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    Begrüßung des Präsidenten des Althings der Republik Island, Herrn Halldór Blöndal, und seiner Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9079 A Glückwünsche zum Geburtstag des Bundes- kanzlers a.D. Dr. Helmut Kohl . . . . . . . . . . . 9079 B Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Gottfried Haschke, Heinrich Fink und Erwin Marschewski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9079 B Eintritt der Abgeordneten Helmut Lamp und Grietje Bettin in den Deutschen Bundestag . . . 9079 B Wahl des Abgeordneten Norbert Wieczorek als ordentliches Mitglied in den Gemeinsamen Aus- schuss gemäß Art. 53 a des Grundgesetzes . . . 9079 C Wahl des Abgeordneten Ditmar Staffelt als stellverstretendes Mitglied in den Gemeinsa- men Ausschuss gemäß Art. 53 a des Grundge- setzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9079 D Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 9079 D Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstim- mung vom 05. April 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . 9080 B Tagesordnungspunkt 5: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregie- rung zu den Ergebnissen der Sonderta- gung des Europäischen Rates vom23./24. März 2000 in Lissabon . . . . . . . . . . . . . . 9080 C b) Beschlussempfehlung und Bericht desAus- schusses für Arbeit und Sozialordnung . . . 9080 C – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Beschäftigungspolitischer Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland (April 1999) – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Ausbildung, Qualifizie- rung und Arbeit für junge Menschen (Drucksachen 14/1000, 14/1011, 14/2596) 9080 C c) Antrag der Abgeordneten Dr. Klaus Grehn, Ulla Lötzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Die Weichen für eine neue Vollbeschäftigung in Europa stellen (Drucksache 14/3030) . . . . . . . . . . . . . . . . 9080 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Beschäftigungspolitischer Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland 2000 (Drucksache 14/2950) 9080 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 9080 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9086 C Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9092 A Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 9093 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 9096 B Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9098 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 9101 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 9103 B Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 9105 A Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . 9106 A Reinhold Bocklet, Staatsminister (Bayern) . . . 9107 C Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9109 D Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . 9111 A Plenarprotokoll 14/98 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 98. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 I n h a l t : Dr. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . 9112 A Günter Gloser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9113 C Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9115 A Tagesordnungspunkt 6: Unterrichtung durch die Wehrbeauftragte: Jahresbericht 1999 (Drucksache 14/2900) 9117 A Claire Marienfeld, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . 9117 B Uwe Göllner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9118 B Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 9120 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg 9122 B Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9124 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . 9124 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9125 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . . . . . 9127 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9129 C Albrecht Papenroth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 9131 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 9132 B Albrecht Papenroth SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 9132 C Uwe Göllner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9132 D Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9132 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9135 B Hans Raidel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 9136 B Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9138 A Rainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9139 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9140 C Tagesordnungspunkt 13: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersen- kungsgesetz) (Drucksache 14/3074) . . . . 9141 B b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu derVier- ten Änderung des Übereinkommens überden Internationalen Währungsfonds (IWF) (Drucksache 14/3075) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9141 B Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll von 1996 zur Änderung des Überein- kommens von 1976 über die Beschrän- kung der Haftung für Seeforderungen (Drucksache 14/2696, 14/3051) . . . . . . . . 9141 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Proto- koll von 1996 zurÄnderung des Überein- kommens von 1976 über die Beschrän- kung der Haftung für Seeforderungen (Drucksachen 14/2697,14/3051) . . . . . . . . 9141 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Re- aktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Eu- ropäischen Parlamentes und des Rates über nationale Emissionshöchstgrenzen für bestimmte Luftschadstoffe Vorschlag für eine Richtlinie des Eu- ropäischen Parlamentes und des Rates über den Ozongehalt der Luft (Drucksachen 14/1936 Nr. 1.4, 14/2987) . . . 9142 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit zu der Verordnung der Bundes- regierung: Erste Verordnung zurÄnderung derVerpackungsverordnung (Drucksachen 14/2810, 14/2947 Nr. 2.1, 14/3064) . . . . . . . 9142 B d) – g) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses Sammelübersichten 140, 141, 142, 143 zu Petitionen (Drucksachen 14/2998,14/2999, 14/3000, 14/3001) 9142 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache (Ergänzung zu TOP 14) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 29. November 1996 aufgrund von Ar- tikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Über- einkommens über den Schutz der finanzi- ellen Interessen der Europäischen Gemein- schaften durch den Gerichtshof der Eu- ropäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung (EG-Finanzschutz- Auslegungsprotokollgesetz) (Drucksa- chen 14/2120, 14/3092) . . . . . . . . . . . . . . 9142 D Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000II Tagesordnungspunkt 7: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht derBundesregierung überdie Er- gebnisse der Verhandlungen zum Biosi- cherheits-Protokoll (Drucksache 14/3071) 9143 B Andrea Fischer, Bundesministerin BMG . . . . 9143 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9145 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9147 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9148 B Marga Elser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9148 C Ulrike Flach F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9149 C Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 9150 B Heino Wiese (Hannover) SPD . . . . . . . . . . . . 9151 B René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9152 A Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Dr. Michael Luther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Exportchancen im Ausland nutzen – Absatzförderung Ost intensivieren (Drucksache 14/2911) . . . . . . 9153 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Mathias Schubert, Christian Müller (Zittau), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion SPD sowie der Abge- ordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stär- kung von Absatz und Export der ostdeut- schen Wirtschaft (Drucksache 14/3094) . . . . 9153 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 9153 B Barbara Wittig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9155 B Jürgen Türk F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9156 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9157 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . . . . . . 9157 C Gerhard Jüttemann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 9159 A Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . 9160 A Ulrich Klinkert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9162 A Dr. Gerald Thalheim SPD . . . . . . . . . . . . . 9163 B Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . 9164 A Ulrich Klinkert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9164 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 9165 B Tagesordnungspunkt 9: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über die freiwillige Beteiligung von Organisa- tionen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (Drucksachen 14/488 Nr. 2.58, 14/1131) . . . . . . . . . . . . . 9166 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion F.D.P.: Erhöhung der Attraktivität des freiwilligen Umweltaudits durch De- regulierung (Drucksachen 14/570, 14/2030) 9166 B c) Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Umweltcontrolling und Umweltmanagement in Bundesbehör- den und Liegenschaften (Drucksache 14/2907) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9166 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 9166 C Bernward Müller (Jena) CDU/CSU . . . . . . . . 9168 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . 9170 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9170 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9171 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9172 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 9173 A Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 9174 A Tagesordnungspunkt 10: a) Große Anfrage der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion F.D.P.: Chancen der Gentechnik als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts (Drucksachen 14/678, 14/2942) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9174 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesre- gierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das vorläufige Verbot des Verkaufs von genetisch verändertem Mais (Zea mays L.) mit kombinierter Änderung der Insektizideigenschaften aufgrund des BT-Endotoxingens und Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 III erhöhterToleranz gegenüberdem Herbi- zid Glufosinatammonium in Österreich zu der Unterrichtung durch die Bundesre- gierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das vorübergehende Verbot der Ver- wendung und des Verkaufs von genetisch verändertem Mais (Zea mays L.) mit kom- binierter Änderung der Insektizideigen- schaften aufgrund des BT-Endotoxingens und erhöhter Toleranz gegenüber dem Herbizid Glufosinatammonium im Groß- herzogtum Luxemburg (Drucksachen 14/74 Nr. 2.7, 14/74 2.4, 14/838) . . . . . . . . . . . . . . 9175 A Ulrike Flach F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9175 B Gudrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . 9176 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9177 C Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9178 B Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9179 B René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9179 D Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 9180 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9180 B Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9180 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . 9182 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9183 A Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . . . . . . . . 9184 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . 9186 A Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 9186 D Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Christian Ruck, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion CDU/CSU: Bemühungen fürAgrarreformen in Ent- wicklungsländern verstärken (Drucksa- che 14/1663) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9187 C b) Antrag der Abgeordneten Reinhold Hemker, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeord- neten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans- Christian Ströbele, Kerstin Müller (Köln), und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN: Agrarreform in der Entwicklungs- zusammenarbeit einen höheren Stellen- wert geben (Drucksache 14/1194) . . . . . . 9187 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Agrarpolitische Entwicklungszu- sammenarbeit fördern (Drucksache 14/3102) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9187 D Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Eva Bulling-Schröter, Monika Balt, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion PDS eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Atomgesetzes (Drucksachen 14/841, 14/2618) . . . . . . . . 9187 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 9188 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9189 C Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9206 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . 9191 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der An- träge: – Bemühungen für Agrarreformen in Ent- wicklungsländern verstärken; – Agrarreform in der Entwicklungszusammenarbeit einen höheren Stel- lenwert geben, – Agrarpolitische Entwicklungs- zusammenarbeit fördern ( Tagesordnungspunkt 11 a und b; Zusatztagesordnungspunkt 6) Brigitte Adler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9192 A Marlies Pretzlaff CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9193 C Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 9195 B Joachim Günther (Plauen) F.D.P. . . . . . . . . . 9197 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 9198 B Reinhold Hemker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9199 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9200 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 12) Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 9201 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9202 C Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9202 D Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 9204 B Rainer Brinkmann (Detmold) SPD . . . . . . . . 9205 B Anlage 4 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . . . 9206 C Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000IV Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000
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    Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 Eva Bulling-Schröter 9189 (C)(A) Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9191 (C) (D) (A) (B) entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Adam, Ulrich CDU/CSU 06.04.2000* Andres, Gerd SPD 06.04.2000 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 06.04.2000 Behrendt, Wolfgang SPD 06.04.2000* Bohl, Friedrich CDU/CSU 06.04.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CS 06.04.2000* Klaus Dr. Bürsch, Michael SPD 06.04.2000 Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 DIE GRÜNEN Ernstberger, Petra SPD 06.04.2000 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 06.04.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 06.04.2000 Friedrich (Altenburg), SPD 06.04.2000 Peter Gebhardt, Fred PDS 06.04.2000 Gleicke, Iris SPD 06.04.2000 Hanewinckel, Christel SPD 06.04.2000 Hinsken, Ernst CDU/CSU 06.04.2000 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 06.04.2000 Ibrügger, Lothar SPD 06.04.2000 Imhof, Barbara SPD 06.04.2000 Jäger, Renate SPD 06.04.2000* Leidinger, Robert SPD 06.04.2000 Lörcher, Christa SPD 06.04.2000* Dr. Lucyga, Christine SPD 06.04.2000* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 06.04.2000* Erich Möllemann, Jürgen W. F.D.P 06.04.2000 Müller (Berlin), PDS 06.04.2000* Manfred Neumann (Gotha), SPD 06.04.2000* Gerhard Nietan, Dietmar SPD 06.04.2000 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 DIE GRÜNEN Ohl, Eckhard SPD 06.04.2000 Ost, Friedhelm CDU/CSU 06.04.2000 Ostrowski, Christine PDS 06.04.2000 Dr. Penner, Willfried CDU/CSU 06.04.2000 Philipp, Beatrix BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 DIE GRÜNEN Probst, Simone BÜNDNIS 90 / 06.04.2000 DIE GRÜNEN Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 06.04.2000 Heinz Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 06.04.