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    Begrüßung der Botschafter der Vereinigten Staaten und Polens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9372 D Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Abgeordneten Bernd Reuter, Dieter Wiefelspütz, Dr. Peter Struck und der Fraktion SPD, den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Friedrich Merz, Michael Glos und der Fraktion CDU/CSU, den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, den Abgeordneten Dr. Max Stadler, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion F.D.P. sowie den Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einerStiftung „Erinnerung, Ver- antwortung und Zukunft“ (Drucksache 14/3206) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9371 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . . 9371 B Otto Graf Lambsdorff, Beauftragter des Bun- deskanzlers für die Stiftungsinitiative Deut- scher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9373 A Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 9375 C Bernd Reuter SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9377 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9379 B Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9381 C Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9382 D Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9384 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9386 A Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9388 B Tagesordnungspunkt 15: Wahlvorschlag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS: Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Drucksache 14/3160) . . . . . . . . . . . . . . . . 9389 B Dank an Frau Claire Marienfeld für ihre Ar- beit im Deutschen Bundestag und als Wehrbe- auftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9389 B Wahl des Abgeordneten Dr. Willfried Penner (SPD) zum Wehrbeauftragten . . . . . . . . . . . . 9389 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen zu dem Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Zukunft sichern – Verkehrs- infrastrukturinvestitionen verstärken (Drucksachen 14/2360, 14/3199) . . . . . . . 9390 C b) Antrag der Abgeordneten Klaus Hofbauer, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion CDU/CSU: A 6 als wichtige europäische West-Ost-Straßen- verbindung vorrangig fertig stellen (Drucksache 14/2910) . . . . . . . . . . . . . . . . 9390 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Faire Preise für die Infrastruktur- benutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Plenarprotokoll 14/100 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 100. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. April 2000 I n h a l t : Verkehrs-Infrastrukturgebühren in der Weißbuch EU (Drucksachen 14/74 Nr. 2.109, 14/1545) 9390 D d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Ausbau der Schienenwege 1999 (Drucksache 14/2176) . . . . . . . . . . . . . . . . 9390 D e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Straßenbaubericht 1999 (Drucksache 14/2488) . . . . . . . . . . . . . . . . 9390 D f) Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Wis- senschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung Technikfolgenabschätzung hier: Ent- wicklung und Analyse von Optionen zur Entlastung des Verkehrsnetzes und zur Verlagerung von Straßenverkehr auf umweltfreundlichere Verkehrsträger (Drucksachen 13/11447, 14/272 Nr. 144, 14/2429) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9391 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Angelika Mertens, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Anti-Stau-Programm (Drucksache 14/3179) . . . . . . . . . . . . . . . . 9391 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion PDS: Beibehal- tung der Reisezug-Verbindungen zwi- schen Polen und Berlin (Drucksache 14/3191) . . . . . . . . . . . . . . . . 9391 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Straßenbau statt Auto- stau (Drucksachen 14/2582, 14/3198) . . . . . . . 9391 B Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9391 C Heide Mattischeck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 9393 C Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . 9395 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 9395 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9398 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 9400 A Reinhold Strobl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9401 D Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P . . . . . . . 9402 C Norbert Königshofen CDU/CSU . . . . . . . . . 9403 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9405 C Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 9407 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . 9408 C Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9410 D Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 9411 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 9411 B Hans-Günter Bruckmann SPD . . . . . . . . . . . 9414 A Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Birgit Schnieber-Jastram, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU: Für eine gerechte Rentenanpassung (Drucksache 14/2991) . . . . . . . . . . . . . . . . 9416 C Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Durchführung eines Strafverfahrens we- gen Verletzung einer besonderen Ge- heimhaltungspflicht nach § 353 b StGB (Drucksache 14/2110) . . . . . . . . . . . . . . . . 9416 D Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Petra Bläss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes über die politischen Parteien (Drucksache 14/2719 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9417 A Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9417 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9419 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000II Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9421 A Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Jella Teuchner (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Tierschutz) (99. Sitzung, Seite 9279 A) . . . . . . . . . . . . . . 9422 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Neue Belastungen für ehrenamtlich Tätige zurücknehmen (99. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 14) Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9422 B Anlage 4 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl des Abge- ordneten Dr. Willfried Penner (SPD) zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9423 A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für eine gerechte Rentenanpas- sung (Tagesordnungspunkt 19) Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9425 B Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9426 D Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9427 C Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9429 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . 9429 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9430 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Durchführung eines Strafverfah- rens wegen Verletzung einer besonderen Ge- heimhaltungspflicht nach § 353 b StGB (Tagesordnungspunkt 20) Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9431 A Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9432 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9433 B Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9433 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9434 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien (Tages- ordnungspunkt 22) Dr. Joseph-Theodor Blank CDU/CSU . . . . . 9435 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9436 C Dr. Max Stadler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 9437 A Anlage 8 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9437 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 III Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 Dr. Gregor Gysi 9419 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9421 (C) (D) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht(A) (B) Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 14.04.2000 Marieluise DIE GRÜNEN Bernhardt, Otto CDU/CSU 14.04.2000 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 14.04.2000* Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 14.04.2000 Dr. Eckardt, Peter SPD 14.04.2000 Eichhorn, Maria CDU/CSU 14.04.2000 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.04.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.04.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.04.2000 Friedrich (Altenburg), SPD 14.04.2000 Peter Gebhardt, Fred PDS 14.04.2000 Hinsken, Ernst CDU/CSU 14.04.2000 Ibrügger, Lothar SPD 14.04.2000 Imhof, Barbara SPD 14.04.2000 Irmer, Ulrich F.D.P. 14.04.2000* Jünger, Sabine PDS 14.04.2000 Jung (Düsseldorf), SPD 14.04.2000 Volker Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 14.04.2000 Kauder, Volker CDU/CSU 14.04.2000 Kirschner, Klaus SPD 14.04.2000 Koppelin, Jürgen F.D.P. 14.04.2000 Kors, Eva-Maria CDU/CSU 14.04.2000 Kossendey, Thomas CDU/CSU 14.04.2000* Kumpf, Ute SPD 14.04.2000 Lehn, Waltraud SPD 14.04.2000 Leidinger, Robert SPD 14.04.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 14.04.2000 Erich Michelbach, Hans CDU/CSU 14.04.2000 Mogg, Ursula SPD 14.04.2000 Müller (Berlin), PDS 14.04.2000 Manfred Ohl, Eckhard SPD 14.04.2000 Dr. Pfaff, Martin SPD 14.04.2000 Pflug, Johannes SPD 14.04.2000 Dr. Pick, Eckhart SPD 14.04.2000 Probst, Simone BÜNDNIS 90/ 14.04.2000 DIE GRÜNEN Raidel, Hans CDU/CSU 14.04.2000* Rauber, Helmut CDU/CSU 14.04.2000* Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 14.04.2000 Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 14.04.2000 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 14.04.2000 Schily, Otto SPD 14.04.2000 Schindler, Norbert CDU/CSU 14.04.2000 Schmidt-Zadel, Regina SPD 14.04.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.04.2000 Hans Peter Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 14.04.2000 Andreas Schultz (Everswinkel), SPD 14.04.2000 Reinhard Seehofer, Horst CDU/CSU 14.04.2000 Sehn, Marita F.D.P. 14.04.2000 Simm, Erika SPD 14.04.2000 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.04.2000 Dr. Freiherr von Stetten, CDU/CSU 14.04.2000 Wolfgang Strebl, Matthäus CDU/CSU 14.04.2000 Stünker, Joachim SPD 14.04.2000 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 14.04.2000 Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 14.04.2000 Volquartz, Angelika CDU/CSU 14.04.2000 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 14.04.2000 Wieczorek-Zeul, SPD 14.04.2000 Heidemarie Wissmann, Matthias CDU/CSU 14.04.2000 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.04.2000 Margareta DIE GRÜNEN Zapf, Uta SPD 14.04.2000 Zierer, Benno CDU/CSU 14.04.2000 Dr. Zöpel, Christoph SPD 14.04.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung der OSZE Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Jella Teuchner (SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Tierschutz) (99. Sitzung, Seite 9279A) Ich erkläre, dass ich an der namentlichen Abstimmung „Staatsziel Tierschutz“ teilgenommen habe. Ich habe mit Ja gestimmt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Neue Belastungen für ehrenamtlich Tätige zurücknehmen (99. Sit- zung, Tagesordnungspunkt 14) Max Straubinger, (CDU/CSU):Das Ehrenamt zu för- dern und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unsere demokratische und soziale Gesellschaft zu stärken haben sich alle politisch verantwortlichen Kräfte in unse- rem Land an die Fahne geheftet. Dies ist auch richtig, da die ehrenamtliche Tätigkeit in den sozialen Diensten, bei der Feuerwehr, in Kirchen, bei Sportverbänden, beim Ro- ten Kreuz und vielen anderen Einrichtungen ein Dienst an Mitmenschen ist. Wenn dieses Engagement der Bürger von der Politik und von kommunalen Gebietskörper- schaften erledigt werden müsste, wäre dies nur mit einem unverhältnismäßig großen Kostenaufwand möglich. Aber – was für mich noch wichtiger ist – es wäre mit weit weniger Einfühlungsvermögen und Engagement der dann Tätigen verbunden, da diese Bürgerinnen und Bürger ihren Einsatz als normale Arbeit begreifen würden und da kann es schon mal „Dienst nach Vorschrift“ geben. Deshalb sind wir, die politischen Entscheidungsträger, gut beraten, dieses ehrenamtliche Engagement zu stärken. Der Wille, ein Ehrenamt zu übernehmen, wird jedoch zu- sehends geschmälert. Was ist geschehen? Die Bundesregierung und die Koalitionsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben mit Wirkung zum 1. April 1999 das bis dahin geltende 630-Mark-Gesetz, welches die pauschale Versteuerung bei geringfügiger Entlohnung ermöglichte, abgeschafft und durch eine neue bürokratische Regelung ersetzt. Zusätzlich wurde im Steuerbereinigungsgesetz eine steuerliche Begünstigung nur noch für Übungsleiter und pflegende Einsätze zuge- lassen. Diese Änderungen führten dazu, dass die Spitzenver- bände der Sozialversicherungsträger am 16./17. Novem- ber 1999 bei einer gemeinsamen Sitzung feststellten, dass Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich tätige Feuer- wehrdienstleistende und andere ehrenamtlich Tätige wie zum Beispiel als Vorstand einer Sportorganisation, wofür eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, steuer- und sozialversicherungspflichtig werden. Dies führt dann zu folgenden Auswirkungen: Feuerwehrwesen: Die geringste Aufwandsentschädi- gung für einen Feuerwehrkommandanten beträgt in Bay- ern 57,80 DM monatlich. Dieser Feuerwehrkommandant ist verantwortlich für das Feuerwehrhaus, die Feuerwehr- fahrzeuge, den Ausbildungsstand und die Einsatzfähig- keit der Feuerwehrleute, die Begleitung und Ordnungssi- cherung bei örtlichen Festen und Veranstaltungen und auch für die würdige Umrahmung eines Trauergottes- dienstes für einen verstorbenen Kameraden. Da nach dem bayerischen Feuerwehrgesetz nur arbeitsfähige Personen bis zum sechzigsten Lebensjahr aktiven Dienst in der Feu- erwehr leisten können, steht ein Kommandant in der Re- gel in einem Arbeitsverhältnis. Da ab dem 1. April 1999 Haupt- und so genannte Ne- benbeschäftigungen zusammengezählt werden, haben die gesetzlichen Änderungen nachfolgende Konsequenzen: Der Feuerwehrmann braucht eine zweite Lohnsteuer- karte. Der darauf eingetragene Lohn unterliegt dann der Lohnsteuerklasse VI oder man wird der pauschalen Be- steuerung unterworfen. Eine monatliche Aufwandsent- schädigung in Höhe von 50,- DM oder ein Drittel, höchs- tens aber 300,- DM monatlich, sind steuerfrei und damit auch sozialversicherungsfrei. Es müssen bei vorhin genannter Aufwandsentschädi- gung in Höhe von 57,80 DM somit 7,80 DM monatlich versteuert und die entsprechenden Sozialversicherungs- beiträge abgeführt werden. Dies bedeutet, dass ein Gesamtbeitrag von 2,70 DM, den der Kommandant und die Gemeinde je zur Hälfte in Höhe von 1,35 DM tragen, und 1,50 DM Pauschalsteuer im Monat anfallen. Daneben fällt aber auch zusätzlicher Verwaltungsauf- wand an: Anmeldung bei der Krankenkasse, monatliche Meldung, Jahresmeldung und Summenabgleiche mit der Krankenkasse. Ist die Gemeinde der Anstalt für kommu- nale Datenverarbeitung Bayern (AKDB) angeschlossen, ist dann für einen Personalfall eine monatliche Pauschale in Höhe von 13,- DM plus Portoaufwand und Buchungs- kosten zu entrichten. Sie sehen, meine Damen und Her- ren, dies ist ein riesiger bürokratischer Aufwand, um 57,80 DM monatlich richtig zu verbuchen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009422 (C) (D) (A) (B) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Zudem ergibt die neue Regelung eine zusätzliche große Belastung für die Kommunen. Wollen, wie bereits vielfach zum Ausdruck gebracht, die Kommunen die Dienstleistenden im Nettoergebnis so stellen wie vor der Neuregelung, fallen bei einem Landkreis bzw. einer kreis- freien Stadt in Bayern Mehrkosten in Höhe von circa 16 000,- DM pro Jahr an, was bei 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten einen Mehraufwand in Höhe von circa 1,5 Millionen DM bedeutet. In dieser Regelung sind die Mehrkosten bei 2 031 kreisangehörigen Städten, Märkten und Gemeinden noch gar nicht berücksichtigt. Ein weiteres Beispiel: Die Kreisvorsitzenden des Bayerischen Landessportverbandes in meinem Wahlkreis erhalten zu Recht für ihren ehrenamtlichen Einsatz 100,- DM monatlich an pauschaler Aufwandsentschädi- gung. In dieser Funktion ist der Vorsitzende des Land- kreises Rottal-Inn Repräsentant von 141 angeschlossenen Vereinen in 31 Städten, Märkten und Gemeinden bei einer Gebietsgröße von circa 1 300 Quadratkilometer. Nicht minder belastet ist sein Kollege aus dem Landkreis Din- golfing-Landau. Er vertritt 137 Vereine in 16 Kommunen in einer Gebietsgröße von circa 900 Quadratkilometern. Neben den repräsentativen und organisatorischen Aufga- ben haben diese engagiert Tätigen für den Breitensport vielfach die Ehre, Schirmherrschaften bei Vereinsfesten, verbunden mit einer Pokalspende, zu übernehmen. Sie se- hen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass diese Kreisvorsitzenden sicherlich noch mehr Geld in ihr Eh- renamt einbringen, als die gewährte Aufwandsentschädi- gung beträgt. Trotzdem fällt bei einem versicherungs- pflichtig Beschäftigten wiederum dieselbe bürokratische Prozedur wie vorhin bei den Feuerwehrdienstleistenden beschrieben an. Diese Beispiele ließen sich unendlich fortsetzen. Sie sehen, verehrte Damen und Herren, es besteht Handlungsbedarf, da viele nicht bereit sind, diesen über- zogenen bürokratischen Aufwand bei Ausübung eines Ehrenamtes zu überwinden. Es besteht auch Handlungs- bedarf, da vielen Organisationen und Vereinen die Gesetzeslage nicht bewusst ist, aber die Sozialversiche- rungsverbände rückwirkend für mehrere Jahre die fälligen Beiträge eintreiben können. Bessern Sie deshalb, verehrte Damen und Herren der Regierungskoalition, ihre Regelung zum 630-Mark-Ge- setz und das Steuerbereinigungsgesetz nach, damit die Ausübung des Ehrenamtes gestärkt wird. Wir werden Sie dabei sachkundig und kenntnisreich unterstützen im Sinne der Intension unseres Antrages. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9423 (C) (D) (A) (B) Anlage 4 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an derWahl derAbgeordneten Dr. Willfried Penner (SPD) zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages teilgenommen haben SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans Peter Bartels Eckhardt Barthel (Berlin) Klaus Barthel (Starnberg) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding (Heidelberg) Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Dr. Eberhard Brecht Rainer Brinkmann (Detmold) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Hans-Günter Bruckmann Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner (Ingolstadt) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Rudolf Dreßler Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Peter Enders Gernot Erler Annette Faße Lothar Fischer (Homburg) Gabriele Fograscher Iris Follak Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Dagmar Freitag Lilo Friedrich (Mettmann) Harald Friese Anke Fuchs (Köln) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Konrad Gilges Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Dieter Grasedieck Monika Griefahn Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack (Extertal) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller (Lübeck) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann (Chemnitz) Walter Hoffmann (Darmstadt) Iris Hoffmann (Wismar) Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter Eike Maria Hovermann Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Dr. Uwe Jens Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Hans-Peter Kemper Marianne Klappert Hans-Ulrich Klose Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Konrad Kunick Dr. Uwe Küster Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange (Backnang) Detlev von Larcher Christine Lehder Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) Christa Lörcher Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß (Herne) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Ulrike Mascher Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Ulrike Merten Angelika Mertens Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller (Düsseldorf) Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Franz Müntefering Andrea Nahles Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Dr. Willfried Penner Georg Pfannenstein Dr. Eckhart Pick Joachim Poß Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Renate Rennebach Bernd Reuter Dr. Edelbert Richter Reinhold Robbe Gudrun Roos René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Birgit Roth (Speyer) Marlene Rupprecht Thomas Sauer Dr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Siegfried Scheffler Horst Schild Dieter Schloten Horst Schmidbauer (Nürnberg) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Heinz Schmitt (Berg) Dr. Emil Schnell Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann (Delitzsch) Brigitte Schulte (Hameln) Volkmar Schultz (Köln) Ewald Schurer Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz (Oldenburg) Dr. Angelica Schwall-Düren Bodo Seidenthal Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl Dr. Peter Struck Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Franz Thönnes Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Ute Vogt (Pforzheim) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis (Stendal) Matthias Weisheit Gert Weisskirchen (Wiesloch) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek (Böhlen) Helmut Wieczorek (Duisburg) Dieter Wiefelspütz Heino Wiese (Hannover) Klaus Wiesehügel Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf (München) Waltraud Wolff (Zielitz) Heidemarie Wright Peter Zumkley CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Dietrich Austermann Norbert Barthle Günter Baumann Brigitte Baumeister Meinrad Belle Dr. Sabine Bergmann-Pohl Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank Peter Bleser Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl Dr. Maria Böhmer Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Paul Breuer Georg Brunnhuber Klaus Bühler (Bruchsal) Hartmut Büttner Schönebeck) Cajus Caesar Manfred Carstens (Emstek) Peter H. Carstensen (Nordstrand) Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Rainer Eppelmann Dr. Hans Georg Faust Ulf Fink Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) Herbert Frankenhauser Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Dr. Heiner Geißler Georg Girisch Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther (Duisburg) Gottfried Haschke (Großhennersdorf ) Gerda Hasselfeldt Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Hans Jochen Henke Peter Hintze Klaus Hofbauer Martin Hohmann Klaus Holetschek Dr. Karl-Heinz Hornhues Siegfried Hornung Joachim Hörster Hubert Hüppe Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Irmgard Karwatzki Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Manfred Kolbe Norbert Königshofen Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Dr. Martina Krogmann Dr.-Ing. Paul Krüger Dr. Hermann Kues Karl Lamers Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link (Diepholz) Eduard Lintner Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) Dr. Michael Luther Erwin Marschewski (Recklinghausen) Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Meinolf Michels Dr. Gerd Müller Bernward Müller (Jena) Elmar Müller (Kirchheim) Bernd Neumann (Bremen) Günter Nooke Franz Obermeier Friedhelm Ost Eduard Oswald Dr. Peter Paziorek Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009424 (C) (D) (A) (B) Anton Pfeifer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard (Dresden) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Norbert Röttgen Volker Rühe Anita Schäfer Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Dietmar Schlee Christian Schmidt (Fürth) Dr.-Ing. Joachim Schmidt Halsbrücke) Andreas Schmidt (Mülheim) Michael von Schmude Birgit Schnieber-Jastram Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Dr. Erika Schuchardt Clemens Schwalbe Dr. Christian Schwarz- Schilling Rudolf Seiters Bernd Siebert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Wolfgang Steiger Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Michael Stübgen Dr. Susanne Tiemann Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Gunnar Uldall Arnold Vaatz Andrea Voßhoff Peter Weiß (Emmendingen) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer (Neuss) Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Aribert Wolf Elke Wülfing Peter Kurt Würzbach Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gila Altmann (Aurich) Volker Beck (Köln) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Annelie Buntenbach Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer (Berlin) Katrin Dagmar Göring- Eckardt Rita Grießhaber Winfried Hermann Antje Hermenau Kristin Heyne Ulrike Höfken Michaele Hustedt Monika Knoche Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Helmut Lippelt Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller (Köln) Winfried Nachtwei Christa Nickels Cem Özdemir Claudia Roth (Augsburg) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch Albert Schmidt (Hitzhofen) Werner Schulz (Leipzig) Christian Simmert Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Dr. Antje Vollmer Dr. Ludger Volmer Sylvia Voß Helmut Wilhelm (Amberg) F.D.P. Hildebrecht Braun (Augsburg) Ernst Burgbacher Jörg van Essen Ulrike Flach Horst Friedrich (Bayreuth) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Joachim Günther (Plauen) Dr. Karlheinz Guttmacher Klaus Haupt Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Ina Lenke Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Jürgen W. Möllemann Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Detlef Parr Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Dr. Irmgard Schwaetzer Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Jürgen Türk PDS Petra Bläss Maritta Böttcher Eva Bulling-Schröter Roland Claus Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Ruth Fuchs Wolfgang Gehrcke Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Carsten Hübner Ulla Jelpke Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Heidi Lippmann Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Angela Marquardt Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Christine Ostrowski Petra Pau Christina Schenk Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9425 (C) (D) (A) (B) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für eine gerechte Rentenanpassung (Tagesordnungspunkt 19) Erika Lotz (SPD): Warum ersparen Sie sich und uns nicht endlich dieses unwürdige Schauspiel? Am 22. März haben Sie nicht nur die Staatssekretärin zu genau diesem Thema befragt, Sie haben auch eine Aktuelle Stunde dazu einberufen. Heute müssen wir über einen ihrer Gesetzes- anträge entscheiden, in dem nur eins steht: Wir sollen nicht tun, was dringend nötig ist und woran kein Weg vor- beiführt. Was bei den zahlreichen Auftritten zum Thema Renten- anpassung herauskommen wird, die Sie, meine sehr ver- ehrten Damen und Herren von der Union, inszenieren, ist ganz klar. Selbstverständlich werden die Renten in diesem und im nächsten Jahr nach der Preissteigerungsrate er- höht, ganz gleich, wie viele Aktuelle Stunden, Gesetzes- änderungen oder was Sie sonst dazu beantragen. Natür- lich ist es in unserer Demokratie Ihr gutes Recht, auch noch das letzte Mittel auszuschöpfen, um Ihre Wünsche durchzusetzen. Dieses Recht will ich Ihnen auch gar nicht nehmen. Aber in Ihrem Vorgehen gibt es einige Dinge, über die ich mich schlicht ärgere. Eins davon ist, dass Sie es in der ganzen Diskussion bisher nicht einmal geschafft haben, bei der Wahrheit zu bleiben. Selbst in dem Antrag, über den wir heute beraten, scheuen Sie nicht vor haltlosen Prognosen zurück. Wie die Preissteigerungsrate in diesem Jahr insgesamt ausfallen wird, das weiß ich nicht. Und Sie können das auch nicht wissen, wenn Sie nicht über prophetische Ga- ben verfügen. Ich weiß, dass es ihnen schwer fällt, das zu verstehen, deshalb erkläre ich es ihnen heute noch einmal: Der Maßstab für die Rentenerhöhung in diesem Jahr ist die Preissteigerungsrate des vergangenen Jahres. Die müssen wir zugrunde legen, weil wir die Preissteige- rungsrate in diesem Jahr noch nicht kennen – genauso we- nig wie Sie. Sie unterstellen einfach, dass die Preise das ganze Jahr über so stark steigen, wie sie im Februar gestiegen sind. Das ist aber eine unseriöse Unterstellung. Sollten die Preise in diesem Jahr aber tatsächlich so stark ansteigen, wie Sie glauben, dann profitieren die Rentner im nächsten Jahr auch davon. Von einer Benachteiligung kann also gar keine Rede sein. In den vergangenen Jahren – zur Zeit der Kohl-Regie- rung – lagen die Rentenanpassungen immer unter der In- flationsrate: 1995 wurden die Renten um 0,5 Prozent er- höht; die Inflationsrate lag bei 1,6 Prozent. 1996 betrug die Rentenanpassung 0,95 Prozent, die Preissteigerungs- rate 1,3 Prozent. 1997 gab es 1,65 Prozent mehr Rente, die Preise stiegen um 1,9 Prozent. 1998 betrug die Rentenan- passung 0,44 Prozent, die Preissteigerung 0,9 Prozent. Das verschweigen Sie. Ebenso scheuen Sie auch den direkten Vergleich in Mark und Pfennig zwischen dem, was wir bisher gemacht haben, und dem, was Sie gern tun würden – den demographischen Faktor wieder einführen. Sie klagen zwar lauthals darüber, wie schlecht es den Rentnern dank Rot-Grün angeblich geht. Dürfte aber die Union den Weg in der Rentenpolitik bestimmen, hätten die Rentner gleich eine ganze Reihe von Kröten zu schlucken. Für die zweimalige Anpassung nach der Preis- entwicklung versuchen Sie uns zu schelten; im Ergebnis unterscheidet sich das erst einmal in den beiden nächsten Jahren nicht von Ihrem demographischen Faktor. Die Dif- ferenz beträgt für die Durchschnittsrente genau 2,58 DM. Wir kehren danach aber zur Anpassung an die Nettolöhne zurück, während der demographische Faktor über die nächsten Jahre immer weiter gewirkt hätte und das Ren- tenniveau immer weiter gesenkt hätte. Die Rente mit 70 und die volle Besteuerung der Ren- ten – das sind die beiden einzigen anderen Ideen zur Ren- tenreform, die die CDU bis jetzt beigesteuert hat. Das lässt sich aber weder als tragfähiges Rentenkonzept noch als durchdachter Beitrag zur politischen Diskussion ins- gesamt bezeichnen. Rente mit 70? Auf welchen Arbeitsplätzen sollen die Senioren denn ihre fünf zusätzlichen Jahre abarbeiten, bitte schön? Und wer sollte das sein? Krankenschwestern und Bauarbeiter beispielsweise können mit 70 einfach nicht mehr arbeiten. Und die volle Besteuerung der Renten zu fordern war genauso unüberlegt, Herr Merz. Schon das Rentenre- formgesetz 1999 hätte uns viele weitere Sozialhilfeemp- fänger beschert, wenn wir die entscheidenden Teile nicht ausgesetzt hätten. Die vollständige Besteuerung der Ren- ten hätte denselben Effekt. Die Rentenanpassung für zwei Jahre von den Net- tolöhnen abzukoppeln ist der Beitrag der Rentnerinnen und Rentner zur Konsolidierung des Bundeshaushalts. Erst jedem alles zahlen, und dann schauen, wo gespart werden kann, wie Sie das in Ihrem Antrag vorschlagen, ist nämlich nicht möglich. Die Rentnerinnen und Rentner waren und sind gern be- reit, ihren Beitrag zu leisten wie alle anderen auch. Aber sie haben auch mehr Angst als die meisten anderen, von der Politik verschaukelt zu werden. Deshalb nehme ich es Ihnen besonders übel, dass Sie die Debatte nutzen, um die Rentner zu verunsichern. Mit ihrer Taktik, nie die ganze Wahrheit zu sagen und oft einfach dreist zu lügen, haben Sie es geschafft, dass heute wieder ein großer Teil der Rentner und auch ein großer Teil der Beitragszahler die Rente für unsicher hält. Warum Sie das tun, ist für meine Kollegen und mich leicht zu durchschauen. Sie tun es, um davon abzulenken, dass die Union kein wirklich schlüssiges Konzept für eine Rentenreform hat. Sie tun es, um davon abzulenken, dass Ihnen die Ideen für eine wirklich zukunftsfähige Renten- politik fehlen. Sie tun es, um davon abzulenken, dass Ih- nen einfach nichts Vernünftiges einfällt, womit Sie in Nordrhein-Westfalen Wahlkampf machen können. Das durchschaue ich, das durchschauen viele andere Menschen in diesem Land. Aber es gibt eben auch viele, die das nicht durchschauen, die bei der Inszenierung, die Sie hier und in der Öffentlichkeit abziehen, Angst be- kommen, ob ihnen im nächsten Monat noch ihre Rente in voller Höhe ausgezahlt wird. Und genau das verabscheue ich: dass Sie deren Unsicherheit ausnutzen, um Öffent- lichkeit für sich und gegen uns zu schaffen. Und ich kann es auch nicht verstehen. Schließlich treffen sich doch re- gelmäßig die Fachleute der Fraktionen, um in Überein- stimmung eine vernünftige Rentenstrukturreform hinzu- bekommen. Dass es in den „Konsensgesprächen“ tatsächlich je- mals zum Konsens kommt, kann sich aber kaum jemand vorstellen, so wie Sie momentan in der Öffentlichkeit da- gegen wettern. Deshalb appelliere ich hier noch einmal eindringlich an Sie: Kehren Sie zurück zu einem sachli- chen Umgangston! Hören Sie auf ihre Parteichefin, Herr Merz: Erst denken, dann reden! Heinz Schemken (CDU/CSU): Am 12. November 1999 hat der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit von Rot-Grün gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen den Entwurf des Gesetzes zur Sanierung des Bundes- haushalts beschlossen. Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung regelt das Gesetz, dass die Rentenan- passungen für die Jahre 2000 und 2001 von der Nettolohn- entwicklung abgekoppelt und nur in Höhe der Inflations- rate vorgenommen werden. Obwohl die Rentenformel nun wirklich nichts mit dem Bundeshaushalt zu tun hat, ist dieser Schritt gemacht worden. Die Rentenformel mit der nettolohnbezogenen Variante hat mit der Angleichung an die Einkommensver- hältnisse und diesem Wachstum zu tun. Deshalb die dy- namische Rente, aber verlässlich und nicht nach Kassen- lage. Die CDU/CSU lehnt deshalb die Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate ab, da die Abkopplung der Rentenanpassung von der Nettolohnentwicklung dazu führt, dass die Rente nicht mehr auf der Grundlage der ge- zahlten Beiträge gezahlt wird. Rentner und Beitragszahler werden hierdurch verunsi- chert und die Glaubwürdigkeit des Systems der gesetzli- chen Rentenversicherung insgesamt beschädigt. Durch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009426 (C) (D) (A) (B) solche Maßnahmen wird der Grundsatz der Generati- onensolidarität gefährdet. Mit diesem Beispiel werden wir die jungen Menschen nicht für die gesetzliche Rente begeistern; denn ohne Vertrauen zum Generationenver- trag wird man sicher nicht in das System einsteigen, son- dern vielleicht sogar kündigen. Dies ist die eigentliche Frage, wenn wir für eine gerechte Rentenanpassung ein- treten. Die Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate verstößt auch gegen das Versprechen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das er im Februar 1999 gegeben hat: „Ich stehe dafür, dass auch in Zukunft die Rente so stark steigt wie die Nettolöhne.“ In der Rechtsverordnung zur Festsetzung der Renten- anpassung zum 1. Juli 2000 geht die Bundesregierung von einer Rentensteigerung in Höhe von 0,6 Prozent aus. Die Preissteigerungsrate in diesem Jahr liegt allerdings, auch bedingt durch die Einführung der Ökosteuer durch die Bundesregierung, erheblich über der geplanten Rentenan- passung für das Jahr 2000. Der Kaufkraftverlust der Rent- ner in diesem Jahr wird durch die Rentenanpassung zum 1. Juli nicht ausgeglichen. Die Rentner müssen vielmehr einen Kaufkraftverlust von zwischen 1 und 2 Prozent hin- nehmen. Das macht für den Eckrentner einen Verlust von circa 240 DM im Jahr aus. Hier wird deutlich, dass die Be- schleunigung des Preisanstiegs auch auf die von der Bun- desregierung zu verantwortende Einführung der Öko- steuer zurückzuführen ist. Die Rentenanpassung lediglich in Höhe von 0,6 Pro- zent zum 1. Juli 2000 widerspricht dem Versprechen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester, aus dem vergangenen Jahr. Am 10. September 1999 hatte er angekündigt: „Die Rentenanpassungen ent- sprechend der Preissteigerungsrate in den Jahren 2000 und 2001 bedeuten nichts anderes als die Sicherung der Kaufkraft der Rentner.“ Dieses Versprechen wird von der Bundesregierung gebrochen. Die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 wird deutlich geringer ausfallen, als die Ver- braucherpreise steigen. Hinzu kommt, dass das Rentenniveau von 70 Prozent innerhalb von zwei Jahren auf unter 67 Prozent sinkt. Dies hat nichts mit der demographischen Variante der vorheri- gen Formel zu tun, denn dieser Bruch mit der nettolohn- bezogenen Formel ist nicht mehr rückholbar. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Rege- lung über die Rentenanpassung entsprechend der Inflati- onsrate in § 255 c SGB VI außer Vollzug zu setzen. Auch darf die entsprechende Rechtsverordnung zur Höhe der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 nicht in Kraft gesetzt werden. Die Bundesregierung ist vielmehr gehalten, im konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten eine bessere Lösung für diesen Bereich zu erarbeiten. Um die Verunsicherung der Betroffenen zu beheben, muss schnell und klar gehandelt werden. Statt eines aus fi- nanzieller Not geborenen Systemwechsels bedarf es einer langfristigen und für die Betroffenen kalkulierbaren Stra- tegie für eine Rentenreform und – davon getrennt – ent- sprechender Konsolidierungsmaßnahmen der öffentli- chen Haushalte. Hierfür stehen wir und wir sind auch be- reit, an einer Rentenlösung für einen gerechten Genera- tionenvertrag mitzuwirken. Andreas Storm (CDU/CSU): Mit dem von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten Antrag „Für eine ge- rechte Rentenanpassung“ hat der Deutsche Bundestag zum letzten Mal die Gelegenheit, eine schlimme Fehlent- wicklung gerade noch rechtzeitig abzuwenden. Worum geht es? Es geht schlicht und ergreifend darum, in wel- chem Umfang die Renten der 17 Millionen Rentnerinnen und Rentner zum 1. Juli dieses Jahres erhöht werden sol- len. Das ist vordergründig nur die Frage nach der Ausset- zung der so genannten Rentenformel. Doch diese Renten- formel ist nicht irgendeine Formel. Die Rentenformel ist vielmehr das Herzstück des Generationenvertrages; sie entscheidet darüber, ob die berechtigten Ansprüche der Rentnerinnen und Rentner erfüllt werden. Sie entscheidet aber ebenso darüber, ob die Beitrags- belastung der jungen Generation in Grenzen gehalten werden kann. Es geht hier um einen fairen Ausgleich zwi- schen den Generationen. Und genau dieser faire Aus- gleich ist durch die Rentenpolitik dieser Bundesregierung in den beiden kommenden Jahren nicht mehr gewähr- leistet. Eineinhalb Jahre rot-grüne Politik sind durch eine Kette gebrochener Versprechen gekennzeichnet. Verspre- chen Nr. 1: In der Koalitionsvereinbarung haben Sie fest- geschrieben, dass der demographische Faktor in der Ren- tenformel ausgesetzt wird. Begründung: Eine Absenkung des Rentenniveaus müsse vermieden werden, dies sei un- sozial. Heute gilt: Wie versprochen, so gebrochen. Der Erste Direktor des Verbandes Deutscher Renten- versicherungsträger (VDR) in Frankfurt am Main, Prof. Franz Ruland, erklärte anlässlich der 10. Speyerer Sozial- rechtstage am 21. März diesen Jahres zu den Auswirkun- gen der rot-grünen Sparmaßnahme bei den Rentenanpas- sungen wörtlich: „Sie wird das Rentenniveau bis etwa 2006 stärker absenken, als es der demographische Faktor getan hätte.“ Versprechen Nr. 2: Am Aschermittwoch 1999 verkün- dete der Bundeskanzler vollmundig: „Ich stehe persönlich dafür ein, dass die Renten auch in Zukunft so steigen wie die Nettolöhne der Arbeitnehmer.“ Nur drei Monate spä- ter konnten wir alle erleben, was dieses Kanzlerwort wert war – nämlich noch nicht einmal das Papier, auf dem es gedruckt worden war. Auch hier gilt: Wie versprochen, so gebrochen! Versprechen Nr. 3: Wir setzen zwar die Rentenformel für zwei Jahre aus, dafür erhalten die Rentner aber einen vollen Kaufkraftausgleich. So sagte der Bundeskanzler auf dem ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall am 6. Oktober 1999 wörtlich: „Nun noch ein Wort zur An- passung der Renten in den nächsten beiden Jahren nach der Preisentwicklung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit das hier klar ist: Es handelt sich hier nicht um Kür- zungen, sondern um den Erhalt der Kaufkraft.