sem Land verteidigen.


    (Stephan Hilsberg [SPD]: Die PDS verteidigt!)

    – Ja, notfalls mit Ihnen gemeinsam, Herr Hilsberg.



Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die SPD-Frak-
tion spricht nun der Kollege Stephan Hilsberg.




Maritta Böttcher

9699


(C)



(D)



(A)



(B)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stephan Hilsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrter Herr Präsi-
    dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die PDS beliebt
    uns heute wieder einmal mit einem Gesetzentwurf zur
    bundesweiten Verhinderung von Studiengebühren die
    Ehre zu geben, damit wir in diesem Hohen Hause erneut
    über Studiengebühren diskutieren. Das ist nicht neu, das
    haben wir immer wieder einmal getan. Wir haben auf un-
    terschiedlichem Niveau diskutiert, aber auf einer so plat-
    ten Grundlage, wie der PDS-Gesetzentwurf sie darstellt,
    haben wir es noch nie getan.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Weil Sie es überhaupt nicht tun!)


    Bevor ich hier zu unserer grundsätzlichen Haltung zu
    Studiengebühren komme, die übrigens bekannt ist und an
    der sich überhaupt nichts ändert


    (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Aber folgenlos!)


    – ich gehe davon aus, dass wir hier einen weitestgehenden
    Konsens mit den Grünen und der CDU haben –, muss ich
    einen Einwand machen. Sie sind in einer Landesregierung
    beteiligt und haben zu der Zeit, als Sie noch SED hießen,
    große Regierungserfahrung gesammelt. Man kann Ihnen
    vielleicht verzeihen, dass Sie nicht wissen, wie Regie-
    rungsgeschäfte in der Bildungspolitik in der Bundesrepu-
    blik laufen, es ist aber klar: Die Bildungspolitik gehört zu
    den kompliziertesten Geschäften, die es überhaupt gibt.

    Das von Ihnen verlangte Verbot von Studiengebühren
    ist ohne die Länder überhaupt nicht zu machen.


    (Jörg Tauss [SPD]: Leider!)

    Deshalb brauchen Sie den Konsens in dieser Sache.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben schon darauf hingewiesen, dass ein solches
    Studiengebührenverbot nicht rechtskonfliktfrei ist. Sie
    können das nicht einfach veranlassen. Wir könnten das
    natürlich einfach beschließen, aber wer garantiert Ihnen
    dann, dass das nicht anschließend beklagt wird? Genau
    das ist doch die Situation.


    (Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das geht woanders auch!)


    Wenn Sie uns wirklich unterstützen wollten, indem Sie
    sagen: „Macht das doch“, dann hätten Sie das machen sol-
    len, als wir noch die entsprechenden Mehrheiten im Bun-
    desrat hatten, da wäre es vielleicht noch machbar gewe-
    sen. Aber selbst damals wäre es ausgesprochen schwierig
    gewesen. Jetzt ist das nichts anderes als warme Luft.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Maritta Böttcher [PDS]: Das ist blauäugig!)


    Wir sind aus grundsätzlichen Erwägungen nach wie
    vor gegen Studiengebühren. Ich will das in aller Deut-
    lichkeit betonen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


    Es ist das falsche Signal. Wir brauchen mehr Studenten
    aus den sozial einfachen Schichten, aus den Schichten, die

    nicht so viel Geld zur Verfügung haben. Wir dürfen die
    Hemmschwelle, die vor der Aufnahme eines Studiums
    liegt, nicht anheben. Genau das würde aber passieren,
    wenn man Studiengebühren einführte.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das war schon immer die Position der SPD.
    Nebenbei bemerkt: Ich wünsche wirklich gute Verrich-

    tung bei dem Versuch, mindestens 1 Million Studenten
    zusätzlich Studiengebühren aufzudrücken. Ich kann mir
    vorstellen, was das an Aufschrei und Protest geben wird.
    Den Versuch möchte ich lieber nicht unternehmen. Ich
    möchte das auch aus rein machiavellistischen Überlegun-
    gen erst gar nicht erwägen.

    Manchmal fragt man sich allerdings, ob einige Länder
    an dieser Stelle wirklich wissen, worauf sie sich einlassen,
    wenn sie die Einführung von Studiengebühren fordern.
    Aber sie sind nicht die Einzigen.


    (Cornelia Pieper [F.D.P.]: Meinen Sie Niedersachsen? – Jörg Tauss [SPD]: Baden-Württemberg!)


    Es ist nicht ganz einfach, unsere Position aufrechtzuer-
    halten, wenn beispielsweise die Hochschulrektorenkonfe-
    renz die Einführung von Studiengebühren, wie jüngst ge-
    schehen, verlangt.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Deshalb ist die Ministerin nicht da! – Cornelia Pieper [F.D.P.]: Niedersachsen!)