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 06.04.2000 Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 06.04.2000* Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 DIE GRÜNEN Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 06.04.2000 DIE GRÜNEN Wimmer (Karlsruhe), CDU/CSU 06.04.2000 Brigitte Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 06.04.2000* Zierer, Benno CDU/CSU 06.04.2000* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Bemühung für Agrarreformen in Entwicklungsländern ver- stärken; – Agrarreform in der Entwicklungszu- sammenarbeit einen höheren Stellenwert geben; – Agrarpolitische Entwicklungszusammenarbeit fördern (Tagesordnungspunkt 11 a und b; Zu- satztagesordnungspunkt 6) Brigitte Adler (SPD): Fragen der menschlichen Ent- wicklung, wie Armutsbekämpfung, Demokratisierung, Beteiligung der Zivilgesellschaft an entwicklungspoliti- schen Entscheidungen, Umweltschutz und Ernährungssi- cherheit, bewegen uns Entwicklungspolitiker. Dabei kön- nen Agrarreformen weltweit zur Lösung einer ganzen Reihe von Problemen beitragen. Die vorliegenden Anträ- ge nehmen deshalb zu Recht die anstehenden notwendi- gen Entscheidungen auf. Wie aber müssen Agrarreformen ausgestaltet sein, um den umfassenden Ansprüchen gerecht zu werden? Die Antwort auf diese Frage muss nicht erst erfunden werden, es ist keine grundsätzliche wissenschaftliche Analyse not- wendig, und auch Politiker im Norden und Süden dieser einen Welt kennen die Antwort schon seit mehr als zwan- zig Jahren. Agrarreformen sind nur dann sinnvoll, wenn sie glei- chermaßen zur Veränderung von Agrarstruktur- und Agrarverfassungselementen führen: Landreform plus Landbewirtschaftungsreform im Sinne des Slogans „put- ting people first“. Das ist die Vorgabe. Weltkonferenzen für Agrarreform und ländliche Ent- wicklung haben diesen ganzheitlichen Charakter jedwe- der Agrarreform bereits deutlich herausgearbeitet. Im Ak- tionsplan von 1979 wurden zum Beispiel folgende Schwerpunkte bereits genannt: Zugang zu Land, Wasser und anderen natürlichen Ressourcen, Partizipation, Inte- gration von Frauen, Zugang zu Krediten, Märkten und Dienstleistungen, Entwicklung von außerlandwirtschaft- lichen Aktivitäten, zum Beispiel im handwerklichen Be- reich, sowie Bildung und Ausbildung. Sie lassen den Prozesscharakter erkennen, der einer wie auch immer ausgestalteten Agrarreform immanent ist. Agrarreformen mit endgültigen Ergebnissen von heute auf morgen kann es deshalb nicht geben. Agrarreformen finden fortlaufend statt oder gar nicht. Es kommt entscheidend darauf an, wo sich die Agrar- reformprozesse abspielen. In Lateinamerika herrschen ganz andere Voraussetzungen als etwa in Afrika oder Asi- en. Ich will das einmal an zwei Beispielen erläutern. Etwa Sambia. Dort finden wir zwei völlig unter- schiedliche Bodenrechtssysteme, denen im Grunde gänz- lich verschiedene Gesellschaftskonzeptionen zugrunde liegen. Einerseits gibt es verschiedene Formen des ge- meinschaftlichen Eigentums im Kontext traditioneller Formen des Zusammenlebens, andererseits liegen auf- grund der kolonialen Vergangenheit Pachtrechtssysteme auf der Basis verstaatlichten Grund und Bodens vor. Der Versuch, mithilfe eines Landesgesetzes eine Art Harmonisierung zu erreichen, führte zwangsläufig zu ei- ner heftigen Kontroverse. Der Unterschied lautet: Orien- tierung am Kollektiv oder am Individuum. Oder anders ausgedrückt: Gemeinschaftseigentum unter der Treuhän- derschaft der mächtigen Chiefs oder Preisbildung am Markt; traditionelles System mit Elementen einer moder- nen Sozialversicherung oder Marktregulierung; Tradition oder Moderne. In Brasilien ist die Schieflage zwischen Großgrundbe- sitzern und Kleinbauern beziehungsweise Landlosen be- sonders deutlich. „Muita gente sem terra – muita terra sem gente“. – „Viele Menschen ohne Land – viel Land ohne Menschen“. So einfach sehen es die betroffenen Klein- bauern und Landlosen. Und sie haben Recht! Sie stellen mit ihren Familien den Großteil der mehr als 30 Millionen in absoluter Armut le- benden Brasilianer. Die konsequente Durchsetzung des verfassungsmäßig garantierten Prinzips der Landreform durch Enteignung und Verteilung von 1988 ist bis heute Makulatur geblieben. Auch die verschiedenen Stufen der vom IWF und der Weltbank geforderten Strukturanpassungsmaßnahmen haben diesen Prozess nicht gerade beschleunigt, im Ge- genteil. Die neueste Initiative einer marktkonformen Landverteilung der brasilianischen Regierung in Zusam- menarbeit mit der Weltbank wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu mehr Gerechtigkeit auf dem Land führen. Die Landkonflikte werden sich weiter verschärfen und an den Landbesitzverhältnissen wird man auch in absehba- rer Zukunft die Machtstellung der in den Parlamenten vertretenen Großgrundbesitzer ablesen können. Sambia und Brasilien – zwei Beispiele, die für die Komplexität der Agrarreformfrage und die individuellen Problemlagen stehen; zwei Beispiele, die aufzeigen, war- um politisch und vor allem praktisch mehr getan werden muss, wenn Reformen Realität werden sollen; aber auch Beispiele, die unmissverständlich klarmachen, dass die Agrarreformfrage untrennbar mit den Machtverhältnissen eines Landes verbunden ist. Aus diesem Grund müssen wir auf bi- und multilateraler Ebene unser Engagement für die- ses Schlüsselelement einer nachhaltigen Entwicklungs- zusammenarbeit stärken. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang der Hinweis auf den internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, so- zialen und kulturellen Menschenrechte. Es ist der Mangel an Reformwillen, der in seiner Konsequenz nachweisbar die dort verankerten Grundsätze missachtet. Diese so ge- nannten WSK-Rechte sind zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten! Viele positive Veränderungen für die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft würden sich daraus ergeben. So wäre etwa ein wichtiger Schritt in Richtung der Verwirklichung des Menschenrechts, sich selbst zu ernähren, getan. Deshalb ist es wichtig, auch die auf diesem Gebiet seriös tätigen Nichtregierungsorgani- sationen im Norden und Süden tatkräftig zu unterstützen. Es wird Zeit, hier substanziell endlich voranzukom- men, anstatt die Aktionspläne der verschiedensten Welt- konferenzen ständig mit Wiederholungen zu füllen. Es wä- re wichtiger, konkrete umsetzbare Vorschläge zu erarbei- ten, als weiterhin Absichtserklärungen zu formulieren. Es darf natürlich nicht beim Debattieren innerhalb der Fachwelt aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bleiben. Unsere Partner vor Ort müssen permanent mit einbezogen werden, und zwar auf allen Ebenen. Selbst- verständlich können wir nicht auf den Dialog mit Nicht- regierungsorganisationen im Norden und Süden verzich- ten. Nur so finden wir die Ansatzpunkte für eine sinnvol- le Kooperation im Sinne der bestmöglichen Entfaltung der Selbsthilfekräfte. Das ist das Ziel unserer Politik. Und dies Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009192 (C) (D) (A) (B) betrifft eben grundsätzlich alle Elemente der Agrarstruk- tur und der Agrarverfassung, ob es sich nun um Fragen der Bodenordnung, des landwirtschaftlichen Kreditwesens, der Ausbildung, der Vermarktung, der Agrarforschung oder um produktionstechnische und andere betriebswirt- schaftliche Komponenten handelt – um nur einige weni- ge Punkte zu nennen. Beide vorgelegten Anträge greifen das anstehende Thema umfassend – in Nuancen unterschiedlich – auf. Al- le wissen, um was es geht. Nur, warum hatten Sie, verehrte Kolleginnen und Kol- legen von der CDU, während Ihrer Regierungszeit keinen Erfolg? Warum tun wir uns so schwer? Haben wir nicht die richtigen Fragen gestellt? Zum Beispiel: Wo liegen die Gründe und Hürden für eine erfolgreiche Politik im Be- reich der Landwirtschaft? Wie können erkannte Hemm- nisse ausgeräumt werden? Welche Konflikte können je- weils neu entstehen, wenn zum Beispiel Frauen stärker einbezogen werden? Wenn wir nicht den Mut haben zu erkennen, dass Ver- änderungen auf die Betroffenen zukommen, dann wird Entwicklungshilfe als Weltsozialhilfe immer ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben. Immer nur Geld und mehr Geld fordern reicht nicht aus. Ein Beispiel ist die internationale Agrarforschung. Angemahnt und versprochen ist die inhaltliche Reform der bei der Weltbank angesiedelten Beratungsgruppe der In- ternationalen Agrarforschung CGIAR. Was nützt mehr Geld, wenn keine Konsequenzen aus den vorgeschlagenen Projekten gezogen werden? Sonst erleben wir wieder, dass einseitig die „Mächtigen“ den Nutzen haben und die „vie- len“ leer ausgehen. Welche Folgerungen sind daraus zu ziehen? Ich schlage konkret drei Schritte vor, um endlich voranzukommen, wobei ich eine offene und ehrliche Erörterung dazu er- warte. Erster Schritt: Für jedes Land, mit dem wir in agrar- politischer Hinsicht zusammenarbeiten, werden konkrete, auf dieses Land bezogene Vorschläge erarbeitet. Denken Sie an die Beispiele Sambia und Brasilien und ihre Unter- schiede. Zweiter Schritt: Die Vorschläge sollen von einer Ex- pertengruppe, die keine Eigeninteressen haben darf, in Zusammenarbeit mit den Betroffenen ausgearbeitet wer- den, die dann die schrittweise Umsetzung begleitet. Dritter Schritt: Die Patenschaft für diese treuhän- derischen Gremien könnte eine Durchführungsorganisa- tion der Vereinten Nationen übernehmen. Dies wäre ein deutliches Signal und ein wesentlicher Beitrag für das Werben um Vertrauen, sowohl bei den Partnerregierungen als auch bei den betroffenen Menschen. Lassen Sie mich deshalb auch deutlich feststellen: Kon- struktive Vorschläge sind allemal besser als das Schwin- gen der Konditionierungskeule. Wie diese Gremien sin- nvollerweise finanziell und organisatorisch auszustatten sind, dafür werden sich die Mittel und Wege finden. Davon bin ich überzeugt. Die Erfolgsaussichten für tatsächliche Veränderungen wären jedenfalls enorm und die Entwick- lungszusammenarbeit würde mehr leisten als nur einen Beitrag zur Weltsozialhilfe. In diesem Sinne verstehen wir unseren Antrag als Im- puls für ein verstärktes Engagement für Agrarreformen weltweit. Es ist so viel Potenzial dafür vorhanden, wir müssen es nur endlich nutzen. Marlies Pretzlaff (CDU/CSU): Wenn wir heute abend über Agrarreformen in Entwicklungsländern spre- chen, dann reden wir nicht nur über die lebensnotwendi- gen Ressourcen Boden und Wasser, über den Zugang zu Land, über Flächennutzung, über Produktionsformen in Entwicklungsländern, sondern wir beschäftigen uns zu- gleich mit Schlüsselthemen des 21. Jahrhunderts wie Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung, wie Be- völkerungswachstum und Migration oder Klimaverände- rungen und Umweltzerstörungen. Wir debattieren über Herausforderungen, deren Lösung das Überleben der Menschheit auf unserem blauen Planeten betrifft. Wir haben nur diese eine Welt, deren gegenwärtige Prob- leme weit weg in Afrika, im fernen Asien und in Südameri- ka stattfinden, uns hier in den gemäßigten Breiten Europas einholen werden, wenn wir nicht alles unternehmen, um diesen Kreislauf der Selbstzerstörung zu verhindern. Traurige Tatsache ist, dass alle Weltgipfel, Weltkon- ferenzen, verabschiedete und unterzeichnete Aktionspläne der letzten 10, 20 Jahre nicht viel mehr als medienwirk- samer „Donnerhall“ waren. Die Erkenntnisse sind da, aber die Umsetzung der vielen schönen Absichten, Einsichten und Willenerklärungen stehen bisher weitgehend aus. Wir, der Ausschuss für WZ wollen und müssen gemein- sam mit der Zivilgesellschaft den NGOs, Kirchen, Stiftun- gen, Bürgerinitiativen – in unseren Partnerländern darauf drängen, dass deren Regierungen die mitbeschlossenen Aktionspläne endlich umsetzen. Agrarreformen könnten meines Erachtens ein wichtiges zusätzliches Entscheidungskriterium bei Regierungsver- handlungen, bei Beratungsfunktionen und bei Umschul- dungsmaßnahmen des BMZ sein. Jetzt zu den Fakten. Erstens. Wir wissen, dass zusätzliche landwirtschaftli- che Nutzfläche weltweit kaum zur Verfügung steht. Die gesamte eisfreie Erdoberfläche beträgt rund 13 Milliarden Hektar. Davon sind nur 11 Prozent, also circa 1,4 Milliarden Hektar, uneingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar, hiervon wiederum nur 3 Prozent hochproduktiv. Weitere 8 Prozent sind ausschließlich für Viehwirtschaft – ich denke zum Beispiel an die Nomaden im Sahel – oder nur sehr eingeschränkt zu bewirtschaften. Je nach Bo- denbeschaffenheit, Klima, Niederschlägen, Anbaumetho- den und Qualität des Saatgutes kann auf manchen Böden nur alle zwei Jahre eine Ernte eingefahren werden, in an- deren Regionen können die Bauern dreimal im Jahr ernten, wenn nicht Dürren oder Überschwemmungen, wie jetzt in Ostafrika beziehungsweise Mosambik, die Länder heimsuchen. Zweitens. Wir wissen auch, dass seit den 50er-Jahren die notwendige Produktionssteigerung vorrangig durch Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9193 (C) (D) (A) (B) Intensivierung der Landwirtschaft, insbesondere durch industrielle Anbaumethoden, durch neugezüchtete Hoch- ertragssorten, massiven Einsatz von Dünger und Pestizi- den und durch verbesserte Bewässerungsanlagen erfolgt. Durch diese Übernutzung, zum Beispiel auch durch ex- portorientierte Monokulturen von agrarindustriellen Kon- zernen, stoßen die Produktionssteigerungsraten zuneh- mend an ihre Grenzen und führen zum Teil zu Bodende- gradierung. Als Beispiel für extreme Landnutzung und gleichzei- tige Landverschwendung möchte ich Guatemala als ex- emplarisches Beispiel aufzeigen. Im westlichen Hoch- land von Guatemala sind die einst dicht bewaldeten Berg- hänge und -kuppen selbst an den steilsten Hanglagen mit Kleinstfeldern übersät. Die Ureinwohner, die Mayas, ha- ben als Kleinbauern kein anderes Siedlungsgebiet mehr, denn das fruchtbare Land an der Westküste haben weni- ge Großgrundbesitzer unter sich aufgeteilt. Zuckerrohr- und Kaffee- Latifundien, Bananen- und Viehplantagen bringen Devisen –, aber die Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung müssen importiert werden. Eine Katasterisierung der Ländereien existiert nicht – mangels Finanzkraft des Haushalts. Sie wäre im Übrigen wegen der schwierigen Topographie Guatemalas auch sehr teuer. Die Kleinbauern müssen für ihren überschau- baren Landbesitz Steuern zahlen, während die einflus- sreichen Großeigentümer erst einmal auf das Kataster warten. In Guatemala gehören 70 Prozent des bewirtschafteten Bodens gerade 2,2 Prozent der Bevölkerung. 97,8 Prozent müssen sich die restlichen 30 Prozent teilen. Dabei liegen große Agrarflächen brach und dienen all zu oft der Bodenspekulation. Diese extrem ungleiche Landverteilung ist kein Ein- zelfall. Eine Studie der Weltbank über 83 Ländern stellte fest, dass nur 3 Prozent aller Landbesitzer über gut drei Viertel des gesamten Ackerlandes verfügen. Drittens. Bodenrechtsreformen sind in vielen Ent- wicklungsländern dringend erforderlich. Wenn wir wis- sen, dass 900 Millionen Menschen als Landlose sich ent- weder illegal in Schutzgebieten ansiedeln, Tropenwälder abbrennen beziehungsweise roden oder entwurzelt in den Slums der Großstädte dahin vegetieren, in Brasilien die wirtschaftliche Erschließung des Nordens unter anderem auch dazu geführt hat, dass Haziendabesitzer des südli- chen Brasiliens und internationale Agrarindustrien sich riesige Waldgebiet einverleibten und die dort ansässigen Kleinbauern – mit zum Teil eingetragenen Landtiteln – enteigneten, vertreiben oder gar ermordeten, in vielen Ländern Afrikas Frauen das zugesprochene Land des Mannes zwar bewirtschaften dürfen, das heißt den Boden mit der Hacke bearbeiten, Wasser schleppen und die Ern- te einbringen, aber kein Erbrecht haben, wenn der Mann stirbt, traditionelle Landnutzungsrechte, überlieferter Landbesitz, der oftmals nicht schriftlich dokumentiert ist, von den Behörden nicht anerkannt werden, wenn wir wis- sen, dass 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung in Entwick- lungsländern in der Landwirtschaft leben und arbeiten – oft müssen sie sich als Landarbeiter zu Hungerlöhnen auf dem ehemals eigenen Grund und Boden verdingen –, dann müssen die Geberländer sich dafür einsetzen, diesen Menschen zu helfen, und ihnen den Zugang zu Land er- leichtern. Wenn wir Armutsbekämpfung als ein wichtiges Krite- rium unserer Entwicklungspolitik nicht nur im Munde führen, ist zu überlegen, ob unsere GTZ und KFW-Zusa- gen verstärkt auch von durchzuführenden Landreformen abhängig gemacht werden sollten. Auch bei der Ent- schuldungsinitiative sollten die ausstehenden Agrarrefor- men als Entscheidungskriterium mit herangezogen wer- den. Das Gleiche gilt für Umschuldungsmaßnahmen. Die Mittelverwendung für den Agrarsektor könnte zur nach- haltigen Entwicklung der ländlichen Räume beitragen und damit auch der Umwelt nützen. Der verbesserte Zugang zu Land ist allerdings nur ei- ne Seite der Hunger- und Armutsmedaille. Die andere Seite ist eine optimale und nachhaltige Nutzung des knap- pen Gutes Boden. Beratung bei der Verbesserung der Pro- duktionsformen und die Erstellung von Landnutzungs- plänen haben zum Teil erstaunliche Erntezuwächse er- bracht und den Menschen wieder Hoffnung gegeben. Als Beispiel: In einem Projekt im Niger konnte die Wüsten- bildung und Bodenerosion erfolgreich gestoppt werden und löste einen Schneeballeffekt in den umliegenden Dör- fern aus. Voraussetzung war die frühzeitige Einbindung der Dorfbevölkerung in das Projekt und das sensible Vorge- hen der Berater, die die Bedürfnisse der Landbevölkerung in die Planung einbezogen. Im Senegal konnte der fort- schreitende Verlust von Boden durch Versalzung ge- bremst und verlorengegangene Reisanbaufelder zurück- gewonnen werden. Wie wichtig derartige Projekte sind, zeigt die Tatsache, dass laut VN-Bericht in den letzten zehn Jahren 230 Millionen Hektar fruchtbares Weide- und Ackerland zur Wüste wurden. Zur Veranschaulichung ein Größen- vergleich: 13-maliger Verlust der gesamten deutschen landwirtschaftlichen Nutzfläche. Zwar reicht rein rechnerisch die weltweite Nahrungs- mittelproduktion derzeit aus, um die heutigen 6 Milliarden Menschen zu ernähren, aber nach Schätzun- gen der FAO müsste die Nahrungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern in den nächsten 25 Jahren um 60 Prozent gesteigert werden, um mit dem Bevölkerungs- wachstum mithalten zu können. Der Anspruch, bis 2025 die Zahl von 840 Millionen chronisch an Hunger leiden- den Menschen und fast 200 Millionen unter- und mange- lernährte Kinder zu halbieren, scheint angesichts der Zah- len über Bodenverluste und -degradierung kaum haltbar zu sein. Die zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Nutzfläche sinkt im Verhältnis zur wachsenden Weltbe- völkerung unaufhörlich. Vor 40 Jahren betrug sie pro Kopf knapp ½ Hektar – 0,44 ha 1961 –, in diesem Jahr we- niger als ¼ Hektar – 0,22 ha 2000. Zum Vergleich: ein Fußballfeld hat die Fläche von 0,6 ha. Zunehmend wird nutzbare Landfläche auch durch immer mehr Industrialisierung – Bergbau, Erdölförderung und Produktionsstätten –, durch In- frastrukturmaßnahmen – Straßenbau und Verkehr – und immer größere urbane Zentren mit ausufernder Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009194 (C) (D) (A) (B) städtischer Randbesiedlung verbraucht. Agrarland wird aber auch immer öfter mit unlauteren Methoden den oft des Lesens und Schreibens unkundigen Subsistenz- bauern „abgekauft“, wie ein Beispiel aus Südostasien zeigt. In Thailand dachten die Bauern eines Dorfes, sie verkaufen ein Stück Sumpfland an einen Städter. Als sie hinterher die Verträge in den Händen hatten, mussten sie feststellen, dass sie ihr ganzes Gemeinschaftsland verkauft hatten – inklusive Ortstempel. Aber auch Regierungen von Partnerländern erliegen „Wirtschaftswachstums- Verlockungen“ und verstoßen gegen die eigene Verfassung, wenn sie überdimensio- nierte Staudämme oder zwecks lukrativer Erdölförderung zum Beispiel Industrieanlagen in den ausgewiesenen Schutzgebieten der Indigenas planen und deren Existenz gefährden: Kolumbien. Örtliche Nichtregierungsorgani- sationen, die sich für den Schutz Landloser oder Indige- ner einsetzen, sind oft Repressalien ausgesetzt. Vermehrt müssen unproduktive, versalzte, überdüngte, erodierte oder vertrocknete Landstriche bewirtschaftet werden, um ausreichend Grundnahrungsmittel – Reis, Maniok, Yam, Cassaba, Hirse, Mais und Weizen – anzu- bauen. Für die Ernährungssicherung einer weiterwach- senden Weltbevölkerung ist deshalb die Bedeutung der 16 Agrarforschungsinstitute ebenso wichtig wie der Erhalt der unterschiedlichen traditionellen Kulturpflanzen der verschiedenen Regionen – Genbanken – und das Wissen zum Beispiel der indigenen Völker. Wenn wir wissen, welche Bedeutung die Agrarfor- schung für eine nachhaltige Entwicklung hat, warum kürzt das BMZ im Haushalt 2000 seine Zuwendungen für die Agrarforschungsinstitute von 35 Millionen DM auf die Hälfte, also auf 17,5 Millionen DM? Wir fordern die Wie- deraufstockung. Zusammenfassend: In vielen Partnerländern sind ge- rechtere Landvereilung, partizipativer Zugang zu Land- besitz, Landnutzungsrechte, nachhaltige Produktionsfor- men und ressourcenschonende Produktionssteigerung dringend erforderlich. Eine nachhaltige Bodenutzung beinhaltet, dass bei der Erzeugung von Nahrungsmittel und von nachwachsenden Rohstoffen die natürliche Fruchtbarkeit der Böden dauer- haft erhalten bleibt. Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert: erstens den Agrarreformen in der Entwicklungszusammenarbeit eine Höhere Priorität einzuräumen, zweitens die Bereit- schaft der Partnerländer für Agrarreformen zu einem Ent- scheidungskriterium bei Um- und Entschuldungsmaß- nahmen zu machen, drittens die Kürzungen von Bera- tungsvorhaben und Agrarforschungsmittel im Haushalt 2001 zurückzunehmen. Klaus Jürgen Hedrich (CDU/CSU):Die vorliegen- den Anträge der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen wie auch der CDU/CSU weisen erfreulich viele Parallelen auf. Ihre wichtigste Gemeinsamkeit besteht in der Betonung der Bedeutung von Agrarreformen für die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion und Ernährungssituation in den Entwicklungsländern. Erwähnenswert ist dabei auch die Selbsterkenntnis der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass die Bundesregierung und das BMZ der Unterstützung von Agrarreformen in Entwicklungsländern einen höheren Stellenwert einräumen müssen als bisher. Diese Feststel- lung kann allerdings trotz aller inhaltlichen Gemein- samkeiten beider Anträge nur als – gelinde gesagt – schmeichelhafte Verharmlosung des vollkommenen Desinteresses der Bundesregierung für dieses entwick- lungspolitisch so wichtige Attribut gewertet werden. Denn die rot-grüne Bundesregierung agiert geradezu in entge- gengesetzter Richtung von dem, was die beiden hier zu erörternden Anträge fordern. Die unionsgeführte Bundesregierung hatte im Rahmen ihrer Schwerpunktsetzung bei Armutsbekämpfung und Umweltschutz in ihrer Entwicklungspolitik der vergan- genen Jahre gerade auch der Thematik der Notwendigkeit von Agrarreformen in Entwicklungsländern eine zentrale Position eingeräumt. Ich möchte dabei jedoch nicht ver- hehlen, dass trotz dieses Einsatzes die Realisierung der- artiger Reformschritte in den Entwicklungsländern nur stockend voranschritt. Zudem fielen viele dieser Akti- vitäten nicht überzeugend und wirtschaftlich nicht nach- haltig aus, weil flankierende Maßnahmen ausblieben bzw. nicht finanziert werden konnten, wie vor allem Boden- rechtsreformen und Bodenbewirtschaftungsreformen. Agrarreformbemühungen können natürlich nicht allei- ne den Hunger in den Entwicklungsländern beseitigen. Den vielen armen Menschen in den Entwicklungsländern mangelt es nicht nur am Zugang zu Ackerland, sondern insbesondere auch am Zugang zum Wissen und zu den Ressourcen zur Nutzung eben dieses Ackerlandes. Das bedeutet, dass es in den Entwicklungsländern in erster Li- nie an produktiven Ressourcen, Gesundheits- und Bil- dungseinrichtungen sowie einer ländlichen Infrastruktur fehlt, die die dortigen Menschen erst in die Lage versetzt, das vorhandene Ackerland zu nutzen und die Ernährungs- situation ihrer Länder zu verbessern. Eine erfolgreiche Strategie gegen den Hunger in den Entwicklungsländern muss deshalb mindestens zwei Aspekte umfassen: Neben politischen und sozialen Re- formen im Agrarbereich muss die ländliche Bevölkerung ausreichend mit technischen, auf Produktionssteigerung abzielenden Anbaumethoden, Kreditmöglichkeiten, In- frastruktur, Schulen, Gesundheitsdiensten und sonstigen Beratungsdiensten ausgestattet werden. Erst die Beglei- tung von Agrarreformbemühungen durch technische Be- ratung und sonstige Dienstleistungen macht Agrarre- formbemühungen sinnvoll. Nicht zu vergessen ist in die- sem Zusammenhang auch die Rechtsberatung zum Beispiel zum Aufbau von Bodenkatastern. Als vielversprechend haben sich in vielen Entwick- lungsländern die dort anlaufenden landwirtschaftlichen Sektorinvestitionsprogramme erwiesen, die Maßnahmen- bündel zur Verknüpfung staatlicher Agrarstrukturen und privatwirtschaftlicher Initiativen enthalten. Blickt man nun auf das diesbezügliche entwicklungs- politische Engagement der Bundesregierung, schockieren zunächst die drastischen Budgetkürzungen gerade in den entwicklungspolitischen Sektoren, die für die sinnvolle Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9195 (C) (D) (A) (B) Begleitung von Agrarreformbemühungen von wesentli- cher Bedeutung sind. So werden die Mittel für die ländli- che Entwicklung von insgesamt gut 1,1 Milliarden DM im Haushalt 1999 auf nur noch 680 Millionen DM im Haus- halt 2000 heruntergestutzt. Einen ähnlichen Aderlass erleiden die für diesen Bereich ebenfalls wich- tigen Sektoren der Grundbildung und des Gesundheits- wesens, die beide um circa die Hälfte zusammengestri- chen werden. Beschämend ist die massive Kürzung der BMZ-Mittel für die internationalen Agrarforschungszentren der Con- sultative Group on International Agricultural Research, die seit 30 Jahren wertvolle Beiträge zur Steigerung der Agra- rerträge gerade in Entwicklungsländern leisten. Besonders erschreckt aber einen die entwicklungspo- litische Gleichgültigkeit der Bundesregierung in Bezug auf Familienplanungs- und Bevölkerungspolitikmaßnah- men in den Entwicklungsländern. Die Bundesregierung verkennt dabei offenbar völlig, dass die Weltbevölkerung seit Mitte des Jahrhunderts wesentlich rascher wächst als das ihr zur Verfügung stehende Ackerland. Die Bevölkerungsentwicklung der Erde, nämlich Pa- kistan, Nigeria und Äthiopien, kündigt an, dass für viele Entwicklungsländer die Selbstversorgung mit Nahrungs- mitteln bald unmöglich sein wird. In den genannten Ent- wicklungsländern war die Getreideanbaufläche von 1950 bis 1998 pro Person schon um 38 bis 56 Prozent gesun- ken und bis 2050 dürfte sie nochmals um 55 bis 63 Prozent abnehmen, wobei kein weiterer Verlust von Ackerland vorausgesetzt wird. Diese drei Entwick- lungsländer werden dann zusammen 750 Millionen Ein- wohner und eine Getreideanbaufläche von lediglich 300 bis 700 Quadratmeter pro Person haben – was weniger als einem Drittel der Fläche von 1950 entspricht. Trotz dieser beunruhigenden Tendenz hat die Bundes- regierung Finanzmittel für entwicklungspolitische Maß- nahmen in dem Bereich der Familienplanung und Bevöl- kerungspolitik im Vergleich zum Haushalt von 1999 auf nur noch ein Drittel zurückgeführt. Dies ist eine entwick- lungs- und bevölkerungspolitische Bankrotterklärung im Angesicht der auch die bisherige Wohlstandsinsel Euro- pa bald direkt tangierenden Bevölkerungs- und Ernährungsprobleme dieser Welt. Aber abgesehen vom Versagen der Bundesregierung hinsichtlich der Einbettung von Agrarreformen in Ent- wicklungsländern in sinnvolle flankierende Maßnahmen lässt diese darüber hinaus jegliches diplomatische und entwicklungspolitische Fingerspitzengefühl für sinnvolle Agrarreformen in Entwicklungsländern vermissen. Aktu- elle Musterbeispiele hierfür sind Simbabwe und Kuba. Simbabwe, das einst dank seiner Bildungs- und Ver- söhnungspolitik weltweit als Vorbild für Afrika gepriesen wurde, taucht seit geraumer Zeit nur noch als ab- schreckendes Beispiel eines afrikanischen Landes auf, das durch seinen sozialistischen Präsidenten Mugabe im- mer tiefer in einen politischen und wirtschaftlichen Ab- grund getrieben wird. Abgesehen von dem sinnlosen, aber höchst kostspieligen Einsatz der simbabwischen Armee im Kongo-Konflikt und der sonstigen unglaublichen Miss- wirtschaft und Korruption im Lande greifen seit kurzem massive illegale Besetzungen weißer Farmen durch schwarze Kriegsveteranen, arbeitslose Städter und mili- tante Mugabe-Anhänger und die Forderung nach ent- schädigungslosen Enteignungen der weißen Eigentümer um sich. Immer mehr Indizien deuten daraufhin, dass diese Vor- fälle von Mugabe gesteuert werden. Ich erinnere zum Bei- spiel daran, dass erst kürzlich ein von Mugabe vorgeleg- ter Verfassungsentwurf in einem Referendum abgelehnt worden war, der die Rolle des Präsidenten weiter gestärkt und ihm die entschädigungslose Enteignung von land- wirtschaftlichen Flächen ermöglicht hätte. Die Regierung teilte mit, sie werde nicht gegen die Landbesitzer ein- schreiten, bis das Parlament eine Verfassungsänderung bil- ligt, die die entschädigungslose Enteignung von Land er- laubt. Zudem legte der simbabwische Oppositionsabge- ordnete Dongo eine Untersuchung vor, wonach die Regierung im vergangenen Jahr 272 Staatsfarmen mit 250 000 Hektar statt landlosen Bauern Regierungsmitglie- dern, Beamten und Partei-funktionären übergeben habe. Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser desaströsen Politik scheinen Präsident Mugabe egal zu sein, Derzeit müsste zum Beispiel der Tabak geerntet werden. Die Far- menbesetzung verhindert vielerorts eine Ernte. Ange- sichts der Tatsache, dass das fruchtbare Simbabwe zwei Drittel seiner Exporteinnahmen mit Produkten gerade der weißen Farmen erwirtschaftet, dürfte Mugabe damit der Wirtschaft den endgültigen Dolchstoß versetzt haben. Dies, Herr Mugabe, Frau Wieczorek-Zeul, kann nicht die Art von Agrarreform sein, wie wir sie in unseren Anträ- gen fordern! Und was tut die Bundesregierung? Außer, dass sie sich wie gewohnt für einen angeblichen, aber nur selten sicht- baren Einsatz für gute Regierungsführung in den Ent- wicklungsländern auf die Schulter klopft, passiert gar nichts. Weder wird das Mugabe-Regime an seinem agrar- und wirtschaftspolitischen Harakirilauf gehindert, noch wird die weitere Ausgabe deutscher Steuergelder für die Entwicklungszusammenarbeit mit dem unverbesserli- chen Mugabe-Regime zum Beispiel in Form einer Aus- setzung der finanziellen Zusammenarbeit zur Disposition gestellt. Frau Ministerin Wieczorek-Zeul, ich rufe Sie hiermit auf, im Interesse der Glaubwürdigkeit der deutschen Ent- wicklungspolitik Ihren ambitiösen Ankündigungen eines konsequenten Einsatzes für gute Regierungsführung in un- seren Partnerländern endlich gerecht zu werden und eine klare Position zum unverantwortlichen Treiben des machtgierigen Autokraten Mugabe in Simbabwe zu be- ziehen, bevor das Land in seinen vollkommenen Ruin schlittert. Eine gute Gelegenheit hierfür auf dem kürzlich beendeten EU-Afrika-Gipfel in Kairo haben sie leider verpasst. Das weitere Negativbeispiel aktueller deutscher Ent- wicklungspolitik bezieht sich auf Kuba, mit dem die Bun- desregierung vor kurzem die offizielle bilaterale Ent- wicklungszusammenarbeit aufgenommen hat. Kuba als eines der letzten kommunistischen Regime dieser Erde ist gekennzeichnet durch ein totalitäres Einparteiensystem, Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009196 (C) (D) (A) (B) Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel in Form der Unterdrückung der Meinungsfreiheit sowie eine kurz vor dem Bankrott stehende Staatswirtschaft. Diese beinhaltet auch eine weitgehend verstaatlichte Landwirtschaft, deren Produktionsziffern immer weiter zurückgehen. Durch Aufrechterhaltung seiner stark sozialistischen Misswirt- schaft nimmt es Castro bewusst in Kauf, dass mindestens die Hälfte der kubanischen Bevölkerung in Armut und Not ums Überleben kämpft. Zahlreiche Erfahrungen aus Projekten deutscher Nichtregierungsorganisationen in Kuba zeigen, welch er- staunliche agrarwirtschaftliche Produktivitätserfolge kleine private Produzenten im Landwirtschaftsbereich zum Beispiel hinsichtlich Gemüse erzielen könnten. Doch der kubanische Staatssozialismus unterdrückt nach wie vor breitere Ansätze für Privatinitiative in der Landwirt- schaft. Eine Umkehr Kubas zu mehr Demokratie, Markt- wirtschaft und Privateigentum könnte gerade auch im Landwirtschafsbereich die Voraussetzungen für eine er- hebliche Verbesserung der Lebens- und Ernährungssitua- tion der kubanischen Bevölkerung schaffen. Doch der kommunistische Diktator Castro bewegt sich keinen Zen- timeter von der Stelle. Umso enttäuschender ist daher, dass Ministerin Wiec- zorek-Zeul für ihn ihre entwicklungspolitischen Prinzipi- en, wie dasjenige der guten Regierungsführung, über Bord wirft. Denn die Aufnahmen der offiziellen bilateralen Ent- wicklungszusammenarbeit mit Kuba stärkt Castros Ge- waltregime, von dem sich zuletzt selbst eher kubafreund- liche Staaten Lateinamerikas zu distanzieren begannen. Menschenrechte nützen wenig, wenn sie nicht ge- schützt werden. Doch die meisten Staaten kümmern sich wenig darum. Die Regierungen lassen foltern und morden, sie beginnen Kriege und lassen die Bevölkerung verelen- den. Und sie lassen sie hungern. Über 800 Millionen Men- schen auf der Erde haben zu wenig Nahrung, um ein men- schenwürdiges Leben zu führen. Dazu gehören die Ge- sundheit und das Recht zur Selbstbestimmung. Doch wer hungert, wird krank. Hungernde Menschen können nicht selbstständig entscheiden, ob und wo sie ar- beiten, wie sie und ihre Familie leben. Hunger schwächt und erniedrigt. Wer hungert, denkt nur an die Nahrungs- suche und kann sich nicht entwickeln. Ich appelliere daher an die Bundesregierung und die Leitung des BMZ, sich konsequenter für die Beachtung des Prinzips der guten Regierungsführung in den Part- nerländern einzusetzen, die Kooperation mit machtgieri- gen oder unbelehrbaren Despoten auf ein Mindestmaß wie im Fall Simbabwe zu reduzieren bzw. wie im Fall Kuba gar nicht erst aufzunehmen, und die hieraus frei werden- den entwicklungspolitischen Gelder verstärkt für eine sinnvolle Begleitung von Agrarreformen in Entwick- lungsländern in hierfür wichtigen Sektoren wie der länd- lichen Entwicklung einschließlich der Agrarforschung, der Grundbildung oder der Familienplanung bzw. Bevöl- kerungspolitik einzusetzen. Joachim Günther (Plauen) (F.D.P.): Aus liberaler Sicht ist die Ernährungssicherheit aus eigener Kraft ein vorrangiges Ziel aller Entwicklungsbemühungen. Dabei kann es auch in diesem Bereich nur darum gehen, die Selbsthilfefähigkeiten der Betroffenen zu stärken. Dies be- deutet Unterstützung einer standortgerechten und nach- haltigen Steigerung der Produktion für den heimischen Konsum sowie für den Export. Es bedeutet aber auch Schaffung von Kaufkraft für Konsumenten und Produzenten. Dies kann nur erreicht werden durch eine Markt- und Preispolitik, die Anreize zur Steigerung der Agrarproduktion schafft durch gesicherte Bodenbesitzverhältnisse bzw. langfristige Nutzungsrech- te für Bauern sowie durch eine aktive Bevölkerungspoli- tik, die zum Ziel hat, den Bevölkerungsdruck auf die knappen Ressourcen zu mildern. Diese Grundsätze dürfen auch bei der internationalen Nahrungsmittelhilfe nicht aus dem Auge verloren werden. Wenn Nahrungsmittelhilfe dazu führt, dass Produktions- anreize für die ländliche Bevölkerung entfallen, führt sie nicht zu einer Entspannung der Ernährungssituation, son- dern mittel- bis langfristig zu einer Verschärfung. Ernährungssicherungsprogramme und Nahrungsmittel- hilfe können daher nur in akuten Defizitsituationen sinn- voll sein. Aber auch in diesen Fällen muss sichergestellt werden, dass die Nahrungsmittelhilfe eng in die jeweili- ge Agrarpolitik eingebunden wird. Eine besondere Rolle für die Ernährungssicherung in den Entwicklungsländern spielen kleinbäuerliche Famili- enbetriebe. Sie sind für etwas 85 Prozent der landwirt- schaftlichen Produktion verantwortlich. Die Förderung dieser Betriebe durch die deutsche Entwicklungspolitik sollte sich in erster Linie auf die Länder südlich der Sa- hara, die im besonderen Maße von der Ernährungsunsi- cherheit betroffen sind, konzentrieren. Dabei sollten aus unserer Sicht Fördermaßnahmen zur Entwicklung von Produktionsverfahren, die den Nahrungsbedarf der wach- senden Bevölkerung decken und gleichzeitig die Produk- tionsgrundlagen Land und Wasser schonen, im Vorder- grund stehen. Die agrarpolitische Entwicklungszusam- menarbeit sollte sich daher für den Zugang der Kleinbauern zu ertragssicherem Pflanz- und Saatgut so- wie für die Unterstützung bei der Vermarktung, aber auch bei der Gewährung von Kleinkrediten einsetzen. Ein besonderer Stellenwert für die künftige Wel- ternährung und dem gleichzeitigen notwendigen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bei weiter wachsender Bevölkerung kommt der internationalen Agrarforschung zu. In kaum einem Bereich der Entwicklungshilfe werden die deutschen Zuschüsse sinnvoller eingesetzt. Mit der Unterstützung der CGIAR – „Consultativ Group on In- ternational Agricultural Research“ – wird ein besonders wirkungsvoller Beitrag zur Krisen- und Konfliktvorbeu- gung geleistet. Es ist daher besonders bedauerlich, dass auch dieser wichtige Bereich nicht vor dem gnadenlosen Rotstift des Finanzministers verschont wurde. Investitio- nen in internationale Agrarforschung bedeutet Verbesse- rung lokaler Nahrungskulturen, bedeutet Erhaltung natür- licher Ressourcen, als Alternative etwa zu der noch weit verbreiteten Brandrodung, und es bedeutet Schutz und Er- halt der genetischen Artenvielfalt. Die Ernährungsprobleme der Dritten Welt können je- doch nicht nur aus landwirtschaftlicher Sicht betrachtet Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9197 (C) (D) (A) (B) werden, sondern müssen im Zusammenhang mit der ge- samten Entwicklungsproblematik gesehen werden. Die vielschichtige Verknüpfung von niedriger Produktivität und niedrigem Einkommen, ungünstigen Produktionsbe- dingungen, mangelhaften institutionellen und politischen Rahmenbedingungen bedeuten in ihrer Gesundheit Un- terentwicklung. Zwei zentrale Aspekte, die aus unserer Sicht in den Anträgen der anderen Fraktionen zu kurz kommen bzw. überhaupt nicht erwähnt werden, sind die Bedeutung der europäischen Agrarpolitik sowie die Rolle des Welthandels für die landwirtschaftliche Entwicklung in der so genan- nten Dritten Welt. Nur durch den Abbau des Agrarprotek- tionismus in Europa, aber auch in anderen Industrieländern haben die Agrarmärkte der Dritten Welt eine ernsthafte Chance. Exportsubventionen führen zu Verzerrungen des Wettbewerbs und beeinträchtigen dadurch zusätzlich die landwirtschaftliche Produktivität in den Entwicklungslän- dern. Die Erfahrung