“ Soweit der Bundeskanzler. Meine Damen und Herren, auch hier erneut ein gebro- chenes Versprechen, denn die Renten sollen in diesem Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9427 (C) (D) (A) (B) Jahr noch im Ausmaß der Inflationsrate des Vorjahrs, das heißt um 0,6 Prozent angehoben werden. Die aktuelle In- flationsrate hingegen liegt im März nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 1,9 Prozent. Mit anderen Worten: Das Inflationstempo in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten massiv beschleunigt, die Rent- ner erleiden somit einen spürbaren Kaufkraftverlust. Ein absehbarer Kaufkraftverlust von etwa 1 Prozent bedeutet für den so genannten Eckrentner eine tatsächliche Real- einkommenseinbuße von etwa 240 DM im Jahr. Das Fatale daran ist jedoch: Die massive Beschleuni- gung des Inflationstempos ist ganz wesentlich auf die Re- gierungspolitik zurückzuführen. So hat der Parlamentari- sche Staatssekretär beim Bundesfinanzministerium, Kol- lege Karl Diller, am 22. März dieses Jahres meine Anfrage „Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung den auf die Ökosteuer zurückzuführenden Einfluss auf die Inflationsrate?“ wie folgt beantwortet: „Nach Berechnun- gen des Statistischen Bundesamtes dürfte sich der Preis- index für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haus- halte aufgrund der am 1. April 1999 in Kraft getretenen 1. Stufe der ökologischen Steuerreform rechnerisch um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte und aufgrund der zum Jahres- beginn 2000 eingeführten 2. Stufe rechnerisch um 0,2 Prozentpunkte erhöht haben.“ Das bedeutet im Klartext: In den ersten drei Monaten dieses Jahres ist die Inflationsrate gegenüber dem Vorjah- resmonat alleine durch die Einführung der Ökosteuer in der Summe um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte angestiegen. Es ist deshalb eine Dreistigkeit sondergleichen, dass den Rentnern zunächst ein voller Kaufkraftausgleich verspro- chen wird, ihnen dann aber durch die Steuerpolitik der Bundesregierung ein massiver Kaufkraftverlust zugemu- tet wird. So kann man mit den Menschen nicht umgehen. Doch damit nicht genug: Immer wieder hat der Ar- beitsminister wider besseres Wissen verkündet, man werde im Jahr 2002 und dann wohl dauerhaft zur rein net- tolohnbezogenen Anpassung zurückkehren. Dass diese Aussage so nicht haltbar ist, muss jedem klar sein, der ein bisschen was von der Schieflage der Alterspyramide bei den Rentenfinanzen versteht. Deshalb sagen sie ja jetzt: Zum Sparen gibt es keine Alternative, auch nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Und: Auch die Rentner müssen sich daran beteiligen. Noch vor eineinhalb Jahren haben sie uns wegen solcher Aussagen in Bausch und Bo- gen verdammt! Der demographische Faktor, der die Rentner angemes- sen an den Kosten ihrer steigenden Lebenserwartung be- teiligt, sei ungerecht und unsozial, so etwas könne man den Menschen nicht zumuten – so Rot-Grün damals. Heute versucht der Bundesarbeitsminister krampfhaft, die finanziellen Wirkungen des demographischen Faktors nachzuahmen. Und weil er einen Korrekturfaktor bei der Rentenformel scheut wie der Teufel das Weihwasser, müssen eben willkürliche und unsystematische Eingriffe dazu dienen, den gleichen Effekt zu erzielen. Der erste Versuch war die Aussetzung der Netto- lohnanpassung für dieses und für das kommende Jahr. Die aktuellen Überlegungen des Bundesarbeitsministers sind aber noch viel dreister. Sie laufen nämlich darauf hinaus, einfach die Statistik zu ändern, um bei den Rentnern zu sparen, ohne dass die es merken. Der Weg: Der Nettolohn soll neu definiert werden, sprich: die Berechnungsgrund- lage für die Rente soll massiv gekürzt werden. Damit kann der Arbeitsminister drei Fliegen mit einer Klappe schla- gen: Wenn man den Anstieg der Nettolöhne einfach durch statistische Tricks bremst, kann man erstens bei den Ren- tenausgaben sparen, zweitens scheinbar das Versprechen halten, die Renten an die Nettolöhne zu koppeln, und da- mit drittens formal das Rentenniveau konstant halten. Weit sind Sie damit allerdings nicht gekommen, denn mittlerweile durchschaut die Öffentlichkeit dieses Schau- spiel. Der „Spiegel“ berichtete Ende März über Riesters Rechentricks, und der Rentenberater des Bundesarbeits- ministers und Wirtschaftsweise Professor Bert Rürup be- zeichnete in der „FAZ“ vom 1. April die vom Bundesar- beitsministerium angestellten Überlegungen für eine mo- difizierte Berechnung des Nettolohns gar als Eti- kettenschwindel! Die Rentenpolitik der gebrochenen Versprechen muss ein Ende haben! Nur dann eröffnet sich eine echte Chance für einen langfristig angelegten Rentenkonsens. Für eine neue Rentenformel im Zuge einer großen Rentenstruktur- form müssen fünf Grundsätze gelten: Erstens darf die Rentenanpassungsformel nicht willkürlich nach der je- weiligen Kassenlage des Bundeshaushaltes oder der Ren- tenversicherungsträger ausgesetzt werden. Dieses hat ei- nen nachhaltigen Vertrauensverlust bei Rentnern und Bei- tragszahlern zur Folge. Zweitens brauchen wir eine neue Rentenformel, die ei- nen verlässlichen, nachvollziehbaren Regelmechanismus beinhaltet. Eine fallweise Festsetzung der Rentenanpas- sungen ist inakzeptabel. Drittens gibt es in Deutschland einen breiten Konsens dahin gehend, dass die Rentner an der tatsächlichen Ein- kommensentwicklung der aktiven Generation teilhaben sollen. Deshalb muss auch in Zukunft die Nettoeinkom- mensentwicklung der Beitragszahler die Basis für die jährliche Rentenanpassung bleiben. Dabei gilt es viertens zu berücksichtigen, dass die junge Generation in den nächsten Jahren einen Teil ihres Einkommenszuwachses zum Aufbau eines zweiten Standbeins der Altersvorsorge verwenden muss. Wenn so- mit der tatsächliche Einkommensspielraum der Beitrags- zahler durch den Aufbau der „Sparrente“ begrenzt wird, muss dies auch Konsequenzen für das Tempo der jährli- chen Rentenanpassungen haben. Fünftens müssen wir angesichts der dramatischen Schieflage unserer Alterspyramide die demographische Entwicklung in der Rentenformel berücksichtigen. Dabei ist zu prüfen, ob lediglich der Anstieg der Lebenserwar- tung und die damit verbundene Verlängerung der Renten- laufzeiten erfasst werden sollen, wie dies beim demogra- phischen Faktor der Fall war. Denkbar wäre auch, darüber hinaus noch die Geburtenentwicklung in der Rentenfor- mel zu berücksichtigen. Ein solcher „Generationenfak- tor“, den einige Kollegen aus der Grünen Bundestags- fraktion vorgeschlagen haben, sollte durchaus ernsthaft erwogen und geprüft werden. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009428 (C) (D) (A) (B) Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, dass auch die Regierung in der Rentenpolitik wieder zu einer verlässlichen Grundlage zurückkehrt. Nur so kann sie ver- loren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Folgen Sie der Aufforderung des Präsidenten des größten deutschen Sozialverbandes, Walter Hirrlinger. Der VdK-Präsident hat am 21. März erklärt: „Riester muss zur Nettolohnfor- mel mit Demographiefaktor zurückkehren.“ Dieser Vorschlag, wäre eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Fortsetzung der Suche nach einem Renten- konsens. Springen Sie über Ihren Schatten! Die Renten- anpassung nach Kassenlage muss vom Tisch! Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was bedeutet hier eigentlich „gerecht“? Ist eine hohe Belastung der jungen Beitragszahler denn ge- recht? Mithilfe der Aussetzung der Anpassung der Renten an die Nettolohnentwicklung und mit dem Aufkommen der Ökosteuer haben wir erreicht, dass der Beitragssatz auf 19,3 Prozent gesenkt werden konnte. Wir machen eine ehrliche und realistische Rentenpolitik, die den Interessen der Jungen gerecht wird und nicht die Probleme in die Zu- kunft verschiebt, um dann den jungen Leuten zu sagen: Nun arbeitet mal bis 70! Ein wahrhaft unrealistischer Vor- schlag, bedenkt man, dass heute nur 39 Prozent der 55- bis 65-Jährigen noch arbeiten. Ich frage mich also, ob dass Ihre Auffassung von Ge- rechtigkeit ist: Soll es eine höhere Anpassung der Renten geben und damit zweifellos entweder höhere Beiträge oder Steuern, oder sollen wir längere Lebensarbeitszeit in Kauf nehmen, soll also das Ganze nur zulasten der jungen Beitragszahler gehen? Ich denke, dass es nicht besonders ehrlich und für die Zukunft des Alterssicherungssystems nicht förderlich ist, mit Halbwahrheiten die Bürgerinnen und Bürger zu ver- unsichern. Dass die Anpassung jedes Jahr im Nachhinein seit mehr als 15 Jahren zum 1. Juli des folgenden Jahres erfolgt, das wissen Sie und das haben Sie von der CDU/CSU genauso während Ihrer Regierungszeit getan. Man muss schon genauer hinsehen, wenn man mit Zahlen um sich wirft. Der von Ihnen dargestellte Kauf- kraftverlust ist in der von Ihnen bezifferten Höhe von 240 DM schlicht falsch. Sie legen für Ihre Behauptung eine Preissteigerungsrate von 1,6 Prozent zugrunde. Die Inflationsraten wirken sich jedoch auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterschiedlich aus. Die Preisstei- gerungsrate für einen Rentnerhaushalt im Osten beträgt 1,0 Prozent, im Westen 1,5 Prozent laut den neuesten Zah- len des Statistischen Bundesamts, weil sie einen anderen Warenkorb konsumieren. Die geringere Preissteigerungs- rate ist auf die niedrigeren Kosten für Gesundheitsausga- ben zurückzuführen, die auf die von der rot-grünen Re- gierung vorgenommenen Gesetzesrücknahmen, zum Bei- spiel bei den Zuzahlungen, zurückzuführen sind. Die Preissteigerungsraten der Rentnerhaushalte lagen unter der alten Regierung durchweg über der gesamten Inflati- onsrate. Ihre Politik war es, die das Einkommen der Rent- nerhaushalte in der Vergangenheit stärker belastet hat. Außerdem unterliegt eine Inflationsrate immer auch Schätzfehlern. Folgt man Herrn Hoffmann von der Bun- desbank, betragen diese sogar drei Viertel Prozent. Das könnte bedeuten, wir hätten statt 0,6 Prozent eine Inflati- onsrate von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit ei- ner negativen Tendenz gehabt. Ich habe den Eindruck, dass mit Zahlen viel Heuchelei betrieben wird. Es handelt sich hier, sachlich betrachtet, um einen geringen Verzicht, der, wie ich finde, vertretbar ist. Außerdem wird in dieser Scheindebatte vergessen, dass in den vergangenen Jahren fast durchweg, insbeson- dere von 1959 bis 1989 die Rentner immer Kaufkraftge- winne zu verzeichnen hatten, während in derselben Zeit die Beitragssätze kontinuierlich gestiegen sind. Vor die- sem Hintergrund ist es zu vertreten und wünschenswert, dass gerade die Einführungsgeneration, die von dem Um- lageverfahren am meisten profitiert hat, auch ihren Teil für eine sinnvolle Rentenreform beiträgt. Ich denke, dass es an der Zeit ist, Vorteile und Lasten gleichmäßig zu ver- teilen. Sie sprechen von der Gefährdung der Generationenso- lidarität. Generationensolidarität erreicht man bestimmt nicht, indem man von den Jungen immer mehr nimmt. Die Generationensolidarität der jungen Generation darf nicht überstrapaziert werden, denn von ihrer Solidarität den Al- ten gegenüber und ihren Erwartungen, was sie selbst ein- mal aus diesem System erhalten werden, hängt das Fort- bestehen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenver- sicherung ab. Die Rentenanpassung in Höhe der Inflationsrate be- deutet auch keine Aushöhlung des Beitragsprinzips, da die jährliche Anpassung der Renten sowieso nicht das Beitragsprinzip betrifft, sondern nur die Erhöhung der Rente. Die Ansprüche an sich sind nicht betroffen. Unstrittig ist es erfreulicher, allen mehr zu geben. Aber wir müssen an die Zukunft denken und jede Maßnahme auch solide finanzieren. Wir haben in dem Haushaltssa- nierungsgesetz mit der Rentenanpassung entsprechend der Inflationsrate einen Schritt getan, der uns nicht leicht- gefallen ist, aber dazu beiträgt, eine dauerhafte und ver- nünftige Rentenreform auf den Weg zu bringen, die das Vertrauen der jungen Generation in ihre Rente wiederge- winnt. Sie suggerieren den Wählerinnen und Wählern, ihre er- arbeiteten Rentenansprüche seien nun nicht mehr sicher, nachdem Sie jahrelang gepredigt haben, die Renten seien sicher. Ich stimme Ihnen zu: Die Renten werden, wenn al- les so bleibt, wie es ist, nicht mehr sicher den Lebenstan- dard gewährleisten. Dagegen müssen wir etwas tun. Wir müssen das System modernisieren und die Gewichte der Alterssicherung neu verteilen und damit von den Wahl- kampfpolemiken aller Seiten frei machen. Ich denke, dass die Konsensgespräche zeigen, dass wir uns in der Analyse weitgehend einig sind, vielleicht auch die junge Generation nicht noch weiter mit steigenden Beiträgen belasten zu wollen. Deshalb sollten wir den vorliegenden Antrag als das behandeln, was er ist: ein bloßes Wahlkampfgetöse. Dr. Irmgard Schwaetzer (F.D.P.): Die Ungerechtig- keit gegenüber den Rentnern, die Sie, Herr Riester, mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9429 (C) (D) (A) (B) dem Haushalt 2000 entschieden haben, wird Sie hier im Deutschen Bundestag und in der Öffentlichkeit immer wieder einholen. Sie haben die Rentner getäuscht. Sie ha- ben Ihnen erklärt, dass die Rentenanpassung des Jahres 2000 keine Einbußen für sie bringen wird, weil sie ja den Inflationsausgleich bekommen. Aber nun steht fest: Die Rentner werden im Jahre 2000 empfindliche Einbußen ihres verfügbaren Einkommens und damit ihres Lebensstandards hinnehmen müssen. Ei- ner Rentenanpassung von nur 0,6 Prozent steht eine Preis- steigerungsrate von 1,8 Prozent im Jahre 2000 gegenüber. Das Schlimmste daran ist: Sie hätten wissen können und eigentlich auch wissen müssen, dass es so kommt; denn vor allen Dingen durch die Einführung der Öko-Steuer war klar, dass die Preisspirale in diesem Jahr wieder an- ziehen würde. Warum, Herr Riester, warum, meine Damen und Her- ren von der Regierungskoalition, geben Sie nicht endlich zu, dass die Opposition Recht hatte, Sie für Ihre Ent- scheidung zu kritisieren, die Rentner in den Jahren 2000 und 2001 von der Nettolohnentwicklung der Arbeitneh- mer abzukoppeln. Es war ein Fehler, den Sie noch da- durch verschlimmert haben, dass Sie die Rentner über das wahre Ausmaß ihres Sparopfers getäuscht haben. Sie soll- ten deshalb die Rentenanpassung entsprechend der Infla- tionsrate, wie Sie es mit dem Haushaltsgesetz 2000 be- schlossen haben, außer Vollzug setzen. Sie sollten die Rechtsverordnung zur Höhe der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000, die den Rentnern eine magere Anpassung von 0,6 Prozent zumuten würde, nicht in Kraft setzen. Wir werden in der nächsten Runde der Rentenge- spräche auch über die Anpassungsformel für die Renten in der Zukunft reden. Das Sonderopfer der Rentner für die Jahre 2000 und 2001 könnte überflüssig werden, wenn die Regierungskoalition in diesem Gespräch endlich akzep- tieren würde, dass Rentenversicherung in Zukunft ohne eine demographische Kompetente nicht auskommt. Eb- nen Sie den heutigen Rentnern den Weg zur Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Nehmen Sie die unsystematische Rentenkürzung, die Rente nach Kas- senlage, für das Jahr 2000 zurück. Dr. Ilja Seifert (PDS): Das 1999 beschlossene Haus- haltssanierungsgesetz regelt, dass die Rentenanpassungen für die Jahre 2000 und 2001 von der Nettolohnentwick- lung abgekoppelt und nur in Höhe der Preissteigerungs- rate vorgenommen werden. Damals wie heute lehnen wir ein solches Vorgehen ab. Denn es trifft vor allem die Be- zieher niedriger Renten, darunter viele Rentner wegen Er- werbs- und Berufsunfähigkeit. Besonders betroffen sind auch viele Rentner und Rent- nerinnen in den neuen Bundesländern, da der „Renten- wert Ost“ erst 86,8 Prozent vom Niveau der alten Bun- desländer beträgt. Außerdem bewirkt die zweijährige Ab- kopplung von der Nettolohnentwicklung ein Absinken des Rentenniveaus auf circa 67 Prozent. Selbst bei einer Rückkehr zur Nettolohnanpassung würde sich das Ren- tenniveau auf niedrigerem Level einpendeln. Die so ge- nannte Standardrente wird somit immer mehr zu einer fik- tiven Größe. 45 Prozent der Männer und 95 Prozent der Frauen in den alten Bundesländern erreichen nicht einmal diese Standardrente. Das Statistische Bundesamt geht für das Jahr 2000 von einer geschätzten Preissteigerungsrate von 1,6 bis 1,8 Prozent aus. Dagegen hat die Bundesregierung eine Rentensteigerung von lediglich 0,6 Prozent zum 1. Juli 2000 beschlossen. Wenn die Prognose des Statistischen Bundesamts eintrifft, wird also allein durch das Abgehen von der nettolohnbezogenen Rentenanpassung ein Kauf- kraftverlust von circa 1 Prozent in Kauf genommen. An- ders gesagt: Faktisch kommt dies einer Rentenkürzung gleich, und dies vor dem Hintergrund der zusätzlichen Be- lastungen durch eine unsozial angelegte Ökosteuerre- form. So wird zum Beispiel eine geplante Erhöhung der Preise von Bus und Bahnen in Berlin ab 1.August bei vie- len Rentnern die zum 1. Juli erfolgte Rentenerhöhung wieder auffressen. Daher fordern wir, dass die Aussetzung der Netto- lohnanpassung der Renten für die Jahre 2000 und 2001 umgehend wieder rückgängig gemacht wird. Übrigens ist es doch paradox, wenn die Nettolohnan- passung der Renten mit der Begründung ausgesetzt wird, dass dies für die Sanierung des Bundeshaushalts erforder- lich sei, aber der Bundesarbeitsminister gestern erklärt, dass die private Altersvorsorge künftig mit 3 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt bezuschusst werden soll. Eine solche Schwächung sozialer Sicherungssysteme zu- gunsten von Banken und Versicherungen machen wir nicht mit. Die PDS ist dafür, den gesetzlichen Stand von 1998 für die Anpassung der Renten beizubehalten. Die jährliche Dynamisierung des Rentenniveaus entsprechend der Net- tolohnentwicklung ist ein Kernelement unseres Renten- versicherungssystems. Diese Rentenformel bietet am ehesten einen Ausgleich zwischen Beitragszahlern und Rentnern, um die steigenden Ausgaben für die gesetzliche Alterssicherung gleichmäßig auf Beitragszahler und Rentner zu verteilen und eine angemessene Beteiligung an der durchschnittlichen Lebensstandardentwicklung zu ermöglichen. Natürlich müssen die Renten langfristig gesichert wer- den. Die PDS hat dazu erst kürzlich eigene Vorschläge vorgelegt, die gestern hier von meiner Kollegin Monika Balt erläutert wurden. Die Versuche von Koalition und CDU/CSU, einen de- mographischen Faktor einzuführen, lehnen wir ab. Es ist doch paradox: Die CDU/CSU bringt hier einen Antrag für eine „gerechte Rentenanpassung“ ein. Zugleich aber kun- gelt sie mit den Regierungsparteien in Konsensrunden über einen Eingriff in die Rentenanpassungsformel, dem- zufolge die private Altersvorsorge auf den Nettolohn an- gerechnet werden soll und damit das Niveau der gesetzli- chen Rente gesenkt wird. Überhaupt ist es schon erstaunlich, wie besorgt sich CDU/CSU einvernehmlich mit F.D.P. und Regierungs- parteien der privaten Altersvorsorge annehmen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass es CDU/CSU eher um das Wohl der Versicherungskonzerne und Banken geht und nicht um das der Rentner, bei denen man sich schon heute Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009430 (C) (D) (A) (B) um die Wählerstimmen von morgen bemüht – ob in NRW oder im Bund. Deshalb ist es höchste Zeit, dass eine Rentenreform eben nicht in Kungelrunden vorbereitet wird, sondern vor allem die heute und morgen Betroffenen Gehör finden und langfristig in die Vorbereitung eines so grundlegen- den Zukunftsvorhabens vernünftig einbezogen werden. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Durchführung eines Strafverfahrens wegen Verletzung einer beson- deren Geheimhaltungspflicht nach § 353 b StGB (Tagesordnungspunkt 20) Joachim Stünker (SPD): Der uns vorliegende Antrag der F.D.P.-Fraktion macht beim ersten Hinsehen in der Tat einen gewichtigen Eindruck: Ist da doch von einem Straf- verfahren, der Verletzung einer besonderen Geheimhal- tungspflicht und dem angeblichen Nichthandeln der Bun- desregierung die Rede. Alles klingt schön juristisch kor- rekt und scheint sauber recherchiert. Nur, wer sich auskennt mit der Juristerei, der weiß, dass sich allzu häufig hinter ausgeklügelten Formulierun- gen nichts anderes als gähnende Leere verbirgt. Und so verhält es sich vorliegend auch mit diesem Antrag der F.D.P.