    – Sie sprechen das Wort „Niedersachsen“ aus, Frau
    Pieper.


    (Zuruf des Abg. Thomas Rachel [CDU/CSU])

    – Herr Rachel, wir können auch noch auf Herrn von
    Trotha zu sprechen kommen.


    (Jörg Tauss [SPD]: In Baden-Württemberg regieren die!)


    Wir haben gegenwärtig unterschiedlichste Entwick-
    lungen. Ich will nicht verhehlen: In jeder Partei gibt es
    Leute, die den großen Auftritt lieben. Auch einer meiner
    Vorgänger beispielsweise beliebte das zu tun.


    (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Tauss! – Maritta Böttcher [PDS]: Außer in der SPD!)


    Nun wollen wir die Debatte mit dem richtigen Ernst be-
    trachten.


    (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Ja, bitte, darauf warten wir seit zehn Minuten!)


    Es gibt bei denjenigen, die die Einführung von Studien-
    gebühren immer wieder gefordert haben, entsprechende
    Argumente. Es lohnt sich, sich mit diesen Argumenten
    auseinander zu setzen. Aber selbst wenn wir das tun, kom-
    men wir immer wieder zu der gleichen Auffassung, dass
    Studiengebühren das Falsche sind.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Man sollte sich auch nicht von spekulativen „dpa“-
    Meldungen in Panik versetzen lassen.


    (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Die Panik kann man an Ihren Schweißperlen auf der Stirn sehen!)


    – Herr Rachel, man sollte auch nicht auf spekulative
    „dpa“-Meldungen mit ebenso spekulativen „dpa“-Mel-
    dungen reagieren. Damit haben Sie überhaupt noch keine
    Politik gemacht. Was Sie brauchen, ist der Konsens mit
    den Ländern. Das ist in der Tat völlig richtig.

    Was Sie brauchen, sind Länder, die sich darüber im
    Klaren sind, welcher Dominoeffekt in dem Moment ein-
    setzen würde, in dem ein einziges Land Studiengebühren
    einführte. Schon deshalb müssen die Länder selber ein
    großes Interesse daran haben, zu einer Verwaltungsver-
    einfachung hinsichtlich der entsprechenden Studienge-
    bühren zu kommen. Sie sind jetzt auch dabei und das ist
    der richtige Weg. Dabei wurden auch Signale zur Verhin-
    derung von Studiengebühren gesetzt. Diese müssen von
    den Ländern ausgehen, denn sie sind die wirklich Betrof-
    fenen. Ohne die Länder werden Sie das in keiner Weise
    hinbekommen.

    Es gibt noch ein paar Fragen, über die man sich ne-
    benbei unterhalten kann: Es wird ideologisch debattiert,
    und Verwaltungsgebühren werden beispielsweise mit
    Studiengebühren gleichgesetzt. Sie von der PDS tun das
    übrigens auch.
    Das würde ich nicht machen. Lesen Sie sich Ihren Ge-
    setzentwurf durch.


    (Maritta Böttcher [PDS]: Den habe ich geschrieben! Den muss ich nicht durchlesen!)


    Darin steht, dass davon gleichzeitig das Verbot von Ver-
    waltungsgebühren betroffen sei. Man soll nicht Äpfel mit
    Birnen gleichsetzen. Dies sind schon zwei unterschiedli-
    che Sachen.

    Ich will mich einmal in die Diskussion über die Studi-
    engebühren beispielsweise mit dem CHE einmischen. Es
    gibt dieses schöne Gutachten vom Deutschen Studen-
    tenwerk, das klar die Haltung widerlegt, in unserem Land
    würden die armen Leute das Studium der Reichen finan-
    zieren. Dies ist einfach nicht wahr. Wenn Sie sich die
    Steuerbilanz ansehen, stellen Sie fest, dass diejenigen, die
    die Universität abgeschlossen haben, infolge des progres-
    siven Steuersatzes sehr viel mehr in die Steuerkasse zah-
    len als die armen Leute. Deswegen ist die in dem Gegen-
    gutachten enthaltene Antwort des CHE darauf schlicht
    eine Frechheit, weil so getan wird, als würde sozusagen
    die Rendite verglichen werden. Dabei sind die Bürger die
    entsprechenden materiellen Produkte, deren Rendite für
    die Bilanzierung entscheidend ist.


    (Abg. Cornelia Pieper [F.D.P.] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    – Herr Präsident, möchten Sie eine Frage zulassen?

    (Heiterkeit bei der SPD und der F.D.P.)