zeigt, dass der Verkauf hochs ubven- tionierter europäischer Agrarprodukte geradezu kontrapro- duktive Wirkungen auf die Agrarmärkte der Entwick- lungsländer hat. Aufkäufe insbesondere von Getreide und anderen lagerfähigen Grundnahrungsmitteln in Entwick- lungsländern mit überdurchschnittlich guten Ernten sind dagegen ein gutes Mittel, um Produktionsanreize in Über- schussregionen zu gewährleisten. Als weltweit größter Importeur und zweitgrößter Ex- porteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse hat die Eu- ropäische Union hier eine besondere Verantwortung. Bei der Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik muss daher ein Konzept für den Ausgleich der Interessen der europäischen Landwirte und Verbraucher sowie der In- teressen der Entwicklungsländer erarbeitet werden. Mit unserem Antrag haben wir daher insbesondere diesen As- pekt in den Vordergrund gestellt. Kersten Naumann (PDS): „Haltet den Dieb“ rufen Ganoven oft, um vom eigenen Raubüberfall abzulenken und ich habe den Eindruck, dass die vorliegenden Anträ- ge zur Agrarreform in der Entwicklungszusammenarbeit offensichtlich eine ähnliche Funktion haben. Eine inter- nationale Konferenz jagt die andere, auf denen hehre Zie- le verkündet werden. Das Ergebnis ist aber, wie es im An- trag der Koalition richtig heißt, „in vielen Entwicklungs- ländern hat sich nichts geändert“. Vielmehr sind „in vielen Ländern die Agrarreformprozesse ins Stocken geraten“. Doch bei der Ursachenforschung für diese Tatsachen halten sich die Antragsteller nicht auf. Ich komme deshalb nicht umhin, ein paar Aspekte für das Versagen der En- twicklungszusammenarbeit aufzuzeigen: Erstens: Viele der Entwicklungländer sind ehemalige Kolonien. Die Kolonialherren haben ihnen jenes Erbe hin- terlassen, an dem sie heute so schwer zu tragen haben. Selbst nach der staatlichen Unabhängigkeit wurde die Ausbeutung durch die ehemaligen so genannten „Mutter- länder“ und deren Konkurrenten auf neue Weise fortge- setzt. Zweitens: Die damalige Wirtschaftsweisen in diesen Ländern haben in vielen Fällen eine Agrarstruktur mit Großgrundbesitzern und Plantagen hinterlassen. Wie Großgrundbesitzer gegen landarme Bauern vorgehen, zeigt eine Pressemeldung, in der es heißt: „Im brasilianis- chen Bundesstaat Para hat die Polizei in den vergangenen zwei Jahren auf zehn großen Landgütern insgesamt 850 Sklavenarbeiter befreit“. Drittens: Der neue Kolonialismus besteht heute unter anderem in der Erpressung mithilfe von Krediten. Sie wer- den nicht nur genutzt, um sich einen Teil des Nationalre- ichtums anzueigenen. Mit ihrer Hilfe werden auch die Be- dingungen für den Zugang des internationalen Kapitals zu den nationalen Märkten diktiert. Viertens: Die weltweite öffentliche Entwicklungshilfe ist in den Jahren 1997/98 mit rund 50 Milliarden US-$ auf den tiefsten Stand seit 50 Jahren gesunken. Wie die politischen Prioritäten in der Bundesrepublik gegenwärtig verteilt sind, wird am Vergleich zweier Zahlen deutlich: Für die Naturkatastrophe in Mosambik mit mehreren Tausend Toten wurden 50 Millionen DM bereitgestellt. Der Krieg gegen Jugoslawien kostete täglich 500 Millionen DM, in 80 Tagen also das 800fache der Mosambik-Hilfe. Und die Rechnung dafür sollen auch die europäischen Bauern mit 600 Millionen DM bezahlen. Die Liste der Missachtung der Probleme der Entwick- lungsländer durch die Bundesrepublik und andere Wirtschaftsmächte ließe sich beliebig fortsetzen. Ich denke dabei an den subventionierten Agrarexport, die Kürzung der internationalen Agrarforschung, den Export von Pflanzenschutzmitteln, die in Deutschland verboten sind, und an den Export von Gentechnologie in die En- twicklungsländer. Doch den Koalitionsparteien fallen nur nichts sagende Floskeln ein wie: den Agrarreformen eine hohe Priorität einräumen; auf internationalen Konferen- zen erreichte Fortschritte überprüfen; deutlich zum Aus- druck bringen, dass Agrarreformen Demokratisierung- sprozesse implizieren – und so weiter, und so weiter. Der CDU/CSU-Antrag hat eine ähnliche Qualität. Allerdings soll die Zusammenarbeit nur mit „seriösen Nichtregierungsorganisationen“ erfolgen. Offen bleibt allerdings, woran die „Seriosität“ gemessen werden soll? Die FDP dagegen hat offensichtlich die Proteste von Seattle vergessen und setzt voll auf Liberalisierung, Glob- alisierung und auf die Segnungen der Gentechnologie. Die Forderung, die sich daraus ergebenden „Auswirkungen auf die Entwicklungsländer zu berücksichtigen“, hat eine reine Alibifunktion. Wo bleiben eigentlich die wirklichen Hilfeleistungen? Diese müssen, wie folgt aussehen: erstens Erhöhung der Entwicklungshilfe auf mindestens 0,7 Prozent des Brut- tosozialprodukts; zweitens Nichteinmischung in die in- neren Angelegenheiten der Entwicklungsländer; drittens Herstellung fairer Handels- und Kreditbeziehungen; viertens Entschädigung für die Verluste, die den Entwick- lungsländern durch die Kolonialherrschaft und den Neokolonialismus entstanden sind; fünftens Erlass der Schulden, die durch das kreditpolitische Missmanagement der Geldgeber und den Kauf von Rüstungsgütern ent- standen sind. Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009198 (C) (D) (A) (B) Der afrikanische Schuldenberg wird derzeit auf 350 Milliarden Dollar, also rund 700 Milliarden DM, ge- schätzt und Kanzler Schröder hat diese Woche in Kairo ei- nen Schuldenerlass bis zu 700 Millionen DM zugesagt hat; das sind 0,1 Prozent der Schulden. Was wird mit den an- deren 99,9 Prozent? Was ist das für eine Verantwortung Deutschlands für die Entwicklungsländer? Agrarreformen in den Entwicklungsländern werden nur Erfolg haben, wenn die Politik des Neukolonialismus beendet und Gerechtigkeit in den internationalen Wirt- schaftsbeziehungen hergestellt wird. Darin besteht die spezifische Verantwortung der Bundesrepublik. Und dafür wird sich die PDS einsetzen. Reinhold Hemker (SPD): Wir sind im vierten Jahr nach der Welternährungskonferenz in Rom im Jahre 1996, und vier Jahre sind seit der Anhörung – damals noch in Bonn – zu Fragen der Welternährung vergangen. Ich er- innere mich noch daran, dass in der Debatte zum Welt- ernährungsgipfel die Landwirtschaft als wichtige – man- che sagten sogar: wichtigste – Säule für eine breite wirt- schaftliche Entwicklung bezeichnet wurde. Wir waren uns einig: Erstens. Besonders in Ländern mit geringerem Ein- kommen ist die Nahrungsmittelproduktion Grundlage für die Schaffung von Beschäftigung und Einkommen, so- wohl für lokale Märkte als auch für Export. Zweitens. Die ortsnahe Bereitstellung von Lebensmit- teln wurde und wird als der wohl wichtigste Faktor bei der Befriedigung der Grundbedürfnisse bezeichnet. Drittens. Landwirtschaft ist Eckstein für eine Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung auf breiter Basis. Ich rufe in Erinnerung: Diese und andere Grundsätze fanden Eingang in den Aktionsplan, der vom Welt- ernährungsgipfel am 17. November 1996 verabschiedet wurde. Alle Aspekte der drei hier vorliegenden Anträge finden sich in diesem Aktionsplan wieder. Und: Das, was im Aktionsplan gefordert wurde – nämlich die Berück- sichtigung des Einsatzes für eine bessere Entwicklung im Welternährungsbereich bei den anderen Weltkonferenzen – Frauen, Klima, Bevölkerung etc., hat stattgefunden. Die Protokolle dieser Konferenzen zeigen das deutlich. Aber: Die Umsetzung in nationales Recht und in nationale Pro- gramme in den genannten Bereichen, wie zum Beispiel Bodenrecht, Bodenordnung, Saatgutproduktion und Be- reitstellung von Saatgut, Flurbereinigung etc. pp., schei- terte und scheitert oft am politischen Willen und/oder der politischen Durchsetzungsfähigkeit – aber auch an man- gelnden finanziellen Mitteln. Ich fände es gut, wenn wir nach der Überweisung der vor- liegenden Anträge vor der Beratung im Fachausschuss aus den drei Anträgen ein auf unsere Arbeit bezogenes Aktions- papier entwickelten, das dann im Ausschuss beraten wird. Ich würde dann auch gerne von der Bundesregierung wissen, wann und wo Experten der Gesellschaft für Technische Zu- sammenarbeit GTZ, oder des Deutschen Entwicklungsdien- stes, DED, an Grenzen bei der Abwicklung und Durchset- zung von Projekten stoßen, die etwas mit den Rahmenbe- dingungen im Agrarbereich zu tun hatten oder haben. Wir wissen, dass zum Beispiel die Sicherstellung ge- eigneter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Rah- menbedingungen für Ernährungssicherheit die gleichbe- rechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am Pro- duktionsprozess insgesamt voraussetzt. Ferner muss es einen Zugang zu der produzierten Nahrung für alle geben und die Sicherstellung der Nahrungsversorgung in Notsi- tuationen muss in einer Art und Weise geschehen, die ei- ne weitere Entwicklung auf der Basis von Eigenverant- wortung nicht behindert. Ich verweise auch noch einmal auf die Diskussionen, die im Zusammenhang der WTO-II-Runde geführt wer- den. Es muss um ökologische und soziale Mindeststan- dards bei der Produktion von Nahrungsmitteln und bei der Beteiligung der Entwicklungsländern am Welthandel ge- ben. Der Bundesregierung ist zu danken, dass sie mit dafür gesorgt hat, dass mit der Agenda 2000/Agrarteil ein Ein- stieg in eine Reformentwicklung gelungen ist. Die katholische Landjugendbewegung, KLJB, ver- weist in ihrem Positionspapier darauf, dass die Landwirt- schaft in Europa sich ihrer globalen Verantwortung be- wusst ist. Die Schaffung und der Erhalt einer nachhalti- gen und existenzsichernden Landwirtschaft, insbesondere in den Entwicklungsländern, kann nur in Partnerschaft mit den starken Wirtschaftsgemeinschaften, wie zum Beispiel der Europäischen Union, geschehen. Über die Beispiele hinaus, die zum Beispiel die Kolle- gin Brigitte Adler schon genannt hat, verweise ich auf zwei Erfahrungen, die die Delegation des Ausschusses für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anfang März dieses Jahres in Malawi und Simbabwe gemacht hat. Dort konnten weiterführende Reformbemühungen nicht umgesetzt werden. Zum Beispiel bei der Saatgutproduk- tion und der Bewässerung, weil die Parzellen, die von Fa- milien bewirtschaftet wurden, zu klein waren. Seit Jahren ist der Missstand bekannt; es werden aber im Blick auf Flurbereinigung und der Kooperation keine ausreichenden Bemühungen der Regierung unternommen. In Simbabwe schreitet der Landreformprozess, der seit Jahren beschlossen ist, nicht fort, weil unter anderem bei der Abwicklung fünf Ministerien beteiligt sind und immer noch auf fruchtbarem Ackerland extensive Weidewirt- schaft betrieben wird, während in den ehemaligen über- völkerten Reservatsgebieten die Bodenqualität für ange- messene Produktion nicht bzw. nicht mehr ausreicht. Wir sehen, dass es für die Fachberatungen im Aus- schuss genug konkretes Material gibt. Ich freue mich da- rüber, dass in der nächsten Woche die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit engagierten Fachorganisationen wie VENRO, Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nicht- regierungsorganisationen, und dem Forum Umwelt & Entwicklung eine Fachtagung zu dem heute diskutierten Themenzusammenhang durchführt. Offensichtlich wird endlich damit Ernst gemacht, auf der Regierungsebene das wichtige Thema Agrarreform anzupacken. Ich habe auch davon gehört, dass für das nächste Jahr schon zu einer in- ternationalen Fachtagung zum Thema Bodenrecht und Bodenordnung eingeladen wurde. Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9199 (C) (D) (A) (B) Ich freue mich auf die weitergehende Arbeit im Blick auf die Ausschussberatungen und biete die Mitarbeit in einer vorbereitenden Arbeitsgruppe an. Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin beim Bundesmi- nister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung: In Art. 25 (1) der Allgemeinen Erklärung der Men- schenrechte ist das Recht jedes Einzelnen auf ausrei- chende und gesunde Nahrung festgeschrieben. In der Umsetzung dieses Rechts hat die internationale Staaten- gemeinschaft große Fortschritte erreicht. Trotzdem leiden etwa 790 Millionen Menschen in Entwicklungsländern, ein großer Teil davon Kinder, chronisch an Hunger. Etwa 75 Prozent der Armen leben auf dem Land. Dürrekata- strophen, kriegerische Konflikte, Verschlechterung von Böden und Wassermangel sind einige der Ursachen für Nahrungsmangel. Aber: Um diesen Menschen Zugang zu lebensnotwen- digen Ressourcen zu sichern, sind in vielen Ländern Agrarreformen notwendig. Denn die Konzentration von Bodeneigentum in den Händen weniger Großgrundbesit- zer ist in hauptsächlich landwirtschaftlich strukturierten Entwicklungsländern eine der wichtigsten Ursachen länd- licher Armut. Die rechtliche Absicherung von Landnutzung ist eine notwendige Voraussetzung, um das Recht auf Nahrung zu sichern und umweltzerstörende Nutzung von Böden ein- zudämmen. Ihnen allen bekannt sind die Beispiele aus Brasilien, bei denen bei Vertreibungen von indigenen Gruppen aus angestammten Gebieten keine Rücksicht auf Menschenleben genommen wurde. Hinlänglich bekannt sind auch die Beispiele, bei denen Menschen regelrecht Raubbau an der Natur betreiben, weil das Stück Land, das sie heute bewirtschaften, morgen schon nicht mehr ihnen gehört. Agrarreformen – und hier meine ich eine breitenwirk- same Reform des rechtlich abgesicherten Zugangs zu Land – bestimmen als ein wesentlicher Erfolgsfaktor den Fortschritt von ökonomischer, ökologischer und sozialer Entwicklung in den Agrargesellschaften der Entwick- lungsländer. Gesicherte Nutzungsrechte für Kleinbauern und -bäuerinnen – über Grundbesitz oder langfristige Pacht – fördern die Produktivität der Landwirtschaft, weil Bewirtschaftungsformen auf langfristigen Ertrag statt auf kurzfristiges „Sich-über-dem-Wasser-Halten“ angelegt werden können. Erst dadurch werden Ertragssteigerungen, Ernährungssicherung und auch eine umweltverträgliche Ausrichtung der Landbewirtschaftung möglich. Gleich- zeitig können sie auch rechtliche Grundlage für den Zu- gang zu Bankkrediten sein. Agrarreform zur Umverteilung von Land sind komplexe und auch höchste konfliktträchtige Vorhaben. Der drohen- de Verlust von Macht, Geld und Einfluss von Grundbesit- zern führt dazu, dass vonseiten der Besitzenden alles getan wird, um Reformen zu verhindern. Das ist mit ein Haupt- grund für das Stocken der Prozesse in vielen Partnerländern in Asien, Lateinamerika und Afrika. Wir begrüßen, dass zum Beispiel die Regierungen auf den Philippinen und in Südafrika entsprechende Reformen in Angriff nehmen wer- den, obwohl die Frage der Entschädigungen bei der Um- verteilung privaten Grundbesitzes äußerst schwierig ist. Selbst wenn gesetzliche Grundlagen geschaffen wur- den, sind die vorhandenen Rechtssysteme oft nicht zu- verlässig. Am stärksten benachteiligt sind die Frauen. Be- stehendes Erbrecht und festgefahrene gesellschaftliche Muster lassen Landbesitz – oder doch wenigstens gesi- cherte Nutzung – häufig nicht zu. So zum Beispiel im Na- hen Osten: Dort besitzen Frauen nur selten Land. Wenn sie Land besitzen, wird der dazugehörige Titel häufig von männlichen Verwandten kontrolliert und, sobald die Frau Kinder bekommt, auf deren Söhne übertragen. Grundbedingung für eine Konzeption und Umsetzung sozialverträglicher Reformen ist, dass gesellschaftliche Gruppen den Freiraum haben, sich zu formieren, sich zu artikulieren und sich mit ihren Interessen in Entschei- dungsprozesse einzubringen. Anliegen müssen von Män- nern und Frauen gleichberechtigt vertreten werden kön- nen. Oft sind solche Organisationen, die die Interessen ih- rer Mitglieder vertrete harten Repressionen ausgesetzt – wie wir dies aus lateinamerikanischen Ländern kennen – oder sie sind sehr schwach oder erst im Aufbau begriffen. Sie zu stärken, gerade Bauernorganisationen, Landlosen- gruppen oder Landfrauenvereine zu unterstützen, ist ein wesentlicher, wenn auch indirekter Beitrag zu Landrefor- men und damit zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in den Partnerländern. Obwohl die Weltgemeinschaft 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro festgestellt hat, dass Agrarreformen eine wichtige Voraussetzung für nachhaltige Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ist – und dies wurde auf dem Welternährungsgipfel 1996 in Rom bekräftigt –, hat unsere Vorgängerregierung we- nig getan auf diesem Sektor. Was kann unser Beitrag zur Unterstützung von Land- reformen sein? Eine Analyse von Reformprozessen in Asien, Afrika und Lateinamerika zeigt, dass es kein Pa- tentrezept für Landreform gibt. Landreformen unter- scheiden sich in Zielsetzungen, Strategien, Methodik, be- teiligten Gruppierungen und in den makroökonomischen Wirkungen. Deutlich ist aber in allen Fällen, dass dem Staat eine aktive Rolle zukommt. Bei den gegenwärtigen strukturellen Veränderungen in Partnerländern muss der Staat rechtliche Systeme stärken und die Rahmenbedin- gungen für eine dynamische Landnutzung setzen. Unse- re Beiträge werden dann erfolgreich sein, wenn wir uns auf die gesellschaftlichen Prozesse in Partnerländern einlas- sen und nicht versuchen, europäische Modelle zu über- tragen. Die Herausforderung ist dabei die Unterstützung innovativer Ansätze im politischen, rechtlichen und so- zialen System unserer Partnerländer. Trägerschaft und Verantwortung liegen bei den Partnern, wir können dabei beraten und begleiten. Im Rahmen eines Sektorvorhabens führen wir eine Pi- lotstudie durch, in der wir Ansätze zu Bodenpolitik und Bodenordnung untersuchen. In einer zweiten Phase, die dieses Jahr beginnt, wird der Aufbau von regionalen Netz- werken unterstützt, die vorhandene indigene und fach- wissenschaftliche Erfahrungen zu innovativen Ansätzen aufarbeiten und zugänglich machen werden. In der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit inten- sivieren wir den Politikdialog mit Partnerländern Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009200 (C) (D) (A) (B) überall dort, wo ländliche Entwicklung und Ressourcen- schutz Schwerpunkte sind. Voraussetzungen für unsere Beiträge sind die Sozialverträglichkeit von Vorhaben, die Partizipation gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere der Frauen, und eine Berücksichtigung der ökologischen Dimension. Zudem werden wir im März 2001 gemeinsam mit dem Arbeitskreis Armutsbekämpfung eine internatio- nale Fachtagung zum Thema „Zugang zu Land“ veran- stalten. Prozesse der Agrarreform in Partnerländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und aus Transformati- onsländern werden mit ihren Erfolgen und Schwierig- keiten vorgestellt werden. Von der Tagung erhoffen wir uns den Austausch von Erfahrungen und Wissen. Sie wird uns und unseren Partnerorganisationen in den Ent- wicklungsländern Impulse für innovative Ansätze zur Landreform geben. Interessant und neu ist der Einsatz des Zivilen Frie- densdienstes im Rahmen von Landreformprojekten. In Simbabwe wurde eine Organisation, die „Farmers Deve- lopment Trust“ gegründet, die sich auf die Fahnen ge- schrieben hat, die konfliktträchtige Landfrage anzuge- hen. Sie will im Konsens mit allen Konfliktparteien Lö- sungen in der Landverteilung erarbeiten. Wir planen, fünf Fachkräfte des Friedensdienstes zur Unterstützung dieser Organisation zu entsenden. Wie wichtig eine solche Un- terstützung sein kann, machen die jüngsten Entwicklun- gen in Simbabwe sehr deutlich. Die dortige gesetzeswid- rige Besetzung von Großfarmen durch Veteranen be- trachten wir mit Sorge. Agrarreform kann über die Beseitigung strukturell bedingter Konfliktpotenziale einen Beitrag zur Krisenvorbeugung leisten – gleichzeitig muss sie aber so ausgestaltet werden, dass die bestehenden Konflikte nicht eskalieren. Deshalb ist es wichtig, den Re- formprozess fair und transparent zu gestalten und eine Lö- sung des Landproblems auf Basis der Gesetze zu finden. In diesem Sinne habe ich einen Brief an Präsident Muga- be und Herrn Ndebele, den Präsidenten des simbabwi- schen Parlaments, geschrieben. Auch von europäischer Seite wird unsere Position geteilt. Im März wurde in glei- cher Sache ein Demarche der Ausschuss für die Angele- genheiten der Europäischen Union-Troika an Vize-Präsi- dent Msika gerichtet. Die Konzeption von Agrarreform, verbunden mit ei- ner konsensorientierten Umsetzung, ist eine unabding- bare Voraussetzung für die Verwirklichung der Men- schenrechte auf Nahrung und Entwicklung. Agrarrefor- men können einen entscheidenden Beitrag leisten, Ernährung zu sichern und dem Ziel einer Halbierung der Zahl der chronisch Hungernden bis zum Jahr 2015 – wie die der Welternährungsgipfel 1996 in Rom verabschie- det hat – näher zu kommen. Damit kann das Konflikt- potenzial entschärft werden, das der Ausschluss vom Zugang zu produktiven Ressourcen für Millionen von Armen, insbesondere Frauen, mit sich bringt. Und da- mit wird auch die Grundlage geschaffen, über umwelt- schonende Landbewirtschaftungsreformen, die Boden- fruchtbarkeit auch für künftige Generationen zu erhal- ten. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 12) Horst Kubatschka (SPD): Es ist schwierig, aus einer Sackgasse herauszukommen. Dies beweist das Beispiel Kernenergie. Manche wollen immer noch nicht erkennen, dass wir uns mit der Kernenergie in einer Sackgasse be- finden. Dies zu erkennen ist auch nicht leicht. Das galt auch für meine Partei. Wenn ich mich zurück erinnere: In den 50er-Jahren war die Einfahrt in diese Sackgasse sehr hoffnungsvoll. Die Wissenschaft hat der Politik, aber auch der Wirtschaft wortreich erklärt, die Kernenergie sei die Lösung aller Energieprobleme. Die Welt müsse sich nie mehr Gedanken über die Energieversorgung machen. Energieverschwendung war angesagt. „Atome für den Frieden“ war das Schlagwort. Als Studenten waren wir begeistert. Unsere Professo- ren erzählten uns aber nicht, dass das Problem nicht zu En- de gedacht war. Von der Lösung des Atommüllproblems sprach niemand. Wenn man sich in einer Sackgasse befindet, muss die Fahrt abgebremst werden. Man muss anhalten und in ei- ne andere Richtung fahren. Nachdem Politik nur an Stammtischen und stamm- tischähnlichen Veranstaltungen einfach ist, laufen diese Vorgänge alle gleichzeitig ab, sie sind also miteinander vernetzt und deswegen auch nicht leicht zu handhaben. Im Bremsvorgang der Kernenergie befinden wir uns bereits seit vielen Jahren. Die Wissenschaft ist ernüchtert. Per Un- terschrift kann man sich zwar leicht zur Kernenergie be- kennen, aber wenn es um Lösungsvorschläge für die End- ablagerung geht, haben wir bisher von der Wissenschaft und Technik keine Lösungen erhalten – und dies weltweit. Die Reihe der wissenschaftlichen und technischen Nie- derlagen auf dem Gebiet der Kernenergie ist lang und teu- er. Viele Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. An einige möchte ich erinnern: das Kernkraftwerk Niederaichbach, der Hochtemperaturreaktor und vor allem der Schnelle Brüter. Das Perpetuum mobile wurde uns versprochen. Diese Hoffnungen und andere sind zerplatzt wie Seifen- blasen. Aber auch das Atomgesetz hat die Zukunft der Kern- energie in Deutschland besiegelt. Die Anforderungen an Genehmigungen von Anlagen sind in § 7 so festgelegt, dass kein neues Kernkraftwerk in Deutschland genehmigt werden könnte. Der Europäische Druckwasserreaktor hätte keine Chance. Die Industrie und die EVUs verhalten sich zwitterar- tig. Auf der einen Seite haben sie sich bereits aus der Kern- technik verabschiedet. Seit 1980 ist in Deutschland keine neues Kernkraftwerk bestellt worden. Große Konzerne ziehen sich aus der Herstellung von Atomkraftwerken zurück. Wenn sie ihre Kernenergiesparte nicht verkaufen, werden sie in Gemeinschaftsunternehmen eingebracht. Die Kernkraft hat in Deutschland keine Zukunft mehr. Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9201 (C) (D) (A) (B) Auch die Europäische Union wird diesem Weg über kurz oder lang folgen. Auf der anderen Seite ist erstaunlich, mit welcher Hart- näckigkeit die EVUs an dieser Technik des 20. Jahrhun- derts hängen. Betriebszeiten von 50 bis 60 Jahren werden von ihnen angestrebt. Diesen Weg werden wir aber nicht mitgehen. Wir werden die Fahrt in die Sackgasse stoppen. Wir hoffen, dass die Fahrt angehalten wird im Konsens, dass wir also eine Verhandlungslösung mit den Betreibern der Kernkraftwerke in Deutschland erreichen. Dies wäre für alle sicher der bessere und elegantere Weg. Sollte aber ein Konsens nicht möglich werden, werden wir im Dissens aussteigen. Die SPD hat sich schon vor langer Zeit für den Aus- stieg ausgesprochen. Im Bundestagswahlkampf sagten wir aus: entschädigungslos und nach Möglichkeit im Konsens mit den Betreibern. Diesen Konsens wollten wir innerhalb eines Jahres aushandeln. Diese Zeit ist jetzt überschritten. Wir befinden und sozusagen in der Ver- längerung der Spielzeit. Aber einmal ist auch die Ver- längerung abgelaufen. Wir werden noch vor der Som- merpause des Parlaments in erster Lesung ein Aus- stiegsgesetz im Deutschen Bundestag behandeln. Ob dies im Konsens oder im Dissens erfolgen wird, dies ent- scheiden die Betreiber der Kernkraftwerke. Die rot-grü- ne Koalition ist den Betreibern deutlich entgegenge- kommen. Mit dieser Aussage ist auch klar: Wir werden dem Ge- setz der PDS nicht zustimmen. Vor einigen Wochen haben wir gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. das Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschiedet. Der Bundesrat hat zugestimmt. Das ist ein Meilenstein zum Einstieg in eine andere Energieversor- gung. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis zum Jahre 2010 verdoppelt werden Für die Rettung der Kraft-Wärme-Kopplung haben wir ein Übergangsgesetz beschlossen. Es wird ein Gesetz fol- gen, das den Anteil des KWK-Stroms bis zum Jahre 2010 ebenfalls verdoppeln soll. Dies ist Förderung des Ener- giestandortes Deutschland. Mit diesen Gesetzen sichern wir Tausende von Arbeitsplätzen und schaffen neue. Ich bin sicher, das Handwerk, die mittelständischen Betriebe werden die Chance nutzen. In meinem Wahlkreis geschieht dies. Das EEG hat ei- nen deutlichen Kick gegeben, die Bürgerinnen und Bür- ger engagieren sich, die Unternehmen ziehen mit. Eine Vorzeigegemeinde: Furth im Landkreis Landshut, eine kleine Gemeinde in Niederbayern. Im Gemeinderat sitzen CSU, Freie Wähler, SPD, ein grüner Bürgermeister und der Wille, 90 Prozent der in der Gemeinde verbrauchten Energie selbst zu erzeugen – durch erneuerbare Energie. Und dieses Ziel ist erreichbar: ein Biomasse-Kraftwerk, viel Photovoltaik, vielleicht ein Windrad. An diesem Bei- spiel sehen Sie: Es geht! Die rot-grüne Koalition redet nicht nur über nachhalti- ge Energiepolitik und Konzepte. Sie handelt, indem sie wegweisende Gesetze beschließt. Die Opposition ist ein- geladen, uns auf diesem Weg zu begleiten, Sie sollten uns begleiten, damit Sie glaubwürdig bleiben. Die Fronten haben sich auch etwas verschoben bei uns, wenigstens in Bayern. Die CSU läuft Sturm gegen Anla- gen der Atomkraftwerke. Sie protestiert lauthals gegen standortnahe Zwischenlager. In Gundremmingen hat sich der Bundesfinanzminister Waigel mit an die Spitze der Be- wegung gestellt. Zu diesen Zwischenlagern möchte ich Folgendes erklären: Bei der Genehmigung müssen drei Bedingungen erfüllt werden: Erstens: Ein Ausstiegsgesetz muss bereits verabschiedet sein. Zweitens: Mit diesem Ausstiegsgesetz sind auch die Be- triebszeiten festgelegt. Drittens: Auf diese restlichen Betriebszeiten der AKWs wird die Größe der Anlagen ausgelegt. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, sind Zwi- schenlager – ich betone: Zwischenlager – am Standort der Kernkraftwerke tragbar. Zum Schluss: Wir lehnen den Antrag der PDS ab. Bis zur Sommerpause dieses Jahres wird ein Atomgesetz der rot-grünen Koalition im Bundestag in erster Lesung be- handelt. Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU): Der von der PDS ein- gebrachte Antrag für den Entwurf eines Gesetzes zur Än- derung des Atomgesetzes hat die gleiche strukturelle Schwäche wie die Politik der Bundesregierung. Er be- schreibt lediglich den in der Sache falschen Weg, den Ausstieg aus der Kernenergie, ohne dass die Partei bisher deutlich gemacht hätte, wie die Kernenergie klimaver- träglich ersetzt werden soll. In Anbetracht der historischen Vergangenheit der PDS ist es dagegen wenig glaubwürdig, dass die politische Gruppierung heute zu den fundamentalen Gegnern der Kernenergie gehört. Den Ausstieg aus nicht den westli- chen Standards entsprechenden Kernkraftwerken wie Greifswald und anderswo hat die CDU/CSU, F.D.P.-Re- gierung unter Kohl und Töpfer eingeleitet. Die CDU/CSU-Bundesfraktion lehnt den vorliegen- den Gesetzentwurf ab. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Der Ausstieg aus der Atomenergie ist für die Grünen eines der wichtigsten Reformprojekte der rot-grünen Bundesregie- rung. Anders als die PDS wollen wir zusammen mit der SPD diesen Atomausstieg tatsächlich realisieren. Das heißt, wir werden keinen Schauantrag vorlegen, der we- nig durchdacht und von vornherein zum Scheitern verur- teilt ist. Bündnis 90/Die Grünen und SPD wollen den Atom- ausstieg tatsächlich, und zwar unumkehrbar, Forderungen nach einem Sofortausstieg, wie sie von weiten Teilen der Antiatombewegung gestellt werden, oder auch die For- derung der PDS nach einem Ausstieg in fünf Jahren sind angesichts der Widerstände von kleinen, aber einflussrei- chen Teilen der Gesellschaft, vor allem der Betreiber und der Opposition, nicht durchsetzbar. Nur ein Zugehen auf die Betreiber in Verhandlungen kann den Ausstieg in greifbare Nähe rücken lassen. Gleichzeitig verschaffen wir Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009202 (C) (D) (A) (B) uns aber auch rechtlich Klarheit darüber, wie ein verord- neter Ausstieg rechtssicher und ohne Entschädigungen verwirklicht werden kann. Das Ergebnis ist bekannt: In etwa 19 Jahren kann das letzte Atomkraftwerk vom Netz genommen werden, auch gegen den Widerstand der Betreiber; bei vielen Kraft- werken kann das bereits wesentlich früher geschehen. Konsensverhandlungen oder ein entsprechendes Aus- stiegsgesetz im Dissens sind erfolgversprechender als dieser Antrag der PDS, der nicht durchdacht und schnell gestrickt ist und der viele notwendige Novellierungs- schritte außer Acht lässt. Warum zum Beispiel wird die Morsleben-Regelung, die die alte Regierung ins Atomge- setz einfügte, nicht rückgängig gemacht? Warum sehen Sie keine Erhöhung der Deckungsvorsorge vor? Der Antrag der PDS ist ein leicht durchschaubarer Pro- filierungsversuch, ohne jede Aussicht auf Erfolg. Bünd- nis 90/Die Grünen werden den Antrag daher als untaug- lich für das gemeinsame Ausstiegsziel ablehnen. Aber was halte ich mich so lange mit dem Antrag der PDS auf. Wir sind uns ja im Ziel, dem Ausstieg aus der Atomenergie, mit der PDS einig. Die Blockierer für die- sen seit Jahrzehnten überfälligen Reformschritt in der Energieversorgung sitzen in den Reihen der CDU/CSU und FDP, wie wir gegenwärtig hören und in der Vergan- genheit immer wieder hören konnten. Die Union und die Betreiber leugnen seit Jahren die Risiken, obwohl die Kernenergie bereits größten Schaden und unermessliches menschliches Leid über diese Welt gebracht hat. Denken wir nur an Tschernobyl, an Tokaimura oder an die Uran- bergbaugebiete dieser Welt! Die ökologischen und finanziellen Schäden durch den Abbau von Uran werden in der Diskussion bislang weit- gehend ausgeblendet. Wir alle wissen aber doch, dass die Sanierung der Wismut AG – eines alten Uranbergbauge- bietes in den neuen Bundesländern – den deutschen Steu- erzahler inzwischen über 7 Milliarden DM kostete. Nie- mand hat diese Sanierungskosten bisher auf den Strom- preis umgerechnet, geschweige denn umgelegt. Der Uranbergbau schädigt zum Teil schlimmer noch als im Falle der Wismut in vielen Teilen der Welt die Natur und die ansässige Bevölkerung. Dazu gehört zu Beispiel Aus- tralien, wo die weltweit größten der knapp werdenden Re- serven liegen. Ein Weltnaturerbe, der Kakadu-National- park, soll dem Uranbergbau geopfert werden, mit gravie- renden Auswirkungen für die Aborigines, die dort lebenden Ureinwohner. Noch immer werden die Sicherheitsrisiken von Union und FDP geleugnet, obwohl sie auch bei uns sehr gegen- wärtig sind und zum Teil von den Betreibern nicht be- dachte Ursachen haben können. Wer hat denn schon die Überflutung von Notkühlpumpen als Störfall in einer Re- aktorsicherheitsstudie beachtet? Ein unrealistischer Pro- blemfall? – Nein. Erst kürzlich war eine solche Überflu- tung Ursache für einen Beinahe-Super-GAU in einem französischen Kernkraftwerk an der Mündung des Flus- ses Gironde. Als der schreckliche Sturm – wohl eine der Auswirkungen der Klimaveränderungen, die momentan unzweifelhaft stattfinden – im letzten Dezember über Frankreich hinwegfegte, überflutete die Sturmflut drei der vier Notkühlpumpen, die für die Sicherheit des Kraft- werkes gebraucht wurden. Ein Super-GAU, ausgelöst durch eine Sturmflut, konnte nur knapp verhindert wer- den. In der deutschen Presse konnte man darüber kaum et- was lesen. Auch darüber, dass dieser Sturm die Anfällig- keit einer zentralen Stromversorgung auf der Basis großer zentraler Kernkraftblöcke deutlich machte, wurde in der Öffentlichkeit nicht diskutiert. Riesige Hochspannungs- masten knickten im Sturm um und legten die Strom- versorgung in weiten Teilen Frankreichs lahm. Bis heute sind die Schäden noch nicht vollständig behoben. Es ent- standen Schäden in Milliardenhöhe, die bei einer dezen- tralen Stromversorgung auf der Basis von Kraft-Wärme- Kopplung und erneuerbarer Energien nicht möglich ge- wesen wären. Dieser Sturm lenkt den Blick auch auf ein zweites Pro- blem der heutigen Energieversorgung: auf die Klimaver- änderungen dieser Erde, deren Auswirkungen heute kaum noch bestritten werden, deren Lösung aber nur in der Ab- lösung des atomaren und fossilen Energiesystems liegen kann. CDU/CSU und F.D.P. begründen ihr Festhalten an der schädlichen und bedrohenden Kernenergie häufig mit der Notwendigkeit, den Kohlendioxidausstoß zu verringern. Oberflächlich betrachtet scheint diese These zutreffend zu sein. Bei näherem Hinsehen jedoch wird offensichtlich, wie absurd diese Behauptung ist, die Atomenergie trägt mit etwa 5 Prozent zum Weltenergieverbrauch bei – ein verhältnismäßig kleiner Anteil, der nicht nennenswert die riesigen CO2-Mengen aus Kohle, Erdöl und Erdgas ver-meiden hilft. Sollte die Kernenergie wirklich zur Bekämpfung der Treibhausgase eingesetzt werden, so müsste die Kernenergie kräftig ausgebaut werden. Einmal abgesehen von nicht unerheblichen CO2-Emmisionen beieinem Uranabbau, bei der Brennelement-Herstellung, bei dem Transport und bei der Entsorgung ist ein starker Aus- bau aber völlig absurd, wenn man die Uranreserven auf der Welt betrachtet. Bei heutiger Nutzung reicht das Uran auf der Welt etwa noch 40 bis 60 Jahre. Dabei ist schon ein sechsfach höherer Uranpreis eingerechnet. Die Technik des schnellen Brüters, die die Uranreserven strecken soll, ist weltweit gescheitert, wie wir in Deutschland am Mil- liardengrab Kalkar erkennen können. Heute ist statt einer Atomanlage einer Vergnügungsstätte in Kalkar, wofür ich viel Sympathie habe. Wollte man also weltweit die Nut- zung der Kernenergie nur verdreifachen, was immer noch nicht den entscheidenden CO2-Minderungseffekt bringenwürde, wären die weltweiten Uranreserven in etwa 25 Jahren Nutzungsdauer verbraucht. Gleichzeitig behindert aber die heutige Nutzung und erst recht ein möglicher Ausbau dieser zentralen Groß- kraftwerke den Umstieg in eine dezentrale umweltver- trägliche Stromversorgung auf der Basis von Kraft-Wär- me-Kopplung, Energieeinsparung und erneuerbaren En- ergien. Nur diese ist wirklich in der Lage, den Treibhauseffekt effektiv zu bekämpfen. Die Kernenergie ist also ein entscheidender Hinde- rungsgrund für die CO2-Reduktion und nicht, wie dieUnion behauptet, eine Voraussetzung dafür. Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9203 (C) (D) (A) (B) Bündnis 90/Die Grünen und SPD sagen sehr deutlich, wie der Einsatz für die Kernenergie aussehen wird – auch wenn die Opposition unseren umweltfreundlichen und Arbeitsplätze schaffenden Weg offensichtlich nicht mit- tragen will. Viele Bausteine zum Erreichen einer sozial- verträglichen und umweltverträglichen Energieversor- gung haben wir bereits verwirklicht, so zum Beispiel das Sofortprogramm für die KWK, wobei wir Grünen noch ei- nen deutlichen Schritt weiter gehen werden und eine Zer- tifikatslösung zur Verdoppelung der KWK bis 2010 vor- nehmen wollen. Das 100 000-Dächer-Programm im Be- reich der Photovoltaik und das 200-Millionen-Programm für die Einführung erneuerbarer Energien haben wir be- reits im Jahre 1999 aufgelegt. Vor wenigen Tagen ist das weltweit fortschrittlichste Gesetz zur Markteinführung erneuerbarer Energien, das Erneuerbare-Energien-Ge- setz, in Kraft getreten. Mit fadenscheinigen Gründen ha- ben CDU, CSU und F.D.P. im Bundestag die Zustimmung verweigert. Immerhin waren sie zum Teil im Bundesrat vernünftiger und haben zugestimmt. Trotz der Ablehnung im Bundestag ist in Deutschland in den letzten Wochen eine große Aufbruchstimmung ent- standen: im Handwerk, in der Industrie, bei Anlagenbe- treibern und in der Landwirtschaft. Wer sich auf der Han- nover-Messe genau umschaute, konnte erkennen, dass viele Hersteller von Energieerzeugungsanlagen nun auf erneuerbare Energien setzen. Kein geringerer als Bill Ga- tes hat in Deutschland Solaraktien gekauft. Die Wind- kraftbranche boomt und wird ein deutscher Exportschla- ger. Arbeitsplätze werden bei den Erneuerbaren Energien geschaffen und nicht in der Kernenergie. Lediglich etwa 40 000 Arbeitsplätze bundesweit gibt es in der Kernener- gie, obwohl sie mit gut 30 Prozent zur Stromerzeugung beiträgt. Für nur 2 Prozent Stromanteil aus der Windkraft arbeiten aber bereits deutlich über 20 000 Arbeitnehmer in der Windkraftbranche. Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben Ernst gemacht mit der Energiewende. Die kernenergiepolitischen Vor- stellungen der Union aus den 50 Jahren sind ein alter Hut und hemmen den Fortschritt in Deutschland. Ein wichtiger Baustein der Energiewende ist der Aus- stieg aus der Atomenergie. Ich fordere die Union und die F.D.P. auf endlich ihre Blockadehaltung gegen den Aus- stieg aufzugeben und die Maßnahmen der Bundesregie- rung für eine umweltverträgliche und sozialverträgliche Energieversorgung zu unterstützen. Je schneller wir den Ausstieg schaffen – dies kann, wenn der Konsens verein- bart ist, auch wesentlich schneller gehen als in 19 Jahren, da die volkswirtschaftliche Unvernunft der Kernenergie- nutzung offensichtlich ist –, desto schneller werden wir auch die Klima- und Arbeitsplatzprobleme in den Griff be- kommen. Bündnis 90/Die Grünen und SPD werden den Ausstieg aus der Atomenergie schaffen; daran habe ich keinen Zweifel: entweder im Konsens mit der Industrie oder mit einem besseren Gesetz als dieser von der PDS vorgeleg- te Antrag. Birgit Homburger (F.D.P.): Die PDS legt einen Ge- setzentwurf vor, der unter anderem aus verfassungs- rechtlicher Sicht mehr als zweifelhaft ist. Was Rechts- staat und Grundgesetz betrifft, hat die PDS ja traditio- nell eigene Vorstellungen, etwa nach dem Motto: Was heißt schon Grundgesetz? Auf die Gesinnung kommt es an! Lässigkeit gegenüber Recht und Gesetz ist bei der PDS nichts Neues. Der Gesetzentwurf wird beraten. Auch das Ergebnis bietet keine Überraschung. Ein- mütige Ablehnung: die Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS-Fraktion. Nichts Neues also, auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick wird man stutzig: Handelt es sich doch um den Entwurf eines Gesetzes zum Ausstieg aus der Kernenergie. Rot-Grün lehnt ab? Da lohnt sich Aufmerksamkeit, wenn es um die Begründung geht. Im Ausschuss heißt es dazu: Die SPD teile zwar das Ziel. Die Sache aber sei recht kompliziert, man wolle lieber den Konsens. Eine Auseinandersetzung vor Gericht wol- le man lieber doch vermeiden. Die Begründung lässt aufhorchen: Lässt doch gerade der Umweltminister öf- fentlich keine Gelegenheit aus zu betonen, dass man notfalls auch in Dissens – und das bedeutet eine ge- richtliche Auseinandersetzung – das Ziel durchsetzen wolle. Die F.D.P. folgt Ihnen nicht, weder mit Blick auf das Ziel, noch auf Ihrem Weg. Der Weg ist mit der F.D.P. nicht zu gehen, weil für uns der Rechtsstaat unbedingte Ver- pflichtung ist. Das Ziel verfolgen wir nicht, weil die F.D.P. den Klimaschutz ernst nimmt. Zunächst zum Ziel: Glaubwürdige und verantwort- liche Umweltpolitik fordert die Bereitschaft, Verant- wortung zu übernehmen. Es gilt, der Energieversor- gung einen Weg zu ebnen, der zugleich für das Welt- klima verträglich und wirtschaftlich tragfähig ist. Im demokratischen Rechtsstaat geht es um verantwortli- che Politik auch für kommende Generationen. Die zentrale Frage lautet: Wie kann man auf die Kernen- ergie langfristig verzichten, ohne die Atmosphäre durch den verstärkten Einsatz von Kohle, Öl zusätzlich zu belasten? Die F.D.P. fordert die Bundesregierung auf, dazu endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen. Unermüdlich hat die F.D.P. darauf hinge- wiesen: Ein Ausstieg aus der Kernenergie zum gegen- wärtigen Zeitpunkt wäre fahrlässig. Solange Strom in Kernkraftwerken kostengünstig produziert werden kann, wird er auch nach Deutschland fließen. Steigen- de Importe verspielen für Deutschland aber die Chan- ce, Schrittmacher und Vorreiter beim sicherheitstech- nischen Fortschritt zu sein. Politische Unvernunft und Willkür gefährden Arbeitsplätze und vernichten Inve- stitionen. Auch den Weg, den Sie gehen wollen, lehnt die F.D.P. ab – nicht aus Liebe zur Kernenergie, sondern aus Re- spekt vor dem Eigentum und seiner Garantie durch das Grundgesetz. Dass es die PDS hier nicht so genau nimmt, ist bekannt. Die Bundesregierung aber muss sich fragen lassen: Wie halten Sie es mit dem Eigentum? Wollen Sie dem Eigentum einen Stempel aufdrücken nach dem Motto: Mindestens haltbar bis ...? Ein solches Verständnis vom Eigentum kannte man zuletzt vor 4 000 Jahren in Ägypten. Dort galt Landeigentum nur so lan- ge, bis Grund und Boden vom Nil wieder weggespült Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009204 (C) (D) (A) (B) wurden. In Deutschland gibt es für Grundrechte aber kein Verfallsdatum. Will die Bundesregierung sich etwa wie- der einmal auf höhere Gewalt berufen? Minister Trittin hat dieses Argument an anderer Stelle ja schon einmal bemüht. Und wo wir gerade beim Verfassungsverständnis sind: Wie hält es die Bundesregierung mit den Rechten des Parlaments? Die Bundesregierung verfügt nicht über die Kompetenz, sich selbst, eine andere Regierung oder das Parlament durch einen so genannten Konsens zu binden. Beim Ausstieg aus der Kernenergie sind außerdem Kom- petenzen der Länder berührt. Nicht die Bundesregierung und Vertreter der Energiewirtschaft mussten also am Ver- handlungstisch sitzen. Vielmehr wäre unter Einbezug der Länder und aller Fraktionen im Deutschen Bundestag ein Konsens zu suchen, wenn man den Ausstieg aus der Kern- energie tatsächlich will. Es wäre zu wünschenswert, wenn die Energieversorger sich dem faulen Kompromiss ver- weigerten und ihre Rechte stattdessen vor Gericht durch- setzen würden. Allein schon aus Gründen der politischen Hygiene. Dann würde die Bundesregierung für jedermann erkennbar das Gesicht verlieren. Die F.D.P. verweigert sich dem faulen Kompromiss. Die F.D.P. setzt auf eine preiswerte, sichere und um- weltfreundliche Energieversorgung. Neben einer Offen- haltung der Option auf die friedliche Nutzung der Kern- energie geht es vor allem um eine intelligente Förderung der erneuerbaren Energien und um wirksame Maßnah- men zur Energieeinsparung. Die F.D.P. fordert die Bun- desregierung auf, endlich ein glaubwürdiges Energie- konzept vorzulegen, eine effiziente Förderung regenera- tiver Energien mit marktwirtschaftlichen Instrumenten statt staatlichem Dirigismus einzuführen, weitere An- strengungen bei Kernforschung und bei der Entwicklung von Sicherheitstechnik zu unternehmen und die Entsor- gungsfrage nicht zum Spielball einer strategischen Ver- handlungsführung im rot-grünen Atom-Deal werden zu lassen. Rainer Brinkmann (Detmold) (SPD): Der Ausstieg aus der Atomenergie wird kommen, unabhängig davon, ob die rechte Opposition es will oder nicht. Und er wird auch kommen, ohne dass wir den Antrag der PDS verabschie- den. Der Ausstieg wird kommen, weil die absolute Mehr- heit der Bevölkerung es will und weil wir als gewählte Ver- treterinnen und Vertreter Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung tragen. Der Ausstieg wird auch deswe- gen kommen, weil kein einziger Energieversorger zurzeit ernsthaft daran denkt, ein neues AKW zu bauen. Es geht uns darum, eine sichere, wirtschaftliche und umweltfreundliche Energieversorgung ohne Atomener- gie sicherzustellen. Dieses Ziel erreicht man nicht mit Schauanträgen, selbstverständlich auch nicht mit Verwei- gerung seitens der CDU. Die SPD-Fraktion sieht keinen Anlass, zu dem vorliegenden Gesetzentwurf eine andere Haltung einzunehmen als bereits im Ausschuss für Um- welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Wir lehnen ihn nach wie vor ab. Dieser Antrag ist nicht hinreichend durchdacht. Er geht von falschen Voraussetzungen aus und er kommt zur falschen Zeit. Hier wird nach meinem Dafürhalten so getan, als betreibe die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kernenergie nicht wirklich. Das aber ist, wie Sie alle wissen, nicht der Fall. Die Initiatoren bemühen sich redlich, für ein politisches Ziel zu werben, das längst beschlossene Sache ist. Aber mit diesem un- ausgegorenen Gesetzentwurf will die PDS das Ausstiegs- gesetz vorwegnehmen, das nach unserer Meinung jedoch erst dann detailliert formuliert und verabschiedet werden kann, wenn die Konsensgespräche mit der Atomwirt- schaft – so oder so – abgeschlossen sind. Dann, und zwar erst dann, ist es auch an der Zeit, die Bedingungen für die Beendigung der Wiederaufarbeitung in Europa festzule- gen. Ich kann ja verstehen, dass manchem der Ausstieg nicht schnell genug geht. Aber ich meine, es gibt im Moment überhaupt keinen Grund zu Aufgeregtheit und Aktionismus, wie ihn der heute zur Debatte stehende Gesetzentwurf nach Einschätzung der SPD-Fraktion dokumentiert. Es gibt ein von der Bundesregierung trans- parent und unmissverständlich festgelegtes Verfahren, und ich sehe keinen Anlass, davon abzuweichen. Wir wol- len den Ausstieg aus der Kernenergie und werden ihn um- setzen. Wir wollen ihn möglichst im Konsens mit der Atomwirtschaft, und wir wollen ihn entschädigungsfrei regeln. Mit dieser Strategie befinden wir uns übrigens in bester Gesellschaft. Ich verweise an dieser Stelle auf das Gutachten des Umweltrates, in dem es heißt: Der Umweltrat befürwortet wegen der noch beste- henden rechtlichen Unsicherheiten die Strategie der Bundesregierung, Möglichkeiten einer entschädi- gungsfreien Beendigung der Nutzung der Atom- energie im Wege einer konsensualen Lösung mit den Betreibern zu suchen. Auf deren Grundlage sollte so- dann ein Ausstiegsgesetz verabschiedet werden, in dem die Eckpunkte eines Ausstiegs festgelegt wer- den. Dazu zählt auch eine Einigung über Restlauf- zeiten der Atomkraftwerke. Nach Auffassung des Umweltrates dürfte den berechtigten Interessen der Betreiber von Atomkraftwerken im Hinblick auf de- ren Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage getätigten Investitionen durch eine Ge- samtlaufzeit von etwa 25 bis 30 Kalenderjahren hin- reichend Rechnung getragen sein. Wer aus der Kernenergie aussteigt, muss Alternativen bieten. Das tun wir. Warten wir doch einmal die Aus- wirkungen des EEG ab, das seit wenigen Tagen in Kraft ist! Warten wir doch einmal ab, welche Auswirkungen unsere AKW-Regelungen haben werden, die wir in Kür- ze dem Bundestag vorstellen werden! Beides stellt die geeigneten Instrumente bereit, damit sich diese umwelt- verträglichen Energiesparten künftig auf dem Markt be- haupten können. Wir setzen alles daran, parallel zur Festlegung von Restlaufzeiten nachhaltige Stromver- sorgung durch erhöhte Energieeffizienz und die ver- stärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger zu gewähr- leisten. Diesem Ziel dient unsere Gesetzgebung. Diesem Ziel dient aber auch die Arbeit der Energie-Enquete- Kommission. Spannend dabei ist wirklich die Haltung der CDU/CSU und der F.D.P. Wer sich die unterschiedlichen Äußerun- gen der Vertreterinnen und Vertreter dieser Parteien an- Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9205 (C) (D) (A) (B) schaut, der muss den Eindruck gewinnen, hier werde nicht mehr gedacht, hier werde nur taktiert. Ich zitiere aus dem Angebot der Bundes-CDU im Internet: Um eine umweltschonende, effiziente Energiever- sorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen dauerhaft sicherzustellen, müssen wir auch in den nächsten Jahren auf einen Energiemix aus Öl, Gas, Kernenergie, Kohle und regenerativen Energien set- zen: Gleichzeitig muss die Effizienz beim Stromver- brauch gesteigert, elektrischer Strom mit immer höheren Wirkungsgraden erzeugt (beispielsweise durch den Ausbau der Blockheizkraftwerke) und ne- ben dem Ausbau der erneuerbaren Energien der Kraft-Wärme-Kopplung sowie der Erforschung und Entwicklung neuer Energietechnologien, wie der Kernfusion oder Brennstoffzelle, noch größeres Au- genmerk gewidmet werden. Wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen Ener- giepolitik ist die verstärkte Nutzung und Förderung regenerativer Energiequellen. Gerade die CDU hat sich stets konsequent für eine Steigerung des An- teils dieser Energieträger an der Energieversor- gung eingesetzt. Deutschland wurde unter der Re- gierungsverantwortung der CDU in Europa unbe- stritten zur Nummer 1 bei der Benutzung der Windenergie und gehört ebenso wie bei den ande- ren erneuerbaren Energiequellen gemeinsam mit den USA und Japan zu den führenden Nationen in der Welt. Erstens frage ich mich: Was hat die CDU eigentlich in den letzten Sitzungswochen getan, als sie sowohl dem Erneuerbare-Energien-Gesetz als auch aus der KWK- Schutzregelung die Zustimmung verweigert hat? Offen- sichtlich nimmt sie ihre eigene Programmatik nicht ernst. Jedenfalls muss sie sich sagen lassen, dass sie der Schaffung von Arbeitsplätzen, dem Klimaschutz und der Förderung neuer Technologien nicht gedient hat. Zweitens muss sie die Frage beantworten, warum sie gleichzeitig erneuerbare Energien fördern will, wenn sie nicht bereit ist, vorhandene Kraftwerke abzuschalten, obwohl wir schon heute ganz beachtliche Überkapazitä- ten haben. Noch schöner wird es in dem Beitrag der verbraucher- politischen Sprecherin der F.D.P., Frau Kopp, in der Zei- tung „Sieg-Tech“. Dort fordert sie vehement den Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien und lehnt gleich- zeitig eine Förderung ab. Wie – so frage ich mich – soll das denn gehen? Es wäre so, als wenn wir die Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung fordern und gleichzei- tig das Geld für die Hochschulen streichen würden. Nein, so wird keine seriöse Energiepolitik gemacht. Wer eine nachhaltige, Ressourcen schonende und zugleich sichere Energiepolitik will, der muss zwei Dinge gleichzeitig tun. Er muss mit voller Kraft die erneuerbaren Energien, die Energieeffizienz und das Energieeinsparen fördern und zugleich den Ausstieg aus einer gefährlichen, nicht be- herrschbaren und umweltgefährdenden Stromerzeugung vollziehen. Dieses Ausstiegszenario muss allerdings durchdacht und entschädigungsfrei sein. Hierzu werden wir rechtzeitig einen entsprechenden Antrag vorlegen. Anlage 4 Amtliche Mitteilung ohne Verlesung Die Fraktion der F.D.P. hat mit Schreiben vom 23. März 2000 ihren Antrag China-Reise des Bundes- kanzlers muss Fortschritte bei den Menschenrechten bringen – Drucksache 14/1874 – zurückgezogen. Die Abgeordnete Jella Teuchner hat ihre Unterschrift zu dem Antrag Kunstprojekt im nördlichen Lichthof des Reichstagsgebäudes von Hans Haacke „Der Be- völkerung“ – Drucksache 14/2867 (neu) – zurückgezo- gen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Rechtsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Verhandlungsstand des Menschen- rechtsübereinkommens zur Biomedizin (früher: Bioethik-Konvention) – Drucksachen 13/5435, 14/272 Nr. 14 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur Neuregelung der deutschen Rechtschrei-bung – Drucksachen 14/356, 14/430 Nr. 3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Produktpirateriebericht der Bundesregierung Bericht über die Auswirkung der durch das Gesetz zurStärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zurBekämpfung der Produktpiraterie (PrPG) vom 7. März 1990 (BGBl. S. 422) einführten neuen Maßnah-men zur Bekämpfung der Schutzrechtsverletzungen imBereich des geistigen Eigentums, insbesondere der Pro-duktpiraterie – Drucksachen 14/2111, 14/2410 Nr. 1 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1999 Überplanmäßige Ausgaben beiKapitel 11 10 Titel 681 01 (Versorgungsbezüge für Be-schädigte in der Kriegsopferversorgung)Kapitel 11 10 Titel 681 02 (Versorgungsbezüge fürWit-wen und Witwer in der Kriegsopferversorgung)Kapitel 11 10 Titel 642 51 (Kriegsopferfürsorge undgleichartige Leistungen) – Drucksachen 14/2458, 14/2736 Nr. 3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1999 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 03 Titel 547 01 – Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen – humanitären und sonstigen – Einsät- zen – – Drucksachen 14/2459, 14/2736 Nr. 4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 02 – Allgemei-ne Bewilligungen – Titel 698 01 – Abgeltung von Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 20009206 (C) (D) (A) (B) Schadenersatzansprüchen Dritter, soweit es sich nichtum Ansprüche aus Übungsschäden handelt – – Drucksachen 14/2751, 14/2811 Nr. 2 – Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserungder Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für denZeitraum 1999 bis 2002 – Drucksache 14/1634 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestal-tung des Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ hier: Rahmenplan 2000 bis 2003 – Drucksache 14/1652 – Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Maßnahmen zur Förderung des Kul-turarbeit gemäß § 96 Bundesvertriebenengesetz in denJahren 1997 und 1998 – Drucksachen 14/2312, 14/2555 Nr. 1.1 – Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäi- sche Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. AuswärtigerAusschuss Drucksache 14/2414 Nr. 2.10 Drucksache 14/2554 Nr. 2.7 Innenausschuss Drucksache 14/2554 Nr. 2.15 Finanzausschuss Drucksache 14/2609 Nr. 1.14Drucksache 14/2609 Nr. 1.17 Ausschuss fürWirtschaft und Technologie Drucksache 14/2554 Nr. 1.1 Drucksache 14/2554 Nr. 1.2 Drucksache 14/2554 Nr. 2.2 Drucksache 14/2554 Nr. 2.5 Drucksache 14/2554 Nr. 2.6 Drucksache 14/2554 Nr. 2.8 Drucksache 14/2554 Nr. 2.12 Drucksache 14/2554 Nr. 2.14 Drucksache 14/2609 Nr. 1.1 Drucksache 14/2609 Nr. 1.21 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/1708 Nr. 2.8 Drucksache 14/2952 Nr. 2.23 Drucksache 14/2952 Nr. 2.25 Drucksache 14/2952 Nr. 2.29 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 14/1016 Nr. 2.18 Drucksache 14/2104 Nr. 2.13 Drucksache 14/2104 Nr. 2.20 Drucksache 14/2609 Nr. 1.22 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/1579 Nr. 1.8 Drucksache 14/2414 Nr. 1.4 Drucksache 14/2414 Nr. 2.1 Drucksache 14/2554 Nr. 2.1 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 98. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. April 2000 9207 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hildebrecht Braun