-Fraktion vom 10. November 1999. Aus strafver- fahrensrechtlicher Sicht muss ich hierzu feststellen: Der Antrag ist eine reine „Luftnummer“. Wie komme ich zu diesem vernichtenden Urteil? Der Antrag impliziert, Mitglieder der Bundesregierung hätten im Zusammenhang mit Entscheidungen des Bundes- sicherheitsrates im Herbst 1999 die Verletzung eines Dienstgeheimnisses begangen oder gegen besondere Ge- heimhaltungspflichten verstoßen. Derartiges Verhalten bzw. derartige Handlungen sind gemäß § 353 b StGB un- ter Strafe gestellt. Die Bundesregierung sollte daher die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens er- teilen. Wer sich auskennt im deutschen Strafprozessrecht, weiß allerdings, die zuständige Behörde zur Einleitung eines Strafverfahrens ist die Staatsanwaltschaft und es gilt das Legalitätsprinzip. Das heißt, allein die zuständige Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, wegen aller verfolgba- ren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsäch- liche Anhaltspunkte vorliegen. Dieser so genannte An- fangsverdacht ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei objektiver Betrachtungsweise die Möglichkeit eines strafrechtlich relevanten Verhaltens erkennen lassen Für den Fall nun, dass die Staatsanwaltschaft tatsächli- che Anhaltspunkte für die Verletzung des Dienstgeheim- nisses oder einer besonderen Geheimhaltungspflicht sieht, besteht die Besonderheit, dass diese Straftat nur mit Ermächtigung verfolgt wird – § 353 b Abs. 4 StGB. Für diese Fälle bestimmt dann Nr. 212 der RiStBV wörtlich Folgendes: Wird dem Staatsanwalt eine Straftat nach §§ 353 a oder 353 b StGB bekannt, so holt er unter Mitteilung des bekannt gewordenen Sachverhalts, jedoch in der Regel vor weiteren Ermittlungen, über das Bundes- ministerium der Justiz ... die Entscheidung ein, ob die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt wird. Damit setzt die Erteilung der Ermächtigung zur Durch- führung des Strafverfahrens denknotwendig den entspre- chenden Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft nach Bejahung eines Anfangsverdachtes voraus. Ich habe mich nun beim zuständigen Bundesministerium der Justiz erkundigt und die Auskunft erhalten, dass wegen der im Antrag der F.D.P.-Fraktion bezeichneten Umstände ein Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft auf Erteilung der Ermächtigung für die Durchführung eines strafrechtli- chen Ermittlungsverfahrens gemäß § 353 b StGB gar nicht vorliegt. Damit kann eine Ermächtigung auch gar nicht er- teilt werden. Und deshalb ist der vorliegende Antrag nichts anderes als „eine Luftnummer“. Das Antragsbegehren enthält aber noch einen weiteren Fehler, indem als Adressat für die Erteilung der Ermäch- tigung die Bundesregierung genannt ist. Zuständig für die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 353 b Abs. 4 StGB ist aber die oberste Bundesbehörde, in deren Be- reich der Täter bei Erlangung des Geheimnisses tätig war. Auf die Herkunft des Geheimnisses oder die Dienst- herreneigenschaft zurzeit der Tat kommt es dabei nicht an. Damit wäre nach der genannten gesetzlichen Vorschrift die oberste Bundesbehörde für die Erteilung der Ermäch- tigung zuständig und nicht die Bundesregierung als sol- che. Dieses ist ein weiterer Beweis für die Luftnummer des vorliegenden Antrages. Letztendlich besteht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, gegenüber diesem Antrag ein wei- teres nicht unerhebliches rechtliches Bedenken. Ein „Er- mächtigungserfordernis“ kennt das Strafrecht nur in Fäl- len, die in besonderer Weise mit politischen Fragen und staatlichen Geheimhaltungsinteressen verknüpft sind und deren Erörterung vor Gericht und damit in der Öffentlich- keit dem Gemeinwohl schaden kann. Es geht dabei um die politisch sinnvolle Handhabung der Strafrechtspflege. Eine Ermächtigung stände daher zu Recht im politischen Ermessen der zuständigen obersten Bundesbehörde, die bei ihrer Bewertung der Vorgänge auch politische Krite- rien anlegen müsste. Dies ist Prärogative der jeweiligen Bundesbehörde und fällt damit in den Kernbereich exe- kutiver Eigenständigkeit, in den das Parlament aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips nicht eingreifen sollte. Der vorgelegte Antrag ist daher auch verfassungsrechtlich zu- mindest äußerst bedenklich. Damit wird dann auch deutlich, dass der vorliegende Antrag nichts anderes ist als ein vordergründiges politi- sches Schaugefecht. Mithilfe von Unterstellungen und haltlosen Verdächtigungen sollen Mitglieder der Bundes- regierung diskreditiert werden. Dieses nur zu durchsich- tige Unterfangen werden wir nicht mitmachen; wir wer- den dem vielmehr entgegentreten und weisen diese infame politische Schaumschlägerei mit Entschiedenheit zurück. Die zuständige Strafverfolgungsbehörde sieht keine Ver- anlassung zur Annahme eines Anfangsverdachtes gemäß Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9431 (C) (D) (A) (B) § 353 b StGB. Die F.D.P.-Fraktion des Deutschen Bun- destages sollte sich daher hüten, die rechtstaatlichen Grundsätze der Gewaltenteilung in unserem Land infrage zu stellen oder auch nur diesen Anschein zu erwecken. Missbrauchen Sie nicht länger das Strafrecht für durch- sichtige politische Attacken! Damit bleibt im Ergebnis nur die Aufforderung an die FDP-Fraktion: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Seit vielen, vielen Wochen liegt in diesem Hause die Messlatte hoch, wenn es um den Respekt vor Wortlaut und Geist deutscher Ge- setze geht. Aus den Reihen der Regierungsfraktionen wird mit Ei- fer – manchmal allerdings auch unerträglich eifernd – das Hohelied des Respekts vor den geschriebenen und unge- schriebenen Regeln angestimmt. Dies geschieht nicht im- mer uneigennützig und ab und zu kommt es auch schon mal zu einer Verwirrung der Geister. Beispielsweise hat der Abgeordnete Ströbele keine Probleme damit, gewisse Gesetzesverstöße zukünftig auch mit einer Kürzung von Altersbezügen zu ahnden und so nebenbei – und dies geradezu lüstern, aber völlig sys- temwidrig – locker mal ein politisches Rentenstrafrecht einzuführen. Ich will Wirrheiten dieser und manch anderer Art von dieser Stelle gar nicht weiter kommentieren. An den Aus- gangspunkt will ich aber nochmals erinnern: In diesem Hause liegt die Messlatte hoch, wenn es um den Respekt vor dem Wortlaut und dem Geist deutscher Gesetze geht. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Regie- rungsfraktionen, Sie können heute den Beweis dafür an- treten, ob Sie diese Messlatte unabhängig von der Person akzeptieren. Gilt diese Messlatte auch für Bundesminister der rot-grünen Koalition? Gilt dieser hohe moralische An- spruch auch für den Herrn Bundesaußenminister? Falls nicht, müssen Sie sich schon den Vorwurf der Doppelmo- ral gefallen lassen. Aber beschäftigten wir uns zuerst einmal mit dem Sachverhalt als solchem: Als Kabinettsausschuss trifft der Bundessicherheitsrat Entscheidungen nach dem KWKG und dem AWG über Exporte von Kriegswaffen und sons- tigen Rüstungsgütern. Leitlinie für Exportentscheidungen sind die „Politischen Grundsätze“, die auch in ihrer Neu- fassung vom 19. Januar 2000 – und ich zitiere jetzt den Parlamentarischen Staatssekretär Siegmar Mosdorf – „ei- nen notwendigen Kompromiss der zum Teil widerstrei- tenden außen-, sicherheits-, wirtschafts-, entwicklungs- und menschenrechtspolitischen Vorstellungen der Bun- desregierung darstellen“. Es gilt also bei Entscheidungen im Bundessicher- heitsrat eine Vielzahl von Aspekten abzuwägen. Entge- gen manchen irreführenden Äußerungen gerade aus Rei- hen der Grünen ist die Lage der Menschenrechte auch nicht das alleinige Kriterium einer Entscheidung, sonst bräuchte man halt nur mechanisch in den Berichten von amnesty international nachzuschlagen, um zu einer Ent- scheidung zu gelangen. Dies könnte dann auch ein Sach- bearbeiter erledigen und die Creme des Kabinetts müsste nicht zu einer Geheimsitzung zusammenkommen. So naiv kann man eigentlich nicht sein. Allerdings be- schleicht mich manchmal der Eindruck, das die Welt ge- nau so naiv – und damit im Grunde unverantwortlich – von manchen aus den Reihen der Grünen und der SPD be- trachtet wird. Aus guten Gründen wird also im Bundessicherheitsrat über alle Aspekte – und diese können manchmal recht hei- kel sein – gesprochen, gewogen und schließlich entschie- den. Und dies geschieht aus guten Gründen geheim. Dies war in unserer Regierungszeit so und auch unter Kanzler Schröder ist dies nicht anders – jedenfalls im Prinzip. Nun wird allerdings aus Sitzungen des Bundessicher- heitsrates geplaudert. Geradezu genüsslich werden Fakten aus dem geheim tagenden Gremium vor den Augen der deutschen – aber nicht nur der deutschen – Öffentlichkeit ausgebreitet. Der Außenminister entpuppt sich als Plau- dertasche; sein Haus – so berichtet die „Welt“ am 8. No- vember des vergangenen Jahres – habe „erstmals offiziell die Vertraulichkeit des Bundessicherheitsrates gebrochen, um damit die eigene Glaubwürdigkeit zu wahren“. Da haben wir unter Rot-Grün jetzt eine schöne, neue Welt. Herr Staatssekretär Körper aus dem Innenministe- rium stellt fest, „dass Sitzungen des Bundessicherheits- rates (…) der Geheimhaltung unterliegen und dass daher Verstöße gegen die Geheimhaltungspflicht nach § 353 b Strafgesetzbuch strafbar sein können“. Unter Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht bleiben alle Fragen der Kollegen Geis, Klaeden, Hörster, Polenz, Koppelin, Schwaetzer – um nur einige zu nennen – faktisch unbe- antwortet und laufen völlig ins Leere. Ritualhaft verkün- det Staatssekretär Mosdorf: „Die Sitzungen des Bundes- sicherheitsrates sind geheim. Dies gilt auch für die im Bundessicherheitsrat verhandelten Tagesordnungspunkte und das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder“. Der Abgeordneten Beer verweigert die Bundesregierung selbst Auskunft über die Sitzungstermine des Bundessi- cherheitsrates, denn die Einstufung „Geheim“ schließt auch die Termine ein, so belehrt uns der Kollege Mosdorf. All dies, was wir in diesem Hohen Haus nicht erfahren, können wir aber in dieser schönen, neuen Welt in den Zei- tungen nachlesen oder im Radio hören. Wer es mag, kann auch das Fernsehen einschalten. Denn die Verpflichtung zur Geheimhaltung endet für einige Plaudertaschen aus dem Bundessicherheitsrat offensichtlich in dem Moment, in dem ihnen ein Mikrofon vors Gesicht gehalten wird oder ihnen ein Stenoblock unter die Augen kommt. All dies ist völlig unerträglich. Die notwendige und in der Sache begründete Geheimhaltung wird missachtet. Die wichtigen öffentlichen Interessen werden gefährdet. Und nicht zuletzt wird das Vertrauen in die Integrität des Kabinetts und des Bundessicherheitsrates erschüttert. All dies sind keine Petitessen. Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt daher den Antrag der Liberalen. Wir fordern die Bundesregierung ebenfalls auf, der zuständigen Strafverfolgungsbehörde endlich die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens nach § 353 b StGB zu erteilen. Ich fordere auch die Regierungsfraktionen auf, sich diesem Antrag der Liberalen anzuschließen. Wenn Sie es Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009432 (C) (D) (A) (B) ernst meinen, dass – unabhängig von der Person, unab- hängig von der Prominenz eines Amtsträgers – jederzeit dem Geist eines deutschen Gesetzes Respekt zu zollen ist, dann dürfen Sie sich diesem Appell nicht verschließen. Es kann nicht angehen, dass Sie aus opportunistischen Gründen über die Verletzungen der Geheimhaltungs- pflicht hinwegsehen. Eröffnen Sie einer unabhängigen Strafverfolgungsbehörde die Möglichkeit zu handeln. Sie haben es in der Hand, dem deutschen Volke zu beweisen, dass der Respekt vor den geschriebenen und ungeschrie- benen Regeln unseres Staates auch für Mitglieder der Bundesregierung gilt und dass, wenn eine Verletzung von Geheimhaltungspflichten vorliegt, dies auch ohne Anse- hen der Person geahndet wird. Sollten Sie all dies aber aus opportunistischen Gründen zur Seite schieben, sollte der Fall eintreten, dass Sie dem Koalitionsfrieden einen höheren Stellenwert einräumen als dem Respekt vor den Regeln, dann müssen Sie sich den Vorwurf der Doppelmoral und der Heuchelei aller- dings gefallen lassen. Ich hoffe sehr, dass Sie dem vorliegenden Antrag zu- stimmen und auch Mitglieder der Bundesregierung nicht aus der Pflicht zum Respekt vor den Regeln und Vor- schriften entlassen. Sicher bin ich mir allerdings nicht. Wenn ich mir bei- spielsweise den Abgeordneten Ströbele ansehe, der sich seit Wochen als Vertreter von Recht und Ordnung ge- riert, ist doch eine sehr spezifische Form von Doppel- moral unübersehbar. Wenn Herr Ströbele mit morali- schem Augenaufschlag fordert, dass bei gewissen Ge- setzesverstößen ein Abgeordneter sein Mandat verlieren solle, dann kann ich Herrn Ströbele nur auffordern, dem geneigten Publikum zu berichten, dass er selbst wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung – vulgo Baader-Meinhof-Bande genannt – rechtskräftig zu 10 Monaten Haft verurteilt wurde. Wenn Herr Ströbele Forderungen nach Mandatsverzicht bei gewissen Geset- zesverstößen propagiert, mag er erst einmal in sich gehen und dann gegebenenfalls für sich selbst Konsequenzen ziehen. Ich hoffe jedoch sehr, dass diese völlig überzogene Art und Weise der Doppelmoral und Heuchelei wahrlich die Ausnahme bleibt. Ich appelliere an die Regierungsfraktionen, den ge- schriebenen und ungeschriebenen Regeln die notwendige Hochachtung zu erweisen, auch wenn Personen aus den eigenen Reihen davon betroffen sind. Stimmen Sie dem vorliegenden Antrag zu! Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ver- ehrte Kollegen und Kolleginnen von der F.D.P.! Ich frage mich, was Sie sich für ein Ei ins Nest gelegt haben mit diesem Antrag. Sie bezichtigen in Ihrer Begründung eine Absichtserklärung über zukünftiges Verhalten des Ge- heimnisverrats. Das kann ich nun beim besten Willen nicht nachvollziehen. Aber um zum Kern Ihres Antrages zu kommen, in dem sie minutiös vermeintliche Verfeh- lungen auflisten. Ich unterstütze Sie gerne und liefere Ih- nen gerne weitere Übeltäter. Machen wir einen Sprung zurück in die Zeit: Am 6. Januar 1987 bestätigte ein Sprecher des BMWi eine „Voranfrage“ von MBB zur Genehmigung des Transall- Verkaufs an den Iran – so ddp. Aber viel interessanter ist die nächste Geschichte: In der deutschen Presse wurde Ende Januar 1989 berichtet, dass es im Bundessicher- heitsrat zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Bundeskanzler Kohl und dem Vizekanz- ler Genscher über die Zulieferung von acht Tornados an Jordanien gekommen sei. Genscher habe laut „Welt“ be- hauptet, es wäre im Bundessicherheitsrat kein Beschluss gefasst worden. Berichte gab es neben der „Welt“ auch in der „Süddeutschen“ und der „Frankfurter Rundschau“, die Informationen sollten aus Regierungskreisen stam- men. Aber die Story und der damalige Koalitionskrach gin- gen noch weiter: Dabei soll ein Regierungsmitglied dem „Express“ gesagt haben: „Genscher wollte nachträglich aus der Zustimmung im Bundessicherheitsrat eine Ableh- nung machen.“ Und die „FAZ“ hat zu allem Überfluss auch noch aus dem Protokoll des Bundessicherheitsrates vom 29. Juni 1988 zitiert. Ich übergehe das lieber, damit ich nicht des Geheimnisverrats verdächtigt werde. Aber zurück zur „never ending story“: Tags darauf lässt Theo Waigel laut ddp und dpa Informationen aus dem BSR über die F.D.P. raus, sie habe sich widersprüchlich und unfair verhalten, weil sie im Bundessicherheitsrat keinen Wider- spruch gegen die Kredite erhoben hätte. – Sie sehen, Ihr Antrag behandelt ein Problem, das schon länger besteht. Ein anderes Beispiel für die Standhaftigkeit des ehe- maligen Bundesaußenministers Kinkel. Er soll laut „Stuttgarter Zeitung“ vom 17. Februar 1993 im Bundessi- cherheitsrat der Einzige gewesen sein, der Exporten von Schiffen und Raketen nach Taiwan widersprochen haben soll, sei aber überstimmt worden. Da muss wohl eine un- dichte Stelle gewesen sein. Als einen kleinen Nachschlag zum Menü möchte ich kurz erwähnen, dass in der „Berliner Morgenpost“ vom heutigen Tag der CDU-Abgeordnete Helmut Kohl von seinem Büro erklären ließ, dass die Genehmigung des Bundessicherheitsrates vom 27. Februar 1991 für die Pan- zerlieferung nach Saudi-Arabien „ausschließlich nach außensicherheits- und bündnispolitischen Erwägungen“ angesichts der Golfkrise erfolgt sei. – No comment! Die Presse – das möchte ich bewertend und ab- schließend feststellen – trägt durch ihre Berichterstattung seit Jahren, wie festgestellt werden konnte, wesentlich zur Transparenz bei. Jörg van Essen (F.D.P.): Im Oktober letzten Jahres begann eine Entwicklung, die sich bis heute konsequent fortgesetzt hat. Da wurde plötzlich in den Medien in brei- ter Darstellung über die geplanten Panzerlieferungen an die Türkei berichtet. Dies ist an sich nichts Besonderes. Im konkreten Fall handelte es sich aber um Details aus dem geheim tagenden Bundessicherheitsrat. Nach § 22 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Bundesregierung sind die Sitzungen der Bundesregierung mindestens ver- traulich. Insbesondere sind Mitteilungen über Ausführun- gen einzelner Bundesminister, über das Stimmenverhältnis Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9433 (C) (D) (A) (B) und über den Inhalt der Niederschrift ohne besondere Er- mächtigung des Bundeskanzlers unzulässig. Eine beson- dere Ermächtigung durch den Bundeskanzler ist nicht be- kannt. Demzufolge wurde offensichtlich gegen die Ge- heimhaltungsvorschrift des § 22 Abs. 3 verstoßen. Angesichts mehrfacher Veröffentlichungen von In- terna aus den Beratungen des geheim tagenden Bundessi- cherheitsrates fordern wir, dass künftig die Geheimhal- tung im Bundessicherheitsrat gewährleistet wird. Man kann beinahe täglich in der Zeitung nachlesen, wie wer wo und warum in welchem Regierungsgremium abge- stimmt hat. Es wird fleißig geplaudert. Seit Rot-Grün die Regierungsverantwortung übernommen hat, sind Ge- schwätzigkeit und gezielte Indiskretionen zum Marken- zeichen ihrer Politik geworden. Dies schadet den Interes- sen unseres Landes. Insbesondere der Bundesaußenminister und das Aus- wärtige Amt scheinen sich konsequent über die Vertrau- lichkeit hinwegzusetzen. Im Oktober 1999 kündigte der Außenminister sein Abstimmungsverhalten über die Frage der Panzerlieferungen an die Türkei sogar schon vor der Sitzung des Bundessicherheitsrates öffentlich an. Das Auswärtige Amt gibt selbstverständlich Stellungnah- men ab zu den Entscheidungen des Bundessicherheitsra- tes. Aber auch der Bundeskanzler und der Bundesvertei- digungsminister haben sich in der Öffentlichkeit zum Ex- port des Leopard-Panzers in die Türkei oder von Panzerteilen nach Pakistan gegenüber der Presse geäußert und damit die Vertraulichkeit des Bundessicherheitsrates gebrochen. Ebenso war das Abstimmungsverhalten des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit nachlesbar. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, der dem Ansehen der Bundesrepu- blik Deutschland im Ausland schadet. In keiner Bundes- regierung zuvor hat es etwas auch nur annähernd Ver- gleichbares gegeben. Dieser Verstoß erfüllt zugleich den Straftatbestand der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer beson- deren Geheimhaltungspflicht. Die Tat wird nur mit Er- mächtigung verfolgt. Da im vorliegenden Falle die Ver- letzung der Geheimhaltungspflicht innerhalb der Bun- desregierung erfolgte, kann nur die Bundesregierung selbst die Ermächtigung gemäß § 353 b Abs. 4 StGB er- teilen. Das Verhalten von einigen Mitgliedern der Bun- desregierung erfüllt eindeutig den Straftatbestand des § 353 b StGB. Die Ermächtigung ist an keine Frist ge- bunden und kann daher noch bis zum Eintritt der Ver- jährung erklärt werden. Wir wollen, dass hier ermittelt und strafrechtlich vorgegangen wird, um weiteren Scha- den zu verhindern. Auch die Bundesregierung ist an Recht und Gesetz ge- bunden. Es ist bedauerlich und bezeichnend zugleich, dass eine Fraktion des Bundestages gezwungen ist, da- ran zu erinnern. Wir fordern die Bundesregierung auf, zur Durchsetzung von Recht und Gesetz in ihren eigenen Rei- hen die erforderliche Ermächtigung zu erteilen. Heidi Lippmann (PDS): Böse Zungen behaupten, die PDS werde den vorliegenden F.D.P.-Antrag unterstützen, in der Hoffnung, dass ein Mitglied des Bundessicher- heitsrates, vielleicht der Außenminister, im Rahmen eines Strafverfahrens zu fünf Jahren Haft verurteilt werden könnte. Aber ich muss Sie leider enttäuschen. Nicht der mögliche Geheimnisverrat ist ein Skandal, sondern die Lieferung eines Leopard-II-Panzers zu Testzwecken an die Türkei! Es ist ja lobenswert, verehrte Kollegen von der F.D.P., dass Sie die Rechtsstaatlichkeit so hoch halten, doch Ihr Antrag bezieht sich auf ein Gremium, das so geheim ist, dass es noch nicht einmal in der Geschäftsordnung der Bundesregierung erwähnt wird, so geheim, dass sogar meine Anfrage in einer geschlossenen Sitzung des Vertei- digungsausschusses, wann der Sicherheitsrats das nächste Mal tage, als „unzulässig, da geheim“ zurückgewiesen wurde. Worum geht es tatsächlich? Ein Gremium, das sich aus Mitgliedern der Bundesre- gierung zusammensetzt, entscheidet hinter verschlosse- nen Türen über den Export oder Nichtexport von Rüs- tungsgütern und Dual-use-Gütern. Aus „sicherheitspoli- tischen Gründen“ nimmt man Rücksicht auf die Rüstungsproduzenten und natürlich die importwilligen Länder. Rechtliche Grundlagen sind das Außenhandels- gesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz. Hinzu kom- men internationale Vereinbarungen und die neuen Rüs- tungsexportrichtlinien. Grundlage ist natürlich auch das Grundgesetz, Art. 26 Abs. 2, wonach „Zur Kriegsführung bestimmte Waffen ... nur mit Genehmigung der Bundes- regierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden“ dürfen. Aber müsste nicht auch Art. 26 Abs. 1 zur Grundlage erklärt werden, worin es heißt: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das fried- liche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig“ und unter Strafe zu stellen? Darüber sollten wir streiten und uns die Frage stellen, ob Rüstungsexporte etwa nicht geeignet sind, das friedli- che Zusammenleben der Völker zu stören. Nehmen wir zum Beispiel die mögliche Lieferung von 1 000 Leopard- 2-Panzern an die Türkei. Aufgrund des Bedrohungspo- tenzials, das sie darstellen, sind sie durchaus geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu gefährden. Nun will natürlich niemand der Bundesregierung unterstellen, dass sie eine derartige Absicht verfolgt, und die Entschei- dung hierüber ist ja auch nicht gefallen, doch sollte schon die Möglichkeit ausgeschlossen werden, das friedliche Zusammenleben von Völkern zu bedrohen. Ein anderer Aspekt ist die Geheimhaltung. Ich finde es absurd, dass in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland die Ent- scheidung über Rüstungsexporte, die von so weitreichen- der Bedeutung für den internationalen Frieden und die Si- cherheit sind, ausschließlich der Exekutive überlassen wird und nicht vom Bundestag direkt getroffen wird. Wer für mehr Transparenz und Demokratie eintritt, meine Da- men und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, sollte ein- fordern, dass künftig alle Entscheidungen über Rüstungs- und Dual-use-Exporte, über militärische Zusammenarbeit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009434 (C) (D) (A) (B) und Militärhilfe direkt vom Parlament getroffen werden und dass nicht nur im Nachhinein von der Bundesregie- rung ein Rüstungsexportbericht vorgelegt wird. Genauso, wie die Abgeordneten des Bundestages über den Einsatz deutscher Soldaten im Ausland ent- scheiden, sollten sie künftig im Interesse der internatio- nalen Sicherheit über Rüstungsexporte entscheiden. Dies wäre ein tatsächlicher Fortschritt, denn dann kann jeder einzelne Abgeordnete verantwortungsvoll darüber entscheiden, welche Aspekte ihm oder ihr wichtig sind, zum Beispiel ob es die Menschenrechtssituation in dem jeweiligen Land ist, das Spannungsverhältnis zu den Nachbarsstaaten oder etwa die Auftragslage eines be- stimmten Rüstungsunternehmens in seinem Wahlkreis. Dann werden wir uns auch nicht mehr über die straf- rechtliche Relevanz von Geheimnisverrat des Bundes- sicherheitsrates unterhalten müssen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Par- teien (Tagesordnungspunkt 22) Dr. Joseph-Theodor Blank (CDU/CSU):Diskussio- nen über Parteienfinanzierung sind so alt wie das Partei- engesetz. Seit den 50er-Jahren gestalten Gesetzgeber und Rechtsprechung und begleiten die Medien die verschie- densten Varianten der Parteienfinanzierung. Allein das Bundesverfassungsgericht befasste sich in acht Entschei- dungen mit der rechtlichen Stellung der Parteien und der Parteienfinanzierung. Der jüngste Spendenskandal stei- gerte wieder einmal die öffentliche Sensibilität für dieses Thema. Eins klar und deutlich vorweg: Parteien brauchen Geld. Sie brauchen es zur Finanzierung ihrer Arbeit, zur Finanzierung ihres Personals, sie brauchen es zur Finan- zierung ihrer Wahlkämpfe. Die Parteienfinanzierung hat mehr zu leisten, als lediglich für eine Deckung der Aus- gaben zu sorgen. Die Parteienfinanzierung in Deutsch- land soll die Verwurzelung der Parteien in unserer Gesell- schaft, die Chancengleichheit und die Unabhängigkeit der Parteien von staatlicher Einflussnahme gewährleisten. Dabei soll die staatliche Unterstützung der Parteien auf das für die Funktionsfähigkeit der Parteien Unerlässliche begrenzt sein. Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat der Gesetzge- ber die aktuelle Finanzierung der Arbeit der Parteien auf drei Säulen gestellt: Mitgliedsbeiträge, Spenden und staatliche Zuwendungen. Mitgliedsbeiträge machen bei den Parteien ein Drittel bis die Hälfte der Einnahmen aus. Diese Beiträge werden von Bürgern geleistet, die sich dauerhaft mit einer Partei, mit deren Inhalten und Zielen, verbunden fühlen. Die Mit- gliedsbeiträge reichen allerdings bei weitem nicht aus für die Deckung der notwendigen Ausgaben der Parteien. Eine Parteienfinanzierung nur über Mitgliedsbeiträge wäre auch nicht gerecht, weil sie zum einen mitglieder- starke gegenüber mitgliederschwachen Parteien bevor- teilt und zum anderen die politische Bedeutung einer Par- tei aus dem Zuspruch ihrer Wähler und nicht aus der Zahl ihrer Mitglieder folgt. Die zweite Säule der Parteienfinanzierung in Deutsch- land besteht in der Möglichkeit der Parteien, Spenden ent- gegenzunehmen. In diesen Tagen ist es offensichtlich not- wendig, darauf hinzuweisen, dass Spenden nichts Unan- ständiges, sondern dringend erforderlich sind, will man die Unabhängigkeit der Parteien von staatlicher Einfluss- nahme durch übermäßige Zuwendung staatlicher Finan- zierung sicherstellen. Spenden an politische Parteien för- dern die gesellschaftliche Verwurzelung der Parteien. Viele Bürger wollen sich eben nicht über den Status einer Mitgliedschaft dauerhaft an eine Partei binden, aber trotz- dem einer Partei mehr geben als alle paar Jahre nur eine Stimme. Diejenigen, die eine Partei unterstützen möch- ten, aber kein Mitglied werden wollen und aus zeitlichen oder anderen Gründen beim Plakatekleben, Flugblätter- verteilen usw. nicht helfen können oder wollen, sollen sich auch in Zukunft in Form von Spenden, von Geld- spenden einbringen dürfen. Zahlung einer Geldspende statt langfristige Bindung durch Mitgliedschaft, eine Ent- wicklung, die nicht nur in Bezug auf die Parteien, sondern in unserer Gesellschaft immer stärker geworden ist. Jeder von uns kennt dies aus seiner Arbeit vor Ort. Die dritte Säule der Parteienfinanzierung – die Ge- währung staatlicher Mittel an die Parteien – findet ihre Rechtfertigung in Art. 21 Grundgesetz und zeigt, dass die Parteienfinanzierung in Deutschland auf einem sehr wohl ausgewogenen Fundament beruht. Mit staatlichen Mitteln in Form der Zahlungen nach Wähleranteil werden die Wettbewerbsnachteile ausgeglichen, die Parteien entste- hen, weil ihre Mitgliederzahl eher klein und/oder ihr Spendenaufkommen gering ist. Das System der Parteienfinanzierung in Deutschland ist im Grundsatz nach meiner Auffassung gut und richtig. Doch wie jedes Gesetz ist auch das Parteiengesetz vor Manipulationen oder Verstößen nicht gefeit. Es handeln eben Menschen; übrigens in jeder oder auch für jede Par- tei. Über Detailregelungen kann man diskutieren. Der vor- liegende Gesetzentwurf der PDS enthält eine Reihe von Vorschlägen, auf die ich kurz eingehen möchte. Der Vor- schlag, dass staatliche Finanzmittel, die aufgrund eines nicht vorschriftsmäßigen Rechenschaftsberichts nicht ausgezahlt oder zurückerstattet wurden, in den Bundes- haushalt einzustellen und nicht wie bisher an die anderen Parteien auszuzahlen sind, wird von uns begrüßt. Es ist nicht richtig, dass in Konkurrenz stehende Parteien von den Fehlern einer Partei finanziell profitieren, und es ist auch systematisch korrekt, diese Beträge an den zu leis- ten, aus dessen Kasse sie gekommen sind, nämlich an den Staat selbst. Der Vorschlag, die Parteien zu verpflichten, die von ih- nen beauftragten Wirtschaftsprüfer alle fünf Jahre zu wechseln, ist ebenfalls zu begrüßen. Das von der PDS vorgeschlagene Verbot von Aus- landskonten ist vielleicht populär, jedoch nicht zu Ende Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9435 (C) (D) (A) (B) gedacht. Ein Auslandskonto an sich ist – und auch das soll deutlich angemerkt werden – nichts Unanständiges. Ent- scheidend ist allein, ob die Parteien alle Geldeingänge verbuchen und alle Konten in dem jeweiligen Rechen- schaftsbericht enthalten sind. Ist dies der Fall, ist gegen ein Auslandskonto prinzipiell nichts einzuwenden. Die CDU hätte mit einem Verbot von Auslandskonten je- doch keine Probleme; auf dem soeben stattgefunde- nen Bundesparteitag ist in die Finanzordnung der Union im Rahmen der Selbstbeschränkung ein Passus aufgenommen worden, der genau dieses beinhaltet. Bei weitem noch nicht ausdiskutiert ist die Frage, ob Verstöße gegen das Parteiengesetz durch Vorstandsmit- glieder, Beauftragte oder Verantwortliche für die Einhal- tung der parteiinternen Finanzordnung strafrechtlich sanktioniert werden sollen. Hier stellt sich die bisher vom Gesetzgeber noch nicht behandelte bzw. entschiedene Frage, welche konkreten Anforderungen parteiinterne Fi- nanzordnungen zu erfüllen haben und ob die betreffenden Regelungen in allen Parteien gleichlautend gefasst wer- den müssten und einer externen Genehmigung bedürfen sollen. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass an die vielen eh- renamtlichen Funktionsträger, die weder von ihrer Aus- bildung noch von ihrer etwaigen beruflichen Tätigkeit her Erfahrung im Finanzwesen haben und deren unverzicht- bares Engagement in den vielen tausend Städten und Ge- meinden für die Parteien unverzichtbar ist, andere Anfor- derungen zu stellen sind als an „Geldprofis“ etwa einer Bundes- oder Landespartei. Das von der PDS vorgeschlagene Verbot von Einzel- spenden natürlicher Personen aus Privatvermögen über ei- nen Betrag von 30 000 DM im Jahr hinaus ist mit Blick auf die Größenordnung der bisher von der PDS erhaltenen Spenden natürlicher Personen erklärbar. Ein solches Ver- bot würde jedoch das bisher durch das System der Partei- enfinanzierung hergestellte Gleichgewicht zerstören. Die von der PDS vorgeschlagene Höchstgrenze ist willkürlich und untauglich zugleich, da Beträge abhängig von der Ver- mögenslage des Spenders und der Größe des Haushalts- volumens der jeweiligen Partei relativ groß oder klein sein können. Bereits mit der Entscheidung über die steuer- rechtliche Behandlung von Spenden hat das Bundesver- fassungsgericht die Beibehaltung der Chancengleichheit für die verschiedenen Parteien ausreichend abgesichert. Auch über das von der PDS vorgesehene Verbot von Spenden juristischer Personen sowie Personenvereini- gungen, die nicht juristische Personen sind, muss gründ- lich nachgedacht werden. Die hierzu von der PDS vorge- legte Begründung, die allein darauf abstellt, dass nur Wahlrechtsinhaber das Recht haben sollen, an Parteien zu spenden, ist unzureichend. Unsere Demokratie lebt nicht nur von dem Spannungsverhältnis zwischen Abgeordne- ten und Wählern, sondern auch von der Auseinanderset- zung mit dem Zusammenschluss von Wählerinteressen in Interessensverbänden und weiteren von politischen Ent- scheidungen betroffenen Institutionen. Die Änderung des Parteiengesetzes wird Gegenstand der Beratungen der zuständigen Ausschüsse des Bundes- tages sein. Wir wollen die Vorschläge der PDS zur Ände- rung des Parteiengesetzes in diese Beratungen einfließen lassen, um das gemeinsame Ziel einer zeitgemäßen und effektiven Parteienfinanzierung zu erreichen. Cem Özdemir (BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN): Die CDU mag nach Ihrem Parteitag in Essen vielleicht glau- ben, die Debatte über ihre Filzaffäre sei beendet. Sollte sie diesen Eindruck weiter verbreiten, hat sie die Tragweite des von ihr verursachten Debakels gründlich missver- standen. Will sie wirklich einen Neuanfang, muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen. Gleichzeitig muss sie sich mit ihren Strukturen befassen, die ein solches illegales Regi- ment erst möglich gemacht haben. Mit wohlfeilen Entschuldigungsfloskeln ist es nicht getan. Wenn die CDU wirklich geläutert aus ihrem Skan- dal hervorgehen will, reichen neue Köpfe nicht aus. Sie muss sich vielmehr einer umfassenden Demokratie- und Transparenzdebatte stellen. Hier warten wir noch immer auf verbindliche Antworten. Demokratie – das heißt für uns in erster Linie Volks- initiative, Volksbegehren und Volksentscheide. Hier muss die Union Farbe bekenne, damit eine Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung zustande kommt. Wir wer- den sie an ihren vorsichtigen Ankündigungen messen. Frau Merkel und Herr Merz werden sich nicht mehr lange um konkrete Antworten herumdrücken können. In Essen habe ich hier nichts gehört – hier im Parlament kommen sie nicht so leicht davon. Was die Reformen im Finanzgebaren angeht, so müs- sen die Parteien völlig neue Wege gehen. Mit dem Fi- nanzskandal ist das Vertrauen in alle Parteien so weit er- schüttert, dass es fast nur noch besser werden kann. Das Gebot der Stunde ist die Schaffung von mehr Transpa- renz, vor allem beim Umgang mit den Spenden und der Rechenschaftslegung. Die von der PDS heute vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein Beitrag in dieser Diskussion. Wir Bündnisgrünen haben hier schon vor einiger Zeit ein Eckpunktepapier vorgestellt. Auf unserem Parteitag wurde ein umfangrei- cher Antrag in dieser Richtung fast einstimmig verab- schiedet. Unsere Position ist klar und eindeutig. Wer sich – wie die PDS – dem anschließt, ist herzlich zum Diskurs eingeladen. In der Tat müssen Spenden von über 6 000 DM ent- sprechend dem Freibetrag bei der Steuer veröffentlicht werden. Das ist auch unsere Forderung. Wir wollen aber darüber hinaus auch mehr Transparenz bei den persönli- chen Spenden an Abgeordnete! Mich macht hier stutzig, dass dieser Punkt in dem PDS-Gesetzentwurf fehlt. Die Partei spekuliert hier wohl auf eine Schonung ihrer Di- rektkandidaten, gerade in Berlin. Während Sie bei allen anderen Spenden eine strenge Regelung verlangen, soll es hier bei der geltenden Regelung bleiben, derzufolge der Bundestagspräsident erst ab einer Spende für Direktkan- didaten ab 20 000 DM veröffentlichen muss. Ich muss an dieser Stelle deutlich sagen, dass diese auf- fällige Unterlassung dem Vorhaben viel an Glaubwürdig- keit nimmt. Wer hier weitere Spekulationen anstellen will, hat dazu allen Grund. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009436 (C) (D) (A) (B) Erhebliche Bedenken habe ich auch gegen die vorge- schlagenen Strafbarkeitsregelungen. Hier sind Sie mit ei- ner volkseigenen Keule zu Werke gegangen. Bis zu 10 Jahren Haft verlangen Sie – das ist ein maßloser Ge- brauch des Kriminalstrafrechts. Er verrät mehr über das staatsfixierte Autoritätsbild der PDS als über die eigentli- che Lösung des Problems. Merkwürdigerweise fehlt aber in Ihrem bombastischen Straftatenkatalog ein durchformulierter Vorschlag über die Aberkennung von Parlamentsmandaten. Das ist aber der eigentliche Ansatz, notorische Rechtsbrecher aus der Politik zur Gesetzestreue zu motivieren. Hier hätten Sie an § 47 des Bundeswahlgesetzes herangehen müssen, der aber einen Beschluss des Ältestenrates voraussetzt. Dieser Hinweis auf eine schwere, handwerkliche Lücke im vorgelegten Gesetzentwurf zeigt, dass – trotz der äußeren Form des Gesetzes – das Vorhaben insgesamt wenig ausgegoren ist. Das gilt auch für andere Formulie- rungen. Dennoch müssen wir als Parlament auch die hier vor- gelegten Vorschläge sorgfältig prüfen. Wir stehen ge- meinsam in der Pflicht, bald zu handeln und mehr Trans- parenz bei der Parteienfinanzierung zu schaffen. Damit können wir nicht bis zum Abschluss des Untersuchungs- ausschuss-Berichts warten. Die Mängel liegen auf dem Tisch und müssen zügig behoben werden. Dr. Max Stadler (F.D.P.): Der so genannte CDU-Par- teispendenskandal hat nicht nur rege Aufklärungs- bemühungen des entsprechenden Untersuchungsaus- schusses in Gang gesetzt, sondern auch eine Diskussion ausgelöst, in der nach Meinung der F.D.P. Antworten auf folgende drei Fragen gefunden werden müssen: Erstens. Besteht Anlass, die gesetzlichen Regeln über die Parteienfinanzierung zu ändern? Zweitens. Soll die repräsentative Demokratie verstärkt durch Elemente unmittelbarer Mitentscheidung der Bür- gerinnen und Bürger ergänzt werden? Drittens. Bildet das Parteiengesetz noch einen zeit- gemäßen Rahmen für die Weiterentwicklung der inner- parteilichen Demokratie? Alle drei Fragestellungen – Parteienfinanzierung, ple- biszitäre Elemente, innerparteiliche Demokratie – stehen unter einem Leitgedanken: Wie kann verlorenes Ver- trauen in die Parteien und in das politische System der Bundesrepublik Deutschland zurückgewonnen werden? Hinsichtlich der Parteienfinanzierung gibt es ja Ver- suche, durch Selbstbindung eine Wiederholung der skandalösen Vorgänge aus der Vergangenheit zu verhin- dern. Der CDU-Parteitag dieser Woche hat dazu durch- aus beachtliche Regelungen getroffen. Die F.D.P. meint, dass es entscheidend darauf ankommt, durch mehr Transparenz und bessere Kontrolle die Glaubwürdigkeit des Finanzgebarens der Parteien wiederherzustellen. Man muss wohl in die Richtung denken, dass es über die bestehenden Kontrollmechanismen hinaus noch eine zu- sätzliche, unabhängige Kontrolle der Parteifinanzen ge- ben sollte. Die ewig junge Diskussion über die richtige Ausfül- lung des Grundgesetzartikels, welcher eine Mitbestim- mung der Bevölkerung nicht nur durch Wahlen, sondern auch durch Abstimmungen verheißt, hat selbstverständ- lich durch den Parteispendenskandal neue Nahrung be- kommen. F.D.P.-Generalsekretär Guido Westerwelle hat mit seinem Aufsatz „Wider die Verkastung“ einen wichti- gen Denkanstoß gegeben. Die Stärkung der Bürgerbetei- ligung auf kommunaler und regionaler Ebene nach bayerischem Vorbild durch Direktwahl von Oberbürger- meister und Landrat, Einführung und Vereinfachung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, Übertragung der erfolgreichen Modelle von Volksbegehren und Volksent- scheid auf alle Bundesländer sind nahezu selbstverständ- liche Forderungen. Aber auch eine vorsichtige Auswei- tung der direkten Demokratie auf Bundesebene darf kein Tabu mehr sein. Als Stichworte wären zu nennen: Volks- initiative, fakultatives Referendum nach Schweizer Mo- dell, Direktwahl des Bundespräsidenten. Schließlich muss die Mitarbeit in politischen Parteien attraktiver werden, indem die Regeln für die innerpartei- liche Demokratie ausgebaut werden. Dies ist freilich in erster Linie eine Aufgabe, die jede Partei unmittelbar für sich selbst lösen muss. Es gibt ja Erfahrungen mit Institu- ten wie Urwahl von Parteivorsitzenden, Begrenzung von Amtszeiten, Trennung von Ämtern und Mandaten. Nicht alle, die dies schon praktiziert haben, wollen solche Re- gelungen auf Dauer beibehalten. Das Parteiengesetz sollte so gestaltet sein, dass in einzelnen Parteien ein möglichst großer Gestaltungsspielraum bleibt, je nach den eigenen Erfahrungen und Wünschen die innerparteiliche Demo- kratie auszugestalten. Ob es insofern wirklich einer Än- derung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen be- darf oder ob das Parteiengesetz nicht ohnehin in dem von uns gewünschten Sinne offen genug ist, mag aus Anlass des vorliegenden Gesetzentwurfs in den Ausschussbera- tungen näher untersucht werden. Anlage 8 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 750. Sitzung am 7. April 2000 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zur Änderung des Ausländergesetzes – Gesetz zur Änderung des Übergangsgesetzes aus Anlass des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer hand- werksrechtlicher Vorschriften – Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994 – Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohn- ortes für Spätaussiedler Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 2000 9437 (C) (D) (A) (B) – Gesetz zur Änderung des Pass- und Personal- ausweisrechts – Gesetz zur Stabilisierung des Mitgliederkreises von Bundesknappschaft und See-Krankenkasse – Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopp- lungsgesetz) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung gefasst. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- gen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ment zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen Drucksache 14/272 Nr. 146 Drucksache 14/1276 Nr. 1.1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- heit Drucksache 14/2609 Nr. 1.20 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. April 20009438 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eduard Oswald