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Gut, ich
    denke an meine Redezeit und mache es ganz kurz. –

    Die Bundeswehr hat eine Integrationsaufgabe, die
    nicht nur von unschätzbarem Wert ist, weil junge Men-
    schen aus Ost und West gemeinsam erleben, welche Sor-
    gen, Ängste, Erwartungen, Hoffnungen die anderen je-
    weils haben, sondern ebenso, weil sie mit jungen Deut-
    schen, deren Eltern hier noch als Ausländer gelebt haben,
    zusammen den Dienst erleben. Ich meine hier auch die
    Russlanddeutschen, junge Mensche, die oft ganz schlecht
    Deutsch sprechen und sich in unser Land noch gar nicht
    richtig eingefunden haben. Hier wird eine gewaltige Leis-
    tung für alle erbracht.

    Erlauben Sie mir einen letzten Gedanken. Der Bericht
    konnte zum Thema Homosexuelle in der Bundeswehr

    natürlich noch nicht das aufgreifen, was wir vor einer
    Woche im Parlament angesprochen haben. Ich danke ganz
    herzlich dem Bundesverteidigungsminister für seine geän-
    derte Haltung in diesem Bereich,


    (Beifall der Abgeordneten. Angelika Beer [BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN])


    besonders aber auch der CDU/CSU, die hier eine neue
    Entwicklung mitträgt und dafür sorgt, dass es in der Bun-
    deswehr keine Diskriminierung mehr gibt, ganz gleich,
    aus welchem Grund sie entstehen mag. Das ist gut so; ich
    freue mich darüber.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Anke Fuchs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun erteilte ich das
Wort der Kollegin Heidi Lippmann, PDS-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heidi Lippmann-Kasten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Meine Damen und Herren!
    Sehr geehrte Frau Marienfeld! Wie ein roter Faden durch-
    zieht die neue Rolle der Bundeswehr als aktiver
    Kriegsteilhaber den vorliegenden Bericht der Wehrbe-
    auftragten. Dass der von Ihnen, liebe Kolleginnen und
    Kollegen, politisch gewollte Umbau der Bundeswehr von
    einer Manöverarmee zu einer Interventionsarmee nicht
    ohne tief greifende Veränderung in der Struktur vonstat-
    ten gehen kann, zeigt nicht nur die Debatte um die zukünf-
    tige Wehrstruktur, sondern insbesondere der vorliegende
    Bericht.