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Unser Jahrzehnt wird ein Jahr-
    zehnt der Mobilität. Die schnelle Raumüberwindung von
    Personen, Gütern und Nachrichten wird ganz entschei-
    dend für den wirtschaftlichen Erfolg sein. Die arbeitsteili-
    ge und weltoffene Gesellschaft lässt ein Bedürfnis nach
    zusätzlicher Mobilität entstehen.


    (Jörg Tauss [SPD]: Siehe Inder!)

    Wie ist die Realität zu Beginn dieses Jahrzehnts?

    Deutschlands Straßen sind zunehmend verstopft. In den
    letzten fünf Jahren hat die Zahl der PKWs auf deutschen
    Autobahnen um 13 Prozent zugenommen. Die Zahl der
    LKWs legte um ein Viertel zu. Diese Entwicklung sprengt
    sämtliche Prognosen. Der Verkehrswegeplan von 1992
    ging noch davon aus, dass im Jahre 2000 im Güterverkehr
    150 Milliarden bis 200 Milliarden Tonnenkilometer über
    die Schiene transportiert würden. Tatsächlich sind es nicht
    einmal halb so viele. Stattdessen war allein der Zuwachs
    beim Straßengüterfernverkehr in diesem Zeitraum fast so
    groß wie der gesamte Aufkommensbestand an Schie-
    nengüterverkehr.

    Auf all diese Herausforderungen und Fakten muss die
    Verkehrspolitik die richtigen Antworten finden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer die Zukunft sichern will, muss die Verkehrsinfra-
    strukturinvestitionen verstärken. Das, was bisher von
    dieser Regierung auf den Weg gebracht worden ist, ist un-
    zureichend.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Was machen Sie? – Sie belasten den Autofahrer und bit-

    ten ihn zur Kasse. Gleichzeitig aber kürzen Sie bei den
    Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Sie verschieben die notwendigen Maßnahmen auf das Jahr
    2003 und kündigen sie jetzt erwartungsvoll an. Sie täu-
    schen Handlungsfähigkeit vor, indem Sie Programme auf-
    stellen und sie gleichzeitig in die nächste Legislaturperi-
    ode verschieben. Sie nehmen hin, dass der Dauerstau auf
    unseren Straßen zu einer Vergeudung von jährlich 33Mil-
    lionen Liter Kraftstoff führt und einen Zeitverlust von täg-
    lich 13 Millionen Stunden sowie einen volkswirtschaftli-
    chen Schaden von 550 Millionen DM Tag für Tag verur-
    sacht. Für uns heißt aktiver Umweltschutz: weniger Stau!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist eine Stauregierung!)


    Was ist zu tun? Erstens. Wir müssen in die Verkehrsin-
    frastruktur investieren. Denn die Qualität der Verkehrsin-
    frastruktur bestimmt die Qualität des Standortes Deutsch-
    land. Zweitens. Wir brauchen ein schlüssiges und
    umfassendes Konzept zur Finanzierung der Verkehrs-
    infrastruktur. Bis 2003 steigt die Mineralölsteuer




    Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

    9391


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    einschließlich der Mehrwertsteuer um 21 Pfennig je Liter;
    auf den Autofahrer kommen damit glatte 1 000 DM zusätz-
    lich zu, die der Staat mit der Ökosteuer dem Durchschnitts-
    fahrer aus der Tasche zieht. Heute zahlen die Auto-
    fahrer 85 Milliarden DM an Steuern, während nur
    32MilliardenDM für den Straßenbau ausgegeben werden.


    (Angelika Mertens [SPD]: Und wie war das früher? – Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


    – Lautstärke ist kein Argument.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Um die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur,
    insbesondere den Ausbau des Bundesfernstraßennetzes,
    auf eine vernünftige Grundlage zu stellen, müssen Vo-
    raussetzungen geschaffen und Fragen geklärt werden. Ich
    darf in diesem Zusammenhang sechs Fragen stellen.

    Erstens. Wie hoch müssen denn die verkehrsspezifi-
    schen Abgaben des Verkehrsträgers LKW insgesamt sein,
    damit sie die vom LKW verursachten Wegekosten wider-
    spiegeln?

    Zweitens. Wie soll denn die entfernungs- und leis-
    tungsbezogene Straßenbenutzungsgebühr für schwere
    LKWgenau ausgestaltet werden? Lässt Ihnen denn der Fi-
    nanzminister noch etwas? In diesem Zusammenhang muss
    geklärt werden, wie die Kompensationsmöglichkeiten für
    das inländische Güterkraftverkehrsgewerbe aussehen und
    wie die Harmonisierung im internationalen Wettbewerb
    weiter vorangebracht wird.

    Drittens. Die Bundesregierung muss ein Konzept vor-
    legen, wie die Verkehrssteuern und deren Aufteilung neu
    geordnet werden sollen, wenn mit einer Finanzierung der
    Verkehrswege über Gebühren Änderungen im bisherigen
    System notwendig werden.