    Zu Recht wird festgestellt, dass die Soldaten möglichst
    rasch Planungssicherheit bräuchten. Doch die Rezepte,
    die hier gehandelt werden, um den Problemen begegnen
    zu können, greifen zu kurz und gehen in die falsche Rich-
    tung. Nachdem der Kollege Breuer eben schon fast eine
    Krisenreaktionstruppe zur Rettung der Bundeswehr
    gefordert hat, möchte ich einmal darauf hinweisen, dass in
    den meisten Bereichen bei den vier Fraktionen, die mir
    gegenübersitzen, doch ziemlich große Einigkeit herrscht
    und die Unterschiede doch häufig nur in Nuancen beste-
    hen, wie zum Beispiel bei der Aufstockung der Krisen-
    reaktionskräfte, bei der Verbesserung der Betreuungskon-
    zepte und bei der finanziellen Ausstattung. Von daher soll-
    ten wir versuchen, die Debatte etwas ruhiger zu führen.

    Was mir in der Diskussion zu kurz kommt, ist die
    grundsätzliche Frage, ob und wozu die Bundesrepublik
    eine große, starke, schlagkräftige Armee braucht.


    (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])

    Es wird überhaupt nicht mehr infrage gestellt, dass sich die
    Bundeswehr künftig an internationalen Kampfeinsätzen
    beteiligen wird,


    (Dr. Ilja Seifert [PDS]: Das wäre aber nötig!)

    es wird nicht über den originären, im Grundgesetz fest-
    gelegten Auftrag der Bundeswehr debattiert und es wird
    auch nicht die Frage gestellt: Wollen wir überhaupt, dass
    sich deutsche Soldaten an Kriegseinsätzen außerhalb des
    Verteidigungsauftrages beteiligen?




    Hildebrecht Braun (Augsburg)


    9129


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Dies sind Fragen, die nicht nur wir hier verstärkt disku-
    tieren müssen, sondern die ebenso ganz massiv die Sol-
    daten bewegen. Das geht auch aus dem Bericht von Frau
    Marienfeld hervor. Diese Fragen stellten sich nicht, wenn
    sich die Bundesrepublik der neuen NATO-Strategie ent-
    gegenstellen würde, wenn sie sich nicht länger an völker-
    rechtswidrigen Kriegen beteiligen würde und wenn man
    sich davon abkehren würde, die Bundeswehr künftig nur
    noch als Interventionsarmee zu sehen. Diese Unsicher-
    heiten spielen bei den Soldaten eine sehr viel größere Rolle
    als hier im Parlament. Diese Probleme gilt es ernst zu
    nehmen. Deswegen fordern wir Sie auf: Geben Sie den
    Soldaten – auf der Grundlage einer erheblichen Re-
    duzierung der Bundeswehr und auf der Grundlage des
    Grundgesetzes – Planungssicherheit.


    (Beifall bei der PDS)

    Die Wehrbeauftragte hat in der Truppe vermehrt Un-

    sicherheit, Frustration und Motivationslosigkeit fest-
    gestellt, was durch die derzeitige Übergangssituation und
    materielle Engpässe noch verstärkt werde. Ein Beispiel
    dafür ist – Kollege Braun sprach es bereits an – die Un-
    gleichbehandlung bei der Besoldung zwischen Ost und
    West. Zehn Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit
    ist es niemandem mehr zu vermitteln, dass Soldaten aus
    den neuen Bundesländern, die beim Auslandseinsatz die
    gleichen Bezüge erhalten wie ihre Westkollegen, zu Hause
    nur rund 85 Prozent der Westbesoldung erhalten.


    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Das ist ja noch viel komplizierter!)


    Diese soziale Ungerechtigkeit muss umgehend abge-
    schafft werden, und zwar nicht nur bei der Bundeswehr,
    sondern auch im gesamten Tarifgefüge.


    (Beifall bei der PDS – Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Warum haben Sie denn unserem Antrag nicht zugestimmt?)


    – Das habe ich.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Nein, das haben Sie nicht!)

    – Doch.

    Wenn wir über eine neue Struktur sprechen, darf nicht
    ausgeblendet werden, dass die gesunkene Zahl der
    gemeldeten rechtsextremen Vorfälle nicht als Signal zur
    Entwarnung verstanden werden darf. Angesichts der
    drastischen Zunahme von rechtsextremistischer Gewalt
    bei Jugendlichen muss sich auch und gerade die Bun-
    deswehr weiterhin damit beschäftigen.

    Dies betrifft nicht nur die Soldaten im aktiven Dienst,
    sondern insbesondere auch die Reservistenstruktur. Erst
    vor wenigen Tagen erhielten wir die Antwort auf eine in
    diesem Zusammenhang gestellte Kleine Anfrage, wonach
    die Auswertung der Verbandszeitschrift „Soldat im Volk“,
    die über den Verband der Reservisten der Deutschen Bun-
    deswehr indirekt mit Bundesmitteln unterstützt wird, tat-
    sächlich einen „rechtsextremen Hintergrund“ ergeben hat.
    Diese Auskunft der Bundesregierung überrascht und er-
    schreckt zugleich. Denn obwohl PDS, engagierte Gruppen
    und auch die Grünen immer wieder darauf hingewiesen

    haben, dass im Milieu der soldatischen Traditionsver-
    bände rechtsradikales und neonazistisches Gedankengut
    weit verbreitet ist,


    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Das ist doch dummes Zeug! Quatsch!)


    wurde dies bisher immer geleugnet, abgestritten und ver-
    drängt, Herr Nolting. Selbst im Untersuchungsausschuss
    „Rechtsextremismus in der Bundeswehr“ war die Ein-
    beziehung dieser Problematik tabu. Es gab keine Unter-
    suchung der vielfältigen Querverbindungen zwischen Tra-
    ditionsverbänden, dem Reservistenverband und Einheiten
    der Bundeswehr.

    Diese Fragen müssen dringend geklärt werden. Wir
    fordern Sie, Herr Verteidigungsminister, auf, in eine kri-
    tische Diskussion mit den Reservisten zu treten, damit
    dort nicht länger falsche Kameradschaften gepflegt wer-
    den. Wer den Holocaust leugnet oder Verbrechen der
    Wehrmacht prinzipiell in Abrede stellt, hat in der Bun-
    deswehr nichts zu suchen.

    Neben den materiellen Schwierigkeiten in Bezug auf
    Ausrüstung und Ausstattung, finanzielle Absicherung,
    Zuschläge und Ähnliches ist die Liste der Probleme, die
    Frau Marienfeld erstellt hat, lang: angefangen von den
    großen psychischen und physischen Belastungen im Aus-
    landseinsatz über den Missbrauch von Alkohol und Dro-
    gen in der Truppe bis hin zu der Frage, welcher Schmuck
    bei Soldatinnen und Soldaten im Zuge der Gleichberech-
    tigung angemessen ist.

    Ein ernsthaftes Problem ist nach wie vor die unzu-
    reichende Beförderungspraxis bei schwulen Soldaten.
    Auch Kollege Braun hat darauf soeben hingewiesen. Ich
    denke, die Debatte in der vergangenen Woche hat gezeigt,
    dass das amerikanische Prinzip „Don´t ask, don´t tell“
    nicht mehr länger Gültigkeit in der Bundeswehr haben
    darf.

    Angesichts des politischen Willens der Regierungs-
    fraktionen, Frauen den Dienst mit der Waffe künftig zu
    gestatten, wird die Liste der Probleme in Zukunft noch
    länger werden. Denn es kommen verstärkt zum Beispiel
    Fragen im Hinblick auf Erziehungsurlaub und Teil-
    zeitbeschäftigungsmöglichkeiten, aber auch das Thema
    „sexuelle Belästigungen“ hinzu.

    Bei der Anhörung des Rechtsausschusses zum Thema
    „Waffendienst für Frauen“ sagte einer der Experten der
    Universität der Bundeswehr: Soldaten sind immer nur für
    den Ernstfall da. – Dieser Gedanke, der viele Soldaten der
    Bundeswehr bewegt, sollte ebenso wie das Grundgesetz
    die Grundlage aller Überlegungen über den Zustand der
    Bundeswehr und die künftige Struktur sein.

    Nehmen Sie Abschied von Ihren bisherigen Vorstellun-
    gen, dass die Bundeswehr überall auf dieser Welt in
    Kampfeinsätzen und sonstigen Einsätzen dabei sein muss.
    Wir fordern Sie auf: Denken Sie über eine Bundeswehr in
    abgespeckter Form nach, die ausschließlich den im
    Grundgesetz verankerten Verteidigungsauftrag erfüllt und
    gegebenenfalls ihrer Pflicht im Bündnisfall nachkommt!
    Schaffen Sie die Wehrpflicht ab! Streiten Sie gemeinsam
    mit uns dafür, dass es im Rahmen der jetzigen Bestände




    Heidi Lippmann
    9130


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    der Bundeswehr und darüber hinaus zivile Krisenreak-
    tionskräfte gibt, die humanitäre Hilfe bzw. Katastrophen-
    schutzdienste leisten und die künftig vor allen Dingen
    OSZE-Missionen zur Verfügung stehen!

    Ich denke, wenn man wirklich für eine friedliche
    Außen- und Sicherheitspolitik streitet, wäre diese Vision
    sehr viel wirkungsvoller als eine weitere Aufrüstung, als
    das Bemühen, mit allen Mitteln die neue NATO-Strategie
    umsetzen zu wollen, auch wirkungsvoller als eine Beteili-
    gung an der europäischen Militärunion.


    (Beifall bei der PDS)

    Sehr verehrte Frau Marienfeld, ich bedanke mich im

    Namen der gesamten Fraktion der PDS im Nachhinein bei
    Ihnen und wünsche Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg,
    für Ihre politische und berufliche Zukunft alles Gute.


    (Beifall bei der PDS)