    Viertens. Es muss die Zweckbindung eines Anteils an
    der Mineralölsteuer für den Bundesfernstraßenbau erfol-
    gen.


    (Angelika Mertens [SPD]: Warum haben Sie das alles früher nicht gemacht? Nichts haben Sie da gemacht!)


    Eine Erhöhung der Mineralölsteuer um einen Pfennig
    bringt über 700 Millionen DM.

    Fünftens. Die Investitionsquote muss entsprechend der
    im Bundesverkehrswegeplan zugrunde gelegten Bedarfs-
    fortschreibung erhöht werden.

    Sechstens. Es ist eine verstärkte Nutzung des Einsatzes
    privaten Kapitals im Rahmen des Fernstraßenbauprivatfi-
    nanzierungsgesetzes vorzusehen. Dazu müssen auch Ge-
    spräche auf EU-Ebene geführt werden, um die Möglich-
    keiten auszuweiten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Umfang rechts-

    kräftig planfestgestellter, also baureifer Straßenbaupro-
    jekte beträgt inzwischen bundesweit über 5 Milliarden
    DM, für die keine Finanzierung besteht. Denken Sie dabei
    immer daran, dass gerade bei den notwendigen Ortsum-

    gehungen Straßenbau Menschenschutz ist. Und denken
    Sie dabei auch daran, dass durch Ihre Mineral-
    ölsteuererhöhungen unsere Bürgerinnen und Bürger auf
    dem flachen Land um bis zu 30 Prozent stärker belastet
    werden als die Stadtbewohner.


    (Angelika Mertens [SPD]: Die zahlen auch mehr Miete!)


    Wir werden bei unserer Verkehrspolitik die große Zahl der
    Menschen nicht aus dem Auge verlieren, die tagtäglich auf
    das Auto angewiesen sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Rot-Grün vergisst die normalen Leute!)


    Wir wissen, dass der Ausbau der Verkehrswege nicht
    unbegrenzt möglich ist. Die Verkehrsprobleme müssen
    vor allem auch durch eine Verbesserung der Leistungs-
    fähigkeit, der Effizienz, der Sicherheit und der Nutzer-
    freundlichkeit des bestehenden Verkehrssystems gelöst
    werden.

    In der deutschen Verkehrspolitik war man sich immer
    einig, dass es Ziel bleiben muss, die zusätzlich entstehen-
    den Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
    Deshalb verwundert es mich schon, dass sich die Bahn ge-
    rade beim kombinierten Verkehr zurückziehen will, ge-
    plante Güterverkehrszentren nicht realisiert und somit der
    Verkehr auf die Straße getrieben wird. Das kann nicht die
    richtige Politik sein. Sie, meine sehr verehrten Damen und
    Herren, dürfen so etwas nicht mitmachen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Man kann nicht draußen verkünden, man wolle die Ver-
    kehre von der Straße auf die Schiene verlagern, und
    gleichzeitig erklären, man werde eine solche Politik der
    Bahn akzeptieren.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben es bisher doch auch immer gemacht!)


    Wir werden alle Vorschläge der Bahn und auch der
    Bundesregierung sorgfältig hinterfragen. Die erste Frage
    lautet: Gelingt es, wieder mehr Verkehr auf die Schiene zu
    bringen? Wir wollen eine Stärkung des Rad-Schiene-Sys-
    tems.


    (Angelika Mertens [SPD]: Wir auch!)

    Der Schienenverkehr muss attraktiver werden.


    (Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

    Zweitens: Uns geht es um die Zufriedenheit der Bahn-

    kunden. Die Sicherheit bei der Nutzung ist unverzichtba-
    re Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens und
    seiner Mitarbeiter.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Hundertprozentig richtig!)





    Eduard Oswald
    9392


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wir wollen eine Bedienung der Fläche. Jede Region
    muss an das Schienennetz angeschlossen sein. Ein Rück-
    zug aus der Fläche würde der Bahn auf ihren Hauptmagi-
    stralen auf Dauer Verluste bringen. Denn jeder Kunde, der
    sich erst ins Auto setzen muss, um zur Hauptstrecke zu ge-
    langen, verzichtet womöglich ganz auf die Nutzung der
    Bahn.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Wir wollen, dass die Bundesregierung ihre Eigentü-
    merverantwortung für das Schienennetz ernst nimmt. Wir
    wollen, dass der Bund die Rahmenbedingungen für die
    Bahn verbessert und die Bahn nicht weiter belastet. Die
    Ökosteuer und die Gebühr für den Bundesgrenzschutz be-
    lasten die Bahn und damit die Bahnfahrer mit 650 Millio-
    nen DM jährlich. Wir wollen eine leistungsfähige Bahn
    und auch ein zukunftsfähiges Schienennetz. Wir wollen
    Wettbewerb auf der Schiene. Wenn manche Konzepte, die
    von der Bahn vorgelegt werden, bedeuten, dass die Bahn
    entscheidungsnäher beim Bürger ist, dann ist dies ganz si-
    cher der richtige Weg. Wir wollen mehr Güter auf die
    Schiene bringen. Die Bahn muss flexibler, schneller und
    kostengünstiger werden.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: In der Tat!)

    Wir wollen, dass die Bahn auch beim grenzüberschrei-

    tenden Verkehr wieder leistungsfähig wird.

    (Beifall des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Dies muss wieder ein wichtiges europäisches Thema wer-
    den. Es muss von der gesamten Bundesregierung getragen
    und darf nicht allein dem Verkehrsminister überlassen
    werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Beifall der Abg. Angelika Mertens [SPD] und des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Wir wollen, dass unsere Bahnhöfe wieder attraktiver
    und sicherer werden, aber nicht nur die in den Zentren,
    sondern auch die auf dem flachen Land.

    Unser politisches Ziel ist es, deutlich zu machen, dass
    Verkehr und Mobilität kein Selbstzweck, sondern die
    Grundlagen für das soziale Miteinander des Menschen, für
    die Erschließung der Lebensräume und für fast jede wirt-
    schaftliche Tätigkeit sind. Also bestrafen Sie Mobilität
    nicht.


    (Angelika Mertens [SPD]: Das tut keiner!)

    Wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung sind

    miteinander verknüpft. Es kann auf keinen Verkehrsträger
    verzichtet werden. Verkehrspolitik muss man ideologiefrei
    betreiben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Denn die Verkehrspolitik entscheidet über die Zukunfts-
    fähigkeit des Landes. Deshalb sind Investitionen in die
    Verkehrsinfrastruktur Zukunftsinvestitionen. Das haben

    wir mit unseren Anträgen dokumentiert. Stimmen Sie al-
    so unseren Anträgen, die den richtigen Weg aufzeigen, zu.

    Ich möchte diese Debatte aber nicht schließen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen,


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie hat erst begonnen!)


    ohne dem bisherigen Parlamentarischen Staatssekretär
    Lothar Ibrügger, der diese Debatte hier unter uns ver-
    folgt, sehr herzlich für seine Arbeit gedankt zu haben.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Er stand uns fachkundig mit Rat und Tat zur Seite – natür-
    lich manchmal mit anderen politischen Zielsetzungen,
    aber er war immer ein liebenswürdiger Kollege. Wir hof-
    fen, dass er dies nicht nur war, sondern auch ist und bleibt.
    Wir wissen dies und freuen uns auf weitere herzliche Be-
    gegnungen mit ihm hier im Parlament und auch außerhalb.
    Alles Gute und vielen herzlichen Dank.


    (Beifall im ganzen Hause)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort
hat nun die Kollegin Heide Mattischeck von der SPD-
Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heide Mattischeck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine lie-
    ben Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich zumindest
    den letzten Worten des Kollegen Oswald anschließen.


    (Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Den anderen auch!)


    – Nein. Ich kann mich nur ganz wenigen Sätzen an-
    schließen. Aber dies werden wir als Verkehrsausschuss si-
    cherlich auch noch an einem anderen Tag und zu einem an-
    deren Anlass diskutieren.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich schätze den Kollegen Oswald als guten Vorsitzen-

    den sehr, wie wir es alle im Ausschuss tun. Aber heute hat
    er etwas heftig aufgetragen.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Die Wahrheit tut weh! Sehr sachlich! Keine Polemik!)


    Die wenigen Minuten, die mir zur Verfügung stehen,
    möchte ich für das Thema Bahn nutzen, weil es in der au-
    genblicklichen Situation sehr wichtig ist. Ich möchte auf
    das, was mein Vorredner sagte, reagieren; das macht eine
    Debatte aus. Ich weiß, dass Sie uns sehr viel zutrauen, Herr
    Oswald. Aber was wir in eineinhalb Jahren herunterge-
    wirtschaftet haben sollen! Das haben wir wirklich nicht
    geschafft. Wir sind nicht daran Schuld, dass die Bahnhö-
    fe in einem solch schlechten Zustand sind, Herr Oswald.


    (Zuruf des Abg. Eduard Oswald [CDU/CSU])

    – Wenn Sie Zurufe haben, melden Sie sich; ich werde die
    Fragen gerne beantworten. Wir sollten uns gemeinsam
    dieser Aufgabe stellen.


    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Über Ostern werden wir sie alle renovieren!)





    Eduard Oswald

    9393


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Wenn Sie immer wieder von den zusätzlichen Belas-
    tungen sprechen – darauf muss man eingehen –, die die
    rot-grüne Regierung den Autofahrern aufbürdet,


    (Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Völlig richtig, stimmt doch!)


    so kann ich Ihnen nicht ersparen, an die Erhöhung von
    50 Pfennig zu erinnern, die Sie vorgenommen haben. Das
    ist in irgendwelchen Löchern, die Sie gestopft haben,
    verschwunden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Welche Löcher stopfen Sie denn damit?)


    Mit der ökologischen Steuerreform entlasten wir die
    Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmerinnen und Ar-
    beitnehmer, entlasten bei der Rentenversicherung, weil
    Sie die Lohnnebenkosten in den 16 Jahren Ihrer Regie-
    rungszeit in eine ungeahnte Höhe getrieben haben. Sie ha-
    ben uns eine hohe Schuldenlast hinterlassen. Das muss
    man immer wieder sagen: 1,5 Billionen DM Schulden,
    über 80 Milliarden DM Zins und Tilgung in jedem Jahr.
    Was könnten wir von diesem Geld investieren, wenn wir
    es nur hätten!


    (Beifall bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Ach Gott, ach Gott!)


    – Der liebe Gott hat damit überhaupt nichts zu tun.
    Sie haben gesagt, wir würden etwas in die nächste Le-

    gislaturperiode verschieben. Sie haben die Probleme, die
    Sie nicht nur in der Verkehrspolitik übrig gelassen haben,
    sogar auf die nächste Regierung verschoben. Damit haben
    Sie etwas Gutes gemacht. Wir werden diese Probleme
    nicht weiter verschieben, sondern wir werden alles, was in
    unserer Kraft steht, tun, um diese Probleme zu lösen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wie denn? Jetzt kommen Sie zur Lösung!)


    Wir haben zurzeit eine breite öffentliche Diskussion
    über die Zukunft der Bahn. Diese Diskussion begrüßen
    wir. Die eine oder andere Schreckensmeldung, die jeden
    Tag oder zumindest jede Woche in den Zeitungen zu lesen
    ist, ist dabei nicht so hilfreich. Dies hat nicht immer etwas
    mit sachlicher Politik zu tun. Wir brauchen keine aufge-
    regte Diskussion über die Bahn, sondern wir brauchen ei-
    ne sachliche Diskussion. Denn die Bahn hat in der Tat Pro-
    bleme.

    Herr Mehdorn hat unmittelbar nach seinem Amtsantritt
    die Dinge beim Namen genannt. Wir fanden das sehr hilf-
    reich. Dies war eine gute Ausgangsbasis für eine gemein-
    same Strategie von Regierung, Mehrheitsfraktionen und
    Bahn. Wenn die Opposition dabei mitmachen möchte, ist
    sie herzlich dazu eingeladen, an der Lösung der Probleme
    mitzuarbeiten.

    Ich sage an die Adresse der Bahn und des Vorstandes
    aber auch: Man kann eine Firma kaputtsparen. Das ist
    nicht unser Ziel. Es hat hier keinen Sinn, nur über Kos-
    teneinsparungen zu reden, sondern wir müssen die Bahn

    in Qualität und Quantität verbessern. Das muss vor allem
    unsere Strategie sein. Das entspricht – daran darf ich erin-
    nern – den Intentionen der Bahnreform, und das entspricht
    der Gemeinwohlverpflichtung aus dem Grundgesetz.

    Deutschland ist Transitland Nummer eins in Europa.
    Die erwarteten Verkehrszuwächse – Kollege Oswald hat
    darauf hingewiesen – können nur mit einer leistungsfähi-
    gen Bahn bewältigt werden: ob es der Personennah- oder
    -fernverkehr oder ob es der Güterverkehr ist. Das gilt auch
    im Hinblick auf die anstehende Osterweiterung der Eu-
    ropäischen Union.

    Die Bahn muss sagen, wohin sie will – im wahrsten Sin-
    ne des Wortes. Die Politik muss für die erforderlichen
    Rahmenbedingungen bei den Investitionen und den Wett-
    bewerbsbedingungen sorgen. Wir werden das Unsere da-
    zu tun. Wir haben entsprechende Schritte eingeleitet. Un-
    seren Willen haben wir im Übrigen im Koalitionsvertrag
    zum Ausdruck gebracht.

    Nach sechsjähriger Erfahrung mit der Bahnreform und
    den daraus resultierenden Veränderungen ist es an der Zeit,
    eine erste Bilanz zu ziehen. Wir haben deshalb gemeinsam
    mit dem Koalitionspartner eine Große Anfrage zur Bahn-
    politik an die Bundesregierung gestellt. Wir werden im Ju-
    ni die Antwort darauf bekommen und werden daraus un-
    sere Schlüsse ziehen. Unausgegorene Schnellschüsse sind
    unseres Erachtens nicht zielführend.


    (Beifall bei der SPD – Jürgen W. Möllemann [F.D.P.]: Gibt es ausgegorene Schnellschüsse?)


    Es mag objektiv zu wenig sein, was in den letzten Jah-
    ren bei der Bahn im investiven Bereich gemacht worden
    ist. Wir müssen – ich will auf die Zahlen jetzt nicht näher
    eingehen – mit den Ergebnissen der Politik der
    CDU/CSU und der F.D.P. leben. All das, Herr
    Oswald, was Sie zugunsten der Bahn vorgeschlagen ha-
    ben – Harmonisierungsschritte, der Ausgleich von Nach-
    teilen gegenüber anderen Verkehrsträgern und vor allen
    Dingen gegenüber den Bahnen der anderen europäischen
    Ländern –, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie
    16 Jahre lang Zeit gehabt haben, solche Vorschläge um-
    zusetzen. Sie haben aber nichts getan, wovon wir heute
    zehren könnten und worauf wir aufbauen könnten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie sind aber trotzdem noch immer herzlich eingeladen,
    hier mitzumachen.


    (Klaus Hasenfratz [SPD]: Die sind im Schlafwagen gefahren!)


    – Ja, sie sind im Schlafwagen gefahren.
    Aufgabe des Unternehmens Deutsche Bahn ist es,

    durch Effizienzsteigerung zu größerer Leistungsfähigkeit
    zu gelangen. Hierzu gehört eine optimale Organisations-
    form. Herr Mehdorn hat eine ganze Reihe von Vorschlä-
    gen gemacht, mit denen wir uns anfreunden können und
    die wir unterstützen können, wenn es konkretere Formen
    annimmt. Auch wir sind der Meinung, dass nicht nur, wie
    es in den letzten Jahren oft zur Diskussion gestellt wurde,
    die großen Magistralen – –




    Heide Mattischeck
    9394


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)